Fazit 122

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fazitmagazin.at

#122 Das Jobwunder Lehre Das duale Ausbildungssystem schafft hohe Besch채ftigung.

Edel und Wild

Nr. 122 3/2016 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M

Fazitgespr채ch mit Eveline Wild

FAZIT

Mai 2016

Portrait einer Hutmacherin

Essay von Manfred Prisching Weltenbummler im Museum

Wirtschaft und mehr. Aus dem S체den.


Meinungs Seit 12 Illustration: marushabelle.ru

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Fazit


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Editorial

Von Christian Klepej

A

nfang April dieses Jahres hat die Welt den Atem angehalten. Ein anonymer Verräter, auch »Whistleblower« also Pfeifenbläser genannt – was im Übrigen wohl die beste Bezeichnung darstellt –, hat schon 2015 der Süddeutschen Zeitung drei Terabyte an vertraulichen Daten aus den Unterlagen der panamesischen Anwaltskanzlei »Mossack Fonseca« zugespielt. Danach hat dann ein weltweites Konsortium von Aufdeckerjournalisten – das ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) – rund ein Jahr lang diese aus E-Mails, Briefen, Faxnachrichten und weiteren Urkunden bestehenden Unterlagen ausgewertet und am 3. April in 109 Printwie Onlinemedien weltweit veröffentlicht. Als dann Roman Rafreider die Zeit-imBild-20 vom 4. April anmoderierte – der ORF ist gemeinsam mit der Zeitschrift Falter österreichischer Medienpartner des Konsortiums in Sachen Panama-Papiere – verfiel er beinahe in Schnappatmung. Die Spitze eines Eisberges an Korruption und Verbrechen würden wir heute in seiner Sendung erleben. Nach einem Bildbeitrag

Eigentum ist eine der wichtigsten Säulen unserer Freiheit

war es zwar dann nur mehr die »mögliche« Spitze eines Eisberges, aber was kümmert den ORF eine Welt im Konjunktiv. Seitdem überschlugen sich die Ereignisse. Zumindest in Island, wo Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson, aufgrund der Erwähnung seiner Frau in den Panama-Papieren, zurückgetreten ist. Außerdem sollen ein Fußballer und ein toter Playboy Steuern hinterzogen haben. Alle anderen haben das mit ihrem Eigentum gemacht, was man mit seinem Eigentum machen kann: was man will. Selbstverständlich gilt es wirkliche Verbrechen zu verfolgen (und auch anzuprangern! Wenn sie denn stattgefunden haben; also bewiesen worden sind) und aufzuklären. Das Reinwaschen von illegalem Kapital soll und darf nicht durch internationale Transaktionen ermöglicht werden. Allen solchen Machenschaften zugrunde liegenden Verbrechen, allzuoft Korruption, gilt es, den Kampf anzusagen. Eigentum – mit eine Säule einer freien Gesellschaft – außer Landes zu schaffen, aus welchen (vielleicht sogar unsympathischen) Gründen heraus auch immer, ist aber kein Verbrechen. Die beiden Parteichefs Werner Faymann (SPÖ) und Sigmar Gabriel (SPD), die unisono bei einer Pressekonferenz zu der Panama-Affäre in Wien »harte Strafen« gefordert haben, sind der Ansicht, wir würden in einem System leben, das geradezu einlade zur Steuerhinterziehung und zur Steuervermeidung. »Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten und ein Schlag ins Gesicht jedes anständigen Bürgers in Europa«, meinte der SPD-Chef. Hongkong etwa ist so eine »Steueroase«, es gibt kein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik. Trotzdem hat die SPD offenbar getan, was sie tun darf. Sie soll im November 2014 mit der in ihrem Eigentum befindlichen »Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft« ein Offshoreunternehmen in Hongkong gegründet haben, die »Cavete Global Limited«. (Cavete kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie »Hütet Euch«.) Ich finde das sehr in Ordnung, natürlich nur unter der (begründeten!) Annahme, die SPD hat kein unversteuertes Geld nach Hongkong geschafft.

Die mir in Moralfragen wohl überlegene Sibylle Hamman hat von »jener Sorte Flüchtlinge, die unser System schamlos ausnutzen« geschrieben und damit die in Panama Anlegenden gemeint. Aus meiner Sicht etwas zu vereinfachend, sind für sie alle Menschen, die im Ausland Geld veranlagen, offensichtlich Steuerhinterzieher. Das kann man so sehen. Wenn wir in einer Welt leben wollen, die ein einziges Steuersystem zulässt. Einen »Superstaat Erde«. Dann ist alles einfach, dann braucht kein Unternehmen mehr in die Verlegenheit geraten, sein Steueraufkommen zu optimieren. Wie etwa die für tausende Arbeitsplätze sorgende Möbel-Lutz-Gruppe, die auf eine Initiative ihres ehemaligen Managers Hans Jörg Schelling in Malta ihren Sitz hat. Diese Utopie eines planetaren Staates, dem Gemeinwohl verpflichtet, mag irgendwann Realität werden; ich würde mich davor fürchten. Bis dahin sollten wir vielleicht den Vergleich von Sibylle Hamman von Steuervermeidern mit Flüchtlingen, die um ihr Leben fürchten, aufnehmen und uns gewiss sein: Eine Lösung kann es nur geben, wenn die Fluchtursachen beseitigt werden. n

Sie erreichen den Autor unter christian.klepej@wmedia.at FAZIT MAI 2016 /// 5


Inhalt Fazit Mai 2016 08

Fotos: Adam Przewoski, Marija Kanizaj (2), Enlarge, N. Lackner

26

45

Das Jobwunder Lehre

Wegen des dualen Ausbildungssystems bleibt die Jugendarbeitslosigkeit im EU-Vergleich trotz jahrelanger Stagnation gering.

Edel und Wild

Konditorweltmeisterin Eveline Wild über stressige Drehtage, süße Versuchungen und eine übergewichtige Vergangenheit.

Migration und Realismus

Der Soziologe Manfred Prisching über die moralische Herausforderung Europas als eine Folge der Flüchtlingskrise.

Ausgabe Mai 2016 XIII. Jahrgang Nr. 122 (3/2016) FAZIT © Klepej &Tandl OG, Graz Alle Rechte vorbehalten. Mit »Promotion« oder »l« gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen.

6 /// WILLKOMMEN IM FAZIT


Wirtschaft und mehr. 70

80

Rubriken Editorial 5 Politicks 16 Investor 36 Zur Lage 44 Immobilien 68 Alles Kultur 80 Schluss 82

Liebe Leser!

In der Titelgeschichte »Jobwunder Lehre« beschäftigen wir uns mit dem Erfolgsmodell der dualen Berufsausbildung. Doch die Zahl der Jugendlichen sinkt und ebenso der Anteil derjenigen, die lieber einen Beruf erlernen als eine weiterführende Schule zu besuchen. Gleichzeitig gibt es viele Jugendliche, die einfach nicht die Voraussetzungen für eine Lehre erfüllen. Das AMS, aber auch das Land Steiermark versuchen daher alles, um so viele Jugendliche wie möglich fit für einen Lehrberuf zu machen. Das Fazitgespräch führten wir mit der aus diversen ZDF- und ORF-Kochshows bekannt gewordenen Konditorweltmeisterin Eveline Wild. Die gebürtige Tirolerin betreibt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in Sankt Kathrein am Offenegg ein Hotel. Peter K. Wagner und Josef Schiffer sprachen mit ihr über stressige Drehtage und süße Versuchungen.

Hut und Mut

Karin Krahl-Wichmann betreibt die Grazer Hutfabrik Kepka wie vor 100 Jahren und gilt als die letzte Hutmacherin des Landes.

Im Fazitessay sieht der Grazer Soziologe Manfred Prisching Europa angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise auf der Suche nach einem neuen moralischen Realismus. Er sieht dabei keine Möglichkeit, das Problem auf nationalstaatlicher Ebene zu lösen. Gutes Lesen! -red-

Amphibien und Weltenbummler Im Naturkundemuseum des Joanneum sind aktuell Amphibien und Weltenbummler zu sehen. Und beide sind einen Besuch wert.

IMPRESSUM Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl Medieninhaber & Verleger Klepej & Tandl OG Chefredaktion Christian Klepej Mag. Johannes Tandl

Redaktion Peter K. Wagner (BA), Mag. Josef Schiffer, Mag. Maryam Laura Moazedi, Dr. Volker Schögler, Mag. Katharina Kocher-Lichem, Mag. Johannes Pratl, Helmut Wagner, Mag. Katharina Zimmermann, Peter Pichler (Satz), Vanessa Fuchs (Organisation)

sch Kit eines s. ni tik Kri tereig 2 h 8 Nic Seite

Lektorat AdLiteram

Zur Lage

Auf der Suche na ch der verlorenen Satir e in Panama und Ria d. Oder so.

Seite 44

Druck Leykam-Letsprint

Vertrieb & Anzeigenleitung Horst Futterer

Kundenberatung DI (FH) Gerald Gaksch, Sophie Serec, Simona Kokol

Titelfoto von Marija Kanizaj

Redaktionsanschrift Kalchberggasse 1/II, A-8010 Graz T. 0316/671929*0. F.*33 office@wmedia.at fazitmagazin.at facebook.com/fazitmagazin

FAZIT MAI 2016 /// 7


Das Jobwunder

Lehre


Jobwunder Lehre

Wenn sich in den nächsten Jahren die Babyboomer in die Pension verabschieden, sieht es mit qualifiziertem Nachwuchs für die Betriebe düster aus. Das AMS und das Land Steiermark versuchen daher alles, um so viele Jugendliche wie möglich fit für eine Lehre zu machen. Text von Josef Schiffer

Illustration: Peter Pichler, Fotos: Bethany Legg, Adam Przewoski

D

er langjährige Trend zeigt eindringlich, dass sich immer weniger Jugendliche für eine Lehrausbildung entscheiden – mit langfristig fatalen Folgen für die heimische Wirtschaft, denn Facharbeiter werden bereits heute in vielen Sparten mehr als dringend gesucht. Obwohl die duale Lehrlingsausbildung in Österreich weltweit als vorbildlich gilt, wie auch Erfolge bei international ausgerichteten Handwerker-Wettbewerben wie »Euroskills« eindrucksvoll demonstrieren, hat das Image der Lehre hierzulande in der Bevölkerung um Anerkennung zu kämpfen, denn Gymnasium und Studium gelten in den Augen vieler Eltern mehr. Doch das könnte sich wieder ändern: Vor wenigen Tagen wurde Graz zum Austragungsort der prestigeträchtigen Berufs-EM im Jahr 2020 gewählt, zu der rund 100.000 Gäste in Graz erwartet werden. Von dieser weltweit beachteten Veranstaltung erwartet man sich nicht zuletzt einen Impuls für das Image der Lehrberufe in einer sich dynamisch verändernden Arbeitswelt, freut sich WKO Steiermark Präsident Josef Herk: »Damit geht für mich ein Traum in Erfüllung, denn die »Euroskills« sind weit mehr als nur ein Wettkampf um Medaillen. Sie sind eine Chance unser hervorragendes duales Ausbildungsmodell gemeinsam mit den europäischen Partnern weiterzuentwickeln.«

Arbeitsmarkt mit Licht und Schatten

Andererseits geht auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe und damit der offenen Lehrstellen zurück; das geschieht aus verschiedensten Gründen: vom wirtschaftlichen Strukturwandel bis hin zum fehlenden Know-how scheuen immer mehr Arbeitgeber die Ausbildung von Nachwuchskräften für den eigenen Bedarf, nicht zuletzt wegen der Befürchtung, dass ihre gut ausgebildeten Lehrlinge zu lukrativeren Verdienstmöglichkeiten in der Industrie abwandern. Die gute Nachricht lautet, was auch die Politik nicht müde wird zu betonen: Der österreichische Arbeitsmarkt hat sich auch in der Krise grundsätzlich als relativ resistent erweisen und die Gesamtzahl der Stellen zeigt nach wie vor einen

leichten Aufwärtstrend. Allerdings zeigt das Wirtschaftswachstum nun auch in Österreich selbst Stagnationstendenzen und die Bereitschaft, Arbeitskräfte fix anzustellen, lässt erkennbar nach. Gleichzeitig nimmt jedoch die allgemeine Arbeitslosigkeit vor allem im Osten des Bundesgebiets seit einiger Zeit deutlich zu, auch wenn die offiziellen Raten sich mit rund 10,6 Prozent im europäischen Durchschnitt immer noch eher im unteren Bereich bewegen. Trotzdem lässt sich die Situation nicht allzu rosig verklären: Die Zahl von Menschen ohne Erwerbsarbeit erreichte im Jänner fast die magische Marke von 500.000 Personen, und selbst wenn saisonal im Frühjahr mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen ist, zeigen die Zukunftsprognosen keine Silberstreifen am Horizont. Das betrifft speziell die Jugendarbeitslosigkeit, die seit Jahren über dem allgemeinen Niveau liegt, auch wenn sie sich gegenüber Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland, die weit über 20 Prozent Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen bis 25 Jahre aufweisen, geradezu harmlos ausnimmt.

Integration durch Ausbildungspflicht

Schon seit Jahren fordern Studien von renommierten Forschungseinrichtungen wie das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (IWB) oder das Österreichische Institut für Berufsbildforschung (ÖIBF) dem drohenden Fachkräftemangel mit geeigneten Maßnahmen rechtzeitig zu begegnen. Als einen wesentlichen Grund für die vergleichsweise gute Integration der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem nennen die Studien aus dem Jahr 2013 das hoch entwickelte System der beruflichen Erstausbildung in Österreich mit Lehrlingsausbildung und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. In Österreich sei dabei sowohl die Ausbildungsbeteiligung als auch der Anteil der beruflichen Bildung relativ hoch, heißt es dazu. Insbesondere das System der dualen Lehrlingsausbildung in Betrieb und Berufsschule verschaffe Österreich eine gute Position im internationalen Vergleich. Basierend auf den empirischen Befunden lautet die EmpFAZIT MAI 2016 /// 9


Die zehn häufigsten Lehrberufe Weibliche Lehrlinge Lehrberuf

01. Einzelhandel

02. Bürokauffrau

Lehrlinge

9.355

%*

25,2

1.345

3,6

04. Einzelhandel

05. Köchin

1.332

9,8 3,6

06. Pharm.-kaufmännische Assistenz

1.120

3,0

08. Hotel- und Gastgewerbeassistentin

1.022

2,8 2,1

09. Metalltechnik

1.085 886

2,9

2,4

10. Gastronomiefachfrau Summe der Top-10

771

24.893

67,0

Lehrlinge insgesamt

37.144

100

*) Anteil an den weiblichen Lehrlingen insgesamt in Prozent.

fehlung auf Weiterverfolgung des politischen Ziels, allen Jugendlichen den Abschluss einer weiterführenden (Berufs-)Ausbildung zu ermöglichen. Es müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die geplante »Ausbildungspflicht bis 18 Jahren« tatsächlich effektiv und mit den angestrebten Zielen implementieren zu können. Das Sozialministerium hat zu Beginn dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt – noch stehen mögliche Sanktionen bei Nichterfüllung der Auflagen zur Qualifikation allerdings in den Sternen.

Lehrstellenschwund und demografische Schere

Die Zahl der Lehrlinge in Österreich ist seit Jahrzehnten im Sinken begriffen. Eine Langzeitbetrachtung anhand des jährlich erscheinenden Lehrlingsberichts des IWB seit 1974 zeigt, dass der Höhepunkt der Lehrlingszahlen in Österreich im Jahr 1980 erreicht wurde (mehr als 194.000). In der Folge ist die Zahl der Lehrlinge bis Ende der neunziger Jahre kontinuierlich gesunken. Zwischen 2004 bis 2008 war – konjunkturell und durch politische Maßnahmen zur Förderung der Lehrlingsausbildung – tendenziell eine Zunahme der Lehrlingszahlen zu beobachten. Seit 2009 lässt sich ein radikaler Rückgang der Lehrlingszahlen konstatieren. Ende des Jahres 2014 waren österreichweit 115.068 Lehrlinge in Ausbildung, um mehr als 5.000 weniger als 2013. Mit Jahresende 2015 standen in Österreich gar nur mehr 109.963 10 /// FAZIT MAI 2016

01. Metalltechnik

11,7

3.644

07. Verwaltungsassistentin

Lehrberuf

4.333

03. Friseurin und Perückenmacherin 04. Restaurantfachfrau

Quelle: WKÖ Lehrlingsstatistik 2014

Männliche Lehrlinge

02. Elektrotechnik

Lehrlinge

10.839

%*

14,9

8.288

11,4

4.832

6,6

06. Maurer

3.022

4,2

08. Koch

2.501

4,0

03. Kraftfahrzeugtechnik

6.880

05. Installations- und Gebäudetechnik

4.090

07. Tischlerei 09. Mechatronik

2.932 2.166

9,4 5,6

3,4 3,0

10. Informationstechnologie Summe der Top-10

1.441

72.819

64,5

Lehrlinge insgesamt

37.144

100

*) Anteil an den männlichen Lehrlingen insgesamt in Prozent.

2,0

Lehrlinge in 29.164 Lehrbetrieben in Ausbildung – damit ist seit den siebziger Jahren fast jede zweite Lehrstelle weggefallen. Diese deutliche Abnahme der Lehrlingszahlen ist natürlich vor allem in engem Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung (Rückgang der 15-Jährigen) zu sehen.

»Employer Branding« und Unternehmensimage

Da es für kleinere Unternehmen bzw. solche in infrastrukturell benachteiligten Regionen immer schwieriger wird, Lehrlinge zu rekrutieren, sind die Firmen dazu übergegangen, sich aktiv bei jungen Menschen zu präsentieren. Mit besonderen Angeboten versuchen sie, die Jugendlichen für sich zu gewinnen. Die Zeichen der Zeit erkannt hat man etwa beim Autobauer Magna, so unterhält das Unternehmen an der HTL-Fachschule in Weiz eine eigene »Magna-Klasse«. Die drei Weizer Magna Betriebe Magna Prestec, Magna Auteca und Magna Fuel Systems machen in Sachen Lehrlingssuche bereits seit 2010 gemeinsame Sache, die ausgewählten Schüler absolvieren an der HTL Weiz ihr neuntes Schuljahr, erhalten aber zusätzlich auf die Erfordernisse des Unternehmens ausgerichteten Unterricht mit den Magna-Lehrlingsausbildern. Überregional agierende Firmen tun sich freilich leichter im allgemeinen Bewusstsein ihr »Employer-Branding« zu etablieren, das heißt sich als insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abzuheben. Dieser Strategie folgen auch andere Unternehmen mit


Jobwunder Lehre

»Die Euroskills sind eine großartige Chance, unser duales Ausbildungsmodell europaweit zu propagieren.« WKO Präsident Josef Herk

positiven Image wie Anton Paar, Knapp Logistik oder der Biomasseheizungshersteller KWB, um talentierte Jugendliche an sich zu ziehen. Mit regionalen Qualifizierungsnetzwerken, wie dem Metaller-Ausbildungsverbund der Industrie in der Weststeiermark (Voitsberg), können auch kleinere Betriebe einen Image-Nachteil wettmachen und an gut qualifizierte Lehranfänger zu gelangen.

Zahl der Lehrlinge nach Berufsgruppen 2009 und 2014

Strukturwandel und demografische Faktoren haben sich im Süden Österreichs stärker als anderswo ausgewirkt. Besonders betroffen von rückläufigen Lehrlingszahlen seit 1990 sind die Steiermark (-34%), das Burgenland (-33%), und Kärnten (-30%). Das Interesse an einer Lehre ist jedoch stark ausgeprägt, auch wenn das Angebot an Lehrstellen nicht ausreichend scheint, erklärt der steirische AMS-Chef Karl-Heinz Snobe zur Situation: »Obwohl die Zahl der Lehranfänger im 1. Lehrjahr seit Jahren zurückgeht, melden sich beim AMS jährlich gleichbleibend etwa 8.600 junge Menschen, die eine Lehrstelle suchen. Die große Herausforderung ist, dass viele Jugendlichen sich nur für wenige Lehrberufe interessieren und die Anforderungen an die Lehrausbildung generell zunehmen.« Das Dilemma dabei: gleichzeitig beklagen Betriebe immer wieder, dass sie auf ihre ausgeschriebenen Lehrstellen kaum oder auch gar keine Bewerbungen erhalten. Viele Lehrbetriebe mit weniger attraktiven Berufsbildern oder Verdienstaussichten stehen im Kampf um den Nachwuchs in direkter Konkurrenz zu höheren Schulen und haben in vielen Fällen das Nachsehen. Das Ergebnis ist ein wachsender Mangel an vor allem technischen Facharbeitern und Facharbeiterinnen, die Garanten für zukunftsfähige Unternehmen. Hier hilft in erster Linie Aufklärung betont Snobe: »Das AMS versucht für beide Seiten möglichst frühzeitig aktiv zu werden, in dem wir Jugendliche, Eltern und Betriebe informieren und beraten und intensiv vermitteln. Wenn es gar nicht anders geht, finanziert das AMS mit seinen Partnern in überbetrieblichen Lehrwerkstätten die Fachkräfte von morgen, wobei während dieser Ausbildungen die Vermittlung auf einen Lehrplatz in einem Betrieb im Vordergrund bleibt.«

Qualifizierung und aktive Arbeitsmarktpolitik

Von Seiten des Landes Steiermark laufen seit Jahren verstärkte Initiativen, Jugendliche nicht nur in Lehrstellen unterzubringen, sondern auch durch Qualifizierungsmaßnahmen und überbetriebliche Ausbildung junge Menschen fit für einen für anspruchsvollere Arbeitsaufgaben oder gar einen Facharbeiterjob zu machen, wie Soziallandesrätin Doris Kampus erklärt: »Die Politik muss alles daran setzen, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive bieten zu können. Dazu gehören vor allem eine gute

16.469

Bauwirtschaft

Situation in der Steiermark

14.030

27.756

Büro/Handel

Chemie

Medien/Design

25.457 1.632

1.820 1.337

1.060

13.525

Elektrotechnik

12.304

14.131

Tourismus

Gesundheit/Pflege

Holz/Papier/Glas

EDV

Körperpflege/Schönheit

Maschinen/Metall

2009

10.067 2.658 2.615 7.225

5.876 1.884

1.794

1.884

1.794

29.711

26.221

2014

FAZIT MAI 2016 /// 11


»Auch in vielen Lehrberufen spielen Computerkenntnisse und Digitalisierung eine immer größere Rolle.« Ausbildung und die Chance auf einen Arbeitsplatz. Darauf zielen auch die einzelnen Beschäftigungsinitiativen ab, die wir in der Steiermark eingerichtet haben, wie etwa die überbetriebliche Lehrausbildung, die Produktionsschulen oder auch die Vermittlungsplattform Jobconnect«. Mit den beiden integrativen Werkstätten »Tag.werk« und »heidenspaß« gibt es noch weitere Projekte im niederschwelligen Bereich, die vor allem Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen.« Die überbetriebliche Lehrausbildung ist angesichts des Lehrstellenmangels eine sinnvolle Alternative zur klassischen Lehre im Betrieb. Damit kann Jugendlichen nach Beendigung der Schulpflicht eine Ausbildung angeboten werden, auch wenn sie keine betriebliche Lehrstelle finden. Gerade unter dem Gesichtpunkt funktionierender Sozialsysteme soll kein Jugendlicher zurückgelassen werden, betont Kampus: »Wir dürfen und wollen junge Menschen bei ihrem Einstieg ins Berufsleben nicht im Stich lassen. Gerade eine abgeschlossene Lehrausbildung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, später einmal einen Job zu finden, aber leider findet nicht jeder von ihnen eine entsprechende Lehrstelle. Mit der überbetrieblichen Lehrausbildung erhalten sie die Möglichkeit, eine berufliche Qualifikation zu erwerben.«

Lernen durch Tun – Produktionsschulen

Ein weiteres in der Steiermark erfolgreiches Modell bilden die Produktionsschulen. Der Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung und Jugend am Werk haben im Auftrag der Landesregierung seit 2009 Produktionsschulen in Deutschlandsberg, Graz, Kapfenberg und Leoben etabliert. Seit vergangenem Jahr wurden alle bis dahin unter »AusbildungsFit« bekannten Angebote anderer Einrichtungen ebenfalls in Produktionsschulen umgewandelt. Dabei handelt es sich um ein Bildungsangebot, 12 /// FAZIT MAI 2016

das gezielt praktische Arbeit mit begleitendem Fachunterricht verschränkt. In den Produktionsschulen werden »schwierige Jugendliche« beim Übertritt von der Schule zum Beruf unterstützt. Sie dienen zur Vorbereitung Jugendlicher und junger Erwachsener auf den Eintritt in eine berufliche Qualifizierung oder eine berufliche Integration. »Dank der Produktionsschulen gelingt es uns, dass Jugendliche einen Schulabschluss nachholen oder eine Lehre beginnen können. Viele schaffen auch direkt den Sprung in den Arbeitsmarkt, weil sie einen Job bekommen. So gesehen sind die Produktionsschulen eine sinnvolle Prävention davor, dass Menschen bereits in jugendlichem Alter von der Mindestsicherung abhängig werden und womöglich ihr ganzes Leben lang bleiben«, führt Landesrätin Doris Kampus aus. Insgesamt wurden seit 2010 in diesen Einrichtungen bislang rund 1.500 junge Menschen, darunter viele mit Migrationshintergrund, auf ein geregeltes Berufsleben vorbereitet. Das konkrete »Tun« findet von Anfang an in einer arbeitsplatznahen Umgebung statt. Dort werden die Jugendlichen sozialpädagogisch begleitet und auf weitere Ausbildungsschritte vorbereitet.

Angebote für den Einstieg ins Berufsleben

Einen höherschwelligen Ansatz verfolgt das Angebot »JobConnect« an, das sich als gemeinsames Projekt des Landes Steiermark mit dem AMS an junge Menschen bis 27 Jahre richtet, die bereits eine abgeschlossene Lehre oder höhere Schulbildung vorweisen können, aber Schwierigkeiten haben, im Berufsleben Fuß zu fassen, wie die Projektleiterin Susanne Zurl-Meyer erklärt: »Der Berufseinstieg bildet oft eine beachtliche Hürde – vor allem in Zeiten einer schwachen Konjunktur. Viele Berufsanfänger wissen nur sehr wenig über die Anforderungen, die der Arbeits-


Jobwunder Lehre

»Die Politik muss alles daran setzen, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive im Berufsleben zu bieten.« Landesrätin Doris Kampus

markt an sie richtet und der Bewerbungsprozess wird dadurch (zu) lange und mühevoll.« Die Leistungen von »Job-Connect« umfassen Beratung, Coaching und Begleitung der Teilnehmer auf ihrem Weg in den Job. Außerdem verfügt das Projekt über ein ausgedehntes Betriebsnetzwerk, wodurch schon viele erfolgreiche Vermittlungen in den (ersten) Job gelungen sind – »Job-Connect«hilft jährlich rund 150 Personen beim Einstieg in den ersten Job, weitere 150 Personen werden noch während der Ausbildung unterstützt. Für Landesrätin Kampus eine Erfolgsstory: »Der Erfolg dieses Projekts spricht für sich – deshalb werden wir es auch fortsetzen!« Erst seit jüngster Zeit kümmert man sich bei »Job-Connect« verstärkt um Lehrabgänger, ergänzt Zurl-Meyer: »Die betriebliche Lehre ist eine bedeutende Säule in unserem Ausbildungssystem – wenn allerdings ein Jobwechsel nach der Lehrabschlussprüfung ansteht, kommt es darauf an, wie gut man seine erworbenen Kenntnisse vermitteln kann. Bei kleineren Unternehmen steht oft die Vermutung im Raum, dass Teile der Ausbildungsziele während der Lehrzeit nicht erreicht werden können. Ein anderer Fall sind die Job-Umsteiger – junge Menschen ergreifen oft den Beruf, den sich ihre Eltern für sie wünschen. Nach Beendigung der Ausbildung versuchen sie in ein anderes Berufsfeld zu wechseln – die Möglichkeiten sind dann allerdings sehr eingeschränkt und es besteht die Gefahr der Dequalifizierung.«

Des Handwerks Goldener Boden

Quelle: WKÖ Lehrlingsstatistik 2014

Den wichtigsten Ausbildungspartner für eine Lehre stellt nach wie vor die Sparte Gewerbe und Handwerk, die rund 42 Prozent

47%

der Lehrlinge ausbildet. Hermann Talowski, Spartenobmann für Gewerbe und Handwerk der WKO Steiermark, sieht die positiven Aspekte der dualen Ausbildung überwiegen und hat einen optimistischen Ausblick: »Die Voraussetzungen waren eigentlich noch nie so gut wie heute. Wir haben ein transparentes Bildungs- und Ausbildungssystem, das es jedem jungen Menschen ermöglicht, einen für sich passenden Beruf zu finden und das zu lernen, was seinen Talenten entspricht. Unsere Betriebe bilden auf höchstem Niveau aus, wie die erfreulichen Leistungen bei diversen internationalen Bewerben für Nachwuchsfachkräfte Jahr für Jahr zeigen. Das duale System hat sich dabei als Erfolgsmodell bewährt.« Einen Mangel an Lehrstellen kann Talowski nicht erkennen: »Die Lehrstellen sind nicht das Problem – es gibt genug davon. Es gibt allerdings zu wenig junge Menschen, die sich dafür bewerben. Das hat zum einen mit der demografischen Entwicklung zu tun, andererseits mit der großen Konkurrenz durch die weiterführenden Schulen.« Allerdings ist für Talowski klar, dass die Kompetenzen vieler junger Schulabsolventen den Ansprüchen potenzieller Lehrherren in vielen Fällen nicht genügen, was eine Reihe verschiedener, durchaus komplexer Ursachen hat: »Jede Ausbildungsdiskussion ist automatisch auch eine Schuldiskussion. Ja, es gibt eklatante Mängel in elementaren Kompetenzen. Das Ungeschickteste, was man jetzt tun kann, ist, den schwarzen Peter den Schulen zuzuschieben. Lehrerinnen und Lehrer haben genug damit zu tun, diese Situation zu verbessern und sie leisten viel dabei. Das Problem sitzt im Kern woanders, etwa bei der schlechten wirtschaftlichen und sozialen Situation in den Familien. Wenn sich Desinteresse an Ausbildung mit Perspektivenlosig-

1980

131.000 15-Jährige 62.000 Lehrlinge

2015 38%

85.000 15-Jährige 32.000 Lehrlinge

Seit 1980 hat sich die Zahl der Lehrlinge in Österreich nahezu halbiert. FAZIT MAI 2016 /// 13


Jobwunder Lehre

»Unsere Lehrlingsausbildung hat sich als Erfolgsmodell bewährt.« Spartenobmann Hermann Talowski

Jugendlichen konzentriert sich auf wenige traditionelle Lehrberufe, wie Verkäuferin, Friseurin oder Bürokauffrau. Ein Trend, der sich langsam, aber sicher umkehrt. Sowohl Industrie als auch Handwerk sind an Mädchen als Lehrkräften interessiert, da sie oft ausgezeichnete Qualifikationen mitbringen, wie Stefan Pilz, Spartengeschäftsführer Industrie der WKO Steiermark, betont: »Ja, zum Glück wird die Industrie immer weiblicher. Sowohl was die Leistungsbereitschaft als auch das soziale Klima betrifft, machen die Ausbildungsbetriebe mit weiblichen Lehrlingen sehr gute Erfahrungen.« In dieselbe Kerbe schlägt Talowski und warnt vor dem Weiterschleppen alter Klischees: »Gefragt ist, wer etwas lernen will. Es sollte eigentlich kein Thema mehr sein, wenn ein Mädchen in einem handwerklichen Beruf arbeitet. Solange wir – auch in den Medien – ständig ganz begeistert darauf hinzeigen, wenn ein Mädchen in einem sogenannten ‚Männerberuf‘ arbeitet, solange halten wir auch die traditionellen Bilder hoch und zementieren damit diesen scheinbaren Widerspruch ein. Wir

keit und Verwahrlosung verbindet, hat das natürlich gravierende Folgen für den weiteren Lebensweg junger Menschen.«

Mehr Mädchen in technische Berufe

Immer noch schränken sich Unternehmen selbst ein, wenn sie bei der Lehrlingssuche für typische Männerberufe Burschen bevorzugen. Eine Studien des IWB stellt auch 2015 noch immer fest: »Weibliche Jugendliche sind in der Lehrlingsausbildung traditionellerweise unterrepräsentiert. Sie bevorzugen stärker den Besuch weiterführender mittlerer und höherer Schulen, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass das System der Lehrlingsausbildung vor allem im technisch-produzierenden Bereich verankert ist, welcher nach wie vor von männlichen Jugendlichen als attraktiver empfunden wird.« Der Anteil von Mädchen in technisch-handwerklichen Berufen sei durch frühe und stärkere Förderung des technischen Interesses in der schulischen Ausbildung zu heben, lautet die Empfehlung. Ein Gros der weiblichen

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Jobwunder Lehre

»Eine große Herausforderung ist, dass sich das Interesse der Jugendlichen auf wenige Lehrberufe konzentriert.« AMS-Chef Karl-Heinz Snobe

Integration durch Arbeit als Chance

Auch um das Thema Integration von Zuwanderern wird man beim Thema Lehre in Zukunft nicht herumkommen. Schließlich stellen Migranten bzw. bereits hier geborene Menschen fremdsprachiger Herkunft der zweiten oder gar dritten Generation immer größere Anteile der jeweiligen Alterskohorten. Häufige Probleme: es mangelt an Sprachkenntnisse, der Schulerfolg ist unterdurchschnittlich, außerdem fehlt oft der Wille, eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Gezielte Integrationsprojekte sollen Abhilfe schaffen und die Motivation für den Berufseinstieg erhöhen. So will die Wirtschaftskammer Österreich in einem Pilotprojekt 150 jugendliche Flüchtlinge aus Wien überregional in Berufe und Regionen mit Lehrlingsmangel vermitteln. Mit dem Flüchtlings-Pilotprojekt wolle man in Zusammenarbeit mit Ministerien

und AMS jungen Menschen, die oft allein nach Österreich kommen, eine Zukunftsperspektive bieten, betonte WKO-Präsident Christoph Leitl. Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels durch die geburtenschwächeren Jahrgänge gelte es, das besondere Potenzial an zukünftigen Fachkräften der Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu nutzen, betont die WBI-Studie und verweist insbesondere auf Mehrsprachigkeit als wichtige Humanressource und Wettbewerbsvorteil. Es gehe nicht nur darum, die fremdsprachlichen Fähigkeiten im Umgang mit Kunden etc zu nutzen, sondern die Mehrsprachigkeit vieler Jugendlicher mit Migrationshintergrund stelt auch eine besondere Chance dar, den Internationalisierungsgrad und die Exportorientierung der österreichischen Wirtschaft insgesamt zu stärken, meinen die Verfasser.

