#41
Sommer | Stà 2011
JUGEND Zu viel Lärm für den Tourismus
LANDSCHAFT Strassen statt Blumen
JACQUES GUIDON 80 ons e plain ingaschamaint
So nicht! [ Uschea na! ]
INHALT / CUNTGNU
Editorial. Es ginge doch auch anders.
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Laute Jugend stört den Tourismus. Eine geschlos-
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sene Diskothek in Scuol und ein Kulturraum im Oberengadin geben zu reden.
Ingaschà e perseverant. Jacques Guidon sorgt
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auch mit 80 Jahren dafür, dass sich niemand aus der Verantwortung schleichen kann.
Streit um Eingriffe im Schutzgebiet. Die Meliora-
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tion Ramosch gibt zu reden: Zerstören die Subventionen die Blumenpracht?
Berghotel als Energielieferant. Auf dem Muottas
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Muragl hat die Energiezukunft begonnen.
Ein Drama braucht gestürzte Helden. Wie Romedi
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Arquint als Capo abgesetzt wurde.
Fünf Idiome – ein Rumantsch grischun. Der Spra-
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chenstreit dreht eine neue Runde.
Ein Engadin mit Schönheitsfehlern. Ein Fotoessay
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von Stephan Bösch.
Hans Konrad Sonderegger. Pfarrer und Freigeist.
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Zukunftsprojekte: Mehr als viel Papier? Hoch-
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konjunktur für Zukunftskonferenzen.
Kühne Träume, grosse Erlebnisse. Bergführer und
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Hüttenwart Hans Philipp.
Biosfera: Noch herrscht Schweigen. Bekommt der
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Nationalpark eine Pflegezone als Puffer?
Kornkammer Vinschgau. Statt nur Äpfel soll auch
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wieder Korn angebaut werden.
Bauer gegen Zwangsimpfungen. Tumasch Planta
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stellt sich vor seine Tiere.
Tödliches Rencontre am Schlinigpass. 1941 starb
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der Grenzwächter Fritz Mösle in einer Schiesserei mit Wilderern aus dem Vinschgau.
Bücher. Neuerscheinungen aus der Region in Deutsch
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und Romanisch.
Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.
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Vorschau. Impressum.
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Titelbild und Bild rechts: Stephan Bösch, www.sichtweise.ch
Es ginge doch auch anders Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur
D
as Thema dieser piz-Ausgabe «So nicht!», hat uns besonders gefordert! «So nicht!» ist oft und schnell gesagt. Doch die Texte und Fotos rufen
Ihnen nicht einfach «Stopp» und «Halt» zu, sondern
Q
uist’ediziun dal piz cul tema «Uschea na!» ans es stat üna sfida particulara! «Uschea na!», es suvent e svelt dit. Ils texts e las fotografias nu
cloman però be oura «Stop» e «Fermar», ma muossan
sie zeigen auch, wie es anders geht oder gehen könnte.
al listess mumaint co chi va o co chi pudess ir otra-
Engagierte und besorgte Menschen, die in Südbünden
maing. Persunas ingaschadas e preoccupadas chi vi-
leben, nehmen die fehlende Nachhaltigkeit in der
van i’l Grischun dal süd vezzan cun oters ögls e cun
Raumplanung, die Folgen des Baubooms und vor al-
plü grond pisser chi manca la persistenza illa planisa-
lem das Manko an Qualität beim Bauen anders und
ziun dal territori, las consequenzas dal boom da fa-
auch mit mehr Sorge wahr als die Feriengäste, die von
brica e surtuot il manco da qualità da fabrichar, co’ls
der Bergkulisse oft derart beeindruckt sind, dass sie
giasts da vacanzas, talmaing impreschiunats da la cu-
EDITORIAL
verbaute Wiesen, betonierte Hänge oder die schlechte
lissa da muntognas, chi excludan da lur’optica prada
Urezza Famos
Architektur ausblenden. Im Wissen darum, dass die
surfabrichada, costas betonadas o nosch’architectura.
intakte Landschaft und der Respekt im Umgang mit
Saviond ch’üna cuntrada intacta e’l respet invers noss
unserem Kulturgut unsere wichtigsten Lebensgrund-
bains culturals fuorman nossa plü importanta basa da
lagen sind, stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe viele
viver, Tils preschantaina in quist’ediziun plüssas con-
Beiträge und Menschen vor, die solche Haltungen ge-
tribuziuns e persunas chi pretendan üna tala tenuta
genüber Natur, Umwelt und Kultur einfordern.
invers natüra, ambiaint e cultura.
Im politischen Bereich sind es meist die Kräfte links
Illa politica sun suvent las forzas da la dretta e da la
und rechts die «So nicht!» rufen. Und was sagt die po-
schnestra quellas chi cloman «Uschea na!» Ma che di-
litische Mitte? Das haben wir uns auch gefragt. Wir
schan ils partis d’immez? Quai ans vaina dumandats
haben die entsprechenden Kontakte geknüpft, doch
eir no e vain tut sü contact cun las persunas adequa-
die Äusserungen aus diesen Reihen waren so vorsich-
tas. Ma ils maniamaints nan da quella vart d’eiran
tig, dass wir sie nicht mehr unter unser Generalthema
uschè precauts cha no nu tils vain plü pudü metter
stellen konnten.
suot nos tema central.
So lesen Sie in dieser Nummer von lautstarken Men-
Uschea pon Els leger in quist nomer sur da persunas
schen aus Politik und Kultur, von alten und jungen
our da politica e cultura chi stan aint ad ota vusch per
Menschen und von Auseinandersetzungen rund um
lur ideas, da glieud giuvna e veglia, sco eir da las dis
die Landwirtschafts- und die Landschaftsschutzpoli-
cussiuns davart la politica agrara e protecziun da la
tik. Es geht um sprachpolitische Auseinandersetzun-
cuntrada. I’s tratta da contraversas linguisticas e pro-
gen und um schubladisierte Projekte. Und wie immer
gets fingià miss a chantun. E sco adüna daina ün
blenden wir zurück auf Ereignisse und Personen der
sguard inavo sün persunas ed evenimaints istorics
Südbündner Geschichte.
dal Grischun dal süd.
Lassen Sie sich also auf allerhand Ärgernisse, aber
Fat quint dimena cun da tuotta sorts disgusts, ma eir
auch auf Überraschungen ein. Und wie immer fordern
cun surpraisas! E sco adüna As laina metter a cour
wir Sie auf: Empfehlen Sie uns weiter und abonnieren
da’ns racumandar eir inavant e dad abunar il piz:
Sie piz: www.pizmagazin.ch
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piz 41 : Sommer | Stà 2011
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Laute Jugend stört den Tourismus Ein geschlossener Jugendclub in Scuol, eine Petition für einen Kulturraum im Oberengadin und der Ausbau der professionellen Jugendarbeit im ganzen Tal geben zu reden. Die Engadiner Jugend möchte mehr als Champagnerklima und Opernfestival im Nobelthotel.
Text: Mathias Balzer Fotos: Claudia Alini
A
m 24. April 2010 ging unter dem symbolträchtigen Titel «The end of Sounds – closing party»
an einer Sache hat, muss man es eben selber organisie-
die letzte Nacht im mittlerweile legendären
ren», lautet sein Fazit. Er spricht damit das Engage-
Club «Sounds» im Areal der Sportanlage «Trü» in
ment der «Giuventünas» an, der traditionellen «Jung-
Scuol über die Bühne. Klagen von Anwohnerinnen
mannschaften», die es in vielen Dörfern noch gibt.
und Anwohnern über Lärm und Vandalismus im
Diese Jugendvereine organisieren heute Konzerte oder
Quartier hatten trotz Vermittlungsversuchen zur
Partys, meist einmal im Jahr, mit dem Erlös wird dann
Schliessung geführt: «So nicht mehr», sagte die Ge-
ein jährlicher Ausflug finanziert.
meinde als Vermieterin nach mehr als zehn Jahren Discobetrieb im einstigen Hallenbad. Das Ende des
Keine Alternativen zum Mainstream
Tanz- und Konzertlokals löste in der weiteren Region
In Pontresina hat sich die «Giuventüna» in den letz-
Diskussionen und Polemiken aus.
ten Jahren zu einem wichtigen Veranstalter gemau-
Das Thema Jugendkultur ist seither nicht vom Tisch.
sert. Die Mitglieder organisieren die beliebten Laret-
Über 1000 Jugendliche bekräftigten auf Facebook ih-
Märkte, übers Jahr einzelne Konzerte im Saal des
ren Wunsch nach einem zeitgemässen Lokal mit Mu-
Kongresszentrums «Rondo» und jeweils im Februar
sikprogramm und erschwinglichen Getränkepreisen.
das Musikfestival «Terratrembel». Selbst dieser hoch-
Auch ein Jahr nach der Schliessung ist diese Diskus-
motivierten Truppe fehlen jedoch die Ressourcen, um
sion noch nicht verstummt: Die einheimische Ju-
einen regelmässigen Treffpunkt mit Angebot im Be-
gendkultur sei dem Ruhebedürfnis der Touristinnen
reich Pop, Rock oder HipHop zu realisieren.
und Touristen geopfert worden, sagen die früheren
Von den – ausschliesslich nicht-einheimischen und
Besucherinnen und Besucher noch heute. Notabene
kommerziell ausgerichteten – Clubbetreibern im be-
in einer Region, die zwar nur zu gerne Bergbahntickets
nachbarten St. Moritz sind die «Giuventünas»-Akti-
an die Snowboardjugend verkaufe, diese am Abend
vistinnen und -Aktivisten eher enttäuscht: «Die bie-
aber ja nicht feiernd im Dorf haben möchte.
Neue Rolle für traditionelle «Giuventünas»
ten bloss Mainstream zu hohen Preisen an.» Das legendäre «Sarazena» in Pontresina, wo Acts wie «Fettes Brot» oder «Sens Unic» zu erleben waren, wurde
Da drängt sich die Grundsatzfrage auf: Wie ist es um
2003 geschlossen. Neben einzelnen Anlässen wie dem
die Jugendkultur im Ober- und Unterengadin wirk-
«Terratrembel», dem Open Air in Chapella oder Veran-
lich bestellt? Auf der Webseite der Destination «Enga-
staltungen einheimischer Event-Organisatoren wie
din-St. Moritz» werden unter der Rubrik «Nachtleben»
«Boarders Valley« fehlt ein alternatives, auf die einhei-
77 Bars, Clubs oder Discos zwischen Sils und Zernez
mischen Jugendlichen zugeschnittenes Angebot.
aufgeführt. Für eine Region mit rund 16’000 Einwohnern ein stattliches Angebot.
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tüna» Pontresina. «Wenn man hier Lust und Interesse
Gutes Angebot für die Jüngeren
«Die Menge sagt nichts über die Qualität aus. Das Kul-
Zur Jugendkultur gehört auch die Jugendarbeit, die
tur- und Unterhaltungsangebot für die 18- bis 30-Jäh-
von den Gemeinden finanziert wird. Und die kann
rigen spielt hier oben auf dem ‹Top of the world› eher
sich, zumindest im Oberengadin, sehen lassen. Das
in der Regionalliga statt in der Weltklasse», sagt Luigi
«JuTown« gegenüber dem Segelclub in St. Moritz ist ihr
Massé, Event-Organisator und Mitglied der «Giuven-
Zentrum. In den weitverzweigten ehemaligen Bun-
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kerräumen des Schulhauses gibt es Billardtische und
trotz langer Suche fand sich bisher kein geeignetes be-
Tschüttelikästen, einen Kinoraum, eine Lounge, eine
stehendes Objekt. Der Ball liegt nun bei den Behörden.
Disco, einen Computerraum und mehrere Übungs-
Sie hätten es in der Hand, der Oberengadiner Jugend
räume für Bands. Hier finden regelmässig Disco-
ein Geschenk zu machen. Eines, das touristisches
abende, Filmvorführungen, Themenpartys und mehr
oder sogar architektonisches Renommee bringen
statt. Über 2300 Eintritte verzeichnet das Lokal pro
könnte, wie das Projekt «Cinema sil Plaz» in Ilanz un-
Jahr. Von hier aus organisiert der Verein «Offene Ju-
längst zeigte.
gendarbeit St. Moritz» auch Anlässe in Pontresina und fördert die Kommunikation zwischen Jugendlichen,
Unterengadin: Tanzen in Nairs?
Lehrern und Eltern. Einer der Leiter, Christian Steiner,
Derweil steht das ehemalige «Sounds» in Scuol leer.
bestätigt den Eindruck: Bei der Jugendarbeit braucht
Gemeindepräsident Jon Domenic Parolini ist sich be-
das Oberengadin den Vergleich mit Städten im Unter-
wusst, dass die Situation unbefriedigend ist. Er betont,
land nicht zu scheuen.» Die Finanzierung durch die
dass die Gemeinde das Lokal durchaus für einzelne
Gemeinde und die Unterstützung von Firmen, Hotels
Konzerte vermiete. Ein regelmässiger Clubbetrieb
und Privaten sei grosszügig. Ausgelegt ist das Angebot
komme an diesem Standort aber nicht mehr in Frage.
für Jugendliche zwischen 16 und 20. In Samedan soll
Allerdings habe der Protest der Jugendlichen auch ei-
bald ein weiteres Angebot folgen. Es ist aber auch klar:
nen Denkprozess ausgelöst. Gemeinsam mit dem Re-
Sind die Jugendlichen einmal in einem Alter, in dem
gionalverband Pro Engiadina Bassa wird zurzeit der
die «suchtmittelfreie Zone« der Jugendräume an At-
Aufbau einer professionellen Jugendarbeit mit eige-
traktivität verliert, wenden sie sich anderen Angebo-
nen Räumlichkeiten geprüft, ähnlich wie sie in St. Mo-
ten zu. Und in diesem Segment fehle, das bestätigt
ritz bereits bestehen. Ein möglicher Standort sei das
auch Christian Steiner, eine Alternative zum beste-
ehemalige «Sounds», dessen «betreutes» Zielpubli-
henden touristischen Angebot.
IG Kulturraum
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kum dann deutlich jünger wäre. Die älteren Jugendlichen aus dem Unterengadin fahren derweil in den Vinschgau, nach Samnaun oder
Ändern möchte diesen Zustand die Interessengruppe
St. Moritz in den Ausgang. Dass dies gefährlich sein
«Kulturraum Oberengadin». Hier ist unter anderen der
kann, weiss auch Parolini. Er könne sich deshalb vor-
23-jährige SP-Kreisrat Nicola Caduff aktiv. Die Peti-
stellen, dass auch im Unterengadin ein Jugendkultur-
tion «Kulturraum Oberengadin» wurde bis dato von
zentrum entstehe, so wie es im Oberengadin gefordert
500 Jugendlichen unterschrieben. Sie fordern ein
wird. Doch auch hier ist die Lärmfrage das grösste
«Kulturzentrum, das auf die Bedürfnisse von jungen
Hindernis, einen geeigneten Standort zu finden. In-
Einheimischen zugeschnitten ist, mit vielseitig nutz-
zwischen macht eine Idee die Runde: Aus dem «Scuol
baren Räumen und Bühnen.» Das Zentrum soll gut er-
Palace», dem einstigen «Kurhaus Tarasp» unten am
reichbar sein und von einem Trägerverein professio-
Inn, das zuletzt als jüdisch-orthodoxes Hotel betrie-
nell geführt werden. Finanzieren soll es sich aus
ben wurde und nun wieder leer steht, könnte ein Ju-
Beiträgen des Kreises, der Gemeinden, Vermietungen
gendhotel werden – samt Disco für die einheimische
und Einnahmen aus der Gastronomie.
Jugend. Ein anderer möglicher Standort für eine Disco
Nicola Caduff hat festgestellt, dass das Anliegen auf
liesse sich vielleicht in der Nähe des Bahnhofs Scuol
keinen prinzipiellen Widerstand stösst. Aber bei der
finden. Doch Gemeindepräsident Parolini macht im
Suche nach einer Lösung treten eben rasch Engadin-
gleichen Atemzug auch klar, dass die Gemeinde von
spezifische Probleme auf: die möglichen Konflikte mit
sich aus nicht aktiv werde. Auch im Unterengadin
dem Tourismus. Denn wo im durch den Zweitwoh-
sind also die Jugendlichen oder ein Veranstalter gefor-
nungsbau überteuerten Oberengadin findet sich eine
dert, das Heft in die Hand zu nehmen.
geeignete Liegenschaft für ein Jugendkulturzentrum?
Die Jugend selbst fordert weiterhin Unterstützung
Bisher blieb die Suche erfolglos.
durch die Politik, denn für sie ist das Leben in der Fe-
Auch die «Giuventüna» Pontresina steht voll hinter
rienregion nicht immer lustig. Extrem hohe Woh-
dem Anliegen der Petition und schlägt mit Punt Mu-
nungspreise und das enge Jobangebot machen ihnen
ragl sogar einen zentralen, zwischen den Zentren Sa-
das Hierbleiben oder die Rückkehr nach einer Ausbil-
medan, St. Moritz und Pontresina gelegenen Standort
dung nicht leicht. Ihnen sind eben Champagner und
vor. Einen Standort für einen Neubau notabene, denn
das Opernfestival im Nobelhotel nicht genug.
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Ingaschà e perseverant Ingon po festagiar Jacques Guidon seis 80avel anniversari. Cun seis ingaschamaint instancabel per lingua e cultura è’l dvantà üna da las plü importantas vuschs da la Rumantschia. Text: Mario Pult Foto: Daniel Martinek
E
u n’ha tuot las facettas d’ün commember d’üna
da magister a seis cunfins ha’l decis da s’ingaschar per
minorità. Tanter oter suna sensibel, aggressiv e
la lingua. El es stat il prüm collavuratur regiunal da la
n’ha sentimaints d’esser sulet», tradischa Jac-
Lia Rumantscha: «Quai es stat sco da far ün sigl in l’aua;
ques Guidon. Fingià bod s’ha sviluppada pro el la con-
üna bella sfida, üna dretta lavur da pionier.» Jacques
scienza da far part ad alch special, da tocker pro ün’et-
Guidon ha cumbattü per daplü preschentscha ru-
nia, la Rumantschia. Cha quista saja adüna statta
mantscha ingio chi saja ed ha realisà cun success divers
dinamica e creativa ed üna componenta importanta
progets. Quai ch’el ödiescha es la folclorisaziun da cun-
da la Svizra, es sia persvasiun. El svess ha contribui e
tegns culturals, el ha per exaimpel üna profuonda aver-
contribuischa amo da maniera creativa abundanta a
siun invers il «Schellenursli».
quista dinamica.
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Seis interess sun multifaris mo la preferenza dà Jacques
Art güda a superar crisas
Guidon sainza dubi a la pittüra ed a la litteratura ingio
Cha quai saja ün exaimpel co chi vegnan mantgnüdas
cha seis duns sun incontestabels. «Eu n’ha eir paschiun
tschendras impè dad impizzar fös: «Id es da crear alch
pel chant e pella musica, mo sün quels chomps lascha la
nouv e na falsifichar il passà.» El svess ha demuossà quai
precedenza a quels chi san far meglder», confessa’l. El es
cun scriver plüs tocs teater e gös libers chi sun gnüts ra-
inamöd da l’avis ch’el haja sparpaglià da massa sias for-
preschantats cun success. Jacques Guidon es instanca-
zas, causa ch’el haja fadia da metter prioritats: «Dad
bel, scriva per occasiuns texts da cabaret e less realisar
avair duos talents es üna furtüna ma eir ün’ipoteca. I s’es
ün gö liber in seis cumün patria. Quist tematisescha ils
ün pa sco l’asen tanter duos tocs d’fain.» El suppuona
problems actuals sül chomp da la cultura e politica in
cha quai haja da chefar cul fat dad esser Rumantsch.
Engiadina. Ed eir illa litteratura sun da chattar seis sti-
«Insè am vessa stuvü decider per l’art, ma il destin da
zis. Divers raquints, impissamaints ed aforissems and
nossa lingua am sta talmaing a cour ch’eu am n’ha senti
dan perdüttanza.
oblià da m’ingaschar per ella», admetta Guidon.
Jacques Guidon ha pudü as fidar da sia forza creativa. El
Jacques Guidon es stat visiunari ed ha s-chaffi fingià
manaja ch’el lavura da maniera spontana, cha uschea
dals ons 50 ün pledari tecnic per las scoulas ru-
prodüa’l bler s-chart ch’el stopcha eliminar e chi resta
mantschas. Cur ch’el ha badà ch’el riva pro la vocaziun
be pac valabel. Quist’opiniun modesta cuntrastà cul fat
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ch’el ha obtgnü sül chomp da la pittüra numerus pre-
donim da «Giongion» toccan suvent sül viv e dan per-
mis. Quist on ha’l in vista exposiziuns da sias ouvras,
dütta da seis güdicat politic critic. Guidon deplorescha
p.ex. i’l Museum Chasa Jaura, e quistas dumondan
l’intretschamaint d’economia e politica chi vegna tole-
bler’energia ch’el ha per furtüna in abundanza. «L’art
rada causa cha’l pövel saja dvantà apolitic: «No nu vain
pretenda perseveranza e quella n’haja. Id es da nudrir,
plü duonnas ed homens da stadi. L’egoissem persunal
da tizzar il fö, per rivar al böt», manaja’l. Per el es la
dominescha e ningün nu pensa a las generaziuns futu-
gronda sfida da savair cur chi basta. Massa gronda es la
ras, i manca da solidarità.»
tentaziun da vulair crear ün purtret perfet: «Pel solit
Eir sch’el as stramainta da scriver texts politics nun è’l
stuna massa lönch landervia.»
bun da laschar chi tuna. Güsta d’incuort ha’l sustgnü
Cha l’art til güda a surmuntar crisas, pustüt quellas chi
culla penna ün’iniziativa per impedir ch’illa zona d’abi-
naschan adüna darcheu da las dischillusiuns in connex
tar dal cumün vegl da Zernez vegna realisà üna gronda
cul cumbat politic: «Per furtüna nu va il patimaint a
surfabricaziun. L’iniziativa ha gnü la consequenza cha’l
l’extrem, il plü da tuot suna minchatant avili.» Ma el
cussagl cumünal ha redimensiunà il proget – ün suc-
riva da superar crisas mentalas cun esser creativ. El es da
cess parzial. Il pensar a cuorta vista, quista superficia-
l’avis ch’el nun haja pel düra ma ch’el saja tuottüna
lità, constata Jacques Guidon eir pro l’integraziun lin-
massa robust per subir don. L’amur e l’incletta da sia
guistica: «Cun pacas lodaivlas excepziuns voul la gron-
duonna Eva, l’amicizcha e la natüra güdan pro.
da part da la glieud star pro nus, ma na propa tour part
«I manca da solidarità»
taintan d’imprender la lingua be receptivmaing e quai
Sül chomp da la politica s’ingascha Jacques Guidon
es, a lunga vista, fatal per üna minorità.» – Jacques Gui-
a la cumünanza. Per la cultura nu s’interessna. I’s cun-
amo adüna pel resguard invers l’ambiaint. La funda-
don cumbatta cun ingaschamaint instancabel per l’au-
ziun da la revista satirica «Il Chardun» ha permiss da
tenticità da la cultura e pel mantegnimaint da valuors
publichar opiniuns in plaina libertà. Ella po amo adüna
chi s’han verifichadas. La Rumantschia po esser super-
far quint cun sias contribuziuns, saja quai in fuorma da
bgia d’avair in sias rischlas üna tala persunalità chi
caricaturas o da texts satirics. Sias respostas suot il pseu-
disch dad el: «In prüma lingia suna ün Rumantsch.»
