Fazit 182

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fazitmagazin.at

#182

FA ZITGESPR ÄCH

Der Herr des Waldes

Nr. 182 3/2022 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M

Forstwirt Franz Mayr-Melnhof im Interview

FAZIT

FA ZIT THEMA ENERGIE VERBR AUCH

Mai 2022

FA ZITESSAY DEMOKR ATIEDISKURS

Heinz Wittenbrink über die Notwendigkeit klimagerechter Politik Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.

Die Herkulesaufgabe Energieautarkie


80.000 Unternehmer:innen, 400.000 Mitarbeiter:innen, ein gemeinsames Anliegen:

Energiesteuern senken

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Wenn ein Bäcker 140.000 Euro Mehrkosten durch Strom und Gas im Jahr hat, wenn der Tierfuttermittelerzeuger sogar eine Million Euro zusätzlich „schlucken“ muss, der Transporteur pro Woche (!) beim Tanken 100.000 Euro mehr zahlt oder wenn energieintensive Unternehmen um ihre Gasversorgung bangen und Pendler:innen sich den Weg zur Arbeit kaum noch leisten können, dann wird deutlich, wie massiv sich die EnergiepreisRallye in unserem Land bereits auswirkt. Ohne Gegenmaßnahmen stehen Unternehmen und Haushalten in den kommenden Monaten weitere massive Teuerungen ins Haus. Umso dringlicher ist die Forderung der Wirtschaft an die Bundespolitik nach langfristigen Plänen zur Aufrechterhaltung und Sicherung der Energieversorgung. Das von der Regierung präsentierte Energiepaket kann nur der erste Schritt sein, dem viele weitere rasch folgen müssen. Denn die im Paket angestrebten Entlastungen greifen angesichts der enormen Teuerungswelle viel zu kurz. Drei dringende Korrekturmaßnahmen, die im Rahmen dieser Petition gefordert werden:


MIT SOFORTIGER WIRKUNG:

Runter mit den Energiesteuern.

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Etwa zwei Drittel der Stromkosten entfallen auf Steuern, Abgaben und Tarife. Ähnliches gilt fürs Gas, auch hier ist der Staat der größte Profiteur. Diesen „Booster-Effekt“ gilt es mit automatischen Preisstabilisatoren zu brechen. Heißt konkret: Ab einer definierten Obergrenze werden sämtliche Steuern und Abgaben auf Strom und Gas ausgesetzt.

Runter mit der Mineralölsteuer. Gefordert wird eine temporäre Aussetzung der Mineralölsteuer, allein damit würde der Literpreis um 40 Cent (Diesel) bzw. um 50 Cent (Benzin) sinken. Um hier wieder ein Normalniveau zu erreichen, braucht es außerdem eine (ebenfalls zeitlich begrenzte) Halbierung der Mehrwertsteuer. Das sichert die Kaufkraft und hilft Unternehmen, Pendler:innen und auch dem öffentlichen Verkehr, wo sonst ebenfalls empfindliche Preiserhöhungen drohen.

Runter mit der Auflagenflut. Wir müssen die Abhängigkeit von ausländischen Öl- und Gaslieferungen schleunigst reduzieren. Dazu dürfen wir uns aber nicht länger selbst im Wege stehen: Mit nicht enden wollenden Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und Jahrzehnte währenden Verfahren beim Bau von Windrädern, Wasserkraftanlagen und erneuerbaren Energien, diese werden anderenfalls zum Öko-Bumerang.


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Editorial

Von Christian Klepej

V

or einem Monat habe ich hier davon geschrieben, dass ich mich mit dem Ausbrechen des brutalen Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine als »Schlechtwetterpazifist« entdeckt habe. Die nun vergangenen vier Wochen – Wochen in denen zehntausende Menschen gestorben und Zivilisten Opfer von verabscheuenswürdigen Kriegsverbrechen geworden sind – haben an meiner Einstellung wenig geändert. Die Ukraine wurde angegriffen und dieses freie Land hat alles Recht der Welt dazu, sich zu verteidigen. Trotzdem und noch viel stärker bleibe ich bei meiner Position, dieser Krieg muss zu einem schnellstmöglichen Ende gebracht werden. Und ich bin davon überzeugt, so ein Ende ist nur auf diplomatischem Wege zu erreichen. Die beinahe allumfassenden wirtschaftlichen Sanktionen des Westens gegenüber Russland sind dabei das eine, und ich stehe voll hinter diesen Sanktionen. Was übrigens die weiter bestehenden Gaslieferungen aus Russland betrifft, erscheinen mir die Erläuterungen der Industriellenvereinigung, Österreich könne auf dieses Gas nicht kurz-

Wer die Freiheit liebt, handelt jetzt besonnen und überlegt neue Perspektiven

fristig verzichten, ausnehmend schlüssig. Die Waffenlieferungen von Nato-Staaten an die Ukraine sind das andere. Und erfüllen mich mit einer Sorge, die ich so noch nie verspürt habe. Mittlerweile sind es auch »schwere Waffen«, die in die Ukraine gebracht werden sollen. Zumindest werden die Rufe danach – welch Ironie! – gerade von den bundesdeutschen Grünen immer lauter. »Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete«, hat Außenministerin Annalena Baerbock im letzten Wahlkampf noch plakatieren lassen. Diese unglaubliche Volte der Grünen überrascht sogar mich. Es ist mir weiterer Beweis, von welch ungeheurer Heuchelei diese Truppe – offenbar »systemisch« – durchzogen ist. Für alle Fragen militärischer Landesverteidigung war Spott und Häme noch die geringste Form der Verachtung, die die Grünen übrig hatten. Grenzen würden töten und Heimat im Herzen hätten nur Idioten. Und heute? Heute ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Verteidiger seiner Heimat bis zum letzten Mann, Held der Grünen, dem alle Unterstützung zukommen muss. Die Zurverfügungstellung solcher panzerbrechenden Waffen, immer öfter ist ja auch von Kampfflugzeugen die Rede, stellt ein brandgefährliches Andrehen der Eskalationsspirale dar, die diesen noch regional begrenzten Krieg zu einem finalen Inferno werden lassen kann. »Ich weiß nicht, welche Informationen die freie Welt noch braucht, um zu begreifen, dass es im Ukraine-Krieg um alles geht, was ihr heilig sein sollte«, schreibt Peter Michael Lingens im aktuellen Falter. Um im selben Kommentar zum Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland (also auch kein Gas) und zur Lieferung von Angriffswaffen (Panzern) aufzurufen. Weil damit die Ukraine »eine Chance auf Frieden hätte«. Ein Konjunktiv, der mir in der Auseinandersetzung mit einer Atommacht recht riskant erscheint. Weil auch Lingens seine sicher hehren Ziele – wie so oft bei Linken – nicht zu Ende denkt. Wenn es in diesem Krieg »um alles geht, was uns heilig sein sollte«, dann müßte der Westen, die Nato und die EU eher heute als morgen in diesen eintreten. Und was das bedeuten kann,

will ich uns hier nicht ausmalen. Man muss zuvor also der Diplomatie eine (wohlüberlegte letzte) Chance geben. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat ja Anfang voriger Woche, endlich, verlautbaren lassen, er wolle nach Kiew und Moskau fahren, um Friedensverhandlungen zu initiieren. Erstes Ziel muss natürlich ein sofortiger Waffenstillstand sein. Der russische Machthaber Wladimir Putin hat sich als skrupelloser Kriegsherr erwiesen, umso mehr ist der Westen, sind wir dazu aufgefordert, besonnen zu agieren und dabei das zu tun, was Demokratien auszeichnet (oder wir uns zumindest gerne auf die Fahnen heften), nämlich »weiter« zu denken und Perspektiven aufzuzeigen. Kriegsverbrechertribunale würden jeden Verhandlungserfolg verunmöglichen, eine Wahrheits- und Versöhnungskommission nach südafrikanischem Vorbild erscheint notwendig. Zudem halte ich das »Demokratisierungspotential« der Russischen Föderation für groß genug, in zehn, zwanzig Jahren auch – gemeinsam mit einer freien Ukraine! – Teil der EU zu sein. Die beiden Völker wird es weiter geben, die Zeit Putins ist in wenigen Jahren so oder so abgelaufen. Geben wir ihm nicht Gelegenheit dazu, die Welt, wie wir sie kenn nen, vorher zu vernichten.

Sie erreichen den Autor unter christian.klepej@wmedia.at FAZIT MAI 2022 /// 5


Inhalt Fazit Mai 2022

Herkulesaufgabe Energiewende

Der Krieg zeigt, wie weit wir von der Energiewende entfernt sind. Der Bevölkerung wird die unbequeme Wahrheit vorenthalten.

39 Fotos: Adobe Stock, Erwin Scheriau, Enlarge, Heimo Binder (2), Thomas Raggam

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Der Herr des Waldes

Franz Mayr-Melnhof-Saurau ist größter Grundbesitzer Österreichs. Dem Fazit gab er eines seiner raren Interviews.

Klimagerechte Politik

Auf der Suche nach politischer Kultur fordert Heinz Wittenbrink mehr Ökologie- und Klimabewusstsein in der öffentlichen Debatte.

Alles neu und alles jung

Der Grazer Kunstverein hat mit Tom Engels einen neuen Leiter. Der will einen starken Impuls in Richtung noch »präsenterer Internationalisierung« geben. Seite 80

Ausgabe Mai 2022 XIX. Jahrgang Nr. 182 (3/2022) FAZIT © Klepej & Tandl OG, Graz Alle Rechte vorbehalten. Mit »Anzeige« und »l« gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen.

6 /// WILLKOMMEN IM FAZIT


18 Jahre Wirtschaft und mehr.

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Rubriken Editorial 5 Politicks 14 Investor 32 Außenansicht 38 Immobilien 70 Alles Kultur 80 Schluss 82

Liebe Leser!

Krieg in der Ukraine und Klimakrise. Das zentrale Thema dieser Fazitausgabe ist die Versorgung mit leistbarer Energie. Die muss nicht nur sichergestellt sein, sie muss in den nächsten beiden Jahrzehnten auch noch klimaneutral werden.

Im Fazitgespräch mit Waldbesitzer sowie Holz- und Kartonindustriellem Franz Mayer-Melnhof-Saurau geht es um die effiziente Verteilung der Ressource Holz und um die energieintensive Industrie.

Im Fazithema decken wir auf, dass die im EAG formulierten Klimaziele bis jetzt nur aus Ankündigungen bestehen und der Aktionismus der Politik darüber hinwegtäuscht, dass wir ohne Gamechanger-Technologien gar keine Chance haben, sowohl unser Leben zu dekarbonisieren als auch den Wohlstand zu erhalten.

Der dritte Essay zu unserem Demokratiediskurs stammt vom emeritierten Lehrenden an der FH-Joanneum, Heinz Wittenbrink. Er fordert mehr Ökologie- und Klimabewusstsein in der politischen Debatte und glaubt nicht, dass die Zustimmung der Mehrheit von Energiesicherheit und Wirtschaftswachstum – also Wohlstand und Sozialstaat – abhängt. Gutes Lesen! -red-

Beruf: Regisseur

Markus Mörth ist mehrfach ausgezeichneter Drehbuchautor und Filmregisseur. Volker Schögler traf den Filmemacher.

Die Bäckerei im Atelier

Bäcker Martin Auer hat seine Zentrale an die Grazer Peripherie verlegt. Dort sorgt das Atelier für einen spannenden Firmensitz.

Medieninhaber & Verleger Klepej & Tandl OG

Redaktion Peter K. Wagner (BA), Mag. Josef Schiffer, Mag. Maryam Laura Moazedi, Dr. Volker Schögler, Mag. Johannes Pratl, Helmut Wagner, Mag. Katharina Zimmermann, Mag. Michael Petrowitsch, Peter Pichler (Satz), Vanessa Fuchs (Organisation)

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Lektorat AdLiteram

Druck Walstead-Leykam

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Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl Chefredaktion Christian Klepej Mag. Johannes Tandl

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IMPRESSUM

Vertrieb & Anzeigenleitung Horst Futterer

Kundenberatung DI (FH) Gerald Gaksch, Sophie Serec, Simona Kokol

Titelfoto von Erwin Scheriau

Redaktionsanschrift Schmiedgasse 38/II, A-8010 Graz T. 0316/671929*0. F.*33 office@wmedia.at fazitmagazin.at facebook.com/fazitmagazin

FAZIT MAI 2022 /// 7


Von Johannes Roth

Foto: Adobe Stock

Die Dimensionen unseres Energieverbrauches sind ungeheuer: Bevölkerung und Wirtschaft erweisen sich als gieriger Moloch, dessen Hunger nach Gas, Treibstoffen und Strom kaum zu stillen ist. Alternativen sind kaum in Sicht. Energieautarkie und Klimaschutz sind Herkulesaufgaben.


Fazitthema

»Ein Importstopp von Gas trifft nicht nur Russland, sondern direkt jene Industrien (und deren Arbeitnehmer!), die vom Gas abhängig sind.«

E

twas mehr als fünf Millionen Pkw stehen den Österreicherinnen und Österreichern zur Verfügung. Alle diese Autos müssen betankt werden. Vormittags ist es am günstigsten – um genau zu sein: knapp vor 12 Uhr –, denn die Spritpreisverordnung besagt, dass Tankstellen ihre Preise nur einmal pro Tag, nämlich um 12 Uhr, erhöhen dürfen. Ein Recht, von dem die Tankstellenbetreiber in den letzten Wochen reichlich Gebrauch gemacht haben: An 2016, als der Liter Diesel um 0,96 Euro zu haben war, wagt man sich kaum mehr zu erinnern. Die Energie, die notwendig ist, um Österreich täglich in Bewegung zu setzen, ist ungeheuer. Um sie zu erzeugen, sind Millionen Tonnen Treibstoff notwendig, Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Verkehr ist der mit Abstand größte Energieräuber hierzulande – weit vor Industrie, privaten Haushalten, dem Dienstleistungssektor oder der Landwirtschaft. Von den 1.122 Petajoule (224,4 Terrawattstunden) jährlichen Gesamtenergieverbrauchs entfallen rund 400 (80 TWh) auf den Verkehr (VCÖ 2019). Spritpreise gehören zu den sensibelsten gesellschaftspolitischen Themen. In Frankreich etwa waren es 2018 die Proteste gegen die durch Umweltsteuern künstlich erhöhten Spritpreise, die zu monatelangen Krawallen (Stichwort „Gilets Jaunes“/Gelbwesten) geführt hatten. Die Treibstoffversorgung auf halbwegs leistbarem Niveau zu gewährleisten, erfordert einiges an Arbeit: Einer Zusammenfassung der WKO zufolge betrug der Mineralölverbrauch in Österreich 2020 unter Einbeziehung aller Mineralölprodukte (Kraftstoffe, Heizöl, Schmiermittel und Bitumen) 9,8 Millionen Tonnen. Der Verbrauch von Benzin und Diesel belief sich 2020 laut Klimaschutzministerium (BMK) auf knapp 7,64 Millionen Tonnen. Umgerechnet sind das etwa 9,24 Milliarden Liter pro Jahr.

FAZIT MAI 2022 /// 9


Fazitthema

Österreich muss russisches Gas im Wert von 4,2 Milliarden Euro jährlich ersetzen. Ein völlig unbedarfter Vorschlag kommt von Energieministerin Leonore Gewessler: »Mit dem Geld (Anm: 250 Fördermillionen um den Ausbau der Erneuerbaren zu hebeln) werden wir eine Idee umsetzen, die sehr simpel ist, und ich glaube, jedes Kind in Österreich verstehen kann: Mit der Hilfe von erneuerbaren Energien machen wir Österreich unabhängig von russischem Öl und von russischem Gas.«

Energieträger überwiegend fossil

Das Rohöl wird zum überwiegenden Teil importiert, bevor es von der OMV in Schwechat raffiniert und verteilt wird. Die größten unserer Handelspartner, die dafür sorgen, dass die Versorgungssicherheit mit Kraftstoffen und Heizöl gewährleistet bleibt, sind Kasachstan, Irak und Russland. Früher spielten auch Länder wie Libyen oder Aserbeidschan eine gewisse Rolle, doch die Importe aus diesen Ländern wurden 2020 drastisch eingeschränkt. 7,5 Millionen Tonnen importierten wir 2020, coronabedingt um 13 Prozent weniger als noch 2019. Kurz: Energie ist ein zentraler Bestandteil unserer Daseinsvorsorge. Was brauchen wir? Öl und Gas, um unsere Autos zu bewegen und unsere Industrien am Laufen zu halten, Strom, um der Gesellschaft neuzeitlichen Komfort und der Wirtschaft die notwendige Aufwärtsbewegung zu ermöglichen. Das stellt uns vor ein Problem. Denn die moralischen Standards in jenen Staaten, aus denen wir die erforderlichen Rohstoffe importieren müssen, sind – gemessen an den unseren – niedrig. Fossile Brennstoffe, die uns einen großen Teil der benötigten Energie liefern, sind zudem bekanntermaßen Gift für die Umwelt, der Erzeugung von Atomkraft im eigenen Land haben wir schon vor langer Zeit eine Absage erteilt. Abgesehen von den eigenen verschwindend geringen Fördermengen an Erdöl und Erdgas haben wir kaum Alternativen: Die Wasserkraft in Österreich ist zu 70 Prozent ausgeschöpft, Windkraft und Photovoltaik sind entsprechend unterentwickelt. Kurz: Wir sind abhängiger denn je von Energieträgern, die uns zugeliefert werden. Diese Abhängigkeit schafft eine Reihe an Problemen. Das im Augenblick größte davon ist zum einen, dass sie uns der Möglichkeit beraubt, durch ein Gasembargo Einfluss auf die russische Aggression zu nehmen, zum anderen die Tatsache, dass wir die im Augenblick herrschende extreme Teuerung der Energiepreise einfach hinnehmen müssen. Diese Teuerung hat lange vor der Ukraine-Krise, nämlich bereits Anfang des vergangenen Jahres, eingesetzt. Preistreiber war das Gas.

Exorbitante Gaspreissteigerung

Die Preissteigerung ist ein Ergebnis von Spekulationen und dem Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Zufälle. Weltweit stieg

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während der Corona-Epidemie die Nachfrage nach Gas, das Angebot wurde gleichzeitig geringer. In Brasilien trocknete etwa eine Jahrhundertdürre die Flüsse aus, was dazu führte, dass dort nicht so viel Strom aus Wasserkraft produziert und ins Netz eingespeist werden konnte. Gleichzeitig war der Winter 2020/2021 vielerorts härter als sonst gewesen, was den Stromverbrauch ebenfalls erhöht hatte. Und da Strom- wie auch Heizkraftwerke zu einem wesentlichen Teil mit Gas betrieben werden, hatte das zur Folge, dass weniger Reserven gebildet werden konnten. Dazu kamen noch einige andere Faktoren, die in Summe eine exorbitante Teuerung bewirkten: Zwischen Jänner 2020 und Jänner 2021 stiegen die Großhandelspreise für Erdgas um fast 600 Prozent. Die Gazprom, von der wir etwa 80 Prozent unseres Gases beziehen, erfüllte zwar ihre Lieferverpflichtungen, lieferte aber trotz Nachfrage nicht mehr als ausgemacht. Die Gasspeicher, die sonst während des Sommers gefüllt werden, wenn die Nachfrage und dementsprechend auch der Preis niedrig sind, blieben vergangenes Jahr leer. Das Speichervolumen aller österreichischen Gasspeicher beträgt übrigens 95,5 Terrawattstunden, zu Redaktionsschluss lag der Speicherstand bei nur mehr 14,1 Terrawattstunden (TWh). Sie werden jetzt, mit dem Ende der Heizsaison, wieder befüllt. Sind sie voll, könnte theoretisch der Gasbedarf eines ganzen Jahres mit Gas aus dem Speichersystem gedeckt werden: Ganz Österreich verbrauchte während des Jahres 2021 – ein Rekordverbrauchsjahr – 96,3 TWh. Laut E-Control sind die heimischen Gasspeicher aber vor allem dafür gedacht, saisonale Bedarfsschwankungen auszugleichen. Österreich ist aber auch eine der wichtigsten europäischen Gasdrehscheiben. Das Gas, mit dem die Anlagen befüllt werden, kommt aus Pipelines über die Ukraine aus Russland. Es gelangt über den Erdgas-Hub Baumgarten nach Österreich. Der ungestörte Betrieb von Baumgarten ist entscheidend für halb Europa. Italien, Slowenien, Kroatien, Ungarn, die Slowakei, Deutschland und Frankreich – sie alle beziehen Gas, das durch Baumgarten geschleust wird. In Österreich gibt es von Baumgarten aus zwei Hauptversorgungsleitungen, die TransAustria-Gasleitung und die West-Austria-Gasleitung. Die Binnenlage Österreichs macht die Gasversorgung auf alternativen Routen schwierig: Um Gas per Schiff zu importieren, fehlt uns einerseits die Küste, andererseits die Kapazität: Am Schiff kann es nur flüssig transportiert werden, um die entsprechenden Mengen hierzulande wieder zu verdampfen, fehlt es in Österreich schlicht an Infrastruktur.

Ohne russisches Gas wird es kalt und dunkel

900.000 Wohnungen werden mit diesem Gas beheizt, aber nur insgesamt 20 Prozent des direkten heimischen Gasverbrauches entfallen auf private Haushalte. 30 Prozent werden verstromt und in Heizkraftwerke gepumpt, weil es billiger ist, Gas zur Gewinnung von Strom einzusetzen, als andere Methoden anzuwenden. 40 bis 60 Prozent (je nach Quelle) des heimischen Gases braucht unsere Industrie: Papierhersteller benötigen am meisten, gefolgt von der chemischen Industrie, der Stahlerzeugung


Fazitthema

Fotos: CajetanPerwein, Europäische Union, kremlin.ru, Jakob Glaser

»Ich denke, dass auch Maßnahmen bei Öl und selbst Gas früher oder später nötig werden.« EU-Ratspräsident Charles Michel zieht ein Gasembargo bisher nur in Erwägung. Das EU-Parlament fordert hingegen mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos bereits den Boykott. sowie der Stein- und Glasindustrie. 3,5 Prozent des heimischen Gases werden von der Nahrungsmittelindustrie in Anspruch genommen. Allein diese Zahlen zeigen, wie schwierig ein Verzicht auf Gas an sich und russisches Gas im Besonderen wäre. Denn es gibt keine schnell verfügbaren Alternativen. Selbst wenn alle logistischen und technischen Probleme um den Flüssiggasimport gelöst wären, gäbe es am Weltmarkt nicht genug davon. Die Anzahl der Gas-Exporteure ist begrenzt. Neben den USA wären es vor allem Nigeria und Katar, die uns ihr Gas sehr, sehr teuer verkaufen könnten, wobei der Preis aber nicht das einzige Problem wäre. Die USA setzen zur Förderung das bei uns aus umweltpolitischer Sicht verpönte Fracking-Verfahren ein. In Nigeria hat die Demokratie gelinde gesagt Defizite und auch aus Katar wird gemeldet, dass die dortige absolute Monarchie nicht im Traum daran denkt, die Scharia hinter die Rechtsstaatlichkeit und einer Demokratie westlicher Prägung zurückzudrängen. Wie bei den Rohölimporten gilt auch bei Gas: Moralische Skrupel muss man sich leisten können. Daher ist ein Gas-Embargo aus österreichischer Sicht schlicht undenkbar. Wenn daher die Moral- und Haltungsjournaille mit immer größerer Vehemenz ein Gasembargo fordert, ignoriert sie daher bewusst oder, was naheliegender ist, aus Unwissenheit die wirtschaftlichen, sozialen und letztlich demokratiepolitischen Folgen dieser Forderung. Selbst wenn es genug leistbares und schnell verfügbares Gas aus anderen Ländern gäbe – man würde damit den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Auf absehbare Zeit wird Österreich daher wohl oder übel auch weiterhin mit russischem Gas leben müssen. Selbst der grüne Vizekanzler Werner Kogler musste in einem Interview mit der Kleinen Zeitung kürzlich einräumen, dass ein Verzicht auf russisches Gas »kurzfristig besonders schwierig« sei. Kogler: »Aber wir schaffen jetzt Abhilfe, indem wir nach und nach die Gasspeicher befüllen.« Sich mit Alternativen zu befassen, ist dennoch dringend geboten, denn auch ohne Sanktionen könnte es zu Lieferausfällen oder einem Totalstopp der Lieferungen aus Russland kommen. Die Folgen wären dramatisch. Eine »Energiekrise in nicht abschätzbarem Ausmaß« prognostiziert die Industriellenvereinigung in diesem Fall und weist auf ein zusätzliches Problem hin: Das Energielenkungsgesetz enthält keine Bestimmungen zur

»Das ist, wie wenn man sich ins linke und rechte Bein gleichzeitig schießen würde.« Bundeskanzler Karl Nehammer zur Forderung nach einem EU-Gasembargo.

Entschädigung von Vermögensnachteilen bei Gaslenkungsmaßnahmen, sondern nur für feste und flüssige Energieträger. Heißt: Ein Importstopp von Gas trifft nicht nur Russland, sondern direkt jene Industrien (und deren Arbeitnehmer!), die vom Gas abhängig sind.