DIE STEIERMARK – KLINGT GUT

www.volkskultur.steiermark.at | www.steiermark.com

Entgeltliche Einschaltung des Landes Steiermark. Foto: Ulrike Rauch

brauchen keine alten Rollenbilder und auch keinen Gender-Zeigefinger, sondern junge Menschen, die etwas erreichen wollen.«


Man muss mich gesehen haben, um es zu glauben. Königin Elisabeth II von England

Fotos: Land Steiermark, Ulrike Rauch

Verkehrslandesrat Jörg Leichtfried erwartet sich durch die flächendeckende Lkw-Maut etwa 50 Millionen Euro für das marode steirische Straßennetz.

Meischberger konnte eine Leistung nachweisen, die Justiz nicht! Wo war die Leistung? Diese Frage muss sich seit Mitte April nicht mehr der Grasser-Intimus Walter Meischberger gefallen lassen, sondern die österreichische Justiz. Sie ist nämlich mit ihrem sechs Jahre währenden Versuch, Walter Maischberger der Untreue zu überführen, grandios gescheitert. Sechs Jahre, in denen eine wenig kompetente Staatsanwaltschaft mit ziemlicher Sicherheit ein Vielfaches der vermeintlichen Schadenssumme von 600.000 Euro ausgegeben hat, um mit dem angeblichen Korruptionsparadies, zu welchem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser Österreich gemacht haben soll, abzurechnen. Wie dünn das Eis, auf das sich die Justiz gewagt hatte, tatsächlich war, zeigt sich daran, dass bisher noch nicht einmal gegen den Richterspruch berufen wurde. Es ist zwar damit zu rechnen, dass noch eine Berufung erfolgen wird – aber nicht um 16 /// FAZIT MAI 2016

Meischberger doch noch zu überführen, sondern wohl nur um irgendwie das Gesicht zu wahren. Nach jahrelangen medialen Vorverurteilungen, die offenbar auf der Weitergabe von als Ermittlungsergebnissen getarnten plumpen Verdächtigungen und nicht auf echten Beweisen beruhten, bleibt trotz des Freispruchs ganz Österreich davon überzeugt, dass Walter Meischberger »Dreck am Stecken« hat. Er sei nur deshalb nicht erwischt worden, weil Korruption nun einmal so schwierig nachzuweisen sei. Und das ist nicht Ordnung. Denn es drängt sich der Eindruck auf, dass es bei uns Staatsanwälte gibt, die mit gezielten Indiskretionen versuchen, medialen Druck auf ihre Vorgesetzten aufzubauen, damit diese politisch motivierte Verfahren über Jahre am Köcheln halten, anstatt sie abzuschließen oder niederzuschlagen. Eine Anklagebehörde, die trotz Lauschangriffen und Kontenöffnungen innerhalb von erträglichen Zeiträumen keine hieb- und stichfeste Anklage zustande bringt, darf nicht so einfach davonkommen. Denn nach dem Meischberger-Freispruch ist nicht einmal mehr absehbar, ob gegen den in der »Causa Buwog« ebenfalls medial vorverurteilten Karl-Heinz Grasser überhaupt noch Anklage erhoben wird. Der »Fall Babler« und die Steiermark Der Klubchef der Grünen Lambert Schönleitner fordert von den beiden steirischen Gemeindereferenten Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und LH-Vize Michael Schickhofer Aufklärung darüber, ob es auch in der Steiermark

Gemeinden gibt, in denen die Bürgermeister ihr Einkommen durch eine Tätigkeit in der eigenen Gemeinde oder einem Gemeindebetrieb aufbessern. Den Anlass für die Anfrage gab der SPÖ-Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Babler neben seiner stattlichen Bürgermeisterentschädigung ein weiteres Gehalt als Gemeindebediensteter von Traiskirchen bezieht und so auf 11.000 Euro im Monat kommt. Mit diesem vermeintlichen Skandal ist Babler als SPÖ-Hoffnungsträger erledigt. Dass die Angelegenheit rechtlich völlig in Ordnung ist, steht jedoch fest. Schönleitner will von den Gemeindereferenten wissen, wie viele steirische Bürgermeister ihre Gage ebenfalls durch ein Dienstverhältnis mit der eigenen Gemeinde erhöhen. Dazu ist zu sagen, dass es zumindest in der Vergangenheit unter den SPÖ-Bürgermeistern in den Städten gang und gäbe war, ein weiteres Gehalt von der eigenen Gemeinde oder einer von der SPÖ kontrollierten Institution oder Körperschaft zu beziehen. Und auch in den ÖVP-dominierten Kleingemeinden folgten bei einem Bürgermeisterwechsel oft die fachlich hervorragend beschlagenen Gemeindesekretäre nach, ohne diese Tätigkeit aufzugeben. Im Zuge der Gemeindereform wurden die Aufwandsentschädigungen für die steirischen Bürgermeister jedoch großzügig erhöht. Daher ist die Frage legitim, ob es auch nach der nächsten Gemeinderatswahl noch möglich sein soll, zwei Gehälter von einer Gemeinde zu beziehen. Wir sind »EuroSkills« Als der steirische Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk im Herbst 2015 die Idee präsentierte, die Berufseuropameisterschaft 2020, die sogenannten »Euroskills«, nach Graz zu holen, wussten nur wenige, dass es sich dabei um ein Megaevent handelt. Herk gelang es, die Stadt Graz, das Land Steiermark und die WKO von der Idee zu überzeugen. Inzwischen hat es Graz geschafft, sich durchzusetzen. In der letzten Phase der


Politicks

MIT JOHANNES TANDL

Bewerbung war neben der steirischen Landeshauptstadt noch Helsinki im Rennen. Für WK-Präsident Josef Herk ist dieser Zuschlag zweifellos der Höhepunkt seiner bisherigen Amtszeit. Finanziert werden die »Euroskills« von den Wirtschaftskammern Österreichs, dem Land Steiermark, der Stadt Graz und der Bundesregierung. Die Ausgaben werden sich auf etwa zehn Millionen Euro belaufen. Bürgermeister Siegfried Nagl ist davon überzeugt, dass sich Graz von seiner attraktivsten Seite zeigen wird. Für die Bewerbe werden sämtliche Hallen sowie das gesamte Freigelände der Grazer Messe benötigt. 500 Teilnehmer und 100.000 Besucher werden erwartet. Für WKO-Präsident Christoph Leitl kommen die »Euroskills« genau richtig. In einer Zeit, in der es den Ausbildungsbetrieben trotz hervorragender Berufschancen immer schwerer fällt, die besten Kandidaten vom Antritt einer Lehre zu überzeugen, sieht Leitl in der Austragung der Berufseuropameisterschaften eine große Chance für das System der dualen Ausbildung. Die Grazer »Euroskills« seien genau das richtige Signal, um das positive Image der über 200 Lehrberufe in Österreich aufzupolieren. Seit den Neunzehnhundertachtzigerjahren hat sich nämlich die Zahl der Fünfzehnjährigen beinahe halbiert. Außerdem drängen schulisch erfolgreiche Jugendlichen in weiterführende Schulformen. Für die Lehre interessieren sich daher oft nur Jugendliche, die vor einigen Jahrzehnten den Sprung in einen Lehrberuf noch gar nicht geschafft hätten, sondern als Hilfsarbeiter ihr Auslangen hätten finden müssen.

Lkw-Maut – Rotgrün gegen Schwarzblau? Mit einer dringlichen Anfrage im Landtag haben die Grünen die Debatte über die flächendeckende Lkw-Maut in den Landtag gebracht. Verkehrslandesrat Jörg Leichtfried würde sich naturgemäß sehr über 50 zusätzliche Millionen für den Erhalt des maroden steirischen Straßennetzes freu-

en, die eine flächendeckende Lkw-Maut erbringen soll. Er hat ja schon bei seinem Antritt als Verkehrslandesrat eine bundesweit flächendeckende Maut für Schwerfahrzeuge über 3,5 Tonnen angeregt. Demnach sollten sogenannte »Mautflüchtlinge«, die mit ihren tonnenschweren Lkw Landes- und Gemeindestraßen als Ausweichrouten benutzen, in Zukunft ihren Beitrag zur Erhaltung der Verkehrswege leisten. Wirtschaftslanderat Christian Buchmann hält dem entgegen, dass sich eine solche Maut wie eine Strafsteuer auf die Betriebe in den peripheren Regionen außerhalb des Grazer Ballungsraumes auswirken könnte, die so die Abwanderung beschleunigt. Buchmann erteilt einer flächendeckenden Lkw-Maut daher eine klare Absage. Die durch die Maut entstehenden Mehrkosten müssten außerdem von den Unternehmen auf die Konsumenten umgelegt werden. Eine flächendeckende Maut wirke wie eine versteckte Massensteuer, die den durch die Steuerreform erreichten Kaufkraftzuwachs vernichten würde, so Buchmann. Die Grünen versuchen den potenziellen Koalitionskonflikt zu befeuern und sind der Ansicht, dass es höchst an der Zeit wäre, dass sich die SPÖ einmal gegen die ÖVP durchsetzt. Die SPÖ habe bekanntlich ja schon den Landeshauptmann hergeschenkt. Aus Sicht der Grünen sei eine Lkw-Maut auf Landesstraßen schon deshalb grundvernünftig, weil ein 40-Tonner das Straßensystem gleich stark belaste wie 60.000 Pkw. Wenig erfreut über die Mautpläne zeigt sich auch die steirische Industriellenvereinigung. Die von der Landesregierung in den Fokus genommene Regionalpolitik würde konterkariert werden und IV-Geschäftsführer Thomas Krautzer sieht in der Maut daher sowohl regionalpolitisch als auch sozialpolitisch den falschen Weg. Außerdem sei eine Mauterweiterung in Anbetracht einer Abgabenquote von 44 Prozent des BIP gar nicht notwendig, denn wer in einem Landeshaushalt von

Aus der Sicht von Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann würde eine flächendeckende Maut die Wirtschaft im ländlichen Raum klar benachteiligen. mehr als fünf Milliarden Euro die für den Straßenerhalt erforderlichen 50 Millionen nicht durch strukturelle Maßnahmen darstellen könne, setze schlicht falsche Prioritäten. Im Landtag sprach sich auch die FPÖ gegen eine flächendeckende Lkw-Maut aus. Die hohen Belastungen für das Transportgewerbe hätten bereits in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass mehr als 50 Prozent der heimischen Lkw mit ausländischem Kennzeichen fahren, führt FPÖ-Verkehrssprecher Erich Hafner ins Treffen. FAZIT MAI 2016 /// 17


Bau – Nachbarrechte im Baubewilligungsverfahren

Den Nachbarn kommt im Baubewilligungsverfahren kraft Gesetzes Parteistellung zu. Erhebt der Nachbar jedoch nicht bis zum Tag vor Beginn der Verhandlung schriftliche oder während der Verhandlung mündliche Einwände, verliert er seine Parteistellung. Voraussetzung dafür ist, dass die Verhandlung doppelt kundgemacht wurde. Alle bekannten Beteiligten iSd § 25 stmkBauG (Bauwerber, Grundeigentümer, Nachbarn etc) sind persönlich zu verständigen. Kommen daneben noch andere Beteiligte in Betracht, ist die Verhandlung darüber hinaus durch Anschlag an der Amtstafel oder im Amtsblatt der Behörde kundzumachen. Wurde die Verhandlung darüber hinaus in „geeigneter Form“ bspw durch Postwurfsendungen oder Anschlag an einer Haustafel kundgemacht, verlieren Nachbarn, die nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, ihre Parteistellung. Der Nachbar ist bei seinen Einwendungen auf „subjektiv-öffentliche Rechte“ iSd § 26 stmkBauG beschränkt. Darunter fallen die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist, die Abstände, der Schallschutz, die brandschutztechnische Ausführung der Außenwände von Bauwerken an der Nachbargrenze, Vermeidung sonstiger Gefährdungen oder unzumutbarer Belästigungen im Zusammenhang mit Abwässern, Abflüssen, Abgasen oder Veränderungen des Geländes. Nach einem jüngeren Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes steht fest, dass Regelungen des äußeren Erscheinungsbildes nach dem steiermärkischen Ortsbildgesetz (StmkOrtsbildG) iVm dem aufzustellenden Ortsbildkonzept, Nachbarrechte berühren können. Konkret haben Nachbarn nach § 26 stmkBauG einen Anspruch, dass Bauten dem Flächenwidmungs- und Bebauungsvorschriften entsprechen bzw dagegen verstoßende Bauvorhaben nicht realisiert werden. Nach § 3 Abs 1 StmkOrtsbildG haben die Liegenschaftseigentümer das äußere Erscheinungsbild geschützter Objekte, die das Ortsbild prägen zu erhalten. Nach § 7 StmkOrtsbildG ist der Wideraufbau von Bauten so zu gestalten, dass sie sich dem Erscheinungsbild des betreffenden Ortsteiles einfügen und dem Ortsbildkonzept nicht widersprechen. Die bei Neu-, Zu- oder Umbauten entstehenden Baukörper dürfen dabei nicht wesentlich von den bisherigen oder von den benachbarten Baukörpern abweichen. Erhebt ein Nachbar andere privatrechtliche Einwendungen, kann dies nicht zur Versagung der Baubewilligung führen. Ist eine Einigung nicht möglich, ist der Nachbar auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen und das Bauverfahren ohne deren Berücksichtigung weiterzuführen. ■ Foto: dklra.at

Dr. Andreas Kaufmann ist Rechtsanwalt und Universitätslektor in Graz. Kanzlei Daghofer, Kaufmann & Lausegger, Mariahilferstraße 20, Tel. 0316/7222950, dklra.at

18 /// FAZIT MAI 2016

Land setzt Sicherheitsaktion „Pro.Bike“ fort Das Land Steiermark motiviert auch heuer wieder alle steirischen Motorradfahrer, gleich zu Saisonstart Fahrsicherheitskurse zu absolvieren. Gutscheine vom Land Steiermark ermöglichen es, bei ARBÖ, ÖAMTC oder im Fahrtechnikzentrum Murtal ein Warm-up- oder ein Intensiv-Training zu reduziertem Preis zu absolvieren. „Viele Motorradunfälle sind vermeidbar. Als Verkehrslandesrat ist es mir daher ein großes Anliegen, die Sicherheitsaktion ‚Pro.Bike‘ den interessierten Steirern und Steirerinnen auch in diesem Jahr zu ermöglichen“, erklärte Landesrat Jörg Leichtfried. Die Aktion findet zum 4. Mal in Folge statt, im Vorjahr haben 1.185 Motorradfahrer die Chance für ein Training genutzt.

Industrie 4.0 als Chance für Vorreiterrolle Europas Im Rahmen der Veranstaltung „Bank Austria Zukunftsgespräche – Standort Steiermark: Industrie 4.0“ wurde am 5. April im MP09 in Graz diskutiert, welche strukturellen Veränderungen notwendig sind, um Europa und der Steiermark im Speziellen durch die Chancen, die Industrie 4.0 eröffnet, wieder eine internationale Vorreiterrolle zu ermöglichen. „Zur Sicherung des Standorts Österreich benötigen wir eine hohe Innovationskraft sowie zielgerichtete Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus müssen wir die Einstellung zum Unternehmertum überdenken. Nur so können wir ein Abwandern gut ausgebildeter junger Menschen verhindern“, erklärte Robert Zadrazil, Vorstandsvorsitzender der Bank Austria.

Steuerbetrug bedroht sozialen Frieden

Die Enthüllungen um die „Panama Leaks“ bestätigen einmal mehr, wovor die steirische Sozialdemokratie schon lange gewarnt hat: Multinationale Großkonzerne nutzen schamlos Schlupflöcher in unseren Steuersystemen aus und verhöhnen damit den braven Steuerzahler. Selbst innerhalb der EU gibt es mit Luxemburg, den Niederlanden und Irland nach wie vor Steueroasen. Es kann nicht sein, dass Starbucks in Österreich bei einem Umsatz von 11 Mio. Euro nur die MindestKÖSt von 1.311 Euro abliefert. „Es ist Zeit, zu handeln – Finanz- und Justizminister müssen derartige Vorgänge sofort abstellen“, so LH-Stv. Michael Schickhofer angesichts der Enthüllungen.

Fotos: Land Steiermark, Bank Austria,

Recht haben


Politik

Eibinger-Miedl: ÖVP-Regionaloffensive VP-Klubobfrau Barbara Eibinger-Miedl sieht in einer Stärkung der Wirtschaft die wichtigste Möglichkeit, die Regionen außerhalb des Ballungsraumes Graz zu stärken: „Wer starke Regionen will, muss sich für eine starke regionale Wirtschaft, eine leistungsfähige Infrastruktur und ein lebenswertes Umfeld für Familien einsetzen.“ Nur wenn Arbeitsplätze vor Ort gewährleistet blieben, so Eibinger-Miedl, könne man Abwanderung verhindern. Als weitere Maßnahmen nennt die VP-Klubchefin den Ausbau des Breitbandangebotes und der Verkehrsinfrastruktur aber auch die Verhinderung der Lkw-Maut, da diese die Unternehmen außerhalb des Ballungsraumes viel stärker belasten würde. er Ansatz der Steirischen Volkspartei wurde im Regionalentwicklungsprogramm „Land.Raum.Zukunft“ definiert. Zunächst sollen durch eine zielgerichtete Wirtschaftsförderung kleine und mittlere Unternehmen in den Regionen gestärkt werden. Mit dem Programm „Lebens!Nah“ unterstützt die SFG zielgenau Investitions-und Kommunikationsmaßnahmen von Unternehmen aus den Bereichen Handel, Gewerbe und Handwerk sowie Dienstleistungen. „Ein Drittel aller Förderfälle für KMU entfiel im Jahr 2015 auf dieses Angebot, was zeigt, dass das Land Steiermark hier absolut bedarfsorientiert agiert und wir auf dem richtigen Weg sind“, so Eibinger-Miedl. Um ländliche Regionen konkurrenzfähig zu halten, muss massiv in das Breitbandangebot investiert werden. Rund 65 Millionen Euro fließen heuer in die Digitalisierung der steirischen Regionen. „Der ÖVP-Landtagsklub arbeitet gemeinsam mit dem Wirtschaftslandesrat daran, die Förderwerber und Gemeinden durch Verwaltungsvereinfachungen zu unterstützen“, erklärt Eibinger-Miedl.

Foto: Teresa Rothwangl

D

VP-Klubobfrau Barbara Eibinger-Miedl will die ländlichen Regionen der Steiermark stärken und verweist auf das ÖVPProgramm „Land.Raum.Zukunft“. Ja zum öffentlichen Verkehr, nein zu weiteren Mautplänen Als weitere Ziele nennt sie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch die Verhinderung einer flächendeckenden Lkw-Maut: „Befürworter der Lkw-Maut wollen damit Hunderte Mil-

lionen Euro an Einnahmen lukrieren, und dass diese von irgendjemandem bezahlt werden müssen, liegt doch auf der Hand.“ Das werde vor allem die Unternehmen im ländlichen Raum und deren Kunden treffen. Es stehe zu befürchten, dass die regionale Wirtschaft dadurch we-

niger konkurrenzfähig und dadurch deutlich geschwächt werde. Stattdessen wolle man den öffentlichen Verkehr in den Regionen ausbauen. Daher hat der Landtag den Ausbau des S-Bahn Netzes in der Obersteiermark mit zwei neuen Linien und den weiteren bedarfsorientierten Ausbau von regionalen Busverbindungen in der ganzen Steiermark beschlossen. „Für den regionalen Busverkehr hat der Landtag Steiermark unlängst zusätzliche 19 Millionen Euro freigegeben“, berichtet Eibinger-Miedl. Dritte wichtige Säule für die ÖVP sind weitere Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Den ländlichen Raum als Ort zum Leben und zum Arbeiten zu stärken bedeutet, die Bedingungen für Familien zu verbessern. Gehen die Familien, stirbt der ländliche Raum“, ist die VP-Klubchefin überzeugt. Und so fließen bis 2017 knapp 40 Millionen Euro an Bundesmitteln in den Ausbau von Kinderbetreuungs- und Kinderbildungseinrichtungen, die vom Land mit weiteren 17,6 Millionen Euro verstärkt werden. FAZIT MAI 2016 /// 19


Weizer Trafos für größten Siemens-Auftrag

Der Bank Austria Sozialpreis geht 2016 in die siebente Runde – auch dieses Jahr werden wieder herausragende österreichische Sozialprojekte ausgezeichnet. Die Bewerbungsfrist läuft ab sofort bis einschließlich 20. Mai 2016. „Die große und stets steigende Anzahl an eingereichten Projekten der vergangenen Jahre bestärkt uns, hier weiter unterstützend aktiv zu sein. Auch in diesem Jahr bitten wir soziale Projekte in der Steiermark vor den Vorhang und stellen hier insgesamt 9.000 Euro zur Verfügung, ermöglicht wird dies unter anderem durch die Unterstützung der UniCredit Foundation“, so Bernd Meister, Bank Austria Landesdirektor Firmenkunden in der Steiermark.

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Vergangenes Jahr erhielt Siemens Rekordaufträge im Wert von acht Milliarden Euro zur Erhöhung der Energieerzeugung Ägyptens. Der erste Generator-Step-up-Transformator von insgesamt 24 Stück für drei verschiedene, mit Gasturbinen betriebene Kraftwerksprojekte mit 455 Megavoltampere (MVA) und 515 Kilovolt (kV) wurde erfolgreich im Weizer Werk geprüft und befindet sich auf der gut zweimonatigen Reise zum Kraftwerksprojekt Beni Suef. „Die Transformatoren für die Gasturbinen kommen aus dem Siemens-Werk in Weiz. „Dieser Auftrag zeigt sehr schön, dass österreichische Kompetenz im Transformatorenbau weltweit gefragt ist“, erklärt Wolfgang Hesoun, Generaldirektor von Siemens Österreich.

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Am 5. April wurde Staatssekretärin Sonja Steßl mit überwältigenden 100 Prozent zur neuen Regionalvorsitzenden der SPÖ in der Südoststeiermark gewählt. Die Sozialdemokratie ist stolz darauf, dass sie so viele Frauen in Führungspositionen und wichtigen Funktionen hat. Erfolgsbeispiele gibt es sehr viele: Neben Staatssekretärin Sonja Steßl sind dies die beiden Landesrätinnen Doris Kampus und Ursula Lackner, oder auch Bettina Vollath, die einstimmig zur ersten Landtagspräsidentin in der Geschichte der Steiermark gewählt wurde. Starke Frauen findet man in der Sozialdemokratie auf allen Ebenen, nicht zuletzt auch durch die konsequente Parteireform der steirischen Sozialdemokratie.

Bank Austria Sozialpreis 2016

UNIQUE/Grayling

Sonja Steßl neue SPÖ-Regionalvorsitzende


Heiße Diskussion über flächendeckende Maut Bei einer verkehrspolitischen Enquete suchten Experten und Politiker nach Auswegen aus dem Finanzierungsdilemma zum Straßenerhalt. Als Alternativen zur flächendeckenden Lkw-Maut schlägt der deutsche Experte Sebastian Kummer eine maßvolle Erhöhung und Zweckbindung der Mineralölsteuer vor, während eine LkwMaut nur eine Erhöhung von Produktpreisen nach sich ziehen würde. Dem stimmten auch die verkehrspolitischen Sprecher Anton Gangl (VP) und Erich Hafner (FP) zu, während Helga Ahrer (SP) eine ungerechte Mehrbelastung der Arbeitnehmer ortete. Derzeit nimmt der Staat 4,3 Milliarden Euro aus der MÖSt ein, die Erlöse aus der Autobahnmaut belaufen sich auf 1,6 Milliarden (davon 1,2 Mia. von Lkw).

50.000 Teilnehmer und 50 Gewinner bei Spar Um die Bedeutung von steirischen Produkten aufzuzeigen und die Steirer zu ermutigen, noch stärker zu regionalen Produkten zu greifen, startete Spar gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Steiermark heuer ein großes Regionalitätsgewinnspiel. All jene, die während des Gewinnspielzeitraumes ein steirisches Produkt bei Spar erworben haben, hatten die Gelegenheit, mitzuspielen und einen von 50 steirischen Preisen zu ergattern. Über 50.000 Teilnehmer nutzten diese Möglichkeit. „Wir gratulieren den Gewinnern recht herzlich“, so Spar-Steiermark-GF Christoph Holzer, „und wir freuen uns, dass so viele Leute durch ihren Kauf die steirische Wirtschaft gefördert haben.“

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Kurz & News

AUVA-Landesvorsitzende neu gewählt

In Zukunft werden leistungsstarke Autos als Statussymbol passé sein. Wie kann man als Hersteller genau solcher Autos verhindern, dass man in den wirtschaftlichen Ruin stürzt? Das war eine der Fragestellung, mit der sich die Teilnehmer des Innozet Future Awards beschäftigt haben. Ihre Lösungen haben die Studierenden der FH Joanneum in Form von Postern dargestellt, von denen die besten am 13. April 2016 von Wissenschaftslandesrat Christopher Drexler am Innozet Innovationszentrum in Tobelbad ausgezeichnet wurden. Gerhard Zehetner, GF des Innozet, vergab für die drei Siegerprojekte 1.000 Euro Preisgeld und betonte „den hohen Nachhaltigkeitsanspruch der Siegerprojekte“.

Günther Riegler als FH-Joanneum-GF wiederbestellt

Günter Riegler wurde für weitere fünf Jahre als kaufmännischer GF der FH Joanneum wiederbestellt. Er kann bereits auf rund vier Jahre Erfahrung in dieser Position zurückblicken. Günter Riegler bildet gemeinsam mit Rektor Karl Peter Pfeiffer das Führungsduo der Hochschule. „Wir ergänzen uns sehr gut und ich freue mich, weitere Jahre mit Riegler zusammenzuarbeiten. Wir haben noch viel vor“, so Rektor Pfeiffer. Riegler sieht in seiner Wiederbestellung viele Chancen und Herausforderungen: „Die FH Joanneum ist im Wettbewerb der Bildungseinrichtungen bestens positioniert. Ich möchte gemeinsam mit allen dafür sorgen, dass wir uns weiterhin so positiv entwickeln.“ 22 /// FAZIT MAI 2016

Armutsbericht für Steiermark präsentiert

Exakt 12,9 Prozent der Bevölkerung, also rund 156.000 Steirerinnen und Steirer, sind von Armut betroffen, das heißt, sie müssen mit weniger als 1.123 Euro im Monat ihr Auslangen finden. Das geht aus dem jüngsten Armutsbericht hervor, den am 6. April Soziallandesrätin Doris Kampus gemeinsam mit dem Leiter der Landesstatistik, Martin Mayer, und dem GF des Instituts für Arbeitsmarktbetreuung und -forschung (IFA) Steiermark, Peter Stoppacher, der Öffentlichkeit präsentierte. Trotz steigender Arbeitslosigkeit gibt es bei der Armutsgefährdung keine Verschlechterung im Vergleich zu den Vorjahren. Die Steiermark liegt im Vergleich klar unter dem Österreich-Schnitt von 14,1 Prozent.

„Hair 2016“ begeisterte Publikum mit tollen Shows Rund 2.500 Fachbesucher zog es am 9. und 10. April in die Halle A der Messe Graz, denn die „Hair 2016“ sorgte einmal mehr für Begeisterung und lieferte Trends, Kreativität und Fachwissen. Mehr als 100 Marken und Aussteller, internationale Top-Shows, geballtes Fachwissen in der „Top Hair“-Schnittfabrik, die Premiere der Street Food Area und die VIP After-Show-Party sorgten für ein ebenso gelungenes wie informatives Messewochenende. Mahogany Hairdressing begeisterte mit Creative Director Colin Greaney, Neil Atkinson und Tai Walker.

Fotos: geopho_com, AUVA, MarionLuttenberger, MCG/Kanizaj,

Erster Innozet Future Award vergeben

In der konstituierenden Sitzung der AUVA Landesstelle Graz wurde Mitte April KR Günther Stangl einstimmig zum Vorsitzenden sowie Kammerrat Hubert Gangl ebenfalls einstimmig zu seinem Stellvertreter für die neue Funktionsperiode von fünf Jahren der Selbstverwaltung für die Bundesländer Steiermark und Kärnten gewählt. Für den 59-jährigen Stangl – Unternehmer aus Gnas – ist es nunmehr die zweite Periode als Landesstellen-Vorsitzender. „Die neue Periode stellt eine große Herausforderung dar, da die künftigen Kooperationen mit KAGes und KABEG im Mittelpunkt stehen“, so Stangl, der mittlerweile seit dem Jahre 2010 in den Gremien der AUVA tätig ist.


Foto: Archiv Foto: LK, Raggam

Strahlen über die Top-Leistungen der heimischen KürbiskernölBauern bei der Landesprämierung 2016: Obmann Franz Labugger, Topstars Manfred Stubenrauch und Klara Hahn, LK-Präs. Franz Titschenbacher und GF Andreas Cretnik (v.l.n.r.).

Steirisches Kürbiskernöl: 2016 ist ein Spitzenjahrgang Im Zeichen der Qualität werden seit 17 Jahren die besten steirischen Kürbiskernöle bei der Landesprämierung ausgezeichnet. Freuen durften sich 397 von insgesamt 467 Betrieben, die die begehrte Plakette „Prämierter Steirischer Kernölbetrieb 2016“ nach Hause trugen.

D

ank günstigem Klima sowie Anstrengungen der Produzenten und Ölmüller sind erstklassige Qualitäten zustande gekommen. „Die hervorragenden Wetterbedingungen sorgten 2015 für optimal ausgereifte Kürbiskerne“, betont Franz Labugger, Obmann der Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl. Trotz Rekordanbauflächen könnten die Anbauflächen österreichweit um zehn bis 15 Prozent ausgeweitet werden“, freut sich Labugger. Superstars der Landesprämierung Seit vielen Jahren mit dabei sind die Familien Klara Hahn und Manfred Stubenrauch, beide aus der Kalsdorfer Produzentengemeinschaft. Sie erhielten aus den Händen von LK-Präsident Franz Titschenbacher und Obmann Labugger als „Superstars der Landesprämierung 2016“ jeweils eine Trophäe in Form eines gläsernen Kürbiskerns überreicht. „Beide Familien haben bisher alle 17 Landesprämierungen erfolgreich gemeistert. Sie zeigen vor, dass

man Top-Qualität auch dauerhaft halten kann“, freut sich Titschenbacher.

Topqualität in der Flasche Die geadelten Top-Kürbiskernöl-Produzenten werden für ihre Spitzenleistungen mit der runden Plakette „Prämierter Steirischer Kernölbetrieb 2016“ ausgezeichnet. Diese darf auf den Kürbiskernöl-Flaschen zusätzlich zur Herkunftsmarke „Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.“ geführt werden. Paul Kiendler, Sprecher der Ölmüller in der Wirtschaftskammer: „Der positive Absatz setzte sich 2015 fort. Nachdem im Vorjahr das Wachstum durch die Ernte 2014 etwas gebremst wurde, können heuer wieder neue Märkte im Ausland erschlossen werden. Andreas Cretnik, GF der Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl: „Auch heuer wollen wir mit einer Neuheit überraschen. Daher läuft gerade die Planung eines ‚Kernölschuhs‘ auf Hochtouren.“

Kurz im Gespräch mit Stefan Pilz Spartengeschäftsführer Industrie der WKO Steiermark

Die steirische Wirtschaft, vor allem die Industrie, braucht dringend Fachkräfte – ist die Zahl an Ausbildungsplätzen in den Unternehmen ausreichend? Die steirischen Industriebetriebe gestalten die Zahl der angebotenen Lehrstellen anhand fundierter Prognosen, um den qualifizierten Nachwuchs zu sichern und ihm auch eine langfristige Perspektive zu geben. Nur ein Teil der benötigten Fachkräfte wird in der Industrie ausgebildet, aus welchen anderen Bereichen können die Unternehmen Personal rekrutieren? Viele Betriebe vertrauen neben der fundierten betrieblichen Ausbildung auf HTL-Absolventen.

In der Steiermark ist die Anzahl an Lehrstellen bezogen auf die Einwohnerzahl gegenüber OÖ oder Tirol eher niedrig, woran liegt das? Das hängt sehr stark mit dem Image der Lehre zusammen – da gilt für Österreich: je westlicher, desto besser das Image der Lehre und die Bereitschaft von Eltern, eine duale Ausbildung für den Nachwuchs ins Auge zu fassen. Viele steirische Eltern vergessen dabei, dass die Jugendlichen, die einen Ausbildungsvertrag mit einem Industriebetrieb abschließen, eine Ausbildung am modernsten Stand erhalten.

Sind auch weibliche Schulabgängerinnen, die oft besseres Bildungsniveau als Burschen aufweisen, für Lehrstellen in der Industrie verstärkt gefragt? Ja, zum Glück wird die Industrie immer weiblicher. Sowohl was die Leistungsbereitschaft als auch das soziale Klima betrifft. FAZIT MAI 2016 /// 23


Graz hat’s

Neue Crowdfunding-Förderung für Grazer Start-ups Crowdfunding – also das Sammeln von Kapital von mehreren Investoren übers Internet – wird vor allem als Finanzierungsmaßnahme immer wichtiger. Im Rahmen einer PK stellten Stadtrat Gerhard Rüsch und Andrea Keimel, Leiterin der Abteilung für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung, die neue Förderung vor, welche die Umsetzung professioneller Kampagnen zum Crowdfunding mit bis zu 5.000 Euro finanziell unterstützt. Die Förderung kann für Leistungen von Grazer Kreativen bezogen werden. „Mit der neuen Förderung möchten wir Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Visionen unterstützen, um so auch die Vielfalt unseres Standortes zu stärken“, erklärt Wirtschaftsstadtrat Gerhard Rüsch.