Eine wichtige Stimme der Romanen
Schublade. Guidon malt und publiziert viel. «Da ich
Jacques Guidon feiert seinen 80. Geburtstag – er ist
sehr produktionsfreudig bin, entsteht auch viel Abfall.
eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Rumant-
Nach den Ausmerzaktionen bleibt dann wenig übrig»,
schia. In Zernez in einer Bauernfamilie aufgewachsen,
stellt er selbstkritisch fest. Dabei hat er vor allem als
wurde er von kreativen Kräften des Bauernlebens ge-
Maler zahlreiche Auszeichnungen bekommen und re-
prägt. Gerne wäre er schon als junger Mann Maler
gelmässig finden Ausstellungen seiner Werke statt.
oder zumindest Zeichenlehrer geworden, aber nach
Als erster regionaler Mitarbeiter der Lia Rumantscha
dem Besuch des Lehrerseminars in Chur wurde er Se-
leistete Guidon Pionierarbeit für die Sprachförderung.
kundarlehrer. Er unterrichtete bis 1986 in Pontresina,
Die Schule hatte er damals aus der Überzeugung ver-
Zuoz und Zernez und war danach der erste regionale
lassen, dass er so seiner Muttersprache besser dienen
Mitarbeiter der Lia Rumantscha.
könne. Guidon verteidigt die Grundwerte und die Na-
Jacques Guidons Malerei ist im Laufe der Jahre immer
tur und fordert Respekt gegenüber den Schwachen.
bekannter geworden. Er nutzt die Kunst, um sich frei
Erst kürzlich setzte er sich mit anderen gegen eine
auszudrücken. Das tut er auch mit Worten: In den
Überbauung in der Dorfkernzone von Zernez ein und
Siebzigerjahren gründete er zusammen mit Mitstrei-
sie erreichten einen Teilerfolg. Er kämpft weiter, denn
tern die satirische Zeitschrift «Il Chardun», wo er bis
er mag es nicht, wenn «Eigeninteressen überwiegen
heute satirische Zeichnungen oder ironische Texte
und wenn auf die Allgemeinheit keine Rücksicht ge-
veröffentlicht. Guidon nutzt seine kraftvolle Sprache
nommen wird». Heute fehle es an Solidarität gegen-
auch für sein politisches Engagement. Und von seiner
über den kommenden Generationen. Und er bedauert,
Liebe zur Literatur zeugen zahlreiche Theaterstücke,
dass mit der Abwanderung der Intelligenz grosse Lü-
die mit Erfolg aufgeführt wurden. Seine veröffent-
cken aufgerissen werden. Mit solchen Äusserungen
lichte Prosa besteht aus Kurzgeschichten und Aphoris-
sorgt er oft für Wirbel, aber er erreicht, dass sich nie-
men, aber auch Romanentwürfe liegen in seiner
mand aus der Verantwortung stehlen kann.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
AUSSTELLUNG IM MUSEUM CHASA JAURA, VALCHAVA Jacques Guidon zeigt seine Werke in einer grossen Ausstellung im Museum Chasa Jaura in Valchava im Münstertal. Bis 13.10. Am 23.7. findet dort zu Guidons 80. Geburtstag eine Veranstaltung statt. Mit dabei sind Andreas Klaeuli, Romedi Arquint sowie Curdin und Domenic Janett.
11
Streit um Eingriffe im Schutzgebiet Am Fusse des Piz Arina im Unterengadin ist die einzigartige Biodiversität durch eine Melioration bedroht. Die modernen Traktoren brauchen beitere Strassen und die Intensivierung der Landwirtschaft geht auf Kosten von Flora und Fauna. Wie konnte das passieren?
Text: Esther Banz Fotos: Joe Meier
12
J
oe Meier wohnt im Kanton Aargau, doch der Or-
Breite Strassen und Gülle
chideenexperte kennt das Gebiet unterhalb des
Melioration meint im eigentlichen Wortsinn «Verbes-
Piz Arina, als wäre es sein eigener Garten. Seit vier-
serung». Parzellen, die über die Jahrzehnte durch Ver-
zig Jahren kommt er mindestens einmal im Jahr in
erbung immer weiter zerstückelt wurden, werden zu-
diese Gegend oberhalb von Ramosch. Sicher immer
sammengelegt, damit sie einfacher zu bewirtschaften
im Juni, während des Bergfrühlings. Dann zieht er die
sind. Zu jeder Melioration gehört auch der Ausbau des
Wanderschuhe an, schultert den Rucksack, hängt sich
Weg- und Strassennetzes. Der Bund gibt vor, dass
eine Kamera um den Hals. Und geht los. Lange muss er
Strassen für die modernen Traktoren tauglich ge-
nicht suchen – der 70-Jährige weiss genau, wo er in
macht werden und mindestens drei Meter breit sein
dieser knapp 5000 Hektar grossen Landschaft von na-
müssen, plus seitliche Bankette. Der (Aus-)Bau hinter-
tionaler Bedeutung die seltenen Blumen findet: den
lässt Narben, die noch Jahre oder Jahrzehnte zu sehen
Frauenschuh, den Fliegenragwurz, die zweiblättrige
sein werden. Die Vegetation erholt sich auf dieser
Waldhyazinthe, die Fingerwurze, das Männertreu –
Höhe nur langsam. Viele der geschützten Blumen wer-
und unzählige weitere.
den nicht mehr nachwachsen.
Joe Meier hat zusammen mit einem Kollegen im Auf-
Es ist April, ein warmer und trockener April, als Joe
trag des Kantons Graubünden die Feuchtgebiete bei
Meier aufmerksam durch die geschützte Landschaft
Ramosch kartiert. Das Resultat ist ein Katalog, der
streift. Für die Orchideen ist es noch zu früh, aber Al-
nicht nur seltene Blumen in Feuchtwiesen, Flach- und
pen-, Schwefel- und Pelzanemonen spriessen oder
Hangmooren nachweist, sondern auch zeigt, wo diese
blühen bereits an Wegrändern und Borden, wo keine
Biotope durch die Melioration in Gefahr sind (siehe
Gülle ausgetragen wird. «Das kommt noch dazu», sagt
Abb. auf der nächsten Doppelseite). Die Kategorie «Ge-
Meier: «Wenn die Bauern ihre Gülle auf den dereinst
fährdung 3» steht für «akut gefährdet». Die Bilanz:
ausgebauten Strassen bis 1800 Meter oder noch höher
Von den insgesamt 40 kartierten Biotopen sind laut
hochkarren können, wird es dort innert kürzester Zeit
Inventar 29 akut oder teilweise akut gefährdet.
aussehen wie bei uns im Unterland: nur noch grüne
piz 41 : Sommer | Stà 2011
Fettwiesen, eine Monokultur. Denn die Orchideen
tung, die Blumenwiesen in den Bergen bewahrt. Die
Blühende Vielfalt im
und viele andere der geschützten Blumen ertragen
Allianz, die für Flora und Fauna einsteht, sowie die
bedrohten Orchideen-Paradies
keine Gülle. Schon eine einzige Düngung kann sie für
Umweltverbände haben in Bern wenig Einfluss. Das
von Ramosch.
immer kaputt machen.»
wird auch bei der «Agrarpolitik 2014–2017» so sein,
Im Unterland wird gebüsst, wer beim Pflücken von ge-
die derzeit in der Vernehmlassung steckt.
schützten Blumen erwischt wird, und es wird ausgezeichnet, wer Steine aufhäuft, damit Zauneidechsen
Schlimm oder vorbildlich?
oder Schmetterlinge Unterschlupf finden. Und hier
Zurück nach Ramosch. Die geplante Melioration ist
oben? Findet hier ein hoch subventioniertes Biodiver-
zwar eine unter vielen im Land, für Joe Meier aber eine
sitäts-Gemetzel statt? Joe Meier fragte im November
der schlimmsten überhaupt. Stefan Darnuzer ist da
2009 in Bern nach: «Weshalb hilft der Bund mit Steu-
anderer Meinung. Der für das Projekt verantwortliche
ergeldern, eine aussergewöhnliche Landschaft zu zer-
Ingenieur aus Davos verweist – wie die Vertreter von
stören?» Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)
Bund und Kanton – auf die Umweltverträglichkeits-
versuchte zu beruhigen: «Ich kann Ihnen versichern,
prüfungen, die Begehungen und die Kartierungen:
dass Ihre Anliegen auch die unsrigen sind und wir al-
«Wir sind uns bewusst, dass wir in einem ökologisch
les unternehmen werden, die Biodiversität in Ra-
sehr wertvollen Gebiet arbeiten, und wollen nicht in
mosch wie auch anderswo zu erhalten.»
Abrede stellen, dass die Eingriffe teilweise problema-
Bund gibt falsche Anreize
tisch sein können. Aber die ökologische Baubegleitung wird sicherstellen, dass sie so schonend wie mög-
Doch Joe Meier ist nicht beruhigt, denn er kennt an-
lich gemacht werden.» Ausserdem seien rund die
dere Beispiele von den Meliorationen, in Guarda, Ar-
Hälfte der Wege – gut 20 Kilometer – als Kieswege ge-
dez und Sent, wo aus einst artenreichen Wiesen Fett-
plant. Darnuzer meint, man könne die Melioration
wiesen geworden sind, weil dort jetzt gedüngt wird.
Ramosch nicht mit älteren Projekten vergleichen:
Können die mit den Landwirten abgeschlossenen Ver-
«Früher wurde unter ganz anderen Wertvorstellungen
träge dies nicht verhindern? Meier schüttelt den Kopf
und ganz anderen gesetzlichen Grundlagen projek-
und erwähnt den Fall eines Bauern, der in Vnà ein
tiert als heute.»
Feuchtbiotop gepflügt und trockengelegt hat – ohne
Auch der Kanton betont, man habe aus früheren Feh-
dass er dafür je zur Rechenschaft gezogen wurde.
lern gelernt. Josef Hartmann ist im Amt für Natur und
Meier kritisiert aber vor allem die Landwirtschaftspo-
Umwelt für den Biotop- und Artenschutz und den Ver-
litik, die den Bauern Anreize gibt, immer mehr Gross-
tragsnaturschutz zuständig. Er verweist auf die Ver-
vieh zu halten, anstatt sie für eine Landschaftspflege
träge mit den Landwirten, die festlegen, ob und wann
zu belohnen, die der Biodiversität nützt.
wertvolle Flächen gedüngt und geschnitten werden
Landwirtschaftspolitik ist Bundessache, das Parla-
dürfen. Aber Verstösse liessen sich leider nie ganz ver-
ment setzt die Leitlinien und da hat der SVP-lastige
meiden, räumt auch Hartmann ein. «Die Gemeinden
Bauernverband grossen Einfluss. Er vertritt einen Be-
kontrollieren einmal pro Jahr mit ihren Flächenbe-
rufsstand, der produzieren will, nicht Landschafts-
auftragten, ob die Schnittzeiten eingehalten werden.»
gärtnerei betreiben. Deshalb gibt es wenig Interesse
Ausserdem werde «periodisch» kontrolliert, ob die
an Direktzahlungen für eine extensive Bewirtschaf-
weiteren Bedingungen, etwa zum Güllen, eingehal-
piz 41 : Sommer | Stà 2011
13
ten werden. Weil die Kontrollen aber sehr aufwendig
Natur bezahlen muss, hoch». Die Bedürfnisse der
seien, setze der Kanton «auf die Selbstverantwortung
Landwirte seien von Anfang an an erster Stelle gestan-
der Bauern, die wir beraten und in ökologischen Fra-
den und die Umweltorganisationen seien erst zu einer
gen sensibilisieren. Daneben gibt es auch eine soziale
Begehung eingeladen worden, als die Planung weit
Kontrolle.» Allerdings: Bauern zeigen sich gegenseitig
fortgeschritten war. Kritischen Bemerkungen sei die
wohl nie an, in kleinen Gemeinden greift auch eine
Projektleitung damals mit der Aussage begegnet, man
Behörde nicht gern ein, und Joe Meier kommentiert
könne jetzt nicht noch einmal Grundsatzdiskussio-
die soziale Kontrolle lakonisch: «Wer von den Wande-
nen führen. Und noch etwas stört sie: Dass das leitende
rern weiss schon, was in diesen Verträgen steht?»
Ingenieurbüro gleich auch den Umweltverträglich-
Enge Vorgaben aus Bern
keitsbericht erstellte – das sei «sehr unüblich.» Doch auch der Landschaftsschutz reichte nie eine formelle
Victor Peer, der Gemeindepräsident von Ramosch und
Einsprache ein. Die zuständige Mitarbeiterin war ge-
selber Bio-Bauer und Präsident der Stiftung Pro Terra
nau zur entscheidenden Zeit im Mutterschaftsurlaub.
Engiadina (siehe hinten), war noch nicht im Amt, als
Jetzt ist die Melioration angelaufen. Sie wird rund
die Melioration beschlossen wurde. Doch er wehrt
zwanzig Jahre dauern. Die Grundeigentümer werden
sich gegen den Vorwurf, Ramosch habe hier schlechte
im Verfahren mehrfach die Möglichkeit haben, ihre
Arbeit geleistet. Im Gegenteil: das Projekt sei vorbild-
Wünsche und Vorstellungen einzubringen. Von ih-
lich. Die Umweltverbände seien in die Planung einbe-
nen hängt ab, wie schnell alles voranschreitet. Mög-
zogen worden. Das Problem – so sagt auch Peer – liege
lich, dass doch nicht alle «Verbesserungen» umgesetzt
bei den Bundesvorschriften, die mit Geldentzug be-
werden, denn immer mehr Bauern bekennen ihren
strafen, wer sich nicht an die Normen hält. Trotzdem
Unmut: Sie, für die die Melioration angeblich gemacht
sei man sehr weit gegangen und habe mit Bern Kom-
wird, machen sich mehr und mehr Sorgen um die Zu-
promisse aushandeln können. Auch er verweist dar-
kunft der wertvollen Landschaft.
auf, dass viele Wege nun doch nicht betoniert oder asphaltiert werden. Peer selbst hatte dies vorgeschlagen und gefordert, die entsprechenden Subventionen für
Pro Terra Engiadina
den Unterhalt der Wege zu verwenden. Ohne Erfolg,
Die reiche Natur- und Kulturlandschaft im Unteren-
denn die Vorgaben des Bundes lassen keine derartigen
gadin zu erhalten und aufzuwerten ist Ziel der 2009
Abweichungen zu. Dass das alles den Kritikern zu we-
gegründeten Stiftung Pro Terra Engiadina, die vom
nig weit geht, versteht der Gemeindepräsident, aber
Ramoscher Gemeindepräsidenten und Biobauern Vic-
die Landwirte könnten eben nicht auf die Subventio-
tor Peer präsidiert wird. Pro Terra Engiadina steht den
nen verzichten.
Zahme Umweltorganisationen
möglichen Schäden, die die Melioration verursachen könnte, kritisch gegenüber. Doch an den letzten Versammlungen machten die Landwirte auch klar, dass
Wo waren die Umweltorganisationen, als man gegen
sie produzieren wollen und sich den Entzug von Sub-
das Projekt noch Einsprache erheben konnte? Hans
ventionen nicht leisten können.
VAL SINESTRA: LANDSCHAFT DES JAHRES
F. Schneider, Geschäftsführer von Pro Natura Grau-
Pro Terra Engiadina will aber einen Weg finden, wie in
bünden, erinnert an damalige Kritik: «Der Ausbau der
Ramosch die jahrhundertealte, von den Bauern ge-
Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz lanciert 2011 zum ersten Mal die Auszeichnung «Landschaft des Jahres» – und auserkoren wurde das Val Sinestra, das von der Melio ration bei Ramosch ebenfalls betroffen ist. Mit dem Preis will die Stiftung «die kaum bekannten, noch zu entdeckenden, aber auch bedrohten Landschaften der Schweiz ins Zentrum rücken: Das Val Sinestra zeigt eine harmonische Verzahnung von Natur- (namentlich Wald-) und Kulturlandschaft.»
Wege führt in vielen Fällen zu schweren Konflikten
schaffene Terrassenlandschaft und die Biodiversität
mit Kleinstrukturen und zu erheblichen Nachteilen
erhalten werden können. Gemeinde, Kanton, die Stif-
für Flora und Fauna, die nicht genügend berücksich-
tung Landschaftsschutz Schweiz, der WWF, die Vo-
14
tigt worden sind, da sie nur als temporär geschädigt
gelwarte Sempach und Birdlife Schweiz haben sich
betrachtet werden. Das trifft nicht zu, da über Jahr-
hier seit Jahren für deren Erhalt und Pflege engagiert.
zehnte oder Jahrhunderte gewachsene Strukturen
In Pro Terra Engiadina sind nun zusätzlich Touris-
zerstört werden.» Die Stellungnahme von Pro Natura
musverantwortliche und die Land- und Forstwirt-
endet so: «Wir bitten Sie, unsere Anliegen in diesem
schaft mit dabei, damit gemeinsame Lösungen gefun-
Sinn zu berücksichtigen.» Die Bitte genügte nicht.
den werden können. – Pro Terra Engiadina koordiniert
Kritik kommt aber auch von der Stiftung Landschafts-
aber auch Freiwilligen-Einsätze und Projekte und
schutz Schweiz. Die stellvertretende Geschäftsleiterin
sie will eine gemeinsame Kommunikationsplattform
Christine Neff findet bis heute «den Preis, den hier die
werden. www.inscunter.ch
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Oben: Bewirtschaftungsstrassen in Ramosch heute (links) und nach der Melioration in der Nachbargemeinde Tschlin zubetoniert (rechts). Unten: Auszug aus der Kartierung «Feuchtgebiete Ramosch», in der 29 von 40 Gebieten als gefährdet bezeichnet sind.
1
2
Berghotel als Energielieferant Das Hotel auf dem Muottas Muragl produziert seit dem aktuellen Umbau mehr Energie, als es selber verbraucht. Ein Erdregister mit 3,2 Kilometer Rohren dient als «Reservoir». Dank Solarenergie steht hier auf dem Berg das erste Plusenergie-Hotel der Alpen.
Text: René Hornung Fotos: Daniel Gerber
D
ie Bergstation der Muottas-Muragl-Bahn wurde
gen Energie, also mehr als gebraucht wird, wie Gian
1907 von Anfang an als Hotel gebaut. Trotz der
Fanzun vom Churer Architektur- und Ingenieurbüro
Top-Lage auf dem Sonnenbalkon braucht ein
Fanzun AG bei der Eröffnung vorrechnete. Der prakti-
Betrieb in dieser Höhe von 2456 m ü. M. viel Energie.
sche Betrieb werde zeigen, wie viel Überschuss im Plus-
Bei einer Durchschnittstemperatur von nur einem
energie-Hotel wirklich produziert werden kann.
Grad Celsius kommt das Gebäude gerade an 30 Tagen
Romantik-Hotel Muottas Muragl 7503 Samedan Tel. 081 842 82 32 www.muottasmuragl.ch
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im Jahr ohne Heizung aus.
Verschiedene Energiequellen: alle CO2 -frei
Mit dem jüngsten, 20 Millionen teuren Umbau wur-
An erster Stelle der Energiequellen steht die Abwärme
den deshalb nicht nur die im Laufe der Jahrzehnte ent-
aus den Kühlaggregaten, aus der Küche und aus dem
standenen Anbauten durch einen neuen Sockelbau
Bahnbetrieb. Zwei unterschiedliche Typen von Son-
ersetzt, so dass das historische Hotel wieder in seiner
nenkollektoren liefern Wärme für Heizung und
ursprünglichen Form klar zu erkennen ist. Zum Er-
Warmwasser. Reicht die nicht aus, werden 16 Erdson-
neuerungskonzept gehört auch ein nachhaltiges Ener-
den von insgesamt 3,2 Kilometer Länge zugeschaltet.
giekonzept: weg von den fossilen Brennstoffen, lautete
Sie reichen bis 150 Meter in die Tiefe. Eine Wärme-
die Devise der Bergbahnen Engadin St. Moritz AG als
pumpe sorgt für die Umwandlung der Erdwärme in Pro-
Hoteleigentümerin. Geprüft wurden unter anderem
zesswärme. Schliesslich liefern die Fotovoltaik-Kollek-
eine Holzheizung, doch diese hätte aufwendige Trans-
toren entlang des oberen Teils des Bahn-Trassees den
porte nötig gemacht, und für eine Windturbine
nötigen Strom, pro Jahr 100’000 Kilowattstunden. Pro-
herrscht auf dem Berg zu oft Flaute – sie hätte nicht ge-
duziert das Gesamtsystem zu viel Wärme, wird diese
nügend Strom produzieren können. Viel Energie liefert
über die Erdsonden in den Boden zurückgeleitet.
aber die Sonne, denn das Engadin gehört bekanntlich
«Wir verbrauchen nur 40 Prozent der früher benötig-
zu den sonnenreichsten Standorten im Land.
ten Energie, obwohl die heutige Fläche um 1000 Qua-
Nach der Sanierung liefern nun verschiedene Quel-
dratmeter grösser ist», streicht Architekt Gian Fanzun
len – mindestens rechnerisch – 105 Prozent der nöti-
hervor, und er weist darauf hin, dass die gesamte Ver-
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3
4
5
sorgung Schadstoff- und CO2-frei ist. 40’000 Liter
Das renovierte Hotel verfügt über 16 Hotelzimmer in
1 Frische Inszenierung mit heimischen Materialien.
Heizöl können nun eingespart werden. Dank der Süd-
unterschiedlicher Grösse. Deren Preise sind für Ober-
Ausrichtung kann das Haus auch mit «passiver Solar-
engadiner Verhältnisse bewusst moderat. Pro Person
gewinnung» durch die Fenster einen grossen Teil der
kostet die Nacht im Doppelzimmer, inklusive Bahn-
2 Seit über 100 Jahren unver-
benötigten Wärme einfangen. Speicherfähige Boden-
fahrt, zwischen 99 und 120 Franken, die Junior-Suite
wechselbar: Muottas Muragl.
beläge, Decken- und Wandaufbauten helfen mit,
gibt es ab 140 Franken. Bei der Ausstattung setzte man
diese Einstrahlung zu speichern.
auf einheimische, natürliche Materialien, auf Stein
3 Entlang des oberen Teils
Alphütten-Groove ist verschwunden
und Holz und verzichtete mitten in der Alpenwelt be-
der Standseilbahn-Trasse wird
wusst auf Fernseher und Minibar.
Strom produziert.
Im neuen Sockelgeschoss liegen Technik und Infra-
Während der Bauzeit wurde eine temporäre Material-
struktur sowie der neue Ankunfts- und Abfahrtsbe-
seilbahn mit einer Nutzlast von bis zu vier Tonnen be-
reich der Bergbahn. Hier haben Hotel- und Tagesgäste
trieben, die parallel zur Standseilbahn gebaut wurde.