Putin droht unverhohlen

Es ist durchaus vorstellbar, dass Russland ob der EU-Sanktionen von sich aus den Gashahn zudreht. So droht Präsident Wladimir Putin indirekt, aber dennoch unverblümt mit der frühestmöglichen Umleitung russischer Gaslieferungen nach Fernost: »Russland muss die nötige Infrastruktur schaffen, um die Exporte nach China und Asien zu vervielfachen.« Und auch die Gazprom stellt uns angesichts der Bemühungen, die Gasspeicher jetzt wieder zu füllen, bereits die Rute ins Fenster. In ihrem Quartalsbericht hält sie fest: »Um das Zielniveau der EU zu erreichen, müssten 63 Milliarden Kubikmeter Gas eingespeist werden. Das ist sehr herausfordernd. In den letzten Jahren wurden solche Mengen während einer Saison niemals nachgefüllt (…). Die Befüllung von europäischen Untertagsspeichern erweist sich nun als ernste Herausforderung (…). Darüber hinaus hängt das gesamte Gasvolumen, das für europäische Verbraucher verfügbar ist, zusehends von der Nachfrage am wachsenden asiatischen Markt ab.« Die Warnung ist schwer zu übersehen: Sollten die Chinesen erhöhten Gasbedarf melden, werde man diesen wohl zuerst decken – Europa muss dann nehmen, was übrigbleibt. Doch damit nicht genug: Auch das Umweltdilemma bleibt nach wie vor bestehen: Gas zählt als fossiler Brennstoff nicht un-

Präsident Wladimir Putin droht der EU mit der frühestmöglichen Umleitung russischer Gaslieferungen nach Fernost: »Russland muss die nötige Infrastruktur schaffen, um die Exporte nach China und Asien zu vervielfachen.«

bedingt zu den klimafreundlichen Energieträgern, selbst wenn es bei der Stromerzeugung ein geringeres Übel darstellt als Strom aus Öl oder Kohle. Während Braunkohlebriketts bei der Erzeugung einer Kilowattstunde Strom 680 Gramm CO2 freisetzen, liegt dieser Wert bei Erdgas bei »nur« 250 Gramm. Immer noch zu hoch, wenn man das Klimaziel erreichen will, allein: Es fehlt an tragfähigen Alternativen. Denn 900.000 Gasheizungen lassen sich nicht einfach von heute auf morgen wegverbieten, das Gleiche gilt für die Industrie, deren gesamte Prozess- und Anlagetechnik auf Gas ausgerichtet ist. Atomstrom kommt für uns (anders als etwa für Frankreich) nicht in Frage, die Rückkehr zur Strom- und Wärmeerzeugung durch Kohle steht ebenfalls nicht zur Debatte. Was bleibt, sind Wasserkraftwerke, Windräder, großflächige PV-Anlagen und Biogas, um Strom zu erzeugen – die Topografie Österreichs macht den entsprechenden Ausbau aber schwierig. So sind bereits 70 Prozent des technisch-wirtschaft-

FAZIT MAI 2022 /// 11


Fazitthema

lichen Wasserkraft-Potenzials an Österreichs Fließgewässern genutzt, an die 5.000 Kraftwerke gibt es bereits, derzeit sind etwas über 200 neue Kraftwerke in Planung. Müßig zu erwähnen, dass Wasserkraftwerke nicht überall realisiert werden dürfen, wo ein Gewässer die nötige Fließgeschwindigkeit aufweist. Bereits jetzt werden über die Hälfte der neu zu errichtenden Wasserkraftwerke in »sehr kritischen« Schutzgebieten geplant, das sind etwa Nationalparks, Natura-2000-Gebiete oder Landschaftsschutzgebiete, Biosphärenparks oder Gewässerstrecken im guten bis sehr guten ökologischen Zustand. Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie muss mit jedem Eingriff in ein Fließgewässer auch die Verbesserung des Gewässerzustands einhergehen.

Ökologischer Widerstand vorprogrammiert

Dementsprechend ist der Widerstand gegen Wasserkraftwerke vorprogrammiert. Den Grazerinnen und Grazern in bester Erinnerung sind die Proteste der Umweltschutzorganisationen gegen das Murkraftwerk in Graz Puntigam; mit einer Leistung von 17,7 Megawatt und jährlich 82 Millionen Kilowattstunden Einspeisungskapazität an grünem Strom ist der Bedarf von mehr als 45.000 Menschen in der steirischen Landeshauptstadt bzw. der Verbrauch von über 20.000 E-Autos gedeckt, über 60.000 Tonnen CO2 können jährlich eingespart werden. Dennoch sah sich die Energie Steiermark mo-

natelang mit Protestcamps, Vandalismus, Imageschädigung etc. konfrontiert, bevor sie 2019 endlich die Inbetriebnahme melden konnte. Der Grund für die Protestaktionen: Entlang des Murufers mussten Bäume gefällt werden. Schon dem Baustart waren jahrelange Genehmigungsverfahren vorausgegangen, strengste UVP-Auflagen – 99 unterschiedliche Ökologisierungsmaßnahmen – mussten begleitend gesetzt werden. So sinnvoll Umweltverträglichkeitsprüfungen grundsätzlich sein mögen: Die detailgenauen, weitreichenden und langwierigen Verfahren stellen ein massives Problem dar. Nicht zuletzt deshalb soll das UVP-Gesetz novelliert werden. Eine vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe, die untersuchen sollte, was zur Beschleunigung von UVP-Verfahren beitragen könnte, präsentierte Mitte Februar erste Ergebnisse. Die allerdings werden von IV, WKÖ und E-Wirtschaft als unzureichend und zu zögerlich beurteilt. Vor dem Hintergrund, dass in acht Jahren 100 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energiequellen stammen soll, ist tatsächlich Handlungsbedarf geboten. Denn bereits bei mittelgroßen Wasserkraftwerken können bis zur Genehmigung vier Jahre vergehen. Bei Netzausbauprojekten liegt die Höchstmarke derzeit bei acht Jahren, erklärt etwa die Organisation »Österreichs Energie«: Der Negativrekord in diesem Bereich liegt bei Pumpspeicherkraftwerken mit Genehmigungsdauern von über zehn Jahren. Gerade

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Fazitthema

diese Kraftwerke bilden aber ein zentrales Element in der Klimaund Energiewende, weil sie Energie im großen Maßstab speichern können. Und erst wenn Strom aus Sonne und Wind gespeichert werden kann, hat er das Potenzial, zu einem Backbone unserer Energieversorgung zu werden. Darüber hinaus sind Pumpspeicher auch für die Versorgungssicherheit unerlässlich.

Die völlig unterschätzte Herausforderung

Eigentlich wären die Länder dazu verpflichtet, Gebiete auszuweisen, in denen Kraftwerke für alternative Energien – also vor allem Windparks und PV-Anlagen – errichtet werden könnten. Die sind allerdings säumig. So behauptet Vizekanzler Werner Kogler gegenüber der Kleinen Zeitung: »80 bis 90 Prozent (der Gebiete, in denen die Errichtung von Windkraftwerken möglich wäre) sind noch nicht einmal ausgewiesen.« Tatsächlich ist die Errichtung von Windparks nur schwer mit den Zielen des Landschaftsschutzes vereinbar. Nichtsdestotrotz: Die Zeit drängt, denn die Pläne zur Rettung des Klimas sind überaus ehrgeizig. Zunächst will Österreich bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 36 Prozent gegenüber 2005 reduzieren, dazu soll der Anteil erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch auf 45 – 50 Prozent erhöht werden. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in Österreich bei rund 33,5 Prozent. Strom

stammt bereits zu rund 72 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Bis zum Jahr 2030 soll Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Bis 2050 strebt Österreich den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft, also die völlige »Dekarbonisierung« des Energiesystems, an. In der Gesamtbetrachtung erweist sich der Energiemarkt als ungeheuer komplex. Die Energiewirtschaft ist von so vielen wechselseitigen Abhängigkeiten am Weltmarkt geprägt, dass man sich moralische Dünkel nicht leisten kann. Langfristige Verträge, Regelwerke, gesetzliche Vorgaben sind die Vorausetzung für die Versorgungssicherheit, machen aber gleichzeitig jede Änderung der bestehenden Systeme so unendlich schwer. Der Klimawandel zwingt uns zum Umdenken: Alternative Energieträger müssen in einem überschaubaren Zeitrahmen gesucht und gefunden werden. Technologieoffenheit und pragmatische Ansätze matchen sich mit ideologiegetriebenen Lösungsvorstellungen. Man täte von Seiten der Politik gut daran, der Bevölkerung endlich reinen Wein einzuschenken und ihr zu verdeutlichen, wie die Situation auf dem heimischen Energiemarkt tatsächlich aussieht; dass nämlich ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern ohne gewaltige Technologiesprünge nur mit großen Wohlstandseinbrüchen und Verwerfungen im Bereich der sozialen Sicherheit möglich wäre.

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Foto: Land Steiermark, Europäisches Parlament

EZB-Chefin Christine Lagarde will von einer Zinserhöhung noch immer nichts wissen, weil das in überschuldeten Staaten Probleme auslösen würde. Damit schwächt sie jedoch den Euro und befeuert die Inflation. Die EZB verweigert die Inflationsbekämpfung Im Euroraum ist die Inflation für Haushalte mit geringem Einkommen längst existenzbedrohend geworden. Mangels Ersparnisse haben die Ärmeren so gut wie keine Puffer, mit deren Hilfe sie die gewaltigen Kostensteigerungen bei den Lebenshaltungskosten so lange überbrücken könnten, bis die Arbeitseinkommen bzw. staatlichen Transferleistungen irgendwann – meist mit einem Jahr Verspätung – nachziehen. Zuständig für die Inflationsbekämpfung 14 /// FAZIT MAI 2022

in der Eurozone ist eigentlich die Europäische Zentralbank. Doch die zuständige EZB-Chefin, Christine Lagarde, stellt sich taub und stützt sich auf das Narrativ der importierten Inflation, das sie schaffen konnte, weil ihre Aussagen von zahlreichen Journalisten völlig unkritisch übernommen werden. Der Hauptgrund für die Inflation sind nämlich nicht die Lieferkettenprobleme nach der Pandemie und auch nur zum kleinen Teil die Energiepreise, die nach Putins Überfall auf die Ukraine einen Satz nach oben gemacht haben. Die extreme Teuerungswelle ist eine Nachwirkung der gewaltigen Geldmengenausweitung im Zuge des Anleihenkaufs durch die EZB im Zuge der Staatschuldenkrise. Ende der Nullerjahre waren tatsächlich geldpolitische Maßnahmen notwendig, um eine noch tiefere Rezession und Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Lagardes Vorgänger als Notenbankchef, der Italiener Mario Draghi plagten außerdem eher Deflations- als Inflationsprobleme. Tatsächlich gelang es ihm, sowohl den Bankrott von Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien als auch den Zusammenbruch der Gemeinschaftswährung zu verhindern. Spätestens 2015 war aber klar, dass es höchst an der Zeit wäre, das Zuviel an Liquidität aus dem Markt zu nehmen und die Geldmengenausweitung einzubremsen. Doch weil mit den Billionen vor allem Staatschulden aufgekauft wurden, wurde das Problem nicht gleich schlagend. Erst als die EZB das Anleihenkaufprogramm fortsetzte, nachdem der Euro längst gerettet war, begannen die derzeitigen Probleme. Denn zwischen 2015 bis 2021 ist die Wirtschaft der Eurozone gerade einmal um 16,4 Prozent gewachsen. Im selben Zeitraum hat die EZB die Geldmenge (M3) mit ihrer ultraleichten Politik jedoch um unglaubliche 42,7 Prozent durch die Decke schießen lassen. Dass diese Entwicklung ein enormes Inflationspotenzial birgt, war den Investoren schon 2009 klar. Da aber auch die US-Notenbank »Fed« und die »Bank of Japan« eine ähnliche Politik betrieben,

gab es einen sinnvollen Weg, den das viele Geld, das nach Veranlagungsmöglichkeiten lechzte, nehmen konnte.

In 12 Monaten hat der Euro 13 Prozent zum Dollar verloren Seit die Fed jedoch vor einigen Monaten auf einen konservativen Kurs zurückgekehrt ist, hat sich das Bild drastisch geändert. Ohne dass jemals breit darüber berichtet worden wäre, verliert der Euro seit Monaten kontinuierlich an Wert gegenüber dem Dollar und verteuert dadurch sämtliche in Dollar abgerechneten Rohstoffe. Binnen eines Jahres ist der Euro um 13 Prozent von 1,25 Dollar auf 1,08 Dollar abgestürzt. Vor diesem Hintergrund erklären sich auch die zahlreichen Preissteigerungen, die von Lagarde allesamt den pandemiebedingten Lieferschwierigkeiten zugeschrieben und als temporäres Problem abgetan wurden. Natürlich haben das Ende der Lockdowns und der Krieg in der Ukraine das Ihre zur Preisentwicklung beigetragen. Eine 7,5-prozentige Inflationsrate – der höchste Wert seit Bestehen der Gemeinschaftswährung – bei einem Inflationsziel von nur zwei Prozent lässt sich dadurch jedoch nicht erklären. Auch die USA kämpfen mit der Inflation. Aber dort reagieren die Löhne wesentlich sensibler und vor allem schneller auf die Preissteigerungen als in Europa. Die Teuerung schlägt also nirgends sonst so stark auf die Geringverdiener durch wie in der Eurozone. Anleger wetten auf einen weiter sinkenden Euro Inzwischen haben die unterschiedlichen Notenbankpolitiken der USA und der Eurozone auf den Finanzmärkten ein deutliches Zinsgefälle ausgelöst. So wirft eine zehnjährige österreichische Staatsanleihe gerade einmal eine Rendite von 0,4 Prozent ab, deutsche Bundesanleihen gar nur 0,3 Prozent. Ein US-Papier mit gleicher Laufzeit bringt hingegen zwei Prozent. Rechnet man die Wechselkursentwicklung dazu, konnten Anleger, die wegen Lagarde ihr Geld vor einem Jahr


Politicks

MIT JOHANNES TANDL

nur zu etwa einem Drittel auf steigende Preise zurückzuführen. Zwei Drittel gehen auf das starke Wirtschaftswachstum im Vorjahr zurück. Die klare Erkenntnis aus dieser Entwicklung: Die Steuerreform des Vorjahres ist wirkungslos geblieben. Weitere Entlastungsschritte sind daher dringend geboten.

Finanzminister Magnus Brunner spricht von Mehrausgaben für den Staat von einer Milliarde Euro. Auf die von „Agenda Austria“ konservativ prognostizierten zusätzlichen Einnahmen von neun bis elf Milliarden geht er nicht ein. aus Europa abgezogen und in den USA veranlagt haben, satte 15 Prozent verdienen. Die Aussichten auf solche Erträge werden den Euro so lange unter Druck halten, bis die EZB einlenkt und Zinsschritte setzt, die jene der Fed überkompensieren. Die Hoffnung, dass das geschehen wird, ist jedoch gleich null. Denn jeder Zinsanstieg würde massive Aufschläge bei Staatsanleihen der viel zu hoch verschuldeten Staaten im europäischen Süden bewirken, weil deren Bonität sinkt. Daher wetten die Investoren weiterhin auf einen sinkenden Euro und damit eine weiter steigende Inflation.

Inflation – neun bis elf Milliarden mehr für den Staat Der Thinktank der »Agenda Austria« hat die Folgen der Rekordinflation auf den österreichischen Staatshaushalt ana-

lysiert. Das wenig überraschende Ergebnis: Während immer mehr Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihren Alltag finanzieren sollen, darf sich Finanzminister Magnus Brunner über einen milliardenschweren Geldregen freuen. So steigen die Einnahmen aus der Mehrwert- und anderen Verbrauchssteuern proportional mit der Inflationsrate. Bereits Inflationsraten von fünf Prozent im heurigen und drei Prozent im kommenden Jahr würden dem Staat daher Mehreinnahmen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro einbringen. Aktuell liegt die Inflation jedoch deutlich höher. Agenda Austria rechnet daher mit einer zusätzlichen Belastung der Steuerzahler von rund neun bis elf Milliarden Euro. Bereits zwischen 2020 und 2021 sind die Steuereinnahmen um 11,5 Milliarden Euro gestiegen. Dieser Geldsegen für Bund, Länder und Gemeinden war jedoch

Inflation – der Finanzminister will nicht der Gewinner sein Völlig anders sieht das hingegen Finanzminister Magnus Brunner. Er beklagte sich gegenüber Ö1 über Einnahmeausfälle und steigende Staatsschulden. So habe bereits die Pandemie zu einem gewaltigen Anstieg der Verbindlichkeiten geführt. Dazu kämen jetzt die Kosten der wegen des Ukrainekriegs eingebrochenen Konjunktur. Daher werde die Schuldenquote auf 80 Prozent des BIP und das Maastrichtdefizit (das Verhältnis zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen) auf drei Prozent ansteigen. Zu den von Agenda Austria prognostizierten neun bis elf Milliarden Mehreinnahmen schweigt Brunner. Stattdessen spricht er von zusätzlichen Einnahmeausfällen in Höhe von etwa einer Milliarde Euro, die auf den Wachstumsknick zurückzuführen seien. Auch die von der Regierung erlassenen Entlastungspakete, wie der Energiekostenzuschuss, würden zu höheren Ausgaben führen. Daher sei ein ausgeglichener Staatshaushalt in den nächsten Jahren völlig außer Sicht. Bis 2026 will Brunner die Staatsschuldenquote aber dennoch auf 70 Prozent des BIP zurückzuführen. Was die im Koalitionspakt vorgesehene Abschaffung der Kalten Progression angeht – sie führt wegen des Stufensteuersatzes zu inflationsbedingten exponentiell steigenden Einnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer – zeigt sich Brunner – auch wegen des Drucks der Landeshauptleute und der Sozialpartner – zumindest gesprächsbereit. Bleibt zu hoffen, dass die Kalte Progression diesmal die derzeitige Bundesregierung nicht ebenso überleben wird wie schon die letzten. FAZIT MAI 2022 /// 15


Recht haben Funktionalität versus Sowiesokosten

Foto: kskp.at

Dr. Andreas Kaufmann ist Rechtsanwalt und Universitätslektor in Graz. KSKP Rechtsanwälte, 8010 Graz, Am Eisernen Tor 2/II Telefon 0316/8525850, kskp.at

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VP-Klubobfrau Barbara Riener: „Die finanzielle Belastungen müssen gemildert werden!“

VP-Klubobfrau Riener: »Inflation abfedern!« Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sorgt weltweit für Entsetzen. Neben unfassbarem menschlichem Leid versursacht der Krieg auch eine Rekordinflation – diese ist hierzulande so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die heimische Politik ist bemüht, die Folgen für die Bevölkerung zu mildern.

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ie Bundesregierung hat zur Abfederung der aktuellen Teuerungswelle Entlastungspakete im Umfang von vier Milliarden Euro präsentiert. Barbara Riener, Klubobfrau der Steirischen Volkspartei im Landtag, begrüßt die Pakete: „Es kommt jetzt vor allem auf rasche Hilfe für jene Menschen an, die diese Unterstützung wirklich brauchen. Darauf zielen diese Entlastungsmaßnahmen ab!“ Das Bündel sieht unter anderem einen Teuerungsausgleich für besonders vulnerable Gruppen wie Arbeitslose oder Mindestsicherungs-, und Studienbeihilfe-Bezieher vor. Pendlerinnen und Pendler werden durch eine Erhöhung des Pendlerpauschales um 50 Prozent und eine Vervierfachung des Pendlereuros unterstützt. Da im täglichen Leben vor allem die Energiepreise für Probleme sorgen, werden Erdgas- und Elektrizitätsabgabe um rund 90 Prozent gesenkt. Das Land Steiermark hat darüber hinaus den Heizkostenzuschuss merkbar erhöht. „Die hohe Inflation stellt Österreich und Europa vor große Herausforderungen. Es wäre Wunschdenken zu glauben, dass alle Teuerungen kompensiert werden können. Es gilt aber, die Folgen abzufedern und der Bevölkerung bestmöglich unter die Arme zu greifen“, so Riener.

Foto: VP-Klub/MarijaKanizaj

Leider sehr häufig stellt sich die Frage, wer für Schäden, die durch das Umstürzen von Bäumen verursacht werden, zu haften hat. Ein Beispiel möge dies veranschaulichen: Auf einer Liegenschaft der beklagten Gemeinde standen mehrere Bäume, die bei einem Sturm mit Windspitzen bis zu 110 km/h umstürzten und den Zaun des Klägers beschädigten. Die Bäume wurden etwa bereits im Jahre 1970 gepflanzt. Es handelte sich um sogenannte Flachwurzler. Der Boden betrug wegen des darunterliegenden Grobschotters nur 30 bis 40 Zentimeter. Dies war damals üblich. Nach heutigem Stand der Technik wäre ein tieferer Untergrund erforderlich. Die Bäume waren bis zum Schadensereignis gesund. Sie wurden regelmäßig durch ein von der beklagten Gemeinde beauftragtes Unternehmen kontrolliert. Die Bäume waren auch in ein Baumkataster eingetragen. Die Kontrollen erfolgten regelmäßig nach den einschlägigen Ö-Normen L 1122 (Baumpflege und Baumkontrolle) und L 1125 (Anforderungen an einen Baumkataster) sowie den dafür geltenden Richtlinien einer Forschungsgesellschaft für Landschaftsentwicklungen und Landschaftsbau. Die Gerichte, zuletzt der OGH (2 Ob 50/20x), entschieden, dass Schäden, die durch das Umstürzen von Bäumen verursacht werden, im Wege der Analogie in den Anwendungsbereich von Paragraph 1319 ABGB einzubeziehen sind. Bei Bäumen liegt der Grund einer verschärften Haftung nicht darin, dass sie grundsätzlich als gefährlich angesehen werden, sondern darin, dass aufgrund eines Mangels eine erhöhte Gefährlichkeit besteht, also dann, wenn durch den Zustand eines Baumes von diesem eine besondere Gefahr ausgeht. Der Eigentümer eines Baumes muss sich quasi freibeweisen. Er hat zu behaupten und zu beweisen, dass er alle Vorkehrungen getroffen hat, die vernünftigerweise nach den Umständen von ihm erwartet werden können. Das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen den Schadenseintritt bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Gemeinde die Überprüfung der auf ihren Liegenschaften stehenden Bäumen einem fachkundigen Unternehmen übertragen. Dies genügt im Regelfall für den Entlastungsbeweis nach Paragraph 1319 ABGB. Im konkreten Fall handelte das Unternehmen nach dem Stand der Technik, der sich insbesondere in den Ö-Normen (siehe oben) widerspiegelte. Im gegebenen Fall hat die beklagte Gemeinde sohin nicht für die Baumschäden beim Kläger haften müssen. Ein vorab eingeholter fachkundiger Rat kann viele Probleme verhindern.


STUDY. LOVE. STAY.

Regionalstellenleiter Viktor Larissegger (l.) und Paul Spitzer, Obmann der WK-Regionalstelle Graz, initiierten eine Diskussionsrunde über Auswirkungen von Demoüberschwang und mehr Vernunft beim Versammlungsrecht.

Studieren in Graz. Das Leben erleben.

WKO-Apell zum Versammlungsrecht mit Vernunft

graz.at/studieren

Die in jüngster Zeit stark gestiegene Anzahl von Demos und Versammlungen sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf die innerstädtische Wirtschaft waren Anlass für die WKO Regionalstelle Graz, Ende März einen Runden Tisch zu diesem Thema zu veranstalten.

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Sinnvolle Nutzung der Grundrechte Im Zuge der Diskussion wurde klar, dass eine inflationäre Nutzung dieses Grundrechts als nicht sinnvoll erachtet wird. Die Juristen Christoph Bezemek und Robert Mannsberger verdeutlichten, dass eine Versammlung nur unter bestimmten Voraussetzungen untersagt werden kann. „Wichtig ist für uns aber, ein wenig Bewusstsein für die vielen Menschen zu schaffen, die negativ von Demonstrationen betroffen sind“, erläuterte Regionalstellenleiter Viktor Larissegger und ergänzt „Ein wichtiges Anliegen ist, dass diese zumindest nicht öfters am gleichen Ort stattfinden, damit nicht immer dieselben Unternehmen und Anrainer von den Auswirkungen betroffen sind.“ Paul Spitzer plädiert abschließend: „Setzen wir uns in unserem jeweiligen Umfeld dafür ein, dass mit dem Versammlungsrecht vernünftig und verhältnismäßig umgegangen wird. Insbesondere unsere obersten politischen Vertreter sind hier aus meiner Sicht gefordert, Überzeugungsarbeit für eine angemessene Nutzung dieses hohen Rechtsgutes zu leisten.“ FAZIT MAI 2022 /// 17

achtzigzehn | Foto: Lex Karelly | Bezahlte Anzeige

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eben Unternehmern und Politik kamen auch Rechts- und Verkehrsexperten zu Wort. Diskussionsleiter Paul Spitzer, Obmann der WK-Regionalstelle, betonte einleitend, „dass es nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist, dass man so offen darüber diskutieren könne wie bei uns“. Aber die schiere Menge an Demos und Veranstaltungen (2021 waren es 270, 2022 bisher schon 168) erforderten dringenden Handlungsbedarf, wie auch Wirtschaftsstadtrat Günter Riegler erklärte: „Krisengebeutelte Zeiten erfordern es, die Versammlungs- und Erwerbsfreiheit als zentrale Grundsätze unserer Demokratie nicht gegeneinander auszuspielen.“


Graz hat's

Das Grüne Herz feiert heuer seinen 50. Geburtstag mit vielen spannenden Geschichten, Tipps und Produkten rund und dieses markante Urlaubssymbol.

Bilanz der Gründermesse 2022 in Graz

FH-Studierende präsentieren Wettbewerbsflugzeug Am 23. März 2022 stellten die Mitglieder des Teams von Joanneum Aeronautics ihren neuen Wettbewerbsflieger vor. In Anlehnung an den Hauptsponsor dieser Saison, die ÖAMTCFlugrettung, trägt das Unmanned Aerial Vehicle (UAV) den Namen „Hornet“, also Hornisse. Die Studierenden der FH Joanneum gehen damit Mitte April bei einem Modellflugwettbewerb in den USA an den Start. Die Teamleader Sophie Benkwitz, Matthias Spitzauer und Thomas Teichmeister erklärten den DBF-Wettbewerb: „Aufgabe ist es, ein unbemanntes Luftfahrzeug zu entwerfen, zu bauen und zu fliegen. Ziel des diesjährigen Wettbewerbs ist es, Impfstofflieferungen für eine humanitäre Mission durchzuführen – daher auch die Impfnadel im Logo.“

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Informationen: steiermark.com und steiermark.com/Gruenes-Herz 18 /// FAZIT MAI 2022

Graz entdecken mit der Graz Card

Viel Kultur und volle Mobilität: Nach diesem Motto brachte Graz Tourismus in Kooperation mit der ÖBB Personenverkehr AG mit 1. April eine neue Gästekarte auf den Markt. Die neue Graz Card macht einen Besuch in Graz nicht nur nachhaltiger, sondern auch bequemer und günstiger. Die wichtigsten Attraktionen der Stadt können beliebig oft besucht bzw. benutzt werden. Tourismusstadtrat Günter Riegler: „Für den aktiven Kulturtouristen ist die Graz Card eine kostengünstige und äußerst praktikable Möglichkeit, um einen Besuch in unserer Stadt flexibel zu gestalten. Ich freue mich, dass unseren Besucher mit diesem neuen Angebot ein klimafreundlicheres Entdecken unserer Grazer Attraktionen ermöglicht wird.“

Restart für Swiss-Direktflüge Graz−Zürich Foto: Studienzentrum Weiz / Bigstock

ie Steiermark steht für Natur, vom Gletscher bis zum Wein, für sportliche Aktivitäten, für kulinarische und kulturelle Breite und nicht zuletzt für die herzliche Gastfreundschaft in den heimischen Familienbetrieben. Das Grüne Herz feiert heuer seinen 50. Geburtstag und steht mehr denn je als markantes Symbol für das Urlaubsland Steiermark. Steiermark Tourismus wirbt mit insgesamt 47 Marketingmaßnahmen auf sechs Märkten für den Urlaub im Grünen Herz. Im Mittelpunkt stehen dabei Neuheiten aus den elf Erlebnisregionen: neue Themen- und Weitwanderwege sowie kulinarische Adressen, Radrouten, Ausstellungen und Festivals, aber auch ganz viel sommerfrische Erholung an Seen und in den Wäldern zum Krafttanken. Denn: Die Steiermark schmeckt gut und tut gut.

