DRAHTESEL 2020-3 - das Österreichische Fahrradmagazin

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37.  Jahrgang / Ausgabe 3 / 2020

Wahlkompass Wien Wie sich die Parteien für das Radfahren einsetzen Seite 8

Heißer Herbst Endspurt für die Initiative Platz für Wien Seite 17

Kingeling, Tröt-Tröt! Der große DRAHTESELTest der Fahrrad-Glocken Seite 30

Starke Beine, gutes Auge Radsportfotograf Bengt Stiller im Interview Seite 40

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Wenn der Kragen platzt Warum sich Menschen im Straßenverkehr ärgern und was Stadtplanung damit zu tun hat


Drahtesel 3 ⁄  2020 – 2

Online unterzeichnen auf www.platzfuer.wien


Brief des Herausgebers

Liebe Leserin, lieber Leser, Vorgehen mit Schwerpunkt Radinfrastrukturausbau erforderlich, aber das scheint bei Politik und Verwaltung nur teilweise angekommen zu sein. Ein besonders krasses Negativbeispiel ist in Linz zu finden, wo die Autobahn perfekt, aber die Radverbindungen schlampig ausgeführt wurden (Seite 19). Wie ausgeprägt der politische Wille ist, Verkehrspolitik zu machen, die dem Klima hilft und die Lebensqualität verbessert, legen Bundesländer in ihren Fahrrad-Masterplänen dar (Seite 14). Was finden Sie sonst noch in diesem Heft? Die Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer analysiert im Interview die Ursachen von negativen Emotione im Straßenverkehr und geht der Frage nach, welche Faktoren dazu beitragen, dass Verkehrsteilnehmende besser miteinander auskommen. (Titel-Geschichte, Seite 10) Wir begleiten Sebastian Gruber bei einer Radrunde durch Wien und schauen, ob die Radwege den Ansprüchen von Menschen mit Behinderung gerecht werden (Seite 24). Im Reiseteil finden Sie ein Interview, das Klaus Brixler mit dem radelnden Fotografen Bengt Stiller geführt hat: Wie letzterer zugleich extreme Langstrecken-Rennen bewältigt und dabei noch Zeit findet, seine atemberaubenden Bilder zu schießen, verdient Bewunderung (Seite 40). Das DRAHTESEL-Team wünscht allen Radfahrerinnen und -fahrern eine rasche und sichere Fahrt! Klingeln Sie – respektvoll und dort wo Sie Ihre Mitmenschen nicht erschrecken (Klingeltest S. 30)! Unterstützen Sie mit Ihrer Unterschrift die Initiative Platz für Wien (Bericht S. 17). Last,but not least: Treten Sie der Radlobby bei oder abonnieren Sie den DRAHTESEL und stärken Sie damit das Gewicht der Radfahrenden-Vertretung in Österreich.

Andrzej Felczak Vorsitzender von Radlobby ARGUS und Radlobby Österreich

Die Radlobby ARGUS lädt ihre Mitglieder zur General­ versammlung am 6. November 2020 ein. Wir planen ein Treffen im Amerlinghaus (Stiftgasse 8, 1070 Wien). Beginn ist um 19 Uhr. Anmeldung unter service@argus.or.at erforderlich. Wegen der aktuellen Lage können Änderungen erfolgen, aktuelle Infos auf radlobby.at/argus/gv2020

37. Jahrgang / Ausgabe 3 / 2020

Wahlkompass Wien Wie sich die Parteien für das Radfahren einsetzen Seite 8

Heißer Herbst Endspurt für die Initiative Platz für Wien Seite 17

Kingeling, Tröt-Tröt! Der große DRAHTESELTest der Fahrrad-Glocken Seite 30

Starke Beine, gutes Auge Radsportfotograf Bengt Stiller im Interview Seite 40

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Wenn der Kragen platzt Warum sich Menschen im Straßenverkehr ärgern und was Stadtplanung damit zu tun hat

Andrzej Felczak Cover: Carlo Cadenas carlocadenas.com

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 3

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag wie kein anderes Ereignis der letzten Jahrzehnte massiv verändert. Alle Lebensaspekte wie Arbeit, Freizeit, Reisegewohnheiten, Bildung oder das soziale Leben sind in einer Weise betroffen, die bis vor kurzem unvorstellbar war. Zum Glück besteht bei Covid19 eine realistische Chance, dass sich durch einen Impfstoff unser Leben normalisieren wird. Corona hat zwar die Klimakrise medial in den Hintergrund gedrängt, diese existenzbedrohende Gefahr ist aber nicht verschwunden. Der CO2Ausstoß ist nur kurzfristig gesunken und kehrt rasch auf den vorherigen Level zurück. Am langjährigen Trend ändert sich nichts: Während bei Industrie, Landwirtschaft und Wohnen die CO2-Emissionen stetig sinken, steigen jene des Straßenverkehrs. Fachleute sind sich einig: Es müssen Maßnahmen gesetzt werden, um den Kfz-Verkehr erheblich zu verringern. Hochrangige Straßen werden aber beharrlich weiter geplant und gebaut, als ob es weder Klimakrise, noch Home-Office gäbe: Umfahrung Wiener Neustadt, Lobauautobahn, A7 und A26 bei Linz sind nur einige Beispiele. Dabei ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um solche Vorhaben zu unterbrechen, neu zu evaluieren, alle Fakten zu veröffentlichen, in einer öffentlichen Diskussion hinsichtlich Umweltbilanz, Gesellschaftsnutzen und Kosten neu zu bewerten und gegebenenfalls zu schrumpfen oder einzustellen. Die frei gewordenen Finanzmittel und Planungskapazitäten sollten stattdessen in umweltfreundliche Verkehrsmittel und Dateninfrastruktur investiert werden. Es wird gegen die Klimaerwärmung keinen Impfstoff geben. Aber es gibt sinnvolle Maßnahmen, um dieser Bedrohung zu begegnen. Die Verkehrswende ist eine davon. Und Radfahren ist ein essenzieller Bestandteil davon. Dass so viele Menschen während des Lock-Down und in den Monaten danach das Radfahren für sich (wieder-)entdeckt haben, stimmt positiv. Für eine weitere rasche Steigerung des Radverkehrs ist jedoch ein erheblich konsequenteres


Inhalt Politik

8 Wahlen in Wien: Der DRAHTESEL-Politik-Kompass

Die Verkehrspolitik der wahlwerbenden Parteien im Überblick

So gut sind die Radverkehrsstrategien der Bundesländer

Community

14 Fahrrad-Masterpläne im Vergleich

16 Pop-up-Radweg für Nibelungenbrücke

Radfahrende in Linz fordern sichere Infrastruktur

Was die Initiative für das große Finale geplant hat

Rechtsschutzversicherung, DRAHTESEL-Abo und vieles mehr

17 Heißer Herbst für Platz für Wien 18 Serviceleistungen für Mitglieder

Infrastruktur 19 Streitfall VÖEST-Brücke

Die Linzer Stadtverwaltung zeigt vor, wie es nicht geht

Fahrrad-Infrastruktur auf dem Prüfstand

Johannes Pepelnik über Handzeichen und Schulterblick

Lebensstil

10 Cover: Wenn der Kragen platzt Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer über negative Emotionen im Straßenver­ kehr, Konflikte unter den Verkehrsteilneh­ menden, die befriedende Wirkung guter Straßenplanung und die Möglichkeiten, Aggression zu kanalisieren

22 Recht: Richtig abbiegen für Radfahrende

24 Prädikat: nicht genügend

Wiens Radwege aus Sicht eines Menschen mit Behinderung

Lesestoff für Velophile

Wie die ÖBB Radtourismus erschweren oder sogar verhindern

Produkte & Technik

27 Bücher

28 Schienenersatzverkehr: Bitte nur ohne Fahrrad

30 Der große DRAHTESEL-Klingel-Test

35

Welches Dingeling passt zu dir? Schaufenster Produkt-Neuigkeiten und praktische Gadgets

Tour & Reise 38 Rad-Ausflug ins Maltatal

Urlaubs-Option für Bergfreunde und deren Familien 40 Hybrid aus Sportler und Fotograf Klaus Brixler im Interview mit Ausnahmetalent Bengt Stiller 43 Die Erkundung des Murtales Ausflugstipp: Mario Sedlak erradelt sich eine Region

Forum

46 Leserbriefe 47 Termine

Kolumnen Cinemascope Ines Ingerle über den Radreisefilm „Austria 2 Australia“ Seite 23 Brief vom Bodensee Omo Lisboa und Mischpoche sind um den Bodensee geradelt. Geschrieben haben sie uns auch! Seite 26 Orcas Kettenbriefe Clara Felis über Mut haben beim Radfahren und Verweilen Seite 26 Technik-Tipp Andreas Röderer lüftet Geheimnisse der Technik Seite 29 Reflektor Reinhold Seitl und eine Künstliche Intelligenz auf Tour Seite 46 Impressum: Seite 37

Illustration: Carlo Cadenas

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 4

20 Plus / Minus


Aus aktuellem Anlass

#Wählen #Genießen #Zukunft #Denkfehler

Der große Irrtum So weit so gut. Leider hat sich irgendwann der Denkfehler eingeschlichen, dass es zu einer lebenswerten, gerechten und sozialen Gesellschaft gehört, dass möglichst viele Menschen ein Auto besitzen und dazu einen Parkplatz vor der Tür. Es ist dieser Denkfehler vermutlich keiner bösen Absicht geschuldet und sicher kein Wiener Spezifikum. Aber es ist ein Irrtum mit weitrei-

chenden schädlichen Folgen, an dem Städte und ihre Bevölkerung heute laborieren. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir diesen Irrtum korrigieren müssen. Soziale Gerechtigkeit erzielen wir heute nicht mehr durch Straßenbau, Versiegeln von Grünraum und ein Fortschreiben der Dominanz von Kraftfahrzeugen. Sondern durch den Umbau unserer Straßen in Lebensund Naturräume, in denen sich die Menschen erstens wohlfühlen und und – zweitens – zu Fuß und mit dem Fahrrad sicher und komfortabel bewegen können. Dass Bewusstsein für diese Notwendigkeit existiert, zeigt sich an den Projekten, die – kurz vor dem Wahltermin – von den Wiener Regierungsparteien präsentiert wurden: Pop-up-Radwege, kühle Straßen, ein „schwimmender Garten“ vor dem Flex, Konzepte wie „Raus aus dem Asphalt“. Aber noch sind dies vereinzelte Glanzlichter, mitunter auch Ablenkungsmaßnahmen von einer Politik, die vor allem eines ist: Automobilzentriert. Ich wünsche mir, dass sich diese Schaustücke – nach der Wahl – als Vorboten einer massiven Umgestaltung erweisen. Und dass uns der kühle Atem mächtiger Bäume in ein paar Jahren auch dann ins Hawaiihemd kriecht, wenn wir am Gürtel unterwegs sind, oder – meinetwegen – auf der Triester Straße…

Matthias G. Bernold Chefredakteur

„Wichtiger Hinweis: Es gibt soziale Gerechtigkeit auch ohne Autobesitz für alle“ Drahtesel 3  ⁄  2020 – 5

Eine Sommernacht im August. Auf dem Fahrrad unterwegs durch den Wiener Prater. Gerade war es noch so heiß, dass man sich nach dem nächtlichen Bad in der Alten Donau nicht abtrocknen wollte. Jetzt Gänsehaut und wohlige Schauer, weil mir der Wald seinen kühlen Atem ins HawaiiHemd haucht. Der Zugang zu großflächigen Erholungsgebieten inmitten der Stadt ist ein Verdienst von Wiens Politikerinnen und Politikern, die bereits vor Jahrzehnten den Grundstein dafür gelegt haben, dass die Stadt heute höchste Lebensqualität bietet. Verhältnismäßig leistbares Wohnen, Kinderbetreuung, Gesundheitsvorsorge, Zugang zu Bildung, vorbildhafter öffentlicher Verkehr und urbaner Erholungsraum sind Errungenschaften von Stadtregierungen sozialdemokratischer Prägung, die sich sozialer Gerechtigkeit verpflichtet sahen.

Mahalo

Fotos: privat

Hervorzuheben in diesem Heft

Sebastian Gruber Der Versicherungs-Angestellte und DJ hat für den DRAHTESEL die Wiener Radwege im Hinblick darauf getestet, ob sie für Menschen mit Behinderung taugen. Er ist dafür mit seinem Renn-Dreirad eine große Runde durch die Stadt gefahren.

Omo Lisboa hat für diese Ausgabe den großen Fahrrad-Klingel-Test verfasst und nähert sich dabei einer der großen, fundamen­ talen Fahrrad-Glaubensfragen unserer Zeit: Klingeln oder nicht klingeln?

Ines Ingerle hat zusammen mit Roland Romano heuer wieder genau auf den Wienwahl-Kompass geschaut und alle Informationen zusammengetragen, die man aus verkehrspolitischer Sicht über Stadt und Wahlen wissen muss.


Politik Wiener Wahlkompass: Parteien und Fahrrad Seite 8

Cover: Aggression im Straßenverkehr Seite 10

Überblick: Die FahrradMasterpläne der Länder Seite 14

„Der städtische FahrradHandel ist der Gewinner“

Top „Ampelfalle“ entschärft Eine missverständliche Ver­ kehrsorganisation an der Kreu­ zung Wiedner Hauptstraße/ Karlsplatz war von der Polizei für schikanöse Kontrollen von Radfahrenden genutzt worden. Die Missachtung eines Stopp­ schildes wurde bestraft, trotz Grünlicht am parallel verlau­ fenden Fußgängerübergang. Jetzt hat die Stadt Wien das Stoppschild gegen ein VorrangGeben-Schild getauscht.

Flop

Branchenvertreter Michael Nendwich vom VSSÖ auf dem Mountainbike

Die Radfahrenden-Zahlen steigen, die Shops sind ausverkauft: Es sieht so aus, als würde 2020 zum Jahr des Fahrrades werden. Wir sprechen mit Michael Nendwich, dem Geschäftsführer des Verbandes der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ) über Licht- und Schattenseiten des Booms. DRAHTESEL Wie sieht die Bilanz 2020 bisher aus? Michael Nendwich Nach einem guten Jahresbeginn sind die Umsätze in der ersten Zeit des CoronaLockdowns auf null gefallen, haben sich dann aber rasch erholt. Inzwischen ist die Bilanz zweigeteilt: Der städtische Fahrradhandel ist der große Gewinner und hat bereits im August

die Umsätze des Vorjahres erreicht oder überschritten. Im Rad-Tourismus haben wir hingegen immer noch Einbußen von minus 40 bis 50%. Speziell bei Geschäften, die vom Radverleih leben. In Summe liegt die Fahrrad-Branche momentan bei minus 15 bis 20%. Welche Trends lassen sich erkennen? Zum einen: E-Bikes. Bereits 2019 waren 39% aller verkaufen Räder in Österreich E-Bikes, vor allem EMountainbikes. Seit Corona ist der E-Bike-Anteil sogar auf 60 Prozent gestiegen. Wir vermuten, dass sich die Leute einerseits ein alternatives Verkehrsmittel sichern wollen – für den Fall eines neuerlichen Lock-Down. Andererseits

ist Rad-Tourismus in Zeiten von Reisebeschränkungen für immer mehr Menschen interessant.

4,5

Viele Shops sind derzeit ausverkauft, Hersteller hatten Schwierigkeiten mit den Lieferketten. Wie wird die Saison 2021 werden? Der Handel hat bereits fürs nächste Jahr geordert. Teilweise liegen die Bestellungen bei mehr als 20 Prozent über dem Vorjahr. Die meisten Firmen sind zuversichtlich. Es ist aber ein Fakt, dass derzeit weniger Container aus Asien nach Europa kommen. Wir werden im Herbst bzw. Frühling sehen, ob die Lieferketten wieder intakt sind. Hersteller, die ihre Komponenten nicht aus Fernost beziehen, sind im Vorteil.

Radfahrende waren von Jänner bis Juli 2020 in Wien unter­ wegs. Das zeigt eine Auswer­ tung der 13 Wiener Radver­ kehrszählstellen durch die Stadt Wien. Im Vergleich zu den vor­ angegangenen Jahren 2017 bis 2019 ergibt sich eine Steige­ rung von 687.000 bzw. 14,7% zum dreijährigen Durchschnitts­ wert. Im Vergleich zu 2019 bedeutet das einen Zuwachs von 12,1%. Damit liegen die prozentuellen Zuwachsraten im Jahresvergleich deutlich höher als in den Vorjahren. Den stärks­ ten Zuwachs verzeichneten die Zählstellen am Donaukanal, Liesingbach und der Wienzeile mit einem Plus zwischen 35,5% und 51,8%.

Millionen

Foto: privat

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 6

Verkehrspolitik als Farce Um Millionen-Euro-Beträge werden derzeit in Linz die Donaubrücken saniert; der Rad­ verkehr dabei nicht mitgedacht. Nach zwei Tagen „Testbetrieb“ wird der autofreie Hauptplatz wieder dem Autoverkehr über­ lassen. Werte Stadtpolitiker: Das ist keine Verkehrspolitik, das ist eine Farce.


Blick in die Welt BREMEN

Schwerer Unfall bei Polen-Radrundfahrt

Deutschlands erste Fahrradzone

Im Ziel-Sprint am ersten Tag der Polen-Rundfahrt im August drängte der Niederländer Dylan Groenewegen seinen Lands­ mann Fabio Jakobsen kurz vor der Ziellinie und bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h ins Absperrgitter. Jakobsen wurde mit dem Hubschrauber in die Klinik geflogen, um fünf Stunden lang am Kopf operiert zu werden. Eine Woche befand sich der 23-Jährige im künstli­ chen Koma. Der Unfall startete eine Diskussion um die Sinnhaf­ tigkeit von Schluss-Sprints auf stark abschüssiger Strecke.