Traditionelle Materialien, zeit-
respektive Wanderer nun getrennte Wege zum Hotel
Sie machte es möglich, dass nur 50 Helikopterflüge für
genössische Formensprache.
und zu den Restaurants oder über eine Aussentreppe
den Materialtransport auf den Berg ausreichten.
direkt auf die Sonnenterrasse. Dies entflicht beim oft
Die architektonische und technische Erneuerung des
grossen Ansturm die Besucherströme. Im Erdgeschoss
Romantik-Hotels Muottas Muragl wurde von der Fan-
wurde das Gourmetrestaurant umgestaltet und das
zun AG, Chur, geplant. Sie hat im Auftrag der Bergbah-
Selbstbedienungsrestaurant «Scatla» wurde vom frü-
nen Engadin St. Moritz AG das Haus zu einem Leucht-
heren Alphütten-Groove befreit.
turm der nachhaltigen Energieversorgung gemacht.
4,5 Sitzungs- und Hotelzimmer:
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Ein Drama braucht gestürzte Helden Romedi Arquint war Lehrer, Pfarrer, Kulturbeamter und Politiker – alles mit viel Herzblut. Er «spielte viele Rollen», wie er sagt. Zuletzt die des Gemeindepräsident von S-chanf. Doch dort zeigte ihm die Bevölkerung die rote Karte: «So nicht!» – er wurde abgewählt.
Text: Michaël Jarjour Foto: Daniel Martinek
R
omedi Arquint war an jenem Morgen Anfang
Oktober 2010 nicht nervös, obwohl am Abend
Stock herunterkam und bei den singenden Studenten
die Gemeindeversammlung von S-chanf über
reinschaute. Er hatte dann später Kirsten mit dem
die neue Bauordnung und den Zonenplan abzustim-
«Deux Chevaux» nach Hause gefahren. Dann hatte
men hatte. Es ging auch um den Zweitwohnungsbau
man sich wieder und wieder gesehen, geheiratet und
und um sehr viel Geld. Zur Versammlung kamen mehr
eine Familie gegründet. «So schnell ging es, und so
als dreimal so viele Menschen wie sonst und sie waren
einfach!» Kirsten hat diese Schilderungen mitgehört,
mindestens drei Mal so laut, wie sonst. – Jetzt sitzt Ar-
sie widerspricht nicht.
quint am runden Holztisch in seiner Stube. Auf der
Längst haben die Arquints ein Haus in Dänemark und
Bank ein blaues Kissen. Er raucht einen Zigarillo.
fahren drei- oder viermal im Jahr hin. «Wunderschön
Durch das Fenster geht der Blick auf Chapella, ein
ist es da», sagt der Engadiner. Auch am Tag nach jener
neues Wohnquartier. Er erzählt mit leiser, tiefer
Gemeindeversammlung fuhr Arquint nach Däne-
Stimme: In Zernez sei er aufgewachsen, der «obersten»
mark. Er habe damals eigentlich gewusst, «dass es vor-
Gemeinde des Unterengadins. «Man könnte sagen, ich
bei ist», dass er an jenem Abend als Gemeindepräsident
hätte es weit gebracht: bis in die ‹unterste› Gemeinde
von S-chanf «abgeschossen» worden sei. Die Bevölke-
des Oberengadins. Über die Punt’Ota, die seit dem
rung sagte ihm klar: «So nicht!» Er fuhr nach Däne-
13. Jahrhundert das Unter- vom Oberengadin trennt.»
mark, um die Niederlage zu verarbeiten, den Wahl-
Obwohl er später im Gespräch erzählt, dass ihm die
kampf liess er sausen.
Vergangenheit nichts bedeute, ist er gerade dabei, eine Geschichte aus seiner Jugend zu erzählen: Als er, da-
20
gewesen, als die Gruppe von Däninnen vom oberen
Pfarrer, Politiker, Kulturvermittler
mals ein Teenager, in Hotels gearbeitet hatte, um Ta-
Im Nachhinein analysierte er den Ablauf und es
schengeld zu verdienen. Dort traf er unter anderen auf
wurde ihm klar: die Gemeindeversammlung fühlte
Dürrenmatt. «Wenn er sich nach dem Mittagessen im
sich überfahren. Nicht nur wegen der Zweitwoh-
Salon in den Fauteuil setzte, dann wussten wir, dass er
nungsregelung. Bei einigen Landwirten stiess auch
jetzt eine Zigarre wollte. Für diesen Service bekam
die vorgeschlagene Zone für Pferdehaltung auf Ableh-
man zwei Franken. Dürrenmatt gab viel Trinkgeld.»
nung. Klar, er hätte im Vorfeld lobbyieren können. Er
Gegen den Willen des Vaters kaufte sich Romedi spä-
wusste ja als früherer Grossrat, wie Politik funktio-
ter als Student einen «Deux Chevaux» und arbeitete
niert. Ins kantonale Parlament wurde er übrigens als
als Lehrer, damit er weiterstudieren konnte: Theolo-
erster SP-Vertreter aus dem Engadin – nach vier ver-
gie. «Wahnsinnig viel hatte ich mir bei der Wahl des
geblichen Kandidaturen – 1995 gewählt. 2010 trat er
Faches nicht überlegt», blickt er zurück. Das Studium
nicht mehr zur Wiederwahl an.
brachte ihn nach Paris, Zürich und Mainz.
Romedi Arquint war früher auch kein gewöhnlicher
Und seine Frau brachte ihn nach Dänemark. Sie liest
Pfarrer. Er habe auch hier eine Rolle gespielt. Sicher, er
gerade draussen auf der Terrasse ein Buch. Eine Frau
konnte hinter dem Beruf stehen und brüskierte mög-
mit heller Haut, Sommersprossen und kurzen, blon-
lichst niemanden, doch in den Predigten versuchte er
den Haaren. Kennen gelernt haben sich Kirsten und
das Wort «Gott» so zu umschreiben, dass er selber da-
Romedi in der Zürcher «Öpfelchammer», wo Romedi
hinter stehen konnte, aber auch so, dass die Kirchgän-
mit seinen Kommilitonen beim Bier sass. Spät sei es
ger nicht brüskiert wurden. Und weil er den Entscheid
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richtig fand, hatte er auch einmal einer jungen Frau zu
Schwiegermutter Flora Bartolini weiss die Bevölke-
einer Abtreibung verholfen. «Als Pfarrer oder Lehrer
rung, was es heisst, «kalte Betten» mitten im Dorfkern
rutschst du in eine Rolle. Du merkst ziemlich rasch,
zu haben. Diesen Folgen wollte er entgegensteuern.
was erwartet wird.» Im Laufe seines Berufslebens ar-
Zweitwohnungen machen das Wohnen für die Ein-
beitete er auch im Bundesamt für Kultur und enga-
heimischen unerschwinglich. «Kürzlich hat mir ein
gierte sich dort für die romanische Sprache. Ein «Be-
Kadermann aus der Region erzählt, dass auch er sich
amter» aber wurde er nie. Jedes Wochenende pendelte
beim besten Willen keine Wohnung leisten könne –
er von Bern fünf Stunden ins Engadin. «Nach einer ge-
und er verdient gut.» Doch die Mehrheit in S-chanf
wissen Zeit in der Verwaltung merkst du, dass du dich
wollte weitermachen wie bisher. «Damit sägen sie aber
entscheiden musst, ob du dort Karriere machen willst.
am Ast, auf denen der Tourismus im Engadin sitzt.»
Falls du das willst, musst du lobbyieren.» Auch dies
Romedi Arquint zeichnet noch ein anderes Bild: «Statt
war nicht sein Ding. So übernahm er im Engadin wie-
die Kuh zu melken, versucht man, mit dem Verkauf
der die Lehrerrolle.
der Kuh Geld zu machen.»
Politische «Verlegenheitslösung»
Diskussion verweigert
Seine bisher letzte grosse Rolle war die des Gemeinde-
Drei Jahre lang war er Gemeindepräsident und die
präsidenten von S-chanf – als zweiter SP-Politiker
meiste Zeit verbrachte er damit, zusammen mit einer
nach Reto Pedotti in Ftan in diesem Amt im ganzen
Planungskommission die Bauordnung und den Zo-
Tal. Die Rolle spielte er bis zum Schlussvorhang. Ei-
nenplan zu revidieren. Er wollte eine Vermietungs-
gentlich wollte er nach der denkwürdigen Gemeinde-
pflicht für Zweitwohnungen oder eine direkte Mitfi-
versammlung «den Bettel am liebsten hinschmei-
nanzierung von Wohnungen für Einheimische.
ssen». Er tat es nicht, denn er weiss: Eine richtige
«Meine Politik war transparent und offen. Die Ge-
Tragödie, oder Komödie, braucht Helden – gestürzte,
meindeversammlung war aufgefordert, die Vor-
manchmal gar tote Helden. Doch jetzt ist der BDP-Po-
schläge zu diskutieren.» Doch diese Diskussion wurde
litiker Duri Campell zurück im Gemeindepräsiden-
verweigert. «Als einer an der Versammlung für Eintre-
tenamt, «denn die beiden politischen Leithammel im
ten plädierte, hat die grosse Mehrheit ihn ausgelacht,
Dorf, die sich drei Jahre zuvor noch bekämpft hatten,
ihn zum Schweigen aufgefordert. Es war ein veritabler
haben nun wieder zusammengefunden – «die politi-
Volksaufstand.» Nach zwei Stunden wurde «Nichtein-
sche Ordnung ist wiederhergestellt», zieht Romedi Ar-
treten» beschlossen. «Ich hatte das so nicht erwartet –
quint Bilanz. Er sei als Gemeindepräsident letztlich ja
ich fühlte mich wie erschlagen.»
nur eine «Verlegenheitslösung» gewesen.
Romedi Arquint hat inzwischen zu schreiben begon-
Der aus «Verlegenheit» gewählte Arquint aber hatte
nen. Zum einen eine halb biografische Geschichte,
versucht, seine Chance zu packen, und machte einen
Vater, Mutter, Kindheit. Der andere Text dreht sich
Lösungsvorschlag für das Zweitwohnungsproblem –
um eine Frage, die ihn schon länger beschäftigt:
ein Problem, mit dem S-chanf nicht allein dasteht.
Warum hat Europa mit den Minderheiten so viele
Die Lawine von sehr, sehr luxuriösen Zweitwohnun-
Probleme? Ob er seine Werke später je veröffentli-
gen ist längst bis hierher gerollt. Spätestens seit dem
chen wird, weiss er noch nicht. Die Rolle des Schrift-
2005 begonnenen Umbau für Berlusconis damalige
stellers ist für ihn noch neu.
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Fünf Idiome – ein Rumantsch grischun Damit sich Rätoromanisch als Sprache behaupten könne, brauche es eine Einheitssprache: 1982 lancierte deshalb die Lia Rumantscha Rumantsch grischun als Kanzleisprache. Doch heute verteidigt «Pro Idioms» die Regionalsprachen für die Grundschule.
Text: Annetta Ganzoni Illustration: Gregor Gilg
S
ursilvan, Sutsilvan, Surmiran, Puter und Valla-
ün proget sainza respet» betitelte der Sekundarlehrer
der – fünf romanische Idiome prägen die All-
Andrea Urech 2011 seinen Vortrag anlässlich der
tagssprache und die Literatur in den Bündner
Gründung von «Pro Idioms».
Tälern. Seit den 1980er-Jahren soll mit Rumantsch
1
www.proidioms.ch.
Renata Coray: «Rumantsch Grischun: Sprach- und Machtpolitik in Graubünden» in: Annalas da la Societad Retorumantscha 2010, S. 147–165 2
Barbla Etter: «Rumantsch Grischun als Sündenbock? Eine Analyse der rätoromanischen Standardsprache mit Blick auf ihre aktuelle Situation und die Entwicklung der letzten Jahre» in: Ladinia 2010, S. 51–65 3
22
grischun (RG, siehe Box: «Einheitssprache») der Auf-
Emotionen – Frustrationen
wand für romanischsprachige Drucksachen begrenzt
RG wird als Mittel gegen alle Probleme der zersplitter-
werden. Das Kantonsparlament machte im Rahmen
ten Kleinsprache gepriesen. Diese ideologische Über-
eines Sparpakets 2003 Druck auf die Gemeinden, die
höhung diskreditiert die Skeptiker und verhindert
Einheitssprache auch in der Grundschule einzufüh-
auch, dass die betroffene Bevölkerung in die Diskussi-
ren. Seit 2005 werden romanische Lehrmittel nur
onen mit einbezogen wird. Bei Nichtromanen hat die
noch in RG publiziert. Ohne vorgängigen Pilotver-
RG-Euphorie zu einer Fehleinschätzung der Ausge-
such sollte RG dadurch zur Alphabetisierungs- und
staltung und der tatsächlichen Möglichkeiten der
Unterrichtssprache werden. So könne der Kanton
jungen Standardsprache geführt.
jährlich 100’000 Franken sparen, wurde argumen-
In ihrer Dissertation zeigt Renata Coray, dass die «de-
tiert. Die Folgekosten für die Umschulung der Lehr-
mokratische Legitimation» der verantwortlichen Ins-
kräfte und für den Druck neuer Unterrichtsmateri-
tanzen auf tendenziös unkorrekten Interpretationen
alien sind allerdings um ein Mehrfaches höher.
von Forschungsresultaten und auf einer Minimierung
Ein Projekt ohne Respekt
Konflikt belastet inzwischen breite Kreise, er frustriert
Das Dekret aus Chur provozierte teils heftige Reaktio-
Medienschaffende, er demotiviert Berufseinsteiger in
der Opposition beruht. 2 Der emotional aufgeladene
nen: Anfang 2011 schlossen sich Eltern, Lehrer und
den Lehrerberuf wie gestandene Lehrkräfte.
Regionalpolitiker in Zernez und in Trun im Verein
Trotzdem hat RG als überregionale Amts- und Über-
«Pro Idioms» zusammen. Sein Ziel: «Mantegner e pro-
setzungssprache sowie als linguistisches Instrument
mouver ils idioms in scoula cun mezs d’instrucziun
für den modernen Sprachausbau eine wichtige Funk-
idiomatics.»1 In den Grundschulen sollen weiterhin
tion. Rund 90 Prozent der Texte in RG stammen denn
die regionalen Idiome verwendet werden. «Pro Idi-
auch aus den mit Übersetzungs- und Korrekturpro-
oms» zählt bereits über 3500 Mitglieder.
grammen ausgestatteten Büros der Bündner Standes-
Seit der Planung der Standardsprache versprach die
kanzlei und der Lia Rumantscha.
Lia Rumantscha (LR) wiederholt, die Grundschule als
Doch die allermeisten Rätoromanen lesen und schrei-
besonders sensibler Bereich würde von der Einfüh-
ben weiterhin in ihren Idiomen. Diese haben sich
rung des RG nicht tangiert. Umso mehr brüskierte der
über mehr als 400 Jahre entwickelt und die Literatur
forcierte Implementierungsversuch, denn seit 1999
spiegelt die bewegte Geschichte der kleinen Alpenre-
lag ein abgestütztes Konzept für die Vermittlung von
publik. Lehrmittel für die Grundschulen existieren
RG in der Oberstufe vor. Ein von 180 Intellektuellen
seit dem frühen 19. Jahrhundert. In den Augen der
und Kulturschaffenden unterzeichneter Brief an die
sprachkämpferischen Kreise um Peider Lansel (1863–
Regierung bezeichnete 2004 den Lehrmittelbeschluss
1943) und der innovativen Schriftstellergeneration
als «radikales Experiment», dem die Akzeptanz in der
um Andri Peer (1921–1985) macht diese Schrifttradi-
Bevölkerung fehle. «Rumantsch grischun en scola –
tion das Rätoromanische zur selbständigen Sprache
piz 41 : Sommer | Stà 2011
und bildet die Grundlage ihres Fortbestehens. Die kul-
auch ihre Möglichkeiten der weiteren Sprachentwick-
turgeschichtlich durch viele Elemente beeinflusste ro-
lung im Deutschen, im Englischen und Italienischen.
manische Bevölkerung ist hauptsächlich mit der loka-
Die Verantwortlichen in Erziehungsdepartement und
len Mundart, der Familien- und Umgangssprache
Politik gehen damit ein Risiko mit möglicherweise
unter Freunden und im Dorf, emotional verbunden.
gravierenden Folgen ein: Für eine Generation romani-
Attraktivität und Charme der Kleinsprache liegen ge-
scher Kinder und für die Förderung des Rätoromani-
rade in ihren volkstümlichen Besonderheiten, die
schen ist dies wirklich ein «radikales Experiment».
auch in die Literatur einfliessen. Dies äussert sich beispielsweise im scherzhaften Imitieren charakteristi-
Bibliothek im Keller archiviert
scher Lokalwendungen anderer Dörfer.
Auch für das Fach Rätoromanisch in Gymnasium und
Doch als Öffnung zur weiten Welt dienen der Bevölke-
Universität könnte die allgemeine Einschulung in RG
rung die grossen Kultursprachen der Nachbarn. Wel-
weitreichende Folgen haben, denn die bisherige
che Bereiche eröffnen sich ihr durch RG? «Eventuell
Schrifttradition würde dadurch zur vernachlässigba-
gelingt es der gemeinsamen Schriftsprache, diese
ren Dialektliteratur degradiert. Damit dürfte die reiz-
bündnerromanische Identität doch noch zu stiften
volle Auseinandersetzung mit den verschiedenen
und zu stärken und die Perspektive der einzelnen Tal-
sprachlichen und literarischen Phänomenen bedeu-
bevölkerungen auf die unmittelbaren Nachbarn zu
tungslos werden und mit ihr das Interesse für das Fach
lenken.»3 Die RG-Förderer glauben, nur die Über-
selbst. Die vormals repräsentative Bibliothek im Haus
gangssituation bereite den heutigen, traditionell ein-
der LR wurde 2010 im Kellergeschoss archiviert. Ein
geschulten Generationen Mühe.
Symbol dafür, dass die Kulturgeschichte für viele Pro-
Sprachkompetenz in Gefahr In Graubünden gehört die Mehrsprachigkeit seit his-
motoren von RG ausgedient hat? Die bisher vorliegenden literarischen Werke in RG lassen sich jedenfalls an einer Hand abzählen. Mit welchen Lektüren sollen
torischen Zeiten zum Alltag und wurde zu einem her-
sich also die «Pioniere» in den nächsten Jahren ausei-
vorragenden Bildungsgut. Die Grundschulen be-
nandersetzen? Dass Anspruch und Realität nicht
mühen sich, möglichst rasch eine entwicklungsfähige
übereinstimmen, zeigt sich auch daran, dass selbst
Romanischkompetenz zu vermitteln. Bereits dem
sprachgewandte Akademiker in RG hölzerne Artikel
EINHEITSSPRACHE
Kindergarten kommt dabei – auch für die Integration
von stilistischer Einfallslosigkeit publizieren, die, bes-
Die rätoromanischen Schriftidiome entstanden als volksnahe Kirchensprache während der Reformationszeit. Ansätze für eine überregionale Schriftsprache entwickelten sich dann im 18. und 19. Jahrhundert. Doch erst in der modernen Kommunikation schien, wie in anderen europäischen Kleinsprachen, der Bedarf nach einer Einheitssprache dringlich, insbesondere für die plakativen Bereiche der Kantonsund Bundesverwaltung. 1982 legte der Zürcher Romanistikprofessor Heinrich Schmid das linguistische Gerüst für «Rumantsch grischun» (RG) vor. Der Bund verwendet RG seit 1986, der Kanton Graubünden seit 1996 als Amtssprache, seit 2001 auch für die Abstimmungsunterlagen. In den Medien, in Fachhochschulen und Universitäten ist RG heute als Schriftsprache präsent. 2006 begann die Einführung von RG als Alpha betisierungssprache in einzelnen Grundschulen.
Anderssprachiger – grosse Bedeutung zu. In der Ober-
ser als alle Argumente, auf die praktischen Schwierig-
stufe ist dann Schriftdeutsch Unterrichtssprache – die
keiten verweisen. Profilierte Schriftsteller wie Leo
Grundlage für alle weiterführenden Ausbildungen.
Tuor finden RG unattraktiv und mit den entwickelten
24
In den RG-«Pioniergemeinden», wo Lehrer und Schü-
Kultursprachen keinesfalls vergleichbar.
ler ebenfalls Mundart sprechen, müssen nun die
Am Geld fehlt es nicht. Der dreisprachige Kanton
Schulanfänger wie im Fremdsprachenunterricht neue
Graubünden wird bei der Bewältigung seiner – fraglos
Vokabeln, fremde Konjugationen und Satzstrukturen
komplexen – Bildungsaufgaben durch den Bund mass-
üben, die im RG teilweise bedeutend von der Lokal-
geblich unterstützt. Die neue Sprachenverordnung er-
sprache abweichen. Es überrascht daher nicht, dass
möglicht gar eine Erhöhung dieser Finanzhilfe. Die
auch Dritt- und Viertklässler im Lesen unsicher sind
Gelder sollten deshalb nicht fehlen, um auch weiter-
und noch keine individuellen Texte schreiben.
hin Lehrmittel in den Idiomen zu produzieren und
Der Erwerb der Erstsprache wird durch RG bedeutend
die Lehrpersonen weiterzubilden. «Pro Idioms» for-
erschwert und verzögert, und auch die Eltern können
dert den Kanton auf, zu einer konsensfähigen, fun-
ihren Kleinen in dieser «Muttersprache» wenig helfen.
dierten und zukunftsweisenden Bildungspolitik zu-
Spätestens ab der dritten Klasse werden die Kinder
rückzufinden. In der «Pioniergemeinde» Val Müstair
dann mit der ersten Fremdsprache konfrontiert, ab
unterzeichnete rund ein Drittel der Talbevölkerung
der fünften Klasse bald auch mit der zweiten. Aus der
eine Initiative, die für die Alphabetisierung die Rück-
Lernpsychologie ist bekannt, dass die Kompetenz in
kehr zum Idiom fordert. Als Gegenreaktion wirbt seit
der Erstsprache eine bedeutende Rolle auch beim Er-
Mitte April die Impulsgruppe «pro rumantsch» für RG
werb aller weiteren Sprachen spielt. Es ist also wahr-
im Internet. – Das Grundrecht der Sprachenfreiheit
scheinlich, dass RG bei Schülerinnen und Schülern
verpflichtet den Grossen Rat und die Bündner Regie-
nicht nur Romanisch-Lernen behindert, sondern
rung zu grundlegenden Entscheidungen.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
Ein Engadin mit Schönheitsfehlern Der St. Galler Fotograf Stephan Bösch hat sich mit dem Arbeitstitel «So nicht!» aufgemacht, um im Unterengadin nach «Tolggen im Reinheft», nach Schönheitsfehlern mitten in der Naturschönheit zu suchen.