Mit Beginn des Sommerflugplans ist nun auch Zürich und damit ein weiterer wichtiger Umsteigeflughafen im Herzen Europas wieder ab Graz erreichbar. Gestartet wird mit zwei Frequenzen pro Woche. Flugtage sind Montag sowie Freitag bzw. in bestimmten Perioden Donnerstag. „Neben Frankfurt, Wien, Amsterdam und München bieten wir nun mit Zürich einen fünften wichtigen Umsteigeflughafen an“, freut sich Wolfgang Grimus, GF des Flughafen Graz. „Unsere Fluggäste können somit ihre Reisen im weltweiten Netz der Lufthansa-Gruppe noch flexibler an ihre Bedürfnisse anpassen.“ Am Heimathub in Zürich bietet die Swiss ihren Fluggästen Umsteigemöglichkeiten unter anderem nach Nord- & Südamerika, Südafrika sowie in den Nahen Osten.

Fotos: MCG / Remling, FH Joanneum, Graz Tourismus / Werner Krug

Urlaub beim Geburtstagskind

Die Gründermesse 2022 bot auch heuer wieder jede Menge Highlights. Zahlreiche Besucher tummelten sich am 28. März im Messe Congress Graz und ließen sich für ein erfolgreiches Durchstarten beraten. SFG-GF Christoph Ludwig: „Auch in unsicheren Zeiten bleibt es ungebrochen wichtig, Ideen, Vorhaben und Pläne in die Tat umzusetzen und das Business in die eigene Hand zu nehmen. Der rege Andrang auf der diesjährigen Gründermesse gibt Zuversicht. Wagen Sie den ersten Schritt in Richtung Selbstständigkeit, die weiteren werden Sie nicht alleine gehen, das steirische Ökosystem – das war dieser Tage eindrücklich erkennbar – verfügt über ein dichtes Netz an Unterstützung, damit Ihr Weg auch zum Erfolgsweg wird.“


Ortweinschule trifft auf BIX-Fassade 2.0

Auszeichnung für Grazer Partizipationsprojekt Im Kuppelsaal der TU Wien ganz oben auf dem Stockerl stand Anfang April ein Projekt aus Graz, das in der Kategorie „Partizipation“ den ersten Platz erringen konnte. Dabei wurden möglichst viele „gute Ideen für ein lebenswertes Graz“ gesucht, die möglichst vielen Bewohnern zugutekommen. Die Auszeichnung für das Grazer „Bürger:innenbudget 2021“, das gemeinsam mit dem Beirat für Bürgerbeteiligung entwickelt wurde, nahmen dessen Sprecher Raimund Berger und Wolf-Timo Köhler aus den Händen von ÖGUT-Generalsekretärin Monika Auer, ÖGUT-Präsidentin Andrea Reithmayer sowie von Peter Iwaniewicz vom BM für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) entgegen.

Die BIX-Medienfassade des Kunsthauses Graz dient der Kommunikation und Interaktion mit dem urbanen Raum und steht seit der Eröffnung des Hauses im Jahr 2003 im Mittelpunkt zahlreicher Kooperationen. Bereits zum zweiten Mal laden heuer das Kunsthaus und die Energie Graz den 4. Jahrgang der Fachsparte „Film und Multimediaart“ der Ortweinschule ein, ein neues Projekt für die BIX-Medienfassade zu entwickeln. Gemeinsam mit den Lehrkräften Jona Hoier und Joachim Dietze beschäftigen sich die Schüler und Schülerinnen mit der Frage, welche Rolle die BIX-Medienfassade im Stadtraum von Graz einnehmen soll und welche neuen Wege der Kommunikation und Interaktion sie ermöglichen könnte.

Fotos: Katharina Schiffl, MCG / Wiesner, J. J. Kucek, Grazer Volkspartei / Morgenstern

Neuer Aufsichtsrat der Holding Graz konstituiert Der Aufsichtsrat der Holding Graz hat sich am 8. April 2022 wie geplant für die folgende Funktionsperiode konstituiert. In der Sitzung wurden der Grazer Anwalt Kurt Fassl zum neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrates sowie Ina Bergmann und Lisa Rücker zur stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates einstimmig gewählt. Die weiteren Mitglieder des Aufsichtsrats sind Michael Ehmann, Detlev Eisel-Eiselsberg, Johanna Flitsch, Johanna Flitsch, Sieglinde Pailer, Sieglinde Pailer und Gerhard Wohlfahrt. Der gebürtige Grazer Fassl ist seit 1988 als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Der promovierte Jurist war bereits von 2013 bis 2017 Mitglied im Aufsichtsrat der Holding Graz.

Ausstellung „James Rizzi: My New York City“ Der New Yorker bildende Künstler James Rizzi (1959−2011) lebte und wirkte sein ganzes Leben lang in New York, hier fühlte er sich „like a kid in a candy store“. Rizzis kunterbunter Kosmos war der von SoHo, jenem Stadtteil im Süden Manhattans, der sich von „South of Houston Street“ ableitet. „The past is history“, sagte Rizzi, „tomorrow is a mystery, today is a gift“. Seine Gegenwart, die er als Geschenk sah, wird vom 26. Mai bis zum 4. September 2022 Gegenwart in Graz, in Halle A der Messe Graz. In einer gigantischen Ausstellung, die mit über 1.600 Werken die weltgrößte Retrospektive seines Künstlerlebens darstellt, vom Veranstalter Art 28 aus Tübingen mit „James Rizzi – My New York City“ betitelt.

Abhängigkeit von Erdgas reduzieren „Es ist höchste Zeit zu handeln“, sind sich VP-Obmann StR Kurt Hohensinner und StR Günter Riegler einig, „die Abhängigkeit von russischem Gas ist ein Damoklesschwert über der Grazer Bevölkerung“. Am 1. April wurden in der Stadtregierungssitzung Maßnahmen für die Dekarbonisierung des Hauses Graz präsentiert. Hohensinner appelliert an die Linkskoalition: „Wir müssen alles tun, damit es im kommenden Winter kein kaltes Erwachen gibt. Die Fernwärme speist sich zu starken Teilen durch das Kraftwerk Mellach und die Abwärme von Firmen, die auf russisches Gas angewiesen sind. Es braucht jetzt einen parteiübergreifenden Schulterschluss. Als Volkspartei bringen wir uns gern in dieses so wichtige Zukunftsthema ein.“ FAZIT MAI 2022 /// 19


Kurz & News

Neues Team für FiW Graz

Benefizauktion Lionarte 2022

Frau in der Wirtschaft Graz hat seit 6. April ein neu gewähltes Bezirksteam: Anita Höller (Acorros GmbH) übernimmt von der Vorsitzenden Barbara Mannsberger die Funktion als Grazer Frau in der Wirtschaft Vorsitzende. Unterstützt wird sie von ihren Stellvertreterinnen: Ulrike Gugel (Damenmode Ulrike Gugel), Petra Fröschl-Zückert (Aihpos GmbH) und Edith Marion Farcher. Ein wichtiges Anliegen ist dem neugewählten Team der seit langem geforderte flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen für unter Dreijährige, aber der ein Anspruch auf Kinderbildung und -betreuung. Weitere Schwerpunktthemen sind die Förderung der Innenstadtwirtschaft, Nachhaltiges Wirtschaften und eine Erhöhung der Wertschätzung für Unternehmerinnen.

Die „Lionarte 2022“ ist eine Lions-Benefiz-Kunstauktion, die nach dem erfolgreichen Start im Vorjahr bereits zum zweiten Mal stattfindet. Der LionsClub Graz-Joanneum hat aufgrund der Pandemie einen Wege zum Fundraising gefunden. Über Einbindung des Internets konnte erstmals eine online-Benefiz-Kunstauktion erfolgreich abgewickelt werden. Fast doppelt so viele Künstler haben sich heuer in den Dienst der guten Sache gestellt und ebenso viele Kunstwerke zur Verfügung gestellt. Bis 15. Mai 2022 werden die Kunstwerke auf der Homepage der Aurena GmbH www.aurena. at präsentiert. Ergänzend dazu können am 14. Mai in der Zeit von 10.00h bis 14.00h im Flugzeughotel Novapark in Graz, Fischeraustraße 22 besichtigt werden.

In der Salatschüssel schon lange unzertrennlich, formieren sich die Produzenten von steirischem Kürbiskernöl und Grazer Krauthäuptel zum Saisonstart als starkes Team. Mit Beginn der Freilandernte ist der knackig frische Grazer Krauthäuptel jetzt groß im Kommen: Mit Saisonende im Oktober werden es 15 Millionen der knackigen Grazer sein, die den steirischen Raum gut versorgen. „Als Inbegriff von Saisonalität und Regionalität setzt der Lieblingssalat der Steirer ein positives Zeichen für die Nahversorgung mit frischem Gemüse. Für den heimischen Genuss darf das steirische Kürbiskernöl nicht fehlen“, betont LK-Vizepräsidentin Maria Pein, bei der Vorstellung der neuen Marketing-Kooperation am Lendplatz in Graz.

Radfahrkurse für Volksschulen gestartet

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Die Easy Drivers Radfahrschule hat auf der Eventfläche bei Merkur Arena und Eisstadion ein neues „Klassenzimmer“ gefunden. Grazer Volksschulkinder werden hier in den kommenden zwei Monaten für einen möglichst sicheren Fahrrad-Alltag fit gemacht. Vom erfolgreichen Auftakt der VS Karl-Morre überzeugten sich auch StR Kurt Hohensinner, Stadion-GF und MCG-Vorständin Barbara Muhr und Sportamtsleiter Thomas Rajakovics. Muhr: „Die Radfahrschule ist ein weiterer Schritt für die Öffnung und eine möglichst vielfältiges, über den Sport hinausreichendes Angebot unserer Stadien. Wir sehen das auch als Teil unserer sozialen Verantwortung hier mitzuhelfen, möglichst viele Kinder auf den Straßenverkehr vorzubereiten.“

Fotos: FiW Steiermark, Lions Club Graz, LK / Danner, MCG

Saisonauftakt für Krauthäutel und Kernöl


Foto: Peter Drechsler

Kurz im Gespräch mit Hannes Schwarz,

Klubobmann steirischer SPÖ-Landtagsklub

Berufsbegleitend zum erfolgreichen FH-Abschluss

Akkreditierung für Studienzentrum Weiz und Ingenium Das Studien- und Technologie Transfer Zentrum Weiz und Ingenium Education erhielten erneut die institutionelle Akkreditierung von ASIIN e.V. Dabei handelt es sich um die höchste internationale Qualitätsauszeichnung im Hochschulbereich.

Foto: Studienzentrum Weiz / Bigstock

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eit 1999 bedienen das Studien- und Technologie Transfer Zentrum Weiz (kurz Studienzentrum Weiz) und Ingenium Education ein Bildungsnetzwerk, das über 7.000 Absolventen und Absolventinnen verzeichnet. Knapp 1.400 Studierende gib es aktuell österreichweit, davon ca. 400 in der Steiermark. Das Programm wurde 1999 eröffnet und aufgrund des Bedarfs einer berufsbegleitenden Weiterqualifikation für HTL-Ingenieurinnen und -Ingenieure entwickelt. Unter Einsatz von Fernstudienelementen entstand so die Möglichkeit, in adäquater Zeit zum FHDiplomabschluss zu gelangen. Systemsiegel verliehen bis 2029 Alle von den Studienorganisationen Ingenium Education und Studienzentrum Weiz in Österreich angebotenen Studienprogramme sind von unabhängigen Akkreditierungsagenturen akkreditiert und gemäß den ISO-Quali-

tätsnormen im Bildungsbereich zertifiziert. Mit Beschluss vom 23.12.2021 verleiht ASIIN den beiden Bildungsorganisationen erneut das Systemsiegel bis 2029. Damit wird bestätigt, dass das Studienzentrum Weiz und Ingenium Education die Rahmenbedingungen für gute Lehre und erfolgreiches Lernen auf internationalem Hochschulniveau gewährleisten. GF Günther Friedrich freut sich über die Auszeichnung: „Wir sind stolz, mit dieser Akkreditierung erfolgreich Neuland betreten zu haben. Wir sind überzeugt davon, dass dieses erstmalige Verfahren wegweisend für die Qualitätssicherung von berufsbegleitenden Studienmodellen im Hochschulwesen sein wird.“ Das Studienzentrum Weiz und Ingenium Education sind damit die einzigen selbstständigen Bildungsdienstleister, die dieses Systemsiegel bereits zum zweiten Mal erhalten haben.

Wird die Novelle der Bau- und Raumordnung echte Verbesserungen beinhalten? Ja, wir sagen Bodenverbrauch und -versiegelung den Kampf an! Dadurch haben unsere Gemeinden künftig bessere Möglichkeiten, unbebautes Bauland zu mobilisieren. Entsteht innerhalb von fünf Jahren nicht zumindest ein Rohbau, kann eine Raumordnungsabgabe fällig werden. So nutzen wir vorrangig gewidmetes Bauland und vermeiden Zersiedelung. Auch mit großen Parkplatzflächen bei Handelsbetrieben ist Schluss.

Sind die vorgesehenen Abgaben auf Leerstand ausreichend? Davon gehen wir aus. Die Novellierungen sind in Zusammenarbeit mit Experten, Interessenvertretungen sowie Städte- und Gemeindebund entstanden. Gemeinsam haben wir uns auf eine Höchstabgabe von 10 Euro pro m2 geeinigt, sowohl bei der Leerstands- als auch bei der Zweitwohnsitzabgabe, die im Übrigen – ebenso wie die Raumordnungsabgabe – zur Gänze der jeweiligen Gemeinde zufließen.

Mit welchen Maßnahmen sollen die Teuerungen bei Mietwohnungen abgefangen werden? Die oben beschriebenen Maßnahmen können einer Teuerung im Mietwohnungssektor entgegenwirken. Günstigeren Wohnraum und mehr Lebensqualität für die Menschen zu schaffen, waren von Anfang an Ziele, die wir mit der Novellierung der Bau- und Raumordnung erreichen wollten. Das ist uns gelungen und darauf bin ich stolz.

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Fazitgespräch Von Peter K. Wagner und Johannes Tandl mit Fotos von Erwin Scheriau

Der Herr des Waldes Franz Mayr-Melnhof-Saurau im Gespräch über Holz als

Kohlendioxidspeicher, Schäden am und durchs Wild sowie die Zukunft des Brotbaums Fichte.

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Fazitgespräch

Die Sonne scheint vom Dach in das mit viel sichtbarem

Holz verbaute Atrium, als wir den Sitz der Mayr-Melnhof-Forst in Frohnleiten betreten. Wir sind zu früh dran und können uns noch an einem Wildschwein aus Karton mit der Aufschrift »Abstand auf Steirisch« amüsieren, ehe wir ins Büro von Franz Mayr-Melnhof-Saurau VI. gebeten werden.

Wir nehmen am Tisch in der Mitte des Raumes Platz und

starten, umgeben von Jagddevotionalien, in ein rares Gespräch. Die ganze Familie Mayr-Melnhof gilt nicht gerade als Teil des Jetsets

und der Seitenblicke, auch unser heutiger Gesprächspartner ist am

ehesten dann noch medial zu hören oder lesen, wenn er über seine Tätigkeit und Anliegen als Landesjägermeister spricht – aber auch das kommt äußerst selten vor.

»Nein, die Seitenblicke sind nicht mein Thema«, lächelt der

großgewachsene und freundliche, gar bescheiden wirkende Mann, der einer der vermögendsten Menschen Österreichs ist.

Der Wohlstand seiner Familie geht auf das 19. Jahrhundert und Einnahmen aus der Stahl- und Hüttenindustrie zurück. Heute

kennt man Mayr-Melnhof vor allem aufgrund des Waldbesitzes in

der Steiermark, der auch mit Verantwortung der Natur gegenüber einhergeht, die dem Baron mehr als nur bewusst ist.

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Fazitgespräch

Der Wald ist für mich die Wurzel meines Unternehmertums. Franz Mayr-Melnhof-Saurau VI.

Herr Mayr-Melnhof-Saurau, Sie sind der größte private Waldbesitzer Österreichs. Wie sehr sind Sie mit dem Wald verbunden oder ist er für Sie bloß Rohstofflieferant? Der Wald ist für mich die Wurzel meines Unternehmertums. Er bildet durch langfristig nachhaltige Bewirtschaftung die Basis als Rohstofflieferant, gerade im Bereich der Holzwirtschaft, die wir in den letzten Jahren massiv ausgebaut haben. Er erfüllt aber zugleich noch ganz viele weitere Funktionen für die Gesellschaft und wir wissen diesbezüglich auch um die Verantwortung, die mit unserem Besitz einhergeht.

Durch welche Schritte haben Sie die Holzwirtschaft ausgebaut in den vergangen Jahren? Wir haben in der Holz-Holding in den Neunzehnneunzigerjahren begonnen das Sägewerk in Leoben auszubauen und haben danach in die Weiterverarbeitung investiert. Anfang 2000 haben wir einen ersten Schritt ins Ausland – nach Tschechien – gewagt. Es gab bei unserer Expansion auch schwierige Zeiten, mitverursacht durch die Immobilienflaute in der Holzindustrie Ende der Nullerjahre. Wir sind ein international gut aufgestelltes Unternehmen. Wir sehen Holz als einzig wahren Rohstoff, der nachhaltig nachwächst. Holz ist keine endliche Ressource, aber hat ein enormes Potenzial für die Zukunft.

Welche Bereiche umfasst die Tätigkeit Ihrer Holz-Holding? Wir produzieren Bretter, Leimbinder oder BSP-Platten für den Hausbau und Holz-Beton- Verbundplatten sowie Pellets. Wir bauen im Rahmen eines Joint Venture mit Kaufmann Bausysteme GmbH in Kalwang auch Häuser am Fließband. Modul für Modul entstehen so zum Beispiel Studentenheime und Bürogebäude. Auch beim größten Holzhochhaus Österreichs, dem »HoHo« in Wien, waren wir Lieferant. Aber Holz ist nicht nur Material für Bauen und Heizen, sondern ist sehr vielfältig durch seine chemischen Inhaltsstoffe. Holz kann z.B. Baumwolle ersetzen. Buche verkaufen wir etwa an Lenzing, die Hightechtextilien für Arbeits-, Schutz- und Sportbekleidung, sowie Hygieneartikel für den täglichen Gebrauch daraus erzeugen. Inwiefern ist Holz die Antwort auf den Klimawandel?

Wir haben ein Produkt, das den Kohlendioxidausstoß kompensieren kann und den Kohlenstoff speichert und gleichzeitig den für das Leben notwendigen Sauerstoff produziert. Genial, oder? Das Holz kommt auf kürzestem Wege im Sägewerk an, wird entrindet und mit der Rinde erzeugen wir Ökostrom und die ganze Abwärme geht in den Prozess. Wir trocknen das gesamte Schnittholz und die Sägespäne – und haben dabei sogar eine kulinarische Wertschöpfung – wir liefern Fernwärme an die Brauerei in Göss. [lacht] Als Holzverarbeiter haben wir einen viel geringeren Energieinput als Hersteller anderer Baustoffe.

Wie sehr ist so ein riesiger Besitz wie Ihrer auch eine gesellschaftliche Verpflichtung? Gerade mit Grund und Boden geht intensive gesellschaftliche Verpflichtung einher. Grund und Boden ist nicht als Einheit für sich einzäunbar. Es gibt viele Diskussionen über verschiedenste Freizeitnutzung. Wir schauen, gemeinsam mit Stakeholdern wie etwa dem Alpenverein, wie es gelingen kann unsere Interessen mit denen des Tourismus zu vereinbaren. Sie kennen sicher die Diskussion über die Skitourengeher oder Mountainbiker. Unser Interesse ist hier natürlich, dass der Forstbetrieb funktioniert aber auch Wildtiere störungsfrei darin leben können.

Sind die Beschädigungen wirklich so groß durch Mountainbiker und Co.? Wir haben auch gemeinsam in Zusammenarbeit mit Gemeinden Mountainbikestrecken ausgeschildert. Es geht immer darum, sich gemeinsam hinzusetzen und Regelungen zu schaffen, die für alle Nutzer aber auch für die Ökosysteme gut sind. Das funktioniert vielleicht bei den Mountainbikern, bei den Skifahrern ist es schwieriger. Das ist sehr unterschiedlich. Wenn es Dinge gibt, die nicht funktionieren, gehen wir auf die Gemeinden zu, um Lösungen zu finden. Wir haben auch gemeinsam mit dem Alpenverein Skitouren ausgewiesen. Es ist oft der Einzelne, der Schaden verursacht, aber die Masse hält sich an Regelungen und ist dankbar, dass es ein gewisses Angebot gibt. Wir haben die Herausforderung, stets das

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Fazitgespräch Gleichgewicht zwischen Wald und Wild bzw. zwischen Mensch und Natur zu halten. Wenn wir rund um die Uhr Disneyland im Wald haben, entstehen durch den Stress der Wildtiere enorme Schäden. Das wollen wir nicht. Schäden am oder durchs Wild? Beides. Durch Stress im Winter passiert beides.

Normalerweise heißt es, die erste Generation baut auf, die zweite Generation hält im Glücksfall den Wohlstand und ab der dritten Generation geht es bergab. Sie sind Franz VI. – wie ist das möglich, dass es Ihrer Familie weiterhin so gutgeht? Gibt es eine strenge Familienverfassung, die eine Zerschlagung bzw. einen Abbau verhindert? Der Forstbetrieb wird an den Ältesten in der Familie weitervererbt, um die Größe und die Wirtschaftlichkeit aufrechtzuerhalten. In der Karton-AG sind viele Familienmitglieder beteiligt. Die Anteile sind also verkaufbar? Ja.

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Es gibt viel Bedarf im Holzbereich – gibt es genügend Rohstoff, um diesen Bedarf zu decken? Wir haben in der Steiermark sehr viel Holz, wir sind aber in vielen Bereichen an den Grenzen angelangt. Größere Projekte sind manchmal schwierig. Wir nutzen etwa 75 Prozent der Waldbestände im Bundesland, manches kann nicht genutzt werden, weil es vielleicht zu teuer ist oder die Aufschließung nicht da ist. Wenn

es mehr Nachfrage geben sollte durch neue Player am Markt, muss man sich das anschauen. Wir sind in Österreich bezüglich der stofflichen Verwendung von Holz sehr gut aufgestellt.

Die Preise sind zuletzt massiv gestiegen. Ist der Preis jetzt fair aus Ihrer Sicht? Der Preis ist fair. Es verdienen alle recht gut, Forstwirtschaft wie Holzindustrie können zufrieden sein. Wie es sich weiterentwickelt, wird sich weisen. Natürlich gibt es enorme Kosten durch Verknappung von Baustoffen. Von den großen Baufirmen gibt es ja auch schon Befürchtungen, dass es dadurch zu einem Einbruch der Nachfrage kommen könnte.

Sollte im Sinne des Klimas noch mehr Wald genutzt werden, weil Bäume so gut Kohlendioxid speichern? Der bewirtschaftete Wald speichert am meisten Kohlendioxid. Da sind wir dann auch in der Diskussion: Was wollen wir für Energieträger? Wasserkraft? Gut, aber wo haben wir noch Wasserkraft verfügbar? Kaum mehr, wir sind am Ende angelangt. Photovoltaik? Guter Punkt, da kann man noch aufholen. Im Bereich der Windkraft wurde vor allem in Niederösterreich und Burgenland stark investiert. Aber alles hat irgendwann Grenzen, weil nicht zuletzt in Ökosysteme eingegriffen wird. Wo sind Sinn und Widersinn? Da muss man genau hinschauen. Es gab eine europäische Diskussion darüber, bis zu 30 Prozent des Wirtschaftswaldes stillzulegen. Ist diese Diskussion jetzt verstummt?