In der Alten Bremer Neustadt befindet sich Deutschlands ers­ te „Fahrradzone“. Zwölf Straßen und rund 2,5 Kilometer Stra­ ßenraum in dem Bezirk wurden umgestaltet: Kopfsteinpflas­ terstraßen mit ebenem Belag versehen, komfortable Querun­ gen an Hauptverkehrsstraßen eingerichtet, mehr Fahrrad-Stell­ plätze geschaffen. Die Ausschil­ derung als Fahrradzone ist seit der Novellierung der deutschen Straßenverkehrsordnung mög­ lich und findet zum ersten Mal Anwendung. In der Fahrradzone gelten die Regeln der Fahrrad­ straße: Tempo-30, Radfahrende haben Vorrang, nebeneinander fahren ist erlaubt. radquartier-bremen.de

P E TERS F IELD

AT HEN

F R IE DR I C H S H A F E N

L O M B A R DE I

Noel Gallagher, Gitarrist und Songwriter der britischen Rock­ band Oasis und Lead-Sänger der weniger bekannten Gruppe High Flying Birds, outet sich im britischen Rennrad-Magazin Road als begeisterter Radfahrer: Früher sei er ins Fitnesscenter gegangen, jetzt gehe er vier Mal die Woche Radfahren, meis­ tens querfeldein unweit seines Wohnortes in Petersfield in Hampshire. Eine einzige Sache störe ihn dabei: „The fucking helmet.“

Mit dem „Großen Spaziergang von Athen“ will die griechische Hauptstadt Fuß- und Radverbin­ dungen zwischen den innerstäd­ tischen Vierteln und archäolo­ gischen Sehenswürdigkeiten schaffen. Der Plan soll eine Umverteilung der Flächen weg vom Automobil, hin zu Rad- und Fußverkehr bringen. Während der Corona-Krise beruhigte die Stadtverwaltung die Panepisti­ miou Straße auf einer Strecke von fast sieben Kilometern. Ausgehend von dieser Achse soll ein Netz von Radwegen die Stadt durchziehen, berichtet die European Cyclists' Federation.

Die Eurobike, Europas wich­ tigste Fahrradfachmesse, wird heuer auf 24. bis 26. November verschoben, soll aber jeden­ falls stattfinden. Dies sei für die Branche wichtig, weil sich die Verkaufszahlen in vielen Ländern vervielfacht hätten und die hohe Nachfrage den Handel vor erhebliche Herausforde­ rungen stelle, heißt es in einer Presseaussendung. Auf Basis der Corona-Verordnung hat das Land Baden-Württemberg für Messen und Kongresse detaillierte Leitfäden und Hygienekonzepte erarbeitet. „Sollte es dazu kommen, dass die Eurobike 2020 coronabe­ dingt nicht durchführbar ist, werden wir die Standgebühren rückerstatten“, sagt Messe-Chef Stefan Reisinger.

Norditalien beginnt den Wieder­ aufbau seines – durch Covid19 hart getroffenen – Wirtschafts­ systems unter anderem mit einem Investitionsprogramm für den Radverkehr: 115 Millionen Euro will die Lombardei im Lauf des nächsten Jahres in Rad­ infrastruktur investieren. Das entspricht 11,5 Euro pro Bürger bzw. Bürgerin: ein guter Wert im EU-Vergleich. Allerdings immer noch weit hinter Spitzenreiter Niederlande: Dort werden im Jahr 30 Euro pro Bewohnerin bzw. Bewohner ins Radfahren investiert.

Noel Gallagher radelt gerne querfeldein

The Grand Walk of Athens

Eurobike soll im November starten

www.eurobike.com

Ein „Marshallplan“ für das Radfahren

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 7

KAT OWICE

Mehr Musikalität und Vielfalt beim Klingeln wünscht sich Cartoonist Franz Kainz (passend zu unserem Klingeltest ab Seite 30)

Cartoon: Franz Kainz

Politik


WIEN-WAHL 2020:

Platz fürs Rad? Radwege (Länge in Kilometern)

2

Fahrradstraßen (Anzahl der Routen)

3

3 29km 2

20km

19km

1 8 5

7 3

3

3

2

1

9 5

2

1

3

1

3

2

2

1

1

1

1

Die restlichen Bezirke (1., 2., 4., 5., 6., 7., 8., 9., 11., 12., 16., 17., 18., 20., 21., 23.) haben keine Fahrradstraßen

8

2

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

3.

10.

Bezirke

13.

14. 15.

19. 22.

Bezirke

Radbügel (Versorgungsgrad in Prozent) 4 Bezirke

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1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

53%

60%

≥ 100%

85%

62%

92%

38%

50%

56%

57%

72%

65%

79%

≥ 100%

44%

77%

68%

≥ 100%

≥ 100%

Einbahnen (Anteil der geöffneten Einbahnen in Prozent) 5

53%

1. 2. 3.

56%

53% 58% 64% 53%

Bezirke

7. 8. 9.

9. 47% 41%

14.

15. 40% 46%

13.

33%

12.

73%

11% 41%

23. 59% 59%

20%

0%

1

16.

26%

16. 17. 18.

22.

20.

18.

17.

32%

13. 14. 15.

22. 23.

21. 19.

68%

18%

10. 11. 12.

19. 20. 21.

69%

43%

4. 5. 6.

*Stimmens­tärkste Parteien in den Bezirken ÖVP

100%

SPÖ

FPÖ

GRÜNE

Quellen: 1 wien.gv.at, 2 wien.gv.at, Radlobby Wien, 3 Radlobby Wien, 4 wien.gv.at, Radlobby Wien, 5 wien.gv.at, Radlobby Wien

8. 1. 7. 6. 4. 5. 10.

2. 3.

11.

45%


Platz für Wien Die Initiative hat 18 Forderungen für eine klimagerechte, kindgerechte und flächengerechte Stadt mit hoher Lebensqualität entwickelt. Die Maßnahmen sollen in einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren umgesetzt werden. NEOS und Grüne unterzeichneten bereits alle Forderungen, eindeutige Unterstützung wurde bei Redaktionsschluss auch von LINKS signalisiert. Die SPÖ nahm fünf für den Radverkehr relevante Forderungen der Initiative in ihr Wahlprogramm auf. ÖVP und FPÖ sowie die anderen Wien-Parteien unterstützen die Forderungen von Platz für Wien bisher nicht. Fachkonzept Mobilität Der Stadtentwicklungsplan (STEP) wurde 2014 vom Wiener Gemeinderat nach einer Debatte beschlossen. Dafür stimmten SPÖ und Grüne; dagegen waren ÖVP und FPÖ. Der STEP sieht vor, dass bis zum Jahr 2025 die Wienerinnen und Wiener 80 Prozent der Wege mit dem öffentlichen Verkehr, dem Rad oder zu Fuß zurücklegen. Bisher reichen die umgesetzten oder fixierten Maßnahmen allerdings nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen. Immer wieder werden wichtige Projekte aufgrund von parteipolitischen Interessen in den Bezirken verzögert oder gar verhindert. Fehlende Rad-Investitionen Seit mehr als einem Jahrzehnt investiert Wien nur rund 6 Mio. Euro,

Die Wiener Gemeinderatswahl im Oktober bringt eine Weichenstellung für die nächsten Jahre. Geht die Stadt weiter in Richtung Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Radfreundlichkeit? Oder setzen sich die Betonköpfe durch? RECHERCHE UND TEXT: Ines Ingerle, Roland Romano INFOGRAFIK: Anna Hazod

belt, und heute fordert die Wirtschaftskammer in jedem Bezirk mindestens eine Begegnungszone. Verkehrskonzept Erster Bezirk Seit Monaten wird über eine autofreie Innenstadt diskutiert. Die Zahl der Pkw-Fahrten in den ersten Bezirk soll sich in einem ersten Schritt um rund ein Viertel verringern. Die grüne Verkehrsstadträtin Birgit Hebein legte vor kurzem ihren Entwurf vor, ihre Partei will eine Umsetzung noch vor der WienWahl. Auch die ÖVP Innere Stadt treibt den Prozess voran, die FPÖ ist dagegen. Die von der grün-türkisen Allianz überrumpelte SPÖ ist unentschlossen. Masterplan Fahrradstraßen

insgesamt grob 4 Euro pro Bürger bzw. Bürgerin in den Radverkehr. Die NEOS brachten seit 2019 drei Anträge für ein dezidiertes Radverkehrsbudget und eine Erhöhung der Investitionen im Gemeinderat zur Abstimmung. Alle drei Mal stimmten SPÖ und Grüne dagegen. Die ÖVP stimmte dafür, zuletzt auch die FPÖ. Bei konkreten Radwegebau-Projekten sind diese beiden wiederum regelmäßig dagegen. Die Radlobby Wien fordert ein Radbudget von 30 € im Jahr pro Einwohner bzw. Einwohnerin.

Im Jahr 2018 wurde der Masterplan Fahrradstraßen durch die damalige Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou beauftragt, nachdem die Radlobby 2017 die Petition Fahrradstraßen gestartet hatte. Für ganz Wien wurden Optionen für Fahrradstraßen ausgewählt. Jeder Wiener Bezirk bekam eine eigene Unterlage mit den in seinem Bezirk erarbeiteten Vorschlägen. Die Umsetzung von Fahrradstraßen schreitet jedoch langsam voran. Erst im Jahr 2020 sind im Radverkehrsbauprogramm eine Reihe von Fahrradstraßen vorgesehen. Derzeit gibt es in ganz Wien nur neun Fahrradstraßen.

Rad-Langstrecken

Citybikes

Das 2014 von SPÖ und Grünen beschlossene Fachkonzept Mobilität enthält Rad-Langstrecken vom Stadtzentrum bis an den Stadtrand. Bis ins Jahr 2019 wurden Qualitätskriterien definiert, anhand derer der Ausbaugrad von Rad-Langstrecken gemessen wird. Bisher ist keine einzige der drei RadLangstrecken fertiggestellt. Am ehesten noch die Rad-Langstrecke Süd. Deren Fertigstellung war für 2018 geplant. Sie scheitert jedoch an ihren eigenen Qualitätskriterien, weil immer noch die Fahrradstraße Argentinierstraße fehlt – bisher abgelehnt von der Bezirksvorstehung Wieden (SPÖ).

Die Wiener Citybikes mit ihren 121 Stationen gibt es seit 2003, Wien war damals weltweit Vorreiter. Über die Jahre überholten allerdings andere Städte und installierten Leihradsysteme mit deutlich feinmaschigerem und großflächigem Netz. Im Sommer drohte dann überhaupt das Aus. Die Betreiberfirma Gewista baute die Hälfte ihrer Stationen ab, da die Kosten in der Höhe von 1,1 Millionen Euro pro Jahr nicht von der Stadt übernommen wurden. NEOS, Grüne und FPÖ sprachen sich dezidiert für einen Erhalt des Citybikes aus. Nach einem Vorschlag von Verkehrsstadträtin Hebein sprach sich Bürgermeister Ludwig öffentlich für eine Weiterführung und den Ausbau des beliebten CityBike-Systems aus und beauftragte die Wiener Linien. Wie das Wiener Leihradsystem in Zukunft aussehen wird, ist aber immer noch ungewiss.

Begegnungszone Mariahilfer Straße Im August 2015 wurde die Mariahilfer Straße zur Begegnungszone. Die Bezirksvorstehung des sechsten Bezirks befürwortete das Projekt, die damalige grüne Stadträtin Maria Vassilakou startete den Umbau. ÖVP, FPÖ und Wirtschaftskammer wetterten über Jahre dagegen. Heute ist die Mahü ein internationales Vorbild für geteilten Raum, die Unfallzahlen sind rasant gesunken, die Wirtschaft wurde massiv angekur-

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 9

A

m Sonntag, dem 11. Oktober 2020, finden die Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2020 statt. Die Regierungsparteien schicken Michael Ludwig (SPÖ) und Birgit Hebein (Grüne) ins Rennen, die Spitzenkandidaten der Opposition sind Gernot Blümel (ÖVP), Dominik Nepp (FPÖ) und Christoph Wiederkehr (NEOS). Neu treten die Parteien Team HC Strache sowie LINKS an. Kleinparteien, die nicht ausreichend stark im Landtag und Gemeinderat vertreten sind, hatten bis zu unserem Redaktionsschluss noch Zeit, Unterstützungserklärungen zu sammeln. „Mein Wien“ rund um Robert Marschall sowie die Gruppierung „Artikel Eins“ und die Kleinpartei „Volt“ sammeln noch, die Piratenpartei konzentriert sich ausschließlich auf Bezirksebene. Ebenfalls nur in ausgewählten Bezirken versucht es die Kleinstpartei „Wandel“. Wir werfen einen Blick auf radrelevante Themen der Stadt und analysieren die Standpunkte der Parteien anhand der aktuellen verkehrspolitischen Themen.


Titel

GEHT’S AUCH OHNE

Ärger? Drahtesel 3 ⁄  2020 – 10

Aggression im Straßenverkehr bemerken viele Menschen. Welche Maßnahmen dämpfen negative Emotionen? Wie sollen wir mit aggressiven Menschen umgehen, die uns begegnen? Und: wenn man selber einmal so richtig wütend ist – wohin lenken wir diese zerstörerische Energie? Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer sucht die Antworten.

INTERVIEW: Matthias Bernold und Magda Jöchler

„Aggressive Zufußgehende oder aggressive Radfahrende hatte ich noch nicht, außer in Kombination mit einer psychischen Erkrankung““ Erkrankung

Wenn man im Straßenverkehr unterwegs ist, bekommt man bald den Eindruck, Aggression ist ein alltägliches Problem. Lässt sich diese Wahrnehmung durch Statistiken bestätigen? Bettina Schützhofer Es gibt leider wenig offizielle Zahlen. Aggression im Straßenverkehr ist wissenschaftlich nicht gut untersucht. Das liegt auch daran, dass die Definition schwierig ist. Die verkehrspsychologische Definition von Aggression im Straßenverkehr meint ein Verhalten, das jemanden schädigt, dass die Schädigung bewusst in Kauf genommen wird oder absichtlich intendiert wird und dass der andere mit der Schädigung nicht einverstanden ist. Wenn Verkehrsteilnehmende Aggression im Straßenverkehr beobachten, meinen sie oft etwas anderes. Und anderen den Vogel zeigen oder sie beschimpfen, wäre dieser Definition nach noch keine Aggression im Straßenverkehr? Doch. Auch mit einer Beleidigung schädige ich den anderen. Man unterscheidet zwischen instrumenteller und affektiver Aggression. Bei instrumenteller Aggression geht es um das eigene Vorankommen: Drängeln oder bei Rot

fahren zum Beispiel. Bei affektiver Aggression wird Ärger ausgelebt. Durch Vogel zeigen, Schimpfen und Fluchen. Wissenschaftliche Studien gibt es dazu keine? Es gibt wissenschaftliche Studien, aber in den einzelnen Studien wird Aggression unterschiedlich definiert. Es gibt eine Studie der US-amerikanischen Automobilgesellschaft, die sagt, bei 50 Prozent aller tödlichen Unfälle spielt Aggression eine Rolle. Dann gibt es eine Schätzung der Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung, die sagt, fünf bis zehn Prozent aller Schweizer Unfälle stehen im Zusammenhang mit einem Aggressionsdelikt. Da sieht man, wie groß die Bandbreite ist. Es gibt Studien, die auch methodisch sehr gut und sauber sind, zum Beispiel eine von der Deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen, aber die bezieht sich ganz stark auf Autobahnen. Hin und wieder gibt es Handgreiflichkeiten bis hin zum Waffengebrauch. Wie oft mündet Aggression in physische Gewalt? Es gibt auch darüber keine offizielle Statistik. Wir haben immer wieder damit zu tun, weil bei solchen Delikten


Was war der brutalste Fall, mit dem Sie es je zu tun hatten? Der hatte mit zwei Autofahrern zu tun. Einer hat den anderen geschnitten, wodurch sich der andere extrem provoziert gefühlt hat. Er fährt ihm nach. Beide bleiben stehen, und der eine ersticht den anderen mit einem Messer am Fahrbahnrand. Der Täter war auch nach der Haftstrafe wenig schuldbewusst und hat das sehr neutral erzählt. Das Delikt hat deutlich gezeigt, dass es da massive Probleme in der Selbst- und Impulskontrolle gibt. In dem Fall war die Fahreignung letztlich nicht gegeben. Wenn jemand im Straßenverkehr aggressiv ist, ist er es dann auch in anderen Bereichen? Ja. Auch wenn Aggression im Straßenverkehr nicht so gut untersucht ist wie Aggression in der Gesamtgesellschaft, weiß man, dass diejenigen, die mit Aggressionsdelikten im Straßenverkehr auffällig werden, auch in anderen Lebensbereichen mehr Strafen haben. Aggression im Straßenverkehr korreliert außerdem mit anderen Verkehrsdelikten und auch mit Unfällen. Gibt es Personengruppen, die aggressiver sind als andere? Es gibt Studien, die klar belegen, dass mehr Männer als Frauen aggressive Verhaltensweisen im Straßenverkehr zeigen. Aggression im Straßenverkehr nimmt mit zunehmendem Alter ab. Das heißt, Aggression im Straßenverkehr wird vorrangig von jüngeren Männern gezeigt. Umgebungsfaktoren spielen eine große Rolle, aber auch die Persönlichkeit: Je höher meine Ärgerneigung grundsätzlich ist, desto mehr aggressive Verhaltensweisen werden üblicherweise gezeigt. Welche Rolle spielt die eigene Erwartungshaltung? Die eigene Haltung macht schon viel aus. Wenn ich grundsätzlich davon ausgehe, der andere will mir nichts Böses, dann bin ich natürlich ganz anders unterwegs, als wenn ich anderen unterstelle, sie möchten mich übervorteilen oder in meinen Rechten beschneiden. Etwas, das mir immer wieder auffällt, ist, dass viele Fahrfehler – egal ob mit dem Rad oder mit dem Motorrad oder mit dem Auto oder Lkw – auf Unwissenheit basieren. Wenn wir jetzt Überholvorgänge zwischen Rad- und AutofahrerInnen

ansprechen: viele Autofahrende wissen nicht, wie breit 1,5 Meter Sicherheitsabstand sind. Viele sind auch unachtsam: auf den toten Winkel achten und den Schulterblick machen, ist nicht immer Alltagsroutine. Haben Sie den Eindruck, dass der Verkehrsalltag heute weniger aggressiv ist oder aggressiver als vor zwanzig Jahren? Es gibt dazu keine offiziellen belastbaren Zahlen. Ich lebe im 7. Bezirk und bin mit meinen Hund sehr viel zu Fuß unterwegs. Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich in den letzten Jahren viel zum Positiven verändert hat. Professor Klebelsberg, der die Verkehrspsychologie in Österreich begründet hat, hat den sehr klugen Satz gesagt, dass Verkehrsverhalten die maßstabsgetreue Verkleinerung des gesamtgesellschaftlichen Verhaltens ist. Wenn die Aggressivität oder die Aggressionsneigung einer Gesellschaft steigt, dann steigt auch die Anzahl der aggressiven Delikte im Straßenverkehr. Wir sind jetzt mitten in einer Pandemie. In einer Krise, wo es viel Unsicherheit gibt, wo man noch nicht weiß, wie es weitergeht, wie man sich verhalten soll. Das heißt, der Stress ist hoch. Und Stress triggert die Aggressionsneigung. Der Philosoph Günther Anders hat den Gedanken geprägt, dass die verwendete Technologie unser Denken bestimmt. Wenn wir ins Auto steigen, übernehmen wir also die Logik des Automobils, wenn wir aufs Rad steigen, die des Fahrrades. Dem folgend, gibt es bestimmte Verkehrsmittel, die Aggression möglicherweise befördern, etwa weil sie höhere Geschwindigkeiten zulassen oder einen Schutzpanzer bieten? Ich kenne keine Studie, die nach Mobilitätsart differenziert hat. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass das Auto den Fahrer entmenschlicht. Was aber sehr wohl im Fahrzeug passiert, ist: dass man sich anonymer fühlt und dass dadurch manchmal soziale Regeln, die im Alltag gelten, im Fahrzeug ausgesetzt werden. Was man auch beobachten kann, ist, dass mit dem Fahrzeug – und das ist durchaus auch das Rad – Bedürfnisse ausgelebt werden, die man vielleicht in anderen Lebensbereichen nicht ausleben kann. Es gibt die Theorie, dass Stress im Job im Straßenverkehr ausgelebt wird. Das ist aber wohl unabhängig davon, ob ich mit dem Auto oder mit dem Rad fahre oder zu Fuß unterwegs bin. Das Auto ist halt momentan noch dominant in unserem Straßenbild.