S
o richtig schlimme Bauten wie im Unterland
auf brutalen Strassenbau, auf Allerweltsfassaden und
habe er im Unterengadin nicht gefunden, relati-
die Spuren der globalisierten Konzerne. – Für Stephan
viert Stephan Bösch seinen Eindruck. Die mäch-
Bösch ist Fotografie ein Mittel, um Geschehnisse,
tigen Berge dominieren, die beeindruckende Land-
Dinge und Menschen genauer zu betrachten und ver-
schaft überstrahlt vieles. Und doch: Wer genauer
stehen zu lernen. Oberflächliche Schönheit interes-
hinschaut, stösst auf harte Kontraste – Stephan Bösch
siert ihn dabei nicht: «Eine Fotografie zeigt meistens
zeigt hier eine Auswahl. Da steht ein martialischer
nur einen Bruchteil einer Sekunde. Etwas sehr Flüchti-
Truck vor der Bergkulisse, da grasen die Kälblein im
ges, könnte man meinen. Und doch braucht jedes Bild
Gitter vor dem Nationalparkzentrum, da trifft man
Vorarbeit, Geduld und Hingabe. www.sichtweise.ch
HKS – Pfarrer und Freigeist Hans Konrad Sonderegger, kurz «HKS», war bürgerlicher Querschläger, Volkstribun und unermüdlicher Propagandist der Freiwirtschaftslehre. Bevor er zum Politstar aufstieg, war er Pfarrer in Lavin und in Guarda. Dort entdeckte er seine Liebe zum Engadin.
Text: Ralph Hug Fotos: Archive
A
m 9. August 1916, mitten im Ersten Weltkrieg,
Predigtbüchern hervorgeht, die heute im Archiv für
war die Sache geritzt. Die beiden Kirchgemein-
Zeitgeschichte an der ETH zusammen mit zahlreichen
den Lavin und Guarda stellten Hans Konrad
Nachlassdokumenten verwahrt sind.
Sonderegger als neuen Pfarrer an. Im Vertrag ver-
Sonderegger war kein Pfarrer, der sich aufs heilige Tes-
pflichtete sich Sonderegger «nach bestem Wissen und
tament beschränkte, sondern ein politischer Kopf.
Gewissen, jeden Sonn- und Feiertag in den beiden Ge-
Immer wieder flocht er zeitgeschichtliche Betrach-
meinden einen Gottesdienst abzuhalten, den Schul-
tungen in die Predigten ein. Dabei entpuppte er sich
kindern regelmässig Religionsunterricht zu erteilen
als Patriot, dem der bedrohte Zusammenhalt des Lan-
sowie alle anderen Pfarraufgaben wie Konfirmation,
des am Herzen lag. Obwohl liberal-bürgerlich gesinnt,
Trauungen und Begräbnisse zu erfüllen». Dafür ent-
brachte er den streikenden Arbeitern während des
richteten ihm die beiden Kirchgemeinden ein Gehalt
dreitägigen Landesstreiks vom November 1918 viel
von 2500 Franken pro Jahr, das in zwei Raten jeweils
Verständnis entgegen: «Die Tausenden von Arbeitern,
am 1. Dezember und 1. Juli ausgerichtet wurde. Aus
welche die Arbeit niedergelegt haben, sind nicht un-
serdem erhielt er eine «anständige» Wohnung mit
sere Feinde und sollen nicht unsere Feinde sein, und
Garten und Brennholz nach Bedarf.
wenn sie von unserem Volk entfremdet sind, so müs-
Hans Konrad Sonderegger (1891–1944) oder kurz
sen wir alles daran setzen, sie wieder zu unseren Freun-
«HKS», wie ihn alle nannten, stammte aus dem Ap-
den, unseren Mitbürgern zu machen», so mahnte er
penzell-Ausserrhoder Dorf Heiden und war der Sohn
von der Kanzel herab.
eines Lehrers, der es bis zum Regierungsrat brachte. Sonderegger kam frisch von der Uni, wo er Theologie
32
Aktivist auf vielen Feldern
studiert hatte. Die Zeit als Pfarrer im Unterengadin
Er ging sogar so weit, in der Arbeiterbewegung etwas
von 1916 bis 1920 war für ihn, nachträglich gesehen,
«Herrliches» zu sehen, nämlich den «Drang, sich von
ein Berufspraktikum. Denn als er die Pfarrstelle ver-
der Herrschaft des Mammons zu befreien». Damit
liess, hängte er noch ein Rechtsstudium an, das er mit
hatte er bereits sein Lebensthema angesprochen: die
dem Dr. iur. abschloss. Auch wenn er nur vier Jahre
Freiwirtschaftslehre, die vom deutschen Wirtschafts-
Seelsorger in Lavin und Guarda war, prägte ihn diese
theoretiker Silvio Gesell (1862–1930) begründet
Zeit doch nachhaltig.
wurde. Diese Theorie sah die Abschaffung von Zins und Bodenrente vor. Gefordert wurde eine Rückkehr
Trinken, rauchen, ladinisch reden
zu einer «natürlichen Wirtschaftsordnung» ohne
Sonderegger soll seinen Schäfchen beim Stellenan-
Ausbeutung des Menschen. Gesells Theorie fand ge-
tritt versprochen haben, er werde ganz einer der Ihren
rade in der Wirtschaftskrise der 1920er-Jahre viele An-
werden. Dazu brauche er nur drei Vierteljahre: im ers-
hänger, versprach sie doch einen nichtrevolutionären
ten werde er lernen, Veltliner zu trinken, im zweiten
Ausweg aus der tiefen kapitalistischen Misere. Und
Brissago zu rauchen und im dritten «ladinisch» zu re-
Hans Konrad Sonderegger sollte in der Schweiz ihr
den. Er hielt ziemlich genau Wort. Die Gläubigen hör-
grösster Propagandist werden.
ten ihn erstmals im August 1917 vollständig auf «La-
Pfarrer Sonderegger redete nicht nur gern, sondern
dinisch» predigen. Danach wechselte er akkurat
schrieb auch viel. Bald wurde er Mitarbeiter des «Fögl
zwischen Deutsch und Romanisch ab, wie aus den
d'Engiadina», später auch Mitbegründer der «Gazetta
piz 41 : Sommer | Stà 2011
1
2
3
4
1 Hans Konrad Sonderegger (HKS) im Nationalrat (vorne). 2 und 4 HKS als prominenter Redner an den «FFF»-Landsgemeinden. 3 Mit der Lufthansa flog er 1931, vermutlich in die Sowjetunion. 5 Sondereggers Grab in Lavin. (Foto: Christoph Manasse) 6 In der Satirezeitschrift «Nebelspalter» karikierte «Bö» (Carl Böckli) das politische Bündnis zwischen den Freigeldlern und den Unabhängigen des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler. «Bö» widmete Sonderegger zu dessen 50. Geburtstag im Jahr 1941 auch eine persönliche Zeichnung (neben dem Titel). Abbildungen aus dem Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) an der ETH Zürich.
5
6
Ladina». Kaum ein aktuelles Thema, an dem er sich
Zulauf hatten. Die drei F standen für die Kernpunkte
nicht versucht hätte, sein Aktivismus kannte keine
der Lehre: Festwährung, Freigeld und Freiland. Eine
Grenzen. Als 1921 eine grassierende Maul- und Klau-
dieser Landsgemeinden auf einer Wiese in Walzen-
enseuche zu Notschlachtungen zwang, schrieb er in
hausen wurde sogar verfilmt. Als guter Rhetoriker und
der «Neuen Zürcher Zeitung» einen flammenden Auf-
Volkstribun, der keine Angst vor dem Kontakt mit
ruf, der Bauernstand des Unterengadins sei in Gefahr.
dem einfachen Volk hatte, gewann Sonderegger bald
Beim Dorfbrand von Sent im Jahr 1921 schlug er sich
grosse Popularität. Seine politische Karriere begann:
als Spendensammler in die Bresche, indem er das
1933 wurde er in den Kantonsrat gewählt, und 1934 er-
Bergdorf als Bastion der romanischen Kultur lobte.
folgte seine Wahl in den Ständerat, dem er zwei Jahre
1922 forderte er die Gleichstellung der romanischen
angehörte. Sie galt als Höhepunkt der Freiwirtschafts-
Sprache mit der deutschen und italienischen im Bünd-
bewegung in der Schweiz. Mit einer eigenen Zeitung,
ner Lehrplan. Das Unterengadin schloss er bald ins
dem «Demokrat», verfügte Sonderegger über ein Or-
Herz. Er wurde passionierter Jäger und fand in Maria
gan, in dem er seine Meinung kundtun konnte.
Clavuot aus Zernez seine Gattin. In der Freizeit sass «HKS» am Pult und widmete sich
Reise nach Moskau
der Schriftstellerei. Er verfasste Gedichte, politische
Es spricht für Sondereggers impulsiven Geist, dass er
Stanzen und auch eine Romanstudie über den be-
sich stets selber eine Meinung bilden wollte. Als einer
kannten Lehrer und Redaktor Gion Andri Saluz. In der
der ersten bürgerlichen Politiker reiste er 1931 in die
Erzählung «Der Jäger» taucht auch Saluz’ Vater Pad-
Sowjetunion, um sich den realen Sozialismus an Ort
ruot auf. Mit dieser Prosa scheint der junge Theologe
und Stelle anzuschauen. Er rückte dabei aber nicht
eher wenig erfolgreich gewesen zu sein, aber sie zeigt
von seiner bereits gefassten Meinung ab, diese Gesell-
seinen unbändigen Willen zur kreativen Selbstdar-
schaftsordnung sei gescheitert und kein Modell für
stellung. Diese sollte auch künftig ein Markenzeichen
die Zukunft. Dies hatte er schon im Jahr 1924 in ei-
seiner Persönlichkeit bleiben. Nach seinen Jahren als
nem in Lavin verfassten Manuskript notiert. Maliziös
Pfarrer kehrte er in die Heimat, ins Appenzellerland,
vermerkte er in seinem Bericht über die Reise nach
zurück, nachdem er den Doktortitel der Jurisprudenz
Moskau, dass das Arbeiterparadies auch noch recht
erworben hatte, und etablierte sich in Teufen und Hei-
teuer sei. Zu seiner Zeit war Sonderegger in der Polit-
den als Rechtsanwalt.
34
szene ebenso bekannt wie Gottlieb Duttweiler, und als streitbarer Freigeist hätte er genauso gut den be-
Verfechter der Freiwirtschaft
rühmten Stein ins Bundeshaus werfen können wie der
Kurz nach der Weltwirtschaftskrise 1929 muss es ge-
Migros-Gründer.
wesen sein, als Sonderegger mit der Freiwirtschafts-
Weitere vier Jahre amtete Sonderegger als Nationalrat
lehre in Kontakt kam und in dieser den «dritten Weg»
für den Kanton Baselland, wo die Freiwirtschaftler ihr
zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu erkennen
Zentrum hatten. Dann kam sein unrühmliches politi-
glaubte. Fortan wurde er zu einem glühenden Anhän-
sches Ende: Während des Zweiten Weltkriegs wurden
ger dieser Theorie, die im frei flottierenden Geld und
Briefe publik, in denen er aus patriotischer Sorge um
dem Auf und Ab der Wirtschaftskonjunktur den
die Schweiz für die Einsetzung eines neuen Bundes-
Grund allen Übels sah. Stattdessen sollte das Wäh-
rats und eine Verständigung mit den Achsenmächten
rungssystem verstetigt und ohne Staatseingriffe eine
eintrat. Als seine «profaschistische», anpasserische
krisenfreie ökonomische Entwicklung gewährleistet
Haltung im Freiwirtschaftsbund aufgrund von Diffe-
werden. Den Zins sahen die «Freigeldler», wie Gesells
renzen publik wurde, war es um seine Karriere gesche-
Anhänger genannt wurden, als eine Hauptursache der
hen. Die Polemik, die 1944 um seine Person entstand,
Krise an. Daher wollten sie durch eine Verstaatlichung
setzte ihm gesundheitlich stark zu. Die sozialdemo-
des Bodens verhindern, dass aus dem Grundbesitz
kratische St. Galler «Volksstimme» meinte, er habe
Renten möglich waren.
sich persönlich berufen gefühlt, die Schweiz zu retten.
Sonderegger trat 1931 dem Freiwirtschaftsbund bei
Als sichtlich gebrochener Mensch zog er sich nach
und begann, diese Theorie in Vorträgen und Ver-
Scuol zurück, wo er im September 1944 erst 53-jährig
sammlungen zu popularisieren. Im Appenzell kam er
verstarb. Noch heute wird gerätselt, ob Suizid im Spiel
auf die Idee, unter freiem Himmel so genannte «FFF-
war. An der stillen Beerdigung in Lavin, wo sich sein
Landsgemeinden» zu veranstalten, die beträchtlichen
Grab befindet, nahmen zahlreiche Personen teil.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
Zukunftskonzepte: Mehr als viel Papier? «Zukunftskonferenzen» haben Hochkonjunktur. Behörden und Bevölkerung sitzen in Workshops zusammen und erarbeiten umfangreiche Konzepte. Entstehen dabei mehr als Papierberge für die Schubladen?
Text: René Hornung Illustrationen: Eva Lobenwein
36
I
n Lavin, in Guarda und in der fusionierten Ge-
stammen», sagt Reto Martinelli. Er ist auch Leiter der
meinde Bregaglia – überall rauchen dieses Jahr die
Gemeindeentwicklung Luthern (LU), ein Pilotprojekt
Köpfe an den Zukunftskonferenzen. Meistens geht
der vom Bund geförderten neuen Regionalpolitik.
es um die Frage: Was tun, um den Dörfern, ja ganzen
Nach Lavin holte ihn sein Bruder, Gemeindepräsident
Tälern die Zukunft zu sichern? Mit einer wichtigen
Linard Martinelli. Dieser musste feststellen, dass die
Ausnahme: Im Puschlav sorgen sich Behörden und Be-
Ideen früher Anläufe auch am Engagement der Basis
völkerung um den bevorstehenden Boom. Wo die
scheiterten und schubladisiert wurden. Diesmal soll
rund 700 Leute unterbringen, die schon bald für den
etwas draus werden. In Lavin machten rund dreissig
Energiekonzern Repower den 1,5 Milliarden teuren
Personen mit. Die Gruppen wurden nach dem Zufalls-
Ausbau der Kraftwerke starten werden (siehe Box)? So
prinzip zusammengestellt, «damit nicht jene Leute
unterschiedlich die konkreten Sorgen sind, so unter-
wieder zusammensitzen, die sich sonst auch immer
schiedlich werden die Zukunftsfragen bearbeitet.
treffen», erklärt Reto Martinelli. Die spontane Zusam-
Lavin: Ideen und Umsetzbares getrennt
Wichtig sei, dass jemand eine Idee einbringe, die ihn
mensetzung der Gruppen mache neue Kräfte frei.
Im Puschlav haben die Behörden Meinungsmacher
selber interessiere, und Ziel jeder Zukunftskonferenz
aus der Region eingeladen, der Regionalverband hat
ist auch das «Wir»-Gefühl: «Packen wir's an.»
die Sitzungen begleitet. Auch in Guarda wurden Men-
In der ersten Phase der Ideenbörse wurde viel Kreativi-
schen aus ganz verschiedenen Kreisen zur Zukunfts-
tät freigesetzt. Vorschläge wie ein spirituelles Zent-
konferenz eingeladen, während in Lavin ein Prozess
rum, ein Badesee am Inn, ein Zeltplatz und ein Fuss-
läuft, der mit Absicht nicht «top-down» organisiert ist,
ballplatz wurden eingebracht. – Doch welche
wie die Sozialwissenschafter sagen, sondern «buttom-
Vorschläge haben Chancen, umgesetzt zu werden? Si-
up»: In einer offenen Konferenz konnte jede und jeder
cher die «maisa da discussion», der Diskussionstisch,
seine Zukunftsideen einbringen. «Projekte haben
der als Plattform und Ideenbörse institutionalisiert
deutlich mehr Chancen, erfolgreich umgesetzt zu wer-
wird. Auch die Verkehrsberuhigung soll angepackt
den, wenn die Vorschläge aus der breiten Bevölkerung
und ein Raum für die Jugend soll geplant werden. Eine
piz 41 : Sommer | Stà 2011
verstärkte Information für Zugezogene samt Roma-
heimische Produkte angegliedert werden soll. «Das
nischkursen wird geplant, das Zeughaus soll neu ge-
Ganze war ein Erfolg», zieht Gredig Bilanz. Ob er an-
nutzt werden und die Festungen könnten zur touristi-
hält oder ob die teils generationenalten Konflikte wie-
schen Attraktion werden. Auch neue Formen der
der aufbrechen, lässt sich erst später beurteilen. Fünf
Energieproduktion will man weiter verfolgen: Die
Projektgruppen füllen inzwischen die Internetseite
Nutzung des Abwassers aus dem Vereinatunnel und
http://avegnir.guarda.ch mit Inhalten.
der Bau von Solarkollektoren auf den Lawinenverbauungen stehen zur Debatte.
Vnà und Tschlin: Aufbruch und Enttäuschung
Guarda: Blockaden aufbrechen
In Vnà hatte die Idee «das ganze Dorf ein Hotel» viele
Auch Guarda plant intensiv an seiner Zukunft: An-
Kräfte freigesetzt. Es war eines der erfolgversprechen-
Nicht überall halten solche Aufbruchstimmungen an.
fänglich sassen Hotelier Benno Meisser und Gemein-
den «buttom-up»-Projekte mit vielen gemeinsamen
depräsidentin Maria Morell mit den Beratungsfach-
Diskussionen und Konferenzen. Der Start mit dem Re-
leuten der Zürcher Hochschule für angewandte
staurant und Hotel «Piz Tschütta» war fulminant und
Wissenschaften (ZHAW) zusammen. Die ZHAW mit
wurde auf allen Kanälen gefeiert. Inzwischen war in
Sitz in Wädenswil betreibt seit 2007 in Wergenstein
den Medien von Spannungen zu lesen. Die Dorfbe-
(GR) eine Aussenstelle für natur- und kulturnahen
wohner haben in ihren Ferienwohnungen mehr
Tourismus und nachhaltige Entwicklung. Nach Medi-
Gäste, doch damit fehlen dem dezentralen Hotel Ka-
enberichten über die Spannungen in Guarda und an-
pazitäten. Die Hotelbetreiber sind ihrerseits mit Gäs-
gesichts der Opposition gegen einen Erweiterungsbau
ten konfrontiert, die explizit im zeitgenössisch sanier-
für das Hotel Meisser (die Churer Architekten Be-
ten Haus «Piz Tschütta» buchen. Offenbar stehen
arth & Deplazes hatten einen Turm vorgeschlagen)
einige Dorfbewohner der Entwicklung skeptisch ge-
war der Diskussionsbedarf offenkundig. Die Ge-
genüber. Alle wollen eine Entwicklung, aber in den
meinde, die Organisation Pro Guarda und die Berg-
Details sind die Vorstellungen unterschiedlich.
hilfe finanzierten bisher zwei Zukunftstagungen.
Auch die Nachbarn in Tschlin haben schon viel und
«Gute Stimmung, entspannte Atmosphäre», so schil-
schon lange vor der Bevölkerung von Vnà über ihre
dert Hansjürg Gredig von der ZHAW-Aussenstelle in
Zukunft debattiert. Dort hatte der frühere Gemeinde-
Wergenstein das Klima: Landwirte und Tourismus-
schreiber Angelo Andina die Zukunftskonferenzen
leute sassen mit den Zweitwohnungsbesitzern am
angestossen und mit der Marke «Bun Tschlin» und der
Tisch. Der früher oft vermisste gegenseitige «Respekt»
Brauerei kam einiges zustande. Auslöser war auch in
in den Diskussionen wurde wiedergefunden, die Blo-
Tschlin ein Konflikt um einen Hotelneubau: Peter
ckaden wurden aufgebrochen, die Kommunikations-
Zumthor hatte die Pläne gezeichnet, der Dorfbevölke-
probleme sind verschwunden. Geredet wurde auch
rung war das Projekt zu fremd. Die Ablehnung brachte
hier über die Verkehrsbelastung des Dorfes, über zu-
die Eigeninitiative hervor und in Tschlin hilft man
sätzliche Energieproduktion und über die «Chasa
sich gerne selber: Als zuletzt das Hotel «Macun» im
Guarda», ein Kultur- und Veranstaltungsort für Ein-
Dorf vor der Schliessung stand, war es wieder die Ge-
heimische und Touristen, der auch ein Laden für
meinde, die mit einer Defizitgarantie den Betrieb am
piz 41 : Sommer | Stà 2011
37
Leben erhalten konnte. Ohne Nebengeräusche geht es
der nun aber nur noch einberufen wird, wenn es kon-
aber auch hier nicht: Viele der ursprünglichen Initi-
krete Probleme zu lösen gibt. Die Themen Landwirt-
anten von «Bun Tschlin» sind nicht mehr dabei. An-
schaft und Tourismus, die regionale Vermarktung
gelo Andina wurde als Gemeindeschreiber so stark
und Qualitätssicherung bleiben aber auf der Traktan-
kritisiert, dass er den Job quittierte. Wer heute mit ihm
denliste. Aktuell geht es um ein Weidekonzept.
durchs Dorf geht, erfährt an manch einer Ecke Kriti-
Scuol hat Zukunftskonferenzen nicht institutionali-
sches: Die Brauerei und die Käserei sind zwar bekannte
siert, aber wenn irgendwo ein aktuelles Problem auf-
Selbsthilfeprojekte, aber auf eigenen finanziellen Füs-
taucht, sitzt Gemeindepräsident Jon Domenic Paro-
sen stehen sie nicht. Die Gemeinde kann zum Glück
lini jeweils rasch mit möglichst allen Beteiligten an
helfen dank der Einnahmen, die das Zollfrei-Ein-
den Tisch. Mit breiteren Kreisen will man über das
kaufszentrum «Acla da Fans» regelmässig seiner Stand-
Leitbild für die nächste Legislatur debattieren, die
ortgemeinde abliefert.
Grössere Orte – andere Probleme Die grösseren Orte haben andere Probleme, wenn es
38
dann auch zu einer Ortsplanrevision führen soll. Auch Scuol muss den Zweitwohnungsanteil in den Griff bekommen, doch basisdemokratische Debatten könnten in diesen heiklen Fragen in einem Patt enden.
um die Zukunftsplanung geht: In Scuol oder Zernez
Scuols boomende Nachbargemeinden Sent und Ftan
bestimmen weitgehend die Bauwilligen das Entwick-
gehen ihrerseits sehr unterschiedlich mit dieser Her-
lungstempo. Um trotzdem lenkend einzugreifen,
ausforderung im Zweitwohnungsbau um: In Sent
hatte Scuol mit einer Arbeitsgruppe die Ortsplanrevi-
lehnte die Gemeindeversammlung einen Erstwoh-
sion diskutiert. Daraus sind Bestimmungen in die
nungsanteil von 30 Prozent ab – in der Diskussion
Bauordnung eingeflossen, mit denen man heute nicht
zum Thema zeigte sich vor allem ein Graben zwischen
mehr nur glücklich sei, wie Gemeindeschreiberin Ma-
den Generationen. Ftan hat sich derweil ein neues
rianna Sempert anmerkt. Die letzte grosse Zukunfts-
Leitbild gegeben und fragt sich mit professioneller ex-
konferenz fand in Scuol 2004 zur Entwicklung der
terner Hilfe eines Zuzügers, wie die Zukunftsentwick-
Landwirtschaft statt. Daraus entstand ein Bauernrat,
lung aussehen soll.
