pizMagzin No. 41

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#41

Sommer | Stà  2011

JUGEND Zu viel Lärm für den Tourismus

LANDSCHAFT Strassen statt Blumen

JACQUES GUIDON 80 ons e plain ingaschamaint

So nicht! [ Uschea na! ]



INHALT / CUNTGNU

Editorial. Es ginge doch auch anders.

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Laute Jugend stört den Tourismus. Eine geschlos-

6

sene Diskothek in Scuol und ein Kulturraum im Oberengadin geben zu reden.

Ingaschà e perseverant. Jacques Guidon sorgt

10

auch mit 80 Jahren dafür, dass sich niemand aus der Verantwortung schleichen kann.

Streit um Eingriffe im Schutzgebiet. Die Meliora-

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tion Ramosch gibt zu reden: Zerstören die Subventionen die Blumenpracht?

Berghotel als Energielieferant. Auf dem Muottas

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Muragl hat die Energiezukunft begonnen.

Ein Drama braucht gestürzte Helden. Wie Romedi

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Arquint als Capo abgesetzt wurde.

Fünf Idiome – ein Rumantsch grischun. Der Spra-

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chenstreit dreht eine neue Runde.

Ein Engadin mit Schönheitsfehlern. Ein Fotoessay

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von Stephan Bösch.

Hans Konrad Sonderegger. Pfarrer und Freigeist.

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Zukunftsprojekte: Mehr als viel Papier? Hoch-

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konjunktur für Zukunftskonferenzen.

Kühne Träume, grosse Erlebnisse. Bergführer und

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Hüttenwart Hans Philipp.

Biosfera: Noch herrscht Schweigen. Bekommt der

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Nationalpark eine Pflegezone als Puffer?

Kornkammer Vinschgau. Statt nur Äpfel soll auch

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wieder Korn angebaut werden.

Bauer gegen Zwangsimpfungen. Tumasch Planta

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stellt sich vor seine Tiere.

Tödliches Rencontre am Schlinigpass. 1941 starb

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der Grenzwächter Fritz Mösle in einer Schiesserei mit Wilderern aus dem Vinschgau.

Bücher. Neuerscheinungen aus der Region in Deutsch

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und Romanisch.

Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.

62

Vorschau. Impressum.

66

Titelbild und Bild rechts: Stephan Bösch, www.sichtweise.ch



Es ginge doch auch anders Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur

D

as Thema dieser piz-Ausgabe «So nicht!», hat uns besonders gefordert! «So nicht!» ist oft und schnell gesagt. Doch die Texte und Fotos rufen

Ihnen nicht einfach «Stopp» und «Halt» zu, sondern

Q

uist’ediziun dal piz cul tema «Uschea na!» ans es stat üna sfida particulara! «Uschea na!», es suvent e svelt dit. Ils texts e las fotografias nu

cloman però be oura «Stop» e «Fermar», ma muossan

sie zeigen auch, wie es anders geht oder gehen könnte.

al listess mumaint co chi va o co chi pudess ir otra-

Engagierte und besorgte Menschen, die in Südbünden

maing. Persunas ingaschadas e preoccupadas chi vi-

leben, nehmen die fehlende Nachhaltigkeit in der

van i’l Grischun dal süd vezzan cun oters ögls e cun

Raumplanung, die Folgen des Baubooms und vor al-

plü grond pisser chi manca la persistenza illa planisa-

lem das Manko an Qualität beim Bauen anders und

ziun dal territori, las consequenzas dal boom da fa-

auch mit mehr Sorge wahr als die Feriengäste, die von

brica e surtuot il manco da qualità da fabrichar, co’ls

der Bergkulisse oft derart beeindruckt sind, dass sie

giasts da vacanzas, talmaing impreschiunats da la cu-

EDITORIAL

verbaute Wiesen, betonierte Hänge oder die schlechte

lissa da muntognas, chi excludan da lur’optica prada

Urezza Famos

Architektur ausblenden. Im Wissen darum, dass die

surfabrichada, costas betonadas o nosch’architectura.

intakte Landschaft und der Respekt im Umgang mit

Saviond ch’üna cuntrada intacta e’l respet invers noss

unserem Kulturgut unsere wichtigsten Lebensgrund-

bains culturals fuorman nossa plü importanta basa da

lagen sind, stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe viele

viver, Tils preschantaina in quist’ediziun plüssas con-

Beiträge und Menschen vor, die solche Haltungen ge-

tribuziuns e persunas chi pretendan üna tala tenuta

genüber Natur, Umwelt und Kultur einfordern.

invers natüra, ambiaint e cultura.

Im politischen Bereich sind es meist die Kräfte links

Illa politica sun suvent las forzas da la dretta e da la

und rechts die «So nicht!» rufen. Und was sagt die po-

schnestra quellas chi cloman «Uschea na!» Ma che di-

litische Mitte? Das haben wir uns auch gefragt. Wir

schan ils partis d’immez? Quai ans vaina dumandats

haben die entsprechenden Kontakte geknüpft, doch

eir no e vain tut sü contact cun las persunas adequa-

die Äusserungen aus diesen Reihen waren so vorsich-

tas. Ma ils maniamaints nan da quella vart d’eiran

tig, dass wir sie nicht mehr unter unser Generalthema

uschè precauts cha no nu tils vain plü pudü metter

stellen konnten.

suot nos tema central.

So lesen Sie in dieser Nummer von lautstarken Men-

Uschea pon Els leger in quist nomer sur da persunas

schen aus Politik und Kultur, von alten und jungen

our da politica e cultura chi stan aint ad ota vusch per

Menschen und von Auseinandersetzungen rund um

lur ideas, da glieud giuvna e veglia, sco eir da las dis­

die Landwirtschafts- und die Landschaftsschutzpoli-

cussiuns davart la politica agrara e protecziun da la

tik. Es geht um sprachpolitische Auseinandersetzun-

cuntrada. I’s tratta da contraversas linguisticas e pro-

gen und um schubladisierte Projekte. Und wie immer

gets fingià miss a chantun. E sco adüna daina ün

blenden wir zurück auf Ereignisse und Personen der

sguard inavo sün persunas ed evenimaints istorics

Südbündner Geschichte.

dal Grischun dal süd.

Lassen Sie sich also auf allerhand Ärgernisse, aber

Fat quint dimena cun da tuotta sorts disgusts, ma eir

auch auf Überraschungen ein. Und wie immer fordern

cun surpraisas! E sco adüna As laina metter a cour

wir Sie auf: Empfehlen Sie uns weiter und abonnieren

da’ns racumandar eir inavant e dad abunar il piz:

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piz 41 : Sommer | Stà 2011

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Laute Jugend stört den Tourismus Ein geschlossener Jugendclub in Scuol, eine Petition für einen Kulturraum im Oberengadin und der Ausbau der professionellen Jugendarbeit im ganzen Tal geben zu reden. Die Engadiner Jugend möchte mehr als Champagnerklima und Opernfestival im Nobelthotel.

Text: Mathias Balzer Fotos: Claudia Alini

A

m 24. April 2010 ging unter dem symbolträchtigen Titel «The end of Sounds – closing party»

an einer Sache hat, muss man es eben selber organisie-

die letzte Nacht im mittlerweile legendären

ren», lautet sein Fazit. Er spricht damit das Engage-

Club «Sounds» im Areal der Sportanlage «Trü» in

ment der «Giuventünas» an, der traditionellen «Jung-

Scuol über die Bühne. Klagen von Anwohnerinnen

mannschaften», die es in vielen Dörfern noch gibt.

und Anwohnern über Lärm und Vandalismus im

Diese Jugendvereine organisieren heute Konzerte oder

Quartier hatten trotz Vermittlungsversuchen zur

Partys, meist einmal im Jahr, mit dem Erlös wird dann

Schliessung geführt: «So nicht mehr», sagte die Ge-

ein jährlicher Ausflug finanziert.

meinde als Vermieterin nach mehr als zehn Jahren Discobetrieb im einstigen Hallenbad. Das Ende des

Keine Alternativen zum Mainstream

Tanz- und Konzertlokals löste in der weiteren Region

In Pontresina hat sich die «Giuventüna» in den letz-

Diskussionen und Polemiken aus.

ten Jahren zu einem wichtigen Veranstalter gemau-

Das Thema Jugendkultur ist seither nicht vom Tisch.

sert. Die Mitglieder organisieren die beliebten Laret-

Über 1000 Jugendliche bekräftigten auf Facebook ih-

Märkte, übers Jahr einzelne Konzerte im Saal des

ren Wunsch nach einem zeitgemässen Lokal mit Mu-

Kongresszentrums «Rondo» und jeweils im Februar

sikprogramm und erschwinglichen Getränkepreisen.

das Musikfestival «Terratrembel». Selbst dieser hoch-

Auch ein Jahr nach der Schliessung ist diese Diskus-

motivierten Truppe fehlen jedoch die Ressourcen, um

sion noch nicht verstummt: Die einheimische Ju-

einen regelmässigen Treffpunkt mit Angebot im Be-

gendkultur sei dem Ruhebedürfnis der Touristinnen

reich Pop, Rock oder HipHop zu realisieren.

und Touristen geopfert worden, sagen die früheren

Von den – ausschliesslich nicht-einheimischen und

Besucherinnen und Besucher noch heute. Notabene

kommerziell ausgerichteten – Clubbetreibern im be-

in einer Region, die zwar nur zu gerne Bergbahn­tickets

nachbarten St. Moritz sind die «Giuventünas»-Akti-

an die Snowboardjugend verkaufe, diese am Abend

vistinnen und -Aktivisten eher enttäuscht: «Die bie-

aber ja nicht feiernd im Dorf haben möchte.

Neue Rolle für traditionelle «Giuventünas»

ten bloss Mainstream zu hohen Preisen an.» Das legendäre «Sarazena» in Pontresina, wo Acts wie «Fettes Brot» oder «Sens Unic» zu erleben waren, wurde

Da drängt sich die Grundsatzfrage auf: Wie ist es um

2003 geschlossen. Neben einzelnen Anlässen wie dem

die Jugendkultur im Ober- und Unterengadin wirk-

«Terratrembel», dem Open Air in Chapella oder Veran-

lich bestellt? Auf der Webseite der Destination «Enga-

staltungen einheimischer Event-Organisatoren wie

din-St. Moritz» werden unter der Rubrik «Nachtleben»

«Boarders Valley« fehlt ein alternatives, auf die einhei-

77 Bars, Clubs oder Discos zwischen Sils und Zernez

mischen Jugendlichen zugeschnittenes Angebot.

aufgeführt. Für eine Region mit rund 16’000 Einwohnern ein stattliches Angebot.

6

tüna» Pontresina. «Wenn man hier Lust und ­Interesse

Gutes Angebot für die Jüngeren

«Die Menge sagt nichts über die Qualität aus. Das Kul-

Zur Jugendkultur gehört auch die Jugendarbeit, die

tur- und Unterhaltungsangebot für die 18- bis 30-Jäh-

von den Gemeinden finanziert wird. Und die kann

rigen spielt hier oben auf dem ‹Top of the world› eher

sich, zumindest im Oberengadin, sehen lassen. Das

in der Regionalliga statt in der Weltklasse», sagt Luigi

«JuTown« gegenüber dem Segelclub in St. Moritz ist ihr

Massé, Event-Organisator und Mitglied der «Giuven-

Zentrum. In den weitverzweigten ehemaligen Bun-

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kerräumen des Schulhauses gibt es Billardtische und

trotz langer Suche fand sich bisher kein geeignetes be-

Tschüttelikästen, einen Kinoraum, eine Lounge, eine

stehendes Objekt. Der Ball liegt nun bei den Behörden.

Disco, einen Computerraum und mehrere Übungs-

Sie hätten es in der Hand, der Oberengadiner Jugend

räume für Bands. Hier finden regelmässig Disco-

ein Geschenk zu machen. Eines, das touristisches

abende, Filmvorführungen, Themenpartys und mehr

oder sogar architektonisches Renommee bringen

statt. Über 2300 Eintritte verzeichnet das Lokal pro

könnte, wie das Projekt «Cinema sil Plaz» in Ilanz un-

Jahr. Von hier aus organisiert der Verein «Offene Ju-

längst zeigte.

gendarbeit St. Moritz» auch Anlässe in Pontresina und fördert die Kommunikation zwischen Jugendlichen,

Unterengadin: Tanzen in Nairs?

Lehrern und Eltern. Einer der Leiter, Christian Steiner,

Derweil steht das ehemalige «Sounds» in Scuol leer.

bestätigt den Eindruck: Bei der Jugendarbeit braucht

Gemeindepräsident Jon Domenic Parolini ist sich be-

das Oberengadin den Vergleich mit Städten im Unter-

wusst, dass die Situation unbefriedigend ist. Er betont,

land nicht zu scheuen.» Die Finanzierung durch die

dass die Gemeinde das Lokal durchaus für einzelne

Gemeinde und die Unterstützung von Firmen, Hotels

Konzerte vermiete. Ein regelmässiger Clubbetrieb

und Privaten sei grosszügig. Ausgelegt ist das Angebot

komme an diesem Standort aber nicht mehr in Frage.

für Jugendliche zwischen 16 und 20. In Samedan soll

Allerdings habe der Protest der Jugendlichen auch ei-

bald ein weiteres Angebot folgen. Es ist aber auch klar:

nen Denkprozess ausgelöst. Gemeinsam mit dem Re-

Sind die Jugendlichen einmal in einem Alter, in dem

gionalverband Pro Engiadina Bassa wird zurzeit der

die «suchtmittelfreie Zone« der Jugendräume an At-

Aufbau einer professionellen Jugendarbeit mit eige-

traktivität verliert, wenden sie sich anderen Angebo-

nen Räumlichkeiten geprüft, ähnlich wie sie in St. Mo-

ten zu. Und in diesem Segment fehle, das bestätigt

ritz bereits bestehen. Ein möglicher Standort sei das

auch Christian Steiner, eine Alternative zum beste-

ehemalige «Sounds», dessen «betreutes» Zielpubli-

henden touristischen Angebot.

IG Kulturraum

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kum dann deutlich jünger wäre. Die älteren Jugendlichen aus dem Unterengadin fahren derweil in den Vinschgau, nach Samnaun oder

Ändern möchte diesen Zustand die Interessengruppe

St. Moritz in den Ausgang. Dass dies gefährlich sein

«Kulturraum Oberengadin». Hier ist unter anderen der

kann, weiss auch Parolini. Er könne sich deshalb vor-

23-jährige SP-Kreisrat Nicola Caduff aktiv. Die Peti-

stellen, dass auch im Unterengadin ein Jugendkultur-

tion «Kulturraum Oberengadin» wurde bis dato von

zentrum entstehe, so wie es im Oberengadin gefordert

500 Jugendlichen unterschrieben. Sie fordern ein

wird. Doch auch hier ist die Lärmfrage das grösste

«Kulturzentrum, das auf die Bedürfnisse von jungen

Hindernis, einen geeigneten Standort zu finden. In-

Einheimischen zugeschnitten ist, mit vielseitig nutz-

zwischen macht eine Idee die Runde: Aus dem «Scuol

baren Räumen und Bühnen.» Das Zentrum soll gut er-

Palace», dem einstigen «Kurhaus Tarasp» unten am

reichbar sein und von einem Trägerverein professio-

Inn, das zuletzt als jüdisch-orthodoxes Hotel betrie-

nell geführt werden. Finanzieren soll es sich aus

ben wurde und nun wieder leer steht, könnte ein Ju-

Beiträgen des Kreises, der Gemeinden, Vermietungen

gendhotel werden – samt Disco für die einheimische

und Einnahmen aus der Gastronomie.

Jugend. Ein anderer möglicher Standort für eine Disco

Nicola Caduff hat festgestellt, dass das Anliegen auf

liesse sich vielleicht in der Nähe des Bahnhofs Scuol

keinen prinzipiellen Widerstand stösst. Aber bei der

finden. Doch Gemeindepräsident Parolini macht im

Suche nach einer Lösung treten eben rasch Engadin-

gleichen Atemzug auch klar, dass die Gemeinde von

spezifische Probleme auf: die möglichen Konflikte mit

sich aus nicht aktiv werde. Auch im Unterengadin

dem Tourismus. Denn wo im durch den Zweitwoh-

sind also die Jugendlichen oder ein Veranstalter gefor-

nungsbau überteuerten Oberengadin findet sich eine

dert, das Heft in die Hand zu nehmen.

geeignete Liegenschaft für ein Jugendkulturzentrum?

Die Jugend selbst fordert weiterhin Unterstützung

Bisher blieb die Suche erfolglos.

durch die Politik, denn für sie ist das Leben in der Fe-

Auch die «Giuventüna» Pontresina steht voll hinter

rienregion nicht immer lustig. Extrem hohe Woh-

dem Anliegen der Petition und schlägt mit Punt Mu-

nungspreise und das enge Jobangebot machen ihnen

ragl sogar einen zentralen, zwischen den Zentren Sa-

das Hierbleiben oder die Rückkehr nach einer Ausbil-

medan, St. Moritz und Pontresina gelegenen Standort

dung nicht leicht. Ihnen sind eben Champagner und

vor. Einen Standort für einen Neubau notabene, denn

das Opernfestival im Nobelhotel nicht genug.

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Ingaschà e perseverant Ingon po festagiar Jacques Guidon seis 80avel anniversari. Cun seis ingaschamaint instancabel per lingua e cultura è’l dvantà üna da las plü importantas vuschs da la Rumantschia. Text: Mario Pult Foto: Daniel Martinek

E

u n’ha tuot las facettas d’ün commember d’üna

da magister a seis cunfins ha’l decis da s’ingaschar per

minorità. Tanter oter suna sensibel, aggressiv e

la lingua. El es stat il prüm collavuratur regiunal da la

n’ha sentimaints d’esser sulet», tradischa Jac-

Lia Rumantscha: «Quai es stat sco da far ün sigl in l’aua;

ques Guidon. Fingià bod s’ha sviluppada pro el la con-

üna bella sfida, üna dretta lavur da pionier.» Jacques

scienza da far part ad alch special, da tocker pro ün’et-

Guidon ha cumbattü per daplü preschentscha ru-

nia, la Rumantschia. Cha quista saja adüna statta

mantscha ingio chi saja ed ha realisà cun success divers

dinamica e creativa ed üna componenta importanta

progets. Quai ch’el ödiescha es la folclorisaziun da cun-

da la Svizra, es sia persvasiun. El svess ha contribui e

tegns culturals, el ha per exaimpel üna profuonda aver-

contribuischa amo da maniera creativa abundanta a

siun invers il «Schellenursli».

quista dinamica.

10

Seis interess sun multifaris mo la preferenza dà Jacques

Art güda a superar crisas

Guidon sainza dubi a la pittüra ed a la litteratura ingio

Cha quai saja ün exaimpel co chi vegnan mantgnüdas

cha seis duns sun incontestabels. «Eu n’ha eir paschiun

tschendras impè dad impizzar fös: «Id es da crear alch

pel chant e pella musica, mo sün quels chomps lascha la

nouv e na falsifichar il passà.» El svess ha demuossà quai

precedenza a quels chi san far meglder», confessa’l. El es

cun scriver plüs tocs teater e gös libers chi sun gnüts ra-

inamöd da l’avis ch’el haja sparpaglià da massa sias for-

preschantats cun success. Jacques Guidon es instanca-

zas, causa ch’el haja fadia da metter prioritats: «Dad

bel, scriva per occasiuns texts da cabaret e less realisar

avair duos talents es üna furtüna ma eir ün’ipoteca. I s’es

ün gö liber in seis cumün patria. Quist tematisescha ils

ün pa sco l’asen tanter duos tocs d’fain.» El suppuona

problems actuals sül chomp da la cultura e politica in

cha quai haja da chefar cul fat dad esser Rumantsch.

Engiadina. Ed eir illa litteratura sun da chattar seis sti-

«Insè am vessa stuvü decider per l’art, ma il destin da

zis. Divers raquints, impissamaints ed aforissems and

nossa lingua am sta talmaing a cour ch’eu am n’ha senti

dan perdüttanza.

oblià da m’ingaschar per ella», admetta Guidon.

Jacques Guidon ha pudü as fidar da sia forza creativa. El

Jacques Guidon es stat visiunari ed ha s-chaffi fingià

manaja ch’el lavura da maniera spontana, cha uschea

dals ons 50 ün pledari tecnic per las scoulas ru-

prodüa’l bler s-chart ch’el stopcha eliminar e chi resta

mantschas. Cur ch’el ha badà ch’el riva pro la vocaziun

be pac valabel. Quist’opiniun modesta cuntrastà cul fat

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ch’el ha obtgnü sül chomp da la pittüra numerus pre-

donim da «Giongion» toccan suvent sül viv e dan per-

mis. Quist on ha’l in vista exposiziuns da sias ouvras,

dütta da seis güdicat politic critic. Guidon deplorescha

p.ex. i’l Museum Chasa Jaura, e quistas dumondan

l’intretschamaint d’economia e politica chi vegna tole-

bler’energia ch’el ha per furtüna in abundanza. «L’art

rada causa cha’l pövel saja dvantà apolitic: «No nu vain

pretenda perseveranza e quella n’haja. Id es da nudrir,

plü duonnas ed homens da stadi. L’egoissem persunal

da tizzar il fö, per rivar al böt», manaja’l. Per el es la

dominescha e ningün nu pensa a las generaziuns futu-

gronda sfida da savair cur chi basta. Massa gronda es la

ras, i manca da solidarità.»

tentaziun da vulair crear ün purtret perfet: «Pel solit

Eir sch’el as stramainta da scriver texts politics nun è’l

stuna massa lönch landervia.»

bun da laschar chi tuna. Güsta d’incuort ha’l sustgnü

Cha l’art til güda a surmuntar crisas, pustüt quellas chi

culla penna ün’iniziativa per impedir ch’illa zona d’abi-

naschan adüna darcheu da las dischillusiuns in connex

tar dal cumün vegl da Zernez vegna realisà üna gronda

cul cumbat politic: «Per furtüna nu va il patimaint a

surfabricaziun. L’iniziativa ha gnü la consequenza cha’l

l’extrem, il plü da tuot suna minchatant avili.» Ma el

cussagl cumünal ha redimensiunà il proget – ün suc-

riva da superar crisas mentalas cun esser creativ. El es da

cess parzial. Il pensar a cuorta vista, quista superficia-

l’avis ch’el nun haja pel düra ma ch’el saja tuottüna

lità, constata Jacques Guidon eir pro l’integraziun lin-

massa robust per subir don. L’amur e l’incletta da sia

guistica: «Cun pacas lodaivlas excepziuns voul la gron­-

duonna Eva, l’amicizcha e la natüra güdan pro.

da part da la glieud star pro nus, ma na propa tour part

«I manca da solidarità»

taintan d’imprender la lingua be receptivmaing e quai

Sül chomp da la politica s’ingascha Jacques Guidon

es, a lunga vista, fatal per üna minorità.» – Jacques Gui-

a la cumünanza. Per la cultura nu s’interessna. I’s cun-

amo adüna pel resguard invers l’ambiaint. La funda-

don cumbatta cun ingaschamaint instancabel per l’au-

ziun da la revista satirica «Il Chardun» ha permiss da

tenticità da la cultura e pel mantegnimaint da valuors

publichar opiniuns in plaina libertà. Ella po amo adüna

chi s’han verifichadas. La Rumantschia po esser super-

far quint cun sias contribuziuns, saja quai in fuorma da

bgia d’avair in sias rischlas üna tala persunalità chi

caricaturas o da texts satirics. Sias respostas suot il pseu-

disch dad el: «In prüma lingia suna ün Rumantsch.»

