5 minute read
Die große Transformation
Foto: Jakob Polascek
Den meisten von uns war es immer schon plänen der Schulen zu verankern. Wirtschaftsbilbewusst, andere mussten es im vergan- dung ist die beste Vorsorge für ein finanziell gegenen Jahr auf radikale Weise lernen: sundes Leben. Körperliche Gesundheit ist das wichtigste Gut Die Coronapandemie hat neben Gesundheit und in unserem Leben. 2020 waren die Menschen in Wirtschaft aber auch noch andere LebensbeEuropa und der ganzen Welt mit der größten Ge- reiche stark betroffen. Bei den demokratischen sundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg und Grundrechten waren aufgrund von Notverordnunder ersten Pandemie seit der Spanischen Grippe gen teilweise starke Einschränkungen hinzunehvor rund hundert Jahren konfrontiert. Millionen men: Bewegungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Menschen sind gestorben und noch viel mehr er- das Recht auf Bildung und das Recht, sich mit krankt. Wenn dieser Bericht erscheint, im ersten anderen Menschen, gerade den allernächsten, Halbjahr 2021, sind wir immer noch nicht ganz zu treffen, waren zeitweise außer Kraft gesetzt. über den Berg. Die Gesundheitskrise entwickelte Ganze Branchen erlebten durch verordnete sich aufgrund der notwen- Schließungen enorme wirtdigen Maßnahmen zu ihrer Begrenzung bald zu einer Die finanzielle Gesundheit ist schaftliche Einbrüche. Die Dynamik der Globalisierung Wirtschaftskrise mit weitrei- das zweitwichtigste Gut hatte plötzlich eine Kehrseichenden ökonomischen und in unserem Leben. te: Infektionsketten reichten sozialen Konsequenzen. Als quer über Kontinente, LieferFolge davon haben wir er- ketten wurden dagegen jäh fahren, dass die finanzielle Gesundheit das zweit- unterbrochen. Grenzen waren geschlossen und wichtigste Gut für den Menschen, aber auch für wichtige Güter kurz- und mittelfristig nicht verganze Gesellschaften ist. Körperliche und finan- fügbar. Bühnen, Museen und Konzertsäle blieben zielle Gesundheit sind außerdem eng verschränkt. leer, der Zugang zu Kultur versperrt. Krankheit führt oft zu wirtschaftlicher Not, finan- Gleichzeitig bemerkten viele von uns verblüfft, zielle Sorgen verursachen in der Folge oft körper- was alles möglich ist, wenn es ernst wird. Die liche oder mentale Probleme. In beiden Fällen ist Digitalisierung hat einen enormen Schub bekomVorsorge die beste Medizin. men, hat Überbrückungslösungen beim HomeIn dieser Zeit, in der so viele Menschen aufgrund schooling und im Homeoffice ermöglicht, aber der Coronapandemie unerwartet und massenhaft auch innovative Formate der Zusammenarbeit arbeitslos wurden oder in eine prekäre wirtschaft- und der Kulturvermittlung. Systemrelevante liche Lage gerieten, hat die ERSTE Stiftung in ih- Dienstleistungen funktionierten reibungslos, barrem Schwerpunkt „Finanzielle Gesundheit“ einen geldloses Bezahlen setzte sich durch, medizinigroßen Schritt nach vorn gemacht. Gemeinsam sche Forschung lieferte Ergebnisse in Rekordzeit. mit wichtigen Stakeholdern haben wir im letzten Das am häufigsten genannte Beispiel eines posiJahr die Stiftung für Wirtschaftsbildung gegrün- tiven Effekts der Covid-19-Krise sind die weltweit det, um zur Stärkung einer breiten wirtschaftli- 7 %, also 2,4 Milliarden Tonnen, um die der Auschen Allgemeinbildung in Österreich beizutragen stoß von CO2 2020 im Vergleich zum Vorjahr geund Wirtschafts- und Finanzbildung in den Lehr- sunken ist.