Politik

„Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass das Auto den Fahrer entmenschlicht“

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 11

auch der Führerschein entzogen wird. Wenn die Betroffenen die Haftstrafe abgebüßt haben, wollen sie sehr oft den Führerschein zurück. Ich bin jetzt seit 21 Jahren als Verkehrspsychologin tätig und erinnere mich an eine Handvoll solcher Fälle.

Dr. Bettina Schützhofer ist Verkehrspsychologin und hat ihr eigenes Institut sicherunterwegs.at. Sie ist Sachverständige für Verkehrspsychologie und leitet verkehrspsychologi­ sche Nachschulungen für Menschen, die schwere Verkehrsdelikte begangen haben. Ihr eigenes Ver­ kehrsverhalten bezeichnet sie als multimodal, auch wenn sie – wie sie sagt – nur selten im Alltag mit dem Fahrrad unterwegs ist.


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Stichwort Verkehrspsychologie Die Verkehrspsychologie beschäftigt sich mit dem Erleben und dem Verhalten der Menschen im Straßen­ verkehr. Die Tätigkeiten der Verkehrspsychologen umfassen Verkehrser­ ziehung im Kindergarten und in der Volksschule, Fahrausbildung und Fitness-Checks für ältere Menschen. Schließlich stel­ len Verkehrspsychologen nach schweren Verkehrs­ delikten die Fahreignung von Gesetzesbrechenden fest. Untersucht wird unter anderem, wie emotional stabil jemand ist, wie selbst­ kontrolliert, wie regel- und normenbewusst.

Haben Sie in Ihrer beruflichen Erfahrung auch viel zu tun mit aggressiven Radfahrenden? Natürlich gibt es Konflikte zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmenden. Gerade dort, wo begrenzter Raum von verschiedenen Verkehrsarten benutzt wird. Aggressive Zufußgehende oder aggressive Radfahrende hatte ich noch nicht, außer in Kombination mit einer psychischen Erkrankung, und dann war die Fragestellung, weil sie auch einen Pkw-Führerschein hatten, ob die gesundheitliche Eignung im Sinne der Fahreignung gegeben ist. Wie lassen sich Konflikte im Straßenverkehr verhindern? Ich denke, es muss sich jeder von uns an der Nase nehmen und immer wieder versuchen, die Perspektive zu wechseln. Je mehr Leute multimodal – also mit dem Pkw, Fahrrad und Öffis – unterwegs sind, desto besser. Das verbessert das Verständnis für die anderen. Vielleicht wäre eine Bewusstseinskampagne gut, die diesen Perspektivenwechsel einfordert. Welche Maßnahmen im Straßenraum senken das Level der Aggressivität bzw. erhöhen die Toleranz im Umgang miteinander? Ich würde empfehlen, dass man Infrastrukturstellen, wo vermehrt über Verkehrskonflikte und aggressive Handlungen geklagt wird, interdisziplinär untersucht und schaut, wie sich diese Stellen durch bessere Planung entschärfen lassen. Außerdem stellt sich die Frage: Kann man dort gezielt informieren und Bewusstseinskampagnen machen? Was gibt es an partizipativen Prozessen mit allen Beteiligten? Der Raum in der Stadt ist eng. Man wird nicht für jeden so viel Raum auftreiben können, wie er gerne hätte. Aber man kann Routen verlegen. Vielleicht kann man gemeinsam Verhaltensregeln für geteilte Räume festlegen.

Was halten Sie von Pop-Up-Radwegen? Ich bin der Meinung, dass sie funktionieren können. Man muss nur aufpassen, wie man sie begleitet und einführt. Ein wichtiger Punkt ist informieren und die Leute ins Boot holen. Vielleicht auch vorher schauen, zu welchen Zeiten man solche Maßnahmen einführt. Ich denke, die Corona-Zeit ist extrem ungünstig, um alte Gewohnheiten zu durchbrechen, weil sich rundherum ohnehin so viel ändert. Veränderung ist für uns Menschen immer schwer. Wenn ich vielleicht ohnehin schon die Arbeit verloren habe, mein Partner in Kurzarbeit ist und die Kinder im Home-Schooling, steigt der Unmut extrem, wenn ich jetzt auch noch beim Weg zum Supermarkt eine für mich unbequeme Veränderung in Kauf nehmen muss. Sollten wir in Österreich die Strafen für aggressives und gefährliches Verhalten im Straßenverkehr verschärfen? In der Schweiz zum Beispiel nehmen die Behörden Raserinnen und Rasern die Fahrzeuge weg... Aus psychologischer Sicht bewirken Strafen die Einhaltung von Regeln nur dann, wenn gründlich überwacht wird und wenn die Strafen von Bewusstseinsbildung und Informationskampagnen begleitet werden. Demgegenüber wirken Regeln auch ohne Sanktion, wenn sie akzeptiert werden. Mittlerweile ist die Mehrheit der Autofahrenden überzeugt, dass Alkohol im Straßenverkehr keinen Platz hat. Vor 20 Jahren war das ein Kavaliersdelikt. Bei Geschwindigkeit muss man noch deutlich nachschärfen. Man muss versuchen, die Verkehrskultur zu verändern. Das betrifft übrigens auch das Miteinander zwischen Verkehrsteilnehmenden zu Fuß, im Auto oder auf dem Fahrrad: Das braucht Zeit.

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Wenn Sie wirklich tief in den Bauch atmen, können Sie gar nicht mehr wütend sein. Ein Tipp, der auch immer ganz gut funktioniert, ist, langsam bis zehn zu zählen, bevor man wirklich schimpft, flucht oder etwas tut, was einem nachher leid tut. Zeit gewinnen, der Wut auch die Möglichkeit geben, zu verrauchen und einfach einen geschützten Bereich suchen – das kann Sport sein oder ein Spaziergang oder künstlerische Aktivität. Diese Tipps geben Sie wahrscheinlich auch in den psychologischen Nachschulungen? Da gibt es noch mehr, weil wir uns die Verhaltensketten anschauen. Was ist dem aggressiven Verhalten vorausgegangen? Wie war der Tag? Was war der Auslöser? Kann man das auch anders bewerten? Manchmal fühlt man sich ja auch von jemandem angegriffen, ohne dass der andere das so gemeint hat. Es gibt ja auch Missverständnisse. Das wird analysiert und dann werden die Konsequenzen besprochen – die kurzfristigen, die langfristigen. Und dann auch die Alternativen. Die ungekürzte Audio-Fassung des Interviews können Sie im Fahrrad-Podcast Reich durch Radeln nachhören. www.reichdurchradeln.at

Politik

„Ich denke, die CoronaZeit ist extrem ungünstig, um alte Gewohnheiten zu durchbrechen, weil sich rundherum ohnehin so viel ändert. Veränderung ist für uns Menschen immer schwer.“

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Leider ereignen sich immer wieder tödliche Unfälle. Jedes Jahr werden Kinder auf Schutzwegen von unaufmerksamen Kfz-Lenkenden getötet. Wie lange wollen wir noch warten, bis endlich keine Menschen mehr im Straßenverkehr sterben? Reicht es wirklich aus, geduldig an der Verkehrskultur zu arbeiten? Es braucht einen Maßnahmenmix, und es braucht den Willen jedes Einzelnen. Wenn man sich die Unfallursachen anschaut, sieht man, bei Fußgängerunfällen, Radfahrunfällen und auch bei Unfällen im motorisierten Straßenverkehr, dass Unaufmerksamkeit und Ablenkung als Unfallursache ganz weit vorne sind. Laut Verkehrsstatistik ist vor allem Tempo die häufigste Unfallursache... Von strengeren Strafen für Raserinnen und Raser halten Sie aber nichts? Ich bin nicht für strengere Strafen. Ich würde sagen, Strafen ja, aber in Kombination mit Bewusstseinsbildung und Information. Und je dichter die Überwachung und je besser Informationsvermittlung und Bewusstseinsbildung, desto besser klappt das auch. Wenn die Strafe zu hoch ist, hat das überhaupt keinen Effekt auf die Verkehrssicherheit, wenn nicht die anderen Dinge beachtet werden. Das Beschlagnahmen von Fahrzeugen wie in der Schweiz oder in Italien, wo es das für alkoholisiert Autofahrende gibt, wirft Probleme auf. Was ist mit den Dienstwägen? Was ist, wenn jemand mit dem Auto vom Papa unterwegs ist? Aus psychologischer Sicht sind Nachschulungen zweckmäßiger. Jetzt kennt das vermutlich jeder Mensch, dass im Straßenverkehr gelegentlich negative Gefühle auftauchen. Wie geht man mit der Wut um? Alles, was die Wut kanalisiert, so dass man nicht wie ein Kochtopf übergeht, ist gut. Der einfachste Tipp, der ganz banal ist, ist tief Luft holen.

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Politik

Die Rad-Masterpläne der Bundesländer Zwischen Feigenblatt und Zukunftsvision: Um den Radverkehr zu fördern, haben sich die meisten Bundesländer Radverkehrspläne verordnet. Ein Überblick.

ANALYSE: Andrzej Felczak

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F

ür die meisten Bundesländer liegen Rad-Masterpläne vor. Sie unterscheiden sich jedoch erheblich, etwa wenn es um Konkretisierungsgrad, Umsetzungsabläufe, Verbindlichkeit, Zeithorizont und Ziele geht. Schwierige Themen wie Umverteilung des Straßenraums oder Finanzen werden oft beiläufig erwähnt, während unkontroversielle Maßnahmen wie Radparken oder Bewusstseinsbildung umfangreich behandelt werden. Unsere Bestandsaufnahme listet die Masterpläne auf und nennt aus jedem Bundesland ein paar Highlights. Ein fairer direkter Vergleich wäre sehr schwer und aufwändig. Was ein Masterplan für die Verbesserung der Fahrradbedingungen bringt, ist, so wie immer, vom politischen Willen und von der Umsetzung abhängig. Das Erstellungsjahr der Masterpläne in Klammer. Burgenland Masterplan Radfahren Burgenland (2018). Im Landtag beschlossen. Er ist sehr allgemein gehalten und enthält wenige konkrete Vorhaben, Radtourismus bekommt viel Platz. Alltagsradverkehr hat in Burgenland „Luft nach oben“. Radverkehrskoordination und Förderschiene für Alltagsradverkehr sollen eingerichtet werden. Kärnten Masterplan Radmobilität 2025 (Juni 2020). Im Landtag beschlossen. Er ist ambitioniert und konkret, stark auf Alltagsradverkehr fokussiert und enthält eine umfangreiche Liste konkreter Maßnahmen. Überregionales 1.100 Kilometer umfassendes Radwegenetz mit Schwerpunkt Radtourismus ist vorhanden, ein Ausbau auf 1.380 Kilometer geplant. Der Plan enthält außerdem ein eigenes Kapitel Finanzen samt Landesradwegbudget von 3,6 € je Einwohnerin bzw. Einwohner. Die Einsetzung

von Radbeauftragten ist vorgesehen. Schließlich wird die Umsetzung durch ein Jahresarbeitspaket 2020 konkretisiert.

Tirol Ein Rad-Masterplan des Landes ist derzeit in Arbeit, die Radlobby Tirol wartet gespannt darauf.

Niederösterreich Uns ist kein Radmasterplan bekannt. Im Jahr 2013 wurde das Projekt Radlgrundnetz gestartet, mit dem punktuelle Radinfrastrukturplanungen erstellt und umgesetzt wurden. Anfang 2020 wurde das Vorhaben veröffentlicht, 200 Kilometer Radschnellwege zu errichten.

Vorarlberg Radverkehrsstrategie Vorarlberg (2017). Im Landtag beschlossen. Zielsetzung ist es, im Ländle ein attraktives und durchgängiges Grundnetz an leistungsfähigen Landesradrouten zu etablieren. Die Strategie listet etwa 130 Maßnahmen aus allen Bereichen mit zuständigen Stellen und eventuellen Partnern auf. Hervorzuheben ist die Liste an radfreundlichen StVO-Änderungsvorschlägen, darunter das Recht für Radfahrende, bei Gefahrensituation vom Rechtsfahrgebot abzuweichen und die Abschaffung der Helmpflicht für Kinder bei Transport in Kinderanhängern und Lastenrädern (wenn Überrollbügel und Gurte vorhanden).

Oberösterreich In Oberösterreich wurde ein Landesradverkehrskonzept 2015 – 2025 im Jahr 2015 erstellt, aber nicht vom Landtag beschlossen und wird auch nicht umgesetzt. Salzburg Radverkehrsstrategie des Landes Salzburg 2015 bis 2025 (2015). Im Landtag beschlossen. Das Papier ist kompakt und behandelt das Wesentlichste wie Ziele, Radinfrastruktur (macht ein Drittel der Strategie aus) und Finanzen. Vieles davon ist schon im Laufen und wird erwähnt. Ein Radverkehrsbudget von 5,4 € je Einwohner bzw. Einwohnerin und Jahr wird angepeilt. Steiermark Radverkehrsstrategie 2025 (2016). Im Landtag beschlossen. Umfangreich, detailliert und klar strukturiert, beinhaltet das Papier qualitative und quantitative Ziele und die Evaluierung deren Erreichung. Die Wichtigkeit von Restriktionen des Autoverkehrs und Förderung des Radverkehrs wird betont. Der Finanzbedarf für Maßnahmen zur Radverkehrsförderung für Städte und Kommunen wird mit 10 bis 20 € pro Jahr und Einwohnerin bzw. Einwohner beziffert. Die Bedeutung von Radverkehrsbeauftragten wird betont.

Wien STEP 2025 – Fachkonzept Mobilität (2014). Vom Gemeinderat beschlossen. Behandelt den Rad-, Fuß- und öffentlichen Verkehr gemeinsam als Umweltverbund. Als Ziel wird ein 80-Prozent-Anteil dieser Verkehrsmittel am Gesamtverkehrsaufkommen genannt (2019 betrug der Wert 73% Prozent). Der Plan sieht unter anderem eine Umnutzung von Flächen vor, die derzeit vom Kfz-Verkehr genützt werden. Ampeln sollen weniger Stopps und längere Grünzeit für den Radverkehr haben, Druckknopfampeln möglichst selten einsetzen. Hauptradverkehrsnetz soll weiter ausgebaut werden.

Aktuelle Stellungnahme der Radlobby Kärnten https://www.radlobby.at/kaernten/ stellungnahme-radmasterplan


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG Drahtesel 3  ⁄  2020 – 15

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Community KLOSTERNEUBURG

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Offener Brief an die Verantwortlichen Aus Anlass des tragischen Zusammenstoßes Ende Juli, bei dem eine Radfahrerin von einem Autolenker auf der Hölzlgasse (B14) getötet wurde, hat sich die Radlobby Klosterneuburg in einem offenen Brief an Bürgermeister Stefan Schmu­ ckenschlager, Landesrat Ludwig Schleritzko und Landeshaupt­ frau Johanna Mikl-Leitner (alle ÖVP) gewendet. Für die Radlobby zeigt der Zusammen­ stoß, bei dem der Autofahrer ein Stopp-Schild missachtet hatte, ein grundsätzliches Problem: Dass bei Durchzugsstraßen wie der B14 getrennte Radfahran­ lagen erforderlich sind oder der Radverkehr über andere Routen geführt werden muss. In Klosterneuburg wird seit vielen Jahren gefordert, die Einbahn in der parallel verlau­ fenden Medekstraße für den Radverkehr freizugeben. klosterneuburg.radlobby.at

VORARLBERG

Klima-Radtour vom Piz zum Spitz Mit der Radtour „vom Piz zum Spitz“ Ende Juni erinnerten Radlobby Vorarlberg und Klimavolksbegehren-Länder­ koordination daran, dass sehr viele Menschen das Rad gerne als Verkehrsmittel nutzen, „dass es bis zur Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmenden allerdings noch ein weiter Weg ist“. Startpunkt der Tour war die Bielerhöhe, dann ging es weiter über Schruns, Bludenz und Feldkirch, Götzis und bis nach Lustenau. Die Abschluss­ veranstaltung fand in Rohrspitz beim Seerestaurant Glashaus statt. Insgesamt 250 Personen nahmen an der Tagestour teil. radlobby.at/vorarlberg

Herbst der Verkehrswende mit Platz für Wien Seite 17

Serviceleistungen für Radlobby-Mitglieder Seite 18

LINZ

Ein Pop-up-Radstreifen für die Nibelungenbrücke In der Linzer Verkehrspolitik stehen die Zeichen auf vor-vorgestern: So muss ein Pop-up-Radstreifen über eine Brücke ohne reguläre Radinfrastruktur als Sündenbock dafür herhalten, dass der Hauptplatz doch nicht autofrei wird.