Eine wichtige Stimme der Romanen

Schublade. Guidon malt und publiziert viel. «Da ich

Jacques Guidon feiert seinen 80. Geburtstag – er ist

sehr produktionsfreudig bin, entsteht auch viel Abfall.

eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Rumant-

Nach den Ausmerzaktionen bleibt dann wenig übrig»,

schia. In Zernez in einer Bauernfamilie aufgewachsen,

stellt er selbstkritisch fest. Dabei hat er vor allem als

wurde er von kreativen Kräften des Bauernlebens ge-

Maler zahlreiche Auszeichnungen bekommen und re-

prägt. Gerne wäre er schon als junger Mann Maler

gelmässig finden Ausstellungen seiner Werke statt.

oder zumindest Zeichenlehrer geworden, aber nach

Als erster regionaler Mitarbeiter der Lia Rumantscha

dem Besuch des Lehrerseminars in Chur wurde er Se-

leistete Guidon Pionierarbeit für die Sprachförderung.

kundarlehrer. Er unterrichtete bis 1986 in Pontresina,

Die Schule hatte er damals aus der Überzeugung ver-

Zuoz und Zernez und war danach der erste regionale

lassen, dass er so seiner Muttersprache besser dienen

Mitarbeiter der Lia Rumantscha.

könne. Guidon verteidigt die Grundwerte und die Na-

Jacques Guidons Malerei ist im Laufe der Jahre immer

tur und fordert Respekt gegenüber den Schwachen.

bekannter geworden. Er nutzt die Kunst, um sich frei

Erst kürzlich setzte er sich mit anderen gegen eine

auszudrücken. Das tut er auch mit Worten: In den

Überbauung in der Dorfkernzone von Zernez ein und

Siebzigerjahren gründete er zusammen mit Mitstrei-

sie erreichten einen Teilerfolg. Er kämpft weiter, denn

tern die satirische Zeitschrift «Il Chardun», wo er bis

er mag es nicht, wenn «Eigeninteressen überwiegen

heute satirische Zeichnungen oder ironische Texte

und wenn auf die Allgemeinheit keine Rücksicht ge-

veröffentlicht. Guidon nutzt seine kraftvolle Sprache

nommen wird». Heute fehle es an Solidarität gegen-

auch für sein politisches Engagement. Und von seiner

über den kommenden Generationen. Und er bedauert,

Liebe zur Literatur zeugen zahlreiche Theaterstücke,

dass mit der Abwanderung der Intelligenz grosse Lü-

die mit Erfolg aufgeführt wurden. Seine veröffent-

cken aufgerissen werden. Mit solchen Äusserungen

lichte Prosa besteht aus Kurzgeschichten und Aphoris-

sorgt er oft für Wirbel, aber er erreicht, dass sich nie-

men, aber auch Romanentwürfe liegen in seiner

mand aus der Verantwortung stehlen kann.

piz 41 : Sommer | Stà 2011

AUSSTELLUNG IM MUSEUM CHASA JAURA, VALCHAVA Jacques Guidon zeigt seine Werke in einer grossen Ausstellung im Museum Chasa Jaura in Valchava im Münstertal. Bis 13.10. Am 23.7. findet dort zu Guidons 80. Geburtstag eine Veranstaltung statt. Mit dabei sind Andreas Klaeuli, Romedi Arquint sowie Curdin und Domenic Janett.

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Streit um Eingriffe im Schutzgebiet Am Fusse des Piz Arina im Unterengadin ist die einzigartige Biodiversität durch eine Melioration bedroht. Die modernen Traktoren brauchen beitere Strassen und die Intensivierung der Landwirtschaft geht auf Kosten von Flora und Fauna. Wie konnte das passieren?

Text: Esther Banz Fotos: Joe Meier

12

J

oe Meier wohnt im Kanton Aargau, doch der Or-

Breite Strassen und Gülle

chideenexperte kennt das Gebiet unterhalb des

Melioration meint im eigentlichen Wortsinn «Verbes-

Piz Arina, als wäre es sein eigener Garten. Seit vier-

serung». Parzellen, die über die Jahrzehnte durch Ver-

zig Jahren kommt er mindestens einmal im Jahr in

erbung immer weiter zerstückelt wurden, werden zu-

diese Gegend oberhalb von Ramosch. Sicher immer

sammengelegt, damit sie einfacher zu bewirtschaften

im Juni, während des Bergfrühlings. Dann zieht er die

sind. Zu jeder Melioration gehört auch der Ausbau des

Wanderschuhe an, schultert den Rucksack, hängt sich

Weg- und Stras­sennetzes. Der Bund gibt vor, dass

eine Kamera um den Hals. Und geht los. Lange muss er

Stras­sen für die modernen Traktoren tauglich ge-

nicht suchen – der 70-Jährige weiss genau, wo er in

macht werden und mindestens drei Meter breit sein

dieser knapp 5000 Hektar grossen Landschaft von na-

müssen, plus seitliche Bankette. Der (Aus-)Bau hinter-

tionaler Bedeutung die seltenen Blumen findet: den

lässt Narben, die noch Jahre oder Jahrzehnte zu sehen

Frauenschuh, den Fliegenragwurz, die zweiblättrige

sein werden. Die Vegetation erholt sich auf dieser

Waldhyazinthe, die Fingerwurze, das Männertreu –

Höhe nur langsam. Viele der geschützten Blumen wer-

und unzählige weitere.

den nicht mehr nachwachsen.

Joe Meier hat zusammen mit einem Kollegen im Auf-

Es ist April, ein warmer und trockener April, als Joe

trag des Kantons Graubünden die Feuchtgebiete bei

Meier aufmerksam durch die geschützte Landschaft

Ramosch kartiert. Das Resultat ist ein Katalog, der

streift. Für die Orchideen ist es noch zu früh, aber Al-

nicht nur seltene Blumen in Feuchtwiesen, Flach- und

pen-, Schwefel- und Pelzanemonen spriessen oder

Hangmooren nachweist, sondern auch zeigt, wo diese

blühen bereits an Wegrändern und Borden, wo keine

Biotope durch die Melioration in Gefahr sind (siehe

Gülle ausgetragen wird. «Das kommt noch dazu», sagt

Abb. auf der nächsten Doppelseite). Die Kategorie «Ge-

Meier: «Wenn die Bauern ihre Gülle auf den dereinst

fährdung 3» steht für «akut gefährdet». Die Bilanz:

ausgebauten Strassen bis 1800 Meter oder noch höher

Von den insgesamt 40 kartierten Biotopen sind laut

hochkarren können, wird es dort innert kürzester Zeit

Inventar 29 akut oder teilweise akut gefährdet.

aussehen wie bei uns im Unterland: nur noch grüne

piz 41 : Sommer | Stà 2011


Fettwiesen, eine Monokultur. Denn die Orchideen

tung, die Blumenwiesen in den Bergen bewahrt. Die

Blühende Vielfalt im

und viele andere der geschützten Blumen ertragen

Allianz, die für Flora und Fauna einsteht, sowie die

bedrohten Orchideen-Paradies

keine Gülle. Schon eine einzige Düngung kann sie für

Umweltverbände haben in Bern wenig Einfluss. Das

von Ramosch.

immer kaputt machen.»

wird auch bei der «Agrarpolitik 2014–2017» so sein,

Im Unterland wird gebüsst, wer beim Pflücken von ge-

die derzeit in der Vernehmlassung steckt.

schützten Blumen erwischt wird, und es wird ausgezeichnet, wer Steine aufhäuft, damit Zauneidechsen

Schlimm oder vorbildlich?

oder Schmetterlinge Unterschlupf finden. Und hier

Zurück nach Ramosch. Die geplante Melioration ist

oben? Findet hier ein hoch subventioniertes Biodiver-

zwar eine unter vielen im Land, für Joe Meier aber eine

sitäts-Gemetzel statt? Joe Meier fragte im November

der schlimmsten überhaupt. Stefan Darnuzer ist da

2009 in Bern nach: «Weshalb hilft der Bund mit Steu-

anderer Meinung. Der für das Projekt verantwortliche

ergeldern, eine aussergewöhnliche Landschaft zu zer-

Ingenieur aus Davos verweist – wie die Vertreter von

stören?» Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)

Bund und Kanton – auf die Umweltverträglichkeits-

versuchte zu beruhigen: «Ich kann Ihnen versichern,

prüfungen, die Begehungen und die Kartierungen:

dass Ihre Anliegen auch die unsrigen sind und wir al-

«Wir sind uns bewusst, dass wir in einem ökologisch

les unternehmen werden, die Biodiversität in Ra-

sehr wertvollen Gebiet arbeiten, und wollen nicht in

mosch wie auch anderswo zu erhalten.»

Abrede stellen, dass die Eingriffe teilweise problema-

Bund gibt falsche Anreize

tisch sein können. Aber die ökologische Baubegleitung wird sicherstellen, dass sie so schonend wie mög-

Doch Joe Meier ist nicht beruhigt, denn er kennt an-

lich gemacht werden.» Ausserdem seien rund die

dere Beispiele von den Meliorationen, in Guarda, Ar-

Hälfte der Wege – gut 20 Kilometer – als Kieswege ge-

dez und Sent, wo aus einst artenreichen Wiesen Fett-

plant. Darnuzer meint, man könne die Melioration

wiesen geworden sind, weil dort jetzt gedüngt wird.

Ramosch nicht mit älteren Projekten vergleichen:

Können die mit den Landwirten abgeschlossenen Ver-

«Früher wurde unter ganz anderen Wertvorstellungen

träge dies nicht verhindern? Meier schüttelt den Kopf

und ganz anderen gesetzlichen Grundlagen projek-

und erwähnt den Fall eines Bauern, der in Vnà ein

tiert als heute.»

Feuchtbiotop gepflügt und trockengelegt hat – ohne

Auch der Kanton betont, man habe aus früheren Feh-

dass er dafür je zur Rechenschaft gezogen wurde.

lern gelernt. Josef Hartmann ist im Amt für Natur und

Meier kritisiert aber vor allem die Landwirtschaftspo-

Umwelt für den Biotop- und Artenschutz und den Ver-

litik, die den Bauern Anreize gibt, immer mehr Gross-

tragsnaturschutz zuständig. Er verweist auf die Ver-

vieh zu halten, anstatt sie für eine Landschaftspflege

träge mit den Landwirten, die festlegen, ob und wann

zu belohnen, die der Biodiversität nützt.

wertvolle Flächen gedüngt und geschnitten werden

Landwirtschaftspolitik ist Bundessache, das Parla-

dürfen. Aber Verstösse liessen sich leider nie ganz ver-

ment setzt die Leitlinien und da hat der SVP-lastige

meiden, räumt auch Hartmann ein. «Die Gemeinden

Bauernverband grossen Einfluss. Er vertritt einen Be-

kontrollieren einmal pro Jahr mit ihren Flächenbe-

rufsstand, der produzieren will, nicht Landschafts-

auftragten, ob die Schnittzeiten eingehalten werden.»

gärtnerei betreiben. Deshalb gibt es wenig Interesse

Ausserdem werde «periodisch» kontrolliert, ob die

an Direktzahlungen für eine extensive Bewirtschaf-

weiteren Bedingungen, etwa zum Güllen, eingehal-

piz 41 : Sommer | Stà 2011

13


ten werden. Weil die Kontrollen aber sehr aufwendig

Natur bezahlen muss, hoch». Die Bedürfnisse der

seien, setze der Kanton «auf die Selbstverantwortung

Landwirte seien von Anfang an an erster Stelle gestan-

der Bauern, die wir beraten und in ökologischen Fra-

den und die Umweltorganisationen seien erst zu einer

gen sensibilisieren. Daneben gibt es auch eine soziale

Begehung eingeladen worden, als die Planung weit

Kontrolle.» Allerdings: Bauern zeigen sich gegenseitig

fortgeschritten war. Kritischen Bemerkungen sei die

wohl nie an, in kleinen Gemeinden greift auch eine

Projektleitung damals mit der Aussage begegnet, man

Behörde nicht gern ein, und Joe Meier kommentiert

könne jetzt nicht noch einmal Grundsatzdiskussio-

die soziale Kontrolle lakonisch: «Wer von den Wande-

nen führen. Und noch etwas stört sie: Dass das leitende

rern weiss schon, was in diesen Verträgen steht?»

Ingenieurbüro gleich auch den Umweltverträglich-

Enge Vorgaben aus Bern

keitsbericht erstellte – das sei «sehr unüblich.» Doch auch der Landschaftsschutz reichte nie eine formelle

Victor Peer, der Gemeindepräsident von Ramosch und

Einsprache ein. Die zuständige Mitarbeiterin war ge-

selber Bio-Bauer und Präsident der Stiftung Pro Terra

nau zur entscheidenden Zeit im Mutterschaftsurlaub.

Engiadina (siehe hinten), war noch nicht im Amt, als

Jetzt ist die Melioration angelaufen. Sie wird rund

die Melioration beschlossen wurde. Doch er wehrt

zwanzig Jahre dauern. Die Grundeigentümer werden

sich gegen den Vorwurf, Ramosch habe hier schlechte

im Verfahren mehrfach die Möglichkeit haben, ihre

Arbeit geleistet. Im Gegenteil: das Projekt sei vorbild-

Wünsche und Vorstellungen einzubringen. Von ih-

lich. Die Umweltverbände seien in die Planung einbe-

nen hängt ab, wie schnell alles voranschreitet. Mög-

zogen worden. Das Problem – so sagt auch Peer – liege

lich, dass doch nicht alle «Verbesserungen» umgesetzt

bei den Bundesvorschriften, die mit Geldentzug be-

werden, denn immer mehr Bauern bekennen ihren

strafen, wer sich nicht an die Normen hält. Trotzdem

Unmut: Sie, für die die Melioration angeblich gemacht

sei man sehr weit gegangen und habe mit Bern Kom-

wird, machen sich mehr und mehr Sorgen um die Zu-

promisse aushandeln können. Auch er verweist dar-

kunft der wertvollen Landschaft.

auf, dass viele Wege nun doch nicht betoniert oder asphaltiert werden. Peer selbst hatte dies vorgeschlagen und gefordert, die entsprechenden Subventionen für

Pro Terra Engiadina

den Unterhalt der Wege zu verwenden. Ohne Erfolg,

Die reiche Natur- und Kulturlandschaft im Unteren-

denn die Vorgaben des Bundes lassen keine derartigen

gadin zu erhalten und aufzuwerten ist Ziel der 2009

Abweichungen zu. Dass das alles den Kritikern zu we-

gegründeten Stiftung Pro Terra Engiadina, die vom

nig weit geht, versteht der Gemeindepräsident, aber

Ramoscher Gemeindepräsidenten und Biobauern Vic-

die Landwirte könnten eben nicht auf die Subventio-

tor Peer präsidiert wird. Pro Terra Engiadina steht den

nen verzichten.

Zahme Umweltorganisationen

möglichen Schäden, die die Melioration verursachen könnte, kritisch gegenüber. Doch an den letzten Versammlungen machten die Landwirte auch klar, dass

Wo waren die Umweltorganisationen, als man gegen

sie produzieren wollen und sich den Entzug von Sub-

das Projekt noch Einsprache erheben konnte? Hans

ventionen nicht leisten können.

VAL SINESTRA: LANDSCHAFT DES JAHRES

F. Schneider, Geschäftsführer von Pro Natura Grau-

Pro Terra Engiadina will aber einen Weg finden, wie in

bünden, erinnert an damalige Kritik: «Der Ausbau der

Ramosch die jahrhundertealte, von den Bauern ge-

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz lanciert 2011 zum ersten Mal die Auszeichnung «Landschaft des Jahres» – und auserkoren wurde das Val Sinestra, das von der Melio­ ration bei Ramosch ebenfalls betroffen ist. Mit dem Preis will die Stiftung «die kaum bekannten, noch zu ent­deckenden, aber auch bedrohten Landschaften der Schweiz ins Zentrum rücken: Das Val Sinestra zeigt eine harmonische Verzahnung von Natur- (namentlich Wald-) und Kulturlandschaft.»

Wege führt in vielen Fällen zu schweren Konflikten

schaffene Terrassenlandschaft und die Biodiversität

mit Kleinstrukturen und zu erheblichen Nachteilen

erhalten werden können. Gemeinde, Kanton, die Stif-

für Flora und Fauna, die nicht genügend berücksich-

tung Landschaftsschutz Schweiz, der WWF, die Vo-

14

tigt worden sind, da sie nur als temporär geschädigt

gelwarte Sempach und Birdlife Schweiz haben sich

betrachtet werden. Das trifft nicht zu, da über Jahr-

hier seit Jahren für deren Erhalt und Pflege engagiert.

zehnte oder Jahrhunderte gewachsene Strukturen

In Pro Terra Engiadina sind nun zusätzlich Touris-

zerstört werden.» Die Stellungnahme von Pro Natura

musverantwortliche und die Land- und Forstwirt-

endet so: «Wir bitten Sie, unsere Anliegen in diesem

schaft mit dabei, damit gemeinsame Lösungen gefun-

Sinn zu berücksichtigen.» Die Bitte genügte nicht.

den werden können. – Pro Terra Engiadina koordiniert

Kritik kommt aber auch von der Stiftung Landschafts-

aber auch Freiwilligen-Einsätze und Projekte und

schutz Schweiz. Die stellvertretende Geschäftsleiterin

sie will eine gemeinsame Kommunikationsplattform

Christine Neff findet bis heute «den Preis, den hier die

werden. www.inscunter.ch

piz 41 : Sommer | Stà 2011


Oben: Bewirtschaftungsstrassen in Ramosch heute (links) und nach der Melioration in der Nachbargemeinde Tschlin zubetoniert (rechts). Unten: Auszug aus der Kartierung «Feuchtgebiete Ramosch», in der 29 von 40 Gebieten als gefährdet bezeichnet sind.




1

2

Berghotel als Energielieferant Das Hotel auf dem Muottas Muragl produziert seit dem aktuellen Umbau mehr Energie, als es selber verbraucht. Ein Erdregister mit 3,2 Kilometer Rohren dient als «Reservoir». Dank Solarenergie steht hier auf dem Berg das erste Plusenergie-Hotel der Alpen.

Text: René Hornung Fotos: Daniel Gerber

D

ie Bergstation der Muottas-Muragl-Bahn wurde

gen Energie, also mehr als gebraucht wird, wie Gian

1907 von Anfang an als Hotel gebaut. Trotz der

Fanzun vom Churer Architektur- und Ingenieurbüro

Top-Lage auf dem Sonnenbalkon braucht ein

Fanzun AG bei der Eröffnung vorrechnete. Der prakti-

Betrieb in dieser Höhe von 2456 m ü. M. viel Energie.

sche Betrieb werde zeigen, wie viel Überschuss im Plus-

Bei einer Durchschnittstemperatur von nur einem

energie-Hotel wirklich produziert werden kann.

Grad Celsius kommt das Gebäude gerade an 30 Tagen

Romantik-Hotel Muottas Muragl 7503 Samedan Tel. 081 842 82 32 www.muottasmuragl.ch

18

im Jahr ohne Heizung aus.

Verschiedene Energiequellen: alle CO2 -frei

Mit dem jüngsten, 20 Millionen teuren Umbau wur-

An erster Stelle der Energiequellen steht die Abwärme

den deshalb nicht nur die im Laufe der Jahrzehnte ent-

aus den Kühlaggregaten, aus der Küche und aus dem

standenen Anbauten durch einen neuen Sockelbau

Bahnbetrieb. Zwei unterschiedliche Typen von Son-

ersetzt, so dass das historische Hotel wieder in seiner

nenkollektoren liefern Wärme für Heizung und

ursprünglichen Form klar zu erkennen ist. Zum Er-

Warm­wasser. Reicht die nicht aus, werden 16 Erdson-

neuerungskonzept gehört auch ein nachhaltiges Ener-

den von insgesamt 3,2 Kilometer Länge zugeschaltet.

giekonzept: weg von den fossilen Brennstoffen, lautete

Sie reichen bis 150 Meter in die Tiefe. Eine Wärme-

die Devise der Bergbahnen Engadin St. Moritz AG als

pumpe sorgt für die Umwandlung der Erdwärme in Pro-

Hoteleigentümerin. Geprüft wurden unter anderem

zesswärme. Schliesslich liefern die Fotovoltaik-Kollek-

eine Holzheizung, doch diese hätte aufwendige Trans-

toren entlang des oberen Teils des Bahn-Trassees den

porte nötig gemacht, und für eine Windturbine

nötigen Strom, pro Jahr 100’000 Kilowattstunden. Pro-

herrscht auf dem Berg zu oft Flaute – sie hätte nicht ge-

duziert das Gesamtsystem zu viel Wärme, wird diese

nügend Strom produzieren können. Viel Energie liefert

über die Erdsonden in den Boden zurückgeleitet.

aber die Sonne, denn das Engadin gehört bekanntlich

«Wir verbrauchen nur 40 Prozent der früher benötig-

zu den sonnenreichsten Standorten im Land.

ten Energie, obwohl die heutige Fläche um 1000 Qua-

Nach der Sanierung liefern nun verschiedene Quel-

dratmeter grösser ist», streicht Architekt Gian Fanzun

len – mindestens rechnerisch – 105 Prozent der nöti-

hervor, und er weist darauf hin, dass die gesamte Ver-

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3

4

5

sorgung Schadstoff- und CO2-frei ist. 40’000 Liter

Das renovierte Hotel verfügt über 16 Hotelzimmer in

1 Frische Inszenierung mit heimischen Materialien.

Heizöl können nun eingespart werden. Dank der Süd-

unterschiedlicher Grösse. Deren Preise sind für Ober-

Ausrichtung kann das Haus auch mit «passiver Solar-

engadiner Verhältnisse bewusst moderat. Pro Person

gewinnung» durch die Fenster einen grossen Teil der

kostet die Nacht im Doppelzimmer, inklusive Bahn-

2 Seit über 100 Jahren unver-

benötigten Wärme einfangen. Speicherfähige Boden-

fahrt, zwischen 99 und 120 Franken, die Junior-Suite

wechselbar: Muottas Muragl.

beläge, Decken- und Wandaufbauten helfen mit,

gibt es ab 140 Franken. Bei der Ausstattung setzte man

diese Einstrahlung zu speichern.

auf einheimische, natürliche Materialien, auf Stein

3 Entlang des oberen Teils

Alphütten-Groove ist verschwunden

und Holz und verzichtete mitten in der Alpenwelt be-

der Standseilbahn-Trasse wird

wusst auf Fernseher und Minibar.

Strom produziert.

Im neuen Sockelgeschoss liegen Technik und Infra-

Während der Bauzeit wurde eine temporäre Material-

struktur sowie der neue Ankunfts- und Abfahrtsbe-

seilbahn mit einer Nutzlast von bis zu vier Tonnen be-

reich der Bergbahn. Hier haben Hotel- und Tagesgäste

trieben, die parallel zur Standseilbahn gebaut wurde.