World Spirits Award für Destillerie Franz Bauer Am 17. März durften sich die „World Spirits Award“-Teilnehmer wieder über zahlreiche Prämierungen der eingereichten Produkte freuen. In diesem Jahr fand die Award Celebration in der Steiermark statt. Auch heuer konnte die Destillerie Franz Bauer der Öffentlichkeit einwandfreie Produkte präsentieren. Die Vielzahl an Medaillen und Urkunden nahm, in passender und angenehmer Atmosphäre, Hans Schlichte jun. Stolz entgegen. Eine Goldmedaille erhielten u. a. „Mit dem Kuss der Haselnuss“, Marillen Schnaps und Styrian Panther Spirit. Einen großartigen Erfolg konnte die Destillerie Franz Bauer ebenso zum 13. Mal in Folge in Form der DLG-Ehrung mit dem „Preis für langjährige Produktqualität“ erringen.

Neuer Geschäftsführer der Energie Graz

Wirtschaftsfrühstück im Autohaus Pugl Rund 75 Unternehmerinnen und Unternehmer folgten der Einladung des Autohaus Pugl, Elektromobilität hautnah zu erleben. Im Rahmen des Grazer Wirtschaftsfrühstücks zum Thema „Erlebnis Elektrofahrzeuge“ kamen so sowohl Umweltbewusste als auch Vielfahrer voll auf ihre Kosten. Markus Bachner, Elektrofahrzeug-Experte bei H. Pugl, informierte die interessierten Gäste über die technischen Leistungen und konnte mit Mythen, die diese neue Art der Fortbewegung oft begleiten, aufräumen. Wie schnell Elektroautos sein können, wie lange diese ohne Energiespritze durchhalten und welche steuerlichen Vorteile es dazu gibt, wurde ebenso erläutert wie attraktive Finanzierungsmöglichkeiten.

Thomas Cook bietet neue Flugdestinationen ab Graz

Seit 1. April ist Boris Papousek neuer GF der Energie Graz, an der Seite von Werner Ressi. Er folgt Gert Heigl nach, der nun im Vorstand der Holding Graz tätig ist. Papousek ist seit über 20 Jahren im Bereich Energie und Klimaschutz tätig. Mehr als ein Jahrzehnt hatte er die Geschäftsführung der Grazer Energieagentur (GEA) inne. Dort stand die energieeffiziente Gestaltung von Gebäuden und Anlagen im Fokus seiner Arbeit, erklärt Papousek und freut sich auf neue Betätigungsfelder beim Grazer Energieversorger: „Energieeffizienz und Alternativenergien bieten neue spannende Aufgaben und Chancen für die Energie Graz, für die ich meine Kompetenzen gerne einsetzen werde.“

„Neue Sommerziele ins Flugprogramm aufnehmen zu können, ist für einen Regionalflughafen eine große Herausforderung. Thomas Cook Austria ist einer der Partner, die immer wieder neue Destinationen ab Graz möglich machen – so wie in diesem Jahr die beiden wunderschönen Flugziele Olbia auf Sardinien und Ibiza, die wir wieder rund 4 Monate anbieten können“, erklärt Mag. Gerhard Widmann, GF des Flughafen Graz. Rund 50 Destinationen mit 140 Direktflügen pro Woche sowie der Möglichkeit zu Anschlussflügen in die ganze Welt umfasst der Sommerflugplan des Flughafens Graz. Neben Destinationen im Atlantik und am Roten Meer werden vor allem Flugziele zu den Inseln im Mittelmeer angeboten. 24 /// FAZIT MAI 2016


LH Schützenhöfer besuchte Spar-Zentrale

Charity Dinner zugunsten des Odilien-Instituts

Ein Blick hinter die Kulissen der Spar Steiermark und Südburgenland beeindruckte kürzlich den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Spar Steiermark-GF Christoph Holzer führte ihn durch die Zentrale in Graz und die Interspar-Frischebäckerei. Bei dem Besuch wurden unter anderem auch die Themen „Bedeutung von regionalen Produkten“ und „Stärkung der steirischen Wirtschaft“ erörtert. Holzer erklärte: „Mit 5.000 Mitarbeitern und rund 210 Lehrlingen ist Spar einer der größten Lehrlingsausbildner der Region.“ Schützenhöfer zeigte sich begeistert: „Wir sehen in Spar einen starken Partner, der Tausende Arbeitsplätze in der Steiermark sichert.“

Michael Pachleitner, CEO der in Graz beheimateten Michael Pachleitner Group und Odilien Testimonial der heurigen Charity Kampagne „Komm, ich zeig’ dir meine Welt“, lud am 30. März zu einem exklusiven Charity Dinner mit Weinbegleitung ins MP09. 53 ausgewählte Personen folgten der Einladung. Und am Ende konnte Pachleitner einen Scheck über EUR 4.770,– an den Prokuristen des Odilien-Instituts, Rudolf Zangl, und Odilien-Testimonial Melanie Zraunig aus der Trainingswohnung des Odilien-Instituts überreichen. Ein Ergebnis, das Zangl wirklich sprachlos machte. Erst der großartige Einsatz von sozial engagierten Firmen und Menschen macht die Arbeit im Odilien-Institut möglich.

Saubermacher bekommt BGF-Gütesiegel

Nicht nur beim Umweltschutz, auch in Sachen betriebliche Gesundheitsvorsorge ist Saubermacher ein Vorreiter und glänzt beim heurigen Fitness-Test besonders: Der langjährige Einsatz für eine gesunde Belegschaft ist zum vierten Mal in Folge von der GKK und dem Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet worden. „Seit jeher stehen unsere Mitarbeiter im Mittelpunkt der Saubermacher-Werte. Menschen fühlen sich wohl, wo sie sicher sind und ihre Gesundheit unterstützt wird. Daher sind die Themen Arbeitssicherheit, betriebliche Gesundheitsförderung und Mitarbeiterentwicklung zentrale Erfolgsfaktoren bei Saubermacher“, erklärte Saubermacher-Vorstand Ralf Mittermayr. Fotos: Wolfgang Hummer, STGKK/Manninger, Madison, Spar,

Knapp baut Führungsteam aus

Mit 1. April wurde das Führungsteam bei Knapp Systemintegration in Leoben erweitert: Rudolf Hansl wird neben Bernhard Rottenbücher und Franz Leitner zum Geschäftsführer ernannt. Sein Verantwortungsbereich liegt im Bereich Vertrieb. Zudem wird er innerhalb der Knapp-Gruppe die Leitung der Business Unit Food Retail übernehmen. Hier sieht er vor allem in den aktuellen Trends großes Potenzial: „In der Lebensmittelbranche wird E-Commerce immer wichtiger und wir sollten diese Veränderung als Chance nutzen. Die Logistik im Lebensmittelhandel verändert sich, daher werden sowohl für die Endkundenbelieferung als auch für die Versorgungssysteme innovative Lösungen gefordert.“

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Fazitgespräch Von Josef Schiffer und Peter K. Wagner Fotos: Marija Kanizaj

Edel und Wild Die Konditorin und Fernsehköchin Eveline Wild über stressige Drehtage, süße Versuchungen und eine übergewichtige Vergangenheit.

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Fazitgespräch

Wenn man von Graz aus Richtung Weiz fährt und danach die enge Weizklamm durchquert, nähert man sich langsam der ländlichen Idylle der Oststeiermark. Und damit dem malerischen Ort Sankt Kathrein am Offenegg. Knapp unter 1.000 Meter gelegen, zählt er etwas mehr als 1.000 Einwohner. Die Gemeinde ist Teil des Almenlandes und untergliedert sich in zwei Ortschaften, die etwas bürokratisch »I. Viertel« und »II. Viertel« heißen. Ein drittes oder gar viertes waren offenbar nicht geplant. Das mit den verwirrenden Adressen werde sich bald ändern, wissen wir nun dank Eveline Wild. Die Fernsehköchin und Konditorin, die wir aus ZDF und ORF kennen und in kometenhafter Karriere von Goldmedaillen in Lehrlingswettbewerben bis hin zu Berufsweltmeisterschaften von sich reden machte, ist hier zu Hause.

Die Weltmeisterin arbeitet im Wohlfühl- und Genusshotel Eder, das erhaben in den Berghang gebaut, eine unvergleichlich schöne Aussicht auf das Weitzer Bergland bietet. Und hat sich zur Mittagszeit über zwei Stunden Zeit für uns genommen. Für ein ausführliches Gespräch.

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Fazitgespräch

Ich bin der Überzeugung, dass man kein schlechtes Gewissen haben darf, wenn man sich etwas gönnt. Eveline Wild

Frau Wild, was führt eine berühmte Fernsehköchin wie Sie ins hinterste Eck der Oststeiermark? Das werde ich immer gefragt. Nicht nur in Interviews oder von Menschen, die mich aus dem Fernsehen kennen, sondern auch von Gästen hier im Hotel, sobald mein Tiroler Akzent durchschlägt. Es ist ganz einfach: Der Liebe wegen. Das kann man sich eben nicht aussuchen. Denn auch wenn mir als kleine Weltenbummlerin schon früh klar war, dass ich nicht mein ganzes Leben in meiner Heimatgemeinde in Inzing bleiben werde, hätte ich mir nicht gedacht, dass ich 500 Kilometer entfernt in der tiefen Provinz der nordöstlichen Steiermark lande. Nun sind Sie oft im TV zu sehen und viel unterwegs. Bleibt da überhaupt noch Zeit für den Betrieb? Doch, ja. Weil die Auftritte sehr variabel sind. 2015 war ich durch das deutsche Bäckerformat auf ZDF und die ORF-Auftritte die Hälfte des Jahres im Einsatz. Heuer ist es wieder ruhiger. Diesen Stress wie im Vorjahr würde ich mir nicht noch einmal antun. Allerdings wollte ich die Chance nutzen, um meine Medienpräsenz zu stärken.

Wie kann man sich so einen Fernsehauftritt vorstellen von der zeitlichen Intensität? Es ist generalstabsmäßig geplant. Man bekommt eine Disposition, in der minutiös alles vorgeplant ist. Gerade das ZDF-Format war wirklich intensiv. Man bekommt nicht viel Schlaf, der Tag beginnt um vier Uhr morgens und endet um zehn Uhr abends. In diesen Phasen habe ich gleichzeitig natürlich auch im Betrieb funktionieren wollen. Das ging schon etwas an die Substanz. Aber es war auch schön. Wenn mir das Fernsehen nicht Spaß machen würde, würde ich es ja auch nicht machen. So gesehen, bin ich selber schuld an diesem für mich positiven Stress. Haben Sie von so einer TV-Karriere schon immer geträumt? Nein, ganz und gar nicht. Die Überschrift meines Lebens müsste lauten: »Was mir alles passiert ist.« Ich bin weder besonders extrovertiert noch wollte ich mich in den Mittelpunkt stellen. Der

ORF hat damals jemanden gesucht, der zu Andi und Alex passt. Das musste eine Frau sein, also sind bei einem kleinen Casting fünf Damen eingeladen worden. Alle, die eingeladen wurden, konnten natürlich perfekt backen. Ich bin deshalb eingeladen worden, weil ich damals beim Steirereck in Wien arbeitete. Beim TV-Casting selbst ging es aber dann mehr um die Chemie, unsere fachliche Kompetenz wurde nicht in Frage gestellt. Es war ganz nett, aber ich habe mir gedacht: »Schön, wenn es was wird, aber muss es nicht.« Aber es wurde was. Und seitdem bin ich immer wieder in Wien und mache an einem Drehtag gleich fünf Sendungen, wobei es schon eine Herausforderung ist, in den begleitenden Kommentaren zum Backen und den Tätigkeiten nicht zu wiederholend zu werden. Wird man damit eigentlich reich? Gar nicht. Es fällt eher in die Kategorie Aufwandsentschädigung.

Sie sagen, die TV-Präsenz ist Ihnen passiert. War die Entscheidung für die Patisserie eine bewusste Entscheidung? Das war bewusst, natürlich. Ich wollte kreativ und handwerklich arbeiten. In Tirol nennt man jemanden wie mich »Bastl-Wastl«. Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden als ältestes von vier Kindern. Meine Eltern arbeiten heute trotz Ruhestand noch am Hof. Wir haben den Spirit mitbekommen, dass es ohne Fleiß keinen Preis gibt. Arbeit haben wir nicht als Last empfunden, sondern als etwas Erfüllendes wahrgenommen. Und diesen Zugang habe ich mir sicher bis heute bewahrt.

Wo haben Sie eigentlich gelernt? In der Konditorei Valier in Innsbruck. Das war damals schon, als ich 1996 meine Lehre begann, eine sehr frankophile Patisserie, die sich an den neuesten Trends aus Paris orientierte. Dadurch wurde mein Weg natürlich auch vorgezeichnet. Sie waren danach in München, Sölden und Wien. Seit 2010 sind Sie nun hier im Hotel Eder in Sankt Kathrein am Offenegg. Kommen Gäste extra hierher, um die berühmte Fernsehköchin zu sehen?

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Fazitgespräch Natürlich gibt es Gäste, die wegen mir kommen. Meine Marke ist eigentlich stabil, aber wir wollen das traditionelle Hotel Eder ein bisschen verändern und das Thema der gehobenen Kulinarik noch stärker leben. Wellness mit Schwimmbad und Sauna als Ergänzung, aber mit Fokus auf anspruchsvollen Gaumenfreuden.

Passen Ihre kalorienreichen Patisseriekünste und Ihre Schokoladenerzeugnisse denn überhaupt zu Wellness? Ich habe meinen eigenen Zugang. Man kann sich schließlich auch von Ananas zu Tode ernähren und so gibt es schier unendlich viele Weisheiten in Frauenzeitschriften, wie man am gesündesten lebt. Was ich als Chocolatier herstelle, brauchen wir natürlich nicht zum Überleben. Wie in unserem Hotel als Urlaubsstandort auch, befinden wir uns in einem reinen Luxussegment. Wir sind in der privilegierten Lage, dass wir solche Dinge genießen dürfen. Und das müssen wir uns eingestehen. Ich bin der Überzeugung, dass man kein schlechtes Gewissen haben darf, wenn man sich etwas gönnt. Aber die Dosis ist das Geheimnis. Ich esse zum Beispiel etwa zwei Pralinen am Tag. Und die genieße ich. Und ich weiß wovon ich rede, weil ich habe auch einmal 90 Kilo gewogen – ohne Schwangerschaft.

Die Gastronomie gilt ohnehin als fordernde Branche. Es gibt auch große Probleme im Lehrlingssektor. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Wir haben selbst zwei Koch-Konditor-Lehrlinge. Da werden beide Berufe synchron gelernt. Es wird keine Branche geben, die nicht über den Nachwuchs jammert. Ich finde es bedenklich, dass so viele Menschen in Universitäten reingestopft werden, weil es heißt, man müsse studieren, damit etwas Gescheites aus einem wird. Das finde ich tragisch. Es schlummern Talente in den jungen Leuten, was ich schon bei meinem dreijährigen Kind sehe. Das Problem liegt in der Erziehung durch die Eltern sowie in der Schule. (seufzt) Ich werde sehr emotional bei diesem Thema. Aber gerade das Schulsystem ist leider wirklich viel zu engstirnig und das Wurzelziehen ist wichtiger als das Knöpfeannähen. Und individuelles handwerkliches Talent wird viel zu wenig gefördert. Die Schule vermittelt mir einfach zu wenig Lebensschlauheit. Wie meinen Sie das genau? Ich denke an kleine Dinge, die nicht selbstverständlich sind. Das Kochen von weichen Eiern sollte etwa kein Problem sein für einen jungen Menschen. Und man darf sich auch nicht entmutigen lassen, wenn das Selberkochen einmal nicht klappt. Ich merke jetzt bei meinem ältesten Lehrmädchen zum Beispiel auch, dass sie ein großes Problem mit handschriftlichen Verzierungen hat, weil sie keinen Schwung in der Schreibschrift vermittelt bekom-

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Wirklich? Ja. Das war als Chefin der Patisserie im Steirereck in Wien, wo der stressige Alltag, wenig Schlaf und der Druck von vier Hauben schließlich dazu geführt haben, dass ich nicht mehr auf meine Essgewohnheiten achtete. Viele meiner Kollegen waren fertig mit der Welt. Ich bin sehr froh, dass ich es psychisch unbeschadet

überstanden habe. Die Gastronomie kann wirklich sehr fordernd sein. Es wundert mich nicht, dass vielerorts Drogen und Alkoholsucht eine Rolle spielen.

Das Land Steiermark Kultur Mit Unterstützung des Landes Steiermark. www.soziales.steiermark.at


Fazitgespräch men hat. Ich bin nicht die Obertraditionalistin und bin an Weiterentwicklung sowie Fortschritt interessiert. Aber die Werte, die wir am Rande noch mitbekommen haben, sind nicht so schlecht. Ich bin nicht zuletzt auch durch Werte wie Pünktlichkeit oder Verlässlichkeit so erfolgreich.

Traditionelle Werte haben Sie ja vor allem von zu Hause noch mitbekommen. Sie selbst haben erlebt, wie Eltern zu Hause arbeiten und kochen. Wenn heute beide Eltern im Berufsleben stehen, wird vielleicht ein Fertiggericht nach Hause gebracht. Das Kind bekommt also weniger Praxis vermittelt in vielen Fällen. Genau. Es gibt natürlich immer ein Für und ein Wider. Manchmal ist es dennoch so, dass die Mutter arbeiten gehen muss, weil der Lebensstandard und das Statussymboldenken schon so ausgeprägt sind, dass man ganz viele Dinge braucht, um in der Gesellschaft anerkannt zu werden. Aber von einem Fernseher kann ich halt nicht runterbeißen. Wie wichtig sind Ihnen Statussymbole? Ich leiste mir hauptsächlich gutes Essen und gute Produkte. Wir leben im Überfluss und es geht darum, dass man die wirklich wichtigen Güter für sich herausfiltert. Gute Ernährung sollte da ganz oben stehen. Ein Döner oder eine Fertigpizza ab und dann bedeutet nicht den Weltuntergang, aber leider ist richtiges Kochen fast schon zur Ausnahme geworden.

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Muss man eigentlich schon auf Convenience-Produkte setzen, um in einem gastronomischen Betrieb erhalten zu können?

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Fazitgespräch

Die Schule vermittelt mir zu wenig Lebensschlauheit. Eveline Wild

Jein. Nudeln, Joghurt und sogar meine Schokolade sind per Definition auch Convenience-Produkte, aber alles was darüber hinausgeht wie Fertigsaucen oder Zauberpülverchen lehne ich entschieden ab.

Ist der Faktor der Zutaten in der wirtschaftlichen Planung in der Gastronomie also nicht so groß, wie man glauben könnte? Nein, die Mitarbeiter sind in der Kalkulation der größte Posten. Natürlich gibt es Preisanstiege etwa bei Haselnüssen wie unlängst wegen einer Missernte in der Türkei. Wodurch dann automatisch die Mandeln aus Kalifornien auch teurer geworden sind. Rückschritte im Preis gibt es dann jedoch ganz selten, es entspannt sich meist nur ein wenig. Aber das ist vergleichsweise alles verkraftbar. In den vergangenen Jahren ist ja neben dem Fertigprodukthype auch ein Kochhype entstanden. Nicht nur im Fernsehen. Wie passt denn das zusammen? Das ist wirklich paradox. Es gibt auch so viele Kochsendungen wie nie, aber andererseits glaubt man, niemand kocht mehr. Ich hab darüber schon oft mit Sendungsmachern diskutiert und wir sind zur Conclusio gekommen, dass jeder Mensch täglich mit Essen zu tun hat, weil er ja essen muss. Und wenn man sich zusammenreißt, schafft man es auch als Laie, die meisten Gerichte nachzukochen. Was für andere Berufe, die schwerer zu vermitteln sind und Fachwissen erfordern, nicht gilt. Man bekommt durch Kochsendungen also einen Impuls und ein Gefühl von: »Das kann ich auch!« Außerdem gibt es viele Menschen, die selten, aber dafür umso intensiver Kochen zelebrieren und dann Events veranstalten, die an »Das perfekte Dinner« aus dem Fernsehen erinnern. Merken Sie diese Trends auch bei Ihren Kochseminaren? Auf jeden Fall. Vor allem habe ich in jedem Kochseminar ein bis zwei dieser positiven, rundum informierten Freaks, die mich sehr fordern. Die fragen dann begierig, »bis Dreck kommt« – wie man in Tirol im Dialekt so schön sagt. (lacht)

Eine weitere Modeerscheinung der vergangenen Jahren neben Kochsendungen sind Kochbücher. Da hat man noch mehr das Gefühl, dass sie nur gekauft und nie verwendet werden.

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Eveline Wild wurde am 5. Oktober 1980 in Innsbruck

geboren. Nach einer Lehre in Innsbruck zog es sie unter

anderem zu Dallmayr nach München und ins Wiener Steirereck. Die Liebe bindet sie seit 2009 an St. Kathrein

am Offenegg, wo sie mit dem Hotelbesitzer Stefan Eder in – Zitat – »wilder Ehe« lebt. Das Paar hat einen dreijährigen Sohn. Als Chocolatier produziert Wild jährlich

praktisch im Alleingang rund 40.000 Stück ihrer eigens kreierten Pralinen sowie mehrere Sorten Schokolade. Sie ist immer donnerstags um 14 Uhr auf ORF-2 in der Sendung »Frisch gekocht« zu sehen.


Fazitgespräch

Ich habe selbst zwei Kochbücher rausgebraucht und die laufen auch gut. Aber sicher die Hälfte davon wird nur deswegen gekauft, weil ich im Fernsehen bin und eine Widmung reinschreibe. Außerdem ist es noch immer extrem beliebt, ein Kochbuch zu verschenken. Und oft werden die Kochbücher dann vielleicht auch nur durchgeblättert. Aber das ist auch etwas Schönes und hat seine Berechtigung.

Gibt es eigentlich einen harten Konkurrenzkampf in der gehobenen Gastronomieliga, in der Sie mitspielen? Da entwickelt sich Gott sei Dank in unserer Altersstufe ein sehr gutes Miteinander. In jeder Generation der Haubenköche haben Leute zusammengefunden, die sich gut verstehen. Wir verstehen uns besonders gut mit Richard Rauch vom »Steira Wirt« in Trautmannsdorf oder mit dem Salzburger Andreas Döllerer – um nur einige zu nennen. Wir sind vernetzt und nicht Kontrahenten und versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen. Die Branche stärkt sich selbst. Die Zeiten, in denen Mitarbeiter 20 Jahre in einem Betrieb geblieben sind, sind ja ebenfalls schon lange vorbei. Deshalb wird diese Vernetzung auch immer wichtiger, um gutes Personal zu bekommen.

Wir haben gelesen, dass Sie zwischenzeitlich eine Ayurveda-Ausbildung abgeschlossen haben. Sind Sie patisserie- oder fernsehmüde? Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin sehr froh und glücklich aktuell. Ich fühle mich privilegiert und bin dankbar. Aber ich hatte eine Zeitlang die Schnauze voll von Süßkram. Das ist schon lange her und fiel genau in die Zeit, in der ich hierher gekommen bin vor über sieben Jahren. Im Haus waren alle Bereiche abgedeckt, auch die Küche war mit Stefan besetzt. Also habe ich in Graz eine Ayurveda-Ausbildung begonnen. Das ist eine Philosophie, die Massage und Ernährungslehre mit einschließt. Es geht um den Ausgleich im Leben, darum, sich in stressigen Zeiten des Lebens richtig zu verhalten und zu ernähren. Meine Erkenntnis war aber auch, dass nicht nur Ingwertee und indische Gewürze die Lösung für alles sind. Die Lehre des Ayurveda besagt ja, dass jeder Mensch mit dem am besten durchs Leben kommt, was in seiner natürlichen Umwelt vorkommt und ihn umgibt. Frau Wild, vielen Dank für das Gespräch!

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Steuerboard

Der »Fast Forward Award 2016« startet

Mag. Alexander Hofer

Der Patient Ärzte-GmbH

Die Steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft SFG sucht wieder die innovativsten Unternehmen des Landes. Der „Fast Forward Award“ zählt als offizieller Wirtschaftspreis zu den renommiertesten Innovationswettbewerben Österreichs. Bis 15. Mai 2016 können zukunftsweisende Projekte aus Wirtschaft und Wissenschaft in fünf Kategorien und für einen Sonderpreis eingereicht werden.

• Nachteile: Keine flächendeckenden Gesamtverträge / Keine Ein-Mann-GmbH möglich, Aufwendigere Gründung und Rechnungslegung, Offenlegungserfordernis / Unflexiblere Entnahmemöglichkeiten (Gewinnausschüttung) • Vorteile: Optimierung von Leistungsbeziehungen, Geschäftsführervergütungen möglich / Niedrige Besteuerung von nicht ausgeschütteten („entnommenen“) Gewinnen / Praktikables, transparentes (auf gesetzliche Grundlage gestütztes) Zusammenarbeitsmodell / Haftungsbeschränkung Gerade dem letzten Punkt wird unter dem Aspekt „Behandlungsfehler“ noch zunehmend Bedeutung beikommen. Meines Erachtens lohnt es sich für Betroffene, die Rechtsformalternative GmbH unter Würdigung aller Aspekte einmal besonders zu untersuchen.

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Alexander Hofer ist als Steuerberater auf die Beratung von Ärzten spezialisiert und Mitautor des Handbuchs Die Ärzte-GmbH, Manz Verlag (2015).

Geidorfgürtel 20 8010 Graz +43 316 386001 0 graz@hoferleitinger.at www.hoferleitinger.at

Foto: Archiv

Längst hat sich auch in den freien Berufen die Rechtsform der GmbH etabliert. Das ist nicht selbstverständlich, setzt doch das (historische) Selbstverständnis der freien Berufe auf der inneren Berufung und damit im Gegensatz zum erwerbswirtschaftlich Tätigen auf einer einheitlichen Existenz von privat und geschäftlich auf. Wenn zwar der Ärzteschaft grundsätzlich die Rechtsform der GmbH offensteht, schwächelt ihre Verbreitung zweifellos. Zu Recht?

Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann will mit dem Fast Forward Award die innovativen Spitzenleistungen der steirischen Unternehmen ins Rampenlicht rücken.

M

it dem Fast Forward Award stellen wir nicht nur neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen ins Rampenlicht, sondern vor allem die Menschen dahinter: Sie überschreiten mit ihrer Kreativität und ihrer Innovationskraft jeden Tag Grenzen im Denken und Handeln“,

beschreibt Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann das Ziel des Wettbewerbes. Auch heuer wird der Fast Forward Award in fünf Kategorien vergeben: Vier nach Unternehmensgröße, von den Kleinstbetrieben mit weniger als 10 Mitarbeitern bis zu den Großunternehmen mit über 250 Mitarbeitern, sowie eine für Institutionen und Forschungseinrichtungen. Ein Sonderpreis wird im Bereich „Smart Services“ ausgeschrieben, wo es um neue, intelligente Dienstleistungen im Bereich Datenservice und vernetzte Produktion geht. Noch bis 15. Mai 2016 kann online eingereicht werden, danach müssen sich alle Projekte einer wissenschaftlichen Vorbewertung und einem Online-Voting stellen. Mitte August 2016 stehen die drei Nominierten in jeder Kategorie fest, beim Finale am 14. September 2016 in der Grazer Stadthalle werden die insgesamt fünf Trophäen überreicht. Weitere Infos unter www.ffa.at.

Europa: Autoverkäufe ziehen an

A

ls Grund für die steigende Zahl an Autoverkäufen sehen die Analysten den Ölpreisverfall und die Niedrigzinsen. Im ersten Quartal 2016 wurden europaweit erstmals wieder so viele Pkw verkauft wie im ersten Quartal 2008 – vor dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise. Gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahres stieg der Pkw-Absatz um über acht Prozent auf insgesamt 3,8 Millio-

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nen Pkw. Während die Autoverkäufe in Deutschland und Österreich eher stabil bleiben, schießen die Absatzzahlen in den Peripheriestaaten vor allem wegen der erschwinglichen Zinsen in die Höhe. Mit 519.000 Autos wurden die meisten Fahrzeuge in Großbritannien verkauft, mit 323.000 Fahrzeugen fiel der traditionell größte europäische Automarkt, Deutschland, deutlich zurück.


Foto: JJ55

Walstead-Group übernimmt Leykam-Let’s Print

Trotz anderslautender Rhetorik zeigen sich die Gläubiger der Heta, der „Abwicklungsbank der Hypo-Alpe-Adria-Bank, angesichts des Schuldenschnitts mit dem Bund und dem Land Kärnten verhandlungsbereit.

Heta-Gläubiger wollen doch verhandeln

Eine Gruppe von Gläubigern der Heta, der Abwicklungsbank für die Kärntner „Hypo-Alpe-Adria“, hat sich an die Öffentlichkeit gewandt, um ihre Position darzulegen und ihre Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren. Die Gruppe hält nach eigenen Angaben insgesamt fünf Milliarden der vom gescheiterten Rückkaufangebot umfassten „Heta Asset Resolution AG“.

I

n der Aussendung werten die Gläubiger das nun von der FMA als weitere Abwicklungsmaßnahme angeordnete Instrument der Gläubigerbeteiligung („bail-in tool“) nicht als Nachteil für ihre Position. Sie hätten weiterhin die Möglichkeit, ihre – gesetzlich nur gegenüber der Heta reduzierten – Forderungen in vollem Umfang gegenüber dem Land Kärnten und der Kärntner Landes- und Hypothekenbank-Holding (KLH) geltend zu machen. Die dem Mandatsbescheid zugrundeliegenden Annahmen zur Abwicklung der Heta sollen einer detaillierten Prüfung unterzogen werden. Dessen ungeachtet

wollen die Gläubiger alle rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung des Schuldenschnitts ausschöpfen. Sie weisen darauf hin, dass davon auszugehen sei, dass dieser von deutschen und anderen ausländischen Gerichten ohnedies nicht anerkannt werde. Neben der rhetorischen Härte signalisieren die Gläubiger jedoch auch die Bereitschaft, mit dem Land Kärnten und dem Bund zu verhandeln, um eine für sie akzeptable Lösung zu erzielen. Eine außergerichtliche Lösung sei weiterhin möglich und könne nur im Interesse aller Beteiligten sein, heißt es im Aussendungstext.

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ie britische „Walstead Group“ übernimmt die die „Let’s Print Holding AG“, die bisher im Besitz der steirischen SPÖ und der „Erste Bank“ stand. Mit einem Umsatz von 225 Millionen Euro und 730 Mitarbeitern ist die „Leykam Let’s Print“ eine der führenden Druckereien in Zentral- und Osteuropa und die größte in Österreich. Das Unternehmen mit Standorten in Österreich, Slowenien und der Tschechischen Republik erwirtschaftet über 70 Prozent des Umsatzes durch die Produktion von Flugblättern für den Handel in Österreich, Deutschland, der Tschechischen Republik und der Schweiz. Der Abschluss der Übernahme wird in etwa vier Wochen erwartet. Mark Scanlon, Chairman der Walstead-Group, sieht in der Akquisition neue Chancen, die europaweite Marktposition von Walstead weiter zu stärken. Derzeit läuft die kartellrechtliche Prüfung der Transaktion. Mit einem Abschluss des Deals ist bis Mitte Mai zu rechnen. Let’s-Print-CEO Gerhard Poppe sieht in Transaktion den erfolgreichen Abschluss der Suche nach einem Partner der im Sinne des Unternehmens, der Mitarbeiter und Kunden agiert: „Die Formierung einer schlagkräftigen Gruppe gemeinsam mit Walstead ist ein wichtiger strategischer Schritt für unser Unternehmen. Beide Unternehmen sind ganz klar zukunftsorientiert und verfügen über umfassende Kenntnisse der Print-Branche und ihrer Herausforderungen.“ FAZIT MAI 2016 /// 37


Investor

Foto: Karl Zotter

Die von der FMA angeordneten Fusionen bei den Volksbanken schreiten voran. So schließen sich die verbliebenen steirischen Volksbanken SteiermarkMitte, Obersteiermark und Süd-Oststeiermark bis Mitte des Jahres zur Volksbank Steiermark zusammen. Das neue Institut hat 400 Mitarbeiter in 42 Filialen und betreut etwa 109.000 Privatund 10.000 Firmenkunden.

Ernst Pfennich wird neuer CEO der Volksbank Steiermark. Er war bisher Vorstandsvorsitzender der Volksbank Steiermark Mitte.

D

ie steirischen Volksbanken sind bereits fusionserfahren und haben in den letzten drei Jahren mit den zwei Dreier-Fusionen zur Volksbank Obersteiermark und zur Volksbank Steiermark Mitte bereits wichtige Schritte auf dem Weg zur Volksbank Steiermark umgesetzt. Die Zentrale wird in der Landeshauptstadt Graz angesiedelt. Die prognostizierte Bilanzsumme wird bei rund 2,8 Milliarden Euro liegen. Damit ist mit der Volksbank Steiermark eine der größten Volksbanken Österreichs im Entstehen. Die Fusionen hätten schon früher über die Bühne gehen sollen, gestalteten sich jedoch 38 /// FAZIT MAI 2016

schwierig, weil vor allem der Aufsichtsrat der Volksbank Südoststeiermark Probleme damit hatte, die Eigenständigkeit aufzugeben. Trotz der Aufgabe der kleinteiligen Struktur des Sektors soll das Volksbankensystem mit dem ausgeprägten lokalen Bezug beibehalten werden. Neuer CEO wird Ernst Pfennich, der bisherige Vorstandsvorsitzender der Volksbank Steiermark Mitte. „Durch die neue Größe der Bank können wir in Zukunft auf ein stärkeres Expertenteam zurückgreifen und damit noch kundenorientierter agieren“, ist Pfennich zuversichtlich, denn die Volksbank Steiermark werde eine optimale Größe für den steirischen Markt haben. Sie sei schlank und effizient aufgestellt und könne in den Regionen besonderes Augenmerk auf die spezifischen lokalen Märkte legen können, so Pfennich. Neues Spitzeninstitut des Volksbankensektors wird die Volksbank Wien. Das bisherige Leitinstitut, die Kommunalkredit, wurde ja im Zuge der Finanzkrise notverstaatlicht und auf Betreiben der EU abgewickelt. Aus der „Kommunalkredit Austria“ ging in der Folge die „KA-Finanz“ hervor, eine „Bad-Bank“, die mit Bundeshilfe bisher rund 25 Milliarden von insgesamt 30 Milliarden an Altlasten abgebaut hat.