Puschlav – das Boom-Tal
rend der Bauzeit in Poschiavo genügend lauschige
Im Puschlav liegen die potenziellen Zukunftskon-
und ruhige Ecken geben, für die die Region auch im
flikte im bevorstehenden – mindestens sechs Jahre
benachbarten Italien wirbt, als «Valle del treno rosso».
dauernden – Ausbau der Kraftwerke. Nach dem Aus-
Ein grösseres Problem wird die Unterbringung der
bau wird der Fluss Poschiavino renaturiert und wieder
rund 700 Beschäftigten der Kraftwerksbaustellen.
mehr Wasser führen. Das braucht Platz. Gewinnerin
«Eine Herausforderung an die Infrastruktur», so Lu-
ist die Natur, doch die Landwirte müssen Flächen auf-
minati. Das Tal brauche Wohnungen, Schulen, Res-
geben und manch ein Damm zwischen S. Carlo und
taurants und auch von neuen Hotels ist die Rede – mit
dem Lago die Poschiavo wird abgebrochen. Selbstver-
eher städtischem Charakter. Dazu kommt der Ge-
ständlich werden die Landwirte entschädigt, der
schäftstourismus des Energiekonzerns, der heute 200
Fonds dafür ist bereits geäufnet. Doch sie wollen auch
Leute beschäftigt. Man müsse dem Unternehmen
im Puschlav nicht «landschaftsgärtnern», sondern
eine gute Infrastruktur bieten, so Luminati, denn der
produzieren. (vgl. «Streit um Eingriffe im Schutzge-
Stromhandel sei schliesslich ein ortsunabhängiges
biet» in dieser piz-Ausgabe)
Business und ein Hauptsitz rasch verlegt.
Sorgenfalten zeigen sich auch auf der Touristiker-
Im Ortskern von Poschiavo sollen Häuser renoviert
Stirn: Wie bewältigen wir die lange Bauzeit, während
und Ställe ausgebaut werden. Das Interreg-Projekt «Ca-
im Tal die Maschinen dröhnen, die 80 Kilometer Stol-
pacities» unterstützt solche Strukturerneuerungen. Es
len graben, Staumauern erhöhen und neue Turbinen-
bleibe aber kaum Zeit, das regionale Entwicklungskon-
häuser bauen? Wie reagieren die Feriengäste, wenn
zept noch lange am runden Tisch zu hinterfragen. Re-
ständig Lastwagen durch die Dörfer brausen? Regio-
power will schon 2012 mit den Arbeiten beginnen. Es
nalpräsident und Tourismusdirektor Cassiano Lumi-
eilt, auch wenn inzwischen bekannt wurde, dass sich
nati ist aber zuversichtlich. Grosse Baustellen seien
die Ingenieursgemeinschaften noch vor dem Richter
immer auch eine Attraktion. Und es wird auch wäh-
über den Zuschlag für die Kraftwerksplanung streiten.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
piz : Publireportage Giovanni Segantini, «Frühling in den Alpen», 1897, Öl auf Leinwand, 116 x 227 cm, French & Company, New York
Ein Bild Giovanni Segantinis als «Guest of Honour» im Engadin Bis zum 20. Oktober 2011 beherbergt das Segantini Museum in St. Moritz als Leihgabe aus den USA das grosse Gemälde «Frühling in den Alpen» von Giovanni Segantini (1858–1899). Dank der glanzvollen Leihgabe aus New York ist zum ersten Mal der direkte Vergleich zwischen der Entwurfszeichnung im Besitz des Segantini Museums und dem spektakulären Gemälde möglich. Das Bild ist 1897 bei Soglio im Bergell entstanden, wo Segantini seit seiner Niederlassung in Maloja jeweils die Wintermonate verbrachte. Der Künstler hatte es mit einer Auftragsarbeit zu tun: Der in München ansässige amerikanische Maler Toby E. Rosenthal bestellte bei seinem Künstlerkollegen Segantini ein Grossformat für die
Giovanni Segantini, 1898
Stern Gallery in San Francisco. Bevor das Bild nach Kalifornien verschifft wurde, stellte es Segantini zuerst an einer Ausstellung der Sezession im Glaspalast in München aus. «Frühling in den Alpen» zeigt im Vordergrund ein Hochplateau ausserhalb des Dorfes Soglio mit der Aussicht auf die imposante, schneebedeckte Kette der Berge im Hintergrund. Die Landschaft mit dem strahlend blauen Himmel und den Wolkenbändern zeich-
Via Somplaz 30, CH-7500 St. Moritz
net sich durch eine reiche Farbgebung und eine von einem klaren Licht erfüllte Atmosphäre
Tel. +41 (81) 833 44 54, Fax +41 (81) 832 24 54
aus. Hauptmotiv ist die Bäuerin, welche die beiden angeschirrten Pferde auf einem Weg
info@segantini-museum.ch
vom Acker wegführt. Ein säender Bauer, ein wartender Hund und ein Holztrog, in den das
www.segantini-museum.ch
Quellwasser sprudelt, sind belebende Staffageelemente. Rechts aussen erkennt man den Kirchturm und die Häuser von Soglio.
Ausstellung
Fast gleichzeitig und vom gleichen Standort aus hat Giovanni Segantini auch die linke
«Frühling in den Alpen»
Tafel des berühmten Alpentriptychons – «La Vita (Werden)» – gemalt, allerdings mit dem
28. Mai bis 20. Oktober 2011
Blick in eine andere Richtung, mit dem Bondascagletscher und der Scioragruppe.
Dienstag bis Sonntag, 10–12, 14–18 Uhr
Guest of Honour. Giovanni Segantini
Kühne Träume, grosse Erlebnisse Skilehrer, Bergführer, Hüttenwart. Hans Philipp blickt auf ein interessantes Leben zurück. Als junger Mann war er in Kanada unterwegs – dann führte er dreissig Jahre die Bovalhütte. Und immer hat er darüber geschrieben. Auch, wenn etwas einfach mal gesagt werden musste.
Text: Christine Loriol Foto: Daniel Martinek
H
ans Philipp steht am Bahnhof Pontresina an ei-
real. Der Pilot war ein Bündner. Das muss wohl ein gu-
nem sonnigen Morgen, sieht freundlich aus
tes Omen gewesen sein. Der junge Schweizer fuhr wei-
und unverkennbar einheimisch. Man sieht
ter nach Calgary und kam bis Banff. Wie in einem
ihm die 75 Jahre auf den ersten Blick nicht an, denn in
Schweizer Kurort sei ihm das vorgekommen! Und
den Augen wohnt der Schalk. Beim Kaffee deutet er
dann – noch einen Zug weiter – war er am Ziel: in Lake
zwar an, dass er «nicht mehr so zwäg sei», zum Skifah-
Louise. Rocky Mountains. «Ein Traum!»
ren sei er letzte Saison nicht gekommen, und auch auf
42
die Jagd habe er verzichtet. Aber jammern will er nicht.
Familie in Kanada gegründet
Viel lieber spricht er übers Schreiben.
Wer kühn genug träumt, kann was erleben! Lake Louise
Die Rhätische Bahn hat ihn als jungen Mann ins En-
war ein Alpinisten-Paradies und Ausgangspunkt für
gadin gebracht; der Junge aus Untervaz machte eine
Bergabenteur. Und Schweizer Bergführer und Skileh-
Ausbildung bei der RhB. Die Liebe zu den Bergen kam –
rer gab es dort auch. Gut! Hans Philipp fand Arbeit als
und blieb. Auch wenn die Berge und Täler durchaus
Rettungspatrouilleur und Skilehrer und später als
sehr verschieden waren, die er im Laufe seines Lebens
Bergführer, er fand Bären und vor allem Berge, die be-
bestieg: In den Sechzigerjahren war Hans Philipp als
zwungen werden wollten. Und er fand seine Frau Pat,
Bergführer in Kanada. «Schon als junger Bursche habe
die ebenso jung und lebensmutig aus England nach
ich immer davon geträumt, einmal fremde Länder zu
Kanada gezogen war. Die beiden heirateten und kehr-
sehen. Wie viele Bücher habe ich verschlungen!»,
ten als kleine Familie – inzwischen war Martin gebo-
steht in einem Büchlein, das er für seine Enkelin La-
ren – 1966 in die Schweiz zurück.
dina geschrieben hat. Sie soll die Geschichten aus dem
Hier wurde Hans Philipp Bergführer und SAC-Hütten-
Leben ihrer Grosseltern kennen. Auch deshalb
wart in der Fornohütte im Bergell. Ein neues Aben-
schreibt Hans Philipp – doch dazu später.
teuer begann. Seine Frau, Pat, lernte Deutsch, der
Zuerst nach Kanada: Als er zum ersten Mal in seinem
zweite Sohn, Peter, kam zur Welt. Und 1972 wechselte
Leben in ein Flugzeug stieg, ging der Flug nach Mont-
er in die Bovalhütte im Berninagebiet. Dieser Hütte
piz 41 : Sommer | Stà 2011
blieb er dreissig Jahre lang treu. Und dem Schreiben
das Seil gelöst, und der Vater sollte oder wollte offen-
auch. Denn das Schreiben war und ist auch eine grosse
bar alleine zurückkehren. Doch er kam in der Boval-
Liebe: Zusammen mit seinem Bergführerkameraden
Hütte nie an. «Den Sohn des Vermissten schien die
Paul Nigg verfasste er Anfang der Sechzigerjahre den
ganze Angelegenheit überhaupt nicht zu kümmern»,
ersten deutschsprachigen Bergeller Kletterführer für
beobachtete der Hüttenwart. Die Suche dauerte Tage
den Verlag Rother in München. Später recherchierte
und die Familie erkundigte sich zwar immer wieder
und notierte er die Geschichte der Bovalhütte, mit
nach dem Vermissten, aber: «Ihr grösstes Problem war,
Tourenbeschreibungen und allem Drum und Dran.
dass keine Versicherungsleistungen ausbezahlt wur-
Und zusammen mit René Matossi ging es mit einem
den, solange man den Mann nicht fand.» Hans Phi-
grossen Werk über die «Bündner Bergführer» weiter –
lipp nimmt kein Blatt vor den Mund: «Es war ein trau-
bis zu seinen Geschichten «Aus dem Leben eines Hüt-
riger Anblick, als der Hubschrauber die steifgefrorene
tenwartes». Auch über die Jagd forschte und schrieb
Leiche des armen Mannes am Rettungsseil an ein si-
Hans Philipp leidenschaftlich und lustvoll.
cheres Plätzchen flog, um ihn in den roten Sack zu pa-
Den Dingen auf den Grund gehen
cken und ins Spital zu fliegen.» Einige Bücher von Hans Philipp sind vergriffen. Und
Wenn er etwas wissen will, bleibt er hartnäckig dran,
einige sind noch gar nicht geschrieben! Die zweite En-
stellt seine Fragen und wälzt Akten. Und wenn er et-
kelin, Naima, hat noch ein kleines Werk ihres Gross-
was weiss, schreibt er ganz klar. Manchmal sind es «So
vaters zu gut. Und zutrauen müsste man ihm auch ei-
nicht!»-Geschichten. Zum Beispiel jene von dem al-
nen Krimi, so gerne wie er Akten studiert und Fragen
ten Vater, der einfach zurückgelassen wurde, als der
stellt. Jedenfalls liegt auf dem Tisch jetzt auch ein Ma-
Sohn mit seinen Freunden weiter Richtung Piz Morte-
nuskript mit dem Arbeitstitel «Tod im Gletscher». Aber
ratsch aufstieg. Vater und Sohn haben sich getrennt,
mehr will Hans Philipp dazu noch nicht verraten. Werbung
piz 41 : Sommer | Stà 2011
43
Biosfera: Noch herrscht Schweigen Im Jahr 2000 sagte Zernez in einer Konsultativabstimmung «So nicht!» zur Nationalparkerweiterung – damit war das Projekt vom Tisch. Jetzt bekommt das Unterengadin eine andere Chance und könnte sich das Unesco-Label einer Biosphäre sichern.
Text: Kaspar Surber Foto: Susanna Fanzun
E
s ist eine besondere Landkarte, jene der «Schwei-
Forschung dient, in diesem Fall dem Nationalpark.
zer Pärke»: Sie zeigt, dass die Landschaft in Bewe-
Rund um diese Kernzone gibt es eine «Pflegezone».
gung ist. 18 Regionen möchten zu einem «Park
Daran schliesst die «Entwicklungszone» an, in wel-
von nationaler Bedeutung» werden. Ein solcher Na-
cher gewohnt und gearbeitet wird. Die Kernzone einer
turpark ist im Minimum 100 Quadratkilometer gross,
Biosphäre ist der wichtigste Unterschied zu den ande-
wobei sich das Gebiet durch hohe Natur- und Land-
ren Naturparks. Bei der Pflege- und Entwicklungszone
schaftswerte auszeichnen muss. Bauten und Anlagen
gelten dieselben Auflagen: Auch hier müssen hohe Na-
sollen sich hier besonders gut in das Landschafts- und
tur- und Landschaftswerte vorhanden sein und Bau-
Ortsbild einfügen. Die Zielsetzung eines Parks besteht
ten und Anlagen müssen sich ins Orts- und Land-
in der Erhaltung oder der Wiederherstellung des na-
schaftsbild einfügen.
türlichen und kulturellen Erbes sowie in der Unter-
Das Biosphären-Label wird von der Unesco verliehen,
stützung einer nachhaltigen Entwicklung von Wirt-
der Weltorganisation zur Förderung von Erziehung,
schaft und Gesellschaft.
Wissenschaft und Kultur mit Hauptsitz in Paris. Der
Die Kandidaturen verteilen sich über das ganze Land:
Schweizer Nationalpark führt das Label bereits seit
Vom «Jurapark Aargau» im Norden bis zum «Land-
1974, es war jedoch in Frage gestellt, weil eine Pflege-
schaftspark Binntal» im Süden, vom «Parc naturel re-
und Entwicklungszone fehlte. Das Val Müstair wie-
gional Jura vaudois» im Westen bis zum «Naturpark
derum wollte zum regionalen Naturpark werden. «Ein
Beverin» im Osten. Zwei bereits realisierte Parkpro-
Zusammengehen lag auf der Hand, auch weil das
jekte stechen besonders hervor und haben einen spe-
Unesco-Biosphärenreservat ein starkes, internationa-
ziellen Namen: Die «Biosphären» im Entlebuch und
les Label ist», sagt Hämmerle.
jene im Val Müstair.
46
Pflegezone noch nicht vollständig
Biosphärenreservat mit drei Zonen
2010 war es so weit: Die Unesco bewilligte das Projekt
«Das Biosphärenreservat Val Müstair – Parc Naziunal
fürs Münstertal. Allerdings nur befristet bis 2013,
hat sich über mehrere Jahre entwickelt», erinnert sich
denn eine Bedingung ist noch nicht erfüllt: Die Pfle-
Andrea Hämmerle. Der SP-Politiker war bis 2008 Prä-
gezone muss die Kernzone vollständig umschliessen.
sident des Nationalparks und ist heute noch Mitglied
Im Süden, im Val Müstair, ist der Anschluss gewähr-
im Biosphärenreservat. «Am Anfang stand die Überle-
leistet. Im Norden hingegen müssen die acht Gemein-
gung, dass der Nationalpark und das Val Müstair zu-
den S-chanf, Zernez, Susch, Lavin, Guarda, Ardez,
sammenspannen. Der Nationalpark ist ein Juwel, er
Tarasp und Scuol, die im Unterengadin an den Natio-
ist einer der ältesten seiner Art und der bestgeschützte
nalpark angrenzen, ihrerseits noch Gebiete als Pflege-
in Europa. Aber er ist relativ klein», so Hämmerle. Da
zone ausscheiden.
lag es nahe, Partnerinnen und Partner im Val Müstair
Andrea Hämmerle war bei den Verhandlungen mit der
zu suchen, im Tal, das mit dem Benediktinnerinnen-
Unesco in Paris dabei. «Dass man diese Pflegezone so
kloster St. Johann seinerseits einen einzigartigen Na-
strikt eingefordert hat, hat mich überrascht», stellt er
tur- und Kulturraum darstellt.
im Rückblick fest. Er habe das so nicht erwartet und
Ein Biosphärenreservat besteht aus drei Zonen: Aus ei-
deshalb sei das Unterengadin nicht ins Projekt invol-
ner «Kernzone», die dem Schutz der Natur sowie der
viert gewesen. «Wir haben den Unesco-Vertretern er-
piz 41 : Sommer | Stà 2011
klärt, dass wir in der Schweiz direktdemokratisch ent-
Themen wie Verkehr, Energie oder Bildung diskutiert.
scheiden und dafür Zeit brauchen. Sie wiederum
«Abends ging man in die Beizen und diskutierte die
zeigten sich flexibel, indem sie das Label schon ein-
Ideen mit der Bevölkerung. Schliesslich entstand ein
mal provisorisch verliehen haben.»
Leitbild, das von allen damals noch sechs Gemeinden
Biosfera ist keine Nationalparkerweiterung
dem Label würden bald die Grünen überhand neh-
«So nicht!» Das war das Ergebnis der letzten politi-
men, so Binkert. Sie selbst, die bei bei der SVP politi-
schen Diskussion um die Erweiterung des National-
siert, steht nicht im Verdacht, zu den Linken und Grü-
parks. In einer Konsultativabstimmung sagten Ende
nen zu gehören. Und doch lobt sie die Biosfera, denn
2000 die Stimmberechtigten von Zernez Nein, damit
hier gehe es um die Aushandlung der Interessen.
war die angestrebte Vergrösserung vom Tisch. In den
Was das konkret heissen kann, zeigt der Konflikt um
Unterengadiner Gemeinden war damals eine Umge-
die Alp Sprella. Für 1,8 Millionen Franken soll dort die
bungszone von 300 Quadratkilometern um den be-
bestehende Alphütte zu einer modernen SAC-Unter-
stehenden Nationalpark geplant. In diesem Schutz-
kunft ausgebaut werden. Die Umweltverbände Pro
gürtel wäre eine wirtschaftliche Nutzung nur mit ge-
Natura, WWF und die Stiftung Landschaftsschutz
wissen Einschränkungen möglich gewesen. Die Geg-
lehnen die Pläne ab. Von einem Hüttenbetrieb im
ner befürchteten vor allem, dass die Jagd und die
Winter ist die Gemeinde mittlerweile selber wieder ab-
Fischerei zu stark eingeschränkt würden. Als «Wolf
gerückt, um die Wildtiere zu schützen. Die Auseinan-
im Schafspelz» wurde diese Erweiterung bezeichnet,
dersetzung geht trotzdem in die nächste Runde, denn
gar der Verlust der Gemeindeautonomie wurde als
die Umweltverbände fordern hier einen Ort der Ruhe.
Teufel an die Wand gemalt.
Die Biosfera Val Müstair will vermitteln: «Wir sind so
Diesmal aber geht es um eine Pflegezone für das Bio-
etwas wie das Gewissen in der Frage, wohin sich das
sphären-Label. Die Unterengadiner Gemeindebehör-
Tal entwickeln soll», kommentiert Gabriella Binkert
den üben sich derzeit in Zurückhaltung. Man will ver-
die Aufgabe der Organisation.
meiden, dass die emotionale Diskussion von vor zehn Jahren wieder hochkocht. Das alte Projekt habe nichts
Biosfera bringt auch Geld
mit dem neuen zu tun, wird überall betont. Eine Ver-
Ein wirklich drängendes Problem im Val Müstair ist
mischung müsse vermieden werden. Überhaupt stehe
die Abwanderung. Auch hier kann die Biosfera etwas
die Diskussion erst am Anfang.
Gegensteuer geben. Dank Bundeshilfe konnte unter
Koordiniert wird der neue Anlauf vom Regionalver-
anderem die Handweberei erhalten werden. Bern
band Pro Engiadina Bassa (PEB). «Eine entscheidende
zahlt der Biosfera Müstair jedes Jahr eine halbe Mil-
Frage könnte werden, welche Gegenleistungen die Ge-
lion Franken, die Gemeinde legt 100’000 Franken
meinden für diese Pflegezonen erhalten», meint PEB-
dazu. Damit liessen sich zwar keine grossen Sprünge
Geschäftsführer Reto Rauch.
machen, aber einzelnen Projekten könne eine An-
Andrea Hämmerle betont den Unterschied zur damals
schubfinanzierung gewährt werden: So ist der touris-
diskutierten Nationalparkerweiterung und verweist
tische Themenpfad «A la riva dal Rom – an den Ufern
darauf, dass die meisten Gebiete, die der Pflegezone
des Roms» entstanden. Er führt von der Quelle des
zugeschlagen würden, bereits heute vom Bund oder
Flusses in Tschierv bis hinunter zur italienischen
vom Kanton geschützte Landschaften sind. «Im
Grenze. Ein anderes Projekt ist die «Surpraisa Jaura»,
Grunde werden die Gebiete nur neu angeschrieben»,
eine Arvenholzkiste mit Köstlichkeiten aus dem Tal.
so Hämmerle. Für die Jäger und Pilzsammler ändere
Letztes Jahr wurde daraus ein Grossauftrag: Die Grau-
sich nichts und auch die Jagdbanngebiete blieben un-
bündner Kantonalbank hatte nicht weniger als 4500
verändert. Was eine Pflegezone im Alltag ist, kann im
Kistchen samt Inhalt als Geschenk für ihre Kundin-
Val Müstair bereits besichtigt werden – «dort ist die Be-
nen und Kunden bestellt.
völkerung damit zufrieden», weiss Hämmerle.
Werden sich die Unterengadiner die Biosfera Val Müs-
«Wie das Gewissen»
48
angenommen wurde.» Dies trotz der Bedenken, mit
tair zum Vorbild nehmen und auf ihrer Seite der Berge ebenfalls Pflegezonen schaffen? Andrea Hämmerle
Gabriella Binkert war an der Entstehung der Biosfera
sagt: «Ich bin kein Prognostiker.» Doch auch die Ort-
Val Müstair beteiligt. Sie ist heute auch deren Ge-
schaften im Unterengadin könnten vom starken La-
schäftsführerin. Als Vorarbeit wurde in Gruppen über
bel profitieren: «Es ist eine Win-win-Situation.»
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1
2
Kornkammer Vinschgau Früher wuchs bis in grosse Höhen auf den Terrassen auch Korn: Dinkel, Gerste, Roggen und Weizen wurden im Unterengadin, aber vor allem auch in der Kornkammer von Tirol, im Vinschgau, angebaut. Das Projekt «Kornkammer» will an diese Traditionen anknüpfen.
Text: Katharina Hohenstein Fotos: Katharina Hohenstein, Sonja Sagmeister, Ägidius Wellenzohn
H
eute fährt man im Vinschgau kilometerweit
Initiant der «Kornkammer» ist Konrad Meßner. Den
durch Apfelplantagen. Früher war das ganz an-
Regionalentwickler kennt man vor allem als Vater des
ders: Seit der Bronzezeit wurde hier Getreide
grenzüberschreitenden Musik- und Kulturfestivals
angebaut und ab dem 17. Jahrhundert war die Region
XONG, das im Sommer 2010 nach elf erfolgreichen
die Kornkammer Tirols. Ab dem späten 18. Jahrhun-
Jahren allerdings zum letzten Mal im Dreiländereck
dert ging der Ackerbau dann drastisch zurück – Kar-
stattfand. Meßner widmet sich inzwischen intensiv
toffeln hielten Einzug. Und mit dem Bau der Brenner-
seinem neuen Projekt, denn Getreide ist ihm eine
bahn (1867) und der Arlbergbahn (1884) setzte der
«Herzensangelegenheit». Was er damit meine? «Ich
Import von Billiggetreide aus Ungarn, Russland und
kann es nicht rational erklären, ich hatte als Kind
den USA ein. Die Bauern wechselten im 19. und vor al-
gerne zu Hause gearbeitet und schon immer einen Be-
lem im 20. Jahrhundert vermehrt zur Viehzucht und
zug zum Getreide», erklärt er.
zur Milchwirtschaft – und seit den 1950er Jahren bis
50
heute dominiert der intensive Obstanbau die Region.