Traditionelle Materialien, zeit-

respektive Wanderer nun getrennte Wege zum Hotel

Sie machte es möglich, dass nur 50 Helikopterflüge für

genössische Formensprache.

und zu den Restaurants oder über eine Aussentreppe

den Materialtransport auf den Berg ausreichten.

direkt auf die Sonnenterrasse. Dies entflicht beim oft

Die architektonische und technische Erneuerung des

grossen Ansturm die Besucherströme. Im Erdgeschoss

Romantik-Hotels Muottas Muragl wurde von der Fan-

wurde das Gourmetrestaurant umgestaltet und das

zun AG, Chur, geplant. Sie hat im Auftrag der Bergbah-

Selbstbedienungsrestaurant «Scatla» wurde vom frü-

nen Engadin St. Moritz AG das Haus zu einem Leucht-

heren Alphütten-Groove befreit.

turm der nachhaltigen Energieversorgung gemacht.

4,5 Sitzungs- und Hotelzimmer:

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Ein Drama braucht gestürzte Helden Romedi Arquint war Lehrer, Pfarrer, Kulturbeamter und Politiker – alles mit viel Herzblut. Er «spielte viele Rollen», wie er sagt. Zuletzt die des Gemeindepräsident von S-chanf. Doch dort zeigte ihm die Bevölkerung die rote Karte: «So nicht!» – er wurde abgewählt.

Text: Michaël Jarjour Foto: Daniel Martinek

R

omedi Arquint war an jenem Morgen Anfang

Oktober 2010 nicht nervös, obwohl am Abend

Stock herunterkam und bei den singenden Studenten

die Gemeindeversammlung von S-chanf über

reinschaute. Er hatte dann später Kirsten mit dem

die neue Bauordnung und den Zonenplan abzustim-

«Deux Chevaux» nach Hause gefahren. Dann hatte

men hatte. Es ging auch um den Zweitwohnungsbau

man sich wieder und wieder gesehen, geheiratet und

und um sehr viel Geld. Zur Versammlung kamen mehr

eine Familie gegründet. «So schnell ging es, und so

als dreimal so viele Menschen wie sonst und sie waren

einfach!» Kirsten hat diese Schilderungen mitgehört,

mindestens drei Mal so laut, wie sonst. – Jetzt sitzt Ar-

sie widerspricht nicht.

quint am runden Holztisch in seiner Stube. Auf der

Längst haben die Arquints ein Haus in Dänemark und

Bank ein blaues Kissen. Er raucht einen Zigarillo.

fahren drei- oder viermal im Jahr hin. «Wunderschön

Durch das Fenster geht der Blick auf Chapella, ein

ist es da», sagt der Engadiner. Auch am Tag nach jener

neues Wohnquartier. Er erzählt mit leiser, tiefer

Gemeindeversammlung fuhr Arquint nach Däne-

Stimme: In Zernez sei er aufgewachsen, der «obersten»

mark. Er habe damals eigentlich gewusst, «dass es vor-

Gemeinde des Unterengadins. «Man könnte sagen, ich

bei ist», dass er an jenem Abend als Gemeindepräsident

hätte es weit gebracht: bis in die ‹unterste› Gemeinde

von S-chanf «abgeschossen» worden sei. Die Bevölke-

des Oberengadins. Über die Punt’Ota, die seit dem

rung sagte ihm klar: «So nicht!» Er fuhr nach Däne-

13.  Jahrhundert das Unter- vom Oberengadin trennt.»

mark, um die Niederlage zu verarbeiten, den Wahl-

Obwohl er später im Gespräch erzählt, dass ihm die

kampf liess er sausen.

Vergangenheit nichts bedeute, ist er gerade dabei, eine Geschichte aus seiner Jugend zu erzählen: Als er, da-

20

gewesen, als die Gruppe von Däninnen vom oberen

Pfarrer, Politiker, Kulturvermittler

mals ein Teenager, in Hotels gearbeitet hatte, um Ta-

Im Nachhinein analysierte er den Ablauf und es

schengeld zu verdienen. Dort traf er unter anderen auf

wurde ihm klar: die Gemeindeversammlung fühlte

Dürrenmatt. «Wenn er sich nach dem Mittagessen im

sich überfahren. Nicht nur wegen der Zweitwoh-

Salon in den Fauteuil setzte, dann wussten wir, dass er

nungsregelung. Bei einigen Landwirten stiess auch

jetzt eine Zigarre wollte. Für diesen Service bekam

die vorgeschlagene Zone für Pferdehaltung auf Ableh-

man zwei Franken. Dürrenmatt gab viel Trinkgeld.»

nung. Klar, er hätte im Vorfeld lobbyieren können. Er

Gegen den Willen des Vaters kaufte sich Romedi spä-

wusste ja als früherer Grossrat, wie Politik funktio-

ter als Student einen «Deux Chevaux» und arbeitete

niert. Ins kantonale Parlament wurde er übrigens als

als Lehrer, damit er weiterstudieren konnte: Theolo-

erster SP-Vertreter aus dem Engadin – nach vier ver-

gie. «Wahnsinnig viel hatte ich mir bei der Wahl des

geblichen Kandidaturen – 1995 gewählt. 2010 trat er

Faches nicht überlegt», blickt er zurück. Das Studium

nicht mehr zur Wiederwahl an.

brachte ihn nach Paris, Zürich und Mainz.

Romedi Arquint war früher auch kein gewöhnlicher

Und seine Frau brachte ihn nach Dänemark. Sie liest

Pfarrer. Er habe auch hier eine Rolle gespielt. Sicher, er

gerade draussen auf der Terrasse ein Buch. Eine Frau

konnte hinter dem Beruf stehen und brüskierte mög-

mit heller Haut, Sommersprossen und kurzen, blon-

lichst niemanden, doch in den Predigten versuchte er

den Haaren. Kennen gelernt haben sich Kirsten und

das Wort «Gott» so zu umschreiben, dass er selber da-

Romedi in der Zürcher «Öpfelchammer», wo Romedi

hinter stehen konnte, aber auch so, dass die Kirchgän-

mit seinen Kommilitonen beim Bier sass. Spät sei es

ger nicht brüskiert wurden. Und weil er den Entscheid

piz 41 : Sommer | Stà 2011


richtig fand, hatte er auch einmal einer jungen Frau zu

Schwiegermutter Flora Bartolini weiss die Bevölke-

einer Abtreibung verholfen. «Als Pfarrer oder Lehrer

rung, was es heisst, «kalte Betten» mitten im Dorfkern

rutschst du in eine Rolle. Du merkst ziemlich rasch,

zu haben. Diesen Folgen wollte er entgegensteuern.

was erwartet wird.» Im Laufe seines Berufslebens ar-

Zweitwohnungen machen das Wohnen für die Ein-

beitete er auch im Bundesamt für Kultur und enga-

heimischen unerschwinglich. «Kürzlich hat mir ein

gierte sich dort für die romanische Sprache. Ein «Be-

Kadermann aus der Region erzählt, dass auch er sich

amter» aber wurde er nie. Jedes Wochenende pendelte

beim besten Willen keine Wohnung leisten könne –

er von Bern fünf Stunden ins Engadin. «Nach einer ge-

und er verdient gut.» Doch die Mehrheit in S-chanf

wissen Zeit in der Verwaltung merkst du, dass du dich

wollte weitermachen wie bisher. «Damit sägen sie aber

entscheiden musst, ob du dort Karriere machen willst.

am Ast, auf denen der Tourismus im Engadin sitzt.»

Falls du das willst, musst du lobbyieren.» Auch dies

Romedi Arquint zeichnet noch ein anderes Bild: «Statt

war nicht sein Ding. So übernahm er im Engadin wie-

die Kuh zu melken, versucht man, mit dem Verkauf

der die Lehrerrolle.

der Kuh Geld zu machen.»

Politische «Verlegenheitslösung»

Diskussion verweigert

Seine bisher letzte grosse Rolle war die des Gemeinde-

Drei Jahre lang war er Gemeindepräsident und die

präsidenten von S-chanf – als zweiter SP-Politiker

meiste Zeit verbrachte er damit, zusammen mit einer

nach Reto Pedotti in Ftan in diesem Amt im ganzen

Planungskommission die Bauordnung und den Zo-

Tal. Die Rolle spielte er bis zum Schlussvorhang. Ei-

nenplan zu revidieren. Er wollte eine Vermietungs-

gentlich wollte er nach der denkwürdigen Gemeinde-

pflicht für Zweitwohnungen oder eine direkte Mitfi-

versammlung «den Bettel am liebsten hinschmei-

nanzierung von Wohnungen für Einheimische.

ssen». Er tat es nicht, denn er weiss: Eine richtige

«Meine Politik war transparent und offen. Die Ge-

Tragödie, oder Komödie, braucht Helden – gestürzte,

meindeversammlung war aufgefordert, die Vor-

manchmal gar tote Helden. Doch jetzt ist der BDP-Po-

schläge zu diskutieren.» Doch diese Diskussion wurde

litiker Duri Campell zurück im Gemeindepräsiden-

verweigert. «Als einer an der Versammlung für Eintre-

tenamt, «denn die beiden politischen Leithammel im

ten plädierte, hat die grosse Mehrheit ihn ausgelacht,

Dorf, die sich drei Jahre zuvor noch bekämpft hatten,

ihn zum Schweigen aufgefordert. Es war ein veritabler

haben nun wieder zusammengefunden – «die politi-

Volksaufstand.» Nach zwei Stunden wurde «Nichtein-

sche Ordnung ist wiederhergestellt», zieht Romedi Ar-

treten» beschlossen. «Ich hatte das so nicht erwartet –

quint Bilanz. Er sei als Gemeindepräsident letztlich ja

ich fühlte mich wie erschlagen.»

nur eine «Verlegenheitslösung» gewesen.

Romedi Arquint hat inzwischen zu schreiben begon-

Der aus «Verlegenheit» gewählte Arquint aber hatte

nen. Zum einen eine halb biografische Geschichte,

versucht, seine Chance zu packen, und machte einen

Vater, Mutter, Kindheit. Der andere Text dreht sich

Lösungsvorschlag für das Zweitwohnungsproblem –

um eine Frage, die ihn schon länger beschäftigt:

ein Problem, mit dem S-chanf nicht allein dasteht.

Warum hat Europa mit den Minderheiten so viele

Die Lawine von sehr, sehr luxuriösen Zweitwohnun-

Probleme? Ob er seine Werke später je veröffentli-

gen ist längst bis hierher gerollt. Spätestens seit dem

chen wird, weiss er noch nicht. Die Rolle des Schrift-

2005 begonnenen Umbau für Berlusconis damalige

stellers ist für ihn noch neu.

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Fünf Idiome – ein Rumantsch grischun Damit sich Rätoromanisch als Sprache behaupten könne, brauche es eine Einheitssprache: 1982 lancierte deshalb die Lia Rumantscha Rumantsch grischun als Kanzleisprache. Doch heute verteidigt «Pro Idioms» die Regionalsprachen für die Grundschule.

Text: Annetta Ganzoni Illustration: Gregor Gilg

S

ursilvan, Sutsilvan, Surmiran, Puter und Valla-

ün proget sainza respet» betitelte der Sekundarlehrer

der – fünf romanische Idiome prägen die All-

Andrea Urech 2011 seinen Vortrag anlässlich der

tagssprache und die Literatur in den Bündner

Gründung von «Pro Idioms».

Tälern. Seit den 1980er-Jahren soll mit Rumantsch

1

www.proidioms.ch.

Renata Coray: «Rumantsch Grischun: Sprach- und Machtpolitik in Graubünden» in: Annalas da la Societad Retorumantscha 2010, S. 147–165 2

Barbla Etter: «Rumantsch Grischun als Sündenbock? Eine Analyse der rätoromanischen Standardsprache mit Blick auf ihre aktuelle Situation und die Entwicklung der letzten Jahre» in: Ladinia 2010, S. 51–65 3

22

grischun (RG, siehe Box: «Einheitssprache») der Auf-

Emotionen – Frustrationen

wand für romanischsprachige Drucksachen begrenzt

RG wird als Mittel gegen alle Probleme der zersplitter-

werden. Das Kantonsparlament machte im Rahmen

ten Kleinsprache gepriesen. Diese ideologische Über-

eines Sparpakets 2003 Druck auf die Gemeinden, die

höhung diskreditiert die Skeptiker und verhindert

Einheitssprache auch in der Grundschule einzufüh-

auch, dass die betroffene Bevölkerung in die Diskussi-

ren. Seit 2005 werden romanische Lehrmittel nur

onen mit einbezogen wird. Bei Nichtromanen hat die

noch in RG publiziert. Ohne vorgängigen Pilotver-

RG-Euphorie zu einer Fehleinschätzung der Ausge-

such sollte RG dadurch zur Alphabetisierungs- und

staltung und der tatsächlichen Möglichkeiten der

Unterrichtssprache werden. So könne der Kanton

jungen Standardsprache geführt.

jährlich 100’000 Franken sparen, wurde argumen-

In ihrer Dissertation zeigt Renata Coray, dass die «de-

tiert. Die Folgekosten für die Umschulung der Lehr-

mokratische Legitimation» der verantwortlichen Ins-

kräfte und für den Druck neuer Unterrichtsmateri-

tanzen auf tendenziös unkorrekten Interpretationen

alien sind allerdings um ein Mehrfaches höher.

von Forschungsresultaten und auf einer Minimierung

Ein Projekt ohne Respekt

Konflikt belastet inzwischen breite Kreise, er frustriert

Das Dekret aus Chur provozierte teils heftige Reaktio-

Medienschaffende, er demotiviert Berufseinsteiger in

der Opposition beruht. 2 Der emotional aufgeladene

nen: Anfang 2011 schlossen sich Eltern, Lehrer und

den Lehrerberuf wie gestandene Lehrkräfte.

Regionalpolitiker in Zernez und in Trun im Verein

Trotzdem hat RG als überregionale Amts- und Über-

«Pro Idioms» zusammen. Sein Ziel: «Mantegner e pro-

setzungssprache sowie als linguistisches Instrument

mouver ils idioms in scoula cun mezs d’instrucziun

für den modernen Sprachausbau eine wichtige Funk-

idiomatics.»1 In den Grundschulen sollen weiterhin

tion. Rund 90 Prozent der Texte in RG stammen denn

die regionalen Idiome verwendet werden. «Pro Idi-

auch aus den mit Übersetzungs- und Korrekturpro-

oms» zählt bereits über 3500 Mitglieder.

grammen ausgestatteten Büros der Bündner Standes-

Seit der Planung der Standardsprache versprach die

kanzlei und der Lia Rumantscha.

Lia Rumantscha (LR) wiederholt, die Grundschule als

Doch die allermeisten Rätoromanen lesen und schrei-

besonders sensibler Bereich würde von der Einfüh-

ben weiterhin in ihren Idiomen. Diese haben sich

rung des RG nicht tangiert. Umso mehr brüskierte der

über mehr als 400 Jahre entwickelt und die Literatur

forcierte Implementierungsversuch, denn seit 1999

spiegelt die bewegte Geschichte der kleinen Alpenre-

lag ein abgestütztes Konzept für die Vermittlung von

publik. Lehrmittel für die Grundschulen existieren

RG in der Oberstufe vor. Ein von 180 Intellektuellen

seit dem frühen 19. Jahrhundert. In den Augen der

und Kulturschaffenden unterzeichneter Brief an die

sprachkämpferischen Kreise um Peider Lansel (1863–

Regierung bezeichnete 2004 den Lehrmittelbeschluss

1943) und der innovativen Schriftstellergeneration

als «radikales Experiment», dem die Akzeptanz in der

um Andri Peer (1921–1985) macht diese Schrifttradi-

Bevölkerung fehle. «Rumantsch grischun en scola –

tion das Rätoromanische zur selbständigen Sprache

piz 41 : Sommer | Stà 2011



und bildet die Grundlage ihres Fortbestehens. Die kul-

auch ihre Möglichkeiten der weiteren Sprachentwick-

turgeschichtlich durch viele Elemente beeinflusste ro-

lung im Deutschen, im Englischen und Italienischen.

manische Bevölkerung ist hauptsächlich mit der loka-

Die Verantwortlichen in Erziehungsdepartement und

len Mundart, der Familien- und Umgangssprache

Politik gehen damit ein Risiko mit möglicherweise

unter Freunden und im Dorf, emotional verbunden.

gravierenden Folgen ein: Für eine Generation romani-

Attraktivität und Charme der Kleinsprache liegen ge-

scher Kinder und für die Förderung des Rätoromani-

rade in ihren volkstümlichen Besonderheiten, die

schen ist dies wirklich ein «radikales Experiment».

auch in die Literatur einfliessen. Dies äussert sich beispielsweise im scherzhaften Imitieren charakteristi-

Bibliothek im Keller archiviert

scher Lokalwendungen anderer Dörfer.

Auch für das Fach Rätoromanisch in Gymnasium und

Doch als Öffnung zur weiten Welt dienen der Bevölke-

Universität könnte die allgemeine Einschulung in RG

rung die grossen Kultursprachen der Nachbarn. Wel-

weitreichende Folgen haben, denn die bisherige

che Bereiche eröffnen sich ihr durch RG? «Eventuell

Schrifttradition würde dadurch zur vernachlässigba-

gelingt es der gemeinsamen Schriftsprache, diese

ren Dialektliteratur degradiert. Damit dürfte die reiz-

bündnerromanische Identität doch noch zu stiften

volle Auseinandersetzung mit den verschiedenen

und zu stärken und die Perspektive der einzelnen Tal-

sprachlichen und literarischen Phänomenen bedeu-

bevölkerungen auf die unmittelbaren Nachbarn zu

tungslos werden und mit ihr das Interesse für das Fach

lenken.»3 Die RG-Förderer glauben, nur die Über-

selbst. Die vormals repräsentative Bibliothek im Haus

gangssituation bereite den heutigen, traditionell ein-

der LR wurde 2010 im Kellergeschoss archiviert. Ein

geschulten Generationen Mühe.

Symbol dafür, dass die Kulturgeschichte für viele Pro-

Sprachkompetenz in Gefahr In Graubünden gehört die Mehrsprachigkeit seit his-

motoren von RG ausgedient hat? Die bisher vorliegenden literarischen Werke in RG lassen sich jedenfalls an einer Hand abzählen. Mit welchen Lektüren sollen

torischen Zeiten zum Alltag und wurde zu einem her-

sich also die «Pioniere» in den nächsten Jahren ausei-

vorragenden Bildungsgut. Die Grundschulen be-

nandersetzen? Dass Anspruch und Realität nicht

mühen sich, möglichst rasch eine entwicklungsfähige

übereinstimmen, zeigt sich auch daran, dass selbst

Romanischkompetenz zu vermitteln. Bereits dem

sprachgewandte Akademiker in RG hölzerne Artikel

EINHEITSSPRACHE

Kindergarten kommt dabei – auch für die Integration

von stilistischer Einfallslosigkeit publizieren, die, bes-

Die rätoromanischen Schriftidiome entstanden als volksnahe Kirchensprache während der Reformationszeit. Ansätze für eine überregionale Schriftsprache entwickelten sich dann im 18. und 19. Jahrhundert. Doch erst in der moder­nen Kommunikation schien, wie in anderen europäischen Kleinsprachen, der Bedarf nach einer Einheitssprache dringlich, insbesondere für die plakativen Bereiche der Kantonsund Bundesverwaltung. 1982 legte der Zürcher Romanistikprofessor Heinrich Schmid das linguistische Gerüst für «Rumantsch grischun» (RG) vor. Der Bund verwendet RG seit 1986, der Kanton Graubünden seit 1996 als Amtssprache, seit 2001 auch für die Abstimmungsunterlagen. In den Medien, in Fachhochschulen und Universitäten ist RG heute als Schriftsprache präsent. 2006 begann die Einführung von RG als Alpha­ betisierungssprache in einzelnen Grundschulen.

Anderssprachiger – grosse Bedeutung zu. In der Ober-

ser als alle Argumente, auf die praktischen Schwierig-

stufe ist dann Schriftdeutsch Unterrichtssprache – die

keiten verweisen. Profilierte Schriftsteller wie Leo

Grundlage für alle weiterführenden Ausbildungen.

Tuor finden RG unattraktiv und mit den entwickelten

24

In den RG-«Pioniergemeinden», wo Lehrer und Schü-

Kultursprachen keinesfalls vergleichbar.

ler ebenfalls Mundart sprechen, müssen nun die

Am Geld fehlt es nicht. Der dreisprachige Kanton

Schulanfänger wie im Fremdsprachenunterricht neue

Graubünden wird bei der Bewältigung seiner – fraglos

Vokabeln, fremde Konjugationen und Satzstrukturen

komplexen – Bildungsaufgaben durch den Bund mass-

üben, die im RG teilweise bedeutend von der Lokal-

geblich unterstützt. Die neue Sprachenverordnung er-

sprache abweichen. Es überrascht daher nicht, dass

möglicht gar eine Erhöhung dieser Finanzhilfe. Die

auch Dritt- und Viertklässler im Lesen unsicher sind

Gelder sollten deshalb nicht fehlen, um auch weiter-

und noch keine individuellen Texte schreiben.

hin Lehrmittel in den Idiomen zu produzieren und

Der Erwerb der Erstsprache wird durch RG bedeutend

die Lehrpersonen weiterzubilden. «Pro Idioms» for-

erschwert und verzögert, und auch die Eltern können

dert den Kanton auf, zu einer konsensfähigen, fun-

ihren Kleinen in dieser «Muttersprache» wenig helfen.

dierten und zukunftsweisenden Bildungspolitik zu-

Spätestens ab der dritten Klasse werden die Kinder

rückzufinden. In der «Pioniergemeinde» Val Müstair

dann mit der ersten Fremdsprache konfrontiert, ab

unterzeichnete rund ein Drittel der Talbevölkerung

der fünften Klasse bald auch mit der zweiten. Aus der

eine Initiative, die für die Alphabetisierung die Rück-

Lernpsychologie ist bekannt, dass die Kompetenz in

kehr zum Idiom fordert. Als Gegenreaktion wirbt seit

der Erstsprache eine bedeutende Rolle auch beim Er-

Mitte April die Impulsgruppe «pro rumantsch» für RG

werb aller weiteren Sprachen spielt. Es ist also wahr-

im Internet. – Das Grundrecht der Sprachenfreiheit

scheinlich, dass RG bei Schülerinnen und Schülern

verpflichtet den Grossen Rat und die Bündner Regie-

nicht nur Romanisch-Lernen behindert, sondern

rung zu grundlegenden Entscheidungen.

piz 41 : Sommer | Stà 2011



Ein Engadin mit Schönheitsfehlern Der St. Galler Fotograf Stephan Bösch hat sich mit dem Arbeitstitel «So nicht!» aufgemacht, um im Unterengadin nach «Tolggen im Reinheft», nach Schönheitsfehlern mitten in der Naturschönheit zu suchen.