Foto: edward stojakovic

Volksbank Steiermark entsteht

China kurbelt mit der Bauwirtschaft auch die Weltwirtschaft an

Chinas Wirtschaft wächst stabiler als befürchtet Dank offensiver staatlicher Stützungen entwickeln sich die chinesischen Wirtschaftszahlen Chinas erfreulicher als angenommen. Sowohl im Industrie- als auch im Immobiliensektor ziehen die Preise an. China bleibt somit der stabilisierende Anker der Weltwirtschaft.

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er Immobilienbereich boomt vor allem deshalb, weil – ganz anders als in Europa – die staatlichen Eigenmittelvorgaben für Immobilienkäufer deutlich von 30 auf 25 Prozent reduziert wurden. Da die Banken diese Anordnung nur in einem längerfristigen Einschleifmechanismus umsetzen, um den Markt durch die zusätzliche Nachfrage nicht zu überfordern, ist mit einem längeren Wirken dieser Maßnahme zu rechnen. Die wachsenden Immobilientransaktionen haben bereits zu einem Anspringen der Baukonjunktur geführt. Und das hat sich auch schon auf die Preise für Baurohstoffe Holz, Zement, Stahl und Eisen durchgeschlagen. Dass es sich bei der Reduzierung der Anzahlungserfordernisse

dennoch nicht um einen nachhaltigen Konjunkturimpuls handeln kann, steht dennoch fest. Schließlich wird dabei nur eine zukünftige Nachfrage nach Immobilien vorverlegt. China steht auch weiterhin vor großen strukturellen Problemen, die sich aus der demografischen Entwicklung ergeben. Die Zahl der Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängt, ist rückläufig. Der mobilste Teil der chinesischen Bevölkerung, die 15bis 35-Jährigen, schrumpft bis 2023 gar um 60 Millionen. Außerdem bleibt mit der Zahl der unverkäuflichen – nur zu Spekulationszwecken errichteten – Immobilien und damit auch das Blasenrisiko auf dem Immobilienmarkt unverändert hoch.


Foto: Bank Austria

Bereit für den Wandel

Welche Auswirkungen hat die Neuausrichtung der Bank Austria auf die steirischen Kunden? Wird es auch hier Filialschließungen geben? Bernd Meister: „Die größte Herausforderung für alle Banken ist das deutlich veränderte Kundenverhalten. Immer weniger Kunden nutzen die Filiale für ihre Bankgeschäfte. Zwei Drittel unserer Kontokunden nutzen Online- oder Mobile-Banking. Bei der Bank Austria wird es deutlich größere, aber weniger Filialen geben, in denen ausgewiesene Expertinnen und Experten sich um unsere Kundinnen und Kunden kümmern. Die Filialen und der digitale Marktplatz mit Online-Shop und Online-Filiale werden zu gleichwertigen Beratungsund Verkaufsschienen, die sich perfekt ergänzen. Damit sollen mittelfristig die Dienstleistungs- und Beratungsangebote in den Filialen und auf dem digitalen Marktplatz 24 Stunden 7 Tage die Woche mit wesentlich höherer Kosteneffizienz als bisher verfügbar sein.

Helmut Birringer: In der Steiermark werden einige kleinere Filialen mit größeren Standorten zusammengelegt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in aller Regel am neuen Standort weiter für ihre Kundinnen und Kunden im Einsatz sein. Darüber werden wir aber zuerst alle betroffenen Personen informieren und Standortzusammenlegungen nicht über die Medien verlautbaren. Wir sehen uns als Vorreiter einer tiefgreifenden Veränderung der gesamten Branche, für die wir uns bereits jetzt fit machen. So waren wir auch die einzige österreichische Großbank, die die Finanzkrise ohne Staatshilfe bewältigt hat.

Ist derzeit für die Unternehmerkunden eigentlich eine gute Zeit für Investitionen – trotz verhaltener Konjunktur? Meister: Meiner Meinung nach ist es die beste Zeit überhaupt, denn die Zinsen für Kredite sind auf einem historischen Tiefstand – also so günstig wie nie – und es ist genügend

Foto: Furgler

Die Bank-Austria-Landesdirektoren Bernd Meister, Firmenkunden Steiermark, und Helmut Birringer, Private Banking Bundesländer Süd, im Interview über die Banken von morgen, veränderte Rahmenbedingungen, Investitionsbereitschaft von Unternehmen und Anlagestrategien.

Helmut Birringer (li.), Landesdirektor Private Banking Bundesländer Süd, und Bernd Meister, Landesdirektor Firmenkunden Liquidität vorhanden. Auch wenn derzeit die Investitionsbereitschaft der Unternehmer dennoch verhalten ist, konnten wir das Kreditvolumen bei Großunternehmen und KMU steigern. Welche Anlagestrategie empfehlen Sie Ihren Kundinnen und Kunden in Zeiten niedriger Zinsen und unruhiger Märkte? Birringer: „Im Bank Austria Private Banking sind wir überzeugt, dass ein nachhaltiger Anlageerfolg nur durch eine breite Diversifikation und ein aktives Management, also einem Über- bzw. Untergewichten bestimmter Assetklassen, das einer fundierten Expertenmarktmeinung folgt, erzielt werden kann. Im aktuellen volatilen Umfeld empfehlen wir, das Management

der Vermögen Expertinnen und Experten zu überlassen, die in Echtzeit über die nötigen Marktinformationen verfügen und dazu die Erfahrung sowie das Know-how haben, um rasch und flexibel in die gewinnbringendsten Bereiche umzuschichten. Daher bieten wir einerseits ein nach der persönlichen Risikoneigung gewichtetes Vermögensmanagement an, andererseits haben wir 2015 mit „UNIVERS“ ein Servicemodell für Kundinnen und Kunden eingeführt, die Investmententscheidungen gerne selbst treffen. Hier kann man durch einen transparenten Pauschalspesensatz in völliger Unabhängigkeit von Transaktionskostenüberlegungen Anlageentscheidungen treffen.“ FAZIT MAI 2016 /// 39


Kurz & News

140 neue „Stars of Styria“ in Graz Umgebung

Citypark lud zur Segway-Tour Citypark-Center-Manager Waldemar Zelinka lud zur Segway-Experience und -Entdeckungstour durch den umgebauten Citypark. Der Umbau hat im Jahr 2014 begonnen und bis Jahresende sind die groben Bauvorhaben abgeschlossen. Frei nach dem Motto „Handel ist Wandel“ richtet das Citypark-Management den Blick in die Zukunft, um die Nr.-1-Position unter den Shoppingcentern in Graz zu verteidigen. Besonders stolz ist man über den Panorama Platz, Zentrum der Gastronomie und Haupt-Veranstaltungsort im Center. Durch neu gestaltete Gastronomielokale, eine komplett neu angelegte Dachterrasse und den Brunnen in der Mitte wird ein Wohlfühlambiente der besonderen Art geschaffen.

Die Lehre steht bei steirischen Jugendlichen nach wie vor hoch im Kurs. 1.398 Lehrlinge haben im Jahr 2015 im Bezirk Graz-Umgebung eine Lehre absolviert, in 451 Betrieben wurden sie dabei ausgebildet. Nun wurden die besten Absolventinnen und Absolventen gemeinsam mit ihren Ausbildungsbetrieben als „Stars of Styria“ geehrt. Für WKO-Regionalobmann KR Michael Hohl ist dieser Anlass ein klares Zeichen, dass die duale Ausbildung trotz der derzeit schwierigen Situation hoch im Kurs steht. „Gerade in Zeiten, wo das Wachstum geringer ist, können wir nur mit exzellenten Mitarbeitern am Markt bestehen.“

„Tag gegen Lärm“ für Gehörschutz-Offensive

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Geburtstagsfest für eine Grazer Idee Seit 1993 ist der 22. März von der UN zum Weltwassertag erklärt. Aber schon 1986, also vor nunmehr 30 Jahren, wurde der „Tag des Wassers“ erfunden – und zwar von der Grazer Stadtwerke AG, die damit auf die Bedeutung des sorgsamen Umgangs mit dem kostbaren Nass hinwies. Gefeiert wurde das runde Jubiläum am Eisernen Tor und gemäß dem diesjährigen Motto „Wasser & Jobs“ standen die Lehrlinge im Haus Graz im Rampenlicht.

Hans Roth übergibt Papst Franziskusstatue

Der heilige Franziskus ist als Patron des Umweltschutzes auch Schutzheiliger des Verbandes Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB). VÖEB-Präsident und Saubermacher-AR-Vorsitzender Hans Roth hat Papst Franziskus kürzlich bei einer Audienz eine Statue des Bettelmönches überreicht. Auf Roths Initiative hat der Grazer Künstler Axel Staudinger eigens für VÖEB-Mitglieder eine Skulptur des Bettelmönchs geschaffen – zum Großteil aus den recycelbaren Materialien Bronze und Altmetall. Auch Kritik an der Konsumgesellschaft kommt in der Skulptur zum Ausdruck: Im Gewand des Heiligen hat sich Müll verfangen, doch er hält die Weltkugel weiterhin schützend in seinen Händen.

Fotos: Erwin Scheriau, Foto Fischer, Holding Graz / Stiger, Neuroth,

Lärm belastet – darauf macht der „Tag gegen Lärm“ am 27. April aufmerksam. Neben regelmäßigen Ruhepausen für die Ohren hilft vor allem ein individuell angepasster Gehörschutz. Um das Bewusstsein für Lärm weiter zu schärfen, startet das Unternehmen Neuroth eine Gehörschutz-Offensive: Mit dem Launch der Marke „Earwear“, die individuelle Gehörschutz-Lösungen für alle Lebensbereiche umfasst, sollen vor allem auch jüngere Leute erreicht werden. „Earwear verbindet erstmals gesundheitlichen Nutzen mit persönlichem Lifestyle. Wir wollen zeigen, dass Gehörschutz auch gut aussehen und ein modisches Accessoire sein kann“, sagt Thomas Perissutti, Vorstand von Neuroth.


Foto: Ragam

Kurz im Gespräch mit

Foto: Energie Steiermark

Elisabeth Meixner Amtsführende Präsidentin des Landesschulrates für Steiermark

Energie Steiermark legt Erfolgsbilanz vor: Vorstandssprecher Christian Purrer (re.) und Vorstandsdirektor Martin Graf

Energie Steiermark steigert Gewinn, Investitionen und Dividende

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er Versorger Energie Steiermark steigerte seinen operativen Gewinn für 2015 um fast 43 Prozent auf 88 Millionen Euro. An die Eigentümer, zu 75 Prozent das Land Steiermark, geht eine erhöhte Dividende von insgesamt 50 Mio. Euro. Rund 122 Mio. Euro Investition fließen für „grüne“ Erzeugung und Netzausbau. Die Preise wurden im vergangenen Jahr für Strom- und Erdgas-Kunden um 10 Prozent gesenkt, dennoch konnte der Gewinn (EBIT) des Unternehmens von 61,6 auf 88 Mio. Euro gesteigert werden, obwohl der Umsatz im selben Zeitraum um 18 Prozent auf 1.120 Mio. Euro zurückgegangen ist. Investitionen in „grünen Strom“ „Elf Millionen Euro verbleiben im Unternehmen, um Gestaltungs- und Investitionskraft unseres Flaggschiffs weiter zu stärken“, betont Eigentümervertreter LH-Stv. Michael Schickhofer. Die Energie Steiermark hat 2015 rund 122 Mio. Euro in grüne Erzeugung und sichere Netze investiert – der überwiegende Teil dieser Aufträge ging an heimische Unternehmen. „Die Maßnahmen zur Effizienzsteigerung

des Unternehmens haben voll gegriffen“, kommentiert Vorstandssprecher DI Christian Purrer, „die Analysten von Standard & Poor’s haben uns daher mit „A stable“ erneut die beste Bonität aller österreichischen Energieversorger bescheinigt.“

Innovation als Triebfeder „Mit dieser soliden Finanzbasis haben wir die erforderliche Substanz, um uns parallel zum Kerngeschäft voll dem Thema Innovation widmen zu können“, so Vorstandsdirektor DI (FH) Mag. (FH) Martin Graf, MBA. „Diese über Jahre erarbeitete positive Ausgangslage wollen wir im Sinne von Innovation und neuen Geschäftsmodellen konsequent nutzen.“ Daher ist eine starke Offensive für die Erschließung neuer Dienstleistungen und Produkte geplant, um die radikalen Veränderungen der Branche nutzen zu können. Im Fokus dabei stehen u. a. die Bereiche Energieeffizienz, „Smart Meter“, „Smart Grid“ und der Bereich E-Mobilität, der in den kommenden Jahren massiv ausgebaut werden soll.

Wählen durch den Trend zu den weiterführenden Schulen eher lernschwache Jugendliche den dualen Berufsausbildungsweg? Es gehen jene Jugendlichen in die duale Ausbildung, die sich dafür interessieren, und jene, die kein Interesse an einem weiteren Schulbesuch haben, sowie jene, die nach der Schulpflicht noch eine weiterführende Schule besucht haben, dort aber gescheitert sind. Die Heterogenität der genannten Gruppen zeigt, dass eine pauschale Zuschreibung, dass eher lernschwache Jugendliche die duale Ausbildung wählen, nicht zutreffend ist. Da es zurzeit mehr Lehrstellen als Lehrstellensuchende gibt, wählen die talentierteren Jugendlichen Lehrstellen, die mehr Perspektive bieten, also eher in Großbetrieben und der Industrie. Was kann gegen oft beklagte Mängel der Lehrlinge in Kernkompetenzen wie Deutsch und Rechnen unternommen werden? Zu den Ursachen der Mängel kann und will ich mich nicht äußern. Wir nehmen solche Vorwürfe jedoch ernst. Derzeit wird in überbetrieblichen Einrichtungen versucht, Defizite in Lesen, Schreiben und Rechnen zu beheben und die Jugendlichen arbeitsmarktfähig zu machen. Sollte die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr kommen, dann wird es u. a. Maßnahmen geben müssen, die diese Defizite beheben. Was können Schulen für die Integration von Migranten in das Berufsleben leisten? Die Berufsschulen können zurzeit keinen Beitrag zum Berufseinstieg für Migranten leisten, da nur Lehrlinge oder Jugendliche in überbetrieblichen Einrichtungen die Berufsschule besuchen dürfen.

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Die Fassade der Oper Graz verwandelt sich in eine überdimensionale Leinwand, bespielt von den Film- und Projektionskünstlern OchoReSotto.

Klanglicht-Installationen kehren Kunst nach außen Der öffentliche Raum wird zum Auftakt des Designmonats Graz auch heuer wieder zur spektakulären Bühne. Am Abend des 30. April, mit Einsetzen der Dunkelheit, werden die Fassaden der Häuser der Bühnen Graz in der Mega-Kunstaktion „Klanglicht“ erstrahlen und erklingen.

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ach dem großen Erfolg des Vorjahres geht die Performance in die Neuauflage. Hinter der alle Sinne ansprechenden Licht- und Klanginstallation steht nicht zuletzt ein enormer technischer Aufwand. Mithilfe zahlreicher Großprojektoren, Beamer, LEDs und Soundanlagen werden aufregende Licht- und Klangspiele den Fassaden von Oper, Schauspielhaus und Next Liberty für eine Nacht lang ein neues Gesicht verleihen, diese damit ein Eigenleben über ihre hergebrachte Funktion als bloße „Gebäude“ für die gewöhnlich in den Innenräumen stattfindenden Inszenierungen hinaus gewinnen. Heimische und internationale Künstler und Künstlerinnen wurden auch in diesem Jahr eingeladen, im Rahmen von „Klanglicht 2016“ ihre kreativen klanglichen und visuellen Ideen umsetzen. 42 /// FAZIT MAI 2016

Kunst erobert öffentlichen Raum Kulturlandesrat Christian Buchmann begrüßt diesen künstlerischen Impuls für den urbanen Bereich: „Mit dem Projekt Klanglicht kehren die Bühnen Graz ihr Inneres nach außen und gehen aktiv auf das Publikum zu. Das ist im 21. Jahrhundert ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Vermittlung von Kunst und Kultur!“ Tourismus-Graz-Chef Dieter Hardt-Stremayr ergänzt: „Das Medium ‚Licht‘ ist dafür ein großartiges Thema und wir sind sicher, dass sowohl Einheimische als auch Besucher diesen Abend in Graz genießen werden!“ Auch seitens des die dafür nötige Kraftquelle liefernden Mitveranstalters Energie Steiermark ist man voll Enthusiasmus dabei, betont Vorstandssprecher Christian Purrer: „Kreativität und die neue Welt der Energie sind untrennbar

miteinander verbunden, kommen ohne einander nicht aus. Klanglicht Graz ist ein wunderbares Beispiel dafür. Weil wir an das Kraftwerk Kunst glauben, sind wir gerne als Partner mit dabei.“

Ballett-Federn im Wind Das mit seiner Klang- und Lichtinstallation „Njörd – Spirit of the Wind“ ausgezeichnete französische Künstlerkollektiv „WeComeInPeace“ war beim Lichtfestival Lyon 2014 vertreten und wird den Freiheitsplatz (1) bespielen. Die Lichtinstallation besteht aus 21 leuchtenden Monolithen, in denen Federn zu eigens komponierten Klängen ein Luftballett tanzen. Njörd ist ein Tribut an den skandinavischen Geist des Windes, die Installation selbst, in kühlem, nordischem Design, zeichnet einen Raum zwischen Mythologie und Moder-


Fotos: Joachim Bacher, Gaetan Clement, Delio Nijmeijer

„Njörd – Spirit of the Wind“ lässt am Freiheitsplatz Federn zu eigens komponierten Klängen Luftballett tanzen.

ne. Unter dem Strich ist das Unterfangen vor allem eine technische Herausforderung, die darin besteht, Klang, Licht, die Bewegung des Windes und der Elemente zu einer Einheit zu bringen. Eine Toncollage des Schauspielhauses, eingesprochen von den Künstlern und Künstlerinnen des Hauses und produziert von Matthias Grübel, Theatermusiker und Sounddesigner, der auch die Musik zu „Merlin oder Das wüste Land“ im Herbst 2015 gestaltete, bilden den Rahmen für Njörd. Puppenzauber am Kaiser-Josef-Platz Wie auch schon bei der Vorjahresveranstaltung sind die bekannten Grazer Filmund Projektionskünstler OchoReSotto – Volker Sernetz, Stefan Sobotka-Grünewald und Lia Rädler – für die „Neugestaltung“ des Opernhauses auf Seiten des Kaiser-Josef-Platzes (2) zuständig. Ihr „Arkestra of Light“ wird die Fassade mit der Installation „Enternal Sea of Darkness“, begleitet durch einen Live-Auftritt der Jazzgröße David Jarh, in ein Seh- und Hörerlebnis verwandeln. Zusätzlich wird Dundu, eine überlebensgroße mechanische und beleuchtete Figur der Puppenspieler Tobias Husemann und Fabian Seewald, seinen Zauber ausüben und für eine einzigartige Atmosphäre auf dem Platz sorgen, indem sie dem Figurenspiel völlig neue Dimensionen verleihen.

Dundu, die riesenhafte beleuchtete Puppe, zieht Alt und Jung in seinen Bann.

Grazer Lichtschwert für Sieg der Freiheit Die Komponistin, Klangkünstlerin und Performerin Tamara Friebel widmet sich im Rahmen von „Klanglicht“ dem Lichtschwert von Hartmut Skerbisch, das 1992 im Auftrag des „steirischen herbst“ errichtet wurde und dem Kinder- und Jugendtheater Next Liberty (3) zu seinem Namen verholfen hat. In ihrer Arbeit „I, Libertas, hold you, little earth …“ macht sich Tamara Friebel auf die Suche nach neuen Blickrichtungen auf das Lichtschwert und lässt die Skulptur mit Mitteln des Klangs und des Lichts in drei Akten unterschiedliche Perspektiven auf einer Reise einnehmen,

an deren Ende der Sieg der Freiheit steht. Tamara Friebel ist gebürtige Australierin, die in Wien Architektur bei Zaha Hadid an der Universität für angewandte Kunst und Komposition u. a. bei Chaya Czernowin, Karlheinz Essl (elektroakustische Komposition) und Detlev Müller-Siemens an der Universität für Musik studierte. Die Kunstaktion „Klanglicht“ bildet einen Teil der Eröffnung des Designmonat Graz; der Eintritt zu allen Schauplätzen (siehe Plan) ist frei. Sa, 30. April 2016: Come together ab 19.00 Uhr; Performances von 21.00 bis 23.00 Uhr; „Arkestra of Light“ am Kaiser-Josef-Platz um 21.10 und 22.30 Uhr.

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Nähere Informationen zu Programmpunkten sowie einzelnen Künstlern und Künstlerinnen finden Sie im Internet unter klanglicht.at sowie auf Facebook und Instagram.

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Zur Lage #71 Über das Ende der Satire, kaum etwas über die Wahl zum nächsten Bundespräsidenten. Einige Betrachtungen über Papiere aus Panama. Sowie über die Moral der Deutschen Bank.

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as wird nicht einfach. Ich kann mich ja selber kaum mehr lesen, wenn ich Ihnen jetzt zum wiederholten Male schreibe, wie schwer ich mir tu, einen halblustigen Text zu verfassen, der mir am Montag nach der Drucklegung wenigstens ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubert. Nur, rings um mich, so viel Ödnis, etwa die im Fernsehen. In den Sechzigern, wir erinnern uns, da waren es noch Künstler, sie haben es zumindest verstanden, so zu tun, als ob sie Künstler gewesen wären – die Kunst ist ja frei! –, die da auf die Katheder der Universitäten ihren ureigenen Kot haben fallen lassen. Aber heute? Heute lassen die Gurus des Dilettantismus den ihren am Bildschirm aus dem Mund fallen, verkleiden ihn als Gedicht, das man nicht vortragen darf und werden von der Kleingeisteswelt als Satiregenies und Großintellektuelle gefeiert. Was soll ich da noch beitragen? Oder über den Bundespräsidentschaftswahlkampf was zu erwähnen, erscheint unter dem Aspekt, dass wenn Sie das lesen, der erste Wahlgang entschieden sein wird, recht mau. Zudem brauchen Sie sich ja nur »Being President« (die Wahlberichterstattung des ORF wird dort so bezeichnet) anschauen und können so dabei sein, wie sich da die Kandidaten freiwillig und ohne Not zum Affen machen lassen. Über den Ex-Landesrat Herbert Paierl oder auch

Selbst in Nordkarolina wird es ja keine Geburtsurkundenkontrolle für einen Häuslbesuch geben.

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Von Christian Klepej andere sehr wichtige Steckenpferdkommentatoren des allgemeinen Geschehens könnte ich jetzt gemeinsam mit Ihnen noch ein bisschen nachdenken, aber das zahlt sich nicht aus, das würde nie für einen Einzug in ein Witzfinale reichen. Wenigstens die grüne Schurkenstaatlerin Eva Glawischnig – sie sagt »Schurkenstaat«, mir würde diese humoristische Glanzleistung ja nicht einfallen! – hat mit einer Parlamentssitzung dazu beigetragen, dass wir hier doch noch ein Thema haben: Panama! Das ist was. »Mossack Fonseca«, diese Anwaltskanzlei an diesem unterentwickelten und den segensreichen Errungenschaften der westlichen Welt wenig zugetanen Finanzplatz. Versuchen wir das Ganze ein bisschen ernsthaft zu betrachten. Da mir das hier nicht möglich ist, erinnere ich dazu an die von der Tageszeitung »Wirtschaftsblatt« dankenswerterweise ins Netz gestellte Fotostrecke »Diese Prominenten tauchen in den Panama-Papieren auf«, die die ganze Affäre anschaulich zusammenfasst. Das Wirtschaftsblatt hat übrigens – mit vielen anderen deutschmedialen Pappendeckeln – von »Panama-Papers« geschrieben, was einen Bindestrich zuviel und eine Übersetzung zuwenig darstellt. Aber so ist unsere Zeit. In dieser Fotostrecke sind dann viele für uns hier unbedeutende Menschen zu sehen, die alle irgendeine Firma in Panama haben sollen. Und – das halte ich für eine journalistische Glanzleistung vollumfassender Berichterstattung – der russische Präsident Putin, der spanische König, die (Achtung! Triggerwarnung! Es folgt der Name einer rechtspopulistischen Politikerin!) FN-Chefin Marine Le Pen, der britische Premier David Cameron sowie der ehemalige Uno-Generalsekretär Kofi Annan. Die kommen zwar alle nicht (!) in den Panama-Papieren vor, wohl aber Bekannte und Verwandte von ihnen. Ob da das unabhängige Presseratskollektiv schon ein Rastergesetz verordnet hat, bis in welches Glied die Verwandschaft für eine Verurteilung, pardon, Abbildung reichen muss, ist mir nicht bekannt. Und, genau, der saudische König Salman bin Abdulaziz kommt auch vor. Hat offenbar etwas Geld in Panama angelegt, für das er sich daheim nichts an Steuern einbehalten will.

Apropos Saudiarabien. Wann immer mir in diesen Tagen das schöne Saudiarabien einfällt, muss ich an die »Deutsche Bank« denken. Dieses Unternehmen hat nämlich gerade den Ausbau seines Büros in Nordkarolina, es sollte ein neues Technologiezentrum mit 900 Arbeitsplätzen geschaffen werden, gestoppt. Grund ist offenbar ein Gesetz in diesem US-Bundesstaat, das besagt, ein Herr müsse auf eine Herrentoilette gehen und eine Dame auf eine solche für Damen. Ja, das ist für sich schon schlimm genug, es kommt aber noch dreister, denn Transgenderpersonen müssen auf die Toilette ihres Geburtsgeschlechts gehen. Ich kenn mich da nicht so aus, aber ich möchte mir vorstellen, wenn jemand als Mann geboren ist und sich zu einer Frau etwa umwandeln hat lassen, dann sollte er ja eine Frau sein. Und damit auf die Damentoilette gehen können. Selbst in Nordkarolina wird es ja keine Geburtsurkundenkontrolle für einen Häuslbesuch geben. Und falls halt jemand weder Mann noch Frau ist, und einem der 58, 68 weiteren Facebookgeschlechter angehört, naja, da hab ich als Pragmatiker durchaus Verständnis für die dortige Regierung. 58, 68 zusätzliche Toiletten in jedem (zumindest öffentlichen) Gebäude einzubauen, das dauert seine Zeit, das kostet ein bisschen was. Die Deutsche Bank ist mir moralischem Laien da aber eindeutig überlegen, die sagt konsequent »Njet. Nicht mit uns! Diskriminieren ist nicht unser Ding.« Also kein neues Zentrum. In Panama-Stadt hat die Deutsche Bank keine Niederlassung. Dafür zwei in Riad, Saudiarabien. Offensichtlich darf man in Riad auf das Häusl gehen, auf das man gehen will. Wenn man ein Mann ist. Weil Frauen dürfen ja nicht autofahren oder irgendwo hin, ohne, dass es ihnen ein Mann erlaubt. Und die 58, 68 anderen Geschlechter sollen in Riad relativ überschaubare Lobbyorganisationen und Interessensvereinigungen haben. In Sachen Kloethik ist Riad also augenscheinlich – zumindest für die Deutsche Bank – besser aufgestellt, als die Bibelgürtelbauern da in Nordamerika. Außerdem, wir erinnern uns kurz an die wunderbare Ex-Justizministerin, können wir sowieso beruhigt sein: Ausgepeitscht wird in Saudiarabien ja nicht an jedem Freitag! n


Essay von Manfred Prisching

Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (I) ie »neue Völkerwanderung« ist für die Bewohnerinnen und Bewohner der europäischen Länder eine ungewohnte Situation, und so ist es nicht überraschend, dass die Einschätzung der Verhältnisse, in denen sie sich befinden oder zu befinden glauben, schwankt; dass sich die Einschätzungen sozialer Gruppen durch Nichtinformation, Verängstigung, Anbiederei oder Strategie manchmal auf die eine oder andere Seite »verirren«; dass von Seiten der Politik (die sich in einem komplizierten europäischen Mehrebenensystem befindet) mit unterschiedlichen Instrumenten experimentiert wird; dass auf allen Seiten auch Missgriffe geschehen und Unverständnis, Böswilligkeit, Angst und Besserwisserei obwalten. Ein Problem, das mit Anstand und Realismus (beides in ausgewogener Weise) behandelt werden müsste, wächst sich – durch Verschleppung, durch Interessengegensätze, durch Kleingeistigkeit, durch Ungeschick und Managementinkompetenz, aber auch durch die Komplexität der Sache selbst – zu einer Krise nationaler und europäischer Politik aus. Deshalb ist gleich vorneweg zu relativieren: Das 20. Jahrhundert hat ungeheure Katastrophen erlebt. In den Sechziger- und Siebzigerjahren gab es bereits Terroranschläge in den deutschsprachigen Ländern; in den Siebzigerjahren folgten eine Wirtschafts- und eine Ökologiekrise, die manche an der weiteren Stabilität des Wirtschaftssystems zweifeln ließen; weltweit sind wir ein paar Mal knapp an einem Atomkrieg vorbeigeschlittert; es gab nicht nur die kommunistischen Militärinterventionen im Ostblock in den Sechzigerjahren, sondern auch einige beängstigende Situationen, bevor 1989 ff. das bolschewistische Imperium zusammengebrochen ist; und dann folgte der Balkankrieg, der erste echte Krieg nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa – das soll nur heißen: Erstens ist die derzeitige Dimension der Flüchtlingskrise für eine starke Institution wie die EU noch lange keine existenzbedrohende Krise, wenn sie nicht durch politisches Spiel und Ungeschick zu einer solchen gemacht wird; zweitens sind die Vorhersagekapazitäten begrenzt, und manches kann anders kommen, als man denkt; und drittens macht sich jeder, der sich in dieser Krise ängstigt, keine Vorstellung davon, wie turbulent sich die europäischen Gesellschaften in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden – denn die aktuelle Situation ist eher als komfortabel zu bezeichnen im Vergleich zu erwartbaren Entwicklungen. In der folgenden Skizze wird besonderes Augenmerk gelegt werden auf die Wahrnehmungen und Interpretationen der europäischen Migrationssituation. 1. Migrationsumkehr Weltweit gibt es mehr als 200 Millionen Migranten, also Menschen, die in einem anderen Land leben als jenem, in dem sie geboren wurden. Das sind allerdings nur etwa drei Prozent der Weltbevölkerung, insofern ist nicht die Migration, sondern der geringe Umfang der Migration bemerkenswert – viele Menschen bleiben in ihrer Heimat, auch wenn sie von Elend und Gewalt bedroht sind. Schätzungen der UNO zufolge waren 2013/2014 mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Das jährliche Migrationsvolumen wird auf mindestens zwölf Millionen Menschen geschätzt, etwa sieben bis acht Millionen wandern in die entwickelten Industrieländer zu. Von den restlichen vier bis fünf Millionen nehmen die Schwellenländer einen großen Teil auf. Zu den größten Emigrationsländern gehören derzeit Syrien, Afghanistan, Somalia, der Sudan, der Südsudan und der Kongo. Europa erlebt in diesen Jahren eine Migrationsumkehr. Bis in das 20. Jahrhundert bedeutete »Migration«: Auszug aus Europa in die ganze Welt. Europäer haben die Welt besiedelt: heraus aus der europäischen Armut, den Hungersnöten, der säkularen und religiösen Unterdrückung. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert stieg die Anzahl der Auswanderer aus der alten Welt auf etwa 60 Millionen, die meisten davon gingen nach Amerika. (Schon vorher hatte es die größte »unfreiwillige Wanderung« der Geschichte gegeben: etwa zwölf Millionen Afrikaner nach Amerika. [1]) Man suchte das bessere Leben auf anderen Kontinenten. Von diesem Enthusiasmus des »ganz anderen Landes«, des Neubeginns und der unbegrenzten Chancen zehrt etwa der »American Dream« bis heute. [2] Freilich ging damals die

Wenn es ein politisches Problem gibt, das auf europäischer und nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst werden muss, dann ist es das Migrationsproblem.

Foto: Archiv

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Mag. Dr. Manfred Prisching ist Universitätsprofessor und Autor. Er studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. 1985 wurde er habilitiert und ist als Dozent und seit 1994 als Professor an der Karl-Franzens-Universität tätig. 1997-2001 war er wissenschaftlicher Leiter der steirischen Fachhochschulen. Prisching ist korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Herausgeber der Reihe »Sozialethik«. manfred-prisching.com FAZIT MAI 2016 /// 45


Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil I)

Wenn in den letzten Jahren eher leichthin davon gesprochen wurde, dass die europäischen Staaten längst »Einwanderungsländer« geworden sind, hat man sich wenig Vorstellung davon gemacht, was das bedeutet, und erst die jüngste Flüchtlingswelle mit ihren dramatischen Inszenierungen an den Grenzen hat über die dürre Statistik hinaus das Problem ins Bewusstsein gehoben.