BERICHT: Matthias Bernold

M

it einem roten Pop-up-Radstreifen auf der Nibelungenbrücke machten Linzer Radfahrende am 15. Juli auf das Fehlen sicherer Radinfrastruktur aufmerksam. Hunderte Radfahrende, etliche davon mit Kindern, waren auf der Nibelungenbrücke erstmals sicher und gefahrlos unterwegs. In den Medien fand die Aktion vor allem kritischen Niederschlag wegen des Kfz-Staus, der währenddessen entstand. Die Ursache für den Stau führt Mirko Javurek von der Plattform „AUTOFREItag Linz“ primär nicht auf die Aktion selbst, sondern auf die begleitenden Polizei-Maßnahmen zurück: „Es wäre aufgrund der Demo nicht notwendig gewesen, den Kfz-

Verkehr auf der Zufahrtsrampe auf eine Spur zu verengen. Denn wir haben den Pop-Up-Radstreifen erst nach der Kurve beginnen lassen, sodass durchgehend zwei Kfz-Fahrspuren möglich gewesen wären.“ Besagten Stau, der sich am selben Tage ereignete, als der Linzer Hauptplatz auch erstmals probeweise autofrei gehalten wurde, nahm Verkehrsreferent Vizebürgermeister Markus Hein (FPÖ) prompt zum Anlass, die Probephase bereits am 17. Juli wieder zu beenden. Weil die Verkehrsmenge zu hoch sei, „müssen wir den autofreien Hauptplatz auf das Jahr 2024 – wenn alle Brücken fertig sind – verschieben“. Während Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) und Vizebürgermeister Bernhard Baier (ÖVP) das Ende des autofreien Hauptplatzes begrüßten, kam Kritik von den Grünen. „Den Versuch nach nur zwei Tagen wieder abzubrechen, zeigt, dass eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt in Wahrheit von Anfang an nicht ernsthaft gewollt war, sondern nur eine halbherzige AlibiAktion gewesen ist“, kommentiert Helge Langer, Klubobmann der Grünen Linz und verweist darauf, dass die Sperre nicht ausreichend angekündigt und beschildert war. Mehr über die mangelhafte Linzer Radinfrastruktur lesen Sie auf Seite 19.

Fahrrad-Aktive in Linz rollten auf der Nibelungenbrücke einen roten Teppich als Popup-Radweg aus, um auf das Fehlen von Radinfrastruktur hinzuweisen.

Foto: AUTOFREItag Linz

Ein Pop-up-Radweg als Sündenbock Seite 16


Aktion an der Kreuzung Landes­ gerichtsstraße/ Universitätsstraße: Die diskriminierende Platzverteilung zu Lasten des Rad- und Fußverkehrs wird verdeutlicht

Der Sommer der Verkehrswende

Die Initiative Platz für Wien nutzte den Sommer für zahlreiche Aktionen im öffentlichen Raum. Auch für den Herbst sind Veranstaltungen geplant, um den Platzbedarf für Rad- und Fußverkehr und eine grünere, lebenswerte Stadt zu unterstreichen. BERICHT: Stefanie Bermesser

S

eit Ende April trägt die Wiener Initiative Platz für Wien 18 konkrete Forderungen nach einer flächengerechten, klimagerechten und kindergerechten Stadt in den Wiener Wahlkampf. Dass diese Anliegen nicht nur vor der Wahl thematisiert, sondern vor allem in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden müssen, fordern bereits über 35.000 Wienerinnen und Wiener: So viele hatten bis Redaktionsschluss Mitte August schon Unterstützungserklärungen für die Forderungen der Initiative abgegeben.

Foto: Platz für Wien/Peter Provaznik

Kundgebungen für Radwege und Sicherheit Unter dem Titel „Sommer der #Verkehrswende“ zeigt Platz für Wien seit Anfang Juli, wie ein menschengerechtes und klimafreundliches Wien aussieht: Nachdem im Juni Parkplätze zu Erholungszonen umgestaltet, der mangelnde Platz vor Schulgebäuden thematisiert und breitere Gehsteige durch eine „Gehsteig-Rallye“ gefordert wurden, setzte die Initiative auf einer zentral gelegenen Wiener Kreuzung das erste große Zeichen. Die Absicherung der Kreuzung Landesgerichtsstraße/Universitätsstraße

erfolgte am 22. Juli symbolisch mit einer Menschenkette, die sich den Platz nahm, der dem Fuß- und Radverkehr in Wien allzu oft vorenthalten wird. Platz für Wien fordert unter anderem den Umbau von 250 solcher Kreuzungen zu sicheren Kreuzungen bis 2030. Im August reagierte die Initiative auf das drohende Aus des Citybike Systems und organisierte eine Protestfahrt zum Rathaus gemeinsam mit der Wiener Radlobby. Diese Aktion sprach die Forderung nach 125 zusätzlichen Leihrad-Stationen und einer Modernisierung des Systems an. Am 7. August schlossen sich Fridays for Future dem Sommer der Verkehrswende an: Beim gemeinsamen Aktionstag für die Verkehrswende errichtete Platz für Wien einen gesicherten Radweg auf der Triester Straße, indem eine wandernde Menschenkette die rechte Fahrspur für Radfahrende absicherte. Aktionsschwerpunkt Fußverkehr und Symposium Am 2. September folgt ein Aktionsschwerpunkt Fußverkehr, im Zuge dessen an einer neuralgischen Stelle die temporäre Markierung eines Zebrastreifens auf Forderung Nr. 16 nach 125

sicheren Querungsmöglichkeiten über Hauptstraßen hinweist. Platz für Wien legt einen Schutzweg vom Stadtpark über den Ring zum Gartenbaukino, wo danach eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion und eine thematisch passende Filmvorführung auf Österreichs größter Kinoleinwand stattfindet. Der Sommer der Verkehrswende ist jedoch noch nicht vorbei! Am europaweiten Autofreien Tag, dem 22. September, wird Platz für Wien das in Barcelona bewährte Superblock-Konzept für verkehrsberuhigte Wohngebiete in Wien in die Praxis umsetzen und ein Grätzl verkehrsberuhigen. Denn die erste Forderung der Initiative lautet: 100 verkehrsberuhigte Wohngebiete mit hoher Aufenthaltsqualität! Schon am Vortag lädt Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) zu einem parteiübergreifenden Symposium, bei dem die Vorstellungen von Platz für Wien mit ExpertInnen und PolitikerInnen diskutiert werden. Alle aktuellen Termine für Veranstaltungen und Aktionen von Platz für Wien sind auf der Website der Initiative zu finden. platzfuer.wien

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WIEN


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Mitgliedervorteile und -beiträge können je Bundesland geringfügig variieren. Anmeldung und ausführliche Infos zur Mitgliedschaft: radlobby.at/mtg


Infrastruktur Linz pfuscht bei Verkehrsprojekten Seite 19

Plus / Minus: Infrastruktur im Test Seite 20

Rechtskolumne: Über korrekte Handzeichen Seite 22

Mangelhaft und miserabel Bei der Errichtung von Verkehrs-Infrastruktur hält sich die Stadt Linz nicht einmal an die eigenen Planungen. Was letztlich gebaut wird, ist teuer und für Radfahrende mangelhaft und miserabel. TEXT: Andrzej Felczak

D

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as Projekt „BypassBrücken zur VÖESTBrücke“ wurde mit dem Spruch „Verflüssigung des Verkehrs“ beworben. Anfangs waren sehr hochwertige Fahrradanbindungen vorgesehen: getrennte Radwege und Gehwege mit einer Gesamtbreite von 4,5 Metern, schöne Auf- und Abfahrten, wo der Schwung hätte mitgenommen werden können. Verantwortung abschieben Jetzt, kurz vor der Fertigstellung, ist aber Ernüchterung eingetreten. Obwohl das Projekt mit 200 Millionen Euro rund dreimal (!) mehr kostet als angekündigt, mündet auf Urfahranerseite die Radwegrampe in eine Haarnadelkurve. Im Rampenbereich wurden nur drei Meter breite gemischte Gehund Radwege errichtet. Laut Linzer Verkehrsplanung ist dort für den Radverkehr nur eine Halbanschluss-/Teilanschlussstelle und die Abfahrt nur Richtung Osten vorgesehen – eine schockierende

Foto: Radlobby Oberösterreich

?

Sichere Radinfrastruktur sieht jedenfalls anders aus: Haarnadelkurve zur Radwegrampe bei der Bypassbrücke in Linz

Fehleinschätzung. Weitere Fehlplanungen stellen die großteils neu errichteten Unterführungen Ende der Prager Straße zur Broschgasse (unter der B127/Freistädter Straße) und die sanierte Urnenhain-Unterführung unter der B126 (Leonfeldner Straße) dar. Obwohl diese auf einer Hauptradroute die

einzigen kreuzungsfreien Verbindungen darstellen, wurden diese nicht für den Radverkehr ausgelegt. „Die Planungsabteilungen der Stadt Linz, der Asfinag und vom Land Oberösterreich haben hier grob versagt, jetzt schieben sich alle die Verantwortung gegenseitig zu“, sagt Gerhard

Fischer, Vorsitzender der Radlobby Oberösterreich: „Um solche Baufehler künftig zu vermeiden, sollte bei jedem Straßenbauprojekt ein Rad- und Fußverkehrs-Check durch unabhängige Verkehrsplanende verpflichtend sein.“

Was heißt eigentlich?

Vierkammersignal Fahrradampeln, die vor der zu querenden Fahrbahn montiert sind, sehen wie eine gängige Kfz-Ampel in Miniaturversion aus, aber mit der Besonderheit, dass es zwei Rotlichter gibt. Das liegt nicht daran, dass Verkehrsplanende glauben, Radfahrende würden das Rotlicht sonst leicht „übersehen“, versichert der Ombudsmann der Wiener Magistratsabteilung 33. Vielmehr dient

es der Ausfallssicherheit: Weil sich Vierkammersignale meist in niedriger Höhe befinden, sind sie anfällig für Vandalismus. Und wenn das Rotlicht ausfällt, muss die gesamte Ampel außer Betrieb gehen. Es gibt auch Kleinstsignale, die dasselbe Signal wie eine ebenfalls angebrachte große Kfz-Ampel anzeigen. Nur wenn ein Fahrradsymbol in der Signalscheibe sichtbar ist,

ist es eine Fahrradampel. Jenseits der zu querenden Fahrbahn werden Fahrradampeln montiert, die wie Fußgängerampeln aussehen. Behörden befürchten deshalb oft, dass Gehende auf die Fahrradampel schauen und verweigern dem Radverkehr eine längere Grünphase als dem Fußverkehr. Bei Vierkammersignalen gibt es dieses Problem nicht. Mario Sedlak


PLUS  ⁄  MINUS

Verkehrs-Infrastruktur im Praxistest

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QUALITÄTSKONTROLLE: Andrzej Felczak, Christian Höller

Ganz Wien

Wien 23., Breitenfurter Straße

Melk, Rollfährestraße

Ampeln liefern essenzielle Informationen über Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit. Sie sollen daher gut sichtbar sein, so wie es die StVO in § 39 vorschreibt. Der Radlobby Wien sind jedoch etwa ein Dutzend Stellen bekannt, wo Fahrradampeln durch legal parkende Kraftfahrzeuge verdeckt werden können. Die Ampel kann übersehen werden, was ein Verkehrssicherheitsrisiko darstellt. Ebenfalls werden die Radfahrenden im Vergleich zum Kfz-Verkehr grob benachteiligt, weil die Ampelfarbe erst unmittelbar vor der Kreuzung erkennbar ist, wodurch ständige Anhaltebereitschaft erforderlich ist. Am Foto ist die Ampel Kleine Stadtgutgasse/Heinestraße abgebildet. Die gleiche Situation gibt es etwa in der Böcklinstraße/Wittelsbachstraße und Siebenbrunnengasse/Reinprechtsdorfer Straße. Derartige Stellen gehören saniert: entweder durch eine höhere Anbringung der Ampel oder durch zuverlässiges Freihalten der Sichtfelder.

Die von Kfz stark befahrene Breitenfurter Straße ist eine zentrale Verkehrsachse von Meidling und Liesing und Teil des Hauptradverkehrsnetzes. Es ist daher besonders erfreulich, dass die Stadt zwischen Parttartgasse und Walter-Jurmann-Gasse auf einer Länge von 470 Metern beidseitige hochqualitative Einrichtungsradwege errichtet hat. Die Radwege sind teilweise von der Straße durch einen Grünstreifen getrennt und verlaufen mitunter im Schatten von Bäumen. Die Breite beträgt durchgängig 1,7 Meter, was ein Überholen ermöglicht. Bei den Bushaltestellen sind sie auf der Rückseite geführt, was Konflikte mit Fahrgästen minimiert. Durch getrennte Ampeln für Radfahrende und Zufußgehende konnte die höhere Radgeschwindigkeit berücksichtigt und die Länge der Grünphase maximiert werden. Wir hoffen, dass die Weiterführung der Radwege Richtung Norden und Süden in derselben hohen Qualität bald in Angriff genommen wird.

Die Rollfährestraße ist eine rund 630 Meter kurze Flaniermeile von der Hubbrücke zur Donau und Teil des Donauradwegs. Über Jahrzehnte bewährte sich die Rollfährestraße als eine De-facto-Begegnungszone: problemlos und unfallfrei. Pkw und Busse waren im Schritttempo unterwegs – schneller konnten sie inmitten der vielen Gehenden und Radfahrenden ohnehin nicht fahren. Nun wurde auf Trennprinzip umgebaut. Wo vorher fünf Meter für alle reichten, sind jetzt elf Meter asphaltiert. Die, die hier gehen und Rad fahren, teilen sich künftig einen 2,5 bzw. drei Meter schmalen Geh-Radweg im Gegenverkehr (ohne Benützungspflicht). Der Kfz-Verkehr, der über eine Zubringerstraße in einer T-Kreuzung einmündet, hat jetzt 6,25 Meter für sich, samt Vorrang, mit Tempo-30-Tafel – sie soll die nun befeuerte Geschwindigkeit der Autos einbremsen. Zynischer Titel des Umbaus: „Lückenschluss am Donauradweg“. Mehr dazu: melk.radlobby.at

Ein Problem in der ganzen Stadt: Verdeckte Fahrradampeln

Hochqualitative Einrichtungsradwege errichtet

Ohne Not: Zerstörung einer De-factoBegegnungszone

Einfach online Radbeschwerden abgeben: Fotos: Robert Wallner(1), Andrzej Felczak(1), Radlobby Melk(1), Radlobby ARGUS Steiermark(1), Johannes Götz(1), Roland Schönauer(1)

radkummerkasten.at


Steiermark, Gratkorn/Gratwein b. Graz

Vorarlberg, Sulz

Wien 22., Sonnenallee

Der in die Jahre gekommene Mursteg zwischen Gratkorn und Gratwein/Straßengel nördlich von Graz weist eine Breite von lediglich 1,5 Meter auf und ist an beiden Enden nur über Stiegen zu erreichen. Trotzdem wird er täglich von 700 Menschen genutzt, davon die Hälfte mit dem Fahrrad. Der Steg verbindet die in der Nähe beginnenden Hauptradrouten HR1 und HR2 nach Graz und ist wichtig für die Erreichbarkeit der Bahnstation Judendorf, vor allem für Pendelnde. Die nächste Brücke befindet sich zwei Kilometer nördlich. Bei der nun erfolgten Sanierung um 75.000 Euro wurden hier wieder nur Stiegen errichtet und schmale, steile Rampen mit aufgerauter Oberfläche montiert. Die beiden Gemeinden sind Partnerinnen des Landes Steiermark im Alltagsfahrradkonzept und müssten für eine radfreundliche Maßnahme jeweils lediglich 15 Prozent der Kosten übernehmen. Mit diesem Anteil wäre die Errichtung einer neuen, zeitgemäßen Geh-/Radwegbrücke gemeinsam mit dem Land möglich gewesen.

In der Lonserstraße in Sulz verläuft in Nord-Süd-Richtung die Hauptlandesradroute 2. Diese Strecke stellt auch die Zufahrt zum regionalen Erlebnisschwimmbad Frutzau in Sulz dar. Bewohnerinnen und Bewohner der umliegenden Gemeinden Rankweil, Sulz, Röthis, Weiler und Klaus besuchen ebenfalls gerne das Schwimmbad – oft mit dem Fahrrad. Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Komforts von Radfahrenden und Zufußgehenden wurde das Tempolimit auf 30 km/h reduziert, zur Erinnerung sind große Tempo30-Bodenmarkierungen vorhanden. An zwei Kreuzungen wurde die Lonserstraße bevorrangt, in den Seitengassen sind große Stop-Bodenmarkierungen angebracht. Zur Verdeutlichung des Fahrradvorranges hat man in der Lonserstraße noch große Fahrradpiktogramme markiert. Einziger Wermutstropfen: Es ist rechtlich keine Fahrradstraße. Zum vorherigen Zustand ist es jedoch eine sehr große Verbesserung.

In der Seestadt Aspern wird die ursprünglich innovative Verkehrsorganisation zu Lasten von Fuß- und Radverkehr für Kraftfahrzeuge optimiert: In der Sonnenallee hatte man ursprünglich – unseres Wissens nach das erste Mal in Wien – eine Kernfahrbahn bei Zweirichtungsverkehr mit einer Breite von 3,5 Metern markiert. Dies ist laut RVS (Richtlinien und Vorschriften für den Straßenverkehr) bei geringer KfzBelastung und Tempo-30 erlaubt, um mehr Raum für andere Nutzungen zu schaffen. Dadurch konnten zwei Mehrzweckstreifen mit 1,5 bzw. 1,7 Meter Breite markiert sowie ein drei Meter breiter, durch Betonleitwände getrennter, Gehsteig errichtet werden. Die Radlobby sieht dies als eine mögliche Verkehrsorganisation, die bei geeigneten Rahmenbedingungen eingesetzt werden kann. Leider wurde zu einem späteren Zeitpunkt der Querschnitt für Kfz optimiert und mit einer breiten Kernfahrbahn versehen. Dafür verschmälerte die Stadt den Gehsteig und versetzte Leitwände wie Bodenmarkierungen. Fazit: eine verlorene Chance, um über einen längeren Zeitraum Erfahrungen zu sammeln.