S

o richtig schlimme Bauten wie im Unterland

auf brutalen Strassenbau, auf Allerweltsfassaden und

habe er im Unterengadin nicht gefunden, relati-

die Spuren der globalisierten Konzerne. – Für Stephan

viert Stephan Bösch seinen Eindruck. Die mäch-

Bösch ist Fotografie ein Mittel, um Geschehnisse,

tigen Berge dominieren, die beeindruckende Land-

Dinge und Menschen genauer zu betrachten und ver-

schaft überstrahlt vieles. Und doch: Wer genauer

stehen zu lernen. Oberflächliche Schönheit interes-

hinschaut, stösst auf harte Kontraste – Stephan Bösch

siert ihn dabei nicht: «Eine Fotografie zeigt meistens

zeigt hier eine Auswahl. Da steht ein martialischer

nur einen Bruchteil einer Sekunde. Etwas sehr Flüchti-

Truck vor der Bergkulisse, da grasen die Kälblein im

ges, könnte man meinen. Und doch braucht jedes Bild

Gitter vor dem Nationalparkzentrum, da trifft man

Vorarbeit, Geduld und Hingabe. www.sichtweise.ch







HKS – Pfarrer und Freigeist Hans Konrad Sonderegger, kurz «HKS», war bürgerlicher Querschläger, Volkstribun und unermüdlicher Propagandist der Freiwirtschaftslehre. Bevor er zum Politstar aufstieg, war er Pfarrer in Lavin und in Guarda. Dort entdeckte er seine Liebe zum Engadin.

Text: Ralph Hug Fotos: Archive

A

m 9. August 1916, mitten im Ersten Weltkrieg,

Predigtbüchern hervorgeht, die heute im Archiv für

war die Sache geritzt. Die beiden Kirchgemein-

Zeitgeschichte an der ETH zusammen mit zahlreichen

den Lavin und Guarda stellten Hans Konrad

Nachlassdokumenten verwahrt sind.

Sonderegger als neuen Pfarrer an. Im Vertrag ver-

Sonderegger war kein Pfarrer, der sich aufs heilige Tes-

pflichtete sich Sonderegger «nach bestem Wissen und

tament beschränkte, sondern ein politischer Kopf.

Gewissen, jeden Sonn- und Feiertag in den beiden Ge-

Immer wieder flocht er zeitgeschichtliche Betrach-

meinden einen Gottesdienst abzuhalten, den Schul-

tungen in die Predigten ein. Dabei entpuppte er sich

kindern regelmässig Religionsunterricht zu erteilen

als Patriot, dem der bedrohte Zusammenhalt des Lan-

sowie alle anderen Pfarraufgaben wie Konfirmation,

des am Herzen lag. Obwohl liberal-bürgerlich gesinnt,

Trauungen und Begräbnisse zu erfüllen». Dafür ent-

brachte er den streikenden Arbeitern während des

richteten ihm die beiden Kirchgemeinden ein Gehalt

dreitägigen Landesstreiks vom November 1918 viel

von 2500 Franken pro Jahr, das in zwei Raten jeweils

Verständnis entgegen: «Die Tausenden von Arbeitern,

am 1. Dezember und 1. Juli ausgerichtet wurde. Aus­

welche die Arbeit niedergelegt haben, sind nicht un-

serdem erhielt er eine «anständige» Wohnung mit

sere Feinde und sollen nicht unsere Feinde sein, und

Garten und Brennholz nach Bedarf.

wenn sie von unserem Volk entfremdet sind, so müs-

Hans Konrad Sonderegger (1891–1944) oder kurz

sen wir alles daran setzen, sie wieder zu unseren Freun-

«HKS», wie ihn alle nannten, stammte aus dem Ap-

den, unseren Mitbürgern zu machen», so mahnte er

penzell-Ausserrhoder Dorf Heiden und war der Sohn

von der Kanzel herab.

eines Lehrers, der es bis zum Regierungsrat brachte. Sonderegger kam frisch von der Uni, wo er Theologie

32

Aktivist auf vielen Feldern

studiert hatte. Die Zeit als Pfarrer im Unterengadin

Er ging sogar so weit, in der Arbeiterbewegung etwas

von 1916 bis 1920 war für ihn, nachträglich gesehen,

«Herrliches» zu sehen, nämlich den «Drang, sich von

ein Berufspraktikum. Denn als er die Pfarrstelle ver-

der Herrschaft des Mammons zu befreien». Damit

liess, hängte er noch ein Rechtsstudium an, das er mit

hatte er bereits sein Lebensthema angesprochen: die

dem Dr. iur. abschloss. Auch wenn er nur vier Jahre

Freiwirtschaftslehre, die vom deutschen Wirtschafts-

Seelsorger in Lavin und Guarda war, prägte ihn diese

theoretiker Silvio Gesell (1862–1930) begründet

Zeit doch nachhaltig.

wurde. Diese Theorie sah die Abschaffung von Zins und Bodenrente vor. Gefordert wurde eine Rückkehr

Trinken, rauchen, ladinisch reden

zu einer «natürlichen Wirtschaftsordnung» ohne

Sonderegger soll seinen Schäfchen beim Stellenan-

Ausbeutung des Menschen. Gesells Theorie fand ge-

tritt versprochen haben, er werde ganz einer der Ihren

rade in der Wirtschaftskrise der 1920er-Jahre viele An-

werden. Dazu brauche er nur drei Vierteljahre: im ers-

hänger, versprach sie doch einen nichtrevolutionären

ten werde er lernen, Veltliner zu trinken, im zweiten

Ausweg aus der tiefen kapitalistischen Misere. Und

Brissago zu rauchen und im dritten «ladinisch» zu re-

Hans Konrad Sonderegger sollte in der Schweiz ihr

den. Er hielt ziemlich genau Wort. Die Gläubigen hör-

grösster Propagandist werden.

ten ihn erstmals im August 1917 vollständig auf «La-

Pfarrer Sonderegger redete nicht nur gern, sondern

dinisch» predigen. Danach wechselte er akkurat

schrieb auch viel. Bald wurde er Mitarbeiter des «Fögl

zwischen Deutsch und Romanisch ab, wie aus den

d'Engiadina», später auch Mitbegründer der «Gazetta

piz 41 : Sommer | Stà 2011


1

2

3

4

1 Hans Konrad Sonderegger (HKS) im Nationalrat (vorne). 2 und 4 HKS als prominenter Redner an den «FFF»-Landsgemeinden. 3 Mit der Lufthansa flog er 1931, vermutlich in die Sowjetunion. 5 Sondereggers Grab in Lavin. (Foto: Christoph Manasse) 6 In der Satirezeitschrift «Nebelspalter» karikierte «Bö» (Carl Böckli) das politische Bündnis zwischen den Freigeldlern und den Unabhängigen des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler. «Bö» widmete Sonderegger zu dessen 50. Geburtstag im Jahr 1941 auch eine persönliche Zeichnung (neben dem Titel). Abbildungen aus dem Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) an der ETH Zürich.

5

6


Ladina». Kaum ein aktuelles Thema, an dem er sich

Zulauf hatten. Die drei F standen für die Kernpunkte

nicht versucht hätte, sein Aktivismus kannte keine

der Lehre: Festwährung, Freigeld und Freiland. Eine

Grenzen. Als 1921 eine grassierende Maul- und Klau-

dieser Landsgemeinden auf einer Wiese in Walzen-

enseuche zu Notschlachtungen zwang, schrieb er in

hausen wurde sogar verfilmt. Als guter Rhetoriker und

der «Neuen Zürcher Zeitung» einen flammenden Auf-

Volkstribun, der keine Angst vor dem Kontakt mit

ruf, der Bauernstand des Unterengadins sei in Gefahr.

dem einfachen Volk hatte, gewann Sonderegger bald

Beim Dorfbrand von Sent im Jahr 1921 schlug er sich

grosse Popularität. Seine politische Karriere begann:

als Spendensammler in die Bresche, indem er das

1933 wurde er in den Kantonsrat gewählt, und 1934 er-

Bergdorf als Bastion der romanischen Kultur lobte.

folgte seine Wahl in den Ständerat, dem er zwei Jahre

1922 forderte er die Gleichstellung der romanischen

angehörte. Sie galt als Höhepunkt der Freiwirtschafts-

Sprache mit der deutschen und italienischen im Bünd-

bewegung in der Schweiz. Mit einer eigenen Zeitung,

ner Lehrplan. Das Unterengadin schloss er bald ins

dem «Demokrat», verfügte Sonderegger über ein Or-

Herz. Er wurde passionierter Jäger und fand in Maria

gan, in dem er seine Meinung kundtun konnte.

Clavuot aus Zernez seine Gattin. In der Freizeit sass «HKS» am Pult und widmete sich

Reise nach Moskau

der Schriftstellerei. Er verfasste Gedichte, politische

Es spricht für Sondereggers impulsiven Geist, dass er

Stanzen und auch eine Romanstudie über den be-

sich stets selber eine Meinung bilden wollte. Als einer

kannten Lehrer und Redaktor Gion Andri Saluz. In der

der ersten bürgerlichen Politiker reiste er 1931 in die

Erzählung «Der Jäger» taucht auch Saluz’ Vater Pad-

Sowjetunion, um sich den realen Sozialismus an Ort

ruot auf. Mit dieser Prosa scheint der junge Theologe

und Stelle anzuschauen. Er rückte dabei aber nicht

eher wenig erfolgreich gewesen zu sein, aber sie zeigt

von seiner bereits gefassten Meinung ab, diese Gesell-

seinen unbändigen Willen zur kreativen Selbstdar-

schaftsordnung sei gescheitert und kein Modell für

stellung. Diese sollte auch künftig ein Markenzeichen

die Zukunft. Dies hatte er schon im Jahr 1924 in ei-

seiner Persönlichkeit bleiben. Nach seinen Jahren als

nem in Lavin verfassten Manuskript notiert. Maliziös

Pfarrer kehrte er in die Heimat, ins Appenzellerland,

vermerkte er in seinem Bericht über die Reise nach

zurück, nachdem er den Doktortitel der Jurisprudenz

Moskau, dass das Arbeiterparadies auch noch recht

erworben hatte, und etablierte sich in Teufen und Hei-

teuer sei. Zu seiner Zeit war Sonderegger in der Polit-

den als Rechtsanwalt.

34

szene ebenso bekannt wie Gottlieb Duttweiler, und als streitbarer Freigeist hätte er genauso gut den be-

Verfechter der Freiwirtschaft

rühmten Stein ins Bundeshaus werfen können wie der

Kurz nach der Weltwirtschaftskrise 1929 muss es ge-

Migros-Gründer.

wesen sein, als Sonderegger mit der Freiwirtschafts-

Weitere vier Jahre amtete Sonderegger als Nationalrat

lehre in Kontakt kam und in dieser den «dritten Weg»

für den Kanton Baselland, wo die Freiwirtschaftler ihr

zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu erkennen

Zentrum hatten. Dann kam sein unrühmliches politi-

glaubte. Fortan wurde er zu einem glühenden Anhän-

sches Ende: Während des Zweiten Weltkriegs wurden

ger dieser Theorie, die im frei flottierenden Geld und

Briefe publik, in denen er aus patriotischer Sorge um

dem Auf und Ab der Wirtschaftskonjunktur den

die Schweiz für die Einsetzung eines neuen Bundes-

Grund allen Übels sah. Stattdessen sollte das Wäh-

rats und eine Verständigung mit den Achsenmächten

rungssystem verstetigt und ohne Staatseingriffe eine

eintrat. Als seine «profaschistische», anpasserische

krisenfreie ökonomische Entwicklung gewährleistet

Haltung im Freiwirtschaftsbund aufgrund von Diffe-

werden. Den Zins sahen die «Freigeldler», wie Gesells

renzen publik wurde, war es um seine Karriere gesche-

Anhänger genannt wurden, als eine Hauptursache der

hen. Die Polemik, die 1944 um seine Person entstand,

Krise an. Daher wollten sie durch eine Verstaatlichung

setzte ihm gesundheitlich stark zu. Die sozialdemo-

des Bodens verhindern, dass aus dem Grundbesitz

kratische St. Galler «Volksstimme» meinte, er habe

Renten möglich waren.

sich persönlich berufen gefühlt, die Schweiz zu retten.

Sonderegger trat 1931 dem Freiwirtschaftsbund bei

Als sichtlich gebrochener Mensch zog er sich nach

und begann, diese Theorie in Vorträgen und Ver-

Scuol zurück, wo er im September 1944 erst 53-jährig

sammlungen zu popularisieren. Im Appenzell kam er

verstarb. Noch heute wird gerätselt, ob Suizid im Spiel

auf die Idee, unter freiem Himmel so genannte «FFF-

war. An der stillen Beerdigung in Lavin, wo sich sein

Landsgemeinden» zu veranstalten, die beträchtlichen

Grab befindet, nahmen zahlreiche Personen teil.

piz 41 : Sommer | Stà 2011



Zukunftskonzepte: Mehr als viel Papier? «Zukunftskonferenzen» haben Hochkonjunktur. Behörden und Bevölkerung sitzen in Workshops zusammen und erarbeiten umfangreiche Konzepte. Entstehen dabei mehr als Papierberge für die Schubladen?

Text: René Hornung Illustrationen: Eva Lobenwein

36

I

n Lavin, in Guarda und in der fusionierten Ge-

stammen», sagt Reto Martinelli. Er ist auch Leiter der

meinde Bregaglia – überall rauchen dieses Jahr die

Gemeindeentwicklung Luthern (LU), ein Pilotprojekt

Köpfe an den Zukunftskonferenzen. Meistens geht

der vom Bund geförderten neuen Regionalpolitik.

es um die Frage: Was tun, um den Dörfern, ja ganzen

Nach Lavin holte ihn sein Bruder, Gemeindepräsident

Tälern die Zukunft zu sichern? Mit einer wichtigen

Linard Martinelli. Dieser musste feststellen, dass die

Ausnahme: Im Puschlav sorgen sich Behörden und Be-

Ideen früher Anläufe auch am Engagement der Basis

völkerung um den bevorstehenden Boom. Wo die

scheiterten und schubladisiert wurden. Diesmal soll

rund 700 Leute unterbringen, die schon bald für den

etwas draus werden. In Lavin machten rund dreissig

Energiekonzern Repower den 1,5 Milliarden teuren

Personen mit. Die Gruppen wurden nach dem Zufalls-

Ausbau der Kraftwerke starten werden (siehe Box)? So

prinzip zusammengestellt, «damit nicht jene Leute

unterschiedlich die konkreten Sorgen sind, so unter-

wieder zusammensitzen, die sich sonst auch immer

schiedlich werden die Zukunftsfragen bearbeitet.

treffen», erklärt Reto Martinelli. Die spontane Zusam-

Lavin: Ideen und Umsetzbares getrennt

Wichtig sei, dass jemand eine Idee einbringe, die ihn

mensetzung der Gruppen mache neue Kräfte frei.

Im Puschlav haben die Behörden Meinungsmacher

selber interessiere, und Ziel jeder Zukunftskonferenz

aus der Region eingeladen, der Regionalverband hat

ist auch das «Wir»-Gefühl: «Packen wir's an.»

die Sitzungen begleitet. Auch in Guarda wurden Men-

In der ersten Phase der Ideenbörse wurde viel Kreativi-

schen aus ganz verschiedenen Kreisen zur Zukunfts-

tät freigesetzt. Vorschläge wie ein spirituelles Zent-

konferenz eingeladen, während in Lavin ein Prozess

rum, ein Badesee am Inn, ein Zeltplatz und ein Fuss-

läuft, der mit Absicht nicht «top-down» organisiert ist,

ballplatz wurden eingebracht. – Doch welche

wie die Sozialwissenschafter sagen, sondern «buttom-

Vorschläge haben Chancen, umgesetzt zu werden? Si-

up»: In einer offenen Konferenz konnte jede und jeder

cher die «maisa da discussion», der Diskussionstisch,

seine Zukunftsideen einbringen. «Projekte haben

der als Plattform und Ideenbörse institutionalisiert

deutlich mehr Chancen, erfolgreich umgesetzt zu wer-

wird. Auch die Verkehrsberuhigung soll angepackt

den, wenn die Vorschläge aus der breiten Bevölkerung

und ein Raum für die Jugend soll geplant werden. Eine

piz 41 : Sommer | Stà 2011


verstärkte Information für Zugezogene samt Roma-

heimische Produkte angegliedert werden soll. «Das

nischkursen wird geplant, das Zeughaus soll neu ge-

Ganze war ein Erfolg», zieht Gredig Bilanz. Ob er an-

nutzt werden und die Festungen könnten zur touristi-

hält oder ob die teils generationenalten Konflikte wie-

schen Attraktion werden. Auch neue Formen der

der aufbrechen, lässt sich erst später beurteilen. Fünf

Energieproduktion will man weiter verfolgen: Die

Projektgruppen füllen inzwischen die Internetseite

Nutzung des Abwassers aus dem Vereinatunnel und

http://avegnir.guarda.ch mit Inhalten.

der Bau von Solarkollektoren auf den Lawinenverbauungen stehen zur Debatte.

Vnà und Tschlin: Aufbruch und Enttäuschung

Guarda: Blockaden aufbrechen

In Vnà hatte die Idee «das ganze Dorf ein Hotel» viele

Auch Guarda plant intensiv an seiner Zukunft: An-

Kräfte freigesetzt. Es war eines der erfolgversprechen-

Nicht überall halten solche Aufbruchstimmungen an.

fänglich sassen Hotelier Benno Meisser und Gemein-

den «buttom-up»-Projekte mit vielen gemeinsamen

depräsidentin Maria Morell mit den Beratungsfach-

Diskussionen und Konferenzen. Der Start mit dem Re-

leuten der Zürcher Hochschule für angewandte

staurant und Hotel «Piz Tschütta» war fulminant und

Wissenschaften (ZHAW) zusammen. Die ZHAW mit

wurde auf allen Kanälen gefeiert. Inzwischen war in

Sitz in Wädenswil betreibt seit 2007 in Wergenstein

den Medien von Spannungen zu lesen. Die Dorfbe-

(GR) eine Aussenstelle für natur- und kulturnahen

wohner haben in ihren Ferienwohnungen mehr

Tourismus und nachhaltige Entwicklung. Nach Medi-

Gäste, doch damit fehlen dem dezentralen Hotel Ka-

enberichten über die Spannungen in Guarda und an-

pazitäten. Die Hotelbetreiber sind ihrerseits mit Gäs-

gesichts der Opposition gegen einen Erweiterungsbau

ten konfrontiert, die explizit im zeitgenössisch sanier-

für das Hotel Meisser (die Churer Architekten Be-

ten Haus «Piz Tschütta» buchen. Offenbar stehen

arth & Deplazes hatten einen Turm vorgeschlagen)

einige Dorfbewohner der Entwicklung skeptisch ge-

war der Diskussionsbedarf offenkundig. Die Ge-

genüber. Alle wollen eine Entwicklung, aber in den

meinde, die Organisation Pro Guarda und die Berg-

Details sind die Vorstellungen unterschiedlich.

hilfe finanzierten bisher zwei Zukunftstagungen.

Auch die Nachbarn in Tschlin haben schon viel und

«Gute Stimmung, entspannte Atmosphäre», so schil-

schon lange vor der Bevölkerung von Vnà über ihre

dert Hansjürg Gredig von der ZHAW-Aussenstelle in

Zukunft debattiert. Dort hatte der frühere Gemeinde-

Wergenstein das Klima: Landwirte und Tourismus-

schreiber Angelo Andina die Zukunftskonferenzen

leute sassen mit den Zweitwohnungsbesitzern am

angestossen und mit der Marke «Bun Tschlin» und der

Tisch. Der früher oft vermisste gegenseitige «Respekt»

Brauerei kam einiges zustande. Auslöser war auch in

in den Diskussionen wurde wiedergefunden, die Blo-

Tschlin ein Konflikt um einen Hotelneubau: Peter

ckaden wurden aufgebrochen, die Kommunikations-

Zumthor hatte die Pläne gezeichnet, der Dorfbevölke-

probleme sind verschwunden. Geredet wurde auch

rung war das Projekt zu fremd. Die Ablehnung brachte

hier über die Verkehrsbelastung des Dorfes, über zu-

die Eigeninitiative hervor und in Tschlin hilft man

sätzliche Energieproduktion und über die «Chasa

sich gerne selber: Als zuletzt das Hotel «Macun» im

Guarda», ein Kultur- und Veranstaltungsort für Ein-

Dorf vor der Schliessung stand, war es wieder die Ge-

heimische und Touristen, der auch ein Laden für

meinde, die mit einer Defizitgarantie den Betrieb am

piz 41 : Sommer | Stà 2011

37


Leben erhalten konnte. Ohne Nebengeräusche geht es

der nun aber nur noch einberufen wird, wenn es kon-

aber auch hier nicht: Viele der ursprünglichen Initi-

krete Probleme zu lösen gibt. Die Themen Landwirt-

anten von «Bun Tschlin» sind nicht mehr dabei. An-

schaft und Tourismus, die regionale Vermarktung

gelo Andina wurde als Gemeindeschreiber so stark

und Qualitätssicherung bleiben aber auf der Traktan-

kritisiert, dass er den Job quittierte. Wer heute mit ihm

denliste. Aktuell geht es um ein Weidekonzept.

durchs Dorf geht, erfährt an manch einer Ecke Kriti-

Scuol hat Zukunftskonferenzen nicht institutionali-

sches: Die Brauerei und die Käserei sind zwar bekannte

siert, aber wenn irgendwo ein aktuelles Problem auf-

Selbsthilfeprojekte, aber auf eigenen finanziellen Füs-

taucht, sitzt Gemeindepräsident Jon Domenic Paro-

sen stehen sie nicht. Die Gemeinde kann zum Glück

lini jeweils rasch mit möglichst allen Beteiligten an

helfen dank der Einnahmen, die das Zollfrei-Ein-

den Tisch. Mit breiteren Kreisen will man über das

kaufszentrum «Acla da Fans» regelmässig seiner Stand-

Leitbild für die nächste Legislatur debattieren, die

ortgemeinde abliefert.

Grössere Orte – andere Probleme Die grösseren Orte haben andere Probleme, wenn es

38

dann auch zu einer Ortsplanrevision führen soll. Auch Scuol muss den Zweitwohnungsanteil in den Griff bekommen, doch basisdemokratische Debatten könnten in diesen heiklen Fragen in einem Patt enden.

um die Zukunftsplanung geht: In Scuol oder Zernez

Scuols boomende Nachbargemeinden Sent und Ftan

bestimmen weitgehend die Bauwilligen das Entwick-

gehen ihrerseits sehr unterschiedlich mit dieser Her-

lungstempo. Um trotzdem lenkend einzugreifen,

ausforderung im Zweitwohnungsbau um: In Sent

hatte Scuol mit einer Arbeitsgruppe die Ortsplanrevi-

lehnte die Gemeindeversammlung einen Erstwoh-

sion diskutiert. Daraus sind Bestimmungen in die

nungsanteil von 30 Prozent ab – in der Diskussion

Bauordnung eingeflossen, mit denen man heute nicht

zum Thema zeigte sich vor allem ein Graben zwischen

mehr nur glücklich sei, wie Gemeindeschreiberin Ma-

den Generationen. Ftan hat sich derweil ein neues

rianna Sempert anmerkt. Die letzte grosse Zukunfts-

Leitbild gegeben und fragt sich mit professioneller ex-

konferenz fand in Scuol 2004 zur Entwicklung der

terner Hilfe eines Zuzügers, wie die Zukunftsentwick-

Landwirtschaft statt. Daraus entstand ein Bauernrat,

lung aussehen soll.