Die Region braucht den Mix der Geschichten
Nur noch auf wenigen kleinen Ackerflächen wird
Konrad Meßner ist im Eisacktal auf einem Bergbau-
heute Gerste und Dinkel, Weizen und Roggen ange-
ernhof mit sechs Geschwistern aufgewachsen. Er stu-
baut. Gut zwei Dutzend Mitglieder der Organisation
dierte zuerst Forstwirtschaft, dann Sozialwissen-
«Kornkammer» sorgen aber seit drei Jahren dafür, dass
schaft, Pädagogik – doch nichts bis zum Ende. Er sei
das Getreide wieder seinen Platz bekommt. Zusam-
halt «nicht systemtauglich». Er absolvierte später in St.
men bewirtschaften sie bisher rund 50 Hektar. Mit da-
Gallen eine Marketing- und Managementausbildung,
bei bei der «Kornkammer» sind aber nicht nur Land-
ging in die Erwachsenenbildung und spezialisierte
wirte. Am ersten Vinschgauer Getreidefest Moleshof
sich in Familientherapie. Er war schon Heimerzieher,
in Prad sassen im September 2010 Bäcker und Kondi-
arbeitete mit jungen Landwirten und Bergbauern.
toren, zukünftige Whiskybrenner, politisch Enga-
Nach diesen vielfältigen Erfahrungen zieht Meßner
gierte und Eltern zusammen.
Bilanz: «In der Auseinandersetzung mit der Region ist
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3
4
mir klar geworden, dass es nicht nur um Landwirt-
5
werden soll. «Es wird immer wichtiger, sich gesund zu
1–3: Im Oberen Vinschgau wächst wieder Getreide. Konrad
schaft, nicht nur um Dienstleistung, nicht nur um Re-
ernähren, es gibt immer mehr Allergiker, immer mehr
ligion und nicht nur um Tradition gehen kann. Son-
Menschen wollen wissen, woher ihr Essen kommt»,
Meßner koordiniert das Projekt
dern dass wir in der ländlichen Region einen
stellt Karl Primisser fest und fordert deshalb: «Die
«Kornkammer».
untrennbaren Mix der verschiedenen Geschichten
Qualität, die ich produziere, soll auf dem Teller an-
antreffen.» Als Pädagoge gehe es ihm um die Entwick-
kommen.» Da kann er konsequent-radikal sein: Wer
lung der Persönlichkeit und nicht darum, «Bauern mit
ihm den Preis nicht zahlen will, dem wird schon ein-
Interesse am Vinschgauer
einem Thema zwangszubeglücken».
mal das Kilo Bio-Dinkel wieder aus der Packung geholt
Getreidefest in Prad.
Selbst entwickelte Maschine
Dem «Kornkammer»-Initianten Konrad Meßner ist
4 Gute Stimmung und viel
und kurzerhand an die Hennen verfüttert. 5 Karl Primisser vom Moleshof
Karl Primisser vom Moleshof in Prad wäre nicht in der
klar, dass der Wiederanbau von Getreide nur dann ein
mit seinen Schweinen, die den
«Kornkammer» dabei, wenn es um «Zwangsbeglü-
Erfolg wird, wenn die Qualität stimmt. Drei For-
Acker vorbereiten.
ckung» ginge. Der gelernte Maschinenbauer und Elek-
schungsinstitute in Graz, München und Moskau über-
trotechniker sieht die Zukunft des Projekts noch vor-
prüfen die Ernten. «Kornkammer» arbeitet auch mit
sichtig: Noch arbeiteten nicht alle Mitglieder nach
dem Südtiroler Land- und Forstwirtschaftlichen Ver-
Bio-Richtlinien, und die «Kornkammer» könne auch
suchszentrum Laimburg zusammen. Hier werden seit
nur funktionieren, wenn die Konsumentinnen Druck
Anfang der Neunzigerjahre die noch vorhandenen
ausüben und vom Bäcker fordern, dass er einheimi-
Getreidesorten der Region gesammelt, hier wird man
sches Bio-Korn verwende. Als Karl Primisser in den
auch die von den «Kornkammer»-Mitgliedern ange-
späten Achtzigerjahren den väterlichen Hof über-
bauten Winterroggen-Sorten über drei Ernten hinweg
nahm, hatte er bald auf Bio-Anbau umgestellt. Er
prüfen. Dabei geht es nicht allein ums Korn, sondern
mähte die Kornfelder mit einem Mähdrescher, den er
auch um die Eigenschaften des Strohs und dessen viel-
mit zwei anderen Bauern in Deutschland kaufte. «Der
fältige Verwertbarkeit.
war nicht zugelassen, und entsprechend schlichen wir uns von Feld zu Feld», erinnert er sich. Doch weil ihm
Zu wenig Flächen
Dinkel «einfach sympathisch» war, musste er Mög-
Bis sich das Projekt selbst finanzieren kann, brauche es
lichkeiten suchen, das Getreide zu bearbeiten. Er tüf-
Gelder der öffentlichen Hand, betont Konrad Meßner.
telte, schraubte und schweisste sich schliesslich einen
Doch bereits stehen den Getreidebauern über den
eigenen Entspelzer zusammen, den es braucht, weil
«Maschinenring» moderne technische Geräte zur Ver-
beim Dinkel das Korn fest mit dem Spelzen verwach-
fügung, ohne dass jeder Landwirt sich diese selbst an-
sen ist. Er bastelte Lüftungskanäle, Schwing- und
schaffen muss. Im Projekt gibt es auch schon eine Zu-
Schüttelsiebe aus Schrottteilen – abgeschaut von Fir-
sammenarbeit zwischen Produktion und Verwertung:
men, deren Produkte er sich nicht leisten konnte. Als
Gastgewerbe und Handel werden mit einbezogen, da-
einer der Ersten im Vinschgau erhielt er 1990 die Bio-
mit die Nachfrage für Biogetreide steigt.
zertifizierung. Die Vermarktung auf den regionalen
Der Landwirt Alexander Agethle vom Englhorn in
Märkten funktioniert, der Ab-Hof-Verkauf auch.
Schleis baut inzwischen auch Dinkel und Weizen an.
Gerade bearbeiten auf seinem Hof einige Schweine
Das Brot backt die Familie selbst, das Stroh wird als
den Acker, der bald wieder ein weiteres Roggenfeld
Einstreu im Kuhstall benutzt. Die Nachfrage sei gross
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51
6
6–8 Ägidius Wellenzohn in seinen Getreidefeldern.
genug, er könnte expandieren, schildert er, aber es
7
Wissen der älteren Generation wird künftig auch für
gebe praktisch keine Flächen mehr, auf denen er
die Kornkammer von Interesse sein. Das noch junge
Ackerbau betreiben könne. Wer mit begrenzten Flä-
Projekt will den Getreideanbau im Vinschgau wieder
chen arbeiten muss, stösst immer wieder an Grenzen.
aufleben lassen. Er soll für die Bauern wieder zur loh-
Das war schon früher so: Wo ein Fruchtwechsel not-
nenswerten Einkommensquelle werden. Dazu sind
wendig gewesen wäre, wurde weitergesät. Deshalb
zahlreiche Kooperationen eingefädelt: mit der Genos-
hatte sich schon im 18. Jahrhundert der Begriff «Ewi-
senschaft Gran Alpin in Graubünden, mit den Bä-
ger Roggen» entwickelt.
ckern, mit Ausbildungsstätten und der Organisation
Für Alexander Agethle kommt das Projekt «Kornkam-
«Slow Food». Ausschlaggebend aber wird sein, ob die
mer» zur richtigen Zeit. Ohne die Gemeinschaft der
Konsumentinnen und Konsumenten Brot aus heimi-
Bauern, die sich bei Aussaat, Mähen und «Getreide-
schem Getreide kaufen werden. Bleibt die Hoffnung,
putzen» zusammenschliessen, gehe die Rechnung
dass sie sich Heinrich Pestalozzis Feststellung zu Her-
nämlich nicht auf. Und er sieht auch ideelle Vorteile
zen nehmen: «Was hat der Mensch von all seinem
der Kooperation. «Was kann die Region leisten und
Wissen, wenn er nicht weiss, woher das Brot kommt?»
was kriege ich zurück, wenn ich in die Region investiere?», fragt er und gibt die Antwort gleich selber: «Wenn ich vor Ort mein Getreide kaufe, heisst das,
Schon 1987 wurde im Kanton Graubünden die Genos-
Hose kaufe, heisst das, dass ein Geschäft bleibt.» Und
senschaft Gran Alpin gegründet, die den ökologi-
er spricht deutliche Worte: «Unternehmerisch ist es
schen Ackerbau in den Bergtälern fördert. Seit über
keine Leistung, zur Bank zu gehen, Geld zu leihen und
zehn Jahren sind die Getreidesorten biozertifiziert
Äpfel anzubauen. Das ist hier vorgegeben und heute
und tragen die Knospe von Bio-Suisse. Inzwischen
der einfachste Weg, um ans Geld zu kommen.» Doch
produzieren rund 50 Betriebe zwischen 100 und 150
so werde die Landschaft immer eintöniger. Der Ge-
Tonnen Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel. In Süd-
treideanbau dagegen sei anspruchsvoll.
Die Alten wissen noch, wie es geht
52
Gran Alpin
dass Getreide angebaut wird, wenn ich vor Ort meine
bünden wird Gran Alpin im Unterengadin, im Val Müstair und im Puschlav angebaut. Die Genossenschaft sorgt für die Weiterverarbeitung und für die
Biobauer Ägidius Wellenzohn aus Glurns ist zwar ei-
Vermarktung der Produkte.
ner der zahlreichen Obstbauern im Vinschgau, aber
Gran Alpin forscht auch, welche Getreidesorten sich
keiner, der nur dem Trend nachläuft. Ende der Achtzi-
für das Berggebiet und speziell für den Terrassenacker-
gerjahre stellte er seine Äpfel- und Aprikosenpflan-
bau eignen. Dank dieser Untersuchungen wird seit
zungen auf Bio um und verzichtet seither auf Herbi-
2003 Braugerste angebaut, die unter anderem für das
zide und Kunstdünger. Anfänglich trug ihm dies den
Bier aus Tschlin verwendet wird. In verschiedenen
Spott der Kollegen ein, erst recht als er auch noch be-
Müllereibetrieben wird Gran Alpin gemahlen, auch in
gann, auf 2000 Quadratmetern Roggen anzubauen –
der ältesten Mühle im Bergell, bei Scartazzini in Pro-
allerdings sehr zur Freude seines Vaters und dessen
montogno. Il furmaint da Müstair (der Münstertaler
Generation. «Das Wissen der älteren Generationen ist
Weizen) wird ebenfalls in einer Lokalmühle gemah-
mir immer eine Hilfe», so Wellenzohn, und dieses
len und im Tal zu Brot verarbeitet. www.granalpin.ch
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8
Bauer gegen Zwangsimpfungen Der Scuoler Bauer Tumasch Planta ist mit seinem Widerstand gegen die Blauzungen-Zwangsimpfung über den Kanton hinaus bekannt geworden. Dieses Jahr müssen die Tiere nicht geimpft werden – sein Engagement geht trotzdem weiter.
Text: Esther Banz Foto: RTR
V
on seinem Hof Chauennas kann Tumasch
Planta weit ins Tal schauen. Scuol liegt etwas
das ab, Informationen gab es so gut wie keine. Auf un-
tiefer gegen Westen, Sent etwas höher im Osten.
seren Einwand hin hiess es: Ein Tier krank, alle Tiere
Die direkteste Fussverbindung zwischen den beiden
krank.» Ganze Herden seien damals mit ein und der-
Dörfern führt am Demeter-Bauernhof vorbei, den der
selben Kanüle gestochen worden, auf seinem Hof
60-Jährige zusammen mit seiner Familie bewirtschaf-
Hunderte innerhalb von nur zwei Stunden. «Das war
tet. Neugierige Wanderer werden beim Vorbeigehen
ein grosses Verbrechen, die Pharmalobby sicherte sich
am Holzschaukasten stehen bleiben. «Blauzungen-
damit Arbeit auf alle Ewigkeit.» Man sei blauäugig
Zwangs-Impfung-Contra-Verfassung» steht da in
reingeschlittert, habe sich von der angeblichen Dring-
grossen Buchstaben und darunter hängen diverse Zei-
lichkeit und dem Zeitdruck überrumpeln lassen, so
tungsartikel und selber verfasste Schreiben, die sich
Planta. «Hätten wir damals gewusst, dass es für die
an seine Kunden und an Interessierte richten.
Zwangsimpfung gar keine genügende rechtliche
Der vom Bund verordnete und vom Kanton vollzo-
Grundlage gab, hätten wir das nicht zugelassen.»
gene Impfzwang hat Tumasch Planta und seine Frau Seraina über drei Jahre in Atem und auf Trab gehalten. Jetzt sind sie angeklagt wegen Hinderung einer Amts-
54
liess seine Schafe damals impfen, «fast panikartig lief
… und ihre Folgen Im folgenden Sommer hätten dann einige Kühe und
handlung, daneben laufen die Rekurse gegen zwei Be-
unzählige Schafe ihre noch nicht geborenen Jungen
triebssperren, die 2009, auf dem Höhepunkt der Aus-
verworfen, Fehlgeburten. «Und verschiedene Bauern
einandersetzung, gegen Plantas verhängt worden
hatten erwiesenermassen schlechte Milch. Die Veteri-
waren – alle Verfahren sind noch hängig. Auch über
näre sagten stets, das alles habe nichts mit der Blau-
die Klage des Bauern gegen den Kantonstierarzt, der
zungenimpfung zu tun. Aber das konnte kein Zufall
2009 in einer Nacht- und Nebelaktion seine Schafe auf
sein, es gab zu viele Fälle. Wir hatten uns in der Zwi-
der Alp zwangsgeimpft und an einen unbekannten
schenzeit schlau gemacht und fanden beispielsweise
Ort transportiert hat, ist noch nicht entschieden.
heraus, dass die in den Impfstoffen enthaltenen Wirk-
Zwangsimpfungen …
nicht sofort einen Schaden verursachen, sondern erst
Nichts deutet auf dem Hof darauf hin, dass der Bauer
nach mehreren Tagen, und das kann dann über Jahre
jüngst mehr als die Hälfte seiner Zeit in den Wider-
dauern», ist Planta überzeugt. Die Pharmaindustrie
stand gesteckt hat. Das heimische Grauvieh steht le-
habe sich gut abgesichert: «Man kann nur bei einem
stoffe Aluminiumhydroxid und Quecksilberhydroxid
thargisch kauend vor dem Stall, die Hunde beschnup-
Schaden in den ersten Tagen unmittelbar nach der
pern aufgeregt die Gäste, die jüngste Tochter sitzt
Impfung an sie gelangen – passiert später etwas, heisst
spielend auf der Terrasse und drinnen macht sich
es, das habe nichts mit der Impfung zu tun. Dass dem
Sohn Buolf in der grossen, hellen Küche zu schaffen.
doch so ist, lässt sich freilich nicht beweisen.»
Tumasch Planta holt einen Tonkrug, füllt ihn mit
Tumasch Planta merkte erst im Herbst, dass auch mit
Wasser und fängt an zu erzählen. Die ganze Ge-
seinen Schafen etwas nicht stimmte. «Wir hatten viel
schichte. Wie sie, die Bauern, 2008 überrumpelt wur-
weniger Lämmer, höchstens halb so viele wie sonst.»
den von der Meldung der Blauzungenkrankheit und
Man habe etwas gestutzt, das aber hingenommen.
der gleichzeitig einsetzenden Impfaktion. Auch er
Erst im kommenden Januar, als es zwei Aborte gab,
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habe er den Veterinär informiert und den Verdacht ge-
Die Verluste waren im darauffolgenden Jahr nicht so
äussert, dass ein Zusammenhang mit der Impfung be-
hoch wie 2009 nach der ersten Impfaktion. Dennoch
sehen dokumentiert:
stehen könnte. Er stiess auf taube Ohren. Nach einer
ist Planta noch immer überzeugt, dass die Todesfälle
Tumasch Planta und seine
Vom Romanischen Fern-
weiteren Totgeburt rief er wieder an. «Da hat der Vete-
auf die Blauzungenimpfung zurückzuführen sind. Es
Mitkämpfer gegen die
rinär geschimpft wie verrückt und anschliessend den
gab noch einen anderen Grund, weshalb er nicht ein
Blauzungen-Zwangsimfungen.
Vertrag gekündigt. Mit Querköpfen wie mir könne er
weiteres Mal impfen wollte: «Als Bauer, der Fleisch
nicht zusammenarbeiten.» Es kamen weitere Aborte
produziert und direkt vermarktet, bringt mich die
dazu und mehrere Lämmer, die lebend zur Welt ge-
Impfung auch in einen Gewissenskonflikt», sagt er.
kommen waren, starben nach kurzer Zeit. Etwa vierzig Tiere hätten sie in diesem Winter verloren. Planta
Knospe- und Demeter-Label verpflichten
zeigt die Rapporte mit den Todesfällen und dazu Bil-
Sein Hof ist Knospe- und Demeter-zertifiziert, ausser-
der der jungen, leblosen Lämmer, eines neben dem
dem ist er Mitglied der Organisation KAG Freiland.
andern ausgestreckt auf dem Boden liegend. In einem
Seine Kunden erwarten also, dass seine Tiere artge-
Antwortschreiben des Bundes stand: «Ein direkter Zu-
recht gehalten werden – und sie erwarten auch, dass
sammenhang zwischen Impfung und Abort kann
das Fleisch, das sie bei ihm beziehen, von höchster
aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben nicht
Qualität und frei von jeglichen Schadstoffen ist. Wie
beurteilt werden. Wir werden die uns gemeldeten
aber will er das garantieren, wenn er davon ausgeht,
Fälle registrieren und versuchen, aus der Gesamtheit
dass der Impfstoff schädlich ist, für die Tiere und auch
der Fälle Schlüsse zu ziehen.»
für die Menschen, die das Fleisch essen?
Kein zweites Mal!
Tumasch Planta war nicht der einzige Bauer, der sich gegen die Zwangsimpfung gewehrt hatte, es gab
Inzwischen wurde es wieder Frühling, es sollte bald
schweizweit Widerständige. «Aber der Druck ist im-
ein zweites Mal geimpft werden, und dies, obwohl es
mens», sagt er. Zusammen ist man stärker, deshalb hat
keine Beweise gab, dass die Impfungen nicht für die
er mit anderen 2010 den Verein Blaudistel gegründet.
vielen kranken und toten Tiere verantwortlich waren.
Man will «für den Schutz vor Eingriffen in die wesens-
Für Tumasch Planta war klar: ein zweites Mal dieselbe
und naturgemässe Landwirtschaft» kämpfen. Imp-
Katastrophe – sicher nicht! Das war der Anfang des
fungen sind nur eines der Themen, an denen sich
Streits mit dem Kantonstierarzt, der darin gipfelte,
Planta und andere kritische Bauern reiben. Es geht ih-
dass dieser die ungeimpften Schafe von der Alp holen
nen auch um neue Gesetze, die auf Grossbetriebe zu-
liess. Die erste Aktion scheiterte am Widerstand der
geschnitten sind, aber auch für die kleinen gelten und
Impfkritiker, die sich mit Transparenten vor die Herde
ihnen zum Beispiel das Schlachten und die Käsepro-
stellten. Das zweite Mal kam der Kantonstierarzt in
duktion auf dem Hof und auf der Alp zusehends er-
der Nacht wieder, begleitet von Polizei und Feuerwehr.
schweren. Für die Hofschlachtung beispielsweise gel-
Die Schafe wurden abtransportiert und in Quaran-
ten mittlerweile Vorgaben, die viele nicht mehr
täne gehalten. Als er sie schliesslich abholen konnte,
einhalten können, auch Planta hat damit aufgehört.
seien sie abgemagert gewesen «und der Widder hatte
Kritisches Mitdenken und Dagegenhalten wird er sich
die Klauenfäulekrankheit», sagt Planta. In der Zwi-
aber nicht nehmen lassen.
schenzeit hatte er den Kantonstierarzt angeklagt.
www.blauzungenimpfung.ch
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Tödliches Rencontre am Schlinigpass Wer durchs spektakuläre Val d´Uina wandert, trifft unterwegs auf den Gedenkstein für den Grenzwächter Fritz Mösle, der 1941 von Wilderern am Schlinigpass erschossen wurde. Die Täter wurden von damals faschistischen Richtern in Bozen verurteilt.
Text: Ursula Bauer und Jürg Frischknecht Fotos: Archive
A
m 21. Oktober 1941, einem Dienstag, brechen
den Wilderer «auf einem kleinen Grashügel beim Ma-
der Schweizer Grenzwachtgefreite Mösle Fritz
rend» und neben ihnen eine tote Gämse, wie später im
und Grenzwächter Kühnis Armin vom Zollpos-
Rapport zum «Rencontre zwischen zwei italienischen
ten Sur En zu einer zweitägigen Diensttour auf, mit
Wilderern (voraussichtlich Deutsch-Südtiroler) und
Übernachtung auf der Lischanahütte. Chef der Pat-
den beiden Grenzwächtern» stehen wird.
rouille ist der 33-jährige Fritz Mösle. Im Appenzell-
56
Ausserrhoder Dorf Speicher in einfachen Verhältnis-
Schüsse von beiden Seiten
sen aufgewachsen, hat er vor zehn Jahren den Sprung
«Halt, Grenzwache!», ruft Mösle von oben. Die Wilde-
ins Grenzwachtkorps geschafft. Er gilt als «ausseror-
rer greifen sofort nach den Waffen und gehen in De-
dentlich pflichtbewusster, zuverlässiger und eifriger
ckung – was dem Grenzwächter vom Gelände her ver-
Grenzwächter», zudem als «sehr guter Berggänger
wehrt ist. Mösle gibt einen Warnschuss ab, kurz da-
und Skifahrer». Armin Kühnis, sein Begleiter, ist zwei
nach auch Kühnis. Dann nehmen die beiden die
Jahre jünger.
Wilderer direkt aufs Korn. Mösle schiesst im selben
Von der Lischanahütte des SAC setzen die beiden am
Moment wie einer der Wilderer auf ihn. Getroffen kol-
Mittwoch früh ihren Kontrollgang Richtung Sursass
lert er 50 Meter die Geröllhalde hinunter, «fast bis
und Val d’Uina fort. Hier oben ist bereits Schnee gefal-
zum Bach und direkt vor den Augen der Mörder», die
len, das Fortkommen etwas mühsam. Bei den kleinen
in guter Deckung flüchten.