Advertisement
Eine große gesellschaftliche Transformation ist also derzeit im Gange. Wir werden nach Bewältigung der Pandemie nicht zu einem Zustand wie vor der Krise zurückkehren. Die ERSTE Stiftung und die gesamte Zivilgesellschaft, aber auch Banken müssen und werden die Chancen nutzen, die ebenso in dieser Krise liegen. Digitalität muss etwa auch für NGOs zugänglich sein (woran wir mit dem Start-up Two Next arbeiten). Angesichts der Lösungen, die wir für die Bewältigung der Klimakrise und der sozialen und gesellschaftlichen Umbrüche in ihrem Gefolge dringend brauchen, wird die Stiftung sowohl als Partner von engagierten NGOs und Sozialunternehmen wie als verantwortungsvolle Aktionärin der Erste Group neue Wege einschlagen müssen. Für die Erste Group hat die Pandemie gezeigt, wie wichtig persönliche Beratung und individuelle Lösungen in Krisensituationen sind. Es gibt nicht für alles eine App. Finanzdienstleister müssen in Zukunft noch mehr individuell zugeschnittene Dienstleistungen erbringen, wenn sie überleben wollen. Die ERSTE Stiftung wird als Eigentümerin darauf achten, dass der Geschäftszweck ihrer Bank Effektivität und Gemeinsinn verbindet. Dafür bietet sie einem der größten Finanzdienstleister in Mittel- und Osteuropa in unsicheren Zeiten sehr stabile Eigentumsverhältnisse. Banken hatten während der Pandemie eine Schlüsselfunktion bei der Auszahlung staatlicher Unterstützungsleistungen für die Wirtschaft und sie werden in der kommenden Phase als kompetente Partner gebraucht. Denn es sind enorme Investitionsvolumen zu bewältigen, die der europäische Green Deal und andere Konjunkturprogramme, die dazu beitragen sollen, nachhaltig und gestärkt aus der Krise zu kommen, zur Verfügung stellen. Gleichzeitig stehen Banken unter besonderer Beobachtung der Regulatoren. Die Europäische Zentralbank empfahl den Banken früh, die Dividendenzahlungen für die Jahre 2019 und 2020 auszusetzen oder zu begrenzen. Die ERSTE Stiftung konnte den Ausfall der Dividendenzahlung im Jahr 2020 dank ausreichender Rücklagen abfedern und sogar Sonderförderungen für NGOs zur Verfügung stellen, die von der Pandemie besonders hart getroffen wurden. Die Erste Group hat bereits zu Beginn der Pandemie ausreichend Vorsorge für mögliche Kreditausfälle gebildet. Erfreulich ist, dass bereits die Aussicht auf eine Entwicklung der rettenden Impfstoffe in Rekordzeit in vielen Branchen und vielen Ländern Mittel- und Osteuropas wieder zu Wirtschaftswachstum geführt hat. Wir blicken zuversichtlich in die wirtschaftliche Zukunft von Erste Group und ERSTE Stiftung am Ende der Pandemie. Man darf es wohl eine Entscheidung zur rechten Zeit nennen, dass der Aufsichtsrat der ERSTE Stiftung im März 2020 beschloss, noch bevor die Weltgesundheitsorganisation die Covid-19-Krise als Pandemie eingestuft und Österreich den ersten Lockdown verkündet hatte, den Vorstand der Stiftung um ein Mitglied mit Expertise im Bereich Gesundheit zu erweitern. Die Arbeitsmedizinerin Eva Höltl leitet das Gesundheitszentrum der Erste Group und bringt ihre Kompetenz bei Themen rund um körperliche und finanzielle Gesundheit sowie ihre Kenntnisse über die Auswirkung sozialer Probleme auf die Gesundheit des Einzelnen und die Resilienz von gesellschaftlichen Gruppen in den Vorstand der ERSTE Stiftung ein. Die Leiterin des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention ist seit Anfang 2021 außerdem Sprecherin der Initiative „Österreich impft“, welche die Bevölkerung über die Vorteile und Risiken der Impfung gegen das Coronavirus aufklärt. Besonders tief getroffen hat mich das völlig unerwartete Ableben von Peter Pichler. Er war ein besonders engagiertes Mitglied des Aufsichtsrats und hat uns mit wertvollen Hinweisen aus seiner langjährigen Erfahrung als Unternehmer wesentlich unterstützt. Seine Stimme und seine klugen Beobachtungen fehlen uns. Wie bereits seit Längerem geplant, wurde Philipp Thurn und Taxis in der Vereinsversammlung vom 30. November 2020 zum Mitglied des Aufsichtsrats bestellt. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm. Ich danke Mario Catasta (CEO) und Boris Marte (stellvertretender CEO) sowie Eva Höltl und Franz Portisch wie auch sämtlichen MitarbeiterInnen herzlich für die in diesem außergewöhnlichen Jahr geleistete Arbeit und wünsche Ihnen und uns allen weiter viel Gesundheit – physische und finanzielle.
Andreas Treichl
Präsident des Aufsichtsrats
Mitglieder des Aufsichtsrats
Andreas Treichl Manfred Wimmer Bettina Breiteneder Ilse Fetik Maximilian Hardegg Barbara Pichler Johanna Rachinger Philipp Thurn und Taxis Markus Trauttmansdorff