Mursteg um 75.000 Euro saniert, Stiegen sind leider geblieben

Ab ins Erlebnisbad: Neuer Vorrang für alte Hauptradroute

In der Seestadt bekommen Kfz jetzt doch wieder Priorität

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 21

Infrastruktur


Richtig abbiegen im Sinne der StVO

Infrastruktur

Unser Rechtsexperte widmet sich diesmal einer elementaren Frage des Radfahrens: Wie biege ich gesetzeskonform ab und setze ein Handzeichen, ohne dabei zu Sturz zu kommen?

Z Drahtesel 3 ⁄  2020 – 22

Johannes Pepelnik ist Rechtsanwalt in Wien und Vertrauensanwalt der Radlobby

ur Steigerung der Verkehrssicherheit und zur Vermeidung von Unfällen in Folge eines toten Winkels wird in Fahrschulen der sogenannte „3-S-Blick“ gelehrt. Dieser besteht aus dem Blick in den Innen- sowie den Außenspiegel, als auch dem Schulterblick. Da Motorrad- und Mopedfahrende keinen Innenspiegel haben, entfällt der Blick in den Innenspiegel bei ihnen. Bei Fahrradfahrenden gibt es mangels Spiegeln nur den Schulterblick zur Absicherung eines Abbiegevorgangs. Die Frage ist allerdings, wann dieser Blick gesetzt werden muss. Die Straßenverkehrsordnung schreibt den Schulterblick nicht explizit vor. In § 11 Abs. 1 StVO findet sich lediglich die Bestimmung, dass Fahrzeug-Lenkende die Fahrbahn oder Fahrtrichtung nur ändern dürfen, wenn sie sich davor glaubhaft davon überzeugt haben, dass dies ohne Gefährdung oder Beeinträchtigung anderer Personen geschehen kann. Zudem muss vor dem Abbiegemanöver gemäß § 11 Abs 2 und 3 StVO ein Handzeichen gegeben werden. Vorgeschrieben ist also nicht der Schulterblick, sondern das Handzeichen. Dieses muss so erfolgen, dass die übrigen Verkehrsteilnehmenden dies wahrnehmen können – ein Abstrecken des kleinen Fingers reicht nicht aus. Abbiegemanöver gemäß OGH Der Oberste Gerichtshof (OGH) sprach bereits 1963 in seinem Rechtssatz RS0079255 davon, dass – sofern

das Anzeigen des Abbiegemanövers zeitgerecht und richtig erfolgt und man sich davon überzeugt hat, dass niemand gerade zum Überholen ansetzt – man den Verkehr unmittelbar vor dem Abbiegemanöver nicht nochmal im Blick haben muss. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die anderen Verkehrsteilnehmenden die Absicht des Abbiegens erkennen und sich entsprechend verhalten. Schauen, Handzeichen, Schulterblick Laut Rechtsprechung würde also ein Handzeichen und ein Schulterblick vor dem Einbiegen ausreichen. Die Frage ist aber, in welcher Reihenfolge. Zuerst „Schauen“ dann „Handzeichen“, oder zuerst Handzeichen, dann zur Vergewisserung Schauen, oder zweimal Schauen? Wenn ich ohne zu schauen ein Handzeichen gebe, setze ich mich der Gefahr aus, dass meine Hand vom Auto erfasst wird. Daher empfehlen viele Radfahrschulen (darunter der Verein Schulterblick oder die City Cycling School), dass man vor dem Ausstrecken des Arms einen Schulterblick wagt, um die Verkehrssituation im Blick zu haben und seine Extremitäten zu schützen. Dann folgt das Handzeichnen. Und vor dem Einbiegevorgang – sofern möglich – nochmals ein Schulterblick, um auf Nummer sicher zu gehen. Wichtig ist, dass beide Hände während des Abbiegevorgangs am Lenker bleiben; das Handzeichen also schon vor dem Einbiegen gegeben wird.

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Alle Vorteile für Radlobby-Mitglieder Seite 18


Lebensstil Wiens Radwege sind für Behinderte nicht geeignet Seite 24

Orca: Mut haben beim Radfahren und Verweilen Seite 26

Bücher: Lesestoff für Velophile Seite 28

Cinemascope Austria 2 Australia

E

in regnerischer Tag im oberösterreichischen Linz: Die beiden Freunde Andreas und Dominik radeln munter durch die Gassen, scherzen und lachen darüber, dass man mit nassen Fingern Smartphones nicht entsperren kann. Sie wirken eher wie Freizeit-Radler auf einem kleinen Wochenend-Trip als mutige Männer, die soeben Alltag, Freunde und Familie hinter sich gelassen haben, um die Welt zu erkunden.

Foto: Austria 2 Australia

Zerbricht eine Freundschaft? Das Ziel ist kein besonders nahes: Australien. In einem Jahr will man die 18.000 Kilometer Landweg durch 19 Länder zurückgelegt haben und ist hochmotiviert, dieses Vorhaben zu verwirklichen. Eine explosive Mischung aus Neugier, Leichtsinn und Naivität hilft dabei ebenso wie die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Einheimischen, die Andi und Dominik auf ihrer Reise kennen lernen. Starker Gegenwind, Regen, lästige Fliegen und motorisierter Verkehr zehren jedoch zunehmend an den Nerven; extreme Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und mangelnde Wasser- und Lebensmittelversorgung bringen die Männer teilweise in lebensbedrohliche Situationen. Nach zigtausenden gemeinsam zurückgelegten Kilometern ist das Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Belastbarkeitsgrenzen der Radkumpels nicht mehr von der Hand zu weisen – die Freundschaft und somit auch das gemeinsame Ziel drohen zu zerbrechen. Ein Radreisefilm, der nichts Neues und zugleich doch etwas ganz Beson-

deres ist, denn er spricht durch seine so unerfahren und blauäugig wirkenden Hauptfiguren eine breite Masse an. Plötzlich hat man den Eindruck, beinahe jeder könnte so eine Reise machen – und vielleicht ist das auch gar nicht allzu weit hergeholt. Dokumentation, Österreich 2019 Buch, Regie, Kamera, Schnitt: Andreas Buciuman & Dominik Bochis; Musik: Clemens Bacher; Sounddesign: Atanas Tcholakov; Produktion: Josef Aichholzer Mit: Andreas Buciuman & Dominik Bochis Austria 2 Australia startet demnächst in den österreichischen Kinos. www.austria2australia.com

18.000 Kilometer Land­ weg durch 19 Länder wollen die beiden Freunde Andreas und Dominik zurücklegen

An dieser Stelle stellt die Film- und Theaterwissen­ schaftlerin Ines Ingerle Klassiker und Neuheiten aus der Welt des Fahrrad-Films vor.

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 23

Zwei Freunde erkunden mit dem Rad die Welt und sich selbst


Lebensstil

Wie barrierefrei sind Wiens Radwege? Mit seinem speziell angefertigten Dreirad fährt unser Autor nur ungern durch die Stadt. Sein Erfahrungsbericht zeigt warum.

Dieser Bericht ist in Kooperation mit der Initiative „andererseits“ entstanden, die sich für Inklu­ sion im Journalismus einsetzt. Menschen mit und ohne Behin­ derung arbeiten gemeinsam an Texten, Videos und Podcasts.

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 24

andererseits.org

TEXT: Sebastian Gruber  FOTOS: Stefan Fürtbauer

I Sebastian Gruber, 28, ist der Autor dieses Texts. Er arbeitet bei der Allianz Versicherung und nebenbei auch als DJ. Als Kind saß er im Rollstuhl. Heute kann er selbstständig gehen und Rad fahren.

Katharina Kropshofer, 27, arbeitet als freie Journalistin in Wien. Sie gehört zum Redak­ tionsteam von „andererseits“ und hat nebenstehenden Text redaktionell unterstützt.

ch habe ein Renndreirad. Es sieht aus wie ein normales Rennrad, hat aber zwei Hinterräder und einen Gepäckträger mit Seitentaschen. Den dritten Reifen brauche ich wegen meiner Motorik. Mit einem normalen Rad würde ich umfallen. Ich liebe Rennradfahren, weil man so viel weiter fahren kann. Von Krems nach Wien zum Beispiel, oder von Wien nach Bratislava. Auch in meiner Reha, die ich einmal im Jahr machen muss, kann ich mit dem Rennrad viel erkunden und leichter Berge und Hügel bewältigen. Durch Wien zu fahren, bereitet mir allerdings auch immer Probleme. Ich habe mir deshalb eine Route überlegt, um die Stadt auf Barrierefreiheit zu überprüfen. Barrierefreiheit für besondere Fahrräder wie meines. Aber auch für Lastenräder, Handbikes oder andere breitere Fahrräder. Wir starten bei der Praterbrücke. Sobald ich von der Brücke hinunter fahre, gibt es sehr viele Sträucher, Pflanzen und Kurven. Dann, kurz bevor man durch einen Tunnel zum Prater fährt, ist da plötzlich eine sehr gefährliche, abfallende Stelle. Hier muss man als Dreiradfahrer dreifach aufpassen: Ich darf nicht in den Gegenverkehr fahren, muss mich gegen die Steigung lehnen, um nicht zu kippen und sowohl nach hinten, als auch nach vorne schauen.

Hier umzufallen, kann sehr schlimme Folgen haben. Eine geradere Abfahrt wäre einfacher und sicherer für mich und für alle anderen auch. Wir fahren weiter entlang des Donaukanals zum Erdberger Steg. Hier, auf der Seite des dritten Bezirks, ist eine weitere Gefahrenstelle: Zufußgehende wollen von der Brücke über den Zebrastreifen, Radfahrende – normale und auch Drei- oder Lastenradfahrer – die von Erdberg Richtung Urania fahren, müssen zwingend über den Steg, weil es unter der Brücke keinen Radweg gibt. Will man vor der Brücke abbiegen, muss man extrem aufpassen, um in der viel zu engen Kurve nicht zu kippen oder mit Zufußgehenden zusammenzustoßen, die gerade Grün haben. Enge Kurven und Kopfsteinpflaster Dazu kommt der Bodenbelag aus Pflastersteinen. Asphalt wäre für Radfahrende besser. Und ich muss ganz besonders aufpassen, dass meine beiden Hinterreifen nicht hängen bleiben. Ungefähr zehn Kilometer sind schon hinter uns und wir nähern uns dem Zentrum Wiens. Am Donaukanal wird der Verkehr immer dichter. Hier gibt es ein paar enge, riskante Stellen und auch Brückendurchfahrten, die zu niedrig und zu schmal für mein Rad sind – etwa die Bahnbrücke oder die


Franzensbrücke. Ein paar hundert Meter weiter wollen wir die Kreuzung bei der Urania Richtung Ring queren. Zuerst muss man über die erste Ampel zu einer sehr kleinen Zwischeninsel, um dann bei einer weiteren Ampelphase endlich auf die andere Seite zu gelangen. Am Ring teilen sich viele Radfahrende, Zufußgehende und E-Rollerfahrende den selben Weg. Das macht diese Strecke schmal und gefährlich. An manchen Stellen – etwa auf dem Opernring – bin ich gezwungen, auf der Straße mit sehr schmalem Radstreifen zu fahren. Meine Hinterräder ragen sehr oft über die weiße Linie auf dem Boden. Das ist nervig.

Sebastian Gruber (linke Seite) fährt ein spezielles Renn-Dreirad. Für den DRAHTESEL hat er Radin­ frastruktur getestet. Was er besonders gefährlich findet: Kopfsteinpflaster, unüber­ sichtliche Kreuzungen.

Ein Horror: Äußere Mariahilferstraße Dazu kommt, dass die Wegführung oft verwirrend ist. Immer wieder gibt es kleine Rampen. Kippgefahr! Deshalb frage ich mich, ob man die Radwege hier nicht großzügiger anlegen oder einen Auto-Fahrstreifen in eine RadSpur umwandeln könnte? Unsere Testfahrt geht weiter über die Mariahilfer Straße. Die Straße ist sehr breit und es ist gibt wenige Autos. Also geht die Fahrt relativ gut voran. Aber da ist ein Problem: Es gibt so viele

Leute auf der Mariahilfer Straße, dass man einfach nicht weiterkommt. Egal ob mit zwei oder drei Reifen. Vielleicht wäre ein separater Radstreifen eine Lösung. Bis zum Westbahnhof gibt es keine großen Probleme mehr. Doch dann queren wir den Gürtel und fahren in der Äußeren Mariahilferstraße weiter. Alles, was man als Fahrradfahrer vermeiden will, kommt plötzlich zusammen: Ich muss auf der Straße fahren, der Radstreifen ist schmal. Für Dreiräder ist die Strecke phasenweise fast unmöglich zu befahren. Ganz zu schweigen von den Straßenbahnkreuzungen. Wir sind jetzt 23 Kilometer geradelt und wollen kurz rasten. Dabei zeigt sich: Für große Fahrräder, insbesondere Dreiräder, gibt es wenige Möglichkeiten, das Fahrrad sicher abzusperren. Während wir uns kurz entspannen, denke ich über die Strecke nach. Alles in allem ist es sehr anstrengend, durch Wien zu fahren. Ich kann mich nicht genauso bewegen wie andere Radfahrende. Oft meide ich es deshalb auch, mit dem Rad durch die Stadt zu fahren. Eigentlich schade – denn stark genug dafür fühle ich mich... Mitarbeit: Katharina Kropshofer

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Nr. 7-8 | Juli - August 2020 Nr. 5-6 | Mai

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Lebensstil

Orcas Kettenbriefe Mut und Verweilen

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 26

Clara „Orca“ Felis ist Radbotin, Buchhändlerin und schreibt. In ihrer Glosse berichtet sie aus dem Straßendschungel zum Wortmeer

Radfahren hat mit Mut zu tun. Mit Vertrauen in das eigene Können und das der anderen. Warum so viele Menschen nicht auf das Rad steigen? Weil sie Angst vor dem Verkehr haben. Weil sie Angst um ihre Kinder im Straßenverkehr haben. Weil es keine adäquaten Radwege gibt. Weil sie den Verkehr nicht einschätzen können. Weil die Masse Auto so gefährlich und unberechbar ist. Toter Winkel, Handy am Steuer, schnell etwas am Smartphone nachschauen, die Lautstärke verändern, Unachtsamkeit, Stress und Stau. Es braucht nur den Bruchteil einer Sekunde, der Leben verändern kann. Das alles haben wir schon gehört und wissen wir. Sich darüber erheben, sich in den Verkehr stürzen und den eigenen Platz darin zu behaupten, ist der nächste Schritt. Autofreie Städte sind

Schlagworte und Visionen. Die Umsetzung davon braucht ebenfalls Mut. Mut sich gegen gegebene Strukturen zu lehnen. Mut sich gegen die Autolobby zu stellen. Mut haben, Visionen Raum zu geben, den Menschen Platz zu machen, den sie in einer Stadt brauchen. Schlendern, Radfahren, Auslagen betrachten, Menschen zufällig treffen. Den öffentlichen Raum wieder zurückzuverwandeln in das, was er war: Ort der Begegnung und des Miteinanders. Zu lernen, achtsam zu sein. Zu lernen, es gibt auch andere Menschen. Lernen, dass Verweilen auch eine Form der Bewegung ist. Habe den Mut, in den Moment zu tauchen und dich von ihm überraschen zu lassen. Habe den Mut, dich deines Rades zu bedienen.

Briefe aus der Ferne

Dieses Mal: Brief vom Rhein Tempo-100. Nein, alles immer schön abseits der Kfz-Strecken – das schaffe ich selbst mit Planung nie und nimmer zum Neusiedlersee. Höhepunkt dann aber eigentlich Rheinschwimmen. Quasi Entschädigung für den fehlenden Meerblick. Und Inspiration: Warum nicht auch Donaukanal-Schwimmen in Wien. Quasi Empfehlung. Und Wunsch. Quasi dringend. Oma Lisboa

Foto: Omo Lisboa

Fast so schön wie ein Meer: der Bodensee

Ok – kein Atlantik heuer, weil Anreise mit dem Rad zu kompliziert und zu langwierig und überhaupt mit Corona, wer weiß… Das Ersatzprogramm unserer alljährlichen Radtour: Einmal um den den halben Bodensee und weiter nach Zürich. Samt Familie, das Kind soll sich ein bisschen bewegen statt nur vorm Computer sitzen. Bald wird klar: schöne Überraschung die Reise. Im positiven Sinn jetzt. In Vorarlberg radeln macht Spaß, und ja, hier ist vieles besser als in Wien. Rund um den Bodensee: gemütlicher Radweg mit schattigen, frei zugängliche Badestellen. Sogar kleine Wellen gibt es. Quasi wie Mini-Meer. Nach Zürich radeln wir übrigens pippieinfach, dank bestens ausgeschilderter Radwege. Das geht ganz ohne Planung und GPS. Einfach drauf los fahren und ohne verirren, kein Radweg-Ende-Schild unvermittelt auf einer Bundesstraße mit


dventures and ained through ng natural and warm-hearted ide world.” d Walter Hauer

Grenzgänge (und -fahrten) Hauptstadt, zu landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen und in Naturschutzgebiete, über aufgelassene Bahnstrecken ebenso wie über neue Verkehrswege. Köstenbergers Schilderungen der Sehenswürdigkeiten und Orte entlang der Strecke erinnern an Flucht, Vertreibung und Emigration, beschreiben das Schicksal einer Gegend, die noch vor wenigen Jahrzehnten gewissermaßen am Ende der Welt lag. Die historischen Ausführungen und Routenbeschreibungen werden ergänzt durch nützliche Kartenausschnitte, Tipps für die Reiseplanung und Anreise mit dem Zug. Stefanie Bermesser

Köstenberger, Julia Grenzenlos Radeln - Band 2. Natur erleben, Geschichte erfahren. Die schönsten Touren zwischen Österreich und der Slowakei Wien: Falter Verlag, 2020 ISBN 978-3-85439-665-9 256 Seiten 24,90 Euro

Karpaten-Rezension samt Selbstversuch

Verkehrswende mit Grafiken und Rudi

Rennradeln – was muss ich wissen

Teufel im Rock: Alfonsina Strada

Hinter der Ostgrenze Österreichs beginnt das Abenteuer: Das Kar­ patengebirge zieht sich 1.300 Kilometer von Bratislava durch sieben Länder bis zur rumänischserbischen Grenze, und damit bis zum berühmten „Eisernen Tor“ der Donau. Elisabeth Mattes und Walter Hauer haben den ge­ samten Karpatenbogen mit dem MTB-Tandem befahren und die­ se längste MTB-Route Europas detailgenau aufgezeichnet. Diese Einladung in die mystisch-wilden Wälder konnte der Autor dieser Zeilen nicht ausschlagen und begab sich selbst auf Testfahrt. Resümee: die Tour hält, was sie verspricht!