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Fazitgespräch Ich hoffe auf andere Ideen, ja. Diese Ideen der Stilllegung von Flächen werden uns hier in Europa sicher nicht helfen, den Klimawandel einzudämmen. Hier müssen wir sehen, dass wir den jährlich Holzzuwachs im Wald maximieren und gleichzeitig möglichst langfristig das Kohlendioxid in den verwendeten Holzprodukten, wie zB in Massivholzbauten, speichern und damit gleichzeitig wesentlich energieintensivere Baustoffe ersetzen können. Das wäre der optimale Weg. Diese Diskussion hat einen Hintergrund. Es geht um die Urwälder etwa in Rumänien, wo wirklich Wald vernichtet wird. Wie kann man den Wald besser schützen? Selbst wenn es das in Rumänien gegeben hat, Mitteleuropa hat die strengsten Forstgesetze, die es weltweit gibt und die auch kontrolliert werden. Wir sind in Österreich weit davon entfernt den Wald zu übernutzen. Einerseits aufgrund der Gesetze und andererseits deshalb, weil das Denken der Eigentümer dem nicht entspricht. Wir haben ein fast achtzigprozentigen Privatwaldanteil in Österreich, was im internationalen Vergleich enorm ist. Der klassische Waldbesitzer lebt immer von den Bäumen, die seine Großeltern gepflanzt haben. Dieses System ist zurzeit massiv bedroht. Der Brotbaum ist die Fichte, die bis auf 1.000 Meter Seehöhe gefährdet ist. Wie kann Wald so gestaltet werden, dass auch die nächsten zwei Generationen davon leben können und gleichzeitig dem Klimawandel Rechnung getragen wird? Von außen wirkt alles sehr statisch, aber es tut sich etwas. Ein Waldumbau ist ein Prozess, der nicht in wenigen Jahren möglich

ist, sondern es ist tatsächlich ein Generationenprojekt. Die österreichische Waldinventur weist seit Jahren immer höhere Mischwaldanteile aus. Die Fichte ist der Brotbaum, ja, es wird sie auch weiterhin geben, weil sie von Zellulose bis Energieerzeugung, Heizen und Hausbau am besten einsetzbar ist. Wir haben in der Forschung im Forstbetrieb herausgefunden, dass bei uns in den vergangenen Jahrhunderten eine Art K&K-Potpourri der Fichtengenetik entstanden ist. Durch die stark industrielle Nutzung der Kohlenwälder wurden damals zum Beispiel Fichten aus Böhmen oder Mähren in die Steiermark geholt, die genetisch eigentlich gar nicht in unsere Region passen. Wir haben vor 30 Jahren damit begonnen, die steirische Fichten bei uns im Betrieb zu finden. Die steirischen Urfichten sind schlank und hochgewachsen. Jetzt haben wir zum Teil Fichten mit langen Ästen, die gegenüber Schneedruck und Wind anfälliger sind. Wir haben im Rahmen von genetischen Analysen herausgefunden, dass wir in unserem Bereich trockenresistentere Arten haben, die wir nun vermehren. Wir pflanzen sie in Hecken, schneiden im Frühling die Triebe ab und geben diese unter speziellen Bedingungen in ein einfaches Kiesbeet. Nach dem Wurzelschlagen bringen wir sie zum Anwachsen in den Pflanzgarten und nach drei bis vier Jahren in unseren Wald, um die Genetik dieser Bäume zu vermehren und zu erhalten. Auch eine Fichte braucht eine artgerechte Haltung. Vor 50 Jahren haben wir vielleicht 6.000 Pflanzen am Hektar gepflanzt, mittlerweile sind es ca. 1.500 Pflanzen am Hektar. Im Bergwald setzen wir zunehmend auch auf die Lärche als Mischbaumart, auch die Buche und die Tanne gewinnen wieder an Bedeutung. walstead-leykamdruck.com

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Fazitgespräch

Die Jagd wird in der öffentlichen Wahrnehmung unter ihrem Wert geschlagen. Franz Mayr-Melnhof-Saurau VI.

Sie sind Vizepräsident der steirischen Industriellenvereinigung. Selten zuvor waren die Aussichten so miserabel wie jetzt. Die Wachstumsprognosen sind im Keller und vieles hängt von Vladimir Putin ab. Wie kann man die Unternehmen und Arbeitsplätze in dieser Zeit am besten schützen? Was fordert die IV von der Politik? Eine klare und offene Kommunikation untereinander: Die Menschen müssen wissen, wie die Lage aussieht. Und auch die Industriebetriebe sind verunsichert. Gerade jene, die energieintensiv sind. Die Fragen sind: Was ist an Gas verfügbar? Wie können wir die Versorgung sicherstellen? Welche Alternativen können uns langfristig absichern? Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist vorgesehen, dass bis 2030 etwa 30 Terawatt an fossilen Energien durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden sollen. Wenn das Gas aus Russland ausfällt, müssen wir auf einmal 90 Terawatt ersetzen. Wie kann das funktionieren? Es hakt bei den Erneuerbaren schon jetzt in vielen Bereichen an der Umsetzung. Vielfach fehlen immer noch die Verordnungen seitens des Ministeriums. Dann gibt es etwa noch diese langwierigen UVP-Verfahren. Es ist ja mittlerweile so, dass die vielen Einspruchsmöglichkeiten, ein nachhaltiges Wirtschaften verhindern. Fest steht jedenfalls, dass man das Gas nicht von heute auf morgen abdrehen kann, weil wir derzeit keine Alternative haben. Wer sich Ihre Unternehmungen ansieht, stößt auf eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft. Warum? Nach dem Zweiten Weltkrieg hat mein Urgroßvater in der Wirtschaftsboomphase begonnen, Wohnraum für unsere Mitarbeiter zu schaffen. Inzwischen ist das schon lange keine ledigliche Versorgung für unser Personal mehr, sondern wir bauen jetzt gemeinnützig in der gesamten Steiermark – vorzugsweise hier in der Region – und sind besonders stark im Bereich des Holzbaus.

Auch eine Forsttechnik gibt es als Kapitalgesellschaft. Was tut dieses Unternehmen? Diese beschäftigt sich mit modernen und kosteneffizienten Technologien zur Holzernte und Holzbringung in schwierigem Gelände, sprich vorrangig im Gebirgsforst.. Dieser Geschäftsbereich hat sich aus den eigenen Anforderungen im Forstbetrieb heraus entwickelt. Wir sind da im Spezialmaschinenbau tätig und entwickeln und bauen Kippmastseilgeräte, die wir mittlerweile in ganz Europa aber auch nach Südamerika oder Japan verkaufen.

Sie sind seit 2017 Landesjägermeister, Ihr Vater und Großvater bekleideten die Position ebenfalls. Wächst man in diese Rolle in Ihrer Familie? Bei Besuchen im Wald mit den Eltern ist die Jagd ein erster Kontakt gewesen und da stellt sich dies als erstes Thema. Jagd und Forst gehören zusammen. Die Jagd wird in der öffentlichen Wahrnehmung unter ihrem Wert geschlagen. Daher ist das Amt des Landesjägermeisters auch eine mir sehr wichtige Aufgabe. Ja, man schießt Tiere, aber ich will aufzeigen, was dahinter alles passiert. In der Jagd sammelt sich viel Naturwissen um Lebensräume, das öffentlich mehr wahrgenommen werden muss. Die Steirische Jägerschaft hat in Mixnitz in ein Bildungszentrum zum Thema Natur und Jagd investiert. Die Jagd ist ein integraler Bestandteil einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft. Das wollen wir dort darstellen und vermitteln. Wie stehen Sie zur Wiederansiedlung des Wolfs? Das ist eine schwierige Diskussion. Was wir nicht machen dürfen, ist, eine Wildart über das gesamte Perpetuum Mobile einer genutzten Kulturlandschaft zu stellen. Der Wolf bringt Einschnitte in viele Bereiche. Die kann man als natürlichen Vorgang sehen. Nur was passiert? Wir haben uns am Hauser Kaibling angeschaut, was das elektrische Einzäunen von Lebensräumen etwa für Schafe bedeutet. Das bringt viele Nachteile. Nicht nur für die Gämse, sondern genauso für Kröten, die an diesem 7.000-Volt-Zaun sogar sterben. Man muss schauen, wo welches Wildtier seinen Platz findet. Wir sprechen uns nicht gegen den Wolf aus. Es gibt Bereiche, in denen die Wiederansiedlung funktioniert und andere, in denen sie suboptimal ist. Was etwa in der Schweiz funktioniert, ist für uns nicht automatisch ebenso der richtige Weg. Die aktuelle Taktik ist, den Wolf kommen zu lassen und Problemwölfe zu schießen, oder? Es gibt etwa in Kärnten die Möglichkeit des Abschusses. Aber bei uns in der Steiermark brauchen wir eine Lösung für den Fall X. Wir wissen, welche Probleme auf uns zukommen, und müssen schauen, dass wir die Kreisläufe unserer Kulturlandschaft nicht aufs Spiel setzen. Da geht es um Almen, um Tourismus oder um Landwirtschaft. Die Ängste der Bevölkerung und Bewirtschafter muss man ernst nehmen. Das macht dem Wolf auch den Einstieg nicht leichter. Wir brauchen auch hier eine offene Diskussion. Herr Mayr-Melnhof-Saurau, vielen Dank für das Gespräch!

FAZIT MAI 2022 /// 31


Steuerboard

Jessica Ghahramani-Hofer

Starker Hebel im »War for Talents«

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Unternehmern wird mit der Möglichkeit der steuerfreien Mitarbeitergewinnbeteiligung ein neues Instrument im immer größer werdenden Kampf um Arbeitnehmer in die Hand gegeben. So ist es ab 2022 möglich, dass Sie als Arbeitgeber eine Gewinnbeteiligung in der Höhe von bis zu € 3.000 pro Jahr pro Mitarbeiter ausschütten. Eine echte Mitarbeiterbeteiligung stellt dies im Prinzip nicht dar, hat aber im Vergleich zu einem herkömmlichen Bonus den Vorteil der Steuerfreiheit. Dieser steuerfreie Bonus ist an einige Rahmenbedingungen geknüpft: Die Gewinnbeteiligung muss an aktive Arbeitnehmer ausgeschüttet werden – bedeutet, dass die Steuerbefreiung nur von Personen in Anspruch genommen werden kann, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielen. Somit sind freie Dienstnehmer, wesentlich beteiligte Geschäftsführer einer GmbH (> 25 %) und bloß familienhaft mitarbeitende nahe Angehörige ausgenommen. Eine weitere Bedingung: Sie kann nicht einzelnen Mitarbeitern gewährt werden, sondern nur allen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern (Gruppenmerkmal). Die Summe der Gewinnbeteiligungen muss vom EBIT oder steuerlichen Gewinn des Vorjahres gedeckt sein und darf nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gezahlt werden. Weiters darf sie nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden. Dieses Bezugsumwandlungsverbot soll insbesondere bewirken, dass laufend zustehende anderweitige Vergütungsanteile nicht durch steuerfreie Gewinnbeteiligungen ersetzt werden können. Einen kleinen Haken gibt es natürlich: Sie ist zwar steuerfrei, allerdings sozialversicherungs- und lohnnebenkostenpflichtig.

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Steiermärkische Sparkasse

Rekordgewinn trotz Inflation

Die Inflation ist zurück. Fazit wollte von Oliver Kröpfl, Vorstandsmitglied der Steiermärkischen Sparkasse, wissen, wie sich die Lage aus Sicht der größten Regionalbank des Landes darstellt und wie die Anleger reagieren sollten. Denn während die Nationalbank in der Vergangenheit mit einer restriktiven Geldpolitik – also Zinserhöhungen – reagierte, weigert sich die EZB beharrlich, die notwendigen Schritte zu setzen. Und damit profitieren vor allem die Schuldner von der Teuerung. Herr Kröpfl, die Inflation steigt und wird durch den Ukraine-Krieg weiter befeuert. Wie wirkt sich das auf die Vermögen der Österreicher aus? Wenn das Jahr so weiter geht, müssen wir mit einer Inflation im gerade noch einstelligen Bereich rechnen. Die Zinsen im Euroraum werden meiner Meinung nach heuer jedoch nicht mehr steigen. Daraus ergibt sich nüchtern betrachtet, dass jeder Anleger der nicht ins Risiko geht, heuer um mindestens sechs bis sieben Prozent ärmer werden wird.

Inflation nützt bekanntlich den Schuldnern und schadet den Gläubigern, weil die Zinsen erst deutlich nach den Preisen anziehen. Und diesmal schaut es so aus, dass der EZB die Geldentwertung völlig egal ist. Wie kann es sein, dass die Zinsen angesichts dieser Entwicklung auf null bleiben? Ich würde mir dringend wünschen, dass es zu geldpolitischen Maßnahmen gegen die Preisentwicklung kommt, aber ich fürchte, dass die EZB heuer keine Zinsschritte mehr setzen wird. Schließlich heißt es ja auch Zinspolitik. Und die Zinsen jetzt bei null zu belassen, ist ganz klar eine politische Entscheidung und keine ökonomische. Die 32 /// FAZIT MAI 2022

Gewinner der Inflation sind gleich mehrfach die verschuldeten Staaten. Die haben einerseits höhere Steuereinnahmen und können gleichzeitig ihre Schulden um den Prozentsatz der Inflationsrate reduzieren, ohne Rückzahlungen zu tätigen.

Ein weiterer Verlierer sind aber auch Arbeitnehmer und Rentner. Die Löhne und Pensionen passen sich ja nur zeitverzögert an den Preisanstieg an. Rechnen sie deshalb nicht auch mit Ausfällen bei den Privatkrediten? Bei den Tilgungen bemerken wir noch nichts davon, dass den Leuten weniger Geld zur Verfügung steht. Wo wir es jedoch bereits bemerken, ist bei Unternehmen, die den Massenmarkt bedienen. Sie berichten uns, dass ein Teil der Bevölkerung im Konsumverhalten massiv vorsichtiger geworden ist. Wir sehen das etwa beim Versandhandel. Viele Kunden sparen konservativ, in dem sie ihr Geld weder ausgeben noch veranlagen – also konservativ sparen. Das führt zu all den bekannten Problemen, die wir schon aus der Vergangenheit kennen: Die Menschen wappnen sich, weil sie verängstigt sind, und bremsen sich beim Konsum ein. Das verschärft natürlich die Situa-


tion, weil es die Konjunktur dämpft und die Problematik der Inflation dann noch stärker zum Tragen kommt.

Wie schaut es bei den Unternehmen aus.? Wie entwickelt sich die Investitionsneigung und wie kommen die Unternehmen angesichts der drohenden Rezession an die benötigten Kredite? Ich kann sagen, dass wir auch was Kredite betrifft, ein erfolgreiches erstes Quartal hinter uns haben, mit einem Nettokreditwachstum von rund 2,5 Prozent. Wir haben auch jetzt eine gute Nachfrage nach Beratungsterminen. Unsere Kommerzkunden haben Pläne und wollen investieren. Was davon dann letztlich tatsächlich realisiert wird, kann ich natürlich noch nicht sagen. Ist die Stimmung also deutlich besser als 2009? Was wir sehen, ist, dass es viele Unter-

nehmen gibt, die sehr gut aufgestellt sind und bei uns Liquidität abfragen.

Wozu brauchen die Unternehmen das zusätzliche Geld? Sie sind offensichtlich dabei, sich Geldpolster zuzulegen, um auf Einkaufstour zu gehen. Das können entweder Unternehmenszukäufe sein oder auch Geld für die Bevorratung mit Vorprodukten, die sie zur Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung ihres Geschäftsmodells brauchen. Seit ich in der Steiermärkischen Sparkasse bin, habe ich noch nie zuvor so viele Spekulationen mit Rohstoffen erlebt. Das hat schon auch mit dem Krieg zu tun, aber die größten Sorgen um die Lieferketten sind weiterhin pandemiebedingt, insbesondere aus China. In den meisten Märkten herrscht derzeit eine unglaubliche Dynamik. Bei allen Problemen, die mit dem Krieg, der Pandemie oder anderen externen Faktoren zu haben, sehen

wir viele Unternehmen momentan top performen.

Seit Jahren befeuert die Niedrigzinspolitik der EZB die Flucht in Sachwerte. Durch die Inflation erhält diese Entwicklung nun einen zusätzlichen Schub. Mit dem Ergebnis, dass die Immobilien sehr teuer geworden sind. Mit welcher weiteren Entwicklung der Immobilienpreise rechnet die Steiermärkische Sparkasse? Wir registrieren, dass die Preisunterschiede von Bezirk zu Bezirk größer werden. Im Ennstal spielt es sich gewaltig ab, in Graz und Wien sehen wir noch immer eine dynamische Preisentwicklung. Und was besonders spannend ist: Diese Preisentwicklung betrifft diesmal nicht nur die A-Lagen. Es ist normal geworden, dass sich Toplagen preislich nur in die eine Richtung – nämlich nach oben – entwickeln. Aber derzeit sehen wir bei mittleren und unteren Lagen fast noch mehr Anschub.

Foto: Anna Rauchenberger

»Wir glauben, dass sich im aktuellen Umfeld klassische breit gestreute Wertpapieransparpläne lohnen.«

FAZIT MAI 2022 /// 33


Investor

nicht mehr leisten können.

Wird das nicht zu sozialen Verwerfungen führen? Ich hoffe, dass in der Politik eine Phase der Erkenntnis einsetzt und die restriktiven Finanzierungsvorschriften auf ein vernünftiges Maß abgeschwächt werden. Die Pläne mögen ja vielleicht gut gemeint gewesen sein, aber was da beschlossen wurde, war einfach zu viel. Wir sind in Österreich sowieso federführend, wenn es um die Umsetzung solcher EU-Vorgaben geht. Wobei ich fairerweise dazu sagen muss, dass es bei uns in den letzten Jahrzehnten deutlich einfacher war, sich privates Wohneigentum zu schaffen als in anderen EU-Staaten.

nahmen sinnvollerweise fließen, um die sozialen Verwerfungen so gering wie möglich zu halten? Es ist wichtiger denn je, dass die Arbeit endlich steuerlich entlastet wird. Die Erwerbsarbeit muss im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, wie man in Österreich über die Runden kommen kann, deutlich attraktiver werden. Ich hatte im letzten Quartal mit mindestens 80 Unternehmen zu tun. Und nur ein einziges hat nicht über die Problematik geklagt, Mitarbeiter zu finden. Aus meiner Beobachtung sehe ich selbst jetzt noch die größte Konjunkturdämpfungsgefahr im Mitarbeitermangel. Das ist noch gefährlicher als die kriegs- und pandemiebedingten Rohstoff- und Lieferkettenprobleme. Für die Mitarbeiter muss es sich auszahlen, in Vollbeschäftigung arbeiten zu gehen. Derzeit sind viele mit einem 15 Stunden Job und diversen sozialen Absicherungen deutlich besser dran. Wir wissen, dass die Arbeit fast nirgends teurer ist als bei uns. Daher müssen die Mehreinnahmen des Staates verwendet werden, um die Löhne und Einkommen aus Arbeit steuerlich zu entlasten.

Der Staat ist gleich mehrfach Fazit ein Inflationsgewinner. Er kann nur seine Schulden abHauptsujet: Ziel / nicht Projekt/KeyNote/Thema schmelzen, er darf auch mit satten Progressionsgewinnen Website + Anmeldung bei den Steuereinnahmen rechnen. Wohin müssten diese Ein90x120

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Und was soll im Unternehmensbereich geschehen? Meiner Meinung nach sollte man auch überlegen, ob man Maßnahmen wie die Investitionsprämie nicht zielgerichteter mit gesellschaftlich wichtigen Zielen kombinieren soll. Investitionsanreize für Maßnahmen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz würden dazu führen, dass die Unternehmen bereit sind, auch viel eigenes Geld in die Hand zu nehmen. Viele Unternehmen wollen in ihrem Geschäftsmodell nachhaltiger werden. Diesen Weg könnte man ihnen deutlich erleichtern. Einen Rekordgewinn verzeichnete zuletzt auch die

Steiermärkische Sparkasse. Warum profitieren auch die Banken als größte Gläubiger trotz der horrend niedrigen Zinsen von der Inflation? Der Großteil unserer Erträge erklärt sich natürlich daraus, dass sämtliche Sparten im Vergleich zu den letzten Jahren überdurchschnittlich gut performt haben. Von der operativen Performance her gab es wenig bis gar kein neues Kreditrisiko. Und ein Drittel des Ergebnisses ist auf die uns vorgeschriebenen Bewertungskriterien zurückzuführen. Wir mussten unsere Beteiligungen um 100 Millionen aufwerten, was wir natürlich lieber nicht getan hätten. Schließlich ist die Aufwertung von heute die Abwertung von übermorgen. Sie kennen ja die für uns geltenden IFRSBilanzierungsregeln, die Bewertung zum aktuellen Wert vorschreiben. Aber auch ohne Aufwertung hätten wir noch immer das beste Ergebnis in unserer Geschichte gehabt. Bei uns fand das Kreditrisiko in den letzten Bilanzen praktisch nicht statt. Das hat natürlich auch mit den Maßnahmen zur Abfederung der COVID-Folgen zu tun. Da war Österreich viel großzügiger als fast alle anderen Länder auf der Welt. Der Staat hat für die Unternehmen sehr viel Risiko abgefedert. Und wie waren die Ergebnisse aus der Zinsmarge? Wir hatten tatsächlich ein Rekordkreditwachstum. Das war insofern von Vorteil, als dass in absoluten Zahlen der Ertrag aus der Zinsmarge stabil gehalten werden konnte. Die Margen sind viel zu gering. Wir dürfen – Gott sei Dank sag ich als Bürger dazu – die Zinsen auf Spareinlagen der Konsumenten nicht unter null nehmen, obwohl das wirtschaftlich geboten wäre. Das Kreditwachstum über den Kommerzund Privatbereich zusammen gerechnet, betrug um die sieben Prozent. Und das hat gerade einmal dazu gereicht, um

Foto: Anna Rauchenberger

Jetzt gelten ab 1. Juli neue Eigenmittelvorschriften für private Wohnungskäufer und Häuslbauer. Hat ein Normalverdiener in Zukunft überhaupt noch eine Chance auf ein Eigenheim, wenn er nicht auf ein großzügiges Erbteil zurückgreifen kann? Es wird zunehmend schwieriger, an ein Eigenheim zu kommen. Bis vor kurzem haben es die Familien selbst dann schaffen können, ein Eigenheim zu finanzieren, wenn es finanziell angespannt war. Man konnte darauf vertrauen, dass sie sich ihr Leben so organisieren, dass sich das ausgeht. Und zwar auch dann, wenn die Schulden im Vergleich zum Einkommen eigentlich zu hoch waren. Die jetzigen Vorgaben könnten allerdings zu einer sozialen Selektion führen. Wenn die Vorschriften so streng bleiben wie beabsichtigt, werden sich Normalverdiener das Eigenheim in – was die Entfernung zum Arbeitsort betrifft – vernünftigen Wohngegenden bald


Investor

den Margenverfall zu kompensieren.

Diese Entwicklung ist definitiv nicht normal. Aber ist sie auch gefährlich? Wenn man die variable und die fixe Verzinsung anschaut, müsste da eigentlich ein deutlicher Zinsspread drinnen sein. Kredite mit Fixzinsgarantie müssten eigentlich wesentlich teurer sein als variabel verzinste Kredite. Aber das ist derzeit nicht der Fall. Grundsätzlich wäre das ja kein Problem, aber die meisten Banken machen das vollkommen ungehedgt. Das heißt sie bilden keine Risikoabsicherungen durch entsprechende Gegengeschäfte. Wenn nun in einigen Jahren die Zinsen auch nur annähernd dorthin wandern, wo sie aufgrund der Teuerung eigentlich hingehörten, wird

es für diese Banken eher unangenehm.

Ein paar Antworten noch für die besorgten Bürger, die jetzt unbedingt raus aus dem Bargeld wollen? Bei welchen Sachwerten stimmt Ihrer Meinung nach das Preis-Leistungsverhältnis noch? Wenn man einen längerfristigen Veranlagungshorizont hat, dann ist der Kauf von Immobilien immer noch anzuraten. Das hängt natürlich auch vom Einkommen ab, weil ab einer gewissen Einkommenshöhe auch steuerliche Überlegungen in ein solches Investment einfließen. Diese Steuervorteile haben viele Menschen aber immer noch nicht realisiert. Daher sehe ich diesbezüglich auch jetzt noch ein deutliches Potenzial für Veranlagungsimmobilien. Und was sagen sie zur Inflations-

fluchtwährung Gold? Gold boomt ungebrochen. Die Verkäufe befinden sich auf Rekordniveau. Wir raten aber dazu, den Goldanteil im Portfolio nicht überwiegen zu lassen. Schließlich sind die Preise derzeit sehr hoch. Als bleiben Wertpapiere auch jetzt die wichtigste Säule in der Veranlagung? Sind die nicht ebenfalls extrem überteuert? Wir glauben, dass sich im aktuellen Umfeld klassische breit gestreute Wertpapieransparpläne lohnen. Bei diesen Ansparplänen glätten sich die tageskursabhängigen Einkaufspreise für Wertpapiere automatisch über die gesamte Laufzeit. Die Ertragserwartungen sind wenig spekulativ und gleichzeitig deutlich höher als bei vielen anderen Investments. Wir konnten unsere Wertpapier-

provisionen im Vorjahr um unglaubliche 27 Prozent steigern. Das hat natürlich auch mit der guten Börsensituation zu tun; aber nicht nur! Immer mehr Kunden, selbst die, die sich in der Vergangenheit nicht für Wertpapiere interessierten, denken angesichts der Zinssituation und der Inflation um. Sie beginnen damit, Wertpapiere in ihr überwiegend aus Sparguthaben bestehendes Portfolio zu mischen. Dieses Wachstum bei den Wertpapieren bildet sich über die Depotführung natürlich auch bei unseren Erträgen ab. Herr Kröpfl. Danke für das Gespräch!

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Wirtschaft

FW-Obmann Schoklitsch fordert Maßnahmen gegen hohe Energiepreise Die durch den Ukrainekonflikt eklatant gestiegenen Energiepreise sind die große Herausforderung der Gegenwart, nicht zuletzt für die gesamte Wirtschaft, erklärt Erich Schoklitsch, Obmann der Freiheitlichen Wirtschaft Steiermark. Er fordert als einzig zielführende Maßnahme die massive Senkung der Steuern und Abgaben auf Strom und fossile Energieträger.

FW-Landesobmann Erich Schoklitsch fordert wirksame Maßnahmen gegen die teuren Energiepreise und das Aussetzen der CO2-Bepreisung.

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ie Sünden der Vergangenheit machen sich bemerkbar, aber den Folgen der Abhängigkeit von russischem Erdgas müsse man nun auch ins Auge sehen, kritisiert Schoklitsch. Dass die Lagerstände der Gasreserven in Österreich am Ende dieses Winters so gering waren wie noch niemals zuvor, ist nicht zuletzt auf Versäumnisse der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler zurückzuführen. Ein Boykott russischer 36 /// FAZIT MAI 2022

Gaslieferungen ist derzeit keine Option, so Schoklitsch, da dadurch unweigerlich irreparable Schäden für die Wirtschaft, nicht zuletzt die produzierende Industrie entstehen würden. Die Regierung verspricht für die Haushalte pauschal bescheidene Förderungen und Gutscheine nach dem Gießkannenprinzip, ohne die Folgen für die Gesamtwirtschaft, begleitet von einer enormen Inflationsrate, zu bedenken. Eine schnelle, wirk-

Mehr Entlastung statt Belastung In diesem Zusammenhang wäre auch die Umsetzung der längst fälligen Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes notwendig, betont Schoklitsch. Seit dem Jahr 2008 ist diese Pauschalabgeltung, die neben dem Sprit auch alle anderen Kosten umfassen soll, auf 42 Cent pro Kilometer eingefroren. Angesichts der Treibstoffpreise, aber auch der gestiegenen Betriebskosten für Kraftfahrzeuge sei die Forderung nach einer kräftigen Erhöhung auf 60 Cent mehr als berechtigt. Diese Maßnahme käme vor allem KMUs und Selbstständigen zugute, die unter den massiven Kostensteigerungen leiden und diese nicht eins zu eins an ihre Kunden weitergeben können. Eine weitere langjährige Forderung der Freien Wirtschaft ist die immer wieder von der Regierung versprochene Abschaffung der kalten Pro-

gression. Gerade jetzt, in Zeiten anziehender inflationärer Tendenzen, sei es wichtig, so Schoklitsch, dass den Bürgern von ihrem Verdienst mehr Geld im Börserl für die alltäglichen Ausgaben bleibt. Rohstoffknappheit und Lieferketten Die globalisierte Wirtschaft ist durch COVID-Pandemie, Ukrainekonflikt und weitere Probleme ins Trudeln geraten, was sich in Verzögerungen bei den Lieferketten und Teuerungen von Rohstoffen niederschlägt, konstatiert Schoklitsch. Ob Baumaterialien, Chips für die Autoindustrie oder Metalle – die Engpässe führen zu großen Schwierigkeiten in Bauwirtschaft und Industrie. In diesem Sinne fordert Schoklitsch eine Rückkehr zu mehr Regionalität. Durch die Förderung regionaler Produktionen wären lange Lieferwege überflüssig, die Wertschöpfung bliebe in Österreich und gleichzeitig würde sich die Abhängigkeit von Importen aus außereuropäischen Regionen verringern. Voraussetzung dafür ist laut dem Programm der Freien Wirtschaft die Stärkung der Wirtschaft durch Steuersenkungen, kräftiges Investieren in Infrastruktur und der Abbau von Bürokratiefilz und Verordnungswildwuchs. Diese Punkte sind, so Schoklitsch, wichtige und möglichst schnell umzusetzende Maßnahmen, um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Innovationsstandortes Österreich zu erhöhen und langfristig zu sichern.