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Migration in »ungestaltete Räume« (auch wenn sie de facto nicht unbesiedelt waren), man konnte tatsächlich die neue, eigene, im Vergleich zu Europa »bessere Gesellschaft« schaffen; heute geht die Migration in »durchgestaltete Räume«, in denen mehr Anpassung als Gestaltung zu gewärtigen ist. Nunmehr gibt es Massenmigration in umgekehrter Richtung: »Alle« wollen nach Europa oder in die USA, jedenfalls Menschen aus vielen Teilen der Welt. Man sucht das bessere Leben in Europa. Das ist eine neue Erfahrung für die europäische Halbinsel, und die Ungewöhnlichkeit der Situation wird dadurch verstärkt, dass erst in den letzten zwei Jahrhunderten jene europäischen Nationalstaaten geschmiedet worden sind, die jeweils innerhalb ihrer Grenzen ein hohes Maß an Homogenisierung der Völker geschaffen haben. Dies hieß: Einigkeit, Gleichheit, Gemeinschaftlichkeit, Solidarität nach innen; und einen Schnitt, eine Kluft, eine »Andersheit«, Barrieren und Grenzen nach außen. Doch das kaum erst entstandene Wir-Gefühl der Völker wird gleich wieder strapaziert – denn plötzlich sind nicht nur »Wir« zugegen. In Österreich haben etwa 20 % der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. 2014 waren dies etwa 1,7 Millionen Personen. Von diesen waren 1,25 Millionen im Ausland geboren, weitere 460.000 sind durch Migrantinnen in Österreich geboren worden (»zweite Generation«). Etwa 40 % kamen aus einem anderen EU-Land, etwa 30 % aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens außerhalb der EU, 15 % hatten einen türkischen Hintergrund. Im Jahr 2014 – also noch vor der aktuellen Flüchtlingswelle – gab es in Österreich rund 170.000 Einwanderer, etwa 98.000 Personen haben das Land verlassen, daraus ergibt sich eine Netto-Zuwanderung von etwas mehr als 70.000 Personen. (Das wurde allerdings viel weniger zur Kenntnis genommen als die Zuwanderer des Jahres 2015.) Es ist nicht nur ein »Dosierungsproblem« (die größte Fremdenfeindlichkeit besteht dort, wo die wenigsten Fremden zugegen sind), sondern auch ein Dosierungsproblem, das die Wahrnehmungen und Erfahrungen prägt. Wenn in den letzten Jahren eher leichthin davon gesprochen wurde, dass die europäischen Staaten längst »Einwanderungsländer« geworden sind, hat man sich wenig Vorstellung davon gemacht, was das bedeutet, und erst die jüngste Flüchtlingswelle mit ihren dramatischen Inszenierungen an den Grenzen hat über die dürre Statistik hinaus das Problem ins Bewusstsein gehoben. Die Statistik Austria hat als Saldo der Zuwanderung nach Österreich in den Jahren 2006 bis 2011 etwa 30.000 pro Jahr verzeichnet, in den letzten Jahren handelte es sich hier um eine Größenordnung von 50.000 bis 70.000, und nach der Prognose, die schon vor den Ereignissen des letzten Jahres erstellt wurde, sollte dieses Zuwanderungsniveau in den nächsten Jahren langsam abnehmen, bis auf ein permanentes Niveau von etwa netto 30.000 – wobei diese Größenordnung natürlich nicht mehr als eine Annahme darstellt. Das bedeutet insgesamt in der Periode 2014 bis 2030 netto 670.000 Personen, in der Periode 2014 bis 2060 etwa 1,5 Millionen. Die Gesamtbevölkerung sollte dabei nur leicht zunehmen, weil die einheimische Bevölkerung schrumpft. Bei einer entsprechenden Wirtschaftsentwicklung und einer gelingenden Arbeitsmarktintegration sollte weiters unter diesen Verhältnissen die Gesamtzahl der Erwerbspersonen konstant bleiben oder leicht zunehmen. Derzeit sind dies etwa 4,15 Millionen Erwerbspersonen, 2050 sollten es etwa 4,25 sein, davon eine gute Million aus dem Einwanderungspotenzial. Das wiederum sollte die Steuerkraft (auch für die Sozialversicherung) aufrechterhalten. Aber niemand weiß, ob die günstigen Annahmen realen Gehalt haben werden. 2. Entwicklungsverkettungen In den entwickelten europäischen Ländern greifen Veränderungsprozesse um sich, die nicht viel miteinander zu tun haben. a) Es entwickelt sich die moderne Welt zu einer spätmodernen Welt mit Ambivalenzen und Inkonsistenzen, mit Desorientierung und Verunsicherung, auch auf dem Arbeitsmarkt und im Privatleben. In einer gesicherten Welt wird das Leben plötzlich riskant und weniger berechenbar. b)Es gibt eine Reihe von gewaltsamen Ereignissen rund um Europa, deren zukünftige Entwicklung unabsehbar ist, von der nordafrikanischen Revolution über den neuen Russlandkonflikt bis zum Desaster im Nahen Osten, und das erzeugt Sorgen. c) Der Machtanspruch islamischer Fundamentalisten irritiert, weil die säkularisierten Europäer mit sonderbaren religiösen Vorstellungen nicht mehr umzugehen wissen. d) Die islamische Gewaltinszenierung schockiert, weil sich Europa – in nachwirkender Schuld – einem pazifistischen Weltbild ergeben hat. Nach dem Stand der Dinge wird Europa wieder lernen müssen, dass sich die internationale Szene weder durch Wohlfühlklima noch durch Interessenrationalität auszeichnet, sondern dass auch mit schwer überschaubaren Eigendynamiken zu rechnen ist. Die Bewegungsmöglichkeiten sind allerdings begrenzt: »Wer keine Zähne hat, sollte nicht versuchen, sie zu zeigen.« [3] e) Der Terror wird in die europäischen Länder getragen, und man muss sich auf solche ge-


Essay von Manfred Prisching waltsamen Ereignisse auf längere Sicht einstellen – nicht einmal die ausgefeilteste »Kontrollgesellschaft« wird diese Gefahr beseitigen können. f) Die geopolitische Situation ändert sich, man kann sich in Europa nicht mehr auf den unbedingten Schutz der USA verlassen. Das alles wird zumindest als irritierend empfunden, und manche finden zu raschen Erklärungen für das Unbehagen: In den Siebzigern war es der »Spätkapitalismus«, der für alle unerfreulichen Phänomene zuständig sein sollte. In den Neunzigern machte man die »Globalisierung« dafür verantwortlich. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends waren es die Banken, die Investoren, die Finanzkapitalisten, die Rating-Agenturen, die in unterschiedlichen Mischungen als »Missetäter« namhaft gemacht wurden. Unverantwortliche Staaten (wie Griechenland) haben eine Zeitlang den Schuldigen abgegeben. Migranten eignen sich als neue Sündenböcke. Denn die Vorstellung, dass alle beängstigenden Phänomene aus einer ungesteuerten und nicht steuerbaren Dynamik resultieren, ist schwer nachzuvollziehen, und das öffentliche Bewusstsein ist eher darauf ausgerichtet, dass irgendjemand »schuld« sein muss, wenn die Dinge schlecht laufen. Auch ein Unbehagen, das aus ganz anderen Quellen gespeist wird, projiziert sich dann auf ein auffälliges Phänomen wie die Migration.

3. Tribalistische Bilder Migration wird wahrgenommen vor dem Hintergrund eines normativen Leitbildes des Nationalstaates. Dieser ist ein praktisches Ordnungsmodell für ein territorial aufgefächertes politisches Arrangement, mit dem auch der Anspruch normativer Integration und Identität verbunden wird. Dieses »Zugehörigkeitsmodell« erklärt auch, warum es, gemessen an der Größe von Bevölkerungen in tristen Verhältnissen, recht wenig Migration gibt: Es ist nicht leicht, sich aus der »Heimat« zu lösen. Der Drang zu »Gefühlsgemeinschaften« ist stark, und in vielen Ländern der Welt sind es (was wir allzu leicht übersehen) starke tribalistische Strukturen, die das politische Gefüge ausmachen [4] – letzten Endes kann man aber auch den Nationalismus als eine groß geratene Form von Tribalismus ansehen. Tribalistische Gefühle (und Inszenierungen) werden auch innerhalb von Nationalstaaten sichtbar, wenn es beispielsweise um eine Fußballweltmeisterschaft geht. (Überhaupt wird in europäischen Ländern ein diskreditierter Nationalismus – der als solcher nicht allzu penetrant zelebriert werden darf (außer in Frankreich) – vor allem bei sportlichen Events ausgetragen; man kann dies als Verstärkung oder als Kompensation solcher Gefühle betrachten.) National-tribalistische Gefühle sind nicht immer mit dem Glauben an eine Volks- und Blutgemeinschaft verbunden, obwohl diese in manchen Gemeinschafts- und Authentizitätsforderungen verborgen ist, sehr häufig aber werden diese Gefühle auf Führerfiguren projiziert, die einerseits das »Wesen« des Volkes zu verkörpern vermögen, die andererseits die Komplexität der modernen Welt dementieren, indem sie die einfachen Lösungen versprechen: das Durchschlagen des gordischen Knotens. Auch die Analyse der Sprache von Kritikern einer aktuellen Migrationspolitik verrät gewisse Anklänge an den Wunsch, dass es Zeit für ein »kräftiges Zupacken« wäre: »aufräumen«, »Hausaufgaben machen«, »Entschiedenheit«, »Herr im Haus«, »Widerstand« ... Nationale Gefühle werden jedenfalls nicht automatisch in der europäischen Einheit eingeschmolzen, wie es zuweilen vorhergesagt oder gewünscht wurde. Der Soziologe Karl Otto Hondrich hat vor einigen Jahren geschrieben: »Das Reden gegen oder für Nationalismus bewirkt gar nichts. Nationale Gefühle schwinden, sofern Vor- und Nachteile, Probleme und Problemlösungen nicht mehr im nationalen Rahmen entstehen, wahrgenommen und umstritten werden. Das wäre der Fall, wenn alles nur einheitlich ‚europäisch‘ (oder ‚weltbürgerlich‘) diskutiert und geregelt würde. Dann würden nationale Gefühle durch europäische ersetzt. So ist es aber nicht. Gerade im Versuch, eine gemeinsame europäische Linie zu finden, werden nationale Institutionen und Traditionen oft erst bewusst und mit Zähnen und Klauen verteidigt oder vorangetrieben. […] Nationale Gefühle werden durch internationale nicht außer Kraft gesetzt, sondern wachsen und kräftigen sich an ihnen.« [5] Mehr Europa heißt nicht automatisch weniger Nation. Im Idealfall bedeutet innere Homogenität in einem Nationalstaat: eine Volkswirtschaft, ein politisches Gebilde mit Souveränität und (vorzugsweise) Demokratie, ein Volk (eine Sprache, eine Kultur, ein Schicksal). In reiner Form sind solche Gebilde natürlich fast nirgends verwirklicht, aber es war diese Idee, die aus fragmentierten territorialen Flecken soziale »Einheiten« geformt hat. Es war meist das Schulsystem, das den Leuten beigebracht hat, dass sie in einem »Schicksalsraum« leben – und der eine oder andere (nicht so seltene) Krieg zwischen den europäischen Ländern hat noch jeweils das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Denn der ausgeprägte Nationalismus setzt die Nation als »höchsten Wert« und als »letzte Instanz« der Sinnstiftung, sie bekommt in diesem Sinne gewissermaßen religiöse Qualität. [6] – Äußere Heterogenität meint: Die Völker sind ganz verschieden. Das konnte mit Ablehnung und Abwertung der ande-

Nationale Gefühle werden jedenfalls nicht automatisch in der europäischen Einheit eingeschmolzen, wie es zuweilen vorhergesagt oder gewünscht wurde.

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil I)

Durch Globalisierung und Europäisierung werden die nationalstaatlichen Gemeinschaften, kaum dass sie sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt haben, in der Realität wieder aufgelöst, auch wenn die politischen und rechtlichen Verhältnisse vorderhand mehr oder weniger bestehen bleiben.

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ren einhergehen, wenn man die Andersartigkeit mit Rasseaspekten oder Entwicklungsaspekten verbunden hat – dann waren andere Länder »rückständig« oder »entwicklungsunfähig«. Aber die Feststellung einer solchen Unterschiedlichkeit konnte auch (besonders seit der romantischen Epoche und hinein in kulturrelativistische Strömungen) mit Respekt, Achtung und Wertschätzung der Differenzen des jeweiligen unvergleichlichen »Wesens« einer politischen Entität verbunden sein. [7] Die anderen sind anders, und das ist gut so. »Fremdverstehen« wird zu einer beidseitigen Aufgabe. [8] Die klassische (politische) Souveränität eines Staates beruhte auf der Kontrolle seiner Grenzen (im Hinblick auf Personen, Kapitalien und Güter). Dieses klassische Staatsmodell wird in Kommentaren angesprochen, wenn über »Zäune«, »Barrieren« und »Quoten« diskutiert wird: Wer seine Grenze nicht kontrollieren kann, ist nicht souverän. Es wird dabei übersehen, dass dieses Modell in Europa bewusst außer Kraft gesetzt wurde: Es gibt keine »souveränen« Staaten in Europa. Es gibt direkte Gesetzgebung aus Brüssel. Es gibt keine selbstständige Verfügung über den Fluss von Gütern oder Menschen. Es gibt die »Aufhebung aller Grenzen« im »Binnenraum«. Um nationalstaatliche Maßnahmen einer nicht mehr vorgesehenen Grenzkontrolle zu verteidigen, muss man anders argumentieren: dass etwa das Kollektivsystem der Regulierung und der Kontrolle von Außengrenzen nicht funktioniert; dass man in »Ausnahmesituationen«, in denen europäisches Management ausbleibt, anders handeln muss; und dass der Regelbruch anderer Akteure den eigenen Regelbruch erzwingt. Rechtliche Regeln, gerade wenn es sich um »weiche« menschenrechtliche und völkerrechtliche Prinzipien handelt, sind nicht so unsinnig, dass sie in jeder Situation nach dem Wortlaut befolgt werden müssen, auch wenn dies in die Selbstzerstörung führt. Auch wenn aber der klassische Souveränitätsbegriff nicht mehr anwendbar sein mag, sind die Nationalstaaten gleichwohl »lebendige Einheiten«: Es gibt sie, und sie sind handlungswirksam. Sie sind als »Gebilde« (mit modifizierter Souveränität) auch im Wir-Bewusstsein der Gruppen gegenwärtig, In der Epoche der Nationalstaaten haben sich »imagined communities« [9] herausgebildet – und auch wenn Identität und Schicksalsgemeinschaft imaginiert sein mögen, so ist doch diese Imagination genauso wirksam, wie wenn alle ihre Elemente historisch richtig wären, und nicht durch einen Vertrag zu beseitigen. Wenn eine Situation als real definiert wird, dann ist sie bekanntlich auch real. Erst durch den modernen Nationalstaat (und die Nationalgesellschaft mit ihrer Inklusions-/ Exklusionsproblematik) wird nun aber die Mobilität zwischen den Gesellschaften zu einem regulierungsbedürftigen Problem – es wird nicht mehr selbstverständlich sein, dass man sich überallhin verfügen kann, vielmehr werden Grenzkontrollen eingeführt, zu einem Zeitpunkt, als diese Gesellschaften sich als »liberale« zu verstehen beginnen. Zur gleichen Zeit werden die »Völker« überhaupt erst wichtig, denn mit der Verbreitung des demokratischen Gedankens und (Schritt für Schritt) demokratischen Institutionen werden sie zu einem »Willenssubjekt«, zu einem »Wesen«, das über sein eigenes Schicksal zu befinden hat, und für diesen Zweck ist es wichtig zu wissen, wer zu jenen gehört, die entscheiden dürfen. (Deshalb ist es leichtsinnig, die Nationalstaaten allzu rasch für obsolet zu erklären, solange jedenfalls nicht ersichtlich ist, wie demokratische Äquivalente auf europäischer Ebene funktionieren könnten – einschließlich der »Beobachtbarkeit« einer Brüsseler Regierung, über alle Sprachgrenzen hinweg, im Sinne einer »demokratischen Öffentlichkeit«. [10])

4. Erosionsprozesse Durch Globalisierung und Europäisierung [11] werden die nationalstaatlichen Gemeinschaften, kaum dass sie sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt haben, in der Realität wieder aufgelöst, auch wenn die politischen und rechtlichen Verhältnisse vorderhand (mehr oder weniger) bestehen bleiben; aber von Autonomie und Unabhängigkeit, die mit der Idee der Souveränität immer verbunden gewesen sind, kann realpolitisch ohnehin keine Rede sein, und auch die »rechtliche Verdichtung« (auf der Welt und in Europa) eliminiert zusehends die klassische Beschreibung eines souveränen Staates. Auch wenn der Großteil der Bevölkerung Europas diese Schritte nicht wirklich beobachten kann, wächst doch ein diffuses Unbehagen, das sich oft in einem schlecht artikulierten Ressentiment gegen »Brüssel« Luft macht. Die Spannung zwischen (a) Offenheit plus Gemeinschaftlichkeit im Internen und (b) Abschließung plus Andersartigkeit im Externen lässt sich ohnehin nicht auflösen, sie wird aber durch das soziale Phänomen der Migration aktualisiert – denn nun geraten all diese Kategorien in Verwirrung. Der Auflösungs- und Relativierungsprozess der »nationalstaatlichen Container« fände auch ganz ohne Migration statt; aber die sich beschleunigende Migration kommt hinzu und vermittelt weitere Anstöße zur Kosmopolitisierung und Multikulturalisierung. In manchen europäischen Großstädten hat jedes zweite neugeborene Kind einen Migrationshintergrund, und die »gemischten« Verhältnisse sind alltagsweltlich erlebbar. Diese realen Veränderungen verändern auch den Kontext, in dem konkrete Ereignisse gedeutet werden. »Aufregende Ereignisse«, die von den Medien auch noch »sensationalisiert« werden, lenken die Aufmerksamkeit


Essay von Manfred Prisching auf Phänomene, die vordem nicht oder halb oder bloß aus dem Augenwinkel gesehen wurden. Oft führen »Dosierungsänderungen« von Phänomenen zu »Switches« in der Wahrnehmung, und man stellt plötzlich fest, dass man sich nicht in der »Normalität«, sondern in einer »Krise« befindet. Das war noch nicht der Fall, als man die Fremden bloß als »Wandernde« oder als »Gastarbeiter« auffassen konnte, die doch etwas ganz anderes waren als die »Staatsbürger«. Einwanderer, die bleiben wollen, werden mit anderem Blick betrachtet. Nun aber sind sie da, und es sind viele.

5. Nationale Differenzierungen Der jeweilige nationale Blick auf Migration weist unterschiedliche Akzente auf. Natürlich hat Migration auch schon im letzten halben Jahrhundert stattgefunden. Da waren die Vertreibungen und Umsiedlungen nach dem Zweiten Weltkrieg, die zahlreichen Flüchtlinge nach 1945 (darunter die Einwanderung deutschsprachiger Populationen aus dem Osten und Südosten). Da waren Ereignisse wie Ungarn 1956 oder die Balkankriege 1991 bis 1999. Die Auflösung der Kolonialreiche brachte einen Zustrom von Menschen insbesondere nach den Niederlanden (in den späten Vierzigerjahren), nach Frankreich (in den Fünfziger- und Sechzigerjahren) sowie nach Portugal (Anfang der Siebzigerjahre), ebenso nach Großbritannien. In Ländern wie Deutschland und Österreich war man seit den Sechziger-/Siebzigerjahren mit Gastarbeitern konfrontiert. Mit südlichen Ländern schloss man damals Vereinbarungen zur Arbeitskräfterekrutierung. (Eigentlich hat man auf ein Rotationsprinzip gesetzt, auf Rückkehr und Ersetzung durch neue Arbeitnehmer. Stattdessen gab es Spätfolgen: Familiennachzug und Heiratsmigration. Einige Gastarbeiter aus den frühen Jahren kehren erst jetzt wieder heim in den Süden, weil sie ins Pensionsalter kommen und die letzten Lebensjahre in der Heimat verbringen möchten.) Die Öffnung des Eisernen Vorhanges erleichterte schließlich die Ausreise aus den osteuropäischen Staaten. Aus dieser Auflistung ist schon ersichtlich, dass das Problem der Fremden national mit ganz unterschiedlichen Kontexten und Wahrnehmungen verbunden ist: in England und Frankreich eher mit der kolonialen Vergangenheit, in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit dem Gastarbeiterproblem. Vielfach ging es bei den Migrationsbewegungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts um temporär Anwesende, vielfach um Personen ähnlicher kultureller Zugehörigkeit – und der Rest war zu verkraften. Flüchtlingskatastrophen größeren Ausmaßes fanden anderswo statt, und man hat sie in Europa gar nicht recht zur Kenntnis genommen. Die Phänomene wurden also unterschiedlich gedeutet – und »umgedeutet«, wie im Fall der Gastarbeiter, die unvermerkt zu Einwanderern wurden. Aber die Wurzeln unterschiedlicher Deutungen (und ideologischer Interpretationen) sind schwer ausfindig zu machen. Eines der Rätsel, das zu lösen ist, betrifft den Umstand, dass sich innerhalb Deutschlands rechtsradikale Fremdenfeindlichkeit in den postkommunistischen Zonen besonders stark entwickelt. Offenbar kommen mehrere Momente zusammen: a) Die enge strukturelle Verwandtschaft von Links- und Rechtsradikalismus (im Sinne der Totalitarismustheorie [12]) wirkt nach. b) Der »Osten« hat einen drastischen wirtschaftlichen Verfall erlebt, und die Korrelation von sozialer Problematik und autoritären Einstellungen ist bekannt. Man darf nicht vergessen, dass sowohl zu Kommunismus als auch zu Faschismus starke antikapitalistische Gefühle gehören. c) In den östlichen Ländern ist eine (lebenspraktisch) »starke« kommunistische Ideologie zusammengebrochen, und der autoritäre Nationalismus (insbesondere in seiner »rechten« Prägung) dringt in das entstandene ideologische Vakuum vor.

6. Sichtbarkeit Die Migration der Gegenwart ist ein Wahrnehmbarkeitsproblem. Die relative Statik der Populationen in früheren Zeiten hat nicht nur mit mangelnden Transportsystemen zu tun, sondern mit Kommunikation. In einem abgeschlossenen Dorf in Afrika konnte man auch im Zustand größter Armut glauben, dass die ganze Welt so ähnlich beschaffen wäre wie das eigene Dorf. Aber mittlerweile haben die elektronischen Kommunikationsströme die ganze Welt zugänglich gemacht. Das eigene Land wird als »Ort in einer Welt« gesehen – und die Menschen in unterentwickelten Regionen nehmen wahr, dass man anderswo reich ist und schön lebt. »Jedermann bekommt, heute anders als früher, im weltumspannenden System der Medien leibhaftig vorgeführt, dass es tatsächlich noch Länder gibt, in denen Milch und Honig fließen und die Märkte und Supermärkte überquellen von allem, was unsere Welt anzubieten hat. Da Hilfe ausbleibt, welcher Grund, wenn nicht Gewalt, sollte Menschen im Elend festhalten, wenn doch das ebenfalls weltumspannende moderne Verkehrsnetz die verbliebenen Paradiese so gut erreichbar macht? Wähnten früher die Europäer Eldorado in den neuen Welten, so suchen es deren Bewohner heute – auch – in Europa.« [13]

Einige Gastarbeiter aus den frühen Jahren kehren erst jetzt wieder heim in den Süden, weil sie ins Pensionsalter kommen und die letzten Lebensjahre in der Heimat verbringen möchten.

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil I)

Bilder sind es, die Menschen in Bewegung setzen. Die Bilder werden durch Gerüchte angereichert und durch die elektronischen Netze verbreitet, Gerüchte über »Paradiese«, in denen man vom Reichtum etwas abbekommen kann.

Es handelt sich nicht mehr um die großen Überfälle und Eroberungszüge von Staaten, deren Heere aufeinander prallen, um die Beutezüge der Völker und Stämme wie um 500 nach Christus, sondern um Familien und Gruppen, Einzelpersonen und Verwandtschaften, die dorthin streben, wo es Lebenschancen gibt. »Dass Menschen, die in den jordanischen Lagern ankommen, nicht zuerst um Essen oder medizinische Hilfe bitten, sondern danach fragen, wo sie ihr Smartphone aufladen können, zeigt, dass die überlebenswichtige Ressource unserer Zeit die Information ist. Denn im Netz erhalten die Flüchtlinge Kenntnis über die Kontaktdaten der Schlepper, ihre Preise, die Routen, die Bedingungen in den Aufnahmeländern. Mögen sie über die Länder, durch die ihr Weg führt, auch wenig wissen, so bewegen sie sich, vom Navigationsgerät wie von den Erfahrungen ihrer Vorgänger gesteuert. Kommt es zu einer Blockade der Route, verbreitet sich diese Nachricht in Windeseile, dauert es kaum ein paar Stunden, bis sich der Treck neu formiert hat. Mithin fungieren die Flüchtlingsbewegungen, allen Bildern zum Trotz, als eine Form der Schwarmintelligenz.« [14] Bilder sind es, die Menschen in Bewegung setzen. Die Bilder werden durch Gerüchte angereichert und durch die elektronischen Netze verbreitet, Gerüchte über »Paradiese«, in denen man vom Reichtum etwas abbekommen kann. Dabei gibt es unterschiedliche Erwartungshaltungen von MigrantInnen: a) die Bereitschaft, hart zu arbeiten, um an dieser reichen Gesellschaft teilzuhaben, b) die Vorstellung, dass man durch harte Arbeit binnen kurzer Zeit »reich« würde, und c) die Illusion, dass man in diesem Luxusland alles geschenkt bekommt. Auch die (mit einigem Glück zu bewerkstelligende) »Zugänglichkeit« der Luxusländer wird medial vermittelt. Dadurch nährt sich der Flüchtlingsstrom gewissermaßen selbst: Denn allein die kolportierten Berichte machen klar, dass es Leute – viele Leute – gibt, denen es gelungen ist, in das Eldorado vorzudringen, und diese Berichte lösen Überlegungen aus, ob man es nicht auch selbst probieren sollte. Migration ist nicht nur Verzweiflungstat, in vielen Fällen handelt es sich um vernünftige Abwägungen: »Erfolgsmeldungen« verändern das Kalkül, und manche begeben sich auf den »Trampelpfad« ins Paradies, den andere schon begangen haben. Das Bild der Welt, zu der die Flüchtenden streben, wird durch zahlreiche Informationen geprägt. Deshalb sind symbolische Taten so bedeutsam. Wer ein »Willkommen« ausruft, operiert nicht mit Variablen innerhalb eines Modells, dessen Parameter (als feste Verhaltensgrößen) konstant bleiben. Es werden vielmehr die Parameter verändert, weil sich die Chancenstruktur für potenzielle Akteure verschiebt. Auch in der umgekehrten Richtung sind Bilder und Meldungen wirksam: mehr Stacheldraht, jahrelange Distanz zur Familie, weniger Sozialtransfers, unangenehme Aufenthaltsräume – das verschiebt das Nutzen-Kosten-Verhältnis, es produziert veränderte Bilder in den Köpfen. »Abwehrpolitik« dieser Art wird deshalb nicht nur wegen der Kontrollnotwendigkeiten oder wegen der Kostensenkungserfordernisse zelebriert, sondern auch als Signal zur Attraktivitätssenkung. Man hat die Anreize ein wenig überdosiert, jetzt gibt es Korrekturen an den »Bildern des Paradieses«.

7. Unfriedlichkeit Einer der Gründe, die die Menschen aus ihren Heimatländern treiben, ist freilich »Unfriedlichkeit«. In den Neunzigerjahren glaubte man, dass nach dem Ende des Ost-West-Konflikts der globale Frieden ausbrechen würde – doch sind wir in diesen Jahren mit Abendnachrichten konfrontiert, die sich zeitweise wie Kriegsberichterstattung anhören. Es sind teils konventionelle Kriege, teils neue Gewaltaktivitäten, teils »fourth generation wars«. [15] Dazu kommt das neue Phänomen der Bildung islamischer Gegenmacht, eine neue Konfrontation, die den Kalten Krieg abgelöst hat. Samuel Huntington hat allerdings schon in seiner These vom »clash of civilizations« [16] behauptet, dass sich gerade durch den Prozess der Globalisierung die kulturellen Zonen (die er im Wesentlichen den großen Religionen zuordnete) nicht »vereinheitlichen« würden, sondern dass sich gerade an den Rändern der Kulturkreise, dort also, wo sie aneinanderstoßen, die großen Konflikte abspielen würden. (Mittlerweile sind allerdings diese Clashes auch schon in die europäische Kulturzone hineingetragen worden, in die Ränder der Großstädte, wo die »Berührung« der Kulturen noch intensiver stattfindet.)

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8. Hoffnungslosigkeit Es sind nicht nur gewaltsame Zonen, die die Emigration speisen; es ist auch das Bestehen von »failed and crazy states«. [17] Die fortbestehende Hoffnungslosigkeit in diesen Ländern, insbesondere im Nahen Osten und in weiten Teilen Afrikas, das materielle Elend, die mangelnde Gesundheitsversorgung, die allgegenwärtige Korruption kontrastieren mit Visionen und Hoffnungen über Europa. Heribert Prantl hat schon vor zehn Jahren in der Süddeutschen Zeitung aufgelistet: »Die sogenannte Demokratische Republik Kongo, der Sudan, Sierra Leone und Somalia existieren als Staaten nur noch auf der Landkarte; andere Staaten stehen vor dem Zusammenbruch. Afrika ist ein Ort des Zerfalls, an dem sich eine Clique von Uralt-Regenten


Essay von Manfred Prisching herausnimmt, was man sich herausnehmen kann. In Angola verschwinden jährlich bis zu eine Milliarde Dollar aus den Öleinnahmen. Kamerun macht außer im Fußball keine Fortschritte. Ein verrückt gewordener Robert Mugabe hat Simbabwe, die einstige Kornkammer Afrikas, in ein Armenhaus verwandelt. Eine halbe Million seiner ärmsten Bürger hat er aus ihren Hütten jagen und diese Behausungen niederbulldozern lassen – dann die UN gebeten, den Ausgewiesenen neue Quartiere bereitzustellen. Der König von Swasiland hat inzwischen zum elften Mal geheiratet, er lässt für jede seiner Frauen einen Palast bauen; für die Aidskranken in seinem Land (37 % der Schwangeren sind HIV-infiziert) tut er nichts.« [18] Es sind diese Zustände, die für die meisten Länder Afrikas – trotz aller vorhandenen Ressourcen – keine gute Prognose erlauben. Jede weiterführende wirtschaftliche Entwicklung benötigt Rahmenbedingungen, die nun einmal (und dies ist nicht »eurozentrisch«) dem europäischen Modell [19] ähneln: Eigentumsschutz, Rechtsstaatlichkeit, Friedlichkeit, politische Verlässlichkeit, ein geringes Korruptionsniveau, geistige Beweglichkeit, Bildung usw. Die meisten Flüchtlinge kommen gar nicht aus den ärmsten Ländern, vielmehr aus etwas entwickelteren Staaten oder Regionen. Dort verfügen die Menschen über das minimale Humankapital, das sie im Zielland einsetzen können, und schließlich muss auch die legale oder illegale Reise finanziert werden. Die härteste Armut verbindet sich hingegen mit Immobilität. Armut bildet aber auch völkerrechtlich keinen legitimen Migrationsgrund: Wenn wirtschaftliche Hoffnungslosigkeit einen Migrationsgrund darstellte, dann müsste in den westlichen Gesellschaften mehr als die Hälfte der Menschheit aufgenommen werden. Humanitäre Solidaritätsargumente bewähren sich unter Schönwetterbedingungen, aber nicht dann, wenn die Mehrheit der »Elenden« dieser Erde darangeht, das aus ihrer Sicht »Richtige« zu tun: in die »Paradiese« abzuwandern.

9. Bevölkerungsschrumpfung Demografische Probleme sind Langzeitprobleme, deshalb besteht die Möglichkeit, sie über lange Zeit politisch und gesellschaftlich zu ignorieren. [20] Die deutschsprachigen Länder haben das Thema besonders lange tabuisiert, weil jede demografische Überlegung eines rassistisch-faschistischen Hintergrunds verdächtigt wurde. Der historische Schatten führt zur präventiven Verdrängung, obwohl eine gänzlich andere Situation besteht und sich für die Zukunft abzeichnet. Es ist nicht die »Volk ohne Raum«-Thematik, sondern die »Raum ohne Volk«-Thematik. In Europa folgt dem ersten der zweite demografische Übergang: Es gibt eine strukturelle Tendenz moderner Gesellschaften zur Kinderarmut. (Eine Geburtenrate von 1,3 bis 1,4 in Ländern wie Deutschland und Österreich bedeutet, dass jede Generation um ein Drittel schrumpft. Wenn die anfängliche Alterskohorte 100 Personen aufwies, hat die dritte Generation danach bloß noch 27 Kinder.) Das bedeutet, dass das Wirtschaftswachstum beschränkt wird (eine mangelnde Anzahl von Arbeitskräften) und dass die Sozialversicherungssysteme unbezahlbar werden (eine mangelnde Anzahl von Beitragszahlern). Es gibt nur ein gutes Argument für das »Schrumpfen«: Beim herrschenden Lebensstil hat Österreich ohnehin einen »ökologischen Fußabdruck«, der die zweieinhalbfache Fläche des Landes ausmacht. Es gibt für die niedrige Geburtenrate viele Gründe und wenige Lösungen. (Die Bereitstellung von Kinderverwahrungsinstitutionen für berufstätige Frauen ist ein wichtiges und sinnvolles, aber nur ein kleines Element in einem komplexen Feld von Beziehungen. Sie wird deshalb allein keine entscheidende Veränderung bringen.) Generell rechnen nationale und internationale Organisationen in ihren Szenarien, dass die schrumpfende Bevölkerung Europas teilweise oder ganz durch Immigration stabilisiert wird. Dies würde eine nicht unbeträchtliche Zuwanderung nach Europa bedingen, jedenfalls wären ein paar 100.000 Menschen pro Jahr nötig; allerdings müssten auch die Integration (in Bildung und Arbeitsmarkt) gelingen und eine befriedigende Wirtschaftsentwicklung stattfinden, wenn aus der Zuwanderung eine Stärkung und nicht eine Schwächung resultieren soll. 10. Bevölkerungsexplosion Während die europäische Bevölkerung schrumpft, explodiert die Bevölkerung in Afrika – und Afrika ist nur durch ein schmales Meer von Europa getrennt. Deshalb gilt es den Blick nicht nur auf den Nahen Osten und den nordafrikanischen Gürtel zu richten, jene Zonen, die heute Aufmerksamkeit erregen, sondern auf den ganzen afrikanischen Kontinent. Die afrikanische Bevölkerung beläuft sich heute auf etwa 1,2 Milliarden (im Vergleich: die Europäische Union hat etwa 500 Millionen Einwohner). Doch Afrika wird sich bis zur Jahrhundertmitte auf ca. 2,4 Milliarden verdoppeln, bis zur Jahrhundertende wird es sich auf 4,5 Milliarden vervierfacht haben. (Die abnehmende Geburtenrate durch eine allenfalls günstige wirtschaftliche Entwicklung ist dabei bereits berücksichtigt, aber demografische Entwicklungen haben durch die jeweils vorhandene – jüngere – Population Langzeiteffekte.) Es gibt eine Umfrage des »Pew Research Centers«, in der man schon für die gegenwärtige Situation zu dem Ergeb-

Demografische Probleme sind Langzeitprobleme, deshalb besteht die Möglichkeit, sie über lange Zeit politisch und gesellschaftlich zu ignorieren.