Puschlav – das Boom-Tal

rend der Bauzeit in Poschiavo genügend lauschige

Im Puschlav liegen die potenziellen Zukunftskon-

und ruhige Ecken geben, für die die Region auch im

flikte im bevorstehenden – mindestens sechs Jahre

benachbarten Italien wirbt, als «Valle del treno rosso».

dauernden – Ausbau der Kraftwerke. Nach dem Aus-

Ein grösseres Problem wird die Unterbringung der

bau wird der Fluss Poschiavino renaturiert und wieder

rund 700 Beschäftigten der Kraftwerksbaustellen.

mehr Wasser führen. Das braucht Platz. Gewinnerin

«Eine Herausforderung an die Infrastruktur», so Lu-

ist die Natur, doch die Landwirte müssen Flächen auf-

minati. Das Tal brauche Wohnungen, Schulen, Res-

geben und manch ein Damm zwischen S. Carlo und

taurants und auch von neuen Hotels ist die Rede – mit

dem Lago die Poschiavo wird abgebrochen. Selbstver-

eher städtischem Charakter. Dazu kommt der Ge-

ständlich werden die Landwirte entschädigt, der

schäftstourismus des Energiekonzerns, der heute 200

Fonds dafür ist bereits geäufnet. Doch sie wollen auch

Leute beschäftigt. Man müsse dem Unternehmen

im Puschlav nicht «landschaftsgärtnern», sondern

eine gute Infrastruktur bieten, so Luminati, denn der

produzieren. (vgl. «Streit um Eingriffe im Schutzge-

Stromhandel sei schliesslich ein ortsunabhängiges

biet» in dieser piz-Ausgabe)

Business und ein Hauptsitz rasch verlegt.

Sorgenfalten zeigen sich auch auf der Touristiker-

Im Ortskern von Poschiavo sollen Häuser renoviert

Stirn: Wie bewältigen wir die lange Bauzeit, während

und Ställe ausgebaut werden. Das Interreg-Projekt «Ca-

im Tal die Maschinen dröhnen, die 80 Kilometer Stol-

pacities» unterstützt solche Strukturerneuerungen. Es

len graben, Staumauern erhöhen und neue Turbinen-

bleibe aber kaum Zeit, das regionale Entwicklungskon-

häuser bauen? Wie reagieren die Feriengäste, wenn

zept noch lange am runden Tisch zu hinterfragen. Re-

ständig Lastwagen durch die Dörfer brausen? Regio-

power will schon 2012 mit den Arbeiten beginnen. Es

nalpräsident und Tourismusdirektor Cassiano Lumi-

eilt, auch wenn inzwischen bekannt wurde, dass sich

nati ist aber zuversichtlich. Grosse Baustellen seien

die Ingenieursgemeinschaften noch vor dem Richter

immer auch eine Attraktion. Und es wird auch wäh-

über den Zuschlag für die Kraftwerksplanung streiten.

piz 41 : Sommer | Stà 2011



piz : Publireportage Giovanni Segantini, «Frühling in den Alpen», 1897, Öl auf Leinwand, 116 x 227 cm, French & Company, New York

Ein Bild Giovanni Segantinis als «Guest of Honour» im Engadin Bis zum 20. Oktober 2011 beherbergt das Segantini Museum in St. Moritz als Leihgabe aus den USA das grosse Gemälde «Frühling in den Alpen» von Giovanni Segantini (1858–1899). Dank der glanzvollen Leihgabe aus New York ist zum ersten Mal der direkte Vergleich zwischen der Entwurfszeichnung im Besitz des Segantini Museums und dem spektakulären Gemälde möglich. Das Bild ist 1897 bei Soglio im Bergell entstanden, wo Segantini seit seiner Niederlassung in Maloja jeweils die Wintermonate verbrachte. Der Künstler hatte es mit einer Auftragsarbeit zu tun: Der in München ansässige amerikanische Maler Toby E. Rosenthal bestellte bei seinem Künstlerkollegen Segantini ein Grossformat für die

Giovanni Segantini, 1898

Stern Gallery in San Francisco. Bevor das Bild nach Kalifornien verschifft wurde, stellte es Segantini zuerst an einer Ausstellung der Sezession im Glaspalast in München aus. «Frühling in den Alpen» zeigt im Vordergrund ein Hochplateau ausserhalb des Dorfes Soglio mit der Aussicht auf die imposante, schneebedeckte Kette der Berge im Hintergrund. Die Landschaft mit dem strahlend blauen Himmel und den Wolkenbändern zeich-

Via Somplaz 30, CH-7500 St. Moritz

net sich durch eine reiche Farbgebung und eine von einem klaren Licht erfüllte Atmosphäre

Tel. +41 (81) 833 44 54, Fax +41 (81) 832 24 54

aus. Hauptmotiv ist die Bäuerin, welche die beiden angeschirrten Pferde auf einem Weg

info@segantini-museum.ch

vom Acker wegführt. Ein säender Bauer, ein wartender Hund und ein Holztrog, in den das

www.segantini-museum.ch

Quellwasser sprudelt, sind belebende Staffageelemente. Rechts aussen erkennt man den Kirchturm und die Häuser von Soglio.

Ausstellung

Fast gleichzeitig und vom gleichen Standort aus hat Giovanni Segantini auch die linke

«Frühling in den Alpen»

Tafel des berühmten Alpentriptychons – «La Vita (Werden)» – gemalt, allerdings mit dem

28. Mai bis 20. Oktober 2011

Blick in eine andere Richtung, mit dem Bondascagletscher und der Scioragruppe.

Dienstag bis Sonntag, 10–12, 14–18 Uhr

Guest of Honour. Giovanni Segantini



Kühne Träume, grosse Erlebnisse Skilehrer, Bergführer, Hüttenwart. Hans Philipp blickt auf ein interessantes Leben zurück. Als junger Mann war er in Kanada unterwegs – dann führte er dreissig Jahre die Bovalhütte. Und immer hat er darüber geschrieben. Auch, wenn etwas einfach mal gesagt werden musste.

Text: Christine Loriol Foto: Daniel Martinek

H

ans Philipp steht am Bahnhof Pontresina an ei-

real. Der Pilot war ein Bündner. Das muss wohl ein gu-

nem sonnigen Morgen, sieht freundlich aus

tes Omen gewesen sein. Der junge Schweizer fuhr wei-

und unverkennbar einheimisch. Man sieht

ter nach Calgary und kam bis Banff. Wie in einem

ihm die 75 Jahre auf den ersten Blick nicht an, denn in

Schweizer Kurort sei ihm das vorgekommen! Und

den Augen wohnt der Schalk. Beim Kaffee deutet er

dann – noch einen Zug weiter – war er am Ziel: in Lake

zwar an, dass er «nicht mehr so zwäg sei», zum Skifah-

Louise. Rocky Mountains. «Ein Traum!»

ren sei er letzte Saison nicht gekommen, und auch auf

42

die Jagd habe er verzichtet. Aber jammern will er nicht.

Familie in Kanada gegründet

Viel lieber spricht er übers Schreiben.

Wer kühn genug träumt, kann was erleben! Lake Louise

Die Rhätische Bahn hat ihn als jungen Mann ins En-

war ein Alpinisten-Paradies und Ausgangspunkt für

gadin gebracht; der Junge aus Untervaz machte eine

Bergabenteur. Und Schweizer Bergführer und Skileh-

Ausbildung bei der RhB. Die Liebe zu den Bergen kam –

rer gab es dort auch. Gut! Hans Philipp fand Arbeit als

und blieb. Auch wenn die Berge und Täler durchaus

Rettungspatrouilleur und Skilehrer und später als

sehr verschieden waren, die er im Laufe seines Lebens

Bergführer, er fand Bären und vor allem Berge, die be-

bestieg: In den Sechzigerjahren war Hans Philipp als

zwungen werden wollten. Und er fand seine Frau Pat,

Bergführer in Kanada. «Schon als junger Bursche habe

die ebenso jung und lebensmutig aus England nach

ich immer davon geträumt, einmal fremde Länder zu

Kanada gezogen war. Die beiden heirateten und kehr-

sehen. Wie viele Bücher habe ich verschlungen!»,

ten als kleine Familie – inzwischen war Martin gebo-

steht in einem Büchlein, das er für seine Enkelin La-

ren – 1966 in die Schweiz zurück.

dina geschrieben hat. Sie soll die Geschichten aus dem

Hier wurde Hans Philipp Bergführer und SAC-Hütten-

Leben ihrer Grosseltern kennen. Auch deshalb

wart in der Fornohütte im Bergell. Ein neues Aben-

schreibt Hans Philipp – doch dazu später.

teuer begann. Seine Frau, Pat, lernte Deutsch, der

Zuerst nach Kanada: Als er zum ersten Mal in seinem

zweite Sohn, Peter, kam zur Welt. Und 1972 wechselte

Leben in ein Flugzeug stieg, ging der Flug nach Mont-

er in die Bovalhütte im Berninagebiet. Dieser Hütte

piz 41 : Sommer | Stà 2011


blieb er dreissig Jahre lang treu. Und dem Schreiben

das Seil gelöst, und der Vater sollte oder wollte offen-

auch. Denn das Schreiben war und ist auch eine grosse

bar alleine zurückkehren. Doch er kam in der Boval-

Liebe: Zusammen mit seinem Bergführerkameraden

Hütte nie an. «Den Sohn des Vermissten schien die

Paul Nigg verfasste er Anfang der Sechzigerjahre den

ganze Angelegenheit überhaupt nicht zu kümmern»,

ersten deutschsprachigen Bergeller Kletterführer für

beobachtete der Hüttenwart. Die Suche dauerte Tage

den Verlag Rother in München. Später recherchierte

und die Familie erkundigte sich zwar immer wieder

und notierte er die Geschichte der Bovalhütte, mit

nach dem Vermissten, aber: «Ihr grösstes Problem war,

Tourenbeschreibungen und allem Drum und Dran.

dass keine Versicherungsleistungen ausbezahlt wur-

Und zusammen mit René Matossi ging es mit einem

den, solange man den Mann nicht fand.» Hans Phi-

grossen Werk über die «Bündner Bergführer» weiter –

lipp nimmt kein Blatt vor den Mund: «Es war ein trau-

bis zu seinen Geschichten «Aus dem Leben eines Hüt-

riger Anblick, als der Hubschrauber die steifgefrorene

tenwartes». Auch über die Jagd forschte und schrieb

Leiche des armen Mannes am Rettungsseil an ein si-

Hans Philipp leidenschaftlich und lustvoll.

cheres Plätzchen flog, um ihn in den roten Sack zu pa-

Den Dingen auf den Grund gehen

cken und ins Spital zu fliegen.» Einige Bücher von Hans Philipp sind vergriffen. Und

Wenn er etwas wissen will, bleibt er hartnäckig dran,

einige sind noch gar nicht geschrieben! Die zweite En-

stellt seine Fragen und wälzt Akten. Und wenn er et-

kelin, Naima, hat noch ein kleines Werk ihres Gross-

was weiss, schreibt er ganz klar. Manchmal sind es «So

vaters zu gut. Und zutrauen müsste man ihm auch ei-

nicht!»-Geschichten. Zum Beispiel jene von dem al-

nen Krimi, so gerne wie er Akten studiert und Fragen

ten Vater, der einfach zurückgelassen wurde, als der

stellt. Jedenfalls liegt auf dem Tisch jetzt auch ein Ma-

Sohn mit seinen Freunden weiter Richtung Piz Morte-

nuskript mit dem Arbeitstitel «Tod im Gletscher». Aber

ratsch aufstieg. Vater und Sohn haben sich getrennt,

mehr will Hans Philipp dazu noch nicht verraten. Werbung

piz 41 : Sommer | Stà 2011

43




Biosfera: Noch herrscht Schweigen Im Jahr 2000 sagte Zernez in einer Konsultativabstimmung «So nicht!» zur Nationalparkerweiterung – damit war das Projekt vom Tisch. Jetzt bekommt das Unterengadin eine andere Chance und könnte sich das Unesco-Label einer Biosphäre sichern.

Text: Kaspar Surber Foto: Susanna Fanzun

E

s ist eine besondere Landkarte, jene der «Schwei-

Forschung dient, in diesem Fall dem Nationalpark.

zer Pärke»: Sie zeigt, dass die Landschaft in Bewe-

Rund um diese Kernzone gibt es eine «Pflegezone».

gung ist. 18 Regionen möchten zu einem «Park

Daran schliesst die «Entwicklungszone» an, in wel-

von nationaler Bedeutung» werden. Ein solcher Na-

cher gewohnt und gearbeitet wird. Die Kernzone einer

turpark ist im Minimum 100 Quadratkilometer gross,

Biosphäre ist der wichtigste Unterschied zu den ande-

wobei sich das Gebiet durch hohe Natur- und Land-

ren Naturparks. Bei der Pflege- und Entwicklungszone

schaftswerte auszeichnen muss. Bauten und Anlagen

gelten dieselben Auflagen: Auch hier müssen hohe Na-

sollen sich hier besonders gut in das Landschafts- und

tur- und Landschaftswerte vorhanden sein und Bau-

Ortsbild einfügen. Die Zielsetzung eines Parks besteht

ten und Anlagen müssen sich ins Orts- und Land-

in der Erhaltung oder der Wiederherstellung des na-

schaftsbild einfügen.

türlichen und kulturellen Erbes sowie in der Unter-

Das Biosphären-Label wird von der Unesco verliehen,

stützung einer nachhaltigen Entwicklung von Wirt-

der Weltorganisation zur Förderung von Erziehung,

schaft und Gesellschaft.

Wissenschaft und Kultur mit Hauptsitz in Paris. Der

Die Kandidaturen verteilen sich über das ganze Land:

Schweizer Nationalpark führt das Label bereits seit

Vom «Jurapark Aargau» im Norden bis zum «Land-

1974, es war jedoch in Frage gestellt, weil eine Pflege-

schaftspark Binntal» im Süden, vom «Parc naturel re-

und Entwicklungszone fehlte. Das Val Müstair wie-

gional Jura vaudois» im Westen bis zum «Naturpark

derum wollte zum regionalen Naturpark werden. «Ein

Beverin» im Osten. Zwei bereits realisierte Parkpro-

Zusammengehen lag auf der Hand, auch weil das

jekte stechen besonders hervor und haben einen spe-

Unesco-Biosphärenreservat ein starkes, internationa-

ziellen Namen: Die «Biosphären» im Entlebuch und

les Label ist», sagt Hämmerle.

jene im Val Müstair.

46

Pflegezone noch nicht vollständig

Biosphärenreservat mit drei Zonen

2010 war es so weit: Die Unesco bewilligte das Projekt

«Das Biosphärenreservat Val Müstair – Parc Naziunal

fürs Münstertal. Allerdings nur befristet bis 2013,

hat sich über mehrere Jahre entwickelt», erinnert sich

denn eine Bedingung ist noch nicht erfüllt: Die Pfle-

Andrea Hämmerle. Der SP-Politiker war bis 2008 Prä-

gezone muss die Kernzone vollständig umschliessen.

sident des Nationalparks und ist heute noch Mitglied

Im Süden, im Val Müstair, ist der Anschluss gewähr-

im Biosphärenreservat. «Am Anfang stand die Überle-

leistet. Im Norden hingegen müssen die acht Gemein-

gung, dass der Nationalpark und das Val Müstair zu-

den S-chanf, Zernez, Susch, Lavin, Guarda, Ardez,

sammenspannen. Der Nationalpark ist ein Juwel, er

Tarasp und Scuol, die im Unterengadin an den Natio-

ist einer der ältesten seiner Art und der bestgeschützte

nalpark angrenzen, ihrerseits noch Gebiete als Pflege-

in Europa. Aber er ist relativ klein», so Hämmerle. Da

zone ausscheiden.

lag es nahe, Partnerinnen und Partner im Val Müstair

Andrea Hämmerle war bei den Verhandlungen mit der

zu suchen, im Tal, das mit dem Benediktinnerinnen-

Unesco in Paris dabei. «Dass man diese Pflegezone so

kloster St. Johann seinerseits einen einzigartigen Na-

strikt eingefordert hat, hat mich überrascht», stellt er

tur- und Kulturraum darstellt.

im Rückblick fest. Er habe das so nicht erwartet und

Ein Biosphärenreservat besteht aus drei Zonen: Aus ei-

deshalb sei das Unterengadin nicht ins Projekt invol-

ner «Kernzone», die dem Schutz der Natur sowie der

viert gewesen. «Wir haben den Unesco-Vertretern er-

piz 41 : Sommer | Stà 2011



klärt, dass wir in der Schweiz direktdemokratisch ent-

Themen wie Verkehr, Energie oder Bildung diskutiert.

scheiden und dafür Zeit brauchen. Sie wiederum

«Abends ging man in die Beizen und diskutierte die

zeigten sich flexibel, indem sie das Label schon ein-

Ideen mit der Bevölkerung. Schliesslich entstand ein

mal provisorisch verliehen haben.»

Leitbild, das von allen damals noch sechs Gemeinden

Biosfera ist keine Nationalparkerweiterung

dem Label würden bald die Grünen überhand neh-

«So nicht!» Das war das Ergebnis der letzten politi-

men, so Binkert. Sie selbst, die bei bei der SVP politi-

schen Diskussion um die Erweiterung des National-

siert, steht nicht im Verdacht, zu den Linken und Grü-

parks. In einer Konsultativabstimmung sagten Ende

nen zu gehören. Und doch lobt sie die Biosfera, denn

2000 die Stimmberechtigten von Zernez Nein, damit

hier gehe es um die Aushandlung der Interessen.

war die angestrebte Vergrösserung vom Tisch. In den

Was das konkret heissen kann, zeigt der Konflikt um

Unterengadiner Gemeinden war damals eine Umge-

die Alp Sprella. Für 1,8 Millionen Franken soll dort die

bungszone von 300 Quadratkilometern um den be-

bestehende Alphütte zu einer modernen SAC-Unter-

stehenden Nationalpark geplant. In diesem Schutz-

kunft ausgebaut werden. Die Umweltverbände Pro

gürtel wäre eine wirtschaftliche Nutzung nur mit ge-

Natura, WWF und die Stiftung Landschaftsschutz

wissen Einschränkungen möglich gewesen. Die Geg-

lehnen die Pläne ab. Von einem Hüttenbetrieb im

ner befürchteten vor allem, dass die Jagd und die

Winter ist die Gemeinde mittlerweile selber wieder ab-

Fischerei zu stark eingeschränkt würden. Als «Wolf

gerückt, um die Wildtiere zu schützen. Die Auseinan-

im Schafspelz» wurde diese Erweiterung bezeichnet,

dersetzung geht trotzdem in die nächste Runde, denn

gar der Verlust der Gemeindeautonomie wurde als

die Umweltverbände fordern hier einen Ort der Ruhe.

Teufel an die Wand gemalt.

Die Biosfera Val Müstair will vermitteln: «Wir sind so

Diesmal aber geht es um eine Pflegezone für das Bio-

etwas wie das Gewissen in der Frage, wohin sich das

sphären-Label. Die Unterengadiner Gemeindebehör-

Tal entwickeln soll», kommentiert Gabriella Binkert

den üben sich derzeit in Zurückhaltung. Man will ver-

die Aufgabe der Organisation.

meiden, dass die emotionale Diskussion von vor zehn Jahren wieder hochkocht. Das alte Projekt habe nichts

Biosfera bringt auch Geld

mit dem neuen zu tun, wird überall betont. Eine Ver-

Ein wirklich drängendes Problem im Val Müstair ist

mischung müsse vermieden werden. Überhaupt stehe

die Abwanderung. Auch hier kann die Biosfera etwas

die Diskussion erst am Anfang.

Gegensteuer geben. Dank Bundeshilfe konnte unter

Koordiniert wird der neue Anlauf vom Regionalver-

anderem die Handweberei erhalten werden. Bern

band Pro Engiadina Bassa (PEB). «Eine entscheidende

zahlt der Biosfera Müstair jedes Jahr eine halbe Mil-

Frage könnte werden, welche Gegenleistungen die Ge-

lion Franken, die Gemeinde legt 100’000 Franken

meinden für diese Pflegezonen erhalten», meint PEB-

dazu. Damit liessen sich zwar keine grossen Sprünge

Geschäftsführer Reto Rauch.

machen, aber einzelnen Projekten könne eine An-

Andrea Hämmerle betont den Unterschied zur damals

schubfinanzierung gewährt werden: So ist der touris-

diskutierten Nationalparkerweiterung und verweist

tische Themenpfad «A la riva dal Rom – an den Ufern

darauf, dass die meisten Gebiete, die der Pflegezone

des Roms» entstanden. Er führt von der Quelle des

zugeschlagen würden, bereits heute vom Bund oder

Flusses in Tschierv bis hinunter zur italienischen

vom Kanton geschützte Landschaften sind. «Im

Grenze. Ein anderes Projekt ist die «Surpraisa Jaura»,

Grunde werden die Gebiete nur neu angeschrieben»,

eine Arvenholzkiste mit Köstlichkeiten aus dem Tal.

so Hämmerle. Für die Jäger und Pilzsammler ändere

Letztes Jahr wurde daraus ein Grossauftrag: Die Grau-

sich nichts und auch die Jagdbanngebiete blieben un-

bündner Kantonalbank hatte nicht weniger als 4500

verändert. Was eine Pflegezone im Alltag ist, kann im

Kistchen samt Inhalt als Geschenk für ihre Kundin-

Val Müstair bereits besichtigt werden – «dort ist die Be-

nen und Kunden bestellt.

völkerung damit zufrieden», weiss Hämmerle.

Werden sich die Unterengadiner die Biosfera Val Müs-

«Wie das Gewissen»

48

angenommen wurde.» Dies trotz der Bedenken, mit

tair zum Vorbild nehmen und auf ihrer Seite der Berge ebenfalls Pflegezonen schaffen? Andrea Hämmerle

Gabriella Binkert war an der Entstehung der Biosfera

sagt: «Ich bin kein Prognostiker.» Doch auch die Ort-

Val Müstair beteiligt. Sie ist heute auch deren Ge-

schaften im Unterengadin könnten vom starken La-

schäftsführerin. Als Vorarbeit wurde in Gruppen über

bel profitieren: «Es ist eine Win-win-Situation.»

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1

2

Kornkammer Vinschgau Früher wuchs bis in grosse Höhen auf den Terrassen auch Korn: Dinkel, Gerste, Roggen und Weizen wurden im Unterengadin, aber vor allem auch in der Kornkammer von Tirol, im Vinschgau, angebaut. Das Projekt «Kornkammer» will an diese Traditionen anknüpfen.

Text: Katharina Hohenstein Fotos: Katharina Hohenstein, Sonja Sagmeister, Ägidius Wellenzohn

H

eute fährt man im Vinschgau kilometerweit

Initiant der «Kornkammer» ist Konrad Meßner. Den

durch Apfelplantagen. Früher war das ganz an-

Regionalentwickler kennt man vor allem als Vater des

ders: Seit der Bronzezeit wurde hier Getreide

grenzüberschreitenden Musik- und Kulturfestivals

angebaut und ab dem 17. Jahrhundert war die Region

XONG, das im Sommer 2010 nach elf erfolgreichen

die Kornkammer Tirols. Ab dem späten 18. Jahrhun-

Jahren allerdings zum letzten Mal im Dreiländereck

dert ging der Ackerbau dann drastisch zurück – Kar-

stattfand. Meßner widmet sich inzwischen intensiv

toffeln hielten Einzug. Und mit dem Bau der Brenner-

seinem neuen Projekt, denn Getreide ist ihm eine

bahn (1867) und der Arlbergbahn (1884) setzte der

«Herzensangelegenheit». Was er damit meine? «Ich

Import von Billiggetreide aus Ungarn, Russland und

kann es nicht rational erklären, ich hatte als Kind

den USA ein. Die Bauern wechselten im 19. und vor al-

gerne zu Hause gearbeitet und schon immer einen Be-

lem im 20. Jahrhundert vermehrt zur Viehzucht und

zug zum Getreide», erklärt er.

zur Milchwirtschaft – und seit den 1950er Jahren bis

50

heute dominiert der intensive Obstanbau die Region.