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same und vor allem gerechte Hilfe kann nur in einer massiven Senkung der Steuern und Abgaben bestehen, fordert Schoklitsch: „Der Staat verdient an den gestiegenen Energiepreisen mächtig mit, daher ist es das Gebot der Stunde, die Mehrwert- und Mineralölsteuern drastisch zu senken. Zudem ist es unabdingbar, dass die ab 1. Juli vorgesehene CO2-Bepreisung für Treibstoffe vorerst zumindest ausgesetzt wird.“ Allein die Einführung dieser Abgabe würde den Diesel oder Benzin um ca. 9-10 Cent je Liter verteuern.


Wirtschaft

Neuer Leiter für Expansion bei SPAR Steiermark Seit Anfang April bekleidet Mario Strohmayer (33) die Position als Leiter im Bereich Expansion und Projektentwicklung der SPARZentrale Graz an. Er folgt darin Helmut Ecker nach, der nach über 36 Jahren im Unternehmen seinen wohlverdienten Ruhestand antritt.

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er gebürtige Weststeirer Mario Strohmayer hat im Jahr 2016 nach erfolgreichem Abschluss seines Jus-Studiums und nach dem Gerichtsjahr als Trainee seine SPAR-Karriere gestartet. Seinen Einstieg fand er im SPAR-Supermarkt Graz Moserhofgasse, wo er die Ausbildung zum SPAR-Marktleiter absolvierte. Im Februar 2018 übernahm er im Anschluss daran als Marktleiter den neu eröffneten zweiten SPARSupermarkt in Kalsdorf in der Koralmstraße. Im Herbst 2020 wechselte Strohmayer weiter in die Expansionsabteilung. Seit Anfang April 2022 ist Strohmayer nun neuer SPARExpansionsleiter für die Region Steiermark und Südburgenland. Er ist somit nun für die Entwicklung neuer SPAR-Standorte und die Weiterentwicklung bestehender SPAR-Standorte verantwortlich. Insgesamt gibt es in dieser Region 271 SPAR-, EUROSPAR- bzw. INTERSPARStandorte sowie SPAR express Tankstellenshops. „Mario Strohmayer wird die SPARStandorte in unserer Region erfolgreich weiter- bzw. neue Standorte entwickeln. Ich wünsche ihm alles Gute für seine neue Aufgabe“, sagt SPAR Steiermark-GF Christoph Holzer. Enorme Expansionstätigkeit Im Laufe seiner 36-jährigen Tätigkeit hat sein Vorgänger Helmut Ecker die Anzahl der Spar-Standorte in der Steier-

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Mario Strohmayer leitet seit April 2022 den Bereich Expansion und Projektentwicklung bei SPAR Steiermark und Südburgenland. mark und im Südburgenland seit Mitte der 80er Jahre bis heute fast verdoppelt. „Ich darf mich für den Jahrzehnte langen persönlichen Einsatz von Helmut Ecker bedanken. Im Laufe der Jahre hat er unzählige Projekte für SPAR Steiermark & Südburgenland neu entwickelt bzw. bestehende Standorte weiterentwickelt. Seine Jahrzehnte lange Tätigkeit für uns wird auch in Zukunft noch lange sichtbar bleiben“, erklärt Holzer. FAZIT MAI 2022 /// 37

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Außenansicht Von Peter Sichrovsky

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rgendeine berühmte Sängerin – es scheint sie jeder zu kennen, deshalb ersparen wir uns den Namen – zeigte sich in der Vergangenheit auf ihrer Homepage und in der Öffentlichkeit immer wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie hatte nichts gegen Fotos von Journalisten bzw. Fotografen und protestierte auch nicht, wenn Bilder mit ihr und Putin in den Medien gezeigt wurde. Lächelnd stand sie neben dieser nun seit kurzem meist verhassten Person, und nicht nur sie, viele andere waren stolz auf solche Bilder, und warteten oft stundenlang bei Veranstaltungen, bis sie endlich an der Reihe für das Foto waren. Bilder mit Putin zeigten eine gewisse Wichtigkeit und wurden stolz veröffentlicht wie verbreitet. Manche intervenierten sogar über ihre Beziehungen zu den Medien, wenn vorhandene Fotos nicht groß und plakativ wiedergeben wurden. Mit dem Überfall auf die Ukraine änderte sich das innerhalb von Stunden. Was einst Symbol einer gewissen Prominenz war, wurde nun zur Peinlichkeit und Blamage

Die Ukraine und die neuen Moralwächter

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und führt zur Verurteilung in der Öffentlichkeit. Nicht der Fotograf, der Journalist, der Chef vom Dienst, der Chefredakteur, der einst das Bild übernahm und einen netten Text darunterschrieb, fühlt sich verantwortlich, nein, der »Held« in den Bildern und in den Meldungen muss es büßen. Vom Schifahrer bis zum Exkanzler und Manager wichtiger Konzerne werden Namen aufgezählt, alte Bilder gezeigt, und sie alle als Missetäter demaskiert. Die »Putin-Freunde« nennt man sie und machtsie mitverantwortlich für den Krieg in der Ukraine. Manche reagieren betroffen und verurteilen den Krieg oder traten gar zurück von gut dotierten Positionen in russischen Unternehmen. Andere bleiben bei ihrer Position gegenüber Putin und werden öffentlich an den Pranger gestellt. Nur jene in den Medien, die einst das Nahverhältnis dieser Personen mit dem russischen Präsidenten völlig kritiklos wiedergaben, fühlen sich nicht schuldig. Auch Politiker, die Exkollegen nie für ihre Zusammenarbeit mit russischen Unternehmen zur Rede stellten, empfinden ihre plötzliche Meinungsänderung als völlig normal. Verantwortliche aus dem Kulturbereich, die russische Künstler oder Kolleginnen und Kollegen engagierten, die mit Unterstützungen aus Russland arbeiteten – und das viele Jahre völlig kommentarlos zur Kenntnis nahmen –, entdecken plötzlich ihre kritische Dimension im Denken und Handeln und schließen diese Kunstschaffenden aus dem Kunstbetrieb aus. Von einem Tag zum nächsten verschwinden Sänger, Dirigenten, Solisten, die alle viele Jahre vom Publikum ausnehmend gefeiert wurden. »Otto Normalverbraucher« hat plötzlich die Moral entdeckt. Die Gleichgültigkeit wird kollektiv mit der Empörung ersetzt. Es gibt eine Form von Schulterschluss der neuen Gesellschaft der Anständigen. Die Empörung vereint alle von links bis rechts, von konservativ bis grün, von sozialdemokratisch bis bürgerlich. Entsetzen über die Gräuel in der Ukraine muss öffentlich sein, ebenso Unterstützungserklärungen für Flüchtlinge. Diese Gemeinsamkeit

bekommt jedoch nur die entsprechende Anerkennung, wenn sie entsprechend formuliert und damit erkennbar ist. Einfach nur erschüttert über die Ereignisse in der Ukraine zu sein, ist nicht genug. Die neuen »Moral-Wächter« in Politik und Medien müssen überzeugt werden mit klaren, eindeutigen Stellungnahmen. Dann dürfen Sänger und Sängerinnen wieder singen, Maler wieder malen, Schriftsteller wieder schreiben, Klavierspieler wieder Klavier spielen und Dirigenten wieder dirigieren. Ein drohendes Berufsverbot kann etwa mit dem Satz »Ich bin gegen den Überfall der Russen auf die Ukraine« aufgehoben werden. Auch »Meiner Meinung nach ist Putin ein Kriegsverbrecher« wird noch akzeptiert. Historische Vergleiche funktionieren selten und ich möchte auch keine versuchen. Rückblickende Verhaltensvergleiche bieten sich eher an, als immer wieder ein aufgesetztes, verlogenes, kollektiv-moralisches Verhalten, bestimmte Personen aus der Gesellschaft ausschloss. Die Kriterien für Aufnahme oder Ausschluss sind dabei völlig zufällig ausgewählt und definiert. »Wir« bestimmen, wer singen und tanzen, auf Universitäten unterrichten, in Zeitungen schreiben oder Bücher publizieren n darf. Wer also noch »dazu gehört«.

Sie erreichen den Autor unter peter.sichrovsky@wmedia.at


Essay von Heinz Wittenbrink

Ökologische Diskurskultur statt Demokratiekrise Auf dem Weg zum demokratisch-ökologischen Diskurs

K

im Stanley Robinson schildert in Das Ministerium für die Zukunft (2021), wie es der Menschheit nach 2030 gelingt, die Klimakatastrophe aufzuhalten. Nach Hitzewellen mit Millionen Toten entscheiden sich die Staaten der Welt zusammenzuarbeiten, reduzieren die Emissionen radikal und überlassen eine Hälfte der Erde wieder der Natur. In den Fünfzigerjahren des 21. Jahrhunderts können die Menschen hoffen, dass sich der Planet zu ihren Lebzeiten erholen wird. Diese positive Utopie wird nicht nur auf friedlichem Wege Wirklichkeit. In Indien formiert sich die Terrororganisation Kinder der Kali. Auch das Ministerium für die Zukunft – so heißt im Roman die UN-Organisation, die die globale Erhitzung bekämpft – hat einen schwarzen Flügel, in dessen Operationen nicht einmal die Chefin des Ministeriums eingeweiht ist. Der Kampf für das Klima wird auch mit tödlichen Attentaten auf Exponenten der fossilen Wirtschaft geführt. Drohnenanschläge auf Dutzende von Flugzeuge beenden weltweit die Zivilluftfahrt mit fossilen Brennstoffen. Das Weltwirtschaftsforum in Davos wird gekidnappt und zwangsweise umerzogen. In Robinsons Roman siegen zwar letztlich Demokratie und internationale Kooperation. Aber die demokratischen Mittel allein haben nicht ausgereicht, um die Existenzkrise der Menschheit zu beenden. Terror und Alleingänge von Staaten waren nötig, um die Fossilindustrie und mit ihr ein ganzes Wirtschaftssystem zu besiegen, das große Teile der Erde unbewohnbar macht.

Demokratiediskurs (3) Heinz Wittenbrink, ehemaliger Lehrender an der FH-Joanneum begibt sich diesmal auf die »Suche nach der politischen Kultur«. Er fordert mehr Ökologie- und Klimabewusstsein in der politischen Debatte.

Wir leben – so sagen es viele Geologen – im Anthropozän. Wir wissen, dass wir unser Leben dem Erdsystem verdanken. Es stellt uns bisher den safe operating space (Rockström ea., 2009) zur Verfügung, in dem sich die menschliche Zivilisation entwickeln konnte. Die ökologischen Krisen der Gegenwart gefährden diesen Handlungsraum. Seine Konstanz war im Holozän – der erdgeschichtlichen Epoche vor dem Anthropozän – immer eine Voraussetzung politischen Handelns. Heute müssen wir ihn bewahren, um überhaupt weiter politisch handeln zu können. Im Anthropozän haben menschliche Aktivitäten entscheidenden Einfluss auf die bisher zuvor rein natürlichen Prozesse, von denen die Existenz der menschlichen Gesellschaften abhängt. In den Erdsystemwissenschaften spielt das Konzept der planetaren Grenzen eine große Rolle. Damit sind Grenzen der Belastbarkeit der sich selbst regulierenden Systeme gemeint, die vom Leben auf der Erde produziert wurden und dieses Leben umgekehrt möglich machen. Werden diese Grenzen überschritten, verändert sich das ganze System in einer unvorhersehbaren Weise, die alle Komponenten des System beeinflussen kann. Die Existenz von Ökosystemen und Gesellschaften, sogar die Existenz der menschlichen Zivilisation steht damit auf dem Spiel. Die Klimakrise ist die am besten untersuchte Überschreitung der planetaren Grenzen. Der neueste Bericht des Weltklimarats stellt fest, dass die Fortsetzung der aktuellen Politik dazu führen wird, dass die Temperaturen 2100 um etwa 3,2 Grad über denen vor der Industrialisierung liegen werden; die Einhaltung der vor der Klimakonferenz COP26 eingegangenen Selbstverpflichtungen würde zu 2,8 Grad Erwärmung führen (IPCC, 2022, pp. 21–22). Dieser Temperaturunterschied bedeutet für alle Ökosysteme auf der Erde Veränderungen, die bei weitem drastischer sind als am Ende der letzten Eiszeit. Überdies vollziehen sie sich in einem Bruchteil der Zeit, die in der Erdgeschichte für ähnliche Anpassungen zur Verfügung stand. Seit dem mittleren Pliozän vor über drei Millionen Jahren waren Kohlendioxidgehalt und Temperaturen nicht mehr so hoch (IPCC ea., 2021, p. 1891). Damals lag der Meeresspiegel zwischen fünf und 25 Metern über seinem heutigen Niveau.

Foto: Günter Peroutka

Klima- und Erdsystemwissenschaften sagen eindeutig, dass die Lebensgrundlagen der Menschheit bedroht sind. Die Demokratien haben es bisher nicht geschafft, darauf adäquat zu reagieren. Zu den Folgen dieser Unfähigkeit gehört nicht nur die ökologische Katastrophe. Sie gefährdet auch die Demokratie. Wenn es nicht gelingt, Handlungsfähigkeit gegenüber ökologischen Krisen herzustellen, dann entzieht das der Demokratie die Legitimation.

Heinz Wittenbrink, geboren 1956 in Mülheim a.d. Ruhr, studierte Philosophie und Germanistik und arbeiterte danach in Verlagen und Web-Agenturen. Er initiierte die enzyklopädische Website »wissen.de«. Seit 2004 lehrte er an der FH-Joanneum in Graz. Dort gründete und leitete er den Studiengang Contentstrategie. Er ist Galerist, Blogger und Aktivist bei Extinction Rebellion Austria. offgallery.at wittenbrink.net FAZIT MAI 2022 /// 39


Auf der Suche nach politischer Kultur (3) Ökologische Diskurskultur statt Demokratiekrise

Die Folgen der ökologischen Krisen spüren wir in unserer Umgebung, vom Verlust des Dachstein-Gletschers bis zur Trockenheit in der Südsteiermark. Auch in Graz gab es schon einen Starkregen, der die Rückhaltekapazitäten der Stadt beinahe überfordert hätte.

Zur Klimakrise haben die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, die Intensivlandwirtschaft und das Bauen mit Zement geführt. Sie wurde schon vor Jahrzehnten prognostiziert. Weniger wahrgenommen werden andere, noch bedrohlichere Übertretungen der planetaren Grenzen. Die Zerstörung der Artenvielfalt hat die Dimensionen des Massenaussterbens am Ende der Ära der Dinosaurier (Cowie ea., 2022). Die Landwirtschaft hat den Stickstoff- und Phosphorhaushalt so verändert, dass viele Ökosysteme gefährdet sind (Campbell ea., 2017). Noch nicht ausreichend erforscht, aber bereits erkennbar bedrohlich sind die Folgen, die der Eintrag neuartiger Substanzen in das Erdsystem bereits hat – Mikroplastik ist dafür das bekannteste Beispiel. Die Folgen der ökologischen Krisen spüren wir in unserer Umgebung, vom Verlust des Dachstein-Gletschers bis zur Trockenheit in der Südsteiermark. Auch in Graz gab es schon einen Starkregen, der die Rückhaltekapazitäten der Stadt beinahe überfordert hätte. Viele Wälder in unserer näheren Umgebung sind bereits zerstört. Die Klimakatastrophe ist nicht mehr reversibel. Wir müssen mit ihren Folgen leben und können nur noch beeinflussen, wie sehr sie sich verschlimmern wird. Nach dem Ende des Holozän ist human stewardship, menschliches Kümmern nötig, um die kritischen Zonen des Planeten zu erhalten. Human stewardship ist vor allem eine lokale Aufgabe, denn ökologische Systeme sind lokale Systeme. Sie ist eine Chance für die Demokratie, während die ökologischen Krisen die Demokratien vor Herausforderungen stellen, auf die sie bisher keine Antworten gefunden haben. Die Klimakrise als Demokratiekrise

Die Politik setzt fast in allen Demokratien das Business as Usual fort. Die Emissionszahlen sinken nicht, sie steigen oft sogar. Ambitionierte Gesetze und Nettonullbekenntnisse für die fernere Zukunft können nicht verdecken, dass fast kein demokratisches Land eine Politik verfolgt, die die Emissionen wenigstens so reduziert wie im ersten Pandemiejahr – und selbst das wäre angesichts der vergangenen Untätigkeit zu wenig. In Österreich haben wir noch kein Klimaschutzgesetz und noch nicht einmal die schon längst versprochene Aufstellung aller klimaschädlichen Subventionen. Die Demokratie hat sich immer als diskursgebundene deliberative Regierungsform legitimiert. Sie lässt verschiedene Meinungen zu, fördert sie sogar, damit Entscheidungen durch Diskussion und Überzeugung zustandekommen. Sie setzt nicht voraus, dass die Entscheidungen der Mehrheit immer rational sind, aber sie hat Mechanismen, um die Vorbereitung von Entscheidungen und oft auch die Entscheidung selbst an Fachleute zu delegieren, die die Fakten kennen. In den neuzeitlichen Gesellschaften setzen sich Demokratie und freie Wissenschaft wechselseitig voraus. In einer funktionierenden Demokratie lassen sich die demokratisch Regierenden von Wissenschaftlern über Fakten informieren. Wer Wissenschaft betreibt, kann davon ausgehen, dass Forschungen positive praktische Folgen haben.

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Für einen immer größeren Teil der Wissenschaften ist aber heute das Verhältnis zur Politik zerrüttet. In Österreich haben Klimaforscherinnen und -forscher vor den letzten Nationalratswahlen einen Kriterienkatalog aufgestellt, mit dem sich überprüfen lässt, ob die Politik der Parteien dem Pariser Abkommen entspricht. Nur bei den Grünen und Neos war das ansatzweise der Fall, wobei aber die versprochenen Maßnahmen von den Grünen in der Regierung nicht voll umgesetzt wurden. Auch in Deutschland ergaben wissenschaftliche Begutachtungen der Parteiprogramme vor der letzten Bundestagswahl, dass fast alle Parteien die Pariser Ziele verfehlen würden (DIW Econ GmbH, 2021; Kuhnhenn ea., 2021). Die Klimapolitik der letzten Bundesregierung widersprach den Verpflichtungen zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft so deutlich, dass das Verfassungsgericht eingreifende Korrekturen vorschrieb. Immer mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler engagieren sich für eine Politik, die dem Stand der Wissenschaft gerecht wird. Sie protestieren nicht nur mit Erklärungen und Demonstrationen, sondern zunehmend auch mit zivilem Ungehorsam. Kalkulierte Brüche mit gesellschaftlichen Spielregeln haben sich bisher als das wirksamste Mittel erwiesen, auf die ökologischen Krisen wenigstens aufmerksam zu machen. Auf Twitter ist der Nasa-Wissenschaftler Peter Kalmus, ein Exponent der Bewegung Scientist Rebellion, der Klimaforscher mit den meisten Followern.


Essay von Heinz Wittenbrink

Viele junge Leute erkennen, dass der Kaiser nackt ist und die demokratischen Regierungen zu schwach, zu unwissend oder zu unwillig für die Entscheidungen sind, die ihnen noch eine ähnlich sorglose Zukunft wie ihren Eltern sichern könnten. Sie gehen in großen Massen zu Demonstrationen. Und wenn Bewegungen wie Fridays for Future heute nicht mehr so viele Menschen auf die Straße bringen wie vor der Pandemie, liegt das nicht an einem wieder gewachsenen, sondern an einem noch weiter gesunkenen Vertrauen in die Demokratie. Große Teile der jungen Generation trauen es der Politik der demokratischen Länder nicht mehr zu, die ökologischen Krisen in den Griff zu bekommen. Climate anxiety ist kein Nischenphänomen, eine Mehrheit der jungen Generation blickt pessimistisch in ihre Zukunft. Der Vertrauensverlust bei Jugendlichen und Wissenschaftlern signalisiert eine Demokratiekrise.

Es gibt aber auch viele Anzeichen dafür, dass viel größere Gruppen der Bevölkerung nicht an eine Lösung der ökologischen Krisen durch die Politik der demokratischen Regierungen glauben. Viele Statistiken zeigen, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung in den demokratischen Ländern weiß, dass die Klimakrise bedrohlich ist, und auch zu radikalen Veränderungen bereit wäre. Allerdings drückt sich diese Bereitschaft nicht oder nur sehr indirekt in Wahlergebnissen aus. Man traut den politisch Handelnden offenbar kaum zu, den notwendigen Politikwechsel in einer gerechten Form in die Wege zu leiten. Auch die Klimaräte, die es inzwischen in vielen europäischen Ländern gegeben hat, zeigen, dass die Bevölkerung zu radikalen Veränderungen bereit ist, wenn sie gerecht und koordiniert verwirklicht werden. Die Regierungen folgten den Ergebnissen dieser Räte leider nur partiell und handelten ihnen oft sogar entgegen – Emmanuel Macron in Frankreich in einer besonders drastischen Weise. Die Ergebnisse der letzten Wahlen in der Stadt Graz lassen sich auch als Reaktion darauf interpretieren, dass den bisherigen Mehrheitsparteien keine ökologische Politik zugetraut wurde. Die Klimakrise hat viele, vor allem Jüngere politisiert. Aber auch die Verbauung der Stadt, durch die der Anteil der Natur an der Umgebung immer geringer geworden ist, hat zu dem Unbehagen beigetragen, das zum Machtwechsel in der Stadt geführt hat – einem Machtwechsel, wie es ihn ähnlich deutlich in vielen europäischen Städten von Zagreb bis Bordeaux gegeben hat. Demokratie ohne Gas, Öl und Kohle?

Es gibt viele Versuche zu erklären, warum die demokratischen Länder bei der Klima-, der Biodiversitäts- und anderen ökologischen Krisen einerseits viel zu wenig agieren und andererseits die Verschärfung dieser Krisen z.B. mit Subventionen fossiler Energie vorantreiben. Das Nichthandeln wird als Problem des kapitalistischen Systems verstanden, als Ergebnis von Machtstrukturen (die wiederum ein Ergebnis des Kapitalismus sein können), als Ergebnis mangelnder Einsicht oder Bereitschaft zur Veränderung bei der Bevölkerung. Ich habe den Verdacht, dass diese Erklärungen zu unspezifisch sind. Sie beziehen sich nicht darauf, wie Politik gemacht und wie regiert wird. Sie sind möglicherweise nicht falsch, aber sie sagen nichts über die Schnittstellen zwischen politischer Praxis und climate action. Dass die ökologischen Krisen der Gegenwart auch zu einer Demokratiekrise führen, könnte damit zusammenhängen, dass die modernen Demokratien darin, wie in ihnen die Aufgaben zwischen Politik, Wirtschaft und Verwaltung verteilt sind, mit der fossilen Wirtschaft und mit weiteren material flows verzahnt sind. Timothy Mitchell stellt in Carbon Democracy (2011) detailliert dar, wie eng in den westlichen Ländern der ganze Apparat der Demokratie mit der Ausbeutung fossiler Energien verbunden ist, und wie die anscheinend unbegrenzt und zu niedrigsten Preisen zur Verfügung stehenden Energieträger Öl und Gas dazu beigetragen haben, dass im Westen seit dem zweiten Weltkrieg Politik immer mehr als Management der Wirtschaft verstanden wurde. Die sprudelnden Energiequellen machten es überhaupt erst möglich, dass sich das Konzept eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums etablieren konnte. Die Aussicht auf mehr Teilhabe an diesem Wirtschaftswachstum verschaffte der Demokratie Zustimmung und den Firmen und Institutionen, die dessen Voraussetzungen sicherten, eine

Die sprudelnden Energiequellen machten es überhaupt erst möglich, dass sich das Konzept eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums etablieren konnte.

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Auf der Suche nach politischer Kultur (3) Ökologische Diskurskultur statt Demokratiekrise

enorme Macht. Durch die Bindung der Zahlungen für das Öl an die Reservewährung Dollar wurden nach dem zweiten Weltkrieg die Ausbeutung der fossilen Energieträger und das Funktionieren des internationalen Finanzsystems aneinander gekoppelt. Der gesamte westliche Lebensstil – von der Mobilität über die schnell wachsenden Städte bis zu den Eigenheimsiedlungen in ihren Peripherien und der mit Kunstdünger intensivierten Landwirtschaft – entwickelte sich, weil fossile Energieträger verfügbar waren, und er hängt von ihnen ab. Aber auch über die fossilen Energien hinaus ist die Verfügung über immer mehr Rohstoffe (die oft im globalen Süden gewonnen werden) eine Bedingung der Freiheit in den modernen westlichen (oder nördlichen) Gesellschaften. Der französische Philosoph Pierre Charbonnier stellt in Abondance et Liberté (2020) dar, wie das europäische politische Denken über Jahrhunderte immer abhängig von impliziten Voraussetzungen formuliert wurde, die wir heute als ökologisch bezeichnen würden: Gesellschaft wurde von Natur klar getrennt, wobei es aber für die Gesellschaft essentiell war, die Natur so effizient wie möglich auszunutzen und dabei immer mehr Fortschritte zu machen. (Die deutsche Übersetzung von Charbonniers Buch Überfluss und Freiheit ist für den Mai angekündigt). Für die liberale wie für die sozialistische Tradition ist es entscheidend, dass die Produktion Güter zur Verfügung stellt, über deren Verfügung dann politische Auseinandersetzungen geführt werden können. Viele Indizen zeigen, dass die Demokratie schnell an Unterstützung verliert, wenn Energie nicht mehr selbstverständlich zur Verfügung steht. Die Gelbwesten-Proteste in Frankreich brachen aus, weil Benzin und Diesel um ein paar Cent verteuert wurden.