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil I)

Man müsste die Einwohner der zentralafrikanischen Länder für ziemlich dumm halten, wenn man annimmt, dass sie ihre eigene Lage nicht durchschauen und ihre Chancen im Hinblick auf Europa nicht kalkulieren.

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nis kommt: Rund zwei Drittel der in Afrika Verbliebenen, rund 700 Millionen, würden gerne nach Europa kommen. Wir haben es mit einer riesigen jugendlichen Bevölkerung zu tun, die (durch ihre Masse) selbst bei einigermaßen befriedigender wirtschaftlicher Entwicklung »überflüssig« ist, also keinerlei Lebenschancen besitzt. Nach der »Youth bulge«-Theorie von Gunnar Heinsohn resultieren aus solchen Situationen Instabilität und Gewalt, Bürgerkrieg, Imperialismus, Völkermord und Terrorismus [21], wie dies an historischen Beispielen im Laufe der letzten Jahrhunderte illustriert werden kann. (Manche Sozialwissenschaftler spekulieren darüber, ob China geneigt sein könnte, die »überschüssigen jungen Männer« – 115 männliche auf 100 weibliche Jugendliche – durch einen Krieg zu »entsorgen«; so wie dies seinerzeit auch in Europa durch die Kreuzzüge geschehen ist. Karin Kneissl hat es lapidar auf den Punkt gebracht: »Testosteron macht Politik.« [22]) Selbst wenn die kriegerische »Entlastung« vom Bevölkerungsüberschuss vermieden werden kann, bestehen jedenfalls Anreize zur Emigration, und das heißt, dass die Wanderungsprozesse erst begonnen haben. Die »überschüssigen jungen Männer« haben ja auch in den arabischen Ländern (angesichts des wirtschaftlichen und politischen Desasters) keine Chance, ein geordnetes Leben aufzubauen und eine Familie zu gründen. Bei den jugendlichen Einwanderern in Europa steht das Geschlechterverhältnis bei 125 Männern und 100 Frauen; und es ist nicht unplausibel, dass solche Verhältnisse unliebsame Folgen haben. [23] Der in der aktuellen Diskussion geäußerte Vorwurf: Man dürfe den Menschen nicht Angst machen, indem man von Millionen Flüchtlingen fantasiere, davon könne keine Rede sein, das sei nur Panikmache – dieser Vorwurf ist nichts anderes als ein Plädoyer für Kurzsichtigkeit, denn es handelt es sich zwar tatsächlich nicht um einen unmittelbar bevorstehenden Ansturm von Millionen Menschen, wohl aber ist der Vorwurf der Panikmache in längerfristiger Perspektive bloß Ausdruck einer Realitätsverweigerung unter Berufung auf angeblichen Realismus. Man müsste die Einwohner der zentralafrikanischen Länder für ziemlich dumm halten, wenn man annimmt, dass sie ihre eigene Lage nicht durchschauen und ihre Chancen im Hinblick auf Europa nicht kalkulieren. 11. Push und Pull Selten gibt es den einen Grund für Migration. Meistens sind es nicht einfach Anstöße aus dem Herkunftsland oder die Attraktivität des Einwanderungslandes, die zur Migration führen, sondern eher komplexe Kombinationen von Push- und Pull-Faktoren. Klassische Push-Faktoren sind Armut, Elend und Hungersnot; Arbeitslosigkeit und Zukunftsunfähigkeit; Krieg, Bürgerkrieg, Terror und Unterdrückung; sowie die Chance, die größere Familie oder das Dorf mit dem erwartbaren Einkommen im Einwanderungsland »mit-« bzw. »überleben« zu lassen. Klassische Pull-Faktoren sind umgekehrt Wohlstand, Einkommen, Reichtum; Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Brauchbarkeit zielortspezifischen Humankapitals; Sicherheit, Stabilität und Sozialstaat; Vorsorge für die Kinder; attraktive Zukunftsbilder. Zwischen dem Ausgangs- und dem Zielort spielen intermediäre Faktoren eine Rolle: Kosten und Gefahren der Migration; und mögliche »Landemöglichkeiten« (»Brückenköpfe« in den Zielländern: frühere Angehörige, Bekannte oder Stammesmitglieder; »Netzwerke«) erleichtern den Entschluss. »Der Begriff des ‚Netzwerks‘ kann dabei zunächst denkbar weit gefasst werden und soll zum Ausdruck bringen, dass die einzelne Emigrationsentscheidung – wenn nicht gar der Migrationswunsch – oft überhaupt erst aufgrund von Informationen, die über Kommunikationsinfrastrukturen geliefert werden, zustande kommt und nur verwirklicht werden kann, wenn während der Migration und im Zielland bestimmte Infra- und Opportunitätsstrukturen wiederum dank spezifischer Kommunikationsnetze zur Verfügung stehen. In diesem allgemeinen Verständnis sind ‚Netzwerke‘ ganz unterschiedlicher Größenordnungen vorstellbar und können ganze ethnische Gruppen mit einer bestimmten Migrations-‚Tradition‘ genauso wie dörfliche Gemeinschaften, aber auch transnational vernetzte Großfamilien oder Schlepperorganisationen umfassen.« [24]

12. Belastungsgrenzen Das Asylrecht stammt aus einer Zeit, in der das Problem leicht zu definieren war: Asyl wurde gewährt, wenn Menschen persönlich durch Diktaturen verfolgt wurden. Kriegerische Verhältnisse berechtigten wenigstens zum temporären Aufenthalt. Wenn sich unsichere und gewaltsame Verhältnisse ausbreiten und Menschen vor der Aussichtslosigkeit in zusammengebrochenen wirtschaftlichen und politischen Strukturen flüchten, entstehen Abgrenzungsprobleme. Denn ein chancenloses Leben, bis an die Grenze des Hungertodes, berechtigt nicht zum Asyl. Die Abgrenzung zwischen dem Asylsuchenden und dem Wirtschaftsflüchtling ist nicht einfach. Abgesehen davon, dass ein gewissermaßen »unternehmerisches« Denken, also das Vorhaben, sich durch harte Arbeit in geordneten Verhältnissen ein geziemendes Leben zu gestalten, gerade in europäischer Perspektive nicht diskreditierend ist, wird zuweilen zwi-


Essay von Manfred Prisching schen »betterment migration« und »subsistence migration« unterschieden: Ersteres ist Mobilität im Sinne der beschriebenen Verbesserung der eigenen Lebenschancen, letzteres ist die Flucht aus unerträglichen Existenzbedingungen. Immerhin ist daran zu erinnern, dass die Vereinigten Staaten von Amerika fast ausschließlich von »Wirtschaftsflüchtlingen« aufgebaut wurden. Quantitative Begrenzungen in den Zielländern sind in der ersten Phase der Flüchtlingswelle abgelehnt worden, werden aber zunehmend konsensfähig in allen europäischen Ländern. Klassische Asylanten waren immer einige verfolgte Menschen, die man aufnehmen konnte, und in Ausnahmesituationen können es auch einige mehr werden. Doch auch wenn die völkerrechtlichen Dokumente allgemeine Formulierungen beinhalten, kann es kein unbegrenztes Asylrecht geben. Alle Menschenrechte, die in nationalen Verfassungen oder internationalen Dokumenten festgelegt sind, haben in der konkreten Anwendung ihre Begrenzungen und Abwägungen erfahren. (Bei der Beschneidung männlicher Jugendlicher, die vor einiger Zeit diskutiert worden ist, waren essenzielle Werte wie körperliche Unversehrtheit, Religionsfreiheit und Elternrecht abzuwägen –, und in diesem Falle hat man die körperliche Unversehrtheit den anderen Rechten hintangestellt. Aber das ist jeweils in konkreten Fällen ein Balance-Problem.) In entsprechender Weise sind auch andere Rechte abzuwägen: Das Asylrecht kann keinen Staat zu Opfern verpflichten, die seinen Status in gravierender Weise beeinträchtigen oder den inneren Frieden gravierend gefährden. Es wäre auch im Sinne der Wahrung von Menschenrechten nicht sinnvoll, jene Institutionen zu gefährden, die diese Menschenrechte nach besten Kräften zu schützen imstande wären, oder eine chaotische Situation herbeizuführen, in der gerade diese Rechte erfahrungsgemäß verletzt werden. Schließlich verweist die Genfer Flüchtlingskonvention schon ihrer Präambel darauf, dass sich »nicht zumutbare schwere Belastungen« für einzelne Länder ergeben könnten und dass in diesem Fall nur durch »internationale Zusammenarbeit« eine Lösung erzielt werden kann. Mit dem Blick auf die Mittelmeeranrainer- und die Balkanstaaten sei hinzugefügt, dass es ein Recht auf Asyl, aber kein Recht auf die Reise ins gewünschte Asyl gibt. [25] Freilich hat man innenpolitisch dennoch mit dem Paradoxon zu tun, dass man einerseits die Flüchtlinge fernhalten (und deshalb im konkreten europäischen Fall die Türkei und Griechenland das unangenehme Geschäft erledigen lassen) will, dass man aber bei konkreten Personen, die es bis ins Inland geschafft haben, bei der Rechtsdurchsetzung nicht »zusehen«, das heißt etwa mit der Abschiebung von Familien nicht konfrontiert werden möchte. Deshalb neigt die Politik dazu, die Grenzbarrieren in einiger Distanz, direkt am Mittelmeer, aufzubauen, damit die Sichtbarkeit der Verweigerungspolitik die heimischen Gemüter nicht belastet. Deshalb sind auch »Zäune« auf der Balkanroute eine Entlastung für Deutschland, das offiziell bei der Willkommenspolitik verbleiben kann, weil dieses Willkommen dann weniger oft ausgesprochen werden muss, wenn die stacheldrahtbewehrten Barrieren zwischen Österreich und Griechenland von weniger Menschen überwunden werden. Fortsetzung folgt. n

Fußnoten 1 Wolfgang Reinhard, Lebensformen Europas. Eine historische Kulturanthropologie, München 2004, 424. 2 Manfred Prisching, Schlechte Träume. Der »American Dream« unter Globalisierungdruck, in: Karl S. Althaler (Hg.), Primat der Ökonomie? Über Handlungsspielräume sozialer Politik im Zeichen der Globalisierung, Marburg 1999, 283–310. 3 Hans-Georg Soeffner, Gesellschaft ohne Baldachin. Über die Labilität von Ordnungskonstruktionen, Weilerswist 2000, 374. 4 Karl Acham, Im Schatten künftiger Konflikte. Über einige ethnisch-kulturelle Verwerfungen im heutigen Europa und ihre möglichen Folgen für Politik und Wissenschaft, in: Christian Brünner u.a. (Hg.), Mensch – Gruppe – Gesellschaft. Von bunten Wiesen und deren Gärtnerinnen und Gärtnern. FS für Manfred Prisching zum 60. Geburtstag, 2 Bde, Wien-Graz 2010, 1–17 (6 ff.). 5 Karl Otto Hondrich, Weltgefühle, deutsche Gefühle. Ein soziologisches Notizbuch, Juni/Juli 2006, in: Merkur 691/2006, 1.011–1.024 (1.013). 6 Thomas Luckmann, Die unsichtbare Religion, Frankfurt am Main 1991. 7 Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, 3. Aufl., München 2002. 8 Julia Reuter, Ordnungen des Anderen. Zum Problem des Eigenen in der Soziologie des Fremden, Bielefeld 2002. 9 Benedict R. Anderson, Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, 2. ed., London u.a. 1991. 10 Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft; mit einem Vorwort zur Neuauflage 1990, Frankfurt am Main 2010. 11 Manfred Prisching, Globalismus und Weltgesellschaft, in: Friedrich Fürstenberg/Georg W. Oesterdiekhoff (Hg.), Globalisierung ohne Grenzen? Soziologische Beiträge zum Entgrenzungsdiskurs, Hamburg 2004, 83–105. 12 Carl J. Friedrich/Zbigniew K. Brzezinski, Totalitarian Dictatorship and Autocracy. Cambridge/Mass. 1956. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Frankfurt am Main 1955. 13 Soeffner, Gesellschaft ohne Baldachin, 373 (FN 3). 14 Martin Burckhardt, Selfie mit Kanzlerin, in: Merkur 802/2016, 71–77 (71). 15 Herfried Münkler, Die neuen Kriege, Reinbek 2002. 16 Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order, New York/NJ 1996. 17 Robert I. Rotberg, When States Fail. Causes and Consequences, Princeton/NJ 2004. 18 Heribert Prantl, Afrika? Haben wir nicht auf der Agenda, in: Ulrich Beck (Hg.), Generation Global. Ein Crashkurs, Frankfurt am Main 2007, 120–127 (121). 19 Dieter Senghaas, Von Europa lernen. Entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen, Frankfurt am Main 1982. 20 Franz-Xaver Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft. Vom Bevölkerungsrückgang und seinen Folgen, Bonn 2006. 21 Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen, Zürich 2003. 22 Karin Kneissl, Testosteron macht Politik, Wien 2012. 23 Karin Kneissl, Zornige junge Männer sind in Europa angekommen, in: Die Presse, 15. Jänner 2016, 26–27. 24 Mathias Albert, Zur Politik der Weltgesellschaft. Identität und Recht im Kontext internationaler Vergesellschaftung, Weilerswist 2002, 135. 25 Daniel Thym, Universalismus und Flüchtlingsdebatte, in: Merkur 802/2016, 65–70 (65).

Vorliegender Text erschien im April dieses Jahres in der Ausgabe 119 der Zeitschrift »Politicum«. Den zweiten Teil lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe ab 25. Mai 2016. FAZIT MAI 2016 /// 53


Trendiges zum Nachdenken Ein Reisebericht von Thomas Goiser

Wenn es im deutschsprachigen Raum so etwas wie ein Mekka für das Nachdenken über Zukunftsfragen gibt, dann ist das das Gottlieb Duttweiler Institut in Zürich/Rüschlikon. Zum Anziehungspunkt GDI pilgern Kommunikationsleute, Werber, Handelsmenschen ebenso wie Technologen und das General Management. Der (ausverkaufte) Trendtag hat das im März wieder einmal bewiesen. n Österreich sucht man Vergleichbares in dieser Qualität und Dichte lange, und leider meist vergebens. Und Österreicher unter den Gästen sind auch eher rar gesät. Anlass für eine kompakte Dokumentation einiger Eindrücke über eine Zukunft, die schwer zu fassen ist. Trendbüro-Gründer Peter Wippermann skizzierte mit einigen kritischen Anmerkungen das Thema Digitalisierung und stellte seinen »Werte-Index« vor, den er seit einigen Jahren aus einer Vielzahl von Postings errechnet. »Technologie und Geld sind heute global verbunden, kulturelle Identitäten gehen deutlicher auseinander«, meint er. Die heutige Gesellschaft ist gleichzeitig von Polarisierung, Individualisierung und Vernetzung geprägt. Heute sind rund 80 Prozent der Deutschen laufend mit dem Internet verbunden. Trotz des weltweit einheitlich verfügbaren Internets hätten einzig die USA und China bisher globale Plattformen entwickelt. In der Netzwerk-Gesellschaft sind Werte »Superconnectors«. Zu diesen zählt er – statt der früheren »Tugenden« wie Fleiß, Pflichtbewusstsein etc. – unter anderem Freiheit, Gesundheit, Familie und Anerkennung in Gemeinschaften. Bezogen auf Freiheit würde die Attraktivität von Unabhängigkeit und Selbstorganisation steigen – man möchte verstärkt »sein eigener Held sein«. Gesundheit wiederum entwickelt sich mithilfe von Selbstoptimierung zum Healthstyle, mit starkem Bezug zu Technologie und (Luxus-)Konsum. Familie wiederum werde immer mehr zum Kraftakt und Statussymbol. Und Gemeinschaften geben Orientierung. Neben dem Standard-Fall der Zugehörigkeit »Communities« würden echte Freundschaften den Premium-Bereich darstellen. »Werte werden zu den wichtigsten Unterneh-

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mensstrategien der Zukunft«, betont der Trendforscher. Die technologische Konnektivität von Unternehmen und Organisationen entscheidet über die Teilnahme am Markt; die kulturelle Konnektivität wiederum entscheidet über den Erfolg auf diesem Markt. Es geht darum, »Ziele zu haben, die größer sind als das eigentliche Produkt.«

Analoger oder digitaler Kontakt? An das Thema »Communities« anknüpfend, war Zwischenmenschliches gewissermaßen eine passende Fortsetzung: Unter dem Motto »Gesünder und glücklicher: Warum wir mehr Face-to-face-Kontakt brauchen« erläuterte die Psychologin und Autorin Susan Pinker, dass die Integration in eine Gemeinschaft und glückliche, enge Beziehungen der wichtigste Indikator für ein langes Leben sind. Frauen würden generell engere soziale Netzwerke knüpfen. Der menschliche Faktor bleibt also bedeutend und führt auch im Business zu interessanten Effekten, auch wenn diese oft vernachlässigt werden. Persönlicher Kontakt stärkt meist das Vertrauen und das Gefühl des Zusammenhalts. Bleibt die Frage, wann im Geschäftsleben ehrliche, menschliche Signale gebraucht werden. Und, im Gegenzug: Wann reichen digitale Kommunikationswege aus? Zwiespältige Stimmungslagen Persönlicher Kontakt heißt auch »Stimme und Stimmung: Das Potenzial der Emotions-Analytics-Technologie«. Der israelische Start-up-Unternehmer Yuval Mor brachte mit »Beyond Verbal«

Fotos: GDI; Studie: We-Dentity; Grafik: Rüdiger Joppe

I


Trendtag

eine Anwendung auf den Markt, die aus der Analyse des Klangs der Stimme Rückschlüsse über die emotionale Befindlichkeit, das Wohlbefinden und auch den Gesundheitszustand von Personen erlaubt. Er stellt seine Entwicklung vor und erläuterte Einsatzmöglichkeiten – von der Betreuung älterer Menschen, dem Kontakt mit Kindern über Diagnose und Therapie. Dabei zeigt sich, dass die Stimmungen nie nur eindimensional sind, sondern sich aus mehreren Faktoren zusammensetzen, zum Beispiel »begeistert und entspannt«. Akute Erkrankungen lassen sich auch aus der Stimme ableiten und Menschen retten. Das Potenzial der Technologie scheint auch für ganz andere Zwecke groß: Eventuell könnte künftig in größeren Populationen die momentane Stimmungslage analysiert werden.

Digitale Beziehungweisheit: Identity Management GDI-Forscherin Bettina Höchli präsentierte mit »Kontext Kollaps. Warum wir unsere Identitäten neu managen müssen« aktuelle Überlegungen des Instituts aus der Studie »Wedentity« (erschienen 2015). Unsere sozialen Identitäten verändern sich nach Kontexten, soziale Umfelder ändern unser Selbstbild. Heute werden soziale Identitäten und deren Kontexte immer transparenter. »Eine strikte Trennung zwischen zwei Identitäten – z. B. zwischen der beruflichen und der familiären Identität – ist kaum mehr möglich, weil alles mit allem vernetzt ist«, erklärte Höchli. Das »digitale Outfit« unserer Online-Profile sieht sich mit Rollenkonflikten konfrontiert, die Kompromisse erfordern. In einer Situation nach den eigenen Werten authentisch handeln zu können, wird damit zu einer großen Herausforderung. Immer schwammige Formulierungen zu verwenden um nirgends anzuecken, sei aus Sicht des Netzwerks ist das keine nachhaltige Strategie. »Gestalten sich die sozialen Identitäten zu neutral, findet keine Vernetzung statt.« Stattdessen plädierte Höchli für aktives »Identity Management«. Sie beischreibt zwei gegenläufige Ansätze: ■ Datenspuren vermeiden und neutralisieren – damit behält man die Kontrolle und wäre vor Diskriminierung geschützt; ■ Datenspuren optimieren, eigenes Profil stärken und möglicherweise Privilegien erhalten.

Die Werbung nimmt heute noch zu wenig Rücksicht, sie reflektiert derzeit auf die Verknüpfung sämtlicher digitalen Spuren, die wir hinterlassen. Somit besteht die Herausforderung, Botschaften

Immer mehr soziale Beziehungen

künftig so zu designen, dass man im richtigen Kontext angesprochen wird. Im Gegenzug liegt die persönliche Zukunft in dynamischen, intelligenten Online-Profilen, die sich der Situation anpassen. Hier werden in den nächsten Jahren einige Entwicklungen auf den Markt kommen, die auch besseren Persönlichkeitsschutz ermöglichen. Der Tag brachte noch einige weitere Vorträge; viele Informationen, dicht und klar verpackt. Aufforderung zum Weiter-Nachdenken, vielleicht zum Handeln im Alltag, zum Ableiten von Veränderungen? Zurück bleibt ein leichtes Gefühl von Überforderung und gleichzeitig Hoffnung. Diese Pilgerreise endet durchaus aufgewühlt.

Das Gottlieb Duttweiler Institut (gegründet 1963 vom Gründer der Handelskette Migros) führt als Non-Profit-Organisation »wissenschaftliche Forschung auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet« durch, untersucht Trends und entwickelt Zukunftsszenarien – primär für Handel und Konsum. Das GDI publiziert u. a. die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift »GDI IMPULS«. LINKS www.gdi.ch www.beyondverbal.com www.trendbuero.com

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Nachhaltiges Wachstum

Nachhaltig wachsen? Die Konferenz »Wachstum im Wandel« führte rund 600 Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an die Wiener Wirtschaftsuniversität. Gemeinsam machte man sich auf die Suche nach einem »intelligenten, nachhaltigen und ressourcenschonenden« Wirtschaftswachstum.

M

it dem Klimawandel geht die Menschheit in das »Anthropozän« ein – ein Zeitalter, dessen Umweltbedingungen sie selbst geschaffen hat, meinen mittlerweile zahlreiche Wissenschafter. Damit einher gehen Ressourcenprobleme, demografische Veränderungen und eine Verschiebung der globalen Machtstrukturen. Wenn dann auch noch das Wirtschaftswachstum seit einigen Jahren in Europa nicht mehr wie früher für steigenDer Europäische Weg:

de Einkommen und Wohlstand sorgt (was wohl auch so bleiben wird), bekommt zumindest das Nachdenken über Alternativen Hochkonjunktur.

Was wird Lebensqualität und Wohlstand zukünftig ausmachen? WIFO-Chef Karl Aiginger hat dazu vier Jahre lang ein europaweites Forschungsprojekt koordiniert. Unter dem Titel »Eine neue Strategie für Europa« präsentierte

Soziale Integration

3. UMSETZUNGSBEDINGUNGEN ■ Reformwiderstände überwinden

■ Pluralistische und polyzentrische Ansätze ■ Einbindung von Stakeholdern, der

Gesellschaft und NGOs ■ Bottom–up, neue Akteure ■ Reformfortschritte messen

2. MOTOREN DES WANDELS ■ Innovationen umlenken ■ Neue Dynamik ■ Sozialinvestitionen ■ Qualifikationen und symmetrische

Flexibilität ■ Entkoppelung von Energie ■ Intelligenter Staat ■ Reformierte Finanzmärkte

1. DREI LEITMOTIVE ■ Simultanität der Ziele

■ High-road Ambitionen ■ Zweistufige Strategie

Quelle: WWWforEurope, Synthesebericht, Wien, Brüssel, 2016

LEBENSQUALITÄT

e ch it gis ke olo ltig Ök hha c Na

Der europäische Weg: Dynamik durch soziale und ökologische Innovation

Wi rts Dy c h a f na tlic mi he k

Dynamik durch soziale und ökologische Innovation

er dort erstmals einige Erkenntnisse, wie durch soziale und ökologische Innovationen eine neue Dynamik entstehen könnte. Gesucht wurde nach einer Positionierung als Wirtschaftsraum zwischen den innovativ(eren?) USA und den effizient(re) en Wirtschaften Asiens. Aigingers Befundaufnahme sieht das Erfolgsmodell Europäische Union in der Midlife Crisis: Ungleichgewichte, hohe Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit (insbesondere bei Jungen) und eine geringe Wachstumsdynamik treffen auf Erweiterungsstopp, Flüchtlingskrise und eine Diskussion über den Austritt im wichtigen Mitgliedsland Großbritannien. Lebensqualität statt BIP als Orientierung Als positive Zukunftsvision skizzierte er ein dynamisches, offenes und pluralistisches Europa mit sinkender Arbeitslosigkeit und geringeren Einkommensdifferenzen, weniger Treibhausgas-Ausstoß und Umweltbelastung. Das Bruttoinlandsprodukt sollte durch Maßzahlen für die Lebensqualität ersetzt werden, dafür schlägt er den Better Life Index der OECD vor. Diese Lebensqualität soll dadurch entstehen, dass Europa drei gleichwertige Ziele verfolgt: ökonomische Dynamik, soziale Inklusivität und ökologische Nachhaltigkeit. Die angestrebte wirtschaftliche Dynamik bedeutet, wachsende Einkommen besonders für die untere Hälfte der Einkommen und in benachteiligten Regionen anzustre-


Nachhaltiges Wachstum

Foto: Jana Madzigon

Karl Aiginger, Leiter des WIFO

ben, ein positiv bewältigter Strukturwandel, mehr Mobilität und Aufstiegschancen. Als hinderlich wird hier die hohe Staatsverschuldung angesehen. Im Bereich Soziales sollte man die Arbeitslosigkeit, besonders die Jugendarbeitslosigkeit, halbieren, Ungleichheiten besonders wegen der sozialen Situation und des Geschlechts verringern. Eine Gefahr besteht hier im Fall von stärkerer politischer Polarisierung. Bei der Ökologie sind die Forderungen besonders deutlich: Der Einsatz fossiler Brennstoffe sollte um 80 Prozent reduziert werden. Erneuerbare Energien und die Maßnahmen für mehr Effizienz sollten verdoppelt werden. Durch weniger Materialverbrauch im Konsum und der Produktion soll weniger CO2 in die Atmosphäre gelangen. Europa müsste sich bewusst als Vorreiter definieren – aus Verantwortung gegenüber der Welt und zum eigenen ökonomischen Vorteil. Dazu sollten sich Unternehmen zur besten verfügbaren Technologie verpflichten und internationale Standards schrittweise verschärft werden. So würden auch der nächsten Generation Chancen bleiben.

Richtige Strategie und Regulierung gefordert Diese Ziele müssten gleichzeitig und mit einer »High Road«-Strategie verfolgt werden, die auf die eigenen Fähigkeiten aufbaut, plädiert Aiginger. Auf eine Phase der Konsolidierung (auch der Staatsschulden) sollte der Übergang in dieses neue, so-

zial-ökologische Modell folgen. Auf dem Weg dorthin darf staatliche Lenkung nicht mehr in dieser Form versagen, wie sie das heute noch tut: Aiginger tritt daher für geringere Steuern und Nebenkosten auf Löhne und höhere Energiesteuern ein. Gleichzeitig müssen Subventionen von fossiler Energie sinken oder abgeschafft werden. Solange die Ölpreise niedrig sind, gibt es wenig wirksame Anreize, sparsame Autos zu kaufen – hier fehlen Regulierung und Aufklärung. Autos, die Grenzwerte nicht erfüllen, werden nicht überprüft, wenn sie einmal in Betrieb sind (bzw. werden die Grenzwerte erhöht).

Ende Februar fand an der Wirtschaftsuniversität Wien die Konferenz »Wachstum im Wandel« statt. Unter den hochkarätigen Referenten waren neben Karl Aiginger auch Bestseller-Autor Prof. Tim Jackson (Prosperity without Growth), der Hirnforscher Gerald Hüther (Universität Göttingen), WU-Professorin Sigrid Stagl, der Chef der Europäischen Umweltagentur, Hans Bruyninckx, und die Regierungsmitglieder Andrä Rupprechter und Harald Mahrer. Zahlreiche Materialien zur Konferenz sind verfügbar unter: wachstumimwandel.at/konferenz2016/dokumentation/

FAZIT MAI 2016 /// 57



Foto: Kiendler

Das Team von RedZac-Kiendler: P. Kiendler jun., J. Kiendler, Bgm. R. Rauch (Ragnitz), P. Kiendler, Bgm F. Platzer (Heiligenkreuz/W.), M. Kiendler und H. Müller (Filialleiter)

Kiendler eröffnet neuen RedZac-Standort

Das südsteirische Unternehmen Kiendler hat zu seinen bestehenden Standorten in Ragnitz, Gralla und St. Stefan/R. Anfang April eine neue Filiale in Heiligenkreuz am Waasen eröffnet. Damit erstreckt sich der Einzugsbereich des Elektrofachhändlers und -installateurs bis an die Grazer Umlandgemeinden.

D

er Besucherandrang war groß, als das neue RedZac-Fachgeschäft am 7. April seine Pforten öffnete, Schaulustige das neue Geschäftslokal besichtigten und zufriedene Kunden mit ihren neu erworbenen Schnäppchen den Heimweg antraten. Ehrlichkeit steht dabei für Paul Kiendler an erster Stelle: „Wir beraten Sie objektiv zu Vor- und auch Nachteilen einzelner Geräte. So schaffen wir ein unvergleichliches Einkaufserlebnis für unsere Kunden – erleben Sie es selbst in einem unserer Shops!“ Kompetenz aus Tradition Mit der Erfahrung eines 300-jährigen Familienunternehmens wurde ein neues Konzept erstellt, um gelebte Kundenbetreuung auch auf Heiligenkreuz auszudehnen. Man setzt dabei in allen Spar-

ten auf umfassenden Service und fachkundige Beratung, so Paul Kiendler, die Stärken des Fachhändlers liegen in der regionalen Nähe mit großer Auswahl an Elektrogeräten, kompetenter Kaufberatung und sachlicher Information. Das umfangreiche Serviceangebot macht den Einkauf von neuen Geräten so einfach und angenehm wie möglich. Lieferung und Einschulung, Montage oder Installation und bei Bedarf auch Reparatur werden durch die kompetenten Mitarbeiter schnell und günstig erledigt. Aber auch komplexere Aufgaben sind für den Installationsbetrieb kein Problem: Die Einrichtung von Sicherungssystem, sei es von Blitzschutz über Alarm bis hin zum „Smart Home“ sowie die Strom aus steirischen CO2-freien Ökostromanlagen gehören zum Standardrepertoire.

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Kurz & News

Grazer Krauthäuptel-Bauern „garteln“ mit Kindern

Einen exklusiven Einblick in die Kunstwelt einer großen Kulturnation, um Brücken zwischen der Steiermark und China zu bauen, erlaubt die Schau „China Kultur Begegnung“ in der Zentrale der HYPO Steiermark in Graz. GDir Martin Gölles: „Unsere Ausstellung ist eine Premiere im europäischen Raum. Sie bietet einen Einblick in das Reich der Mitte und zeigt neue Perspektiven. Wir wollen mit dieser Ausstellung über den Weg der Kunst Türen öffnen“, betonte Gölles. „Mehr als 100 Exponate in einer einzigartigen Verbindung – Malereien, Skulpturen, Kalligraphie und Stempel – fördern die aktive Auseinandersetzung mit der chinesischen Kultur“, erklärte Vorstands-Dir. Bernhard Türk zur Schau.

Landhaus unter dem Eindruck des Ausdrucks

Bereits seit rund 20 Jahren stellt der Landtagsklub der ÖVP den Steinsaal im Grazer Landhaus für Ausstellungen heimischer Künstler zur Verfügung. Aktuell freut sich „Landhaus-Galeristin“ Barbara Eibinger-Miedl darüber, 27 Werke des steirischen Ausnahmekünstlers Michael Raimann zeigen zu dürfen. Unter dem Motto „Mein Ausdruck ist Dein Eindruck“ präsentierte dieser am 7. April zahlreichen Kunstinteressierten seine aktuellen Werke.

Erfahrungsaustausch zum Gesundheitswesen

Herausforderung Digitalisierung Die Rekordarbeitslosigkeit thematisierte ÖGB-Präsident Erich Foglar bei der jüngsten AK-Vollversammlung als große Herausforderung. Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt sei „in hohem Maße“ ein Bildungsproblem. Ein Problem sei aber auch das Lohnund Sozialdumping, bildet es doch so Foglar das „Geschäftsmodell“ einiger Unternehmen. Dass diese Firmen die in Österreich vorgesehenen Entgelte und Sozialabgaben zahlen, forderte AK-Präsident Josef Pesserl. Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt erforderten von den Gewerkschaften „neue Antworten“, betonte Foglar, die Digitalisierung aller Lebensbereiche – auch der Arbeitswelt – sei die „größte gesellschaftliche Herausforderung“. 60 /// FAZIT MAI 2016

Im Zuge seines Steiermark-Besuches traf der, ebenfalls für Gesundheit zuständige oberösterreichische LH Josef Pühringer seinen steirischen Amtskollegen Gesundheitslandesrat Mag. Christopher Drexler. Man war sich einig, dass die Einrichtung von Primärversorgungszentren als wichtige ergänzende Maßnahme neben dem Hausarzt zu forcieren sei. Auch die seit langem in Diskussion stehende Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) wurde intensiv debattiert. Nach der teilweisen Tertiärisierung der Pflegeberufe erwarte man sich, dass auch akademisch ausgebildetes Pflegepersonal weiterhin in der direkten Arbeit mit dem Patienten als Teil des Arbeitsauftrages vorgesehen sei.