Der Hund Rudi und die drei Ge­ nerationen seiner Familie disku­ tieren in dieser Bildergeschichte über die vielen möglichen Facet­ ten der Verkehrswende. Warum wir die Transformation brauchen, und wie sie gelingen kann, ist humorvoll und verständlich ver­ packt, untermauert mit aktuellen, wissenschaftlich hinterlegten Daten und Fakten. So wird schon mal die Stadt als Mobilitäts-WG gezeichnet. Wer würde mit einem Auto zusammen ziehen wollen, das so viel mehr Platz braucht als alle anderen?

Über die Reifenbreite, die War­ tung der Kette, Radhandschuhe, Räder aus dem Onlinehan­ del und Indoortraining sowie Gruppenfahrten und die Welt der Profis – im neuen Rad-Band der „101 Dinge“-Reihe steht das Rennradfahren im Mittelpunkt. „Tour“-Autor Tim Farin hat 101 Fakten gesammelt, die Renn­ radneulingen und Rennradfans spannende Infos rund um ihr Hobby liefern. Farin setzt auch auf eigene Erfahrungen; das al­ les ergibt ein illustres Panorama vom Rennradfahren.

Mit 10 Jahren beginnt für Alfon­ sina Strada das Abenteuer – sie bekommt ihr erstes Fahrrad, und die Liebe ihres Lebens beginnt. Der preisgekrönte spanische Illustrator und Schriftsteller Joan Negrescolor erzählt in seinem farbenfrohen Bilderbuch die Geschichte der außergewöhnli­ chen, mutigen Frau: Strada galt als „Teufel im Rock“ und „Königin der Pedale – in den 1920er Jahren trat sie den Konventionen zum Trotz als erste und einzige Frau beim Giro d’Italia an und beeindruckte mit ihrer Karriere als Radsportlerin.

Agora Verkehrswende und Ellery Studio Abgefahren! Die infografische Novelle zur Verkehrswende 2019; 80 Seiten Kostenloser Download unter www.agora-verkehrswende.de/veroef­ fentlichungen/abgefahren

Farin, Tim 101 Dinge, die ein Rennradfahrer wissen muss München: Bruckmann Verlag, 2020 ISBN 978-3-7343-0454-5 191 Seiten; 15,50 Euro

Alec Hager

Hauer, Walter; Mattes, Elisabeth: Cycling The Great Carpathians. From Vienna or Bratislava to the Iron Gate on Europe’s longest mountainbike trail 146 Seiten; 28,60 Euro Walter Hauer and Elisabeth Mattes

Daniela Bernold

Omo Lisboa

Omo Lisboa

Negrescolor, Joan So schnell wie der Wind: Die Geschichte von Alfonsina Strada Berlin: Kleine Gestalten, 2020 48 Seiten; 15,40 Euro ISBN 978-3-89955-852-4 2 Euro

JOAN NEGRESCOLOR

Die Geschichte von Alfonsina Strada

Cycling THE GREAT CARPATHIANS

From Vienna or Bratislava to the Iron Gate on Europe’s Longest Mountainbike Trail 31.10.19 09:08

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 27

Lebensstil

Auf den ersten Blick vielleicht etwas unscheinbar anmutend, blicken das Marchland, die Donauauen und die Gegend um Bratislava auf eine wechselhafte Geschichte zurück, die sich in neun von Julia Köstenberger sorgfältig beschriebenen Radetappen und einem Altstadtspaziergang durch Bratislava erschließt. Die zwischen zehn und 65 Kilometer langen Etappen können als Tagesausflüge oder – kombiniert – als mehrtägige Tour zurückgelegt werden. Sie führen zu Burgen, Schlössern und Plattenbauten, zu den Überresten von Industrieanlagen und zu aufstrebenden Gemeinden unweit der slowakischen

C YC L I N G T H E G R E A T C A R P A T H I A N S

over a length n countries in d most underages the guidewhich combine nd the UNESCO

BÜCHER


Lebensstil

Schienenersatz ja, aber bitte nicht mit dem Fahrrad Wenn die ÖBB Schiene durch Ersatzbus ersetzen muss, ist meist Schluss mit Radtransport. Auch frühzeitige Planungsversuche helfen da nicht weiter, wie das In Velo Veritas-Wochenende dem Veranstalter und den TeilnehmerInnen gezeigt hat.

ERFAHRUNGSBERICHT: Martin Friedl

inveloveritas.at

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 28

Aus der Korrespondenz mit den ÖBB „Es ist grundsätzlich sehr erfreulich, dass Sie bei der Wahl Ihres Ortes die Erreichbarkeit per Bahn mit in Betracht gezogen haben. In diesem Falle dürften wir allerdings an die Grenzen der Kapazitäten gestoßen sein. Bei größeren Bauarbeiten unserer Infrastruktur wird möglichst versucht, diese in Ferienzeiten anzuberaumen. Eine Beeinträchtigung des Bahnverkehrs für PendlerInnen und SchülerInnen wird damit so gering wie möglich gehalten. Die während der Bauzeit eingerichteten Schienenersatzverkehre mit Autobussen werden aus logistischen Gründen ohne die Beförderung von Fahrrädern vorgesehen. Bei Beigabe eines Anhängers für den Fahrradtransport würden durch die Verladung der Räder die eng bemessenen Fahrzeiten der Busse so weit überschritten, dass sie ihre Anschlusszüge nicht erreichen könnten. Und in den Zuggarnituren findet je nach Bauart meist nur etwa ein Dutzend Fahrräder Platz.“

S

amstag Nachmittag am Bahnhof Stockerau. Eine Gruppe von zwölf Radlerinnen und Radlern entsteigt dem Regional Express und schiebt die schönen klassischen Rennräder zum Schienenersatzbus Richtung Hollabrunn. Schienenersatzbus? Weil der Sommer genutzt wird, den Schienenstrang zu sanieren, verkehren keine Züge. Sanierung muss sein, unangenehm für den Fahrgast, aber nicht unverständlich. Beim Schienenersatzbus angekommen werden die fröhlichen Radlerinnen und Radler in ihren bunten Wolltrikots freudig begrüßt vom Busfahrer: „Na, des schau i ma an, wie es heit mit die Radeln noch Hollabrunn kummts“. Was der Busfahrer weiß: ER nimmt kein einziges Fahrrad mit. Was der Busfahrer nicht weiß? Der Veranstalter von In Velo Veritas hat vorgesorgt, einen Lieferwagen geschickt, um die Räder der Teilnehmenden hinter dem Schienenersatzbus nach Hollabrunn zu transportieren. Das Staunen des Busfahrers ist grenzenlos. Radtransport im großen Stil Ein privater Veranstalter organisiert also Radtransport im großen Stil, mehrere Fahrten an mehreren Tagen, damit alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer möglichst doch noch öffentlich anreisen können. Soll man doch: Bahn fahren. Wünschen sich ja alle: Klima schonen. Will ja niemand: Noch ein Auto, das Lärm bis zum Horizont des schönen Weinviertels verbreitet. Also hat sich besagter Veranstalter frühzeitig an die ÖBB gewandt, ob man nicht, nur an diesem Tag, ausnahmsweise, man würde das auch bezahlen, einen Rad-Transport organisieren könnte. Konnte man natürlich nicht, denn: „Bei Beigabe eines Anhängers für den Fahrradtransport würden durch die Verladung der Räder die eng bemessenen Fahrzeiten der Busse so weit überschritten, dass sie ihre Anschlusszüge nicht erreichen könnten.“

Startpunkt der In Velo Veritas, die heuer am Wochenende des 14. und 15. August statt­ fand, war in Hollabrunn.

Radregion abgeschnitten vom öffentlichen Verkehr Das ist natürlich blöd, Zeitüberschreitung will man nicht im Fahrplan, verstehen wir. Wir haben es jedenfalls problemlos geschafft, jeweils zwölf Räder zu verladen, ohne dass der Schienenersatzbus hätte warten müssen, geht doch. Wenn man will. Man will aber nicht. So ist das nördliche Weinviertel (also Hollabrunn und Retz) während eines ganzen Sommers nicht erreichbar für Radlerinnen und Radler, die öffentlich anreisen wollen. Auch der Tourismusverband schäumt, wie man hört, denn seit Jahren positioniert man sich als Radregion, und dann ist man ausgerechnet in dem Sommer, in dem Herr und Frau Österreicher mal Urlaub in der näheren Umgebung machen wollen, abgeschnitten von den Radtouristen.

Foto: Michael Kofler

Martin Friedl ist einer der Mitorganisatoren der In Velo Veritas, der Retro-Radrundfahrt auf alten Stahlrädern im Weinviertel.


Produkte & Technik Reparaturkolumne: Tipps zum schmerzfreien Radeln Seite 29

Hörprobe: Schöner bimmeln (und auch laut) Seite 30

Schaufenster: Neue Produkte für Velophile Seite 35

REPARATURKOLUMNE

Effizient und schmerzfrei radeln

Um Bewegungsmangel vorzubeugen, ist Radfahren die optimale Fortbewegungsform im Alltag. Mit der richtigen Haltung am Rad lässt sich auch hoher Komfort erreichen.

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ürs Radeln in der Stadt empfehlen sich mäßig sportlich geneigte Sitzpositionen bis etwa 30 Grad oder die fast aufrechte Hollandrad-Sitzhaltung. Das erhöht die Übersicht im Straßenverkehr und ist für eine effiziente, entspannte und sichere Fahrt allemal besser als aggressivsportlicher Stop-and-Go-Style. Flache Sitzrohrwinkel und tiefe Tretlager bringen den Sattel näher an den Boden – das Abstützen im Stand wird sicherer. Leichte Gänge und höhere Tretfrequenz sparen Kraft und ermöglichen dynamisches Beschleunigen. Kontaktpunkte Die Position der Lenkergriffe, des Sattels und der Pedale bilden ein Dreieck, das die Gewichtsverteilung am Rad definiert. Weit vorgebeugt lässt sich viel Druck aufs Pedal bringen, aber Hände und Schultern werden stärker belastet. Aufrechtes Sitzen schont den Oberkörper, erfordert aber einen breiten, gefederten Sattel und leichtere Übersetzungen oder E-Unterstützung, da weniger kraftvoll getreten werden kann.

Foto: Unsplash

Sitzhöhe Der Sattel hat die richtige Höhe, wenn das Bein mit der Ferse am Pedal in tiefster Position gerade durchgestreckt ist. Beim ergonomischen Treten mit dem Fußballen über der Pedalachse ist das Knie also nie ganz durchgestreckt und das Becken soll waagrecht in Ruhe bleiben und nicht hin und her kippen. Wer zu tief sitzt, belastet die Knie und Hüftgelenke durch ungüns-

dort auch längliche Ausnehmungen, die Druck vermeiden. Gel-Einlagen im Sattel sorgen für gleichmäßige, großflächige Druckverteilung und sind meist vom Start weg sehr bequem. Der klassische Ledersattel nimmt nach einiger Zeit von selbst die anatomisch optimale Form an, ist aber wasserempfindlich und will gepflegt werden. Sattelfederung Wichtig: richtig sitzen auf dem Fahrrad

tige Hebelkräfte und Bewegungswinkel und ermüdet wesentlich rascher. Waagrechte Sattelposition Die genau waagrechte Sattelposition ist meist optimal. Eine abfallende Sattelspitze erfordert größere Stützkräfte am Lenker, um ein Vorrutschen zu vermeiden. Ein nach hinten gekippter Sattel führt zu unangenehmem Druck auf den Damm und Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Das Sattelgestell sollte so eingerichtet werden, dass sich die Kniescheibe senkrecht über der Pedalachse befindet, wenn die Kurbel waagrecht steht. Sattelform Wichtigstes Kriterium bei der Sattelwahl ist der Abstand der Sitzknochen am Beckenboden. Dort kann das Körpergewicht am besten abgestützt werden, ohne Beeinträchtigung von Nerven und Blutgefäßen im Dammbereich. Viele moderne Sättel haben

Je aufrechter die Sitzposition, desto breiter und weicher muss der Sattel gewählt werden, um die höhere Last gut zu verteilen. Stöße von der Fahrbahn kann eine zusätzliche Federung im Sattelgestell abfangen. Diese darf beim Treten nicht auf und ab wippen. Lenkerform und Handgriffe Der Lenker sollte eine gute Handbreit breiter sein, als die Schultern. Die Handgelenke sollen ungezwungen in gerader Verlängerung der Unterarme die Griffe umschließen. Dafür gibt es unterschiedlich gebogene Lenkerformen – ausprobieren lohnt sich. Ergonomische und gut fixierbare Handgriffe mit großflächigen Stützen für die Handballen vermeiden Druckstellen und ein Durchhängen der Hände, was sonst zu tauben Fingern führen kann.

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Andreas Röderer ist Fahrradmechaniker bei Heavy Pedals


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Die Hörprobe

Hör mal, was da klingelt! Im großen DRAHTESEL-Fahrradklingeltest geben wir einen subjektiven Überblick über einige gängige Modelle und deren Vorzüge und Nachteile. Von retro bis elegant. Von schrill bis unauffällig. Von aufdringlich bis charmant: Auf unserer Website finden sich dazu alle Klingeltöne zum Anhören. TEST: Omo Lisboa  FOTOS: Paul Kubalek

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HUPE

LEZYNE – CLASSIC BRASS BELL

Es ist eine der grundlegenden Fragen in der Geschichte der Fortbewegung: Was war früher da, die Klingel oder die Hupe? Wie auch immer die Antwort ausfällt: Kinder haben jedenfalls die trötende Hupe auch sehr gerne: immerhin erinnert das Geräusch an den kleinen Elefanten aus der Sendung mit der Maus.

Die elegante Klingel aus blitzendem Messing steht insbesondere Retro-Bikes ganz ausgezeichnet. Mittels Gummiring wird die Fahrradglocke am Lenker fixiert und harrt dort schön und geduldig ihrem Einsatz. Das Klangerlebnis: melodisch.

Gewicht: 80g Design-Varianten: Lautstärke: * Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 6 Euro * = so lala

= hervorragend

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Gewicht: 21/28g Design-Varianten: Messing/Schwarz Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 12 Euro


Produkte & Technik

Das Klingel-Dilemma

GEDANKEN: Omo Lisboa

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ins ist klar: Fahrradklingeln sind ein schönes Accessoire, und es macht Spaß, die passende Klingel samt Sound fürs eigene Rad auszusuchen (dem Radhändler oft nicht so sehr ;) Außerdem müssen sie sein – schreibt sie doch die Fahrradverordnung als fixen Ausrüstungsgegenstand vor. Unklar ist jedoch: Wann sollte man die Klingel eigentlich verwenden? Laut §  22 Straßenverkehrsordnung (StVO) muss man andere warnen, wenn dies die Verkehrssicherheit erfordert. Allerdings: in Österreich darf man – was viele nicht wissen und noch weniger beherzigen – nicht hupen, außer wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Da gehört auch das Radklingeln dazu. Zusätzlich kann lokal ein Hupverbot verordnet werden (wie etwa in Wien). Ganz abgesehen von den rechtlichen Fragen ergeben sich mit dem Klingeln praktische Probleme: So sind viele Fahrradglocken schlicht und ergreifend zu leise, um von Autofahrenden in Gefahrensituationen wahrgenommen zu werden. Laute Instrumente der Lärmerzeugung – wie etwa die elektrischen Fahrradhupen – werden mitunter als zu aggressiv empfunden. Verständlicherweise erschrecken sich Menschen, die auf einem Spazierund Radweg unterwegs sind, wenn hinter ihnen plötzlich ein Nebelhorn in einer Lautstärke von 140 Dezibel ertönt.

Illustration: Franz Kainz

Viele Menschen erschrecken Auch sind die Meinungen zum Einsatz von Fahrradklingeln sehr unterschiedlich. Während sich gerade auch ältere Zufußgehende oder Hundebesitzende mehr Einsatz von Klingeltönen wünschen, um nicht von herannahenden Radfahrenden erschreckt zu wer-

den – ein Problem, das sich häufig auf gemeinsam genutzten Wegen und auch in Wald und Flur stellt –, ärgern sich andere, wenn sie von hinten „weg“ geklingelt werden: Klingeln wird dann als Aggression erlebt. Und im Notfall – wenn jemand unerwartet vors Rad springt – reagiert man oft instinktiv mit lauten Warnrufen.

Frage an die Leserinnen und Leser Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Klingeln? Bewährt es sich in der Praxis oder schafft es mehr Probleme als es Probleme löst? Hatten Sie einen beson­ ders lustigen / gefährlichen / eigentümlichen „Klingel-Moment“? leserbrief@drahtesel.or.at

Klingeln als Vorwurf Viele Radfahrende klingeln wenig, auch weil Zufußgehende und Zufußgehenden-Gruppen oft unvorhersehbar auf das Warngeräusch reagieren: Bekannt ist die klassische Situation, in der einige Menschen nebeneinander spazieren. Beim Klingelsignal schrecken sie hoch, treten jeweils einen Schritt zur Seite, womit sie zwar Platz tauschen, aber ein Vorbeikommen dennoch nicht möglich ist. Im ungünstigsten Fall wird das Klingelgeräusch als eine Art Vorwurf wahrgenommen – ähnlich dem Hupen von Kfz, das vielfach ja nicht zum Warnen, sondern zum „Bestrafen“ eingesetzt wird. Ein sensibles Thema also, das vielerlei Herangehensweisen zulässt. Die Radlobby jedenfalls empfiehlt den sparsamen Umgang und frühzeitigen Einsatz mit der Radglocke, um Zufußgehende nicht zu erschrecken sowie generell eine defensive, vorausschauende Fahrweise. Wie so oft gilt auch hier das Prinzip der Reziprozität: Behandeln wir andere genauso respektvoll wie wir selbst gerne behandelt werden wollen. Oder in den Worten des Philosophen Emmanuel Kant, der einfache Dinge so wunderbar kompliziert auszudrücken wusste: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne!“

Rechtslage Das Anbringen einer Vorrichtung zur Abgabe von akustischen Warnsignalen ist in § 1 der Fahrradverordnung vorgeschrie­ ben. Ambitionierte, besonders sorgfältig kontrollierende Polizei­ beamte verhängen Strafen von etwa 30 Euro, wenn diese fehlt (außer man ist mit dem Rennrad unterwegs). Es wird allerdings nicht genauer bestimmt, wel­ chen Anforderungen die Klingel entsprechen muss. Anders zum Beispiel in Deutschland: Hier muss die Glocke „helltönend“ sein. Geschichte der Fahrradklingel John Richard Dedicoat patentierte als erster 1887 eine Fahrradglocke (und auch die Bleistiftspitzmaschine), die später mit Queens „Bicycle race“ in die Musikgeschichte einging. So tönen sie wirklich Auf der DRAHTESEL-Website kann man sich die vorgestellten Klingeln anhören: drahtesel.or.at/klingeln

Drahtesel 3  ⁄  2020 – 31

Die ideale Fahrradglocke zu finden, ist das eine. Viel komplizierter ist die Frage, wie man die Klingel idealerweise einsetzt. Die Zugänge sind äußerst unterschiedlich. Klar ist: So wenig klingeln wie möglich – außer bei freudigen Radevents.