Rimsseen stossen sie auf Fussspuren und auf Blut im
Mösle habe seine Schüsse stehend abgegeben, wird im
Schnee. Der Fall ist klar: Da müssen vor Kurzem zwei
Rapport vermutet: «Dass er dabei im Hohllichte stand
Wilderer mit ihrer Beute vorbeigekommen sein.
und eine prächtige Scheibe bot, wurde ihm zum Ver-
Die Grenzwächter folgen den Spuren, erreichen um
hängnis.» Vielleicht habe er «nicht jede Vorsicht be-
elf Uhr den Ausgang des Val Cristanas, das gegen die
obachtet, die die Lage erheischte», sei Opfer «seiner
Alp Sursass ausläuft. 250 Meter weiter vorn und etwas
ausserordentlichen Pflichttreue und seines Dienstei-
tiefer, Koordinate 826500 / 181700, sehen sie die bei-
fers» geworden.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
3
4
Kühnis geht vorsichtig zu seinem Kameraden hinab.
5
6
zwei seien nach wie vor auch Italiener, antworteten
1 Gedenktafel für Fritz Mösle in
Er habe wohl «einen Bauchschuss», sagt Mösle. «Ich
die faschistischen Behörden, deshalb komme eine
der Uina-Schlucht, zwischen
glaub ich sehe meine Frau nicht mehr, ich fühle, ich
Auslieferung nicht infrage. Am 6. März 1942 eröffnete
Uina Dadaint und dem Tatort.
muss sterben.» Obschon Kühnis ahnt, dass es zu spät
die italienische Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren
(Foto: Ursula Bauer)
ist, eilt er ins Tal und holt Hilfe. Mösles Leiche wird
gegen die Täter, die in Silandro (Schlanders) inhaftiert
noch am gleichen Tag das Val d’Uina hinausgetragen.
waren. Darauf schickte Chur die Untersuchungsakten
2 Felsenweg durch die Uina-
Er hinterlässt eine Frau, eine Schulserin, und drei
via Bern nach Rom. Dann war Pause.
Schlucht. (Foto: Cla Rauch, Sent)
Die Wilderer liessen am Tatort einen Proviantsack mit
Prozess ohne Kühnis
3 Fritz Mösle (1906–1941),
der roten Initiale P zurück, eine Sardinenbüchse «Le-
Ende April 1943 – anderthalb Jahre nach der Tat –
der erschossene Grenzwächter. (Foto: Familienarchiv)
kleine Kinder.
one», eine Honigbüchse mit Resten schwarzer Konfi-
wurde Kühnis kurzfristig als Zeuge zur Gerichtsver-
türe, im Deckel eingestanzt «Schweizer Bienenhonig»,
handlung in Bolzano geladen, Termin 20. Mai. Die
sowie vier Seiten aus der «Berliner Illustrierten Zei-
Oberzolldirektion gab ihr Einverständnis, Kühnis war
4 Tatort-Foto aus den Unter-
tung», Nummer 9 / 1941, «Ein deutscher Soldaten-
für die Reise nach Bozen bereit. Doch verweigerte das
suchungsakten.
gruss aus Sizilien».
italienische Konsulat in Chur die einfache Ausreise mit einer Grenzkarte, da Bozen nicht mehr im Grenz-
5 Im Rucksack zurückgelassen:
rayon liege. «Da die Ausstellung eines Passes mindes-
faschistische «Berliner Illust-
Das alles wurde beim Augenschein festgestellt, den
tens einen Monat beansprucht hätte, stellte das Kon-
rierte Zeitung».
das Kreisamt Unter-Tasna zusammen mit Grenzwäch-
sulat dem Präsidenten der Corte d’Assise von Bolzano
ter Kühnis und dem Alpinisten Hermann Frei am
den Antrag, die Gerichtsverhandlung zu verschieben
Donnerstag vornahm. Am gleichen Abend setzte die
oder Kühnis in der Schweiz einvernehmen zu lassen»,
Die Schweiz setzt eine Belohnung aus
Oberzolldirektion der Schweizerischen Eidgenossen-
ist in den Akten nachzulesen, die im Bundesarchiv in
schaft für sachdienliche Hinweise per Telegramm
Bern liegen. Eine Antwort blieb aus.
«eine Prämie von Fr. 500.– aus».
Wie der Prozess vor dem Schwurgericht in Bozen am
Mit Erfolg. Die faschistischen Beamten verhafteten
20. und 21. Mai 1943 ablief, steht in zwei Artikeln der
bereits am Samstag zwei Männer aus Slingia (Schli-
«Alpenzeitung»: «Dritter Mordprozess der Session», ti-
nig): Angerer Giovanni, geboren am 30.9.1900 in
telte das Blatt aus Innsbruck (in Südtirol waren
Innsbruck, ausserehelich der Anna, und Patscheider
deutschsprachige Zeitungen verboten). Erstaunt liest
Giuseppe, geboren am 24.7.1903 in Feusisberg, Kan-
man, dass nur noch Giovanni Angerer «des schweren
ton Schwyz, ausserehelich der Elisabet. Die beiden
Verbrechens» angeklagt ist «an einem unbestimmten
hätten am Sonntagabend «ein volles Geständnis» ab-
Tag im Oktober 1941 im Val Slingia auf der Jagd den
gelegt, meldeten die faschistischen Behörden in die
Schweizer Gendarmen Morli Fritz [sic!] durch einen
Schweiz: «Nach längerem Leugnen haben die beiden
Schuss aus nächster Nähe getötet» zu haben. Der
die Tat gestanden.»
Staatsanwalt beantragt 22 Jahre Kerker wegen wis-
Das Präsidium des Kantonsgerichts Graubünden ver-
sentlichen Mordes, doch der Angeklagte bestreitet
langte die Auslieferung der beiden Geständigen, die
jede Mordabsicht.
als Reichsdeutsche zu gelten hätten, da sie für das Aus-
Voll geständig ist hingegen Patscheider. Wen wun-
wandern nach Deutschland optiert hatten. Halt, die
derts, ist er doch nur «wegen Jagd ohne Jagdschein
piz 41 : Sommer | Stà 2011
6 Tatortskizze aus den Akten.
57
und wegen unerlaubten Tragens einer Feuerwaffe» an-
In Schlinig hiess es damals, der ledige Angerer habe
geklagt. Zum Tathergang kann er leider, leider «keine
die Tat auf sich genommen, weil Patscheider bereits
Beschreibung geben, da er sich in diesem Augenblick
mehrfacher Vater war. Wie lange Angerer sass, wissen
vom Angerer eines persönlichen Bedürfnisses wegen
wir nicht. Er lebte später in Innsbruck. Patscheider
entfernt» habe. Nicht geschossen, nur geschissen.
starb an Weihnachten 1993 als respektierte Dorfgrös-
Dieser Ausrede hätte Kühnis glaubhaft entgegentre-
se. Er ruht im Familiengrab in Schlinig.
ten können. Noch am Tag des Mordes hatte er schriftlich festgehalten, wie beide Wilderer nach dem «Halt»-
Nachtrag
Ruf aufsprangen, beide zur Waffe griffen, beide
Im Februar 2011 treffen wir einen Zeitzeugen, der die
umgehend flüchteten – das alles in wohl weniger als
Verhaftung der beiden Täter in Schlinig als Zaungast
einer Minute.
miterlebt hat. «Die beiden wurden in Handschellen
Straf-Rabatt der Faschisten
korte nach Mals abgeführt, zu Fuss.» Selbst mit dem
Das Urteil wurde bereits am nächsten Tag gesprochen:
Jeep habe man damals nicht nach Schlinig fahren
oder sonstwie gefesselten Händen von einer Polizeies-
Giovanni Angerer ist nur des unwissentlichen Mordes
können. Als Optanten seien die beiden Täter vor dem
schuldig und muss für dreizehn Jahre in den Kerker,
Auswandern gestanden und hätten sich gesagt: «Ge-
minus drei Jahre Rabatt «in Anwendung des Gnaden-
hen wir nochmals ini», hinein, beide mit geliehenen
erlasses der Zwanzigjahrfeier» (zur faschistischen
Gewehren. Damals galt in Südtirol die Devise: Den
Machtergreifung). Patscheider kam – dem persönli-
Italienern lassen wir nichts, weder Wald noch Wild,
chen Bedürfnis sei Dank – mit sechs Monaten Kerker
jetzt wird auf alles geschossen. Auch nach dem Krieg,
und 1000 Lire Busse davon.
wie sich der Zeitzeuge erinnert: «Ein Jahrzehnt später
Monate nach diesem Urteil wurde die Prämie von 500
wurde die Tatwaffe, ein zeitgenössisches Jagdgewehr,
Franken wie folgt ausbezahlt: 800 Lire an Dr. Carmelo
eingezogen. Nicht wegen dem Mord an Mösle, son-
Scarpa, als Vice-Commissario in Resia / Reschen zu-
dern weil der Besitzer damit einen Steinbock gewil-
ständig für Verhaftung und Verhör, zurzeit in Cattaro;
dert hat.»
450 Lire an Rodolfo Briosi, Guardia di finanza, zurzeit in Pavia; 500 Lire an Walter Allegria, Primo capo squa-
Dieser Text stammt aus dem neusten Wanderbuch
dra, zurzeit in Cadegliano; 437.45 Lire an Celestino
«Schüttelbrot und Wasserwosser. Wege und Geschichten
Dolliani, Mitglied der Schwarzhemden, zurzeit im
zwischen Ortler und Meran» von Ursula Bauer, Jürg
Felde. Mit den gut 2000 Lire hätte man zu jener Zeit
Frischknecht, erschienen im Rotpunktverlag, Zürich.
zwei Kühe kaufen können.
Siehe Buchhinweis auf Seite 60.
Werbung
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piz 41 : Sommer | Stà 2011
BUCHER Jodeln für die Fremden
Höhenluft
Leckere Liebesgeschichten
Des Gemsjägers Leben
Rémy Charbon, Corinna Jäger-Trees, Do-
Melanie Mühl: «Menschen am Berg.
Jost Auf der Maur: «Geschmack der Liebe –
Leo Tuor: «Settembrini – Leben und Mei
minik Müller (Hg.): «Die Schweiz verkau
Geschichten vom Leben ganz oben». Nagel &
Zwölf wahre Geschichten mit zwölf Rezepten»,
nungen». Übers.: Peter Egloff. Limmat-
fen». Chronos Verlag, Fr. 58.–
Kimche, Fr. 22.90
Illustr. Peter Gut. Echtzeit Verlag, Fr. 32.–
verlag, Fr. 38.–
Die Reise in die Schweiz
Sie war kein Heidi, kein
Sein Buch sei ein Menü,
«Settembrini», das sind
wurde mit dem Ausbau
Kind der Berge. Obwohl
das ihm das Leben zuge-
die Zwillingsonkel des
der Verkehrsmittel und
die Eltern sich grosse
tragen habe, sagt der in
Protagonisten, ein
-wege seit dem 19. Jahr-
Mühe gaben, ihren
Chur lebende Autor Jost
Mensch in zwei Perso-
hundert zum touristi-
Nachwuchs zu Gipfel-
Auf der Maur. Und weil
nen. Sie sind Gemsjäger
schen Massenphäno-
stürmern zu erziehen.
Liebe durch den Magen
und Literaten. Settemb-
men. Wie wurden die heimischen
Doch dann fuhr die Journalistin Me-
geht, heisst sein Band «Geschmack
rini sagt nie «von A bis Z», sondern
Künstler vom Zustrom der Fremden
lanie Mühl, 1976 geboren, mit dem
der Liebe». Darin berichtet er von sei-
«von Cäsar bis Nabokov». Weil Cäsar
beeinflusst? Übernahmen sie deren
Mann an ihrer Seite ins Prättigau.
nen Liebschaften und erzählt, wie
das Jägerlatein erfunden und Nabo-
Sichtweise oder setzten sie kritische
Seither faszinieren sie die Berge und
ihm diese Frauen unvergessliche Ge-
kov der Jagdliteratur mit seiner anbe-
Akzente? Sahen sie sich als Promoto-
die Menschen, die dort leben und ar-
richte gekocht und ihm ebensolche
tungswürdigen Lolita die Krone auf-
ren des Tourismus oder warnten sie
beiten, im Jura, auf Golzern, im Gott-
Stunden geschenkt haben. Im Buch
gesetzt habe. – Leo Tuor (52),
vor seinen schädlichen Einflüssen?
hardtunnel oder als Bernina-Berg-
sind Dutzend solcher Episoden ver-
Schriftsteller, Jäger, Philosoph und
Wie veränderte der Fremdenverkehr
führer und Rettungschef der
sammelt – samt den dazugehörenden
Schafhirte auf der Greina, erzählt
die Produktions- und Rezeptionsweise
Rettungsregion Oberengadin des
Rezepten zum Nachkochen. Auf der
vertrackte, wilde, abenteuerlich ver-
der Künste? Das Buch versammelt ver-
SAC. Sie hat ausführliche, geduldige
Maur schreibt mit feiner Ironie und
sponnene Geschichten «zum Ruhm
schiedene Autorinnen und Autoren
Gespräche geführt, auch mit wort-
viel Charme eine Hommage an die
der Bündner Jäger». Der Autor nennt
und deren Aufsätze und Analysen.
kargen Menschen, hat genau hinge-
Liebe und ans Essen und Illustrator
seinen Roman selber ein «närrisches
Wir erfahren unter anderem, dass die
schaut, und sie schreibt brillant. Ent-
Peter Gut zeichnet dazu mit seinem
Buch». Hier wird drauflosfabuliert
nach 1800 neu geschaffene Schweizer
standen sind neun eindrückliche
bekannt pointierten Strich. Es geht
und parodiert, dass einem Sehen und
Folklore, bis hin zum Alphorntrio und
Erzählungen von Bergbauern, von
um Tomatensuppe, Risotto und um
Hören vergeht, und die «senkrechten
den Chören, nicht nur eine Besin-
Tunnel- und Brückenbauern und
das Zusammenkommen mit ange-
Quadratschädel» bekommen im
nung auf das Eigene waren.
Oldtimer-Winter-Raid-Fahrern. es
himmelten Frauen.
Buch ihren Teil ab. es
Wandern im Vinschgau
Strapazen am Bernina
Baumeister des Mythos St. Moritz
Hausinschriften
Ursula Bauer, Jürg Frischknecht: «Schüt
Andrea Tognina, Véronique Schegg, Ruedi
Susanna Ruf: «Fünf Generationen Badrutt:
Erna Romeril: «Engadiner Lebensweis
telbrot und Wasserwosser. Wege und Geschich
Bruderer: «Arbeiter am Bernina: Sozialge
Hotelpioniere und Begründer der Wintersaison».
heiten – SgraffitoInschriften an Engadiner
ten zwischen Ortler und Meran». Rotpunkt-
schichte eines Bahnbaus, 19061910». Verlag
Hrsg.: Verein f. wirtschaftshist. Studien, Bd.
Häusern.» Baier Verlag, Crainsheim,
verlag, Fr. 47.–
Desertina, Fr. 35.– (ital. Ausgabe erhältlich)
91, Zürich, Fr. 25.-, www.pioniere.ch
Fr. 39.90, www. baierverlag.de
In Vinschger Äpfel ha-
Das Buch schil-
Die Hoteliersfamilie
In vielen Dörfern
ben schon alle gebissen.
dert die Ge-
Badrutt gehört zu den
im Ober- und im
Aber Schüttelbrot, das
schichte von
Wirtschaftspionieren
Unterengadin fin-
trockene Fladenbrot aus
Tausenden Arbei-
der Schweiz und hat
den sich an den
Roggenmehl, zwischen
tern, die an der
den Mythos St. Moritz
Häusern Sgraffito-
den Zähnen krachen
Bernina-Bahn
entscheidend mitge-
Inschriften mit al-
lassen? Am Wasserwosser spaziert?
bauten. Sie haben die zu Papier ge-
staltet. Die Hotelgründungen des
ten Engadiner Lebensweisheiten. Oft
Das Tal im obersten Südtirol, zwi-
brachten Ideen der Ingenieure in
«Engadiner Kulm» und des «Badrutt’s
sind diese mit symbolträchtigen, teils
schen Reschenpass, Münstertal und
der Landschaft umgesetzt und so
Palace» haben wir dieser Familie zu
lustigen Bildern verziert. In diesem
Meran gelegen, ist weit mehr als die
eine Bahnstrecke gebaut, die auch
verdanken. Nun schildert ein Band
Band werden achtzig solcher Sgraffiti
Apfelplantage der EU. Das Wanderpa-
mehr als 100 Jahre nach ihrer Eröff-
der Reihe «Schweizer Pioniere der
gezeigt, die die Zuozerin Erna Ro-
radies ist gerade aus Südbünden be-
nung zum Grandiosesten gehört,
Wirtschaft und Technik», welchen
merli in den letzten Jahren gesam-
quem erreichbar. Ursula Bauer und
was es in den Alpen gibt. Nicht um-
Weg die inzwischen fünf Generatio-
melt hat. Die in Rätoromanisch ver-
Jürg Frischknecht – regelmässig auch
sonst gehört die Bernina-Strecke der
nen der Familie gegangen sind: von
fassten Sprüche sind ins Deutsche,
als Autoren im piz anzutreffen – prä-
RhB zum Weltkulturerbe der
der Vermietung einfacher Gästezim-
Italienische und ins Englische über-
sentieren in ihrem siebten Wander-
Unesco. Zum Buch gehört eine DVD
mer in Samedan bis zum Bau des in-
setzt und so auch Sprachunkundigen
buch mehrtägige Berg- und Talfahr-
mit dem Film «Strapatschs al Ber-
ternationalen Luxushotels in St. Mo-
zugänglich. Die Sgraffito-Technik
ten und schlagen überraschende
nina – Fatiche al Bernina – Kno-
ritz. Das Buch erzählt von gewagten
und deren Bedeutung als Schmuck
Einwanderungen in den Vinschgau
chenarbeit am Bernina» von Ruedi
Geschäftsideen und Schicksalsschlä-
sowie die verschiedenen Symbole
vor. Sie erzählen vom Ötzi und von
Bruderer (Televisiun Rumantscha).
gen und öffnet uns die Türe in die
werden ebenfalls erklärt. Auf unter-
der Geierwally, berichten über Schä-
Diese Dokumentation schildert ein-
Welt des Luxus. Viele historische Fo-
haltsame Weise lernen Leserinnen
fer, Wilderer, Schmuggler und mo-
drücklich den Alltag der Bahnarbei-
tos machen deutlich, wie St. Moritz
und Leser die rätoromanische Kultur
derne Bahnpioniere.
ter im Winter.
sich verändert hat.
des Engadins kennen.
60
piz 41 : Sommer | Stà 2011
BUCHER Romanen lernen Deutsch
In der ganzen Welt zuhause
Nachschlagen in rumantsch grischun
Vielgestaltige Bergwelt
Renata Coray, Barbara Strebel und Yvon ne
Kathrin Siegfried: «Steivan Liun Könz.
Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz
Jon Mathieu: «Die dritte Dimension. Eine
Böhler (Fotos): «Sprachwelten/Munds da lin
Geschichtenmaler & Bilderzähler 1940–
(HLS): «Lexicon Istoric Retic». Verlag Deser-
vergleichende Geschichte der Berge in der
guas» Verlag Hier+Jetzt, Fr. 38.-
1998». Limmatverlag, Fr. 68.–
tina, 2 Bände zusammen Fr. 298.–
Neuzeit». Schwabe Verlag, Fr. 58.–
Zehn Männer und
Steivan Könz war
Das in Rumantsch
Dieses Buch unter-
Frauen mit Roma-
ein begnadeter Er-
grischun verfasste
nimmt erstmals den
nisch als Mutterspra-
zähler. Ob mit Blei-
Lexicon Istoric Retic
Versuch, die vielgestal-
che – Bauern und Ver-
stift, Feder oder Pin-
ist das erste Sachlexi-
tige Welt der Berge und
käuferinnen, Käser
sel, mit Nadel, Nagel
kon der rätoromani-
ihre Entwicklung wäh-
und Coiffeusen, Müt-
oder Tube, immer
schen Schweiz. Hier
rend der letzten 500
ter und Väter – erzählen, wie sie le-
brachte er Geschichten zu Papier
findet man alles Wichtige aus dem
Jahre dreidimensional und aus his-
ben, wie sie aufgewachsen sind und
oder als Sgraffiti an die Wand. Auch
rätisch-bündnerischen Raum: Histo-
torisch-humanwissenschaftlicher
in welchen Momenten ihnen be-
als mündlicher Erzähler brillierte
risches, Politisches, Wirtschaftli-
Sicht zu untersuchen. Ausgangs-
wusst wurde, dass ihre Mutterspra-
er, am Wirtshaus- oder Küchentisch
ches, Soziales, Kulturelles und alles
punkt ist die UNO-Umweltkonfe-
che in der Schweiz mehr eine
gab er Spannendes und Unglaubli-
zur Sprache – von der Prähistorie bis
renz von 1992, bei der die Berge zum
Fremd- als eine Landessprache ist.
ches zum Besten, erlebt, gehört oder
zur Gegenwart. Das Lexicon ist eine
Thema gemacht wurden. Mathieu
Mit den humorvollen und berüh-
erfunden. Den Stoff für seine Ge-
spezielle Ausgabe des nationalen
beginnt mit der Untersuchung dieser
renden Sprachbiografien aus Breil/
schichten fand er in der Welt seiner
dreisprachigen Historischen Lexi-
langfristigen Prozesse in Wissen-
Brigels und aus dem Unterengadi-
Herkunft, dem Engadin, oder er
kons der Schweiz (HLS), an das es
schaft, Kultur und Politik, die unsere
ner Ort Sent schlägt das Buch Brü-
holte sie sich auf Reisen quer durch
sich konzeptionell anlehnt. Die
Einstellung zu Gebirgsregionen ver-
cken: zweisprachig und mit Porträts
die ganze Welt. Dieses Buch zeigt
mehr als 3000 Artikel sind reich be-
ändert haben, und er greift histori-
der Interviewten und Bildern aus
einen repräsentativen Ausschnitt
bildert. Der 1. Band ist erschienen,
sche Probleme auf, die in der jüngs-
deren Fotoalben.
aus dem vielseitigen Werk.
der 2. Band erscheint 2012.
ten Forschung debattiert werden.
piz 41 : Sommer | Stà 2011
61
PIZZERIA Literatur surprise Ab Ende Juli findet jeden letzten Freitag im Monat im Gast- und Kulturhaus «Piz Tschütta» in Vnà ein literarischer Abend statt. Bekannte Autorinnen und Autoren sind zu Gast, darunter Angelika Overath und Jost auf der Mauer, der am 28. Oktober zu einer kulinarischen Lesung samt Überraschungen einlädt. www.hotelvna.ch
Engadiner Kammerchor Der Engadiner Kammerchor besteht aus Sängerinnen und Sängern aus dem ganzen Engadin. Während sich andere Chöre aus der Region dem Liedgut widmen, führt der Kammerchor grosse Werke der Musikliteratur konzertant auf. In den letzten Jahren waren dies Bachs Johannes- und Matthäuspassion, Haydns Schöpfung und die Jahreszeiten, Brahms Requiem und letztes Jahr Mozarts Missa in C. Im Hebst 2011 werden Bachs Motette «Jesu meine Freude» und Francks «Messe in A-Dur» zu hören sein. 1968 gründete Hannes Reimann den Chor und war selbst der erste Dirigent. Seine Nachfolger waren Peter Appenzeller und Bruno Haueter. Seit 2001 leitet Gaudenz Tscharner die Formation. www.kammerchor.ch
Arte Hotel Bregaglia
Kunstführer Tschlin
Auch diesen Sommer findet im Hotel Bregaglia in Promontogno im Bergell wieder eine Sommerausstellung statt. Das letztjährige Projekt hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Die Interventionen sind auf ein grosses Echo gestossen und die Ausstellung wurde rege besucht. Ursprünglich war nur ein einmaliges Kunstereignis geplant, doch nun nutzt Galerist Luciano Fasciati die Dynamik und hat eine Fortsetzung realisiert. Diesen Sommer stellen folgende Künstlerinnen und Künstler aus: Judith Albert, Remo Albert Alig, Evelina Cajacob, Gabriela Gerber und Lukas Bardill, huber.huber, Conrad J. Godly, Isabelle Krieg, Roman Signer, Gaudenz Signorell, Jules Spinatsch und wiedemann/mettler. 26.6.–1.10., tägl. 10–17 Uhr. Details: www.artehotelbregaglia.ch
Tschlin hat nun seinen
Jahreskonzerte 2011: Johann Sebastian Bach: Motette «Jesu meine Freude» und César Frank: «Messe A-Dur». Solisten: Sara Bigna Janett, Sopran; Georg Fluor, Tenor; Stefan Vock, Bass. Instrumentalisten des Orchesters Collegium Cantorum, Zürcher Oberland. Konzertmeister: Thomas Ineichen. Gesamtleitung: Gaudenz Tscharner. 5.11. im Kulturzentrum Laudinella, St. Moritz, 6.11. in der St. Martinskirche, Chur.