Fotos: ARTige Bilder, Hannes Loske, Melbinger / Paulitsch, AK Steiermark, Thomas Fischer, Foto Fischer

„China Kultur Begegnung“ in der Hypo Steiermark

In diesen Tagen pflanzten die Grazer-Krauthäuptel-Bauern in insgesamt 21 Kindergärten gemeinsam mit 1.500 Kindern in eigens angelegten Hochbeeten Grazer Krauthäuptel. LK-Vizepräsidentin Maria Pein zeigte sich begeistert von dieser Aktion: „Unsere Bauern und Bäuerinnen haben die Jungpflanzen gemeinsam mit den Kindern gepflanzt und dabei viele Fragen beantwortet!“ In den kommenden Wochen werden die Kinder miterleben, wie der Salat wächst und bald geerntet werden kann. Stadtrat Kurt Hohensinner: „In unseren Kindergärten wird ein Beitrag geleistet, um den Jüngsten gesunde Lebensmittel nahezubringen. Deshalb freuen wir uns über das Engagement der Krauthäuptel-Bauern!“


Foto: Stuhlhofer/Wolf

Kurz im Gespräch mit

Foto: WKO/Foto Fischer

Josef Herk Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark

Peter Lackner, GF der Sparte Transport und Verkehr, Taxi-Fachgruppenobfrau Sylvia Loibner und ÖGB-Vorsitzender Horst Schachner präsentieren flächendeckenden Tarifvorschlag für steirische Taxis (v. r.)

Einheitlicher Taxitarif für die Grüne Mark D

erzeit bestehen verbindliche Taxitarife nur in Graz, dessen südlichen Umlandgemeinden, in Leoben, Niklasdorf sowie in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg. Im Rahmen der Fachgruppentagung der Taxi- und Mietwagenunternehmer wurde nun die Einführung eines einheitlichen Tarifsystems für die gesamte Steiermark beschlossen. Mit 71 Prozent „Ja“-Stimmen fiel der Mitte April gefällte Beschluss der Taxibranche im Rahmen ihrer Fachgruppentagung mehr als eindeutig aus. Demnach ist ein steiermarkweit verbindlicher Taxitarif mittels Taxameter in sämtlichen Fahrzeugen umzusetzen. „Die Steiermark wäre nach Wien und Vorarlberg das erste Flächenbundesland, in dem ein überregional einheitlicher Taxitarif verordnet würde“, betont Fachgruppenobfrau Sylvia Loibner. Gleichzeitig wird mit der Verbindung aus Registrierkassa und Taxameter für mehr Wettbewerbsgleichheit gesorgt. Davon verspricht sich ÖGB-Landesvorsitzender

Horst Schachner zusätzliche Vollzeitarbeitsplätze in der Branche, der damit „die Basis für eine faire Entlohnung gelegt sieht“. Der beschlossene Tarifantrag wird LR Christian Buchmann gerichtet, um das Anhörungsverfahren unter Einbeziehung von AK und WKO Steiermark durchzuführen. Wie die Beispiele Vorarlberg und Salzburg zeigen, führt ein verbindlicher Taxitarif zu mehr Transparenz und Preissicherheit für die Konsumenten. „Gleichzeitig kann er als Grundlage für die in vielen Regionen angedachten Mobilitätskonzepte dienen“, betont Peter Lackner, GF der Sparte Transport und Verkehr in der WKO Steiermark. Im Detail: Der städtische Grundtarif soll 3,90 Euro betragen, das zusätzliche Kilometerentgelt – je nach Tages- oder Nachtzeit bzw. Länge der Fahrt – 1,50, 1,70 oder 1,90 Euro. Der Bezirkstarif dagegen soll 4 Euro betragen und 2 bzw. 2,30 Euro pro gefahrenen Kilometer, wieder abhängig von der jeweiligen Tages- oder Nachtzeit.

Die Entscheidung ist gefallen, die EuroSkills Berufs-Europameisterschaft kommt 2020 nach Graz, wie fühlen Sie sich? Bei der Fußball-Heim-EM ist Graz als Austragungsort leer ausgegangen. Dafür holen wir die Berufs-EM 2020 in die steirische Landeshauptstadt! Für mich – als im wahrsten Sinne des Wortes ,Skills-Infizierter‘ – geht damit ein langersehnter Traum in Erfüllung. Denn die EuroSkills sind weit mehr als nur ein Wettkampf um Medaillen. Wir demonstrieren damit die Stärken unserer Lehrlingsausbildung, die ja die tragfähige Grundlage für ein leistungsfähiges Fachkräftepotenzial bildet.

Welche Impulse erwarten Sie sich von dieser Veranstaltung? Wir sehen eine Riesenchance, unser tolles duales Ausbildungsmodell gemeinsam mit unseren europäischen Partnern weiterzuentwickeln. Viele europäische Länder haben die Stärken unseres Modells erkannt und wollen ähnliche Konzepte verstärkt umsetzen. Aber auch wir selbst müssen uns dem Wandel in der Berufswelt stellen: Industrie 4.0 und Digitalisierung in vielen Branchen erfordern in den kommenden Jahren die aktive Weiterentwicklung von Ausbildung und Qualifizierung. Wie verlaufen die Planungen für diesen Riesenevent? Wir werden zeigen, dass Österreich nicht nur eine Fachkraft-Supermacht, sondern auch ein hervorragender Gastgeber ist, mit der Messe Graz haben wir dafür einen modernen erstklassigen Veranstaltungsrahmen. Wir wollen uns den erwarteten über 100.000 Besuchern natürlich von der besten Seite präsentieren.

FAZIT MAI 2016 /// 61


Foto: Fischer

Wirtschaft

Starke Partner für die Gesundheit im Betrieb: WKO-Vizepräs. Andreas Herz, LR Christopher Drexler, FG-Obfrau Daniela Gmeinbauer (WKO Steiermark) und LR Christian Buchmann

„Fit im Job“ – Bewerbung für Förderpreis 2016 gestartet Gesundheit in der Arbeitswelt ist ein wichtiges Thema – einen wertvollen Beitrag dazu leistet seit vielen Jahren der Steirische Gesundheitspreis „Fit im Job“ der Wirtschaftskammer, der wieder möglichst viele heimische Unternehmen zum Mitmachen animieren will.

B

ereits zum fünfzehnten Mal wird heuer von der WKO Steiermark, Fachgruppe der Freizeit- und Sportbetriebe, gemeinsam mit der Merkur Versicherung AG, Gesundheits- und Wirtschaftsressort des Landes, der Steiermärkischen GKK, der Ärztekammer, der AUVA, der BVA, der SVA, der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau sowie der FG Personenberatung und Personenbetreuung „Fit im Job – Förderpreis für körperliche und geistige Gesundheit“ ausgeschrieben. Dabei werden in vier Kategorien jene Betriebe prämiert, die ihren Mitarbeitern die besten Gesundheitsförderprojekte anbieten. Dabei geht es nicht um das eingesetzte Kapital, sondern Neuartigkeit und 62 /// FAZIT MAI 2016

Konzeption der Programme werden bewertet.

Erfolgsstory mit Langzeitwirkung „Die Stärkung gesundheitsfördernder Faktoren bestimmt wesentlich den unternehmerischen Erfolg. ‚Fit im Job‘ motiviert Betriebe aller Branchen und jeder Größe zur Durchführung gesundheitsfördernder Maßnahmen“, betont Obfrau Daniela Gmeinbauer. „Was im Jahr 2002 mit einer Handvoll Betriebe begonnen wurde, ist zu einer umfassenden gesunden Bewegung gewachsen, der sich immer mehr Unternehmen anschließen.“ Auch Gesundheitslandesrat Christopher Drexler ist von der Idee begeistert: „Für die Leistung in der Arbeitswelt sind kör-

perliche und geistige Fitness wesentlich. Mit den „Fit im Job“-Preisen werden steirische Unternehmen ausgezeichnet, die sich besonders intensiv um dieses Thema kümmern. Das Gesundheitsressort unterstützt die Aktivitäten der betrieblichen Gesundheitsförderung gerne.“ Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann schlägt in dieselbe Kerbe: „Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ausschlaggebend für den Erfolg der steirischen Unternehmen. Ich unterstütze den steirischen Gesundheitspreis daher aus Überzeugung.“ Breite Kooperation von Partnern Das sinnvolle Anliegen wird von vielen Partnern aus dem

Gesundheitsbereich unterstützt, so von Herwig Lindner, Präs. der Ärztekammer Steiermark: „Arbeit hat gesundheitsfördernde Aspekte, die sich positiv auf unsere Lebensqualität auswirken. Es freut uns, dass sich bereits viele Arbeitgeber bemühen, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu stärken, motivierende Rahmenbedingungen zu schaffen und eine wertschätzende Unternehmenskultur zu leben.“ Auch GenDir Andrea Hirschenberger (STGKK) bekräftigt stellvertretend für die Versicherungen die wichtige Rolle der BGF: „Die betriebliche Gesundheitsförderung stellt eine tragende Säule des umfassenden Angebotes der GKK dar. Derzeit betreuen wir in diesem Programm rund 200 steirische Unternehmen, 40 Prozent davon sind Kleinbetriebe.“

Erfolgsbilanz in Buchform und neues Design Anlässlich des fünfzehnjährigen Jubiläums des Wettbewerbs erscheint zur Verleihung der Steirischen Gesundheitspreise im November 2016 das Buch „15 Jahre BGF in der Steiermark“, das alle ausgezeichneten Projekte seit dem ersten Wettbewerb im Jahr 2002 beschreibt und somit die Entwicklung der BGF in den vergangenen fünfzehn Jahren in der Steiermark dokumentiert. Das Jubiläum wurde auch zum Anlass genommen, den Außenauftritt des Steirischen Gesundheitspreises neu zu gestalten. Neben dem neuen, modern gestalteten Logo fällt besonders die neue Bezeichnung als „Fit im Job – Förderpreis für körperliche und geistige Gesundheit“ auf, durch die stärker als bisher herausgestrichen werden soll, dass die geistige und seelische Gesundheit – entsprechend der WHO-Definition – eine ebenso große Rolle wie die körperliche Gesundheit spielt.


Wirtschaft

Gründermesse 2016: Baukasten für erfolgreiche Jungunternehmer Rund 650 Besucher und Besucherinnen trafen am 9. April bei der dritten Gründermesse an der Messe Graz auf 50 Top-Aussteller. Besondere Highlights waren neben dem attraktiven Ausstellungsbereich die Keynotes der Gründertagung sowie die zahlreichen Workshops.

A

n den Ständen der Dienstleister, Behörden, Finanzund Rechtsprofis sowie in den Servicebereichen und Branchen der Wirtschaftskammer Steiermark wurde den angehenden Selbstständigen wertvolles Know-how geboten. Mehr als 70 Prozent der Messebesucher stehen vor der Unternehmensgründung – das restliche Publikum bildeten bereits selbstständige Jungunternehmer. Im Vergleich zum Jahr 2014 ist die Gründerzahl in der Steiermark um 7,3 Prozent gestiegen. „Angesichts der Konjunkturlage ist das eine höchst interessante

Dynamik, die es zu verstärken gilt“, kommentierte WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk und fügt hinzu: „Wir müssen den Betrieben wieder mehr Luft zum Atmen lassen, vor allem, wenn es um den Faktor Arbeit geht. Dann werden aus den Gründern von heute die Arbeitgeberbetriebe von morgen.“ Erfolgsberichte und Motivation Die Gründertagung und das attraktive Vortragsprogramm der Gründermesse rundeten das geballte Informationspaket auch mit unterhaltenden

Aspekten ab. So lieferten die Erfolgsstorys von Andreas Flanschger (bionic surface technologies) und Florian Schneebauer (Facts & Change GmbH) motivierende Inputs. Die Keynotes von ORF-Moderatorin Claudia Reiterer sowie Bestseller-Autor Peter Baumgartner sorgten für weitere Motivationsschübe. Zahlreiche Workshops und Vorträge versorgten das Publikum mit Wissenswertem zu den Themen Marketing, Recht, Finanzierung sowie der Erstellung von Businessplänen. Neben jeder Menge Wissen gab es für angehende Selbstständige

Organisierten die Gründermesse: Andrea Keimel (Stadt Graz), Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann, ORF-Lady Claudia Reiterer, Karl-Heinz Dernoscheg (WKO-Direktor), Dagmar Eigner-Stengg (Steiermärkische) und Armin Egger (CEO Messe Congress Graz). auch ein Gründerstartpaket im Wert von rund 6.000 Euro zu gewinnen. Im nächsten Jahr steht die Gründermesse voraussichtlich wieder im April Rede und Antwort.

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Innovation

Alles neu auf Schiene Raus aus dem Dschungel Innovation

Fotos: SFG

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Wirtschaftsförderung SFGsind Stärken.“ Ihr umfassendesmit Wissen angestellt war“, Birgit Oswald.fürunsere kehr wie Waggons, Container Oder erzählt für Holzlieferungen unterstützt Innofreight Das ging aber nur bis zu einem gewissen in Personalfragen kam ihr auch zugute, oder spezielle Aufbauten sounsere Papierindustrie. Redem Förderungsprogramm Grad. „Irgendwann wurde der Wunsch als sie plante, die erste Mitarbeiterin einwie die Be- und Entladetechvolutionär: Die Hochöfen von Welt!Markt zurich Förderung von genau gerechnet, seitens des Unternehmens immer größer, zustellen. „Da habe nik dafür. Das Angebot Donawitz werden mit Roh-ob sich Internationalisierungsaktividas wohl ausgeht. Aufgrund der dass ist ich wieder an meinen Arbeitsplatz industrieübergreifend nach undGraz stoffen ausVerständlich, der hochmodernen täten heimischer KMU. die ich einTermine und Fristen, komme.“ war vielen reicht von Systemen für Innofreight-Entladestation sieHolz dort doch 12 Jahre lang als Leiterin zuhalten hatte, schaffte ich es aber ohneder bis Personalverrechnung einer großen oder Gestein über Kohle versorgt. Besonders wichtighin nicht alleine.“ Inzwischen hat Oswald illionen Tonnen unterzweite Mitarbeiterin aufgenommen Steuerberatungskanzlei tätig. Die Auftritt Süd- eineInnofreight hin zu Stahlerzeugnissen. für Innofreight ist der Speditions GmbH schiedlichster Güter die sie gerade ausbildet. Alle drei steirerin ihre beiden Herzstück des Systems ist wollte bei Messen wieSöhne der nicht „Trans-hat, Gründungsjahr: 2002 werden täglich auf den Eisenalleine lassen. Also machte sie sich als Damen sind übrigens Mütter und demder „InnoWaggon“. Dieser port & Logistik“ in München. Mitarbeiteranzahl: ca. 30 bahnschienen der Welt transPersonalverrechnerin im südwest- entsprechend wird bei Sibit Rücksicht Tragwagen für den EisenDiese alle zwei Jahre stattfinWirtschaftspark, portiert. Und jedes dieser Güsteirischen Wernersdorf selbstständig. auf das Familienleben genommen. Birgit bahnverkehr besteht aus zwei dende Leitmesse Bereich Grazer 18 Team – drei Damen ter braucht eine eigene Art von undStr.ihr Und das mit so großem Erfolg,im dass sie Oswald kurz-gekuppelten Halbwagen. Logistik und Mobilität wird 8600 Bruck/Mur Waggon. Es gibt solche für den bald Hilfe brauchte – und mit Erfolgs!Duo als Wegweiser aus dem PersonalverDas geringere Eigengewicht von als 50.000 Inter-rechnungsdschungel. www.innofreight.com Holztransport, für Schüttgüter auch bekam. Dasmehr Förderungsprogramm der Steirischen Wirtschaftsförderung ermöglicht mehr Ladekapaessierten aus 110 Ländern wie Kohle oder Koks, für Erze, SFGdes fördertbesucht. Jungunternehmen der zität bis zum Erreichen Ein eigenerbeiGleisanStahlerzeugnisse und viele anAusstattungschluss des Arbeitsplatzes für denerhöchstzulässigen Gesamtgeam Messegelände dere. Das ist kompliziert und Innovative steirische ersten Mitarbeiter. Oswald nahmder wichts. Diese Systeme werden möglichtBirgit die Präsentation ineffizient. Das ändert sich Unternehmen: diese Hilfe an und engagierte ihre erste weltweit eingesetzt. Etwa zur Leistungsfähigkeit der Innofjetzt durch Innofreight. Das Eine Serie der Steirischen Mitarbeiterin. „Als Personalverrechnerin Brucker Unternehmen hat ein Wirtschaftsförderung SFG ist man verpflichtet, sich permanent modulares Transportsystem weiterzubilden“, erklärt sie die Herausfür all diese Güter entwickelt. forderungen ihrer Tätigkeit. „Laufende Im Prinzip besteht es aus eiÄnderungen in den gesetzlichen Vorschriften zwingen einen dazu. Damit nem Tragwagen, auf den versind viele vor allem kleine und mittlere schiedene Aufsätze gesetzt Unternehmen fachlich und ressourcenwerden, je nach Transportgut. mäßig überfordert. Deshalb lagern sie die Dieser Aufsatz, etwa ein ConPersonalverrechnung aus.“ tainer, kann dann von einem Steirische Gabelstapler direkt vom WaMehr als nur brutto und netto Wirtschaftsförderung gen genommen werden und Ihr Unternehmen nannte sie Sibit: Service, wird einfach durch umdrehen individuelle Beratung, individuelles entladen. Das geht schnell und Mit Hilfe der SFG konnte Birgit Oswald Training. Aus den Anfangsbuchstaben dieser Wörter setzt sich der Firmenist vor allem im Winter ein bereits zwei Mitarbeiterinnen einstellen. name zusammen. Und der ist Programm: Vorteil, wo die Güter an den Foto: Schiffer

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„Man muss dem Kunden mehr bieten, als nur vom Brutto zum Netto zu rechnen. Welt!Markt – Die Förderung für internationale Auftritte Ich mache nicht nur die Personalverchuld“ an ihrer Karriere als Unternehmerin sind eigentlich ihre Söhne rechnung, sondern berate meine Kunden Ziel der Förderungsaktion Welt!Markt ist es, steirische Unternehmen bei ihren ersten internationaTobias und Simon. „In der Karenz auch in der Personalplanung und schule len Messeauftritten und Markterschließungsmaßnahmen sowie bei grenzüberschreitendem Technoarbeitete ich teilweise von zu Hause aus die Mitarbeiter der Personalabteilungen.

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logietransfer zu unterstützen und dadurch den Zugang zu neuen Exportmärkten und Kooperationspartnern zu erleichtern. Darüberhinaus können Architekturbüros und Ingenieurskonsulenten bei Informationen zu Förderungsmöglichkeiten der Teilnahme anDie internationalen Wettbewerben unterstützt werden. innovationsfreudige Dies erfolgt subsidiärUnterzu den Steirische Wirtschaftsförderung SFG unterstützt Programmen dernehmen Go-International-Offensive. in der Steiermark bei Forschung und Entwicklung und ihrem Wachstum, damit diese neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen erfolgreich am Markt

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22 /// FAZIT JÄNNER 2014

64 /// FAZIT MAI 2016

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Foto: WKO

Manfred Zink (Goldmedaille São Paulo 2015), WKOSteiermark-Präsident Josef Herk, WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz, der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und Birgit Haberschrick (Goldmedaille Lille 2014).

We are Skills – Berufs-EM 2020 kommt nach Graz Die seit Monaten herbeigefieberte Entscheidung ist gefallen und der Jubel groß: Bei der WorldSkills-Europe-Tagung am 20. April in Göteborg wurde Graz zum Austragungsort der zweijährlich stattfindenden Berufs-EM in vier Jahren erkoren.

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ei der Generalversammlung von WorldSkills Europe hatten die finalen Kontrahenten Graz und Helsinki noch einmal die Chance, die Delegierten von ihrer jeweiligen Bewerbung zu überzeugen. Zehn Minuten, in denen Österreich – gemäß dem Bewerbungsmotto „We are Skills“ – noch einmal zeigte, dass diese EM der Berufe ein echtes Herzensanliegen ist. Und das mit Erfolg! Die steirische Landeshauptstadt hat sich im heißen Finale gegen die finnische Metropole Helsinki mit 17 zu 10 Stimmen durchgesetzt. Veranstaltungsort für die „EuroSkills“ wird das Messe-Center Graz sein. Ein langersehnter Traum wird wahr Riesenfreude herrschte unter den Teilnehmern der Bewerbungsdelegation unter Führung von WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk, der mit WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz, Skills-Sonder-

beauftragter Renate Römer, dem Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und Messe-Congress-Chef Armin Egger sowie den beiden Gold-Medaillengewinnern Birgit Haberschrick (EuroSkills Lille 2014) und Manfred Zink (WorldSkills São Paulo 2015) nach Göteborg gereist war. „Ein langersehnter Traum geht damit in Erfüllung. Wir werden zeigen, dass Österreich nicht nur eine Fachkraft-Supermacht, sondern auch ein hervorragender Gastgeber ist“, so Herk in einer ersten Reaktion. Bei den EuroSkills messen sich alle zwei Jahre die 500 besten Nachwuchsfachkräfte Europas in mehr als 50 Berufen. Die Durchführung des Megaevents auf dem Gelände der Messe Graz steht Anfang September 2020 auf dem Plan. Hier werden dann die 500 besten Nachwuchsfachkräfte Europas in mehr als 50 Berufen aufeinandertreffen. Rund 100.000 Besucher werden erwartet. FAZIT MAI 2016 /// 65

Engagierte Unternehmer/innen, die auf ihre Mitarbeiter/innen schauen, gehören gewürdigt und belohnt! Jetzt Projekte bis 31. Mai 2016 einreichen. Infos unter wko.at/fitimjob facebook.com/fitimjobsteiermark

Kooperationspartner:


Wirtschaft

Foto: Knapp / Marija Kanižaj

Gewinner des KNAPP Coding Contest (v.l.n.r.): Peter Pötzi, Martin Zimmermann, Christian Michael Krickl, hinten: Ingo Spörk, Personalleiter Knapp, und Mario Löfler, Senior Software Consultant bei Knapp

KNAPP Coding Contest 2016 und SPS Challenge Finale Die Suche nach verborgenen Programmier-Talenten hat bei Knapp System: Am 8. April 2016 wetteiferten im Knapp-Headquarter in Hart bei Graz Schüler und Studenten beim „Knapp Coding Contest“ und im Finale der SPS Challenge um Preisgelder und Praktikumsplätze.

Z

um fünften Mal tüftelten die jungen IT-Talente beim diesjährigen Coding Contest an der traditionell kniffligen Aufgabe aus der Logistikpraxis. Die rund 60 Teilnehmer aus der Steiermark, Kärnten, Wien und dem Burgenland sahen sich vor die Aufgabe gestellt, ein Software-Modul – wahlweise in Java oder C# – zur Optimierung von Warenbewegungen zu entwickeln, das die rasche Auftragsbearbeitung und Auslieferung garantiert. Ein Student der TU Graz gewann am Ende den „Knapp Coding Contest 2016“ mit der besten Lösung in der kürzesten Zeit! Jeder Teilnehmer ist ein Gewinner Der Wettbewerb bietet IT-Nachwuchstalenten die Möglichkeit, ihr Wissen an einer konkreten Aufgabe zu testen und sich mit den teilnehmenden Kollegen zu messen. „Knapp ist Spezialist für Lagerautomation und Lagerlogistik-Software und zählt zu 66 /// FAZIT MAI 2016

den größten steirischen IT-Arbeitgebern. Mit diesem Wettbewerb wollen wir IT-Talente für die vielseitigen Aufgaben und Herausforderungen in der Logistik begeistern“, erklärt Ingo Spörk, Personalleiter bei Knapp. Für ihn sind alle Teilnehmer Gewinner, denn der Wettbewerb bietet nicht nur attraktive Preisgelder, sondern ist auch ein Sprungbrett ins Unternehmen. Viele Teilnehmer nutzen die Chance, um in Praktika erste Berufserfahrungen im weltweit agierenden Unternehmen zu sammeln. Und Knapp unterstützt auch gerne bei Projekt- und Diplomarbeiten.

But the real winners are … Den Knapp Coding Contest mit einem Preisgeld von 1.500 Euro gewann Martin Zimmermann von der TU Graz. Über den zweiten Platz und über 1.250 Euro kann sich Christian Michael Krickl von der HTL Kaindorf freuen. Vorjahressieger Peter Pötzi ist wieder vorne mit dabei und sicherte sich

den 3. Platz mit 1.000 Euro. Unter den Top 10 befanden sich weitere Studenten der TU Graz und TU Wien, HTL Kaindorf, HTL Villach und HTL Bulme Graz-Gösting. Als beste teilnehmende Institution wurde die TU Graz ausgezeichnet. Nach über zwei Stunden intensiver Programmierarbeit konnten sich die Coding-Contest-Teilnehmer beim schon traditionellen Chill-out an der Beer & Burger Bar entspannen und sich an den Karrierepfad-Stationen über die Berufsfelder im Softwarebereich informieren. Finale der Knapp SPS-Challenge Das Schülerprojekt SPS-Challenge wurde unter der Leitung von Peter Puchwein, Bereichsleiter Innovation bei Knapp, und dem Group Manager Software Realtime Systems, Stefan Pfeifer, über ein ganzes Semester betreut. Je vier Teams von der HTL Weiz und fünf von der HTBL Kapfenberg beteiligten sich am heurigen

Wettbewerb. Die Vorgabe lautete, eine Steuerung aus Fischer-Technik-Komponenten und einem SPS-Starter-Kit für ein Trainingsmodell mit Arbeitsstationen und einer Fördertechnik mit Transportgut zu entwickeln – wiederum eine Aufgabenstellung mit direktem Praxisbezug für die Elektrotechniker und Mechatroniker. Die Fachjury bewertete nicht nur die eingereichten Modelle, sondern die gesamte Projektphase – beginnend bei der Qualität des Pflichtenhefts, über die Visualisierung und Struktur der Bedienung bis zu Programmkonzeption und -dokumentationen. Das Siegerteam mit Patrick Koller, Daniel Tanzer, Julian Kalcher und Ahmed Ahmeed kommt von der HTL Weiz und darf sich neben einer kräftigen Finanzspritze von 1.500 Euro auch auf ein „Erlebnispraktikum“ im Sommer bei Knapp in der Produktentwicklung freuen.


Foto:Steiermärkische Sparkasse

Wirtschaft

Mag. Dagmar Eigner-Stengg, Leiterin GründerCenter und Dr. Ernst Rath, Leiter Geschäftsfeld Kommerz (Steiermärkische Sparkasse), Mag. Elisabeth Puntigam und Mag. Karin Eckhart (beide Steuerberatung Deloitte)

Gründerfehler kann man vermeiden! Der Trend, sich selbständig zu machen und ein Unternehmen zu gründen ist in der Steiermark ungebrochen. Bei allem Enthusiasmus dürfen jedoch die zahlreichen Stolpersteine nicht übersehen werden. Wie man sie vermeidet, darüber informierte vor kurzem eine Veranstaltung des GründerCenters der Steiermärkischen Sparkasse.

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m Jahr 2015 wurde mit exakt 3.924 Unternehmen das zweiterfolgreichste Gründerjahr in der Geschichte der Steiermark verzeichnet. Doch es gilt, die zahlreichen Risiken stets zu bedenken: Nicht jedes Geschäftsmodell startet gleich durch, oft fahrlässige Fehler führen dazu, dass jedes fünfte Unternehmen in den ersten drei Jahren scheitert und nach fünf Jahren fast ein Drittel aufgegeben hat. Als kompetente Anlaufstelle bei den damit verbundenen Fragen steht allen Gründern und Nachfolgern das GründerCenter der Steiermärkischen Sparkasse in Graz zur Verfügung. „Unsere Spezialisten stehen nach Terminvereinbarung kostenlos in allen Fragen zu Finanzierungsmodellen, Förderungen und Minimierung der Risiken beratend zur Seite“, erklärt Mag. Dagmar Eigner-Stengg, Leiterin des GründerCenters. Zahlreiche frei zugängliche In-

formationsveranstaltungen für alle Interessierten ergänzen das Angebot für frischgebackene Unternehmer oder solche, die es werden wollen. Gut geplant ist halb gegründet In einem ausführlichen Impulsreferat erklärten beim Infoabend in der Kundenlounge der Steiermärkischen Sparkasse am 19. April die Steuerberaterinnen Mag. Karin Eckhart und Mag. Elisabeth Puntigam von Deloitte den zahlreichen Gästen die zehn häufigsten Gründerfehler, von fehlendem Businessplan über Rechtsformen bis hin zum Umgang mit der Sozialversicherung. Gute Vorbereitung und die Hausaufgaben zu erledigen stehen an erster Stelle. Auch danach heißt es, nicht nur fleißig arbeiten, sondern auch reiflich überlegen und sorgfältig wirtschaften. Dagmar Eigner-Stengg bringt die gängigsten Versäum-

nisse auf den Punkt: „Die häufigsten Gründerfehler sind das Gefährden der Liquidität durch zu spätes Ausstellen von Rechnungen, kein Geld für künftige Steuern auf die Seite zu legen oder eine falsche Preiskalkulation aufzustellen.“ Auch zum Thema Finanzierung ist man beim GründerCenter am richtigen Ort, betont Eigner-Stengg: „Wir beraten gerne zu den Förderungen für Unternehmensgründer und Jungunternehmer, für Investitionen bestehender Unternehmen bis hin zu Förderungen für umweltrelevante Maßnahmen und Technologie, und finden dann gemeinsam mit dem Kunden die für ihn maßgeschneiderte Finanzierungslösung.“

Infos:

GründerCenter der Steiermärkischen Sparkasse: www.gruender.at/steiermark

Die häufigsten Gründerfehler: 1. Zum Gründen brauche ich doch keinen Businessplan! 2. Ein Liquiditätsplan ist nur unnötige Arbeit, ich hab’ eh mein Startkapital! 3. Förderungen kann ich dann immer noch beantragen! 4. Wozu soll ich Aufzeichnungen führen, ich hab’ doch eh alles im Kopf! 5. Für mein Produkt verlange ich, was ich will! 6. Mich hat noch nie jemand nach meiner Gewerbeberechtigung gefragt! 7. Die Rechtsform ist mir erst einmal egal! 8. Einen Gesellschaftsvertrag benötigen wir nicht – wir können uns eh alles ausreden! 9. Für Nachzahlungen an SVA und Finanzamt muss ich doch nicht vorsorgen! 10. Zuerst will ich wissen, wie mein neuer Mitarbeiter arbeitet, danach melde ich ihn an! Terminaviso: Die nächste Veranstaltung des GründerCenter, unter dem Titel „Innovation am Punkt“, findet am 3. Mai 2016 ab 18 Uhr, ebenfalls in den Räumlichkeiten der Steiermärkischen Sparkasse in Graz statt.

FAZIT MAI 2016 /// 67


Bauen & Wohnen Fachbücher zu Immobilienkauf und -verkauf aus rechtlicher Sicht

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ie neue Immobilienertragsteuer ist eine einschneidende Änderung in unserem Steuersystem und stellt vieles auf den Kopf, was bislang in Stein gemeißelt war. Das neue Praxishandbuch des dbv-Verlags „Immobilienkauf und -verkauf – Grundlagen aus steuerrechtlicher und zivilrechtlicher Sicht“ stellt kompakt und mit vielen Beispielen aus der Praxis dar, welche Auswirkungen die steuerlichen Neuerungen haben und wo die Stolpersteine liegen. Es richtet sich Liegenschaftsverkäufer/-käufer bzw. an Vermieter/Mieter wie an verschiedene Berufsgruppen: Anwälte sehen sich mit Fragen konfrontiert, die früher bei der Vertragsgestaltung nicht relevant waren, und Steuerberater müssen sich ab jetzt verstärkt in die Vertragsgestaltung einbringen. 68 /// FAZIT MAI 2016

Aus dem Inhalt: • Einführung in die ImmoESt neu • Ich verkaufe meine Immobilie: Alt- oder Neuvermögen, Steuersätze, Steuerbefreiungen, Berechnung und Abfuhr, Fristen, Kosten • Ich kaufe eine Immobilie: Kaufpreis, steuerliche Auswirkungen, Grunderwerbsteuer, Preisverhandlungen, Vertragsklauseln • Ich habe eine Immobilie und möchte diese vermieten: Liebhaberei, Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Mietvertragsklauseln, Informationspflichten • Ich möchte eine Immobilie mieten: für Wohn- oder Geschäftszwecke, Auswirkungen der ImmoESt, Gebühren, Umsatzsteuer, Fallen

Einzigartig am vorliegenden Werk ist der Überblick aus sowohl der Sicht des Steuerberaters als auch des Rechtsanwalts: • fundierte Fachinformation – einfach und verständlich geschrieben • mit gezielten Gestaltungshinweisen und zahlreichen Tipps & Tricks

„Immobilienkauf und -verkauf – Grundlagen aus steuerrechtlicher und zivilrechtlicher Sicht“ von Christoph Schmidl und Elisabeth Schmidl, ISBN 978-3-7041-0566-0, 96 Seiten, Preis: 23,10 Euro Bild: dbv Verlag

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Steiermärkische ist Hauptsponsor für „Steirischen Wein“ Am 6. April wurde zur Jahrgangspräsentation „Steirischer Wein 2015“ in die Grazer Stadthalle geladen. Nach dem arbeitsintensiven und anspruchsvollen Jahr 2014 sorgt der Jahrgang 2015 wieder für frohe Gesichter unter den Winzern. Die Traditionsmarke „Steirischer Wein“ hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt, den die Steiermärkische Sparkasse seit über 17 Jahren als Hauptsponsor begleitet. „Wie die Winzer ihrer Leidenschaft für den Weinbau im steirischen Wein Ausdruck verleihen, so setzen wir als Steiermärkische Sparkasse uns leidenschaftlich für die Anliegen unserer Kunden ein“, erklärte Franz Kerber, Vorstandsvors.-Stv. der Steiermärkischen Sparkasse.