Die Region braucht den Mix der Geschichten

Nur noch auf wenigen kleinen Ackerflächen wird

Konrad Meßner ist im Eisacktal auf einem Bergbau-

heute Gerste und Dinkel, Weizen und Roggen ange-

ernhof mit sechs Geschwistern aufgewachsen. Er stu-

baut. Gut zwei Dutzend Mitglieder der Organisation

dierte zuerst Forstwirtschaft, dann Sozialwissen-

«Kornkammer» sorgen aber seit drei Jahren dafür, dass

schaft, Pädagogik – doch nichts bis zum Ende. Er sei

das Getreide wieder seinen Platz bekommt. Zusam-

halt «nicht systemtauglich». Er absolvierte später in St.

men bewirtschaften sie bisher rund 50 Hektar. Mit da-

Gallen eine Marketing- und Managementausbildung,

bei bei der «Kornkammer» sind aber nicht nur Land-

ging in die Erwachsenenbildung und spezialisierte

wirte. Am ersten Vinschgauer Getreidefest Moleshof

sich in Familientherapie. Er war schon Heimerzieher,

in Prad sassen im September 2010 Bäcker und Kondi-

arbeitete mit jungen Landwirten und Bergbauern.

toren, zukünftige Whiskybrenner, politisch Enga-

Nach diesen vielfältigen Erfahrungen zieht Meßner

gierte und Eltern zusammen.

Bilanz: «In der Auseinandersetzung mit der Region ist

piz 41 : Sommer | Stà 2011

3


4

mir klar geworden, dass es nicht nur um Landwirt-

5

werden soll. «Es wird immer wichtiger, sich gesund zu

1–3: Im Oberen Vinschgau wächst wieder Getreide. Konrad

schaft, nicht nur um Dienstleistung, nicht nur um Re-

ernähren, es gibt immer mehr Allergiker, immer mehr

ligion und nicht nur um Tradition gehen kann. Son-

Menschen wollen wissen, woher ihr Essen kommt»,

Meßner koordiniert das Projekt

dern dass wir in der ländlichen Region einen

stellt Karl Primisser fest und fordert deshalb: «Die

«Kornkammer».

untrennbaren Mix der verschiedenen Geschichten

Qualität, die ich produziere, soll auf dem Teller an-

antreffen.» Als Pädagoge gehe es ihm um die Entwick-

kommen.» Da kann er konsequent-radikal sein: Wer

lung der Persönlichkeit und nicht darum, «Bauern mit

ihm den Preis nicht zahlen will, dem wird schon ein-

Interesse am Vinschgauer

einem Thema zwangszubeglücken».

mal das Kilo Bio-Dinkel wieder aus der Packung geholt

Getreidefest in Prad.

Selbst entwickelte Maschine

Dem «Kornkammer»-Initianten Konrad Meßner ist

4 Gute Stimmung und viel

und kurzerhand an die Hennen verfüttert. 5 Karl Primisser vom Moleshof

Karl Primisser vom Moleshof in Prad wäre nicht in der

klar, dass der Wiederanbau von Getreide nur dann ein

mit seinen Schweinen, die den

«Kornkammer» dabei, wenn es um «Zwangsbeglü-

Erfolg wird, wenn die Qualität stimmt. Drei For-

Acker vorbereiten.

ckung» ginge. Der gelernte Maschinenbauer und Elek-

schungsinstitute in Graz, München und Moskau über-

trotechniker sieht die Zukunft des Projekts noch vor-

prüfen die Ernten. «Kornkammer» arbeitet auch mit

sichtig: Noch arbeiteten nicht alle Mitglieder nach

dem Südtiroler Land- und Forstwirtschaftlichen Ver-

Bio-Richtlinien, und die «Kornkammer» könne auch

suchszentrum Laimburg zusammen. Hier werden seit

nur funktionieren, wenn die Konsumentinnen Druck

Anfang der Neunzigerjahre die noch vorhandenen

ausüben und vom Bäcker fordern, dass er einheimi-

Getreidesorten der Region gesammelt, hier wird man

sches Bio-Korn verwende. Als Karl Primisser in den

auch die von den «Kornkammer»-Mitgliedern ange-

späten Achtzigerjahren den väterlichen Hof über-

bauten Winterroggen-Sorten über drei Ernten hinweg

nahm, hatte er bald auf Bio-Anbau umgestellt. Er

prüfen. Dabei geht es nicht allein ums Korn, sondern

mähte die Kornfelder mit einem Mähdrescher, den er

auch um die Eigenschaften des Strohs und dessen viel-

mit zwei anderen Bauern in Deutschland kaufte. «Der

fältige Verwertbarkeit.

war nicht zugelassen, und entsprechend schlichen wir uns von Feld zu Feld», erinnert er sich. Doch weil ihm

Zu wenig Flächen

Dinkel «einfach sympathisch» war, musste er Mög-

Bis sich das Projekt selbst finanzieren kann, brauche es

lichkeiten suchen, das Getreide zu bearbeiten. Er tüf-

Gelder der öffentlichen Hand, betont Konrad Meßner.

telte, schraubte und schweisste sich schliesslich einen

Doch bereits stehen den Getreidebauern über den

eigenen Entspelzer zusammen, den es braucht, weil

«Maschinenring» moderne technische Geräte zur Ver-

beim Dinkel das Korn fest mit dem Spelzen verwach-

fügung, ohne dass jeder Landwirt sich diese selbst an-

sen ist. Er bastelte Lüftungskanäle, Schwing- und

schaffen muss. Im Projekt gibt es auch schon eine Zu-

Schüttelsiebe aus Schrottteilen – abgeschaut von Fir-

sammenarbeit zwischen Produktion und Verwertung:

men, deren Produkte er sich nicht leisten konnte. Als

Gastgewerbe und Handel werden mit einbezogen, da-

einer der Ersten im Vinschgau erhielt er 1990 die Bio-

mit die Nachfrage für Biogetreide steigt.

zertifizierung. Die Vermarktung auf den regionalen

Der Landwirt Alexander Agethle vom Englhorn in

Märkten funktioniert, der Ab-Hof-Verkauf auch.

Schleis baut inzwischen auch Dinkel und Weizen an.

Gerade bearbeiten auf seinem Hof einige Schweine

Das Brot backt die Familie selbst, das Stroh wird als

den Acker, der bald wieder ein weiteres Roggenfeld

Einstreu im Kuhstall benutzt. Die Nachfrage sei gross

piz 41 : Sommer | Stà 2011

51


6

6–8 Ägidius Wellenzohn in seinen Getreidefeldern.

genug, er könnte expandieren, schildert er, aber es

7

Wissen der älteren Generation wird künftig auch für

gebe praktisch keine Flächen mehr, auf denen er

die Kornkammer von Interesse sein. Das noch junge

Ackerbau betreiben könne. Wer mit begrenzten Flä-

Projekt will den Getreideanbau im Vinschgau wieder

chen arbeiten muss, stösst immer wieder an Grenzen.

aufleben lassen. Er soll für die Bauern wieder zur loh-

Das war schon früher so: Wo ein Fruchtwechsel not-

nenswerten Einkommensquelle werden. Dazu sind

wendig gewesen wäre, wurde weitergesät. Deshalb

zahlreiche Kooperationen eingefädelt: mit der Genos-

hatte sich schon im 18. Jahrhundert der Begriff «Ewi-

senschaft Gran Alpin in Graubünden, mit den Bä-

ger Roggen» entwickelt.

ckern, mit Ausbildungsstätten und der Organisation

Für Alexander Agethle kommt das Projekt «Kornkam-

«Slow Food». Ausschlaggebend aber wird sein, ob die

mer» zur richtigen Zeit. Ohne die Gemeinschaft der

Konsumentinnen und Konsumenten Brot aus heimi-

Bauern, die sich bei Aussaat, Mähen und «Getreide-

schem Getreide kaufen werden. Bleibt die Hoffnung,

putzen» zusammenschliessen, gehe die Rechnung

dass sie sich Heinrich Pestalozzis Feststellung zu Her-

nämlich nicht auf. Und er sieht auch ideelle Vorteile

zen nehmen: «Was hat der Mensch von all seinem

der Kooperation. «Was kann die Region leisten und

Wissen, wenn er nicht weiss, woher das Brot kommt?»

was kriege ich zurück, wenn ich in die Region investiere?», fragt er und gibt die Antwort gleich selber: «Wenn ich vor Ort mein Getreide kaufe, heisst das,

Schon 1987 wurde im Kanton Graubünden die Genos-

Hose kaufe, heisst das, dass ein Geschäft bleibt.» Und

senschaft Gran Alpin gegründet, die den ökologi-

er spricht deutliche Worte: «Unternehmerisch ist es

schen Ackerbau in den Bergtälern fördert. Seit über

keine Leistung, zur Bank zu gehen, Geld zu leihen und

zehn Jahren sind die Getreidesorten biozertifiziert

Äpfel anzubauen. Das ist hier vorgegeben und heute

und tragen die Knospe von Bio-Suisse. Inzwischen

der einfachste Weg, um ans Geld zu kommen.» Doch

produzieren rund 50 Betriebe zwischen 100 und 150

so werde die Landschaft immer eintöniger. Der Ge-

Tonnen Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel. In Süd-

treideanbau dagegen sei anspruchsvoll.

Die Alten wissen noch, wie es geht

52

Gran Alpin

dass Getreide angebaut wird, wenn ich vor Ort meine

bünden wird Gran Alpin im Unterengadin, im Val Müstair und im Puschlav angebaut. Die Genossenschaft sorgt für die Weiterverarbeitung und für die

Biobauer Ägidius Wellenzohn aus Glurns ist zwar ei-

Vermarktung der Produkte.

ner der zahlreichen Obstbauern im Vinschgau, aber

Gran Alpin forscht auch, welche Getreidesorten sich

keiner, der nur dem Trend nachläuft. Ende der Achtzi-

für das Berggebiet und speziell für den Terrassenacker-

gerjahre stellte er seine Äpfel- und Aprikosenpflan-

bau eignen. Dank dieser Untersuchungen wird seit

zungen auf Bio um und verzichtet seither auf Herbi-

2003 Braugerste angebaut, die unter anderem für das

zide und Kunstdünger. Anfänglich trug ihm dies den

Bier aus Tschlin verwendet wird. In verschiedenen

Spott der Kollegen ein, erst recht als er auch noch be-

Müllereibetrieben wird Gran Alpin gemahlen, auch in

gann, auf 2000 Quadratmetern Roggen anzubauen –

der ältesten Mühle im Bergell, bei Scartazzini in Pro-

allerdings sehr zur Freude seines Vaters und dessen

montogno. Il furmaint da Müstair (der Münstertaler

Generation. «Das Wissen der älteren Generationen ist

Weizen) wird ebenfalls in einer Lokalmühle gemah-

mir immer eine Hilfe», so Wellenzohn, und dieses

len und im Tal zu Brot verarbeitet. www.granalpin.ch

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Bauer gegen Zwangsimpfungen Der Scuoler Bauer Tumasch Planta ist mit seinem Widerstand gegen die Blauzungen-Zwangsimpfung über den Kanton hinaus bekannt geworden. Dieses Jahr müssen die Tiere nicht geimpft werden – sein Engagement geht trotzdem weiter.

Text: Esther Banz Foto: RTR

V

on seinem Hof Chauennas kann Tumasch

Planta weit ins Tal schauen. Scuol liegt etwas

das ab, Informationen gab es so gut wie keine. Auf un-

tiefer gegen Westen, Sent etwas höher im Osten.

seren Einwand hin hiess es: Ein Tier krank, alle Tiere

Die direkteste Fussverbindung zwischen den beiden

krank.» Ganze Herden seien damals mit ein und der-

Dörfern führt am Demeter-Bauernhof vorbei, den der

selben Kanüle gestochen worden, auf seinem Hof

60-Jährige zusammen mit seiner Familie bewirtschaf-

Hunderte innerhalb von nur zwei Stunden. «Das war

tet. Neugierige Wanderer werden beim Vorbeigehen

ein grosses Verbrechen, die Pharmalobby sicherte sich

am Holzschaukasten stehen bleiben. «Blauzungen-

damit Arbeit auf alle Ewigkeit.» Man sei blauäugig

Zwangs-Impfung-Contra-Verfassung» steht da in

reingeschlittert, habe sich von der angeblichen Dring-

grossen Buchstaben und darunter hängen diverse Zei-

lichkeit und dem Zeitdruck überrumpeln lassen, so

tungsartikel und selber verfasste Schreiben, die sich

Planta. «Hätten wir damals gewusst, dass es für die

an seine Kunden und an Interessierte richten.

Zwangsimpfung gar keine genügende rechtliche

Der vom Bund verordnete und vom Kanton vollzo-

Grundlage gab, hätten wir das nicht zugelassen.»

gene Impfzwang hat Tumasch Planta und seine Frau Seraina über drei Jahre in Atem und auf Trab gehalten. Jetzt sind sie angeklagt wegen Hinderung einer Amts-

54

liess seine Schafe damals impfen, «fast panikartig lief

… und ihre Folgen Im folgenden Sommer hätten dann einige Kühe und

handlung, daneben laufen die Rekurse gegen zwei Be-

unzählige Schafe ihre noch nicht geborenen Jungen

triebssperren, die 2009, auf dem Höhepunkt der Aus-

verworfen, Fehlgeburten. «Und verschiedene Bauern

einandersetzung, gegen Plantas verhängt worden

hatten erwiesenermassen schlechte Milch. Die Veteri-

waren – alle Verfahren sind noch hängig. Auch über

näre sagten stets, das alles habe nichts mit der Blau-

die Klage des Bauern gegen den Kantonstierarzt, der

zungenimpfung zu tun. Aber das konnte kein Zufall

2009 in einer Nacht- und Nebelaktion seine Schafe auf

sein, es gab zu viele Fälle. Wir hatten uns in der Zwi-

der Alp zwangsgeimpft und an einen unbekannten

schenzeit schlau gemacht und fanden beispielsweise

Ort transportiert hat, ist noch nicht entschieden.

heraus, dass die in den Impfstoffen enthaltenen Wirk-

Zwangsimpfungen …

nicht sofort einen Schaden verursachen, sondern erst

Nichts deutet auf dem Hof darauf hin, dass der Bauer

nach mehreren Tagen, und das kann dann über Jahre

jüngst mehr als die Hälfte seiner Zeit in den Wider-

dauern», ist Planta überzeugt. Die Pharmaindustrie

stand gesteckt hat. Das heimische Grauvieh steht le-

habe sich gut abgesichert: «Man kann nur bei einem

stoffe Aluminiumhydroxid und Quecksilberhydroxid

thargisch kauend vor dem Stall, die Hunde beschnup-

Schaden in den ersten Tagen unmittelbar nach der

pern aufgeregt die Gäste, die jüngste Tochter sitzt

Impfung an sie gelangen – passiert später etwas, heisst

spielend auf der Terrasse und drinnen macht sich

es, das habe nichts mit der Impfung zu tun. Dass dem

Sohn Buolf in der grossen, hellen Küche zu schaffen.

doch so ist, lässt sich freilich nicht beweisen.»

Tumasch Planta holt einen Tonkrug, füllt ihn mit

Tumasch Planta merkte erst im Herbst, dass auch mit

Wasser und fängt an zu erzählen. Die ganze Ge-

seinen Schafen etwas nicht stimmte. «Wir hatten viel

schichte. Wie sie, die Bauern, 2008 überrumpelt wur-

weniger Lämmer, höchstens halb so viele wie sonst.»

den von der Meldung der Blauzungenkrankheit und

Man habe etwas gestutzt, das aber hingenommen.

der gleichzeitig einsetzenden Impfaktion. Auch er

Erst im kommenden Januar, als es zwei Aborte gab,

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habe er den Veterinär informiert und den Verdacht ge-

Die Verluste waren im darauffolgenden Jahr nicht so

äussert, dass ein Zusammenhang mit der Impfung be-

hoch wie 2009 nach der ersten Impfaktion. Dennoch

sehen dokumentiert:

stehen könnte. Er stiess auf taube Ohren. Nach einer

ist Planta noch immer überzeugt, dass die Todesfälle

Tumasch Planta und seine

Vom Romanischen Fern-

weiteren Totgeburt rief er wieder an. «Da hat der Vete-

auf die Blauzungenimpfung zurückzuführen sind. Es

Mitkämpfer gegen die

rinär geschimpft wie verrückt und anschliessend den

gab noch einen anderen Grund, weshalb er nicht ein

Blauzungen-Zwangsimfungen.

Vertrag gekündigt. Mit Querköpfen wie mir könne er

weiteres Mal impfen wollte: «Als Bauer, der Fleisch

nicht zusammenarbeiten.» Es kamen weitere Aborte

produziert und direkt vermarktet, bringt mich die

dazu und mehrere Lämmer, die lebend zur Welt ge-

Impfung auch in einen Gewissenskonflikt», sagt er.

kommen waren, starben nach kurzer Zeit. Etwa vierzig Tiere hätten sie in diesem Winter verloren. Planta

Knospe- und Demeter-Label verpflichten

zeigt die Rapporte mit den Todesfällen und dazu Bil-

Sein Hof ist Knospe- und Demeter-zertifiziert, ausser-

der der jungen, leblosen Lämmer, eines neben dem

dem ist er Mitglied der Organisation KAG Freiland.

andern ausgestreckt auf dem Boden liegend. In einem

Seine Kunden erwarten also, dass seine Tiere artge-

Antwortschreiben des Bundes stand: «Ein direkter Zu-

recht gehalten werden – und sie erwarten auch, dass

sammenhang zwischen Impfung und Abort kann

das Fleisch, das sie bei ihm beziehen, von höchster

aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben nicht

Qualität und frei von jeglichen Schadstoffen ist. Wie

beurteilt werden. Wir werden die uns gemeldeten

aber will er das garantieren, wenn er davon ausgeht,

Fälle registrieren und versuchen, aus der Gesamtheit

dass der Impfstoff schädlich ist, für die Tiere und auch

der Fälle Schlüsse zu ziehen.»

für die Menschen, die das Fleisch essen?

Kein zweites Mal!

Tumasch Planta war nicht der einzige Bauer, der sich gegen die Zwangsimpfung gewehrt hatte, es gab

Inzwischen wurde es wieder Frühling, es sollte bald

schweizweit Widerständige. «Aber der Druck ist im-

ein zweites Mal geimpft werden, und dies, obwohl es

mens», sagt er. Zusammen ist man stärker, deshalb hat

keine Beweise gab, dass die Impfungen nicht für die

er mit anderen 2010 den Verein Blaudistel gegründet.

vielen kranken und toten Tiere verantwortlich waren.

Man will «für den Schutz vor Eingriffen in die wesens-

Für Tumasch Planta war klar: ein zweites Mal dieselbe

und naturgemässe Landwirtschaft» kämpfen. Imp-

Katastrophe – sicher nicht! Das war der Anfang des

fungen sind nur eines der Themen, an denen sich

Streits mit dem Kantonstierarzt, der darin gipfelte,

Planta und andere kritische Bauern reiben. Es geht ih-

dass dieser die ungeimpften Schafe von der Alp holen

nen auch um neue Gesetze, die auf Grossbetriebe zu-

liess. Die erste Aktion scheiterte am Widerstand der

geschnitten sind, aber auch für die kleinen gelten und

Impfkritiker, die sich mit Transparenten vor die Herde

ihnen zum Beispiel das Schlachten und die Käsepro-

stellten. Das zweite Mal kam der Kantonstierarzt in

duktion auf dem Hof und auf der Alp zusehends er-

der Nacht wieder, begleitet von Polizei und Feuerwehr.

schweren. Für die Hofschlachtung beispielsweise gel-

Die Schafe wurden abtransportiert und in Quaran-

ten mittlerweile Vorgaben, die viele nicht mehr

täne gehalten. Als er sie schliesslich abholen konnte,

einhalten können, auch Planta hat damit aufgehört.

seien sie abgemagert gewesen «und der Widder hatte

Kritisches Mitdenken und Dagegenhalten wird er sich

die Klauenfäulekrankheit», sagt Planta. In der Zwi-

aber nicht nehmen lassen.

schenzeit hatte er den Kantonstierarzt angeklagt.

www.blauzungenimpfung.ch

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Tödliches Rencontre am Schlinigpass Wer durchs spektakuläre Val d´Uina wandert, trifft unterwegs auf den Gedenkstein für den Grenzwächter Fritz Mösle, der 1941 von Wilderern am Schlinigpass erschossen wurde. Die Täter wurden von damals faschistischen Richtern in Bozen verurteilt.

Text: Ursula Bauer und Jürg Frischknecht Fotos: Archive

A

m 21. Oktober 1941, einem Dienstag, brechen

den Wilderer «auf einem kleinen Grashügel beim Ma-

der Schweizer Grenzwachtgefreite Mösle Fritz

rend» und neben ihnen eine tote Gämse, wie später im

und Grenzwächter Kühnis Armin vom Zollpos-

Rapport zum «Rencontre zwischen zwei italienischen

ten Sur En zu einer zweitägigen Diensttour auf, mit

Wilderern (voraussichtlich Deutsch-Südtiroler) und

Übernachtung auf der Lischanahütte. Chef der Pat-

den beiden Grenzwächtern» stehen wird.

rouille ist der 33-jährige Fritz Mösle. Im Appenzell-

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Ausserrhoder Dorf Speicher in einfachen Verhältnis-

Schüsse von beiden Seiten

sen aufgewachsen, hat er vor zehn Jahren den Sprung

«Halt, Grenzwache!», ruft Mösle von oben. Die Wilde-

ins Grenzwachtkorps geschafft. Er gilt als «ausseror-

rer greifen sofort nach den Waffen und gehen in De-

dentlich pflichtbewusster, zuverlässiger und eifriger

ckung – was dem Grenzwächter vom Gelände her ver-

Grenzwächter», zudem als «sehr guter Berggänger

wehrt ist. Mösle gibt einen Warnschuss ab, kurz da-

und Skifahrer». Armin Kühnis, sein Begleiter, ist zwei

nach auch Kühnis. Dann nehmen die beiden die

Jahre jünger.

Wilderer direkt aufs Korn. Mösle schiesst im selben

Von der Lischanahütte des SAC setzen die beiden am

Moment wie einer der Wilderer auf ihn. Getroffen kol-

Mittwoch früh ihren Kontrollgang Richtung Sursass

lert er 50 Meter die Geröllhalde hinunter, «fast bis

und Val d’Uina fort. Hier oben ist bereits Schnee gefal-

zum Bach und direkt vor den Augen der Mörder», die

len, das Fortkommen etwas mühsam. Bei den kleinen

in guter Deckung flüchten.