Die «Garbo» in Samedan «Con Garbo nei Grigioni» fand letztes Jahr in Klosters statt. An jenem Ort, wo Greta Garbo, «die Göttliche», dreissig Sommer verbracht hatte. Die Installation und die Pläne für das Garbo-Zentrum sowie die Umbenennung des Davoser Seebergs in «Piz Garbo» haben für heftige Diskussionen gesorgt. Die einen fanden es schlicht Unsinn, Kunst eben, die anderen waren begeistert von dieser Art Geschichtsaufarbeitung. Die Recherchen um Chasper Caflisch und dessen Nachlass gehen weiter. Die neusten Ergebnisse der Feldforschung werden in der Chesa Planta in Samedan präsentiert: 31.7.–14.8. Idee, Installation, Performance: Hans Peter Litscher. Produktion, Künstlerische Mitarbeit: Mathias Balzer. Eine Koproduktion mit dem Theater Churder, Kulturgesellschaft Klosters, dem Hotel Pardenn, Klosters, und Chesa Planta, Samedan. www.chesaplanta.ch
eigenen Kunstführer. Autor Marc Antoni Nay hat ihn
RhB- und ICN-Zug für Steivan Brunies
für die Schweizerische Ge-
44 Intercity-Neigezüge (ICN-Kompositionen) fahren kreuz und quer durch die Schweiz – jede einer bekannten Frau oder einem berühmten Mann gewidmet. Und auch die neuen «Allegra»-Triebfahrzeuge der RhB sind Berühmtheiten gewidmet. Je ein ICN und eine RhB-Komposition tragen den Namen von Steivan Brunies: 1877 in S-chanf im Engadin geboren, unterrichtete der Zoologe und Botaniker als Mittelschullehrer die meiste Zeit in Basel, wo er 1953 starb. Steivan Brunies war 1909–1935 Sekretär des Bundes für Naturschutz (heute Pro Natura), Mitbegründer des Nationalparks und 1914–1941 dessen erster Oberaufseher sowie Kassier der Nationalparkkommission. Bekannt wurde er auch dank seiner Sammlung alter Volksmusik im Engadin.
sellschaft für Kunstgeschichte (GSK) zusammengestellt. Auf 44 Seiten werden Kirchen, Plätze, Brunnen und verschiedene Gebäude und ihre Sgraffiti vorgestellt. Es gibt viel zu sehen, denn zur Gemeinde Tschlin gehören auch San Niclà, Strada, Tschaflur, Chasura, Sclamischot, Martina und Vinadi. Fr. 11.–, www.gsk.ch
62
piz 41 : Sommer | Stà 2011
PIZZERIA Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Sommerprogramm 2011 Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch 16.–19.6. 12. Silser Hesse-Tage 20.6.
Gedichte und Sentenzen v. Wilhelm Busch, 21.15 Uhr
29.6.
Gespräch mit Musik- und Gesangseinlagen von Eva
5.8.
Römerwegen im Oberengadin und am Julierpass 5.8.
6.7.
Vortrag über das abgebrannte Hotel
Mehr Platz fürs Kulturarchiv
Ungeheuer» (aus dem Briefwechsel Lijdia Kotschetko-
«Waldhaus», Vulpera, von Rolf Zollinger: «Ein
Das Kulturarchiv Oberen-
wa/Fritz Bruppacher), 21.15 Uhr
ungelöster Fall», 21.15 Uhr
gadin in der Chesa Planta
Theater: Das neuste Stück von Ferruccio Cainero
in Samedan bekommt mehr
«Krieger des Regenbogens», 21.15 Uhr
Platz. Zwei Kellerräume
Szenische Lesung: «Gehetzt» – Deutsche Literaten
werden ausgebaut. Das
Vortrag: Peter Villwock zu «Nietzsches Landschaften»,
1940 im französischen Exil. Mit Ruth Werfel und
Projekt stammt vom
20.45 Uhr
Thomas Douglas, 21.15 Uhr
ortsansässigen Architekten
Film: «Big Alma». Dokumentarfilm über das Leben
Patrick Blarer. Er plant
von Alma Mahler-Gropius-Werfel, 21.15 Uhr
eine Holzkonstruktion,
Konzert mit den «Bateau Ivre» – Nachwuchsband mit
die als eigenständige Box
einheimischen Künstlern, 21.15 Uhr
funktioniert. Dort werden
Lesung mit Laura Ceretti, Milano und
nicht nur zusätzliche Lager-
Chasper Pult, 21.15 Uhr
möglichkeiten geschaffen,
Godel, 17.30 Uhr
6.8.
Jazzkonzert mit der Gipsy Band DeCauter, 21 Uhr
Szenische Lesung: «Liebe ist ein schreckliches
8.8.
Klaviertrio Matthias Enderle (Violine), Alexander
12.8.
Kionke (Violoncello) und Edward Rushton (Klavier), 20.45 Uhr 7.7. 8.7.
Lesung aus «Konzert für die linke Hand» von und mit
15.8.
17.8.
Lea Singer, 21.15 Uhr 13.7.
Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè:
19.8.
Fränzlis da Tschlin, 17 Uhr 17.7.
Theater der Scuola Dimitri, 16.30 Uhr
20.7.
Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè:
21./22.7. 24.7.
20.8.
Fun Horns - Spasshörner, 17 Uhr
25.–28.8. Silser Kunst- und LiteraTourtage
sondern auch Arbeitsplätze
Theater: «Ich Biene, ergo summ» mit Jürg Kienberger
29.8.
Literarisch-musikalischer Abend: Arthur Spirk (Video)
eingerichtet. Die Einbauten
(Regie Claudia Carigiet), 21.15 Uhr.
und Werner Bärtschi (Musik und Texte) über
haben keine eigene Decke,
Philosophisches Abendgespräch.
«Rund um Paracelsus im Bad Pfäfers», 21.15 Uhr
so dass der Gewölbekeller
Buchpräsentation: «Engadiner Lebensweisheiten»
sichtbar bleibt.
«Die Blaue Blume – Philosophische Aspekte
1.9.
mit Erna Romeril Klarer und Chasper Pult, 21.15 Uhr
romantischer Lebensentwürfe», 21.15 Uhr 25.7.
Lesung m. Lukas Hartmann: «Finsteres Glück», 21.15 Uhr
26.7.
Philosophisches Abendgespräch. «Das Rote Buch – Philosophische Streifzüge durch die Psychologie
7.9.
Wasserzeichen auf der Halbinsel Chastè: South-West-
«Schrot und Schrott», 21.15 Uhr Sonatenkonzert mit Maja Weber (Violoncello)
14.9.
Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung:
und Per Lundberg (Klavier), 21.15 Uhr «Konzepte einer philosoph. Gesundheitslehre in der
Percussion der Philharmonie Konstanz, 17 Uhr 29.7.
Antike und im Werk Friedrich Nietzsches», 20.45 Uhr
Philosophisches Abendgespräch: «Carte Blanche – die Philosophie der Anwesenden
16.9.
Buchpräsentation der Erstveröffentlichung von Annemarie Schwarzenbachs Nachlassroman
oder Eine Reise ins Ungewisse», 21.15 Uhr 4.8.
Theater mit Christina Volk und Ursina Gregori
13.9.
von C. G. Jung», 21.15 Uhr 27.7.
Lesung: «Heinrich von Kleist und Robert Walser». Ein Abend mit Klaus Henner Russius, 21.15 Uhr
Buchmann und Jan Schultsz – Moderation Arthur 4.7.
Exkursion mit dem Archäologen Jürg Rageth auf den
«Das Wunder des Baums», 21.15 Uhr
Vortrag mit Lesung und Filmprojektion über Armon Planta (Entdecker der Römerwege im Oberengadin,
17.9.
Ein italienischer Abend: «Nessun dorma!», 21.15 Uhr
Bergell und am Julierpass). Mit Chasper Pult und
19.9.
Lesung: «Erinnerungen eines Insektenforschers»
Georg Jäger, 21.15 Uhr
von Jean-Henri Fabre, 21.15 Uhr
Konzert der «Fränzlis da Tschlin»
Das grosse Ländlerorchester In der Schublade von Domenic Janett von den «Fränzlis da Tschlin» lag seit einiger Zeit die Skizze für ein Stück mit dem Titel «Das Ländlerorchester». Janetts Wunsch war es, dabei zahlreiche Instrumente der Schweizer Volksmusik in einem grossen Orchester zu vereinen. Inzwischen ist ein 45-minütiges Werk entstanden. An der Uraufführung riss es das Publikum buchstäblich aus den Sitzen. Die «Fränzlis da Tschlin» treten hier zusammen mit einem grossen Orchester auf. Die Formation spielt als zweites grosses Stück die «Waldstätter-Fantasie», komponiert von Dani Häusler. Eines der letzten Konzerte des «Ländlerorchesters» findet im Engadin statt. (s. rechts)
19. August in der Mehrzweckhalle Tschlin Beginn 20.30 Uhr. Vorverkauf: Engiadina/ Scuol Tourismus Tel. 081 861 22 22.
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PIZZERIA Diavolezza-Bahn wird modernisiert Im Winter 2011 / 2012 wir ddie inzwischen 55 Jahre alte Luftseilbahn BerninaDiavolezza für 4 Mio. Franken umfassend modernisiert. Damit startet die Bergbahnen Engadin St. Moritz AG ein grossses Investitionsprojekt. Die Bahn bekommt nicht nur eine neue Technik, sondern auch neue Kabinen mit Fenstern bis zum Bo-
Ausstellung im Turm Samedan «La Tuor» heisst der neue Ausstellungs- und Kulturraum von Samedan. Die Architekten Mierta und Kurt Lazzarini haben den 800 Jahre alten Wachturm, aufgeschichtet aus mächtigen Bruchsteinen, so umgebaut, dass trotz der kleinen Grundrisse der fünf Geschosse gute Räume entstanden sind. In «La Tour» wird eine Dauerausstellung über Kultur, Geschichte und Personen aus dem Engadin und Südbünden aufgebaut. Diesen Sommer wird eine Sonderausstellung zum «Nicht mehr gebrauchten Stall» stattfinden. Eine Schau, die aus der Zusammenarbeit des «Gelben Haus» in Flims, des Vorarlberger Architekturinstituts und der Organisation Kunst Meran entstanden ist (bis 2.9.). Der Turm soll auch eine Bühne für Handwerk und Kunsthandwerk werden. Öffnungszeiten: Mi–So, 15–18 Uhr. www.latuor.ch
den. Auch die Warteräume für die Passagiere werden neu organisiert, so dass die 107 Skifahrerinnen und -fahrer pro Fahrt weniger drängeln müssen. Die Arbeiten dauern von Ende November 2011 bis Mitte Februar 2012.
Rimessa Castelmur Seit zehn Jahren werden in der Rimessa des Schlosses Castelmur in Stampa/Coltura im Bergell Ausstellungen gezeigt. Kunstschaffende aus der Gegend und aus der Ferne, die alle in irgendeiner Art mit der Region verbunden sind, stellten hier aus. Im kleinen Gewölberaum mit seinem grossen Tor wird diesen Sommer Jubiläum gefeiert. Insgesamt 27 Kunstschaffende, die in den letzten zehn Jahren in der Rimessa zu Gast waren, sind – in zwei aufeinander folgenden Ausstellungen – mit einem ihrer Werke präsent: Die beiden Ausstellungen dauern vom 19.6.–24.7. und vom 7.8.–4.9. Öffnungszeiten jeweils Mi–So 15–17 Uhr
Zweitwohnungen besteuern Immer mehr Engadiner Gemeinden machen Ernst mit der Beschränkung des Zweitwohnungsbaus. In Silvaplana kann eine jährlich abzuliefernde Steuer eingeführt werden – sie wird sowohl auf bestehende wie auch auf neue Ferienwohnungen erhoben, die nicht bewirtschaftet werden. Die Bündner Kantonsregierung hat 24 Beschwerden gegen diese Steuer abgewiesen. Sie fand, die Abgabe sei konform zum Richtplan und zum «Werkzeugkasten» gegen den überbordenden Zweitwohnungsbau, den der Kanton den Gemeinden zur Verfügung stellt. Durch das Missverhältnis zwischen Erst- und Zweitwohnungen, wie es in Silvaplana bestehe, drohe die Gemeinde ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren, stellt die Regierung in ihrem Entscheid fest. Andere Engadiner Gemeinden haben eine «Lenkungsabgabe» in Form einer einmal zu bezahlenden Abgabe beim Bau neuer Zweitwohnungen eingeführt, etwa Samnaun, Maloja und Madulain.
Helen Knutti-Vaessen, «Gedankenformen», 2011, Doppelhochrelief, Papiermaché, je 40x40x12 cm
Giodim Konzerte im Engadin: 6.10. Hotel Waldhaus, Sils-Maria, 21.15 Uhr. Vorverkauf: Hotel Waldhaus, Tel. 081 838 51 00 7.10. Baselgia/Kirche, Sent, 20.15 Uhr. Kein Vorverkauf, Kassenöffnung: eine Stunde vor Konzertbeginn.
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Giodim, ein romantisch-rumantscher Liederabend Ein wehmütiges Lied steht Pate für Giodim. Tatsächlich haben viele romanische Lieder einen melancholischen Unterton. Es geht um bittersüsse Liebschaften, Abschied und Sehnsucht. Kurz darauf aber wird es wild, ja fast brutal: Eine schwer verliebte Ameise muss mit ansehen, wie die angebetete Heuschrecke kurz vor der Hochzeit die Schlossmauer hinunterstürzt, ein listiger Jäger jagt den Teufel persönlich, und eine übermütige Frau kommt erst vom Tanz zurück, als das Erbe ihres Mannes verteilt wird. Apropos Tanz: Bei Giodim bekommt piz 41 : Sommer | Stà 2011
auch die Volksmusik ihr Fett ab. Lüpfige Schottisch und liebliche Walzer sind Pflichtprogramm, wenn die Janetts mit dabei sind. Aber auch hier gilt: Nicht jeder Ländler ist in diesen Interpretationen immer schön und gut. Die Giodim-Konzerte scheren musikalisch immer aus, es wird in fremden Gärten gegrast. So viel sei verraten: Das Happyend ist zu erwarten. Idee, Konzept: Curdin Janett; mit: Barbara Gisler und Cristina Janett, Cello; Curdin Janett, Kontrabass und Akkordeon; Niculin Janett, Saxophon; Madlaina Janett, Viola; Jachen Janett, Gesang; Domenic Janett, Klarinette; Roland Christen, E-Bass
PIZZERIA Kulturveranstaltungen im Vinschgau
Künstlerhaus und Kulturzentrum Nairs Sommerprogramm 2011 Details und Ergänzungen: www.nairs.ch Ausstellungen «Momente am Wasser / Mumaints sper l'aua» und «Resonanzen / Resinanzas» Mit einer Vitrine in Memoriam Bernhard Luginbühl (1929–2011). Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler thematisieren ihr Verhältnis zum Ort. Die archaische Kraft der Quellen, des Inns, der Architektur, der Geschichte schwingt in den Arbeiten mit. Nairs wird dadurch zum Resonanzraum. Bis 11.9. Do–So: 15–18 Uhr. Öffentliche Führungen mit Kurator Christof Rösch: 22.6./13.7., 20 Uhr. 21.7., 19 Uhr. 3.8./24.8., 20 Uhr. 9.9., 18 Uhr. Jahresausstellung Artists in Residence des Sommers 2011: Vernissage und Künstlerfest: 24.9., 18 Uhr. Finissage: 16.10., 16 Uhr. Tag der offenen Ateliers: 25.9. ab 14 Uhr. Öffentliche Führungen mit Kurator Christof Rösch: 28.9., 20 Uhr, 14.10., 19 Uhr. Nairs-Mobil: Ein temporäres Projekt in den Dörfern. Das Modell des Künstlerhauses im Massstab 1:10 ist wieder als fahrbare Skulptur unterwegs im Unterengadin. Kaminsprengungen: Ortsspezifische Intervention mit einer Kurzfilmsammlung. Auf dem Kaminrest in Nairs werden Einstürze gezeigt. Schuften und Faulenzen: Ortsspezifische Interventionen, Gespräche und eine Filmreihe zum Thema. Vernissage 5.8., 20 Uhr. Danach bis 16.10. täglich ab Einbruch der Dämmerung vor dem Hotel Lischana, Scuol. Diskussionsreihe und Filmprogramm auf www.nairs.ch
Literatur : Hommage an Steivan Liun Könz (1940–1998). 15.7., 18 Uhr. Hommage an Jon Demarmels, 14.10., 20 Uhr. Musik: Duo CO2, Zeitgenössische Musik, 19.6., 17 Uhr. Performance «Landscaping reflections» mit Angela Hausheer und Leo Bachmann im Val Plavna mit Wanderung und Kutschenfahrt: 30.7., 14.30 Uhr. Architektur: Wanderung nach dem Buch «Himmelsleiter und Felsentherme, Architekturwandern in Graubünden.» Von Lavin nach Guarda. Lesung Köbi Gantenbein. 8.7., 13 Uhr. Architekturspaziergänge im Engadin: 23.7. ganzer Tag und 2.9. nachmittags. Führungen : Nairs einst und heute, 6.7., 10.8. und 9.9. je 14.30 Uhr. Christof Rösch, Künstler und Architekt, führt durch das Ensemble. In Zusammenarbeit mit Johannes Florin, Denkmalpflege GR, und Rolf Zollinger, ehemaliger Direktor Hotel Waldhaus Vulpera. Israel in Nairs: Jenseits politischer Grenzen spiegelt das Festival «Culturespaces» die Vielfalt und Eigentümlichkeit heterogener Kulturlandschaften wider und umreisst deren Kunst- und Kulturszene. Gastland und Gastkünstler kommen dieses Jahr aus Israel. Benefizveranstaltung: 25. / 26.11. im Kunstmuseum in Chur. Grosse kulturelle Benefizveranstaltung zur Mitfinanzierung der bevorstehenden Sanierung des Künstlerhauses und Kulturzentrums Nairs.
Kunst in der Kartause. Gotthard Bonell 17.7.–21.8., Kartause, Kreuzgang (Schnalstal) Quetschkommode. Festival für Ziehharmonika, Kunst und Kleinkunst 8./9.8., Prad Lange Nacht der Museen. 17.9. Mehr Infos unter www.provinz.bz.it/museen Tag der Romanik im Unterengadin und Obervinschgau. Führungen in mystischen und spärlich beleuchteten Räumen von Kirchen und Profanbauten. 15.10.
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piz 39 : Nachbarn | Vaschins piz 40 : Pioniere | Visunairs
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VORSCHAU / PREVISTA Leidenschaft | Passiun Liebe und Leidenschaft gehören untrennbar zusammen. Aber auch die engagierte Lehrerin oder der gute Handwerker sind in ihren Berufen mit Leidenschaft dabei. Kunstsammler, Gastronominnen, Sportler und Politikerinnen sind dann gut, wenn sie «Herzblut» einsetzen. Doch Leidenschaft kann auch in Obsession umschlagen – die Kehrseite der Medaille. piz wird sich in der nächsten Ausgabe mit Passionen aller Art auseinandersetzen, in Politik, Wirtschaft und Kultur.
IMPRESSUM Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Center Augustin, CH-7550 Scuol Tel. +41 (0)81 864 72 88, info@pizmagazin.ch Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini 22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol
Foto: constantgardener / istockphoto.com
Druck | stampa Grafica Editoriale Printing Srl, Bologna, Italia
Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Claudia Alini, *1979, ist freie Fotografin in Scuol. www.fotografias-ca.ch Mathias Balzer, *1967, geboren in Chur, aufgewachsen in St. Moritz. Theaterproduzent, Dramaturg und freischaffender Journalist in Chur. Esther Banz, *1970, ist freischaffende Journalistin und Lektorin in Zürich, www.buerobanz.ch Ursula Bauer, *1947, Autorin und Mediendokumentalistin in Zürich.
Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd
Stephan Bösch, *1982, Fotograf in St. Gallen. Susanna Fanzun, *1963, Redaktorin der Televisiun Rumantscha. Arbeitet und lebt in Scuol. Jürg Frischknecht, *1947, Journalist und Autor in Zürich.
www.pizmagazin.ch Nr. 41, Sommer | Stà 2011.
Annetta Ganzoni, *1958, Sekundarlehrerin und Romanistin. Arbeitet im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.
Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.
Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner in Bern.
Abonnemente:
Katharina Hohenstein, *1967, arbeitet für die Redaktion «Der Vinschger» und ist Mitherausgeberin des Kunst- und Kulturmagazins «vissidarte». Sie lebt in Mals im Vinschgau.
Edition piz, CH-7550 Scuol. Zweijahresabonnement: Fr. 35.– (exkl. Versandkosten und MwSt.). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftli-
René Hornung, *1948, Redaktor des piz Magazins. Arbeitet als freier Journalist im «Pressebüro St. Gallen» und für «Hochparterre».
che Kündigung erneuert es sich automatisch um zwei Jahre.
Ralph Hug, *1954, freier Journalist im «Pressebüro St. Gallen».
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Michael Jarjour, *1984, Redaktor DRS 3, Zürich. Christine Loriol, *1960, Journalistin in Zürich.
Nächste Ausgabe: Dezember 2011 Für unverlangt eingesandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.
Daniel Martinek, *1968, Fotograf in Celerina und Zürich. Mario Pult, *1954, regionaler Mitarbeiter der Lia Rumantscha. Er wohnt in Ftan. Kaspar Surber, *1980, Redaktor der Wochenzeitung WOZ. Er wohnt in St. Gallen.
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