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HORNIT DB140

KNOG OI CLASSIC

Nomen est omen. Wie es ihr Name verspricht, erfreut diese Glocke mit einem fröhlichen Ding-Dong Klingelnde wie Geklingelte: Hier scheckt man mit Freude auf und empfindet sofort Sympathie. Nicht für Oversize-Lenker geeignet!

Die lauteste Klingel in unserem Test erschreckt auch Lkw-Fahrende und jene, die sich im Auto wummernden Detroit-Techno reinziehen. Mit 140 Dezibel wird man jedenfalls nicht überhört. Elegant ist diese KlangTurbine weniger.

Gewicht: 244g Design-Varianten: viele bunte Varianten Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 15 Euro

Gewicht: 94g Design-Varianten: schwarz Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 37 Euro

Der Hersteller bewirbt dieses Klang-Produkt als Antiaggressionsglocke. „Es sieht sexy aus und klingt wie ein Engel mit Glockenspiel?“ Das ist mächtig viel Eigenlob für eine Klingel. Unser Urteil: Wir wissen nicht genau, wie wohltönend Engel musizieren. Diese Glocke klingt aber zugegebenermaßen fein. Es gibt zwei Modellvarianten für dicke bzw. dünne Lenker

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ELECTRA DING-DONG

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Gewicht: 17g/26g Design-Varianten: Chrom/Messing/ Kupfer/Schwarz Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: ab 20 Euro

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WIDEK PAPERCLIP BELL

ELECTRA DOMED RINGER BELL

MINI MESSING FAHRRADKLINGEL

Für minimalistische Menschen, die sich für den Kauf der Radklingel nicht verschulden wollen, bietet sich dieses Modell an. Das Aussehen ist der Mutter aller Glocken, der „Spurcycle“-Bell, nachempfunden.

Klassisches Klingelvergnügen in einer Vielfalt bunter Designs verspricht diese Glocke. Das getestete Modell zeigt eine Katze mit Sonnenbrillen. Das gibt selbstverständlich Extra-Punkte.

Schick und klein mit freundlichem Messing-Bling: So präsentiert sich dieses Klingelmodell. Mit Gummiring lässt sich die Miniglocke an alle gängigen Lenker montieren. Mittels Gummiring an fast allen Lenkern einfach zu befestigen.

Gewicht: 20g Design-Varianten: silber, schwarz Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 6 Euro

Gewicht: 95g Design-Varianten: bunte Designs Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 10 Euro

Gewicht: 19g Design-Varianten: Messing Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 7 Euro


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RENNGLOCKE

MAUS

XLC MINI

Wenig falsch machen kann man mit dieser stabilen Retro-Rennglocke mit Feder und lautem Bling. Das Modell ist robust und in vielen Farben erhältlich, sodass auch die wichtige Abstimmung mit dem Lieblings-Radtrikot kein Problem darstellen sollte.

Die Maus erfreut nicht nur Kinder mit ihrem hellen Ton. Bei Regen ist sie allerdings problematisch, denn in der Badewanne tönt es nicht so gut.

Wer gar keinen Platz am Lenker hat, kann diese Glocke am Vorbau montieren und sich am hellen Messing-Bling erfreuen.

Gewicht: 54g Design-Varianten: div. unifärbige Modelle Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 7 Euro

Gewicht: 73g Design-Varianten: blau, gelb Lautstärke: Schönheit: Klangerlebnis: Preis: etwa 5 Euro

Gewicht: 31g Design-Varianten: Messing Lautstärke: ( ) Schönheit: Klangerlebnis: ( ) Preis: etwa 7 Euro

Danke an „Stadtradler“ und „Starbike“ für die Testmodelle

Bei anspruchsvollen Touren: Open Window Effekt beachten C und den Spurenelementen Zink und Selen das Immunsystem von Radfahrern bei ihren sportlichen Leistungen. Der Pflanzenextrakt aus der Zistrose, Magnesium und ausgewählte Aminosäuren für die Muskeln runden den Wirkkom-

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Drahtesel 3  ⁄  2020 – 35

Zehn Seen auf einer Fahrt Radeln vom Feinsten kann man – über 350 Kilome­ ter – auf dieser charmanten Radrundtour durch die Kärnt­ ner Seenwelt. Von Villach ausgehend passiert man zehn Seen, darunter Ossiacher See, Millstätter See und Wör­ thersee. Alles mit Blick auf die Sonnenseite der Alpen. Das Buch „Kärnten Seenschleife“ ist als bikeline Taschenbuch im Verlag Esterbauer erschie­ nen.


ARGUS Fördernde Mitglieder Fahrradshops 2Rad-Peter Vesecky 2Rad-Fachbetrieb seit 1919 Böcklinstraße 64 1020 Wien Tel.: 01/728 93 11 2rad-pv@gmx.at 2rad-pv.at

Sator Bike Shop Neu- u. Gebrauchträder, Reparaturen Böcklinstraße 104 1020 Wien Tel.: 01/728 91 36 office@sator-bike.at sator-bike.at

Drahtesel 3  ⁄  2020 3 ⁄  2020 –– 36 36

Glanzrad majestic stylish retro bicycles Leopoldsgasse 21 1020 Wien Tel.: 0664/199 02 88 office@glanzrad.com glanzrad.com

das taschenfahrrad Stadt-, Tourenräder &  Fahrrad­taschen Verkauf / Werkstatt Leopoldsgasse 28 1020 Wien Tel.: 0699 / 104 31 886 hans.poellhuber@chello.at dastaschenfahrrad.com

Wien Rad Verkauf und Werkstatt im Nordbahnviertel Krakauer Straße 25 1020 Wien Tel.: 01/212 48 36 office@wienrad.at wienrad.at

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Impressum

DRAHTESEL – Das österreichische Fahrradmagazin 37. Jahrgang   ⁄  Heft 3 Erscheinungsdatum 26. August 2020 Medieninhaberin (Verlegerin) und Herausgeberin Radlobby ARGUS –  Arbeits­gemeinschaft Umweltfreundlicher Stadtverkehr DVR-Nr.: 0445495 ZVR-Zahl: 265962142 Sitz Frankenberggasse 11 1040 Wien Vorsitz Andrzej Felczak andrzej.felczak@radlobby.at Stv. Vorsitz Heidi Schmitt Chefredakteur Matthias G. Bernold chefredakteur@drahtesel. or.at

Unter Mitarbeit von Stefanie Bermesser Daniela Bernold Walter Bradler Klaus Brixler Andrzej Felczak Hannes Friedrich Willi Grabmayr Wolfgang Graschopf Magdalena Jöchler Jan Killian Paul Kubalek Valerie Madeja Ernst Miglbauer Margit Palman Peter Provaznik Roland Romano Brigitte Schicho Heidi Schmitt Mario Sedlak Kolumnen Clara „Orca“ Felis Ines Ingerle Johannes Pepelnik Andreas Röderer Reinhold Seitl Cover Carlo Cadenas

Art Direktion Anna Hazod hazodschlagintweit.com Bildbearbeitung Marlies Plank (karenziert) Anna Hazod Anzeigen Hannes Friedrich h.friedrich@argus.or.at Illustrationen Daniela Bernold Miguel Ángel Camprubí miguelangelcamprubi.com (Autorenportraits) Anna Hazod Kontakt ARGUS-Fahrradbüro Frankenberggasse 11 1040 Wien Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa 10–14 Uhr Tel.: 01  ⁄  505 09 07 Fax DW: 19 service@argus.or.at radlobby.at ⁄ argus

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Radlobby Österreich ist Mitglied des Europäischen Radfahrverbandes ECF Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Die gesamte Produktion des DRAHTESEL wird nach dem österreichischen Umwelt­zeichen abgewickelt.

Das Österreichische Umwelt­ zeichen für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686, Ferdinand Berger & Söhne GmbH

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Rad & Sport Kiesl Gmbh Beratung, Verkauf, Service Freistädter Straße 297 4040 Linz Tel.: 0732 / 750 450 radsport.kiesl@aon.at radsport-kiesl.at


Tour & Reise Produkte & Technik Produkte & Technik

Drahtesel 3 ⁄  2020 – 38

Schön: Fahrradausflug ins Kärntner Maltatal Seite 38

Gewaltig: Bengt Stiller radelt und fotografiert Seite 40

Lohnend: Das Murtal mit dem Fahrrad erkunden Seite 43

Im Tal der stürzenden Wasser Das Kärntner Maltatal gilt als Geheimtipp für Kletternde und Erholungssuchende abseits ausgetretener touristischer Pfade. Mit dem R9B gibt es inzwischen auch familientaugliche Radinfrastruktur.

Anreise mit Bahn und Rad Mit der Bahn bis Spittal am Millstätter See. Von dort sind es noch 20 Kilometer Richtung Seeboden, vorbei an Burg Som­ meregg und über die Trefflinger Landesstraße bis nach Gmünd. Unterkünfte Bio-Kinderhotel Benjamin Familie Pirker Markus Brandstatt 30, 9854 Malta kinderhotel-benjamin.at Terassencamping Maltatal Malta 6, 9854 Malta, Kärnten Offenlegung: Dieser Bericht entstand aus einer zweitägigen Pressereise, die von der PR-Agentur Comma organisiert wurde.

BERICHT: Matthias Bernold

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ls eines von insgesamt fünfzehn Bergsteigerdörfern in Österreich setzt der Ort Malta auf umweltschonenden und nachhaltigen Tourismus. Die kleine Ortschaft liegt im Maltatal am Fuß des Kärntner Maltaberges, rund 20 Kilometer nördlich vom Millstätter See. Vierzig Kilometer lang erstreckt sich das Tal von der Mündung der Malta in die Lieser in Richtung Norden, bis es von den Stauseen der MaltaWasserkraftwerke begrenzt wird. Das Gebiet mit den vielen Wasserfällen ist Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderrouten und Klettertouren in den Nationalpark Hohe Tauern und in die Kärntner Nockberge. Dort nicht radeln: Hochalmstraße Mit dem im Jahr 2009 geschaffenen Radweg R9B, der von der geschichtsträchtigen Künstlerstadt Gmünd bis zur Mautstelle der Malta Hochalmstraße führt, ist das Tal auch für Radfahrende – vor allem für radelnde Famili-

en – interessanter geworden. Der breite Radweg verläuft auf vom Kfz-Verkehr getrennter Strecke und eröffnet Einblicke in die spektakuläre Landschaft. Im Norden endet der Radweg an der Mautstelle der Malta Hochalmstraße. Dort kann man entweder die selbe Strecke zurückfahren. Oder sich auf die stark von Kfz befahrene Hochalmstraße wagen. Was zwar letztlich mit spektakulären Ausblicken über die Stauseen belohnt würde, allerdings gute BergKondition und Tollkühnheit erfordert. Ideal für Familien Nichtsdestotrotz ist ein FamilienUrlaub im Maltatal eine feine Sache, wenn auch Wandern und Klettern eine Rolle spielen sollen. Das Kinderhotel Benjamin zum Beispiel, wo ich zwei Nächte lang eingeladen war, überzeugt mit Kinderbetreuung und hervorragendem Essen in Bio-Qualität. Die Möglichkeiten für Radfahrende (auch für Mountainbiker) sind ausbaufähig.

Fotos: shutterstock, Matthias Bernold

Der familientaugliche Radweg R9B durchzieht das Kärntner Maltatal von Gmünd bis zur Mautstelle der Malta Hochalmstraße.


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Stefans Projekt: Radpedal statt Gaspedal Zeig uns dein Klima-Projekt auf klimawerkstatt.wien.gv.at Ziel der Stadt Wien bis zum Jahr 2025 ist, dass 80 % aller Wege umweltfreundlich zurĂźckgelegt werden. Damit Stefan auch ohne Auto ans Ziel kommt, wird das Radnetz immer weiter ausgebaut.


„Meine Eltern haben mich früh rausgelassen“

Tour & Reise

Bengt Stiller ist Radsportler, Abenteurer und Fotograf. Anhand von vier seiner Bilder erzählen wir Stillers Leben in Auszügen.

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INTERVIEW: Klaus Brixler  FOTOS: Bengt Stiller

1 Unser erstes Foto von 2018 vom Silk Road Mountain Race, offenbar ein Polizist der euch freundlich gesinnt ist. Wie ist das Foto entstanden?

Bengt Stiller Bengt Stiller beim Podcast-Interview für Reich durch Radeln

Bengt Stiller Das ist einer der besonders schönen Momente beim Silk Road Mountain Race. Dieses Rennen führt zu einem nicht ganz so kleinen Teil entlang der chinesischen Westgrenze. Die kirgisische Armee kontrolliert im Auftrag Chinas einen 60 oder 80 Kilometer langen Streifen entlang der Grenze. Das bedeutete, dass wir, bevor wir ins Rennen gegangen sind, eine Bescheinigung Chinas brauchten, mit unserer Rennnummer, Passnummer, Namen, etc., damit wir bei jedem Eintritt in den Korridor überhaupt weiterfahren durften. In dem Fall auf dem Foto ist das ein Grenzbeamter, der sich sehr für unser Setup interessiert hat. Er wollte jedes einzelne unserer Räder ausprobieren.

Kannst du das Silk Road Mountain Race beschreiben? Das Silk Road Mountain Race ist 2018 von Nelson Trees ins Leben gerufen worden. Er ist selbst sehr erprobter Langstreckenfahrer, ein sehr guter Finisher vom Transcontinental oder Highland Trails 550. Er kam auf die Idee, ein neues Ultra-Rennen zu schaffen: die erste Ausgabe über 1.550 Kilometer mit 15 Pässen über 3.500 Meter Seehöhe. Das Ganze ist als Solo-Race – unsupported, also ohne jede Unterstützung von außen – konzipiert. Man erhält nur die Route als GPS-Track. In dieses Abenteuer haben sich bei der ersten Edition 100 Fahrerinnen und Fahrer gestürzt. Obwohl das Rennen im Hochsommer stattgefunden hat, waren die klimatischen Bedingungen aufgrund der Höhe entsprechend hart. Es ist die einzige Zeit im Jahr, in der in diesen Höhen überhaupt Teile der nomadischen Bevölkerung anzutreffen sind. Eine sehr unwirtliche Gegend schlussendlich, was aber den Reiz an der Sache nochmal erhöht.


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Atlas Mountain Race im marokkanischen Atlas-Gebirge.


Tour & Reise

Wieviele sind bei dem Rennen durchgekommen? Bei der ersten Edition kamen 29 durch, was einer Ausfallquote von 70 Prozent entspricht. Das sah im letzten Jahr schon ganz anders aus mit „fiftyfifty“ – aber das ist dann wieder normal bei einem solchen Rennen. Du bringst auch einiges an Fotos von solchen Rennen mit. Wie funktioniert Fotografie auf so einem Abenteuer? Ich fahre mit reduziertem Equipment. Natürlich geht die Zeit für das Fotografieren auf Kosten der Zeit, die ich für das Rennen brauche. Hie und da will ich den Moment mitnehmen und warte, ob da noch eine Person ins Bild reinfährt. Das ist ein Investment, das ich bringe, das schneide ich mir von meiner Platzierung und Geschwindigkeit runter.

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„Natürlich geht die Zeit für das Fotografieren, auf Kosten der Zeit, die ich fürs Rennen brauche“

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Das zweite Bild, das wir besprechen, sieht aus wie aus einem Radmodekatalog. Wie entsteht so ein Bild – ist das geplant oder entsteht das im Moment? Hier ist es eine Mischung, dieser konkrete Shot war so gewollt – das war für eine deutsche Rennradbekleidungsmarke, Bieler aus Chemnitz. Wir haben uns zur „Mecklenburger Seenrunde“, ein 300 Kilometer-Event, in der Gegend aufgehalten und das genutzt, um die aktuelle Kollektion zu shooten. Diese „Golden Hour“, also dieses wärmste, letzte Licht des Tages, war ein Stück weit Wunschvorstellung – und dann wird natürlich geschaut: Einfallswinkel und welcher Spot funktionieren dafür. Sowas kann beiläufig zustandekommen, aber wenn man halbwegs weiß, wo man hinwill, muss man vorher scouten. Dann nutzt man die unglaublich kurze Zeit an der Stelle, variiert die Kleidung – das Licht bewegt sich sowieso und alles passiert in einer kurzen Zeitspanne. Es macht aber unglaublich viel Spaß, das ist ein „Hochdruckding“ – das muss dann funktionieren. 3 Wir kommen zum nächsten Foto – der Kenner sagt, das ist am Mount Ventoux. Was macht den Berg so speziell? Der Mount Ventoux ist einer der wenigen Berge, die bis auf die Spitze zu befahren sind. Darum ist dieser Berg auch so schwierig. Die Vegetation hier nimmt entlang des Aufstiegs ab, und man fährt in diese Mondlandschaft. Der Aufstieg nimmt scheinbar kein Ende. Also mich hat der Berg damals gebrochen. Zwei Kehren vor dem Gipfel wollte ich heulen, dabei musste ich die ganze Zeit essen wie ein Verrückter.