Rimsseen stossen sie auf Fussspuren und auf Blut im

Mösle habe seine Schüsse stehend abgegeben, wird im

Schnee. Der Fall ist klar: Da müssen vor Kurzem zwei

Rapport vermutet: «Dass er dabei im Hohllichte stand

Wilderer mit ihrer Beute vorbeigekommen sein.

und eine prächtige Scheibe bot, wurde ihm zum Ver-

Die Grenzwächter folgen den Spuren, erreichen um

hängnis.» Vielleicht habe er «nicht jede Vorsicht be-

elf Uhr den Ausgang des Val Cristanas, das gegen die

obachtet, die die Lage erheischte», sei Opfer «seiner

Alp Sursass ausläuft. 250 Meter weiter vorn und etwas

ausserordentlichen Pflichttreue und seines Dienstei-

tiefer, Koordinate 826500 / 181700, sehen sie die bei-

fers» geworden.

piz 41 : Sommer | Stà 2011

3


4

Kühnis geht vorsichtig zu seinem Kameraden hinab.

5

6

zwei seien nach wie vor auch Italiener, antworteten

1 Gedenktafel für Fritz Mösle in

Er habe wohl «einen Bauchschuss», sagt Mösle. «Ich

die faschistischen Behörden, deshalb komme eine

der Uina-Schlucht, zwischen

glaub ich sehe meine Frau nicht mehr, ich fühle, ich

Auslieferung nicht infrage. Am 6. März 1942 eröffnete

Uina Dadaint und dem Tatort.

muss sterben.» Obschon Kühnis ahnt, dass es zu spät

die italienische Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren

(Foto: Ursula Bauer)

ist, eilt er ins Tal und holt Hilfe. Mösles Leiche wird

gegen die Täter, die in Silandro (Schlanders) inhaftiert

noch am gleichen Tag das Val d’Uina hinausgetragen.

waren. Darauf schickte Chur die Untersuchungsakten

2 Felsenweg durch die Uina-

Er hinterlässt eine Frau, eine Schulserin, und drei

via Bern nach Rom. Dann war Pause.

Schlucht. (Foto: Cla Rauch, Sent)

Die Wilderer liessen am Tatort einen Proviantsack mit

Prozess ohne Kühnis

3 Fritz Mösle (1906–1941),

der roten Initiale P zurück, eine Sardinenbüchse «Le-

Ende April 1943 – anderthalb Jahre nach der Tat –

der erschossene Grenzwächter. (Foto: Familienarchiv)

kleine Kinder.

one», eine Honigbüchse mit Resten schwarzer Konfi-

wurde Kühnis kurzfristig als Zeuge zur Gerichtsver-

türe, im Deckel eingestanzt «Schweizer Bienenhonig»,

handlung in Bolzano geladen, Termin 20. Mai. Die

sowie vier Seiten aus der «Berliner Illustrierten Zei-

Oberzolldirektion gab ihr Einverständnis, Kühnis war

4 Tatort-Foto aus den Unter-

tung», Nummer 9 / 1941, «Ein deutscher Soldaten-

für die Reise nach Bozen bereit. Doch verweigerte das

suchungsakten.

gruss aus Sizilien».

italienische Konsulat in Chur die einfache Ausreise mit einer Grenzkarte, da Bozen nicht mehr im Grenz-

5 Im Rucksack zurückgelassen:

rayon liege. «Da die Ausstellung eines Passes mindes-

faschistische «Berliner Illust-

Das alles wurde beim Augenschein festgestellt, den

tens einen Monat beansprucht hätte, stellte das Kon-

rierte Zeitung».

das Kreisamt Unter-Tasna zusammen mit Grenzwäch-

sulat dem Präsidenten der Corte d’Assise von Bolzano

ter Kühnis und dem Alpinisten Hermann Frei am

den Antrag, die Gerichtsverhandlung zu verschieben

Donnerstag vornahm. Am gleichen Abend setzte die

oder Kühnis in der Schweiz einvernehmen zu lassen»,

Die Schweiz setzt eine Belohnung aus

Oberzolldirektion der Schweizerischen Eidgenossen-

ist in den Akten nachzulesen, die im Bundesarchiv in

schaft für sachdienliche Hinweise per Telegramm

Bern liegen. Eine Antwort blieb aus.

«eine Prämie von Fr. 500.– aus».

Wie der Prozess vor dem Schwurgericht in Bozen am

Mit Erfolg. Die faschistischen Beamten verhafteten

20. und 21. Mai 1943 ablief, steht in zwei Artikeln der

bereits am Samstag zwei Männer aus Slingia (Schli-

«Alpenzeitung»: «Dritter Mordprozess der Session», ti-

nig): Angerer Giovanni, geboren am 30.9.1900 in

telte das Blatt aus Innsbruck (in Südtirol waren

Innsbruck, ausserehelich der Anna, und Patscheider

deutschsprachige Zeitungen verboten). Erstaunt liest

Giuseppe, geboren am 24.7.1903 in Feusisberg, Kan-

man, dass nur noch Giovanni Angerer «des schweren

ton Schwyz, ausserehelich der Elisabet. Die beiden

Verbrechens» angeklagt ist «an einem unbestimmten

hätten am Sonntagabend «ein volles Geständnis» ab-

Tag im Oktober 1941 im Val Slingia auf der Jagd den

gelegt, meldeten die faschistischen Behörden in die

Schweizer Gendarmen Morli Fritz [sic!] durch einen

Schweiz: «Nach längerem Leugnen haben die beiden

Schuss aus nächster Nähe getötet» zu haben. Der

die Tat gestanden.»

Staatsanwalt beantragt 22 Jahre Kerker wegen wis-

Das Präsidium des Kantonsgerichts Graubünden ver-

sentlichen Mordes, doch der Angeklagte bestreitet

langte die Auslieferung der beiden Geständigen, die

jede Mordabsicht.

als Reichsdeutsche zu gelten hätten, da sie für das Aus-

Voll geständig ist hingegen Patscheider. Wen wun-

wandern nach Deutschland optiert hatten. Halt, die

derts, ist er doch nur «wegen Jagd ohne Jagdschein

piz 41 : Sommer | Stà 2011

6 Tatortskizze aus den Akten.

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und wegen unerlaubten Tragens einer Feuerwaffe» an-

In Schlinig hiess es damals, der ledige Angerer habe

geklagt. Zum Tathergang kann er leider, leider «keine

die Tat auf sich genommen, weil Patscheider bereits

Beschreibung geben, da er sich in diesem Augenblick

mehrfacher Vater war. Wie lange Angerer sass, wissen

vom Angerer eines persönlichen Bedürfnisses wegen

wir nicht. Er lebte später in Innsbruck. Patscheider

entfernt» habe. Nicht geschossen, nur geschissen.

starb an Weihnachten 1993 als respektierte Dorfgrös-

Dieser Ausrede hätte Kühnis glaubhaft entgegentre-

se. Er ruht im Familiengrab in Schlinig.

ten können. Noch am Tag des Mordes hatte er schriftlich festgehalten, wie beide Wilderer nach dem «Halt»-

Nachtrag

Ruf aufsprangen, beide zur Waffe griffen, beide

Im Februar 2011 treffen wir einen Zeitzeugen, der die

umgehend flüchteten – das alles in wohl weniger als

Verhaftung der beiden Täter in Schlinig als Zaungast

einer Minute.

miterlebt hat. «Die beiden wurden in Handschellen

Straf-Rabatt der Faschisten

korte nach Mals abgeführt, zu Fuss.» Selbst mit dem

Das Urteil wurde bereits am nächsten Tag gesprochen:

Jeep habe man damals nicht nach Schlinig fahren

oder sonstwie gefesselten Händen von einer Polizeies-

Giovanni Angerer ist nur des unwissentlichen Mordes

können. Als Optanten seien die beiden Täter vor dem

schuldig und muss für dreizehn Jahre in den Kerker,

Auswandern gestanden und hätten sich gesagt: «Ge-

minus drei Jahre Rabatt «in Anwendung des Gnaden-

hen wir nochmals ini», hinein, beide mit geliehenen

erlasses der Zwanzigjahrfeier» (zur faschistischen

Gewehren. Damals galt in Südtirol die Devise: Den

Machtergreifung). Patscheider kam – dem persönli-

Italienern lassen wir nichts, weder Wald noch Wild,

chen Bedürfnis sei Dank – mit sechs Monaten Kerker

jetzt wird auf alles geschossen. Auch nach dem Krieg,

und 1000 Lire Busse davon.

wie sich der Zeitzeuge erinnert: «Ein Jahrzehnt später

Monate nach diesem Urteil wurde die Prämie von 500

wurde die Tatwaffe, ein zeitgenössisches Jagdgewehr,

Franken wie folgt ausbezahlt: 800 Lire an Dr. Carmelo

eingezogen. Nicht wegen dem Mord an Mösle, son-

Scarpa, als Vice-Commissario in Resia / Reschen zu-

dern weil der Besitzer damit einen Steinbock gewil-

ständig für Verhaftung und Verhör, zurzeit in Cattaro;

dert hat.»

450 Lire an Rodolfo Briosi, Guardia di finanza, zurzeit in Pavia; 500 Lire an Walter Allegria, Primo capo squa-

Dieser Text stammt aus dem neusten Wanderbuch

dra, zurzeit in Cadegliano; 437.45 Lire an Celestino

«Schüt­telbrot und Wasserwosser. Wege und Geschich­ten

Dolliani, Mitglied der Schwarzhemden, zurzeit im

zwischen Ortler und Meran» von Ursula Bauer, Jürg

Felde. Mit den gut 2000 Lire hätte man zu jener Zeit

Frischknecht, erschienen im Rotpunktverlag, Zürich.

zwei Kühe kaufen können.

Siehe Buchhinweis auf Seite 60.

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piz 41 : Sommer | Stà 2011



BUCHER Jodeln für die Fremden

Höhenluft

Leckere Liebesgeschichten

Des Gemsjägers Leben

Rémy Charbon, Corinna Jäger-Trees, Do-

Melanie Mühl: «Menschen am Berg.

Jost Auf der Maur: «Geschmack der Liebe –

Leo Tuor: «Settembrini – Leben und Mei­

minik Müller (Hg.): «Die Schweiz verkau­

Geschichten vom Leben ganz oben». Nagel &

Zwölf wahre Geschichten mit zwölf Rezepten»,

nungen». Übers.: Peter Egloff. Limmat-

fen». Chronos Verlag, Fr. 58.–

Kimche, Fr. 22.90

Illustr. Peter Gut. Echtzeit Verlag, Fr. 32.–

verlag, Fr. 38.–

Die Reise in die Schweiz

Sie war kein Heidi, kein

Sein Buch sei ein Menü,

«Settembrini», das sind

wurde mit dem Ausbau

Kind der Berge. Obwohl

das ihm das Leben zuge-

die Zwillingsonkel des

der Verkehrsmittel und

die Eltern sich grosse

tragen habe, sagt der in

Protagonisten, ein

-wege seit dem 19. Jahr-

Mühe gaben, ihren

Chur lebende Autor Jost

Mensch in zwei Perso-

hundert zum touristi-

Nachwuchs zu Gipfel-

Auf der Maur. Und weil

nen. Sie sind Gemsjäger

schen Massenphäno-

stürmern zu erziehen.

Liebe durch den Magen

und Literaten. Settemb-

men. Wie wurden die heimischen

Doch dann fuhr die Journalistin Me-

geht, heisst sein Band «Geschmack

rini sagt nie «von A bis Z», sondern

Künstler vom Zustrom der Fremden

lanie Mühl, 1976 geboren, mit dem

der Liebe». Darin berichtet er von sei-

«von Cäsar bis Nabokov». Weil Cäsar

beeinflusst? Übernahmen sie deren

Mann an ihrer Seite ins Prättigau.

nen Liebschaften und erzählt, wie

das Jägerlatein erfunden und Nabo-

Sichtweise oder setzten sie kritische

Seither faszinieren sie die Berge und

ihm diese Frauen unvergessliche Ge-

kov der Jagdliteratur mit seiner anbe-

Akzente? Sahen sie sich als Promoto-

die Menschen, die dort leben und ar-

richte gekocht und ihm ebensolche

tungswürdigen Lolita die Krone auf-

ren des Tourismus oder warnten sie

beiten, im Jura, auf Golzern, im Gott-

Stunden geschenkt haben. Im Buch

gesetzt habe. – Leo Tuor (52),

vor seinen schädlichen Einflüssen?

hardtunnel oder als Bernina-Berg-

sind Dutzend solcher Episoden ver-

Schriftsteller, Jäger, Philosoph und

Wie veränderte der Fremdenverkehr

führer und Rettungschef der

sammelt – samt den dazugehörenden

Schafhirte auf der Greina, erzählt

die Produktions- und Rezeptionsweise

Rettungsregion Oberengadin des

Rezepten zum Nachkochen. Auf der

vertrackte, wilde, abenteuerlich ver-

der Künste? Das Buch versammelt ver-

SAC. Sie hat ausführliche, geduldige

Maur schreibt mit feiner Ironie und

sponnene Geschichten «zum Ruhm

schiedene Autorinnen und Autoren

Gespräche geführt, auch mit wort-

viel Charme eine Hommage an die

der Bündner Jäger». Der Autor nennt

und deren Aufsätze und Analysen.

kargen Menschen, hat genau hinge-

Liebe und ans Essen und Illustrator

seinen Roman selber ein «närrisches

Wir erfahren unter anderem, dass die

schaut, und sie schreibt brillant. Ent-

Peter Gut zeichnet dazu mit seinem

Buch». Hier wird drauflosfabuliert

nach 1800 neu geschaffene Schweizer

standen sind neun eindrückliche

bekannt pointierten Strich. Es geht

und parodiert, dass einem Sehen und

Folklore, bis hin zum Alphorntrio und

Erzählungen von Bergbauern, von

um Tomatensuppe, Risotto und um

Hören vergeht, und die «senkrechten

den Chören, nicht nur eine Besin-

Tunnel- und Brückenbauern und

das Zusammenkommen mit ange-

Quadratschädel» bekommen im

nung auf das Eigene waren.

Oldtimer-Winter-Raid-Fahrern. es

himmelten Frauen.

Buch ihren Teil ab. es

Wandern im Vinschgau

Strapazen am Bernina

Baumeister des Mythos St. Moritz

Hausinschriften

Ursula Bauer, Jürg Frischknecht: «Schüt­

Andrea Tognina, Véronique Schegg, Ruedi

Susanna Ruf: «Fünf Generationen Badrutt:

Erna Romeril: «Engadiner Lebensweis­

telbrot und Wasserwosser. Wege und Geschich­

Bruderer: «Arbeiter am Bernina: Sozialge­

Hotelpioniere und Begründer der Wintersaison».

heiten – Sgraffito­Inschriften an Engadiner

ten zwischen Ortler und Meran». Rotpunkt-

schichte eines Bahnbaus, 1906­1910». Verlag

Hrsg.: Verein f. wirtschaftshist. Studien, Bd.

Häusern.» Baier Verlag, Crainsheim,

verlag, Fr. 47.–

Desertina, Fr. 35.– (ital. Ausgabe erhältlich)

91, Zürich, Fr. 25.-, www.pioniere.ch

Fr. 39.90, www. baierverlag.de

In Vinschger Äpfel ha-

Das Buch schil-

Die Hoteliersfamilie

In vielen Dörfern

ben schon alle gebissen.

dert die Ge-

Badrutt gehört zu den

im Ober- und im

Aber Schüttelbrot, das

schichte von

Wirtschaftspionieren

Unterengadin fin-

trockene Fladenbrot aus

Tausenden Arbei-

der Schweiz und hat

den sich an den

Roggenmehl, zwischen

tern, die an der

den Mythos St. Moritz

Häusern Sgraffito-

den Zähnen krachen

Bernina-Bahn

entscheidend mitge-

Inschriften mit al-

lassen? Am Wasserwosser spaziert?

bauten. Sie haben die zu Papier ge-

staltet. Die Hotelgründungen des

ten Engadiner Lebensweisheiten. Oft

Das Tal im obersten Südtirol, zwi-

brachten Ideen der Ingenieure in

«Engadiner Kulm» und des «Badrutt’s

sind diese mit symbolträchtigen, teils

schen Reschenpass, Münstertal und

der Landschaft umgesetzt und so

Palace» haben wir dieser Familie zu

lustigen Bildern verziert. In diesem

Meran gelegen, ist weit mehr als die

eine Bahnstrecke gebaut, die auch

verdanken. Nun schildert ein Band

Band werden achtzig solcher Sgraffiti

Apfelplantage der EU. Das Wanderpa-

mehr als 100 Jahre nach ihrer Eröff-

der Reihe «Schweizer Pioniere der

gezeigt, die die Zuozerin Erna Ro-

radies ist gerade aus Südbünden be-

nung zum Grandiosesten gehört,

Wirtschaft und Technik», welchen

merli in den letzten Jahren gesam-

quem erreichbar. Ursula Bauer und

was es in den Alpen gibt. Nicht um-

Weg die inzwischen fünf Generatio-

melt hat. Die in Rätoromanisch ver-

Jürg Frischknecht – regelmässig auch

sonst gehört die Bernina-Strecke der

nen der Familie gegangen sind: von

fassten Sprüche sind ins Deutsche,

als Autoren im piz anzutreffen – prä-

RhB zum Weltkulturerbe der

der Vermietung einfacher Gästezim-

Italienische und ins Englische über-

sentieren in ihrem siebten Wander-

Unesco. Zum Buch gehört eine DVD

mer in Samedan bis zum Bau des in-

setzt und so auch Sprachunkundigen

buch mehrtägige Berg- und Talfahr-

mit dem Film «Strapatschs al Ber-

ternationalen Luxushotels in St. Mo-

zugänglich. Die Sgraffito-Technik

ten und schlagen überraschende

nina – Fatiche al Bernina – Kno-

ritz. Das Buch erzählt von gewagten

und deren Bedeutung als Schmuck

Einwanderungen in den Vinschgau

chenarbeit am Bernina» von Ruedi

Geschäftsideen und Schicksalsschlä-

sowie die verschiedenen Symbole

vor. Sie erzählen vom Ötzi und von

Bruderer (Televisiun Rumantscha).

gen und öffnet uns die Türe in die

werden ebenfalls erklärt. Auf unter-

der Geierwally, berichten über Schä-

Diese Dokumentation schildert ein-

Welt des Luxus. Viele historische Fo-

haltsame Weise lernen Leserinnen

fer, Wilderer, Schmuggler und mo-

drücklich den Alltag der Bahnarbei-

tos machen deutlich, wie St. Moritz

und Leser die rätoromanische Kultur

derne Bahnpioniere.

ter im Winter.

sich verändert hat.

des Engadins kennen.

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piz 41 : Sommer | Stà 2011


BUCHER Romanen lernen Deutsch

In der ganzen Welt zuhause

Nachschlagen in rumantsch grischun

Vielgestaltige Bergwelt

Renata Coray, Barbara Strebel und Yvon ne

Kathrin Siegfried: «Steivan Liun Könz.

Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz

Jon Mathieu: «Die dritte Dimension. Eine

Böhler (Fotos): «Sprachwelten/Munds da lin­

Geschichtenmaler & Bilderzähler 1940–

(HLS): «Lexicon Istoric Retic». Verlag Deser-

vergleichende Geschichte der Berge in der

guas» Verlag Hier+Jetzt, Fr. 38.-

1998». Limmatverlag, Fr. 68.–

tina, 2 Bände zusammen Fr. 298.–

Neuzeit». Schwabe Verlag, Fr. 58.–

Zehn Männer und

Steivan Könz war

Das in Rumantsch

Dieses Buch unter-

Frauen mit Roma-

ein begnadeter Er-

grischun verfasste

nimmt erstmals den

nisch als Mutterspra-

zähler. Ob mit Blei-

Lexicon Istoric Retic

Versuch, die vielgestal-

che – Bauern und Ver-

stift, Feder oder Pin-

ist das erste Sachlexi-

tige Welt der Berge und

käuferinnen, Käser

sel, mit Nadel, Nagel

kon der rätoromani-

ihre Entwicklung wäh-

und Coiffeusen, Müt-

oder Tube, immer

schen Schweiz. Hier

rend der letzten 500

ter und Väter – erzählen, wie sie le-

brachte er Geschichten zu Papier

findet man alles Wichtige aus dem

Jahre dreidimensional und aus his-

ben, wie sie aufgewachsen sind und

oder als Sgraffiti an die Wand. Auch

rätisch-bündnerischen Raum: Histo-

torisch-humanwissenschaftlicher

in welchen Momenten ihnen be-

als mündlicher Erzähler brillierte

risches, Politisches, Wirtschaftli-

Sicht zu untersuchen. Ausgangs-

wusst wurde, dass ihre Mutterspra-

er, am Wirtshaus- oder Küchentisch

ches, Soziales, Kulturelles und alles

punkt ist die UNO-Umweltkonfe-

che in der Schweiz mehr eine

gab er Spannendes und Unglaubli-

zur Sprache – von der Prähistorie bis

renz von 1992, bei der die Berge zum

Fremd- als eine Landessprache ist.

ches zum Besten, erlebt, gehört oder

zur Gegenwart. Das Lexicon ist eine

Thema gemacht wurden. Mathieu

Mit den humorvollen und berüh-

erfunden. Den Stoff für seine Ge-

spezielle Ausgabe des nationalen

beginnt mit der Untersuchung dieser

renden Sprachbiografien aus Breil/

schichten fand er in der Welt seiner

dreisprachigen Historischen Lexi-

langfristigen Prozesse in Wissen-

Brigels und aus dem Unterengadi-

Herkunft, dem Engadin, oder er

kons der Schweiz (HLS), an das es

schaft, Kultur und Politik, die unsere

ner Ort Sent schlägt das Buch Brü-

holte sie sich auf Reisen quer durch

sich konzeptionell anlehnt. Die

Einstellung zu Gebirgsregionen ver-

cken: zweisprachig und mit Porträts

die ganze Welt. Dieses Buch zeigt

mehr als 3000 Artikel sind reich be-

ändert haben, und er greift histori-

der Interviewten und Bildern aus

einen repräsentativen Ausschnitt

bildert. Der 1. Band ist erschienen,

sche Probleme auf, die in der jüngs-

deren Fotoalben.

aus dem vielseitigen Werk.

der 2. Band erscheint 2012.

ten Forschung debattiert werden.

piz 41 : Sommer | Stà 2011

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PIZZERIA Literatur surprise Ab Ende Juli findet jeden letzten Freitag im Monat im Gast- und Kulturhaus «Piz Tschütta» in Vnà ein literarischer Abend statt. Bekannte Autorinnen und Autoren sind zu Gast, darunter Angelika Overath und Jost auf der Mauer, der am 28. Oktober zu einer kulinarischen Lesung samt Überraschungen einlädt. www.hotelvna.ch

Engadiner Kammerchor Der Engadiner Kammerchor besteht aus Sängerinnen und Sängern aus dem ganzen Engadin. Während sich andere Chöre aus der Region dem Liedgut widmen, führt der Kammerchor grosse Werke der Musikliteratur konzertant auf. In den letzten Jahren waren dies Bachs Johannes- und Matthäuspassion, Haydns Schöpfung und die Jahreszeiten, Brahms Requiem und letztes Jahr Mozarts Missa in C. Im Hebst 2011 werden Bachs Motette «Jesu meine Freude» und Francks «Messe in A-Dur» zu hören sein. 1968 gründete Hannes Reimann den Chor und war selbst der erste Dirigent. Seine Nachfolger waren Peter Appenzeller und Bruno Haueter. Seit 2001 leitet Gaudenz Tscharner die Formation. www.kammerchor.ch

Arte Hotel Bregaglia

Kunstführer Tschlin

Auch diesen Sommer findet im Hotel Bregaglia in Promontogno im Bergell wieder eine Sommerausstellung statt. Das letztjährige Projekt hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Die Interventionen sind auf ein grosses Echo gestossen und die Ausstellung wurde rege besucht. Ursprünglich war nur ein einmaliges Kunstereignis geplant, doch nun nutzt Galerist Luciano Fasciati die Dynamik und hat eine Fortsetzung realisiert. Diesen Sommer stellen folgende Künstlerinnen und Künstler aus: Judith Albert, Remo Albert Alig, Evelina Cajacob, Gabriela Gerber und Lukas Bardill, huber.huber, Conrad J. Godly, Isabelle Krieg, Roman Signer, Gaudenz Signorell, Jules Spinatsch und wiedemann/mettler. 26.6.–1.10., tägl. 10–17 Uhr. Details: www.artehotelbregaglia.ch

Tschlin hat nun seinen

Jahreskonzerte 2011: Johann Sebastian Bach: Motette «Jesu meine Freude» und César Frank: «Messe A-Dur». Solisten: Sara Bigna Janett, Sopran; Georg Fluor, Tenor; Stefan Vock, Bass. Instrumentalisten des Orchesters Collegium Cantorum, Zürcher Oberland. Konzertmeister: Thomas Ineichen. Gesamtleitung: Gaudenz Tscharner. 5.11. im Kulturzentrum Laudinella, St. Moritz, 6.11. in der St. Martinskirche, Chur.