Die Mitbestimmung der Wählerinnen und Wähler beschränkt sich auf die Entscheidung darüber, welche Parteien welchen Einfluss in den Parlamenten haben.

Die Abhängigkeit der demokratischen Gesellschaften von den fossilen Energien und der Ausbeutung von immer mehr Rohstoffen lässt sich nicht einfach darauf reduzieren, dass die Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung von Energiesicherheit und Wirtschaftswachstum abhängt. Zu der Governmentality (Michel Foucault), die sich seit dem zweiten Weltkrieg durchsetzte, gehört die Abhängigkeit von einer als autonome Realität angelegten Wirtschaft, die staatlich beeinflusst oder gesteuert wird und laufend weiter wächst. Komponenten dieser Governmentality sind die Auseinandersetzungen über die gerechte Verteilung der Ergebnisse des Wachstums, das technokratische Management der Wirtschaft und die Abhängigkeit politischer Entscheidungen von privat kontrollierten Finanzströmen. Die Mitbestimmung der Wählerinnen und Wähler beschränkt sich auf die Entscheidung darüber, welche Parteien welchen Einfluss in den Parlamenten haben. Die im weitesten Sinne technokratische Verwaltung lässt sich in ihrem konkreten Handeln höchstens indirekt demokratisch steuern. Zu den Instrumenten dieser Verwaltung gehört das Expertenwissen über die Wirtschaft. Demokratische Legitimation der antiökologischen Tyrannei

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Man kann ignorieren, dass die ökologischen Krisen unsere demokratische Praxis in Frage stellen, und eine deliberative Steuerung der Gesellschaft ablehnen und durch Gewalt ersetzen. Das betreiben diejenigen, die die demokratischen Formen der Governance von rechts angreifen. Dass diese Kräfte national und international so stark geworden sind, dürfte auch mit den Herausforderungen durch die ökologischen Krisen und den – vorsichtigen und technokratischen – Versuchen der westlichen Regierungen zusammenhängen, auf diese Krisen zu reagieren. Die rechten Populisten greifen das Netzwerk von politischen, wissenschaftlichen und administrativen Diskursen an, das zur Governmentality der demokratischen Gesellschaften gehört. Sie nutzen die offensichtlichen Schwierigkeiten dieses Modells aus, um Gruppen an die Macht zu bringen, die sich persönliche Vorteile verschaffen können. Während sie die demokratische Regierungspraxis angreifen oder zerstören, fordern sie den Sozialstaat zu erhalten. Sie versprechen einen Ausweg aus den Krisen der westlichen Demokratien, aber nicht durch eine Revision der Mechanismen dieser Demokratien, sondern durch deren Zerschlagung und Ersetzung durch persönliche Herrschaft. Die Populisten wollen die Steuerung der globalisierten Wirtschaft durch internationale Institutionen durch eine nationalistische Wirtschaftspolitik ablösen und damit die Leistungen der Sozialstaaten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-


Essay von Heinz Wittenbrink

derts erhalten oder wiederherstellen – allerdings nur für die Angehörigen des eigenen Volks. So haben sich z.B. ausgerechnet die rechtsradikale FPÖ und H.C. Strache auf Bruno Kreisky berufen. Die Antwort der Rechtspopulisten auf die ökologischen Krisen ist eine Steigerung der Ausbeutung von Ressourcen. Im Namen der Souveränität intensivieren sie die ökologisch katastrophalen Entwicklungen der Wirtschaft der letzten Jahrzehnte und bauen ökologische Kontrollinstrumente ab. Ihre Politik führt – deutlich sichtbar gerade in Brasilien – zu einer dramatischen Verschlimmerung der ökologischen Krisen. Epistemic crisis und Polarisierung

In ihren territorialistischen Diskurs haben die Populisten die wissenschaftsfeindliche Propaganda übernommen, die über Jahrzehnte von der Fossil-Industrie initiiert und gefördert wurde. Seit dem Beginn der Erforschung der ökologische Krisen haben Interessengruppen publizistisch gegen ökologische Politik mobilisiert. Milliardäre, die gezielt politisch manipulieren, spielen dabei eine wichtige Rolle. Dabei wird die epistemic crisis von den monopolistischen und werbefinanzierten Internetplattformen begünstigt, die aber nicht ihr Ursprung sind. Zu den Interessierten, die die epistemic crisis befeuern, gehört das autoritäre Regime in Russland. Ein wichtige Waffe bei den Angriffen auf die demokratische Regierungspraxis ist die Zerstörung des politischen Diskurses durch extreme Polarisierung. Für die populistische Propaganda ist es charakteristisch, vor der Spaltung der Gesellschaft zu warnen und sie zugleich zu betreiben. Die Polarisierung ist dabei vor allem ein mediales Phänomen. Es etabliert sich eine Gegenöffentlichkeit, die sich gegen die Öffentlichkeit der demokratischen, liberalen Gesellschaft abdichtet. Es ist gut erforscht, wie diese Polarisierung in Amerika den Boden für Trump bereitet hat (Benkler ea., 2018). Die Populisten ignorieren die Unfähigkeit der territorialen Nationalstaaten, die ökologischen (und damit Versorgungs- und Gesundheitsprobleme) zu lösen, zu denen die große Beschleunigung der Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg geführt hat. Sie sind Ergebnis und Ausdruck einer Krise der Demokratien. Eine Kooperation mit diesen Kräften legitimiert sie und verschärft die Demokratiekrise, so wie etwa Diskussionen mit Klimaleugnern deren Argumentationen den Anschein gibt, zum wissenschaftlichen Argumentationsspektrum zu zählen. Lokaler demokratischer Diskurs nach dem Produktivismus

Dass climate governance nicht gelingt, hängt bis zur höchsten internationalen Ebene damit zusammen, dass Politik und Wirtschaft in einer Weise aufeinander bezogen sind, die den Erfordernissen einer ökologischen und nachhaltigen Entwicklung widerspricht. Die Entwicklung einer demokratischen ökologischen Diskurskultur lässt sich deshalb nicht von der Entwicklung einer ökologischen Governance-Kultur trennen. Ob sie durchgesetzt werden kann, hängt vor allem von Machtverhältnissen ab. Aufgabe dieser Kultur ist die Pflege (so ließe sich stewardship vielleicht übersetzen) von ökologischen Systemen, die Menschen versorgen, aber sich dabei regenerieren und weiterentwickeln. Sie unterscheidet sich im Ansatz vom technokratischen Governancemodell, in dem die Natur oder Umwelt ein Außen ist, das selbst nicht Gegenstand der Governance ist, und in der die Versorgung eine Leistung der Wirtschaft ist, die eine eigene Sphäre zwischen Natur und Gesellschaft bildet. Ein erfolgreiches Handeln gegen die Klimakrise setzt dabei weltweite Kooperation und die Übernahme einer Generationen übergreifenden Verantwortung voraus. Angesichts dieser in der ganzen Geschichte einmaligen Bedingungen wird lokales Handeln gegen die Klimakrise oft gar nicht erst eingeleitet. Die Dimensionen der Krise werden als Überforderung wahrgenommen. Auch wenn die Klimakrise und die mit ihr verwandten ökologischen Krisen globale Phänomene sind, ist aber ein Handeln gegen sie lokal nötig und auch nur nur lokal möglich. Die Klimakrise erfordert, dass an jedem Ort der Erde dekarbonisiert wird, weil sich die Emissionen jedes Orts auf die gesamte Atmosphäre auswirken. Wenn die Emissionen weltweit pro Person bei höchstens einer bis zwei Tonnen Kohlendioxid liegen dürfen, dann sind die Menschen an jedem Ort dafür verantwortlich, diese Werte einzuhalten.

Literatur Benkler, Y., Faris, R., & Roberts, H. (2018). Network propaganda: manipulation, disinformation, and radicalization in American politics. Oxford University Press. Campbell, B. M., Beare, D. J., Bennett, E. M., Hall-Spencer, J. M., Ingram, J. S. I., Jaramillo, F., Ortiz, R., Ramankutty, N., Sayer, J. A., & Shindell, D. (2017). Agriculture production as a major driver of the Earth system exceeding planetary boundaries. Ecology and Society, 22(4), art8. https://doi.org/10.5751/ES09595-220408 Charbonnier, P. (2020). Abondance et liberté: une histoire environnementale des idées politiques. La Découverte.

Cowie, R. H., Bouchet, P., & Fontaine, B. (2022). The Sixth Mass Extinction: fact, fiction or speculation? Biological Reviews, 97(2), 640–663. https://doi. org/10.1111/brv.12816

DIW Econ GmbH (Ed.). (2021). Wie viel Klimaneutralität steckt in den Wahlprogrammen? Eine Studie für die Stiftung Klimaneutralität. https://diw-econ. de/wp-content/uploads/DIWEcon_Wahlprogramme_Plausibilitaetsanalyse_v2.0.pdf

Doughnut Economics Action Lab. (2020). Amsterdam City Doughnut. https://assets.amsterdam.nl/publish/ pages/867635/amsterdam-city-doughnut.pdf IPCC (Ed.). (2021). Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. https://www.ipcc.ch/ report/ar6/wg1/#FullReport

IPCC (Ed.). (2022). Working Group III Contribution to the IPCC Sixth Assessment Report (AR6) Summary for Policy Makers. https://report.ipcc.ch/ar6wg3/pdf/ IPCC_AR6_WGIII_SummaryForPolicymakers.pdf Kuhnhenn, K., Thiele, L., & Schmelzer, M. (2021). Ist Klima¬gerechtigkeit wählbar? - Eine Wahlprogramm-Analyse. https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/wp-content/uploads/2021/08/Konzeptwerk_Wahlprogrammanalyse_2021.pdf …

FAZIT MAI 2022 /// 43


Auf der Suche nach politischer Kultur (3) Ökologische Diskurskultur statt Demokratiekrise

In unseren politischen Diskursen sind die ökologischen Krisen zukünftige und globale Ereignisse. Es handelt sich bei ihnen aber – deshalb ist der Ausdruck Krise irreführend – um irreversible Prozesse, die sich lokal vollziehen. Modelle wie das der planetaren Grenzen dürfen nicht so verstanden werden, als gäbe es so etwas wie einen planetaren Normalzustand, der sich in einer globalen Anstrengung bewahren oder wiederherstellen ließe. Die ökologischen Krisen zeigen, dass die Idee, dass diese lokalen Verhältnisse von einer globalisierten Wirtschaft geregelt werden könnten, zu einer lebensbedrohlichen Ideologie gehört, die gerade scheitert. Damit haben wir lokale Verantwortung – auch dafür, uns lokale, die Demokratie bewahrende Grenzen zu setzen. Bruno Latour (2018) spricht von einer irdischen Alternative zu der die Grenzen des Planeten ignorierenden Globalisierung.

Ein Governance-Modell, das sich radikal von der fossilen Demokratie der Gegenwart unterscheidet, lässt sich gerade auf lokaler und kommunaler Ebene vorbereiten.

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Wie kann eine lokale oder regionale Diskurskultur aussehen, durch die sich ein handlungsfähiges Wir konstituiert, das eine demokratische Antwort auf die ökologischen Krisen findet? Eine solche Diskurskultur würde nicht nur dabei helfen, die ökologischen Katastrophen zu mindern, sondern auch die Demokratie stärken. Die Stärkung der Demokratie wäre sofort spürbar und könnte damit die Bereitschaft vergrößern, ökologisch zu handeln. Wären die Diskurse etwas, das dem politischen Handeln und der gesellschaftlichen Realität gegenübersteht und sie mehr oder weniger zutreffend abbildet – die Veränderung wäre nicht so schwer. Politische Diskurse sind aber ein Teil der politischen Wirklichkeit, sie stehen in Beziehungen zu vielen anderen Diskursen, die zur Regierungspraxis gehören. Eine Veränderung der Diskurskultur ist auch eine Veränderung der Weise, wie regiert wird. Da die ökologischen Krisen unsere Governance-Formen auf einer sehr grundlegenden Ebene herausfordern, muss sich die Diskurskultur ihrerseits tiefgreifend ändern. Ein Governance-Modell, das sich radikal von der fossilen Demokratie der Gegenwart unterscheidet, lässt sich gerade auf lokaler und kommunaler Ebene vorbereiten. Städte können auf vorfossile, funktionierende Demokratiemodelle mit einem hohen Maß an Partizipation und lokaler Verantwortung für die Versorgungssysteme zurückgreifen – so wie es auch viele Traditionen bäuerlicher Demokratie gibt. Das wäre dann die lokalisierte oder regionalisierte Antithese zu den Krisen der Demokratie angesichts von nicht beherrschbaren ökologischen Katastrophen und postfaktischer Zerstörung der demokratischen Governance.

In Untersuchungen zur ökologischen Governance wird immer wieder festgestellt, dass sie auf verschiedenen Ebenen stattfinden muss, um dauerhaft wirksam zu sein. Ökologische Governance-Modelle lassen sich nicht einfach von der lokalen zur globalen Ebene hinauf- oder umgekehrt hinunterskalieren. Aber für die notwendigen Tranformationen kann die lokale Ebene eine Schlüsselrolle haben. Kohlendioxidneutrale Städte werden in der Literatur als mögliche soziale Kippelemente bezeichnet, die weit über sie hinausgehende Veränderungen auslösen können (Otto ea., 2020). Ökologische Diskurskultur und ökologische Transformation setzen eine Auseinandersetzung damit voraus, wie abhängig die politische Kultur von einer nicht nachhaltigen Wirtschaft ist. Die Diskussion dieser Abhängigkeit muss offen erfolgen, nicht als Vorwurf einer Partei an die anderen. Ein demokratischer Diskurs über die ökologischen Krisen und ihre Folgen wird nicht zustandekommen, wenn er als Diskussion über mehr oder weniger Ökologie als Ergänzung oder Einschränkung der bisherigen Politik oder sogar als Grundsatzdiskussion darüber geführt wird, ob globale Entwicklungen wie die Klimakrise überhaupt ein Thema der lokalen oder regionalen Politik sein sollen. Die Abhängigkeit der politischen Diskurse z.B. in der Stadt Graz von den fossilen Industrien drückt sich in den Themen der politischen Debatte aus, und sie betrifft auch und vielleicht noch mehr die Themen, über die nicht debattiert wird, weil die Politik, vor allem die lokale Politik, hier nur eine geringe Entscheidungskompetenz hat. Als Verantwortliche für die Infrastruktur, den Wirtschaftsstandort und die Gestaltung der Stadt: Überall ist die Stadtregierung von Zusammenhängen abhängig, die aufs Engste mit fossilen Energien verbunden sind. Selbst wo bewusst auf fossile Energien verzichtet wird, muss etwas ersetzt werden, das von fossilen Energien ermöglicht wurde. Der motorisierte Individualverkehr, das Eigenheim, die große Wohnung – möglicherweise weit entfernt vom Arbeitsplatz – sind nur möglich gewor-


Essay von Heinz Wittenbrink

den, weil Energie billig und in unbeschränkter Menge zur Verfügung stand und steht. Die Politik der Parteien ist zu einem großen Teil darauf ausgerichtet, die Wirtschaft zu entwickeln, und das bedeutet: die finanzielle Wertschöpfung zu sichern und zu steigern. Die Stadt tut das, indem sie die Bedingungen für private Investoren so gut wie möglich gestaltet, und sie tut es auch mit ihren eigenen Unternehmen. Die Stadt verdient etwa an den Ergebnissen des Grazer Flughafens, und sie verteidigt ihn bis hin zum Festhalten an den ökologisch absurden Kurzstreckenflügen aus und nach Wien, um damit das Wachstum der lokalen Wirtschaft zu fördern. Die großen politischen Blöcke verstehen und präsentieren sich entweder als Dienstleistende für die Konsumentinnen und Konsumenten wie für die Wirtschaftstreibenden. Oder aber sie konzentrieren sich auf den Ausgleich von Ungerechtigkeiten und den Zugang zu Leistungen, die ohne Finanzierung durch die Stadt vor allem für nicht Wohlhabende unzugänglich wären. Ideologisch greifen sie dabei entweder auf liberale Konzepte zurück oder auf im weitesten Sinn sozialistische oder sozialdemokratische.

Die großen politischen Bewegungen der letzten Jahrhunderte, der Liberalismus und der Sozialismus, bestimmen immer noch einen großen Teil des politischen Diskurse. In dieser Demokratiewirklichkeit haben ökologische Diskurse einen schwierigen Status. Vielfach werden sie – auch bei den Grünen – mit dem liberalen und dem sozialistischen Diskurs verknüpft. Darüber hinaus steht Ökologie vor allem für den Schutz der Natur, nicht für ein Handeln, das alle Aspekte der Systeme berücksichtigt, von denen wir abhängen. Der konservative Diskurs hat sich – jedenfalls was seine Wahrnehmung angeht – beinahe aufgelöst. Er hat sich dem liberalen untergeordnet und manchmal auch mit dem reaktionären Diskurs der populistischen Rechten verbunden. Gerade der konservative Diskurs, der an bäuerlichen Werten, an Resilienz und Reproduktion orientiert ist, setzt sich aber möglicherweise in einem demokratisch-ökologischen Diskurs fort. Zu den Ressourcen, die wir haben, um auf aktuelle Krisen zu reagieren, und auf die sich Konservative immer wieder berufen haben, gehören ethische, politische und religiöse Traditionen. In diesen Traditionen finden wir auch Sprachen und Interpretationspraktiken, durch die wir auf lokale Verhältnisse, auf die Ökosysteme und Landschaften in unserer Nähe reagieren können. Für eine lokale ökologische Governance-Praxis gibt es Modelle – etwa das des City Doughnut (Doughnut Economics Action Lab, 2020). Sie setzen geteilte lokale Verantwortung und Partizipation voraus, lassen sich also überhaupt nur im Diskurs erstellen. In ihnen haben die Mitspielenden veränderte Rollen. Das technokratische Wissen der Verwaltung wird weniger wichtig sein als das Wissen der Bürgerinnen und Bürger, die für die Versorgungssysteme mitverantwortlich sind. Wissenschaftliches Wissen wird in die Gestaltung einfließen und nicht nur im Einzelfall abgerufen werden. Die demokratische Governance wird dabei datenabhängig sein und in einem engen digitalen Austausch mit anderen Städten und Regionen stattfinden – sie bedeutet also nicht die Rückkehr zu einem archaisch wirkenden vorindustriellen Zustand. Zur Umsetzung einer solchen Governance hier in Graz könnte z.B. gehören, wenn noch gebaut werden muss, Holz zu verwenden und damit zugleich die lokalen Wälder zu entwickeln und auch einen Teil der Wirtschaft zu stärken. Ein Thema der lokalen Governance muss eine Versorgung mit Lebensmitteln sein, die den lokalen Produzenten und damit den lokalen Ökosystemen nutzt – heute kämpfen dagegen Zero-Waste-Geschäfte um ihre Existenz, obwohl nur diese Betriebe elementare ökologische Standards erfüllen.

Literatur Fortsetzung Latour, B. (2018). Das terrestrische Manifest (B. Schwibs, Trans.; Deutsche Erstausgabe). Suhrkamp.

Mitchell, T. (2011). Carbon democracy: political power in the age of oil. Verso Books. Ostrom, E. (2010). Polycentric systems for coping with collective action and global environmental change. Global Environmental Change, 20(4), 550–557. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2010.07.004 Otto, I. M., Donges, J. F., Cremades, R., Bhowmik, A., Hewitt, R. J., Lucht, W., Rockström, J., Allerberger, F., McCaffrey, M., Doe, S. S. P., Lenferna, A., Morán, N., van Vuuren, D. P., & Schellnhuber, H. J. (2020). Social tipping dynamics for stabilizing Earth’s climate by 2050. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117(5), 2354–2365. https://doi.org/10.1073/ pnas.1900577117 Robinson, K. S. (2021). Das Ministerium für die Zukunft: Roman (P. Bär, Trans.; Deutsche Erstausgabe). Wilhelm Heyne Verlag. Rockström, J., Steffen, W., Noone, K., Persson, Å., Chapin, F. S., Lambin, E. F., Lenton, T. M., Scheffer, M., Folke, C., Schellnhuber, H. J., Nykvist, B., de Wit, C. A., Hughes, T., van der Leeuw, S., Rodhe, H., Sörlin, S., Snyder, P. K., Costanza, R., Svedin, U., … Foley, J. A. (2009). A safe operating space for humanity. Nature, 461(7263), 472–475. https://doi.org/10.1038/461472a

Gerade der konservative Diskurs, der an bäuerlichen Werten, an Resilienz und Reproduktion orientiert ist, setzt sich möglicherweise in einem demokratischökologischen Diskurs fort.

Geteilte Verantwortung für lokale Systeme ist, wie es Eleanor Ostrom gesagt hat, kein Allheilmittel. Die lokale Ebene kann nur Teil einer ökologischen Transformation sein. Es gibt aber keine Allheilmittel gegen die großen ökologischen Krisen (Ostrom, 2010). Wir können nur versuchen ihnen mit so viel Offenheit und Phantasie zu begegnen, wie es die Neuartigkeit und die Risiken dieser Situation erfordern. n

Lesen Sie auch die beiden ersten Texte unserer Reihe »Demokratidiskurs« (in Fazit 180 und 181) von Friedhelm Frischenschlager und Leopold Neuhold FAZIT MAI 2022 /// 45


Markus Mörth wurde am 13. 9. 1973 in Graz geboren und hat eine Schwester. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Sein Vater führte ein vom Großvater gegründetes Fachgeschäft für Flüssiggas in der Schönaugasse. Nach der Matura an der Hib-Liebenau machte er ein Diplom an der Filmhochschule München, seither ist er freier Regisseur und Drehbuchautor sowie Lektor. Sein letzter Film »Im Jakotop« läuft gerade im Kino und es gibt ihn demnächst auch auf DVD. markusmoerth.com jakotop.at


Menschen

Fazitbegegnung Volker Schögler trifft Markus Mörth Fotografiert von Heimo Binder

Beruf: Regisseur M

arkus Mörth hat bereits in der Schule angefangen, Filme zu drehen: »Mein Italienisch- und mein Zeichenlehrer haben mir das schon in der Modellschule erlaubt.« Frühe Anerkennung etwa durch einen Schülerfilmpreis oder einen Preis der Diözese Graz-Seckau bestärkten ihn weiterzumachen und neben dem Studium der Philosophie mit dem Fächerbündel Theaterwissenschaften und Publizistik in Wien als Regieassistent am Theater Praxiserfahrung zu sammeln. Und schließlich nach München an die Hochschule für Fernsehen und Film zu wechseln, wo er 2004 mit Diplom abschloss. Der anschließende Zivildienst als Flüchtlingsbetreuer bei der Caritas in Graz blieb offenbar nicht ohne Einfluss auf sein Filmschaffen, das nicht zuletzt von sozialer Anteilnahme geprägt ist. So auch sein letzter Film »Im Jakotop«, ein Portrait des Grazer Bezirks Jakomini, der im Rahmen der Diagonale im Grazer Kiz-Royal-Kino vorgestellt wurde und als dokumentarischer »Heimatfilm« von der Liebe zum Bezirk zeugt, aber auch dessen Probleme aufzeigt. Pate des Films ist ursprünglich das »Café Jakomini« von Klaus Strobl, der auch stellvertretender Bezirksvorsteher von Jakomini ist; als Rahmen diente das »Kulturjahr Graz 2020« – die Pandemie verlängerte aber die Dreharbeiten auf fast zwei Jahre. Markus Mörth ist seit 2006 freier Regisseur und Drehbuchautor, Gründer und Obmann der Drehbuchwerkstatt München-Steiermark und wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa für seinen Film »Geschwister« oder zweimal beim Carl-Mayer-Drehbuchwettbewerb. Außerdem verfügt er über weitere Standbeine als freier Mitarbeiter bei den internationalen Hofer Filmtagen und den Münchner Filmwochen, er ist Lektor an der Karl-Franzens-Universität am Institut für Anglistik für das Ergänzungsfach Medien und er ist künstlerischer Leiter des Filmfestivals Kitzbühel: »Das ist nicht wie bei einem Studioregisseur, der zwei, drei Projekte im Jahr macht. Zu größeren Projekten komme ich nur alle paar Jahre, denn in Österreich dauert die Produktion eines Kinofilms oft bis zu fünf Jahren.« Daher arbeitet Mörth viel, macht vor allem

Spiel- und Dokumentarfilme für den ORF und für Servus-TV, so etwa »Unser Wunder: Kind«, Beiträge für »Kreuz und quer« oder »Die Grazer Gruppe«. Als »Grazer Gruppe« wurden bestimmte Autorinnen und Autoren rund um die Literaturzeitschrift Manuskripte und das Forum Stadtpark bezeichnet, der Film ist Ende Mai beim »Kulturmontag« im ORF wieder zu sehen. Der Regisseur ist gut vernetzt und sein Unternehmen verfügt über genügend Ausrüstung zum unabhängigen Filmemachen. Wenn auch nicht auf »Arri«-Level gedreht wird – »so eine Kamera kostet an die 80.000 Euro« – sondern mit »Red«; diese Kameras kosten ein Vielfaches weniger. Die beeindruckenden Unterwasseraufnahmen im Augartenbad von Jakomini etwa wurden überhaupt mit einer »Go-Pro«, einer kleinen Actionkamera »um 300 oder 400 Euro« gemacht. Technik steht nicht still. Das mag mit ein Grund gewesen sein, weshalb die Produktion von »Im Jakotop« »jedenfalls unter 100.000 Euro« gekostet hat. Zu Mörths Stärken zählen authentische Interviews, für die zum einen viel Empathie notwendig ist und die dann auch eine gewisse epische Breite ermöglichen – was auf der großen Leinwand besonders beeindruckend ist. Und, so die Hoffnung, die Kulturtechnik des Kinobesuchs erhalten soll. »Man muss als Regisseur fair sein«, umreißt Markus Mörth sein Credo, »für mich ist es das Schönste, wenn die Leute, die mitspielen, auch zufrieden sind, wie sie im Film rüberkommen.« So geschehen bei der Premiere, als sie – fast – alle gekommen sind und gestrahlt haben: die Kabarettistin, die Kunstrestauratorin, der Sozialarbeiter, die Stadtplanerin, die Tröpferlbadmitarbeitin, die Volksschuldirektorin, der Kaffeehausbesitzer und der Zeitungsverkäufer vom Jakominiplatz. Das hat Markus Mörth mit seinem Film über den bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt geschafft: Er zeigt, es gibt Hoffnung. Wenn man aufeinander zugeht und schaut, wie man gemeinsam leben kann. Kino kann viel. So auch das vergangen geglaubte Motto des Kulturjahres 2020 »Wie wir leben wollen« ein bisschen weniger vergänglich machen. n