4 Unser letztes Bild (ganzseitiges Foto, Seite 41. Anm.) zeigt einen abenteuerlichen Weg, der über ein sandiges Gebirge führt. Wie ist dieses Foto entstanden? Das Foto ist während des Atlas Mountain Race im marokkanischen Atlas-Gebirge entstanden. Vor diesem Rennen bin noch nie in Afrika gewesen. Im Gegensatz zu Kirgisistan sind die Strecke und die Gegebenheiten überschaubarer. Das Bild zeigt einen Ausschnitt dieser völlig unglaublichen Passstraße runter in eine Oase, wo die zweite oder dritte Labstelle war. Viele dieser Rennen führen durch die schönsten Regionen der Welt. Als Sportler hat man allerdings kaum Gelegenheit, die Gegend zu genießen. Warum nicht einmal gemütlich mit dem Rad umherreisen? Ich bin halt so ein kleines Energiebündel, ich finde einfach die Herausforderung klasse – der Druck birgt ja auch so eine Spannung in sich. Das entspricht mir eben als Fotograf, Abenteurer, Fahrradfahrer. Selbst wenn ich dem „Einfach-so-durch-die-Gegend-Gleiten“ auch einiges abgewinnen kann. Mit dem Radreisen hat alles für dich überhaupt erst begonnen, oder?. Ich hab ganz früh als Jugendlicher angefangen, Touren zu fahren. Mit 15 Jahren habe ich Schweden durchquert. Meine Eltern haben mich „früh rausgelassen“. Ich war sehr kräftig, und das Fahrrad war auch immer mein Hauptverkehrsmittel. Am Anfang ist es nicht darum gegangen, sportliche Leistungen zu bringen. Das war eine Zeit noch vor dem Handy. Da hatte man einfach eine Karte mitgehabt, sich die Gegend angeguckt, und irgendwann hast du verstanden, was die unterschiedlichen Strichstärken auf der Karte bedeuten. Wie würdest du die Faszination für das Radfahren und den Radsport beschreiben?? Radfahren hat mich mit Emotionen beschenkt. Was ich die Jahre entlang am Rad erleben durfte an Menschen und Landstrichen und Situationen: da möchte ich von Reichtum sprechen. Und langsam kann ich auch davon sprechen, dass ich mit meiner Arbeit rund um das Thema Fahrrad auch ernstzunehmende Kunden aquirieren kann: Das ist auch der Weg, den ich gerne weitergehen möchte. Das ist die gekürzte und adaptierte Fassung eines Audio-Interviews, das Klaus Brixler für den Fahrrad-Podcast „Reich durch Radeln“ geführt hat. drahtesel.or.at/rdr-mit-bengt-stiller


Hier schlägt das grüne Herz Unser Autor erkundet das Murtal auf Mountainbike und Reisefahrrad. Sein Fazit: jedenfalls ein Besuch wert

BERICHT: Mario Sedlak  KARTEN: Daniela Bernold

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ie Region um Murau (Obersteiermark) ist wegen des ausgeprägten Wintertourismus sehr gut erschlossen. Im Sommer stehen in den zahlreichen Hotels allerdings auch ohne Corona-Krise etwa dreiviertel der Betten leer. Daher ist es kein Wunder, dass sich die Region vermehrt um Radtouristinnen und -touristen bemüht. Murau liegt direkt am Murradweg. Bis zur Quelle im Lungau können auf diesem gut ausgebauten Fernradweg ca. 80 Kilometer geradelt werden; flussabwärts bis zur Grenze zu Slowenien etwa 280. Wer es sportlicher angehen will, kann sich die zahlreichen Mountainbike-Routen vornehmen. Fast jeder Berg lässt sich erradeln. Die Öffnung weiterer Forststraßen wird gerade verhandelt – am besten vor Ort nach aktuellen Infos fragen und unbedingt die Beschilderung beachten! Lohn der Mühe sind tolle Ausblicke auf die bewaldeten Hügel und Berge, die „das grüne Herz Österreichs“ zu bieten hat. Für Hunger und Durst gibt es zahlreiche Almhütten.

Foto: Mario Sedlak

Anreise Ich reise am liebsten überall hin mit dem Rad an. Von Wien nach Murau bin ich einmal in zwei Tagen gefahren. Wenn es schneller gehen muss, bietet sich die Bahn an. ÖBB-Sparschiene gibt es bis Unzmarkt. Von dort geht es wei-

ter mit einer Diesel-Schmalspurbahn. Leider sind auch die Türen schmal, was das Zusteigen mit einem breiten Anhänger schwierig bis unmöglich macht. Drinnen ist aber Platz für bis zu 20 Räder. Bei Bedarf werden sogar noch weitere Fahrradwagen für je 28 Bikes angehängt. Viele Radreisende fahren mit ihren Rädern bis zur Endstation in Tamsweg (Lungau), um dann am Murradweg flussabwärts zurückzuradeln. Der Radtransport dürfte der Hauptgrund sein, wieso es die 125 Jahre alte Murtalbahn heute noch gibt. Für den Alltagsverkehr ist sie mit durchschnittlich 50 km/h wenig attraktiv. Für jeden ein passender Radurlaub Es ist auch möglich, sich am Urlaubsort ein Rad auszuborgen. Mit einem Elektrorad kommen auch weniger Fitte relativ mühelos (und abgasfrei) auf diverse Gipfel und Almhütten. Die Akku-Reichweite ist bei den vielen Steigungen natürlich recht begrenzt. Schischulen gehen ebenfalls mit der Zeit und bieten nun auch Radfahrkurse an: sowohl für Leute, die noch gar nicht Rad fahren können, als auch für jene, die etwas mehr Übung oder eine Einweisung ins elektrische Radfahren brauchen. Für eine Radtour kann ein Guide gemietet werden – ideal für Gruppen oder Bequeme, die sich die schönsten Wege einfach zeigen lassen möchten.

Anreise Mit der Steiermarkbahn: Tickets können ohne Aufpreis im Zug gekauft werden. Grup­ pen mit Rädern bitte unter 03532/2231-27 anmelden. verbundlinie.at

Unterkunft Zum Beispiel im Clubhotel am Kreischberg nahe beim Bahnhof „St. Lorenzen ob Murau“ und beim Murradweg. clubhotel-kreischberg.at

Radverleih und Kurse Bike Kreischberg Mayer bike-kreischberg.at Stützpunkt mit E-Bike-Verleih direkt beim Clubhotel. Auch An­ hänger für Kinder oder Hunde können gemietet werden.

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Unser Autor mit dem Werkzeug der Wahl: Die Region um Murau ist ein Paradies für Mountainbiker.


Sticklerhütte 1.752m

Tamsweg St. Michael im Lungau

Murursprung Muhr

Sonst ist der Murradweg zwar auch nicht so flach wie auf einem Damm, aber die Steigun­ gen sind nur relativ kurz. Der Weg ist abwechslungsreich, lückenlos beschildert, meist gut asphaltiert und familientauglich, obwohl sich die Radelnden den Weg gelegentlich mit Kraftfahr­ zeugen teilen müssen. www.murradweg.com

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Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass Radrouten entlang eines Flusses umso hügeliger werden, je näher man zur Quelle kommt. Das stimmt auch im Fall des Murradwegs: Auf den letzten zwölf Kilometern sind über 600 Höhenmeter zu bewältigen. Schluss ist auf 1.750 Meter Seehöhe. Bis zum Murursprung im Nationalpark Hohe Tauern geht es dann noch rund eine Stunde zu Fuß weiter.

Mariapfarr Burg Mauterndorf Mauterndorf Mitterberg

Tamsweg

Schloß Moosham

Mitterbergrunde Bietet sich im Lungau als Alternative an, wenn einem der Murradweg doch zu flach ist. Er führt beim Schloss Moosham und der Burg Mauterndorf vorbei. Unerwartet schön ist ein Stück neben der Südlichen Tau­ rach bei Tamsweg. Dort ist auch ein kleiner Planetenweg, wo Radfahrende unser Sonnensys­ tem durchqueren können.

Burg Mauterndorf

Vorbei an Wasserfällen, am Ziel auf 1.750 Meter Seehöhe

Fotos: Mario Sedlak

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Murradweg

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Ramingstein


Scheifling

Teufenbach Murau

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St. Georgen ob Murau

Draunigl 1.384 m Murau

Ranten Sofiehütte

Murau Frauenalpe 1.997 m

Lärchberg Nach 300 Höhenmetern er­ reicht man die Sofiehütte – ein guter Geheimtipp: Die Preise sind niedrig, die Wirtin ist nett, und manchmal spielt sie plötz­ lich Ziehharmonika. Weiter als bis zur Sofiehütte dürfen Radler auf den Lärch­ berg (noch) nicht fahren.

Frauenalpe Draunigl 1.384 m Ranten

Murau

Wer die 1.100 Höhenmeter von Murau herauf schafft, wird mit einem grandiosen Ausblick auf die umliegenden Berge belohnt. Die letzten 400 Höhenmeter sind ein Schotterweg, der teilweise sehr steil ist. Vor allem bei der Abfahrt heißt es dann bremsen und aufpassen; eben­ so wenn sich Rinder neben dem Weg befinden.

Draunigl

Fotos: Mario Sedlak

Sofiehütte und rechts daneben ein ehemali­ ger Schweinestall, der zu einem großen Gäs­ teschlafplatz umgebaut wurde.

Von Murau verläuft der Weg eine längere Zeit noch ange­ nehm flach durch das Rantental. Dann geht es kontinuierlich mit 8 Prozent Steigung 400 Höhenmeter hinauf.

Start auf der Roseggerstraße in Murau

Aussicht am Gipfel

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Lärchberg 1.540 m


Forum Briefe von Lesern und Leserinnen Seite 46

Reflektor: Reinhold Seitl ist mit KI unterwegs Seite 46

Fahrrad-Termine: Was tun im Herbst? Seite 47 Jetz

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#Mountainbiken am Anninger #DE20/2 Die Darstellung, es gehe am Anninger um einen Streit zwischen Wandernden und Radfahrenden ist die Darstellung der Jägerschaft und ihrer politischen Vertreter, welche wir hoffentlich nicht übernehmen wollen – weil sie falsch ist. Die Blockadehaltung der ÖVP und ihre Auslegung des österreichischen Forstgesetzes gegen das Radfahren dürfte allgemein bekannt sein. Das Problem ist die Rechtslage in Österreich. In Deutschland, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Italien, in der Schweiz ist das Radfahren im Wald generell überall erlaubt, wo sich ein Weg befindet. Ein Beispiel dafür ist die Slowakei: das Radfahren ist im Gesetz 326/2005 explizit auf Forstwegen und markierten Wegen erlaubt. Trotzdem, oder vielleicht deshalb, ist auch das Angebot an markierten Mountainbikestrecken groß. Für Österreicher stellt sich die Frage, ob

tD R ww AHTE w.d raht S E L a b ese l.or. onnie at/a r bo en!

hiesige Wandernde, Waldtiere, Waldwege besonders gefährdet, störanfällig oder sonst irgendwie anders sind, als in unseren Nachbarländern. Oder ob sie doch nur als Vorwand genutzt werden, um an Verboten festzuhalten. Martin Černička, 2340 Mödling

#radinfrastruktur #kreisverkehre #DE20/1 Was nützen die fortschrittlichsten Konzepte für die „schützende Kreuzung“ (DE 3/2019) oder radverkehrsfreundliche Kreisverkehre (DE 1/2020), wenn nach wie vor standardmäßig „linke“ Zwei-Richtungsradwege geplant werden, wie z. B. derzeit in Wien Krottenbachstraße, die für zukunftsorientierte Radverkehrslösungen völlig unbrauchbar sind. Wann kommt die große Kampagne der Radlobby für symmetrischen Radwegebau an beiden Straßenseiten? Friedrich Dobretsberger, 3400 Klosterneuburg

Antwort der Redaktion: Die Radlobby Wien spricht sich für beidseitige Einrichtungsradwege als beste Lösung aus. Das ist aber nicht immer möglich weil z.B. der erforderliche Platz nicht zur Verfügung gestellt wird oder weil bestehende Zweirichtungsradwege verlängert werden.

Die Redaktion freut sich über Diskussionsbeiträge und Leserbriefe. Bitte senden Sie uns Ihren Text unter Bekanntgabe Ihres Namens und der Postleitzahl an drahtesel@argus.or.at

Der Reflektor

Digitale Froschperspektive

Reinhold Seitl ist Mediendesigner und Journalist in Wien.

Mein Navigerät am Fahrrad führt mich durch idyllische Landschaften. Flüchtige Gedanken huschen durch meinen Kopf, ziehen vorüber wie die unzählbaren Blumenblüten am Wegrand. Unhörbar fern ist die Lärmhölle Autobahn. Vögel singen vielstimmig, vibrierend zirpen die Grillen, und im Teich lärmen hochzeitstolle Frösche so laut, dass ich erstaunt stehen bleibe, um mir das leidenschaftliche Quaken, Keckern und Knattern genauer anzuhören. Abends werde ich am Telefon gefragt, wo denn die Wege genau lägen, von denen ich so schwärmerisch berichte. Da beginne ich zu stottern. Ich weiß es nicht mehr. Nein – ich habe es nie gewusst. Eine Handy-App hat sich die Route ausgedacht, ich folgte bloß der Navigation am Radcomputer. Ahnungslos, unbedarft, einer mir rätselhaften technischen Intelligenz vertrauend. Was machen diese tollen Apps mit uns? Begeben wir uns durch künstliche Intelligenz freiwillig in die Unmündigkeit? Die Frösche leben durch die

Triebe gesteuert im Teich. Sie können auf ein durch Tausende Generationen entwickeltes System vertrauen. Sollten wir Menschen uns auf ein System verlassen, das durch KI gesteuert wird? Die KI-gesteuerte Zukunft hat gerade erst begonnen, und wir haben keine Ahnung, wohin diese Revolution führen wird. Wer reguliert? Wer entscheidet? Wer stellt die richtigen Fragen zur richtigen Zeit? Wahrscheinlich niemand. Das Wer wird durch das Was ersetzt. Persönliche Verantwortung wird an Zahlen, Statistiken und undurchschaubare Rechenprozesse delegiert. Sind wir schon zum Spielball von Computersystemen geworden? Es wären schlechte Zeiten für demokratische Prozesse. Wir Menschen jedenfalls stehen vor ganz neuen Aufgaben: meine Hoffnung für die Zukunft liegt dabei weniger in intellektueller Genialität als viel mehr in der Freiheitsliebe, die anonyme Abhängigkeiten verabscheut.


radlobby.at/wien

Tweedride Melk N°7 Sa., 12. September, 14 Uhr Stift Melk, Prälatenhof, AbtBerthold-Dietmayr-Straße 1, 3390 Melk Die Radlobby Melk lädt bereits zum 7. Mal zum Tweedride. Stilvoll gekleidet, beschwingt vom Swing-Jazz der 20erund 30er-Jahre, führt die Radausfahrt vom barocken Stift durch die Stadt Melk und das Stadtumland. melk.radlobby.at

Jubiläumsradtour 10 Jahre „Tirol radelt“ So, 13. September, 8:45 Uhr Treffpunkt Hauptbahnhof Innsbruck Zum zehnjährigen Jubiläum der Radkilometer-Sammel-Ini­ tiative „Tirol radelt“ veranstaltet das Klimabündnis eine Rad­ tour ins Gschnitztal. Für die Motivierten startet die Tour am Innsbrucker Hauptbahnhof, alle anderen nehmen die S4 um 8.49 Uhr nach Steinach am Brenner. tirol@radelt.at

Rad-Kino in Krems: „Das Mädchen Wadjda“ Di., 15. September, 19:30 Uhr Kino im Kesselhaus, Dr.-KarlDorrek-Straße 30, 3500 Krems Zum Auftakt der europäischen Mobilitätswoche (16. bis 22. Sept. 2020) zeigt die Radlob­ by Krems in Kooperation mit dem Kino im Kesselhaus den Film „Das Mädchen Wadjda“. krems.radlobby.at

Europäische Mobilitätswoche 2020 Mi., 16. bis Di., 22. September Ziel der europaweiten Initiative ist es, für umweltfreundliche Mobilität zu sensibilisieren. Am 22. September ist Autofreier Tag. mobilitaetswoche.at

Critical Mass Fr., 18. September, 16:30 Uhr Schwarzenbergplatz, 1030 Wien Die Critical Mass, die Rad­ ausfahrt für eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums, findet in Wien jeden dritten Freitag im Monat statt. Auch in Graz, Innsbruck, Linz, Klagenfurt und Salzburg wird geradelt.

Für DownhillFahrten und Rennen

criticalmass.at

Wolkersdorfer Radparade Sa., 19. September, 10 Uhr Hauptplatz, 2120 Wolkersdorf Die Radlobby Wolkersdorf lädt zur 2. Radparade durch Wolkersdorf und Obersdorf. wolkersdorf.radlobby.at

Kidical Mass Wien Sa., 19. September, 15 Uhr Platz der Menschenrechte, Mariahilfer Str. 1, 1070 Wien Zum bereits fünften Mal radelt die Familien-Parade Kidical Mass durch Wien, um auf ihre Forderung nach einem siche­ ren Verkehrsumfeld für Kinder hinzuweisen.

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Radlobby Wien Jour Fixe Do., 3. September & 1. Oktober, 19 Uhr Amerlingbeisl, EG-Saal, Stiftgasse 8, 1070 Wien Jeweils am ersten Donnerstag des Monats treffen Wiens Radaktive einander zum Ge­ dankenaustausch.

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Termine

kidicalmass.at

Radlobby ARGUS Generalversammlung Fr., 6. November, 19 Uhr Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien Die diesjährige Radlobby ARGUS-Generalversammlung wurde wegen Covid-19 in den Herbst verschoben. Alle Infos und Tagesordnung: radlobby.at/argus/gv2020

Öko Fair Fr. bis So., 20. bis 22. Nov. Messe Innsbruck, Halle B.1, 6020 Innsbruck Die Tiroler Nachhaltigkeits­ messe Öko Fair informiert über nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Wie in den letzten Jahren wird die Radlobby Tirol mit einem Stand vertreten sein. www.radlobby.at/tirol Sie haben einen Termin, den Sie gerne in dieser Rubrik verzeichnet hätten: Schreiben Sie uns an drahtesel@argus.or.at Weitere Termine: radlobby.at

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