Die «Garbo» in Samedan «Con Garbo nei Grigioni» fand letztes Jahr in Klosters statt. An jenem Ort, wo Greta Garbo, «die Göttliche», dreissig Sommer verbracht hatte. Die Installation und die Pläne für das Garbo-Zentrum sowie die Umbenennung des Davoser Seebergs in «Piz Garbo» haben für heftige Diskussionen gesorgt. Die einen fanden es schlicht Unsinn, Kunst eben, die anderen waren begeistert von dieser Art Geschichtsaufarbeitung. Die Recherchen um Chasper Caflisch und dessen Nachlass gehen weiter. Die neusten Ergebnisse der Feldforschung werden in der Chesa Planta in Samedan präsentiert: 31.7.–14.8. Idee, Installation, Performance: Hans Peter Litscher. Produktion, Künstlerische Mitarbeit: Mathias Balzer. Eine Koproduktion mit dem Theater Churder, Kulturgesellschaft Klosters, dem Hotel Pardenn, Klosters, und Chesa Planta, Samedan. www.chesaplanta.ch

eigenen Kunstführer. Autor Marc Antoni Nay hat ihn

RhB- und ICN-Zug für Steivan Brunies

für die Schweizerische Ge-

44 Intercity-Neigezüge (ICN-Kompositionen) fahren kreuz und quer durch die Schweiz – jede einer bekannten Frau oder einem berühmten Mann gewidmet. Und auch die neuen «Allegra»-Triebfahrzeuge der RhB sind Berühmtheiten gewidmet. Je ein ICN und eine RhB-Komposition tragen den Namen von Steivan Brunies: 1877 in S-chanf im Engadin geboren, unterrichtete der Zoologe und Botaniker als Mittelschullehrer die meiste Zeit in Basel, wo er 1953 starb. Steivan Brunies war 1909–1935 Sekretär des Bundes für Naturschutz (heute Pro Natura), Mitbegründer des Nationalparks und 1914–1941 dessen erster Oberaufseher sowie Kassier der Nationalparkkommission. Bekannt wurde er auch dank seiner Sammlung alter Volksmusik im Engadin.

sellschaft für Kunstgeschichte (GSK) zusammengestellt. Auf 44 Seiten werden Kirchen, Plätze, Brunnen und verschiedene Gebäude und ihre Sgraffiti vorgestellt. Es gibt viel zu sehen, denn zur Gemeinde Tschlin gehören auch San Niclà, Strada, Tschaflur, Chasura, Sclamischot, Martina und Vinadi. Fr. 11.–, www.gsk.ch

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piz 41 : Sommer | Stà 2011


PIZZERIA Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Sommerprogramm 2011 Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch 16.–19.6. 12. Silser Hesse-Tage 20.6.

Gedichte und Sentenzen v. Wilhelm Busch, 21.15 Uhr

29.6.

Gespräch mit Musik- und Gesangseinlagen von Eva

5.8.

Römerwegen im Oberengadin und am Julierpass 5.8.

6.7.

Vortrag über das abgebrannte Hotel

Mehr Platz fürs Kulturarchiv

Ungeheuer» (aus dem Briefwechsel Lijdia Kotschetko-

«Waldhaus», Vulpera, von Rolf Zollinger: «Ein

Das Kulturarchiv Oberen-

wa/Fritz Bruppacher), 21.15 Uhr

ungelöster Fall», 21.15 Uhr

gadin in der Chesa Planta

Theater: Das neuste Stück von Ferruccio Cainero

in Samedan bekommt mehr

«Krieger des Regenbogens», 21.15 Uhr

Platz. Zwei Kellerräume

Szenische Lesung: «Gehetzt» – Deutsche Literaten

werden ausgebaut. Das

Vortrag: Peter Villwock zu «Nietzsches Landschaften»,

1940 im französischen Exil. Mit Ruth Werfel und

Projekt stammt vom

20.45 Uhr

Thomas Douglas, 21.15 Uhr

ortsansässigen Architekten

Film: «Big Alma». Dokumentarfilm über das Leben

Patrick Blarer. Er plant

von Alma Mahler-Gropius-Werfel, 21.15 Uhr

eine Holzkonstruktion,

Konzert mit den «Bateau Ivre» – Nachwuchsband mit

die als eigenständige Box

einheimischen Künstlern, 21.15 Uhr

funktioniert. Dort werden

Lesung mit Laura Ceretti, Milano und

nicht nur zusätzliche Lager-

Chasper Pult, 21.15 Uhr

möglichkeiten geschaffen,

Godel, 17.30 Uhr

6.8.

Jazzkonzert mit der Gipsy Band DeCauter, 21 Uhr

Szenische Lesung: «Liebe ist ein schreckliches

8.8.

Klaviertrio Matthias Enderle (Violine), Alexander

12.8.

Kionke (Violoncello) und Edward Rushton (Klavier), 20.45 Uhr 7.7. 8.7.

Lesung aus «Konzert für die linke Hand» von und mit

15.8.

17.8.

Lea Singer, 21.15 Uhr 13.7.

Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè:

19.8.

Fränzlis da Tschlin, 17 Uhr 17.7.

Theater der Scuola Dimitri, 16.30 Uhr

20.7.

Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè:

21./22.7. 24.7.

20.8.

Fun Horns - Spasshörner, 17 Uhr

25.–28.8. Silser Kunst- und LiteraTourtage

sondern auch Arbeitsplätze

Theater: «Ich Biene, ergo summ» mit Jürg Kienberger

29.8.

Literarisch-musikalischer Abend: Arthur Spirk (Video)

eingerichtet. Die Einbauten

(Regie Claudia Carigiet), 21.15 Uhr.

und Werner Bärtschi (Musik und Texte) über

haben keine eigene Decke,

Philosophisches Abendgespräch.

«Rund um Paracelsus im Bad Pfäfers», 21.15 Uhr

so dass der Gewölbekeller

Buchpräsentation: «Engadiner Lebensweisheiten»

sichtbar bleibt.

«Die Blaue Blume – Philosophische Aspekte

1.9.

mit Erna Romeril Klarer und Chasper Pult, 21.15 Uhr

romantischer Lebensentwürfe», 21.15 Uhr 25.7.

Lesung m. Lukas Hartmann: «Finsteres Glück», 21.15 Uhr

26.7.

Philosophisches Abendgespräch. «Das Rote Buch – Philosophische Streifzüge durch die Psychologie

7.9.

Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè: South-West-

«Schrot und Schrott», 21.15 Uhr Sonatenkonzert mit Maja Weber (Violoncello)

14.9.

Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung:

und Per Lundberg (Klavier), 21.15 Uhr «Konzepte einer philosoph. Gesundheitslehre in der

Percussion der Philharmonie Konstanz, 17 Uhr 29.7.

Antike und im Werk Friedrich Nietzsches», 20.45 Uhr

Philosophisches Abendgespräch: «Carte Blanche – die Philosophie der Anwesenden

16.9.

Buchpräsentation der Erstveröffentlichung von Annemarie Schwarzenbachs Nachlassroman

oder Eine Reise ins Ungewisse», 21.15 Uhr 4.8.

Theater mit Christina Volk und Ursina Gregori

13.9.

von C. G. Jung», 21.15 Uhr 27.7.

Lesung: «Heinrich von Kleist und Robert Walser». Ein Abend mit Klaus Henner Russius, 21.15 Uhr

Buchmann und Jan Schultsz – Moderation Arthur 4.7.

Exkursion mit dem Archäologen Jürg Rageth auf den

«Das Wunder des Baums», 21.15 Uhr

Vortrag mit Lesung und Filmprojektion über Armon Planta (Entdecker der Römerwege im Oberengadin,

17.9.

Ein italienischer Abend: «Nessun dorma!», 21.15 Uhr

Bergell und am Julierpass). Mit Chasper Pult und

19.9.

Lesung: «Erinnerungen eines Insektenforschers»

Georg Jäger, 21.15 Uhr

von Jean-Henri Fabre, 21.15 Uhr

Konzert der «Fränzlis da Tschlin»

Das grosse Ländlerorchester In der Schublade von Domenic Janett von den «Fränzlis da Tschlin» lag seit einiger Zeit die Skizze für ein Stück mit dem Titel «Das Ländlerorchester». Janetts Wunsch war es, dabei zahlreiche Instrumente der Schweizer Volksmusik in einem grossen Orchester zu vereinen. Inzwischen ist ein 45-minütiges Werk entstanden. An der Uraufführung riss es das Publikum buchstäblich aus den Sitzen. Die «Fränzlis da Tschlin» treten hier zusammen mit einem grossen Orchester auf. Die Formation spielt als zweites grosses Stück die «Waldstätter-Fantasie», komponiert von Dani Häusler. Eines der letzten Konzerte des «Ländlerorchesters» findet im Engadin statt. (s. rechts)

19. August in der Mehrzweckhalle Tschlin Beginn 20.30 Uhr. Vorverkauf: Engiadina/ Scuol Tourismus Tel. 081 861 22 22.

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PIZZERIA Diavolezza-Bahn wird modernisiert Im Winter 2011 / 2012 wir ddie inzwischen 55 Jahre alte Luftseilbahn BerninaDiavolezza für 4 Mio. Franken umfassend modernisiert. Damit startet die Bergbahnen Engadin St. Moritz AG ein grossses Investitionsprojekt. Die Bahn bekommt nicht nur eine neue Technik, sondern auch neue Kabinen mit Fenstern bis zum Bo-

Ausstellung im Turm Samedan «La Tuor» heisst der neue Ausstellungs- und Kulturraum von Samedan. Die Architekten Mierta und Kurt Lazzarini haben den 800 Jahre alten Wachturm, aufgeschichtet aus mächtigen Bruchsteinen, so umgebaut, dass trotz der kleinen Grundrisse der fünf Geschosse gute Räume entstanden sind. In «La Tour» wird eine Dauerausstellung über Kultur, Geschichte und Personen aus dem Engadin und Südbünden aufgebaut. Diesen Sommer wird eine Sonderausstellung zum «Nicht mehr gebrauchten Stall» stattfinden. Eine Schau, die aus der Zusammenarbeit des «Gelben Haus» in Flims, des Vorarlberger Architekturinstituts und der Organisation Kunst Meran entstanden ist (bis 2.9.). Der Turm soll auch eine Bühne für Handwerk und Kunsthandwerk werden. Öffnungszeiten: Mi–So, 15–18 Uhr. www.latuor.ch

den. Auch die Warteräume für die Passagiere werden neu organisiert, so dass die 107 Skifahrerinnen und -fahrer pro Fahrt weniger drängeln müssen. Die Arbeiten dauern von Ende November 2011 bis Mitte Februar 2012.

Rimessa Castelmur Seit zehn Jahren werden in der Rimessa des Schlosses Castelmur in Stampa/Coltura im Bergell Ausstellungen gezeigt. Kunstschaffende aus der Gegend und aus der Ferne, die alle in irgendeiner Art mit der Region verbunden sind, stellten hier aus. Im kleinen Gewölberaum mit seinem grossen Tor wird diesen Sommer Jubiläum gefeiert. Insgesamt 27 Kunstschaffende, die in den letzten zehn Jahren in der Rimessa zu Gast waren, sind – in zwei aufeinander folgenden Ausstellungen – mit einem ihrer Werke präsent: Die beiden Ausstellungen dauern vom 19.6.–24.7. und vom 7.8.–4.9. Öffnungszeiten jeweils Mi–So 15–17 Uhr

Zweitwohnungen besteuern Immer mehr Engadiner Gemeinden machen Ernst mit der Beschränkung des Zweitwohnungsbaus. In Silvaplana kann eine jährlich abzuliefernde Steuer eingeführt werden – sie wird sowohl auf bestehende wie auch auf neue Ferienwohnungen erhoben, die nicht bewirtschaftet werden. Die Bündner Kantonsregierung hat 24 Beschwerden gegen diese Steuer abgewiesen. Sie fand, die Abgabe sei konform zum Richtplan und zum «Werkzeugkasten» gegen den überbordenden Zweitwohnungsbau, den der Kanton den Gemeinden zur Verfügung stellt. Durch das Missverhältnis zwischen Erst- und Zweitwohnungen, wie es in Silvaplana bestehe, drohe die Gemeinde ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren, stellt die Regierung in ihrem Entscheid fest. Andere Engadiner Gemeinden haben eine «Lenkungsabgabe» in Form einer einmal zu bezahlenden Abgabe beim Bau neuer Zweitwohnungen eingeführt, etwa Samnaun, Maloja und Madulain.

Helen Knutti-Vaessen, «Gedankenformen», 2011, Doppelhochrelief, Papiermaché, je 40x40x12 cm

Giodim Konzerte im Engadin: 6.10. Hotel Waldhaus, Sils-Maria, 21.15 Uhr. Vorverkauf: Hotel Waldhaus, Tel. 081 838 51 00 7.10. Baselgia/Kirche, Sent, 20.15 Uhr. Kein Vorverkauf, Kassenöffnung: eine Stunde vor Konzertbeginn.

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Giodim, ein romantisch-rumantscher Liederabend Ein wehmütiges Lied steht Pate für Giodim. Tatsächlich haben viele romanische Lieder einen melancholischen Unterton. Es geht um bittersüsse Liebschaften, Abschied und Sehnsucht. Kurz darauf aber wird es wild, ja fast brutal: Eine schwer verliebte Ameise muss mit ansehen, wie die angebetete Heuschrecke kurz vor der Hochzeit die Schlossmauer hinunterstürzt, ein listiger Jäger jagt den Teufel persönlich, und eine übermütige Frau kommt erst vom Tanz zurück, als das Erbe ihres Mannes verteilt wird. Apropos Tanz: Bei Giodim bekommt piz 41 : Sommer | Stà 2011

auch die Volksmusik ihr Fett ab. Lüpfige Schottisch und liebliche Walzer sind Pflichtprogramm, wenn die Janetts mit dabei sind. Aber auch hier gilt: Nicht jeder Ländler ist in diesen Interpretationen immer schön und gut. Die Giodim-Konzerte scheren musikalisch immer aus, es wird in fremden Gärten gegrast. So viel sei verraten: Das Happyend ist zu erwarten. Idee, Konzept: Curdin Janett; mit: Barbara Gisler und Cristina Janett, Cello; Curdin Janett, Kontrabass und Akkordeon; Niculin Janett, Saxophon; Madlaina Janett, Viola; Jachen Janett, Gesang; Domenic Janett, Klarinette; Roland Christen, E-Bass


PIZZERIA Kulturveranstaltungen im Vinschgau

Künstlerhaus und Kulturzentrum Nairs Sommerprogramm 2011 Details und Ergänzungen: www.nairs.ch Ausstellungen «Momente am Wasser / Mumaints sper l'aua» und «Resonanzen / Resinanzas» Mit einer Vitrine in Memoriam Bernhard Luginbühl (1929–2011). Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler thematisieren ihr Verhältnis zum Ort. Die archaische Kraft der Quellen, des Inns, der Architektur, der Geschichte schwingt in den Arbeiten mit. Nairs wird dadurch zum Resonanzraum. Bis 11.9. Do–So: 15–18 Uhr. Öffentliche Führungen mit Kurator Christof Rösch: 22.6./13.7., 20 Uhr. 21.7., 19 Uhr. 3.8./24.8., 20 Uhr. 9.9., 18 Uhr. Jahresausstellung Artists in Residence des Sommers 2011: Vernissage und Künstlerfest: 24.9., 18 Uhr. Finissage: 16.10., 16 Uhr. Tag der offenen Ateliers: 25.9. ab 14 Uhr. Öffentliche Führungen mit Kurator Christof Rösch: 28.9., 20 Uhr, 14.10., 19 Uhr. Nairs-Mobil: Ein temporäres Projekt in den Dörfern. Das Modell des Künstlerhauses im Massstab 1:10 ist wieder als fahrbare Skulptur unterwegs im Unterengadin. Kaminsprengungen: Ortsspezifische Intervention mit einer Kurzfilmsammlung. Auf dem Kaminrest in Nairs werden Einstürze gezeigt. Schuften und Faulenzen: Ortsspezifische Interventionen, Gespräche und eine Filmreihe zum Thema. Vernissage 5.8., 20 Uhr. Danach bis 16.10. täglich ab Einbruch der Dämmerung vor dem Hotel Lischana, Scuol. Diskussionsreihe und Filmprogramm auf www.nairs.ch

Literatur : Hommage an Steivan Liun Könz (1940–1998). 15.7., 18 Uhr. Hommage an Jon Demarmels, 14.10., 20 Uhr. Musik: Duo CO2, Zeitgenössische Musik, 19.6., 17 Uhr. Performance «Landscaping reflections» mit Angela Hausheer und Leo Bachmann im Val Plavna mit Wanderung und Kutschenfahrt: 30.7., 14.30 Uhr. Architektur: Wanderung nach dem Buch «Himmelsleiter und Felsentherme, Architekturwandern in Graubünden.» Von Lavin nach Guarda. Lesung Köbi Gantenbein. 8.7., 13 Uhr. Architekturspaziergänge im Engadin: 23.7. ganzer Tag und 2.9. nachmittags. Führungen : Nairs einst und heute, 6.7., 10.8. und 9.9. je 14.30 Uhr. Christof Rösch, Künstler und Architekt, führt durch das Ensemble. In Zusammenarbeit mit Johannes Florin, Denkmalpflege GR, und Rolf Zollinger, ehemaliger Direktor Hotel Waldhaus Vulpera. Israel in Nairs: Jenseits politischer Grenzen spiegelt das Festival «Culturespaces» die Vielfalt und Eigentümlichkeit heterogener Kulturlandschaften wider und umreisst deren Kunst- und Kulturszene. Gastland und Gastkünstler kommen dieses Jahr aus Israel. Benefizveranstaltung: 25. / 26.11. im Kunstmuseum in Chur. Grosse kulturelle Benefizveranstaltung zur Mitfinanzierung der bevorstehenden Sanierung des Künstlerhauses und Kulturzentrums Nairs.

Kunst in der Kartause. Gotthard Bonell 17.7.–21.8., Kartause, Kreuzgang (Schnalstal) Quetschkommode. Festival für Ziehharmonika, Kunst und Kleinkunst 8./9.8., Prad Lange Nacht der Museen. 17.9. Mehr Infos unter www.provinz.bz.it/museen Tag der Romanik im Unterengadin und Obervinschgau. Führungen in mystischen und spärlich beleuchteten Räumen von Kirchen und Profanbauten. 15.10.

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piz 38 : Holz | Lain

piz 39 : Nachbarn | Vaschins piz 40 : Pioniere | Visunairs

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VORSCHAU / PREVISTA Leidenschaft | Passiun Liebe und Leidenschaft gehören untrennbar zusammen. Aber auch die engagierte Lehrerin oder der gute Handwerker sind in ihren Berufen mit Leidenschaft dabei. Kunstsammler, Gastronominnen, Sportler und Politikerinnen sind dann gut, wenn sie «Herzblut» einsetzen. Doch Leidenschaft kann auch in Obsession umschlagen – die Kehrseite der Medaille. piz wird sich in der nächsten Ausgabe mit Passionen aller Art auseinandersetzen, in Politik, Wirtschaft und Kultur.

IMPRESSUM Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Center Augustin, CH-7550 Scuol Tel. +41 (0)81 864 72 88, info@pizmagazin.ch Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini 22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol

Foto: constantgardener / istockphoto.com

Druck | stampa Grafica Editoriale Printing Srl, Bologna, Italia

Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Claudia Alini, *1979, ist freie Fotografin in Scuol. www.fotografias-ca.ch Mathias Balzer, *1967, geboren in Chur, aufgewachsen in St. Moritz. Theaterproduzent, Dramaturg und freischaffender Journalist in Chur. Esther Banz, *1970, ist freischaffende Journalistin und Lektorin in Zürich, www.buerobanz.ch Ursula Bauer, *1947, Autorin und Mediendokumentalistin in Zürich.

Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd

Stephan Bösch, *1982, Fotograf in St. Gallen. Susanna Fanzun, *1963, Redaktorin der Televisiun Rumantscha. Arbeitet und lebt in Scuol. Jürg Frischknecht, *1947, Journalist und Autor in Zürich.

www.pizmagazin.ch Nr. 41, Sommer | Stà 2011.

Annetta Ganzoni, *1958, Sekundarlehrerin und Romanistin. Arbeitet im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.

Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner in Bern.

Abonnemente:

Katharina Hohenstein, *1967, arbeitet für die Redaktion «Der Vinschger» und ist Mitherausgeberin des Kunst- und Kulturmagazins «vissidarte». Sie lebt in Mals im Vinschgau.

Edition piz, CH-7550 Scuol. Zweijahresabonnement: Fr. 35.– (exkl. Versandkosten und MwSt.). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Mo­na­ten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftli-

René Hornung, *1948, Redaktor des piz Magazins. Arbeitet als freier Jour­nalist im «Pressebüro St. Gallen» und für «Hochparterre».

che Kündigung erneuert es sich automatisch um zwei Jahre.

Ralph Hug, *1954, freier Jour­nalist im «Pressebüro St. Gallen».

info@pizmagazin.ch

Michael Jarjour, *1984, Redaktor DRS 3, Zürich. Christine Loriol, *1960, Journalistin in Zürich.

Nächste Ausgabe: Dezember 2011 Für unverlangt einge­sandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.

Daniel Martinek, *1968, Fotograf in Celerina und Zürich. Mario Pult, *1954, regionaler Mitarbeiter der Lia Rumantscha. Er wohnt in Ftan. Kaspar Surber, *1980, Redaktor der Wochenzeitung WOZ. Er wohnt in St. Gallen.



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