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Erfolg braucht Führung

Managementserie

Nehmen Sie Platz! Über das genussvolle Verweilen im Kaffeehaus

Ein Gespräch von Carola Payer mit Waltraud Merkl, der Betreiberin des Café König in der Grazer Innenstadt

Fotos: Marija Kanizaj, Nike Payer (2)

Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

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latz nehmen, entspannen und sich verwöhnen lassen – bei einem kleinen Braunen, Kuchen, Frankfurter oder Toast im Grazer Kaffeehaus König in der Sackstraße. Dort erlebt man noch ein Stück Lebensgefühl, das in ganz Österreich schon seit dem 17. Jahrhundert seine Anhänger hat. Traditionell traf man sich immer schon gern im Kaffeehaus nicht in erster Linie, um Kaffee zu trinken, sondern um Zeitung zu lesen und sich auszutauschen. Auch Schach und Karten spielen war neben dem süßen Nichtstun beliebt. Dabei saß man auf weich gepolstertem Samt oder auf Thonet-Stühlen an Marmortischen. Die anderen Gäste waren oft Künstler, Literaten und Intellektuelle, die das Kaffeehaus als zweites Wohnzimmer nutzten; manche ließen sich sogar die Post ins Stammlokal schicken. Zunächst waren Kaffeehäuser nur Männern vorbehalten, Frauen erhielten erst 1856 Zutritt. Frau Waltraud Merkl, meist von ihren Kunden mit »Frau König« angesprochen, ist eine Grazer Institution. Sie führt das Lokal in dritter Generation seit 1999. Die Tochter hat Architektur studiert, ist parallel in den Betrieb hineingewachsen und wird in vierter Generation das Lokal weiter betreiben. Das freut die Mutter besonders: »Ich bin tief und innig mit diesem Kaffeehaus verwurzelt. Es ist mein Beruf und mein Hobby. Ich habe mit fünfzehn Jahren hier zu arbeiten begonnen und die Frage nach was anderem hat sich mir nie gestellt. Daher freue ich mich sehr, dass meine Tochter Lust hat, das Lokal weiterzuführen.« Tradition und Nachhaltigkeit Das Café König ist ein Kaffeehaus der alten Tradition: Bezahlung an der Kassa, Einrichtung rustikal, gemütlich, seit Jahren unverändert. Waltraud Merkl: »Wir haben sehr hochwertige Tischlerarbeiten, die erhaltungswürdig sind. Außerdem wollen wir uns vom Modernen abheben. Ich bin total für Nachhaltigkeit und stelle fest, dass die Jugend das immer mehr schätzt. Die Kassa an der Vitrine hat sich bewährt und macht bei unserer Größe total Sinn. Viele Bestellungen passieren beim Reingehen des Gastes ins Lokal. Dann bringen wir ihm die ausgewählten Speisen und Getränke an den Tisch. Unsere Kunden schätzen das, weil sie nicht warten müssen und schnell bedient werden.« Damit es gemütlich ist, will Waltraud Merkl den Wohnzimmercharakter, klein, fein, ein wenig nostalgisch, erhalten. Auch das Angebot an Speisen und Getränken bleibt traditionell. Es gibt immer eine kleine, feine, aber ausgefallene Vitrine mit Süßem. Der Konditoreicharakter muss aus ihrer Sicht erhalten werden. Waltraud Merkl: »Hierfür pflegen wir langjährige Partnerschaften mit unseren Lieferan-

»Die Mitarbeiter müssen unser Traditionskonzept verstehen. Die Lust zur Kommunikation und die Freude an Menschen ist wichtig.« WALTRAUD MERKL

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ten.« Kaffee mit Toppings, wie in der Systemgastronomie, werden nicht nachgefragt, Milchvarianten und »Coffee to go« wurden ins Programm integriert. Die persönliche Begegnung hat Wert Waltraud Merkl startet auch bei unserem Interview immer wieder weg und begrüßt und verabschiedet die Gäste persönlich. Waltraud Merkl: »Wir gehen auf unsere Kunden durch die individuelle und persönliche Ansprache ein und pflegen die traditionelle Kaffeehaustradition des Austausches. Dieser wird immer mehr gesucht und bei uns auch gefunden. Das Café König ist und lebt österreichische Kaffeehauskultur. Ich habe sehr viele Stammkunden, etwa 60 Prozent, der Rest ist Laufkundschaft. Es kommen immer mehr junge Menschen. Die breite Palette an Kunden macht enorm Spaß. Sehr viele Gäste sind aus der Kunst und Kulturszene. Vormittags haben wir die meiste Arbeit. Da kommen Berufstätige aus dem Umfeld, Menschen, die für Besorgungen oder Termine kurz in die Stadt kommen, und jene, die zufällig ins Lokal stolpern. Am Samstag bewirten wir auch viele Touristen.« Mitarbeiter bringen Mitarbeiter Waltraud Merkl: »Die Mitarbeiter müssen unser Traditionskonzept verstehen. Die Lust zur Kommunikation und die Freude an Menschen ist wichtig. Ich gehe gut mit meinen Mitarbeitern um.

Ich fordere Leistung, aber der Mitarbeiter soll sich bei uns wohl fühlen. Wie mit den Kunden ist auch bei Mitarbeitern der persönliche Austausch sehr wichtig. Ich habe immer langjährige Wegbegleiter in meinem Lokal. Die Studenten, die bei mir arbeiten, werden immer gut eingeschult, und wenn sie dann gehen, empfehlen sie wieder neue Mitarbeiter weiter. Die meisten sind relativ lange da und sehr loyal, fleißig und flexibel!«

Kleines Königreich Café König Waltraud Merkl: »Es ist mein Haus, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin in diesem Haus geboren und aufgewachsen und arbeite seit dem fünfzehnten Lebensjahr hier. Ich will den Menschen hier ein Stück Lebensqualität und eine heile Welt bieten, wo man das Schlechte, Stressige auf der Straße lassen kann. Der Spaß und die Ansprache stehen im Vordergrund. Das soll immer so bleiben. Hier hat sich schon so viel ereignet. Eine Frau hat zum Beispiel fast in meinem Lokal ein Kind bekommen.« Das Café König, ein Ort, an dem Zeit, Raum und Austausch konsumiert werden, aber nur der Kaffee auf der Rechnung steht. Ein Kaffeehaus muss man erleben, um es verstehen zu können. Im Kaffeehaus herrscht ein ganz eigenes Ambiente. Weil die Kaffeehaus-Kultur so markant und voller Geschichten ist, hat die Unesco sie 2011 zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Und wir erklären »Frau König«, die am gleichen Tag wie »der Hawelka« Geburtstag hat, zur Grazer n Kaffeehausinstitution.

Waltraud Merkl (rechts) und Eva-Maria Kurzböck

Café König 8010 Graz, Sackstraße 14 Geöffnet Montag bis Samstag cafe-koenig.at

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Zu Gast bei Fazit

Gastkommentar von Johannes Roth

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ie Diskussionen um unsere Abhängigkeiten von Russland haben gezeigt, wie unser Vorhaben, bis zum Jahr 2030 »100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energiequellen« zu decken, zu werten ist. Als ein frommer Wunsch, weit entfernt von der Realität. Wir sind nicht ansatzweise in der Lage, in einem derartig kurzen Zeitraum die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Zumindest nicht ohne massive gesellschaftliche Verwerfungen. Papier ist geduldig und »Verwerfungen« ist ja auch irgendwie ein abstrakter Begriff für in gesellschaftlicher Stabilität sozialisierte Menschen. Anders als zum Beispiel für Emmanuel Macron, der einen ersten Schritt in Richtung Klimaschutz gegangen war, indem er die Abgaben auf Treibstoffe erhöht hatte. Die folgenden Krawalle hatten Frankreich monatelang in Atem gehalten. Heute muss er sich nicht zuletzt deshalb wieder mit der ultrarechten Marine

Foto: Chris Zenz

Sagen wir bei der Energiewende doch offen, wie es wirklich ist!

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Le Pen um das Präsidentenamt matchen. Er weiß jetzt, was »gesellschaftliche Verwerfungen« bedeuten – und Macron ist Präsident in einem Land, das im Gegensatz zu Österreich den Wegfall fossiler Energien mit Atomkraft kompensieren kann. Bis 2030 sind es keine acht Jahre mehr. Längst hätte man damit beginnen müssen, einen ernsthaften Plan zu entwickeln. Und, nicht böse sein, aber Kohlendioxidsteuern, das ÖBB-Klimaticket und irgendwelche Kompensationsgutscheine sind nett, aber kein Plan. 900.000 Gasheizungen einfach verbieten zu wollen – ohne Vorstellung davon, was die Ersatzenergiequelle sein soll, wie man sie einbaut oder wer die Kosten dafür trägt –, ist auch kein Plan. Russisches Gas im Wert von 4,2 Milliarden Euro ersetzen zu wollen, indem man 250 Millionen für die Förderung von erneuerbaren Energien bereitstellt, ist genauso naiv, wie einen Komplettausstieg aus fossiler Energie einfach zu verordnen, ohne die Industrie mit Alternativen versorgen zu können. Wer jetzt erst damit beginnt, an den UVP-Verfahrensdauern zur Genehmigung neuer Kraftwerke (bis zu zehn Jahre!) zu arbeiten, der hat nicht nur keinen Plan, sondern jede Glaubwürdigkeit in der Sache verspielt. Man muss kein großer Maßnahmenskeptiker sein, um zu erkennen, was hier stattfindet, ist reiner Umweltaktionismus. Greenwashing, bei dem hier und dort an Stellschräubchen gedreht wird, um zu verbergen, dass die ökonomische, politische und gesellschaftliche Realität wirksame Eingriffe verhindert. Nicht, dass das Erreichen von Klimazielen unmöglich wäre. Aber es ist eine Frage des Preises. Über den man uns übrigens im Unklaren lässt. Niemand spricht wirklich von den massiven Investitionen in Technologien, die nötig sein werden oder davon, wer diese Milliarden wird bezahlen müssen. Niemand zeichnet das Bild einer Bevölkerung, die sich mit Armutsgefahr, Teuerungen, Unruhen, Verzicht, zerstörten Landschaften oder politischer Neuordnung anfreunden muss. Klar, es ist leichter, den Provokationen eines Kindermessias eine Bühne zu geben

und Panik zu schüren, als darauf hinzuweisen, was tatsächlich der Preis für eine Kohlendioxidreduktion ist. Nur, eine Gesellschaft, die das alles hinnimmt, wird man von der Notwendigkeit überzeugen müssen. »Ist es das wirklich wert«, wird die Frage aller Fragen sein und wer sie nicht zweifelsfrei beantworten kann, der steht politisch auf verlorenem Posten. Wozu, wird man sich fragen, diese Kraftanstrengung, wenn sie nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein kann? Wenn in China ein Kohlekraftwerk nach dem anderen gebaut wird, wenn der Schiffsverkehr unreguliert ein Vielfaches des Kohlendioxidausstosses von Autos verursacht? Schon jetzt wissen viele Menschen nicht, wie sie die Kosten für Wärme, Mobilität und Elektrizität decken sollen. Ich fürchte den Tag, an dem sie erkennen, dass die Umwelt-Steuern, die Einschränkung von Mobilität – die nichts weniger ist, als ein letzter Rest persönlicher Freiheit – und die allgemeine Verteuerung umsonst gewesen sein werden. Weil es auch 2030 Wetterextreme geben wird und die Durchschnittstemperaturen trotzdem steigen. Dann wird man sich wünschen, man hätte weniger mit Angst und Panik und mehr mit besonnener Offenheit operiert. Und mit einem soliden Plan statt mit billigem n Aktionismus.

Johannes Roth ist Journalist und Marketingexperte. Für das Fazit hat er in den letzten Jahren zahlreiche Titelgeschichten verfasst. Sie erreichen den Autor unter johannes.roth@wmedia.at



Kurz & News

Der Jahrgang mit dem goldenen Herbst

Der Aufsichtsrat der Merkur Versicherung hat mit Markus Spellmeyer einen neuen Vertriebsvorstand gefunden. Er wird ab Sommer 2022 die Ressorts Vertrieb sowie Marketing verantworten. Spellmeyer war viele Jahre als Hauptgeschäftsführer der OVB Allfinanzvermittlungs GmbH u. a. verantwortlich für Vertrieb, Finanzen, Produkte & Partner, Qualitäts- & Beschwerdemanagement, Risikomanagement sowie Aus- & Weiterbildung und Service Center. Unter seiner Leitung hat er die OVB Österreich zukunftsfit gemacht und mit innovativen Impulsen bereichert. Merkur AR-Vors. Alexander Lechner: „Mit Markus Spellmeyer verstärkt ein international erfahrener Vertriebsexperte mit langjähriger Managementerfahrung das Vorstandsteam.“

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Unterschriftenaktion zur Energiesteuern Am 8./9. April hat die WKO Steiermark mit www.unternimmwas.at ein neues Kampagnenformat gestartet. Ihr Ziel ist es, möglichst viele Steirerinnen und Steirer zu Botschaftern einer gemeinsamen Forderung zu machen, die dringlicher nicht sein könnte: die Senkung der Energiesteuern. Um 205 Prozent ist der Strompreis in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen, der Gaspreis sogar um 465 Prozent, und was Treibstoffe betrifft, reicht ein Blick auf die letzte Tankrechnung. Allein im Bereich der Mineralölsteuer fließen aktuell um 100 Millionen Euro mehr pro Monat in die Staatskassen. „Ohne Gegenmaßnahmen stehen Unternehmen und Haushalten in den kommenden Monaten weitere massive Belastungen ins Haus“, warnen WKOSteiermark-Präsident Josef Herk und WKO-Steiermark-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg.

Spatenstich für Busbahnhof Faßlberg

Kinowerbung für Urlaub am Bauernhof Ein amüsantes „Kuh-Video“ läuft ab 1. April acht Wochen lang als Werbespot vor ausgewählten Familienfilmen in österreichischen Kinos (Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark), um Lust auf Familienurlaub in der Steiermark zur machen. Die ersten Kinospots von Steiermark Tourismus wurden gemeinsam mit „Urlaub am Bauernhof“ produziert, gedreht wurde am Biobauernhof Thonnerhof in Aigen im Ennstal. „Das Video zeigt auf humorvolle Weise, wie sich die steirischen Gastgeber auf die kommende Saison zum Wohle der Gäste vorbereiten. Das schließt sogar die Kühe am Hof mit ein, die frisiert, gebürstet und geföhnt werden“, schmunzelt Erich Neuhold, GF von Steiermark Tourismus.

Am 30. März wurde der Bau des Busbahnhofs Faßlberg mit dem offiziellen Spatenstich eingeleitet. Der neue Busbahnhof soll ein sicheres, flexibles und rasches Umsteigen zwischen den verschiedenen Buslinien der RegioBus-Region Weiz ermöglichen. „Die Realisierung des Busbahnhofs ist für den RegioBus-Verkehr des Busbündels Weiz ein wesentlicher Puzzlestein. Er wird ein Umsteigeknoten für sechs RegioBusLinien, damit kann das Fahrplankonzept seine volle Verkehrswirksamkeit erreichen. Wir bleiben unserer Linie treu und bauen den öffentlichen Verkehr in der Steiermark weiter massiv aus. Dazu gehört auch eine gute Infrastruktur, die wir mit diesem Großprojekt schaffen“, so Verkehrsreferent und LH-Stv. Anton Lang.

Fotos: Land Steiermark, Steiermark Tourismus / dkmotion, Merkur Versicherung, Fotokuchl

Neuer Vertriebsvorstand bei der Merkur Versicherung

Kristallklare, ausgereifte Weine aus perfekten Trauben: Die ersten Verkostungen zeigen, dass der steirische Weinjahrgang 2021 etwas reifer, sehr elegant, enorm fruchtig und in einzelnen Weinen schon jetzt mit viel Fülle und Harmonie am Gaumen ausgestattet sind. Nach den DAC-Gebietsweinen aus der Steiermark sind mit Stichtag 1. Mai auch die Orts- und Riedenweine 2021 erhältlich. Über den Jahrgang „mit dem goldenen Herbst“ wird man wohl noch lange sprechen. Verkosten Sie den Jahrgang 2021 auch bei der Präsentation des Steirischen Weines am 5. Mai in der Messe Graz. Die Veranstaltung wird in kleinem, feinen Rahmen des SAAL 1 der Messe Graz mit rund 90 Weinbauern stattfinden. Infos: https://steiermark.wine


Foto: Marija Kanizaj

Kurz im Gespräch mit Andreas Herz,

Vizepräsident WKO Steiermark

AK-Präsident Josef Pesserl (l.) und AK-Steuerexperte Bernhard Koller mit Doris Peitler, der tausendsten Steuersparerin

AK-Steuerspartage:

5,2 Mio. Euro für Mitglieder Ein neuerliches Rekordergebnis verzeichneten die „Steuerspartage“ der steirischen Arbeiterkammer vom 9. bis zum 25. März 2022. Die Summe der vom Finanzamt zurückgeholten Lohnsteuern stieg in Summe auf rund 5,2 Millionen Euro.

Foto: AK Stmk / Fürst

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ie AK- Steuerspartage erfreuen sich steigender Beliebtheit“, zieht AK-Präsident Josef Pesserl Bilanz über die Aktion, bei der an 21 Terminen in der ganzen Steiermark 33 Beraterinnen und Berater im Einsatz waren, um AK-Mitglieder bei der Arbeitnehmerveranlagung zu unterstützen: „Das Ergebnis zeigt, dass sich der Aufwand für unsere Mitglieder lohnt.“ Die Summe von 5,2 Millionen Euro verteilt sich auf 6.126 Veranlagungen für 2.825 Kundinnen und Kunden. Im Durchschnitt können sich jene Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die das AK-Service in Anspruch nahmen, über eine Steuerrückzahlung von 850 Euro freuen, resümiert Pesserl erfreut. „Dieser Durchschnittswert sollte aber

nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch durchaus viel mehr drin sein kann“, rät AK-Steuerexperte Bernhard Koller allen Steuerpflichtigen, die Arbeitnehmerveranlagung unbedingt durchzuführen: „Bei unseren Beratungen waren auch Summen von über 6.000 Euro keine Seltenheit.“ In einem Fall wurden einem Steuerpflichtigen aus Graz sogar 11.030 Euro zurückbezahlt. Dieser Betrag ergab sich aus dem Alleinverdiener-Absetzbetrag für zwei Kinder bei der Veranlagung für fünf Jahre. Ein „Klassiker“ bleibt die Negativsteuer, also die Möglichkeit, Geld vom Finanzamt zu bekommen, auch wenn man aufgrund eines niedrigen Einkommens keine Lohnsteuer bezahlt hat.

Welche Hilfestellungen können Lebens- und Sozialberater bzw. -beraterinnen bieten? Sie sind umfassend dafür ausgebildet, Menschen in Krisensituationen zu begleiten. Lösungsorientiert werden Modelle zur Bewältigung aktueller und künftiger Krisen erarbeitet. Es geht unseren Experten immer darum, rasch erfolgreiche Verhaltensstrategien zu finden. Oft reichen wenige Beratungseinheiten für klar erkennbare Fortschritte. Immer mehr Menschen nehmen daher Beratung lebensbegleitend in Anspruch, um Krisen bereits in der Entstehung zu entschärfen.

Welche krisenhaften Erscheinungen haben sich in Zeiten der Pandemie verstärkt gezeigt? Individuelle Krisensituationen wird es unabhängig von globalen Krisen immer geben. Was wir in der Pandemie allerdings erkennen konnten, ist, dass sich quer durch alle Altersgruppen Krisenpotenziale verdichtet und zugespitzt haben: Unsicherheit und Existenzängste, familiäre Konflikte aufgrund von Homeoffice, Homeschooling und räumlich beengter Situation, Trauer ob des Verlusts vertrauter Menschen, Einsamkeit, Überforderung und der Wunsch nach beruflicher Umorientierung etwa.

Wie können Betroffene ihr Resilienz-Potenzial gegenüber Belastungen verbessern? Indem sie – optimalerweise mit unserer professionellen Unterstützung – persönliche Tools zum Umgang solchen Belastungen entwickeln. Mit unseren drei Fachbereichen psychosoziale, sportwissenschaftliche und Ernährungsberatung liefern wir dafür umfassenden und ganzheitlichen Input. FAZIT MAI 2022 /// 53


Hoher Besuch in Lieboch: GF Egon Maurer, Ursula Maurer, GF Stefan Maurer, Bundeskanzler Karl Nehammer, Bgm. Stefan Helmreich und LH Hermann Schützenhöfer.

Bundeskanzler Nehammer zu Besuch bei der SiS Group Ende März besuchte Bundeskanzler Karl Nehammer in Begleitung von LH Hermann Schützenhöfer und zahlreicher Politspitzen anlässlich seiner Graz-Visite die SiS Group in Lieboch.

Egon Maurer GF SiS Firmengruppe: „Sicherheit ist ein wichtiges Grundbedürfnis der Menschen. Als Sicherheitstechniker sind wir ein wichtiges Rad im Sicherheitskonzept unseres Landes. Für den optimalen Schutz von Objekten und Menschen ist es wichtig, dass alle Räder des Sicherheitskonzeptes ineinandergreifen. Unsere Aufgabe dabei ist es, technisch zu überwachen, zu kontrollieren und automatisch zu melden. Dabei kommt es auch darauf an, den Betreibern von Sicherheitsanlagen einen Störungsdienst 365/24 mit bestens geschulten und erfahrenen Technikern zu bieten.“

gon Maurer, GF der SiS Security Gebäudetechnik GmbH, und sein Sohn, Stefan Maurer, GF der SiS Safety Sicherheitstechnisches Zentrum GmbH, führten die prominenten Gäste durch das Firmengebäude und erläuterten das Produktspektrum und die Leistungsfähigkeit der SiSFirmengruppe. Bei der Führung durch das Haus erhielten die Gäste auch Einblicke in die Entwicklung und Technologie dieser hochmodernen Sicherheitssysteme. Die SiS verfügt über 30-jährige Erfahrung auf dem Gebiet der Errichtung von Alarmanlagen, Videoüberwachung, elektronischen Zutrittssystemen und Brandmeldeanlagen. Ergänzt

wird das Portfolio um Arbeitssicherheit, Brandschutz, Abfallwirtschaft, Prüfungen und Messungen und die SEAL Smart Home Steuerung. Organisiert wurde der Besuch von NAbg. Ernst Gödl. Zahlreiche ÖVP-Bürgermeister und Abgeordnete sowie die Spitzen der steirischen Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes hatten sich ebenfalls zu diesem Anlass eingefunden. Bundeskanzler Nehammer befindet zum Angebot der SiS: „Das ist ein spannendes Gewerbe, weil die Zeiten leider unsicherer werden.“ Interessante Gespräche zu aktuellen Themen rundeten den Besuch ab.

Stefan Maurer MBA GF SiS Safety Sicherheitstechnisches Zentrum GmbH: „Die SiS Safety ist als Beratungsunternehmen in den Bereichen Arbeitnehmerschutz und Brandschutz tätig und kann auf eine langjährige Erfolgsgeschichte vom EPU zum Sicherheitstechnischen Zentrum mit Kunden in ganz Österreich verweisen. Neben einer umfangreichen Fachexpertise und praktischen Lösungsansätzen zählen vor allem langfristige Partnerschaften mit Kunden und Mitarbeitern zu unseren Schwerpunkten.“

Info: www.sis.at

Die SiS-Firmengruppe mit Sitz in Lieboch bietet österreichweit die Planung, Errichtung und Wartung von elektronischen Sicherheitssystemen an. Das Portfolio umfasst daneben auch Arbeitssicherheit und Brandschutz.

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Anzeige Fotos: SiS Group /Die Abbilderei, Robert Cescutti

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Michael Eichberger, Managing Director bei BITZER Austria

Digitale und »coole« Technik BITZER ist der Spezialist für Klimatechnik und industrielle Prozesskühlung. Entwicklung und Vertrieb der digitalen Infrastruktur (BITZER Digital Network) wird von der Steiermark aus geleitet.

Anzeige Foto: BITZER Austria

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pektakulär ist der Firmensitz von BITZER Österreich nicht. Im nüchtern-modernen Technopark Raaba, vor den Toren der steirischen Landeshauptstadt, hat die deutsche BITZER Kühlmaschinenbau GmbH aus Sindelfingen ihre (Vertriebs-)Niederlassung in Österreich. Das in dezentem Grasgrün unterlegte BITZER-Firmenlogo am Entree des Technopark-Tower 5 ist pures Understatement. Im sechsten Stock treffen wir beim Fazit-Besuch auf den Managing Director eines Weltkonzerns. Michael Eichberger lenkt seit vier Jahren als Director die Digitalization des Weltmarkführers in Sachen Kälte- und Klimatechnik; seit 2009 ist der gebürtige Obersteirer BITZER Austria Managing Director. Von Raaba aus leitet er sein Vertriebs- und Technikteam für Osteuropa und den Nahen Osten. Eichberger kommt schnell zum Punkt, wenn es um Produktionskraft und Geschäftstätigkeit von BITZER geht: „Als einer der international größten Hersteller und der Spezialist für Kälte- und Klimatechnik weltweit bringen wir moderne Kältetechnologie in die verschiedenen Industriezweige. Wir ermöglichen mit unserer Verdichtertechnologie das Klimatisieren von Gebäuden und Kühlen industrieller Prozesse. Unsere Produkte sorgen für ein optimales Klima in Bussen, Bahnen oder Innenräumen und stellen sicher, dass Lebensmittel auf dem gesamten Logistikweg frisch bleiben.“ BITZER vertreibt als klassischer Komponentenhersteller für Kälte- und Klimatechnik traditionell nicht an Endanwender, sondern an Großhändler, Erstausrüster und Hersteller von Klimageräten bzw. Kälte- und Klimatechnikanlagen. „Von der Steiermark aus haben wir 2021 die 50-Millionen-Umsatzmarke

geknackt, und das trotz Pandemie“, zeigt sich Eichberger optimistisch. „Der Standort Graz ist ein gutes Sprungbrett für den Export und mein Team ist top-motiviert, gut ausgebildet und flexibel im Denken wie im Handeln – so entsteht aus Graz heraus viel Innovationskraft für den ganzen Konzern.“ Als konzernweiter Vordenker in Sachen Digitalisierung bringt Eichberger die Philosophie auf den Punkt: „Das BITZER Digital Network (BDN) verbindet unsere Produkt- und Anwendungserfahrung mit den Echtzeitdaten der jeweiligen Anlage des Kunden. Die Nutzer unserer digitalisierten Anlagen haben Zugriff auf alle relevanten technischen Informationen der installierten BITZER-Produkte. Das umfasst elektronische Bauteile aus der Datenbank, die Wartungshistorie und Online-Dokumentation der Anlage wie die Überwachung und Datenanalyse – das alles in Echtzeit und per Fernzugriff. Wir schaffen damit eine leicht nutzbare, digitale Infrastruktur für unsere Kunden und Partner!“ Michael Eichberger ist seit 2009 Managing Director bei BITZER Austria und seit 2018 Director Digitalization bei BITZER.