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Fotos: Steiermärkische Sparkasse, Louise Reichert für MP Group, Spar, Energie Steiermark

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Pachleitner Partner von GnT In der aktuellen Staffel von „Germany’s next Topmodel“ ist auch Österreich prominent vertreten: Die Michael Pachleitner Group (MP Group), mit dem Fokus auf Brillenmode, bringt als Lizenznehmer eine eigene „Germany’s next Topmodel“-Kollektion auf den Markt. Die MP Group ist offizieller Partner der Erfolgsshow. Die Kollektion umfasst 16 Sonnenbrillen-Modelle. Ein TV-Spot rückt die stylischen Sonnenbrillen ab 31. März auf ProSieben und SIXX ins Rampenlicht.

Geballte App-Power für Bürgerservice Saubermacher und Energie Steiermark bündeln ihre Kräfte und schaffen mit der „Daheim App“ erstmals eine Anwendung, die alle wichtigen Infos und Services für BürgerInnen in einer App für Smartphone und Tablet vereint. Bereits im Vorjahr hat Saubermacher mit dieser Service-App ein modernes Kommunikationstool für Kommunen für Entsorgungstermine auf den Markt gebracht. Lannach bietet als erste Gemeinde das All-in-One-Kommunikationsmittel an. Neben Gemeindenews in Echtzeit, aktuellen GastroAngeboten, Neuigkeiten von Vereinen, Einladungen zum Elternabend oder Schulfest, ist nun auch das Mieten von Elektroautos mit der App möglich.

Raiffeisen startet neue Ära im Zahlungsverkehr

Mobiles Bezahlen mit dem Smartphone ist die neue Generation des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Damit sind Zahlungen kontaktlos am Zahlungsterminal möglich. Raiffeisen brachte die Technologie unter dem Begriff „Digitale Bankomatkarte“ ab April flächendeckend in die Steiermark – vorerst für alle Smartphones mit Android-Betriebssystem. „Unsere Kunden sind von dieser komfortablen Bezahlform begeistert“, berichtet RLB-Vorstandsdirektor Rainer Stelzer von den Ergebnissen des Pilotbetriebs. „Wir sehen im kontaktlosen Bezahlen großes Potenzial.

Gold und Silber für Spar-Fleischerlehrlinge Am 12. April fand in der Ausbildungsstätte für Fleischverarbeitung und Fleischverkauf in Gleinstätten der diesjährige Landeslehrlingswettbewerb der Fleischer statt. Die Kandidaten aus dem gesamten steirischen Raum stellten sich der Herausforderung, sich in vier Disziplinen mit den Besten des Landes zu messen. Thomas Lengheimer aus St. Marein bei Graz, Lehrling im Tann-Fleischwerk in Graz, ging als Sieger des Wettbewerbs hervor. FAZIT MAI 2016 /// 69



Fazitportrait

Hut und Mut Von Volker Schögler Fotos: Marija Kanizaj

Sie gilt als letzte Hutmacherin des Landes und produziert höchste Handwerksqualität statt Industrieware.

Karin Krahl-Wichmann betreibt die Grazer Hutfabrikation Kepka wie

vor 100 Jahren. Eine Geschichte von Mut und Schicksal, von Romantik und Realität und ein bisschen mehr.

Fazit Mai 2016 /// 71


Fazitportrait

I

ch war bei der Hutmacherin. So beginnt der seriöse, gelernte Journalist keine Geschichte. Viele, naja, manche wissen das. Noch. Was hätte denn der Journalist auch in der Story zu tun? Angeben, sich wichtigmachen, glauben, selbst dazuzugehören? Bei einer Livereportage kann das anders sein: Wer, wenn nicht der Reporter, muss dann im Hier und Jetzt geistesgegenwärtig, neugierig, eloquent sein, im rechten Moment die richtigen Fragen stellen – da darf, ja, muss er oder sie im Mittelpunkt stehen. Manchmal auch sein Ich. So wie in Kommentar und Glosse; schön, genug doziert – aber sonst? Ja, der einst verpönte Ich-Journalismus hat sich auch in Print eingeschlichen, aber aus Notwehr! Denn der vermeintlich und oft wirklich aktuelle Online-»Journalismus« kennt oft genug keinen Genierer, was die Ich-AGs angeht. Allen voran die Blogger. Ja, gut, dass es sie gibt. Und Böhmermann mit Erdogan. Aber jetzt wird zurückgebloggt, denn auch Print darf kurzweilig sein. Ich war also bei der Hutmacherin. Ich. Und Sie nicht, lieber Leser, liebe Töchtersöhne. Einigen wir uns in der Mitte und sagen einfach, es war nicht ich, sondern er. Der Journalist. Es darf sich ohnehin jeder so bezeichnen. Und aus.

Als er das Geschäftslokal der Hutfabrikation Kepka in der Wickenburggasse betritt, fühlt er sich schlagartig in die neunzehnfünfziger und -sechziger Jahre zurückversetzt. Ein altes Zimmer, alte Gerüche, alte Hüte, ein Zylinder, genauer Chapeau Claq, ein Erzherzog-Johann-Hut, ein Jägerhut, ein Hut mit – Reißverschluss? Ein neuer Hut, noch mehr neue Hüte, ein Durchgang, alte, seltsam fremde Gerätschaften, drei oder vier undefinierbare, offenbar schwere Gewichte hängen an Seilzügen mit Gegengewichten symmetrisch von der Decke, alte Bügeleisen seufzen leise, eine Werkstattveranda tut sich auf. Kleinscheibig altmodisch, aber nach drei Seiten hin verglast, bietet sie drei noch älteren, schweren, schwarzen Nähmaschinen eine helle idyllisch-museale Heimstatt: »Die Näherei für die Modistenarbeit«, klärt ihn Karin Krahl-Wichmann auf. Die 34-jährige Mutter zweier Kinder hat vor 13 Jahren die »Hutfabrikation Josef Kepka« aus dem Jahr 1910 von ihrem Vater übernommen und hält der sterilen digitalen Blingblingzeit tapfer den staubigen analogen Spiegel des Handwerks entgegen. Eine Zeitreise von 100 Jahren Ein Stockwerk tiefer, in der Werkstatt mit direktem Zugang in den Garten, ist die Zeitreise hundert Jahre zurück in die Vergangenheit 72 /// FAZIT MAI 2016

vollzogen. Antiquierte Gerätschaften und Maschinen, wohin das Auge blickt. Der Besucher wähnt sich in einem Museum. Verdächtig unaufgeräumt allerdings und alles mit einer mächtig dicken Patinaschicht überzogen. Als eine gut zweieinhalb Meter lange, offene (!) Kurbelwelle unter einer der riesigen, massiven Werkbänke anläuft, um eine Rotationsmaschine für den sogenannten Stumpen, die Ausgangsform jedes Huts, in Gang zu setzen, weicht der Besucher instinktiv zurück. »Bei dem Pedal neben dem Ausrücklager fehlt leider eine Feder«, erläutert der technikversierte Liebhaber alter Maschinen an Karin Krahl-Wichmanns Seite, Michael Lippitsch, und tritt beherzt auf das Pedal, um die Rotationsrichtung zu ändern. Mit einem Ruck rückt besagtes Lager aus und wirft den Retourgang ohne jegliche Kupplungsdämpfung rein. Seit einem dreiviertel Jahr steht er der letzten Hutmacherin in der Steiermark – es gibt noch zwei Kollegen – zur Seite. »Ohne ihn wäre es schwierig geworden«, sagt die Unternehmerin, der der Ausfall der helfenden Hand ihres schwer erkrankten Vaters zu schaffen macht. So romantisch die Arbeitsbedingungen in einer museumsreifen Werkstatt auch erscheinen mögen – gesund sind sie auf Dauer nicht. Dabei werden fast ausschließlich natürliche Materialien verwendet. Neuerdings bei bestimmten Arbeitsprozessen aber auch Staub- und Schutzmasken. Vom Stumpen zum Hut Der Besucher lässt sich den Ablauf der Hutproduktion zeigen, der mit dem Tränken des in Slowenien, Deutschland, Spanien, Portugal oder den USA zugekauften Stumpens in der sogenannten Appretur beginnt. Diese auch als Hutsteife bezeichnete Mischung aus Wasser und Schellack macht den zumeist aus Hasenhaar hergestellten Stumpen in der Folge erst wetter- und formbeständig. Das Selbersteifen ist die Königsklasse in der Hutproduktion, mittlerweile so selten wie die in Österreich vom Aussterben bedrohte Großtrappe und ist ein Beleg für die hohe Qualität der Kepka-Hüte. Außerdem ein ökologisch wertvoller und nachhaltiger Produktionsvorgang, da es sich bei Schellack um nichts anderes als das Ausscheidungsprodukt von Blattläusen handelt, ja natürlich. Und seinen Preis hat das auch, wie Lippitsch erläutert: »Acht Kilo Schellack kosten etwa 600 Euro; und ein Kilo reicht für zirka fünfzig Hüte.« Nach Adam Riese also eine günstige Investition in Qualität. Das anschließende Auswalzen mit einer Rollenpresse aus den Anfängen des Maschinenzeitalters ist wiederum Erfahrungssache. Auch dieses Ding stand schon ein halbes Jahrhundert da, als der


Vater der Hutmacherin im Jahr 1958 hier als Lehrling begann, bevor er 1980 den Betrieb als Meister übernahm. Headblocks und Haifischhäute Der staunende Besucher bahnt sich seinen Weg durch hunderte (Linden-)Holzformen, englisch Headblocks, alle jeweils in den Größen von 52 bis 60 vorhanden, sowie Negativhüte aus Metall, die allesamt zur Formgebung und Größenanpassung der Stumpen beziehungsweise Hüte dienen. Dazwischen erinnern die seltsamsten Form- und Schneidegeräte – alle als Spezialwerkzeuge nach wie vor in Verwendung – oder auch steife Häute von Katzenhaien endgültig an ein Kuriositätenkabinett. Von letzteren wurde erst ein paar Monate zuvor eine ganze Kiste in einem Lüftungsschacht gefunden. Sie sind natürlich keine Mitbringsel vom Mittelmeerurlaub – obwohl das niemand ausschließen kann, man weiß es nicht mehr – jedenfalls aber ebenfalls zu einer speziellen Verwendung bestimmte »Tools« (das Hutmachergewerbe ist traditionell britisch geprägt). Sorgfältig ausgeschnittene Haifischhautstreifen werden für den nächsten Arbeitsgang bei der Hutherstellung wie Schleifpapier auf die elektrisch betriebene Schleifscheibe der Lystiermaschine aufgezogen. Der Stumpen wird wahlweise mit einer Filzscheibe, mit Schleifpapier oder eben mit Haifischhaut geschliffen. Dabei entsteht allerdings eine Staubbelastung, die die gesundheitlichen Gefahren der alten Herstellungsweisen drastisch vor und in die Augen beziehungsweise Nase führt. Die Staubmaske ist angesagt. Der Vergleich macht den Besucher sicher: Der mit Haifischhaut geschliffene Hutrohling wird tatsächlich samtiger als der mit Schleifpapier behandelte.

Dann kommt das auf eine Hutform aufgezogene Werkstück unter eine der beiden riesigen kupfernen Dampfglocken, die nur mithilfe von Gegengewichten in die Höhe gehoben werden können, um dortselbst fünf Minuten dem wichtigsten Helfershelfer der Hutmacherin ausgesetzt zu werden – dem Dampf. Der wiederum in einem eigenen Raum im Untergeschoß erzeugt wird und zugleich eine Wärme- und Trockenkammer gewährleistet. Es folgt das händische »Aufziehen« des feuchten Huts über ein Tischeck, um die Krempe auszuformen. Die Übergangskante vom Kopf (auch Krone genannt) zur Krempe wird mit einer einfachen Schnur fixiert und der Hut über Nacht in der Wärmekammer getrocknet. »Am nächsten Tag wird der – übrigens spezielle – Knoten Knoten aufgeschnürt und es wird weiter geformt«, so Krahl-Wichmann. FAZIT MAI 2016 /// 73



Fazitportrait

Reparieren ist Nachhaltigkeit. Schließlich besteht ein Hut aus sechs Hasen. Karin Krahl-Wichmann, Hutmacherin

Metallhüte und Dunlopdichtungen Im nächsten Schritt wird die Krone mit der Hand geformt (»Übungssache«) oder mit der Hutpresse behandelt – ein techno-archaischer Apparat. Der Hut kommt dabei in eine der metallenen Negativmodelle und wird mit der Öffnung nach oben versenkt. Darauf senkt sich der Deckel, der mit einer riesigen, fingerdicken Gummidichtung (von Dunlop, dem Erfinder des heutigen Autoreifens) versehen ist, die sich wiederum flächendeckend über die gesamte Deckelinnenseite zieht und eine fette Ausstülpung nach unten hat. Diese ist mit Wasser gefüllt und senkt sich in die Hutinnenseite. Der metallene Hut und das Wasser werden mit Dampf erhitzt, die Gummiausstülpung presst in der Folge den Filzstumpen mit hohem Druck an die Innenwände des Metalhuts – der Hut ist geformt. Nachteil: Es gibt keine Ersatzteile mehr, insbesondere keine derartige Gummidichtung mit Profil und Ausstülpung. »Aber ich habe noch zwei. Die halten ein Leben lang.« Nach dem Finish, nochmaligem Dampfen und Bürsten, wird das Schweißband eingenäht. Der Hut kommt wieder in eine Model und wird mit einer von drei parallel von der Decke hängenden und frappant an Kunstwerke (Readymades) erinnernden, mit Schotter (!) gefüllten Säcken, den Hutrandpressen, beschwert. Schließlich gebügelt und wieder gebürstet, im Hutmacherjargon »veredelt«. Und letztlich in eingangs erwähnter Modisterei mit kaum mehr erhältlichen Dingen wie Hutband oder Kordel, mit von der Hutma-

cherin selbst gemachten, genähten, geformten Blumen oder sonstigem Dekors absolut einzigartig und professionell ausgestattet. Schließlich hat sie an der Modeschule am Ortweinplatz maturiert.

Trost und Rat Das war ein langer, mit Qualitätsarbeit gepflasterter Weg vom Stumpen bis zum Hut. So gesehen ist der Preis für den Klassiker, den Ausseer Hut, mit 85 Euro (Schaf) und 105 Euro (Hase) keineswegs teuer. Es gibt auch billigere Ausführungen, aber die halten nicht lange und sind »wasserscheu«. Das wissen auch die Kunden der Hutfabrikation Kepka (deutsch: Käppchen): Musik- und Trachtenvereine, Theater, Oberlandler, aber auch viele individuelle und junge Käufer. Denn auch die Auswahl ist grandios: vom Jägerhut um 60 Euro, über den Goiserer, die Melone, den Sport-Ausseer sowie den klassischen Ausseer bis zum Erzherzog-Johann-Hut um 360 Euro, aber auch die moderne Modellpalette (tatsächlich, ein Reißverschlusshut) bis hin zu unzähligen Damenmodellen findet man alles, insbesondere Rat und Tat, aber auch Weisheit und Trost: »Ein Hut mit Qualität ist relativ einfach zu reparieren, zu restaurieren und auch umzuarbeiten. Das kostet nur einen Bruchteil vom Neupreis.« – So einen Satz hat unser Journalist das letzte Mal vor vielleicht 25 Jahren gehört. Als man eine Delle im Autoblech noch ausgebeult hat, statt den ganzen Kotflügel zu tauschen. Das hat die Hutmacherin wohl mit Nachhaltigkeit gemeint. n

Hutfabrikation Kepka 8010 Graz, Wickenburggasse 20 Telefon 0316 683185 kepka.at

FAZIT MAI 2016 /// 75


Fazit feiert zwölf Jahre …

76 /// FAZIT MAI 2016


fazitmagazin.at

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#115

#109

FAZIT

Eine Bilanz nach 20 Jahren in der Europäischen Union

Wahlen in der Steiermark

Schilder für die Welt Ungericht Essay von Bernhard us Graz Neuer im Literaturha Wirtschaft und

Wie die heimische Wirtscha ft vom All profitiert

mehr. Aus dem Süden.

r Was die Reformpartne alles richtig machen

Überflieger

Fazitgespräch mit Hubert Neuper

Speed Mum

Wirtschaft und mehr. Aus

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Fazitgespräch mit Renate Götschl

Verlagspostamt A-8010

04Z035487 M A-8010 Graz P.b.b.

dem Süden.

Sind Sie ein Star, Herr Kommissar?

Fazitgespräch mit Gregor Seberg

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Jänner 2015

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FAZIT

Der »Zöscher« trotzt dem Trend Essay von Werner Kuich Alaska. Das letzte Abenteuer

stamt Graz Verlagspo

P.b.b. 04Z035487 M A-8010 Graz Erscheinungsor t Graz Verlagspostamt Nr. 109 10/2014 EURO 4,50

Juni 2015

fazitmagazin.at

Raumschiff Steiermark

#113

Österreich und Europa

FAZIT

August 2015

Besuch auf der Vogelfa rm Essay von Manfred Prischi ng Unbekannte Amalfiküste Wirtschaft und mehr.

Aus dem Süden.

Im Unternehmenssitz der »Michael Pachleitner Group«, im »MP09« in Graz Liebenau, feierte Fazit kürzlich seinen zwölften Geburtstag.

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ahlreiche Kunden und Freunde von Fazit aus Wirtschaft, Politik und Kultur nutzten die Gelegenheit, um den Herausgebern Christian Klepej, Johannes Tandl und Horst Futterer zu gratulieren. Unter den Gästen waren auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Landesrat Hans Seitinger, der Präsident der Landwirtschaftskammer Franz Titschenbacher, die Vorstände der Energie Steiermark Christian Purrer und Martin Graf und Hausherr Michael Pachleitner. Saubermacherchef Kommerzialrat Hans Roth stellte sich mit einer riesigen Geburtstagstorte ein. Unter den Gratulanten wurden neben vielen weiteren Ehrengästen auch VP-Klubchefin Barbara Eibinger-Miedl, der ehemalige Landtagspräsident Franz Majcen, Nationalratsabgeordneter Bernd Schönegger, der Rektor der FH-Joanneum Karl Pfeiffer mit Geschäftsführer Günther Riegler, Spargeschäftsführer Christoph Holzer, AMS-Chef Karl Heinz Snobe, Steuerberater Alexander Hofer und Landwirtschaftskammerdirektor Werner Brugner gesichtet. Seitens der WKO Steiermark feierten Sabine Wendlinger-Slanina, Elke Jantscher, Viktor Larisegger, Jakob Taibinger, Mario Lugger, Klaus Hasl und Angelika Ledineg mit Fazit. Auch Müllex-Chefin Daniela Müller-Mezin, RLB-Immobilienspezialist Nik Lallitsch und Christian Scherer von der Steirischen Krebshilfe nutzen das Fazitfest zum Netzwerken. FAZIT MAI 2016 /// 77


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#122 Das Jobwu

nder Lehr Das duale e schafft hohAusbildungssys tem e Beschä ftigung.

#121 ht frei! Stadtluft mac n die Menschen

Sparen im Spannungsfeld zwischen Tugend und Unheil

Weltweit ziehe die Städte. vom Land in

fazitmaga

Edel und Wild Faz

Stimme der Nation P.b.b. 04Z03 5487

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Fazitgespräch mit Chris Lohner

Medieninhaber, Eigentümer & Verleger Klepej & Tandl OG in 8010 Graz, Kalchberggasse 1/II www.ktundp.com, office@ktundp.com Geschäftsführung: Christian Klepej & Mag. Johannes Tandl Unternehmensgegenstand Der Betrieb einer Werbeagentur sowie die Herausgabe von periodisch erscheinenden Druckwerken, insbesondere des Magazins »Fazit« sowie des angeschlossenen Internetportals unter »www.fazitmagazin.at«. Grundlegende Richtung »Fazit« ist ein von politischen Parteien und Interessenvertretungen sowie anderen öffentlichen Einrichtungen unabhängiges Magazin. Wir berichten über hauptsächlich wirtschaftliche, aber auch politische, gesellschaftspolitische und kulturelle Themen mit starkem Österreich- und Europabezug. Einen Schwerpunkt unserer Berichterstattung legen wir dabei auf die Bundesländer Burgenland, Kärnten und die Steiermark sowie das südliche Niederösterreich. Wir fühlen uns dem Gedanken eines europäischen Einigungsprozesses auf Basis gleichberechtigter Völker, den Menschenrechten, der Aufklärung sowie insbesondere der christlich-jüdischen Tradition Europas verpflichtet. »Fazit« tritt für Religionsfreiheit und für die Freiheit jedes einzelnen Menschen, keiner Religion anzugehören, ein. Die Würde des Menschen ist unantastbar. »Fazit« erscheint monatlich – zehnmal im Jahr – in einer Auflage von mindestens 25000 Stück. Ein Großteil der Auflage wird direkt an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Kultur verschickt. Darüber hinaus wird Fazit über den ausgesuchten Fachhandel im Burgenland, in Kärnten und in der Steiermark vertrieben. »Fazit« wird in der Europäischen Union gedruckt. © 2004–2016 by Klepej & Tandl OG, Graz, A.R.v.

78 /// FAZIT MAI 2016

FAZIT

April 2016

er im Portrait Zweirad Jang ter Ederer Essay von Gün gliche Marokko Reise ins köni

3/2016 EURO 4,50 Erscheinun

gsort Graz

t A-8010 Graz

Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.

n. Aus dem Süde und mehr. Wirtschaf t Nr. 122

Akadische Spurensuche in Kanada

postam rt Graz Verlags

November 2015

Rudi Lackners Café Kaiserfeld Essay von Bettina Röhl

Verlagspos

mit Fazitgespräch tzenhöfer Hermann Schü

FAZIT

itgespräch mit Eveline Wil d

tamt A-801 0 Graz

487 P.b.b. 04Z035

M

Am Gipfelmen der Refor

Erscheinungso

Erscheinungsort & Redaktionssitz Graz, Steiermark

fazitmagazin

EURO 4,50

Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl

Spare in der Zeit, dann ...

Nr. 121 2/2016

des Magazins »Fazit« vom 22. April 2016 gemäß § 25 Mediengesetz.

fazitmagazin.at

#117

A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M Nr. 117 8/2015 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt

Offenlegung

FAZIT

Mai 201 6

Por trait einer Hu tmacheri Essay von n Manfred Prisching Weltenbum mler im Museum Wirtsch

aft und

mehr. Aus

dem Süd en.

zin.at


‌ Meinungsvielfalt

FAZIT MAI 2016 /// 79


Honey I know, I know, I know times are changing It‘s time we all reach out for something new Aus »Purple Rain« von Prince Rogers Nelson auch genannt Prince, 1958–2016

Ausstellungen

Das Museum als Reptilienzoo Im Naturkundemuseum des Grazer Universalmuseum Joanneum sind aktuell Amphibien und Weltenbummler zu sehen. Und das ist einen Besuch wert.

Von Peter K. Wagner

D

ie DGHT gibt es schon seit 52 Jahren. Und obwohl es sich um eine deutsche Vereinigung handelt, wird sie von österreichischen und schweizerischen Fachverbänden unterstützt. Deshalb ist jenes Tier, das die DGHT, also die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, zu seinem Vertreter des Jahres kürt, auch für Österreich relevant. Dürfen wir vorstellen? Der Lurch des Jahres 2016 ist: der Feuersalamander. Eine Amphibie, die seinen Namen übrigens jener Legende zu verdanken hat, die ihm die Fähigkeit nachsagte, Brände löschen zu können, weshalb ihn Menschen weiland sogar ins Feuer geworfen haben. Dieses Schicksal wird diesem Exemplar sicher nicht widerfahren. Denn dieser eine Feuersalamander, von dem die Schreibe ist, der hat bis 10. Juli im Naturkundemuseum eine neue Heimat gefunden. Neben den Ringelnattern nebenan ist er ein Highlight der Ausstellung »Kröten, Schlangen & Co.«. Der geneigte Interessierte oder Vater, Onkel sowie große Bruder findet in dieser

Kröten, Schlangen & Co. In unseren Gärten, aber wo? Noch bis 10. Juli 2016 Weltenbummler. Neue Tiere und Pflanzen unter uns Noch bis 8. Jänner 2017 Jeweils Di–So, 10 bis 17 Uhr Joanneumsviertel museum-joanneum.at

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Alles Kultur

Allgemeine Weltkritik

Ein Nichtereignis Von Michael Bärnthaler

E

s fällt mir schwer, noch etwas zu sagen zu all dem Wahnsinn, der jeden Tag auf uns einprasselt. Im Fernsehen, auf Twitter, in den Zeitungen ... Feministinnen kritisieren beispielsweise das Märchen »Dornröschen«, weil der Prinz die schlafende Prinzessin ohne Einverständnis küsst. Was soll man dazu noch sagen? Oder diese ganzen »Flüchtlinge«, die angeblich unser Heil sind. Usw. Je verrückter und sinnloser die Ereignisse, umso verrückter und sinnloser will ich darauf reagieren; umso verrückter und sinnloser wird alles. Die Welt, in der wir leben, ist Kitsch. Von allem ist zu viel da, nur das Wesentliche fehlt. Eine gewaltige Kitsch-Bubble, die aus lauter kleinen Kitsch-Filterblasen zu bestehen scheint. Kitsch und Metakitsch. Letztlich einfach Kitsch. Es ist sicher nicht originell, sich über die Gegenwart zu beschweren, aber was soll ich tun? Die Gegenwart ist so gegenwärtig. Auch ein gewisser Jan Böhmermann ist sehr gegenwärtig. Gegenwärtig as fuck. Allgegenwärtig, sozusagen. Natürlich kann man jetzt sagen: »Lieber Michael, du musst dich all dem doch nicht aussetzen! Brauchst dich damit ja nicht auseinanderzusetzen. Chill mal und kümmer dich um deinen kleinen Garten, dein kleines Le-

ben ...« Darauf erwidere ich: »Leck mich am Arsch.« Das ist gewiss sehr unhöflich, aber ... Manchmal haben Frauen ein kleines bisschen Haue gern. Manchmal muss man ein bisschen unhöflich sein. Wie auch immer: Tatsache ist, dass gewisse Dinge mich eben beschäftigen. Ich kann es nicht ändern. Also: Dieser Böhmermann hat einen Witz gemacht im Fernsehen, bzw. er hat den türkischen Präsidenten beschimpft. Stichwort »Schmähkritik«. Er hat halt so herumgeblödelt (was sein Job ist) und gesagt: »Achtung, Erdogan, ich beschimpfe dich jetzt richtig arg«, woraufhin er den türkischen Präsidenten richtig arg beschimpft hat. Stichwort »Ziegenficker«. Gut, das ist an sich ziemlich uninteressant, aber darauf hatte ich Sie, lieber Leser, ja bereits vorbereitet, nicht wahr? Und eigentlich wissen Sie das alles auch längst ... Also, dass in Deutschland eine Art Staatskrise – wobei, gibt es die nicht schon länger? – ausgebrochen ist. Und dass Böhmermann vor Gericht die Freiheit der Meinung, der Kunst, der Satire etc. wird verteidigen müssen ... Usw. usf. Kitsch und Metakitsch, einfach alles Blödsinn: Ein schlechter Komiker, eine scheiternde Kanzlerin und ein größenwahnsinniger Türke ... Was soll man dazu noch sagen? Wozu soll man diesen Wahnsinn kommentieren? n

FAZIT MAI 2016 /// 81

Fotos: Scott Penner, W. Kammel, J. Pennerstorfer, Kreml-Pressestelle

Schau ebenso wie die Mutter, Tante sowie große Schwester gar etwas museumsunüblich verschiedenste lebende Amphibien und Reptilien für den nachmitttäglichen Naturkundemuseumbesuch samt begeisterungsfähigem, jungem Anhang. Junger Anhang ist tendenziell deshalb zu empfehlen, weil man der Ausstellung den Ursprung eines »Sparkling Science«-Forschungsprojektes von Schulklassen unter wissenschaftlicher Anleitung – und im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft – anmerkt. Wer übrigens schon einmal dort ist, der sollte der größer geratenen Schau über »Weltenbummler« ebenso Beachtung schenken. Dort werden Tiere und Pflanzen gezeigt, die eigentlich gar nicht bei uns heimisch sind, aber dennoch den Weg zu uns gefunden haben. Regenbogenforelle, Nutria oder Waschbär sind dort unter anderem zu sehen. Eher ausgestopft als lebendig. Aber wer Museumswetter für einen Besuch im Joanneumsviertel nutzt, darf dann eben doch keinen richtigen Reptilienzoo erwarten. n


Tandl macht Schluss! Allmonatliche Finalbetrachtungen von Johannes Tandl

A

m 5. Juni stimmen die Schweizer als erste Nation über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ab. Und die Idee beschränkt sich längst nicht mehr nur auf linke Intellektuelle. Inzwischen wächst die Zustimmung zu dieser bisherigen Utopie in ganz Europa. So wird etwa in Deutschland über das Konzept des solidarischen Bürgergeldes des ehemaligen CDU-Politikers Dieter Althaus diskutiert. Und in Finnland startet ausgerechnet die seit dem Vorjahr amtierende Mitte-Rechts-Regierung das Pilotprojekt eines Grundeinkommens von 800 Euro monatlich für jedermann. Die Finnen wollen damit ihren Niedriglohnsektor retten. Denn zahlreichen personenbezogenen Jobs im Sozialbereich droht die Unfinanzierbarkeit, weil der Lohnentwicklung im Dienstleistungssektor, ähnlich wie bei uns, die viel höheren Produktivitätsannahmen der Industrie zugrunde liegen. Die Befürworter und Gegner des Grundeinkommens verteilen sich längst über das gesamte Politspektrum. Die einen sehen

Milton Friedman und das bedingungslose Grundeinkommen

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die Bürger durch ein Grundeinkommen endlich von existenziellen Ängsten befreit und Arbeit könnte dadurch erstmals tatsächlich auch von der breiten Masse als Teil der Sinnerfüllung des Lebens wahrgenommen werden. Die ebenso zahlreichen Gegner sehen die Idee jedoch schon an der Finanzierbarkeit scheitern. Zudem würde die Einführung eines Grundeinkommens – ähnlich wie es in Deutschland bei Hartz IV und in Österreich bei der Mindestsicherung schon jetzt zu beobachten ist – zu einer globalen Migration in die Sozialsysteme führen. In der von linken Gruppierungen getragenen Schweizer Gesetzesinitiative ist von der Höhe des geplanten Grundeinkommens zwar keine Rede. Den Initiatoren schweben jedoch 2.500 Franken im Monat vor, die angeblich notwendig sind, um in der Schweiz im Alter zwischen 16 und 65 Jahren ohne Sozialtransfers über die Runden zu kommen. Für Kinder und Pensionisten ist die Hälfte vorgesehen. Natürlich kann man das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens immer als Sozialromantik abtun. Doch ausgerechnet der von vielen Linken als Ausgeburt des Neoliberalismus diskreditierte Monetarist Milton Friedman hat die Idee als erster ernstzunehmender Ökonom wissenschaftlich untermauert. Und zwar in Form einer negativen Einkommensteuer. Dass Friedman selbst zehn Jahre nach seinem Tod immer noch zu den am heftigsten angefeindeten Ökonomen der Welt zählt, verdankt er nicht seiner Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen, sondern der Überzeugung, dass es außerhalb der freien Marktwirtschaft keine echte Demokratie geben könne. In den nächsten beiden Jahrzehnten ist damit zu rechnen, dass die meisten sich wiederholenden Tätigkeiten automatisiert und die zugrunde liegenden Jobs wegrationalisiert werden. Das kann zum Verlust von einem Drittel der Arbeitsplätze führen. Und erstmals wird die Rationalisierung nicht nur die unteren Einkommensschichten treffen. Sämtliche nicht kreativen Tätigkeiten vom Disponenten bis zum Steuerberater sind betroffen. In

dem für unseren Arbeitsmarkt besonders wichtigen Automobilbereich könnten sogar drei Viertel der Arbeitsplätze wegfallen. Denn zusätzlich zur Digitalisierung steht dort die Elektrifizierung des Verkehrs an. Schon heute ist nachgewiesen, dass E-Autos wesentlich einfacher hergestellt und gewartet werden können. Wenn heute über selbstfahrende Fahrzeuge nachgedacht wird, ist davon auszugehen, dass es den Beruf des Kraftfahrers – ganz egal ob im Personen- oder im Güterverkehr – in absehbarer Zeit nicht mehr geben wird. Die anstehenden Herausforderungen für die Arbeitswelt und damit für die Existenzsicherung der Mittelschicht sind so groß, dass neue Konzepte, wie jenes des bedingungslosen Grundeinkommens, der Neuverteilung der Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung und von mir aus auch die Illusion der Gemeinwohlökonomie dringend entideologisiert werden müssen. Denn eines ist klar: Durch die Digitalisierung und weitere Produktivitätssteigerungen wird zwar der Gesamtwohlstand weiter steigen. Die Zahl der Arbeitsplätze kann jedoch nur dort wachsen, wo keine weiteren Rationalisierungen absehbar sind. Damit hat sich eigentlich auch das Konzept der Staatsfinanzierung über die Besteuerung der Arbeit überlebt. n

Sie erreichen den Autor unter johannes.tandl@wmedia.at WIR LESEN UNS WIEDER AB 25. MAI 2016!


QGI.CC

Was wäre der Tag der Arbeit ohne Arbeit-

68.000 steirische Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen 360.000 Arbeitsplätze. Und wünschen Ihnen einen schönen 1. Mai!


Porsche empfiehlt

Temperament kann man nicht zügeln. Aber genießen. Der neue 718 Boxster.

Porsche Zentrum Steiermark Ferdinand-Porsche-Platz 1 8041 Graz-Liebenau Tel.: 0316/4680 Christian Überbacher, DW 166 René Rabel, DW 190 Stephan Kurzweil, DW 230 www.porschegrazliebenau.at

718 Boxster S (mit PDK) – Kraftstoffverbrauch: 7,3 l/100 km. CO2-Emission: 167 g/km. Nach EU 6 im NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus).


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