BITZER Kühlmaschinenbau GmbH

Weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Kälte- und Klimatechnik, Transport- und Prozesskühlung. Weltweite Präsenz an 72 Standorten in 37 Ländern und 19 Produktionsstätten. 3.800 Mitarbeiter, über 900 Millionen Euro Umsatz (2021). FAZIT MAI 2022 /// 55


Megaphon präsentiert neues Kochbuch

13 Jahre lang stand Alexander Pongratz an der Spitze der Landesinnung Bau. Am 5. April erfolgte die Schlüsselübergabe an seinen Nachfolger Michael Stvarnik, der die Agenden mit 1. Mai übernehmen wird. Als Interessenvertreter von fast 3.000 Mitgliedsbetrieben gab es für Pongratz viele Herausforderungen zu bewältigen. Vom Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping durch den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr über die Imagearbeit für die Lehre bis hin zu den coronabedingten Schwierigkeiten. Neben dem Thema Ausbildung gibt es für den überzeugten Sozialpartner Stvarnik eine ganze Menge anderer Dinge zu tun. „Besonders schwierig ist aktuell die Baupreissituation und das wird wohl noch eine Zeit lang so bleiben.“

Mit ehrlicher und authentischer Küche hat sich Philipp Carstanjen in der steirischen Gastroszene einen Namen gemacht. Am 1. April erschien im Megaphon-Eigenverlag sein erstes Kochbuch mit dem Titel „The Cooking Heart“, und für den ehemaligen Zivildiener bei der Straßenzeitung ein echtes Anliegen. „Für mich war das Kochbuch für das Megaphon eine Herzensangelegenheit“, erklärt Carstanjen. „Ich weiß von meiner Zeit bei der sozialen Initiative, wie wichtig Sonderprodukte für die Verkäufer sind. Darüber hinaus hat das Megaphon meinem Partner Johnny What und mir die Möglichkeit gegeben, ein Kochbuch nach unseren Vorstellungen zu verwirklichen.“ Der Untertitel lautet: „Kochen mit Herz, damit Liebe durch den Magen geht“.

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Fotos: Caritas / Megaphon, Lunghammer

Schlüsselübergabe in der Bauinnung

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„Wir sind die Lobbyisten für die steirischen Unternehmerinnen und Unternehmer!“ Jochen Pack Direktor des Wirtschaftsbund Steiermark

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Wirtschaft

AMS-GF Snobe: „Gemeinsam mit der Wirtschaft schulen wir künftige Fachkräfte.“

Gemeinsam zu neuen Fachkräften Schlaue Lösungen für jeden Abfall Mit arbeitsplatznahen Ausbildungen kommen Betriebe erfolgreich zu neuen Mitarbeiter_innen: „Gemeinsam mit dem Land und dem AMS können Unternehmen ihre künftigen Fachkräfte direkt im Betrieb schulen“, betont der steirische AMSLandesgeschäftsführer Karl-Heinz Snobe.

bezahlte Anzeigen Foto links: AMS / Opernfoto, Foto rechts: Saubermacher

M

it arbeitsplatznahen Ausbildungen unterstützt das Arbeitsmarktservice (AMS) Steiermark gemeinsam mit dem Sozialressort des Landes heimische Unternehmen beim Personalaufbau. „Bei bewährten Modellen wie Stiftungen oder arbeitsplatznahen Qualifizierungen haben Betriebe volles Mitspracherecht“, unterstreicht der steirische AMS-Landes-GF Karl-Heinz Snobe. „Diese suchen selbst ihre künftige Fachkraft unter geeigneten Bewerbern und Bewerberinnen aus. Gemeinsam legen wir maßgeschneidert die konkreten Inhalte der Schulung fest. So treten wir auch dem Fachkräfteengpass in vielen Branchen entgegen.“ Bis zu zwei Drittel der Ausbildungsdauer findet praxisnah im eigenen Betrieb statt: So werden die Teilnehmenden gut auf das spätere Dienstverhältnis vorbereitet, die Übernahmequoten liegen bei mehr als 70 Prozent. „Die Programme werden aus Unter-

nehmensbeiträgen sowie aus Mitteln des AMS und des Landes finanziert, für die Betriebe entstehen während der gesamten Ausbildungsphase keine Lohn- und Lohnnebenkosten“, erklärt Snobe. Die teilnehmenden Personen erhalten während der Ausbildung in der Regel Schulungsarbeitslosengeld plus ein monatliches Stipendium bzw. einen Bildungsbonus. Zusätzlich sind sie laut AlVG kranken-, unfall- und pensionsversichert. „Bei Interesse an einer Kooperation mit dem AMS können sich Betriebe gerne bei unseren Beraterinnen und Beratern im Service für Unternehmen melden“, so Snobe abschließend. Mehr Informationen: gemeinsamausbilden.ams.at

S

aubermacher fokussiert sich schon seit einigen Jahren auf Waste Intelligence. Das Unternehmen sieht in der Digitalisierung große Potenziale für höheren Kundennutzen, mehr Effizienz und besseren Umweltschutz. ANDI im Einsatz Das Herzstück der schlauen Mülltonnen ist ein Hightech-Sensor, der Füllstand, Temperaturanstieg und Bewegungsmuster misst. Der Sensor „ANDI“ – automatisch, nachhaltig, digital und innovativ – ist an der Deckel-Innenseite der Tonne montiert und ermittelt auf Basis von Ultraschall und innovativen Verfahren den Füllstand. Aufgrund des Befüllungsgrades der Tonne wird die Abholung automatisch veranlasst. Smarte Aktenvernichtung Sensor ANDI ist bereits für Gewerbemüllbehälter und Glascontainer im Einsatz, wird aber auch im Bereich der Aktenvernichtung verwendet. Ob Schriftstücke, Speicher-

karten, Festplatten oder andere (digitale) Speichermedien – Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen müssen für vertrauliche Daten und personenbezogene Informationen gesetzliche Regelungen beachten. Das betrifft auch die Entsorgung. Saubermacher vernichtet als erfahrener Experte sämtliche Unterlagen und Datenträger gesetzeskonform, endgültig und belegt dies auch mit Vernichtungszertifikaten. Werkstättenabfälle digital gesteuert Bei Werkstättenabfällen wird der Sensor vor allem für ölverunreinigte Betriebsmittel eingesetzt. Die Zeitspanne, bis ein Behälter voll und zur Abholung bereit ist, schwankt sehr stark. Hier spart eine bedarfsgerechte, automatisierte Entleerung Kosten und Ressourcen. Der Sensor erkennt außerdem Temperaturanstiege und bietet für leicht entzündliche Werkstättenabfälle zusätzliche Sicherheit.

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Kurz & News

Alte E-Autobatterien sinnvoll nutzen

Mit Vorliegen der behördlichen Genehmigung ist der Kauf der Nürnberger Versicherung Österreich durch die Grazer Merkur Versicherung AG erfolgreich zum Abschluss gekommen. Der Standort in Salzburg bleibt samt Mitarbeitern erhalten und wird zum Lebensversicherungs-Hub innerhalb der Merkur Gruppe entwickelt. Die Garanta Versicherungs-AG Österreich wird enger Kooperationspartner. „Das ist ein historischer Moment in unserer Unternehmensgeschichte. Mit diesem Meilenstein verbinden sich nicht nur Erfahrung und Expertise, sondern vor allem Gemeinsamkeiten und Stärken, die zusammen viel bewirken: und zwar einen spürbaren Mehrwert für unsere Kunden und Partner“, erklärt Ingo Hofmann, CEO der Merkur Versicherung.

58 /// FAZIT MAI 2022

Bau- und Raumordnung in Begutachtung Mit den geplanten Bau- und Raumordnungsnovellen legen SPÖ und ÖVP den Gemeinden weitere Instrumente zur Verbesserung der Lebensqualität der Steirerinnen und Steirer in die Hand. Im Fokus stehen der Schutz von Boden, Umwelt und Klima, leistbares Wohnen sowie der Erhalt der heimischen Landwirtschaft. „Die Bau- und Raumordnung ist eine höchst komplexe Materie, die in ihrer Wirksamkeit eine Vielzahl an unterschiedlichen Akteuren trifft. Um allen Anforderungen an das Gesetz gerecht zu werden, schicken wir den Entwurf in die öffentliche Begutachtung.“, so die beiden Chefverhandler Wolfgang Dolesch (SPÖ) und Erwin Dirnberger (ÖVP). Das Begutachtungsverfahren wurde am 5. April im zuständigen Ausschuss von SPÖ und ÖVP beschlossen.

Erfreuliches Ostergeschäft für den Handel

LH-Stv. Lang im Austausch mit SPÖOrtsparteien Zum zweiten Mal fand am 4. April die Frühjahrstagung der SPÖ Steiermark im Rahmen einer Online-Veranstaltung statt, zu der alle SPÖ Orts- und Stadtparteivorsitzenden, Bürgermeister und Ortsfrauenvorsitzenden eingeladen waren. Nach einleitenden Berichten von Landes-GF Günter Pirker nutzten die rund 100 Teilnehmer die Gelegenheit für den persönlichen Austausch mit Landesparteivorsitzendem LHStv. Anton Lang zu aktuellen Themen und Herausforderungen auf kommunaler Ebene. Die vorherrschenden Themen dabei waren der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die Folgen daraus sowie die derzeitige Teuerungswelle, die von allen geschlossen als größte politische Herausforderung gesehen wird.

Der Umsatz, den der heimische Einzelhandel diese Ostern durch den Verkauf von Süßigkeiten, Eiern, Sport- und Spielsachen, kulinarischen Köstlichkeiten und Blumen macht, lässt sich sehen: „Heuer werden es 35 Millionen Euro sein. Auch wenn aufgrund der Pandemie und wegen der massiv gestiegenen Energiepreise viele beim Einkaufen sparen, so ist Ostern doch eine Ausnahme. Dieses Fest ist den Steirerinnen und Steirern eine Herzensangelegenheit. Gerade in so schwierigen Zeiten freut man sich über gemeinsame Feste“, so Wohlmuth. Und auch die Händler freut es, werden doch 93 Prozent der Osterfreuden im stationären Einzelhandel besorgt. Im Schnitt geben die Steirerinnen und Steirer rund 50 Euro für Ostergeschenke aus.

Fotos: Saubermacher, Marija Kanizaj, Foto Fischer, SPÖ Steiermark

Merkur Innovation schließt Übernahme ab

Ein Konsortium bestehend aus AVL List, AVL DiTest, Energie Steiermark, Grazer Energieagentur, Saubermacher sowie der Smart Power errichtete erstmals großtechnischen Stromspeicher vollständig aus alten E-Autobatterien. Wenn Batterien von E-Fahrzeugen nur mehr 80% ihrer Leistung erbringen, werden sie entsorgt, da sie für Mobilitätsanwendungen nicht mehr geeignet sind. „Bereits jetzt muss man sich über die Verwendung der alten Batterien aus der E-Mobilität Gedanken machen. Mit dem Projekt „SecondLife - Batteries4Storage“ schaffen wir eine zusätzliche stationäre Nutzung, die die Lebenszeit und die Wertschöpfungskette der Batteriesysteme verlängert“, führt Robert Schmied, GF der Grazer Energieagentur, aus.


Foto: Raiffeisen Immobilien / Christa Strobl

Kurz im Gespräch mit Nikolaus Lallitsch,

GF Raiffeisen Immobilien Steiermark

(v.l.n.r.) Die Vorstandsmitglieder Georg Bucher, Oliver Kröpfl und Walburga Seidl sowie der Vorstandsvorsitzende der Steiermärkischen Sparkasse Gerhard Fabisch

Erfreuliches Ergebnis 2021 für die Steiermärkische Die Steiermärkische Sparkasse erreichte für das Gesamtjahr 2021 ein sehr gutes Gesamtergebnis.

Foto: Steiermärkische Sparkasse / Werner Krug

D

as Periodenergebnis nach Steuern betrug 308 Mio. Euro und stieg im Vergleich zum Vorjahr um 284 %. Vier Faktoren waren dafür laut Vorstandsvorsitzendem Gerhard Fabisch maßgeblich: die sehr positive Entwicklung im operativen Geschäft; die stark gesunkenen Risikokosten; Aufwertungsgewinne bei Beteiligungen sowie die über Plan liegenden Ergebnisbeiträge der Tochterbanken. Die Bilanzsumme des Konzerns ist auf 19,6 Mrd. Euro gestiegen, wovon die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG als Konzernmutter mit 17,3 Mrd. Euro den Löwenanteil stellt. Die Kernkapitalquote im Konzern konnte 2021 weiter auf 21,8 % und die Eigenmittelquote auf 22,9 % gesteigert werden. Alle drei Geschäftsfelder, Privatkunden-, Kommerzkundengeschäft und Internationales Geschäft, erzielten überaus zufriedenstellende Ergebnisse. Die Steiermärkische Sparkasse war in der

Pandemie als starke Partnerin der steirischen Wirtschaft zur Bewältigung der großen Herausforderungen gut gerüstet. Das führte zu einem Rekord-Neuvolumen bei Investitionskrediten und Darlehen von über 1.650 Mio. Euro und zu einem Ausleihungswachstum im Kommerzkundengeschäft von 8,7 %. Die Liquiditätsengpässe, die durch die Lockdowns im Jahr 2021 entstanden sind, wurden überwiegend direkt von der öffentlichen Hand über Zuschüsse und weitere Stundungen finanziert. Die befürchtete Insolvenzwelle der stark betroffenen Kleinst- und Kleinunternehmen blieb aus. In der Industrie und im Gewerbe war der wirtschaftliche Aufschwung besonders deutlich zu spüren. Die Folge war ein Anstieg bei Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen. Weiterhin überdurchschnittlich entwickelte sich, auch wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus, das Immobiliengeschäft.

Ein Ende des Anstiegs bei den Immobilienpreisen in Graz und Umgebung ist nicht abzusehen, welchen Trend sehen Sie für die kommenden Jahre? Immobilien gelten noch immer als verlässliche Krisenwährung. Sie bieten laufende Erlöse, sichere Renditen und langfristige Wertsteigerungen. Deshalb setzen viele Menschen auf diese Veranlagungsform. Mit 25.500 Kauffällen im Gegenwert von EUR 4,6 Milliarden gab es im abgelaufenen Jahr einen neuen Rekord in der Steiermark. Auch wenn der Hype etwas abflauen wird: Immobilien bleiben hoch im Kurs.

Haben die für viele Kaufinteressenten immer weniger erschwinglichen Preise dazu geführt, dass mehr Wohnraum gemietet wird? Die Leistbarkeit ist tatsächlich für viele zu einem ernsten Thema geworden. Da sind vielfältige Kompromisse notwendig: Manche weichen in periphere Lagen aus, manche an weniger gesuchte Adressen; die einen entscheiden sich für Gebrauchtwohnungen statt Neubau, die anderen verzichten auf Quadratmeter und wieder andere mieten anstatt zu kaufen. Die Rohstoffpreise und die Baumaterialkosten steigen ebenfalls, wirkt sich das hemmend auf den privaten Hausbau aus? Die Engpässe bei Material und Arbeitskräften machen es den Bauunternehmen schwer, zu kalkulieren und verlässliche Preise oder Termine anzubieten. Das trifft den privaten Hausbau genauso wie den großvolumigen Wohnbau. Die Situation ist derzeit in jeder Hinsicht herausfordernd ...

FAZIT MAI 2022 /// 59


Der Baustoff für die Zukunft Von Josef Schiffer

Die Steiermark, vom Tourismus-Marketing auch liebevoll das Grüne Herz Österreichs genannt, gilt als das Waldland Österreichs schlechthin. Was auch sehr stimmig ist, denn immerhin sind 61 Prozent der steirischen Landesfläche bewaldet. Und wo der stolze Stamm so zahlreich wächst, ist es auch nicht weit zum natürlichen, nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoff Holz.

60 /// FAZIT MAI 2022


Holz

F

ür die vielfältigsten Zwecke nutzbar wie kein anderer Werkstoff, ist Holz das ursprünglichste aller Baumaterialien für Gebäude aller Art, dient von alters her zur Herstellung von Möbeln und Gegenständen des täglichen Gebrauchs und lässt sich selbst am Ende seiner Nutzungszeit angelangt noch als nachhaltiger Brennstoff verwerten.

Der natürliche Kreislauf Die heimischen Wälder tragen als CO2-Speicher nicht nur entscheidend zum Klimaschutz bei, sondern sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, betont Seitinger. „Rund 55.000 Steirerinnen und Steirer arbeiten entlang der Wertschöpfungskette Holz. Das macht den Wald zu einem wichtigen Arbeitgeber.“ Die Annahme, dass naturbelassene und nicht für die Holzgewinnung genutzte Wälder am besten für die Umwelt sind, ist schlicht falsch. Ein Wald, der nicht forstwirtschaftlich gepflegt wird, ist langfristig nur CO2neutral. Verrottendes Totholz zerfällt unter Entstehung von CO2, ohne der Energieerzeugung zu dienen oder als Baumaterial verwendet zu werden. „Durch die Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz kann die Bauwirtschaft CO2-Emissionen über Jahrzehnte hinweg binden und die Atmosphäre durch das Ersetzen klimaschädlicher Rohstoffe wie etwa Beton sogar entlasten helfen“, betont Stefan Zwettler, Leiter der Abteilung Forst und Energie in der Landwirtschaftskammer Steiermark.

Bessere Klimabilanz durch Holzgebäude Eine ernste Gefahr, die Wälder durch Übernutzung zu beeinträchtigen, besteht in Österreich nicht, so Zwettler, „denn eine im

Foto: Adobe Stock

Gesunde Wälder im Klimawandel Die Grundlage für den Wirtschaftsfaktor Holz sind gesunde, mit Sorgfalt gehegte und nachhaltig genutzte Wälder. Angesichts der weiterhin zu erwartenden klimatischen Veränderungen rückt die stabilisierende Funktion von bewaldeten Flächen zunehmend in den Fokus, spielen sie doch eine wichtige Rolle im Ökosystem. Andererseits reagieren sie empfindlich auf klimatische Folgeerscheinungen wie längere Trockenperioden, Witterungsextreme und erhöhten Schädlingsbefall. Diese Aufgabe zum Schutz gesunder Wälder hat auch die heimische Politik erkannt, erklärt der steirische Agrarlandesrat Hans Seitinger: „Die Auswirkungen des Klimawandels stellen eine ernste Bedrohung für sie dar. Wenn wir unsere Wälder gesund erhalten wollen, müssen wir sie klimafit machen. Das geht nur mit einer aktiven und an den Klimawandel angepassten Bewirtschaftung.“ Um die heimischen Wälder langfristig abzusichern, hat das Land Steiermark die international einzigartige „Dynamische Waldtypisierung" durchgeführt. Seit 2018 arbeiten zwölf wissenschaftliche Institutionen und Unternehmen gemeinsam mit über 100 Forschern an der Erhebung und Aufbereitung ökologischer Datensätze der steirischen Wälder. Diese werden genutzt, um langfristige Strategien zur Förderung der Re-

silienz und Anpassungsfähigkeit der Waldbestände zu entwickeln. Auf dieser Basis können wir die Produktionsbedingungen der Forstwirtschaft verbessern und die Existenzsicherung der Waldbesitzer in Zukunft gewährleisten", führt Landesforstdirektor Michael Luidold aus.

FAZIT MAI 2022 /// 61


Holz

Vergleich kleinstrukturierte Familienforstwirtschaft und strenge Bestimmungen verhindern rücksichtslose Rodungswirtschaft“. Der natürliche Zuwachs dagegen ist beträchtlich: In Österreich wächst jede Sekunde ein Kubikmeter Holz, alle 40 Sekunden die benötigte Menge für ein durchschnittliches Einfamilienhaus. 30 Millionen Kubikmeter Holz wachsen jährlich in den heimischen Wäldern nach, aber nur rund 26 Millionen Kubikmeter werden tatsächlich geerntet. Ein Drittel des jährlich nachwachsenden Holzes würde bereits genügen, um alle Gebäude, die jährlich in Österreich errichtet werden, in Holz zu bauen. In der Zeit, in der Holz verbaut in Häusern genützt wird, wächst es im Wald wieder nach. Jeder verbaute Kubikmeter Holz speichert eine Tonne CO2. Angesichts der Tatsache, dass der Gebäudesektor nach wie vor zu den größten Treibhausgas-Emittenten zählt, hat sich die Politik der Förderung von Strategien zum vermehrten Einsatz von Holz in Gebäuden verschrieben. „Im steirischen Wohnbau konnten wir so innerhalb von 15 Jahren die Holzbauquote von fünf Prozent auf rund 30 Prozent steigern", so Landesrat Seitinger. Hochhäuser in Holzbauweise Dieser Trend, Holz als primäres Baumaterial zu nutzen, gilt inzwischen auch für den mehrgeschossigen Wohnbau, eine Entwicklung, die man vor wenigen Jahrzehnten noch als reine Utopie abgetan hätte. Ein auch ästhetisch höchst gelungenes Beispiel dafür stellt das 2018 fertiggestellte Wohnprojekt in der MaxMell-Allee am Grazer Rosenhain dar: Das vierstöckige Wohngebäude verbindet alle Vorzüge von Holz baulich in einzigartiger Weise. Der geförderte Sozialwohnbau mit Schwerpunkt auf qualitativem und zugleich leistbarem Wohnen ist auf einem dreieckförmigen Grundstück nahe dem Universitätsviertel entstanden und setzt in seiner äußeren Erscheinung markante Akzente, die sich harmonisch in die Landschaft fügen. Die ausgeklügelte Schottenbauweise und ein ökonomisch effizientes Tragsystem spielen in der Holzmassivbauweise zusammen und der großzügige Einsatz von Brettsperrholz in den Innenräumen sorgt für eine angenehme Wohnatmosphäre. Da in dieser Bauweise ein hoher Vorfertigungsgrad möglich ist, braucht man den Angaben der beteiligten Unternehmen zufolge bei Holzbauten oft nur ein

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Viertel der Bauzeit im Vergleich zu konventionellen Projekten. Das Interesse anderer österreichischen Bundesländer sowie über die Grenzen des Landes hinaus zeigt, dass die Steiermark hier nicht nur auf dem richtigen Weg, sondern ein echter Trendsetter auf diesem Gebiet ist. Damit das auch in Zukunft so bleibt, leistet die TU Graz mit dem Institut für Holzbau und Holztechnologie unter der Leitung von Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer Pionierarbeit in der Forschung und Entwicklung neuartiger Holzlösungen. Mit der Entwicklung des Brettsperrholzes wurde ein für das Bauwesen unverzichtbares und zukunftsweisendes Produkt auf den Markt gebracht. Das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Brettsperrholzplatten sind schmale Bretter aus den Randzonen des Baumstammes. Diese gelten wegen ihrer geringeren Eignung für andere Zwecke als weniger wertvolles Holz, weisen jedoch die besten Eigenschaften bezüglich Steifigkeit und Festigkeit auf. Steirischer Holzbaupreis 2021 Ein ausgezeichneter Indikator für die Vielfalt und die innovativen Ansätze im heimischen Holzmassivbau ist der Steirische Holzbaupreis, der seit vielen Jahren in zweijährigem Rhythmus in mehreren Disziplinen verliehen wird. Im Jahr 2021 wurden insgesamt an die 180 Einreichungen in den Kategorien Wohnbauten privat, Wohnbauten mehrgeschossig, Öffentliche und gewerbliche Bauten, Landwirtschaftliche Bauten und Besser mit Holz verzeichnet und in der Broschüre „Die schönsten Holzbauten der Steiermark“ für die breite Öffentlichkeit aufbereitet. Unter den im November 2021 prämierten Objekten finden sich die handwerklich anspruchsvollsten und herausragendsten Leistungen in der Verwendung von Holz im Bau von Wohngebäuden oder anderen Nutzbauten. Josef König, Obmann von „Besser mit Holz“ ist mit der Entwicklung überaus zufrieden: „Seit über 20 Jahren verleihen wir den Holzbaupreis. Jedes Mal freuen wir uns über die Qualität und die immer höher werdende Zahl an Einreichungen. Das zeigt uns: Der Holzbau in der Steiermark ist in der Breite angekommen. Der klimaneutrale Baustoff Holz wird geschätzt und gesucht. Wir Holzbaumeister haben, trotz des in vielerlei Hinsicht heraus-


fordernden Jahres, wieder wertvolle Projekte und schöne Bauten umgesetzt.“ „Es könnte natürlich immer mehr Holzbau sein“, fügt Oskar Beer, zuständiger steirischer Landesinnungsmeister, hinzu. Er hat die Vision eines Grazer Stadtteils – nur aus Holz bestehend: Das Waldland Steiermark mit einer Holz-Landeshauptstadt. „Der Holzbau ist längst nicht mehr rustikal-ländlich – der Baustoff Holz zählt zum Werkzeug der architektonischen Avant-

Fotocredit: frischblut/Bergmann

Fotos: Wohnbaugruppe / @pierer.net, Werner Krug / Land Stmk

Das viergeschossige Wohngebäude der Max-Mell-Allee am Grazer Rosenhain vereint alle Vorzüge des Massivholzbaus.

garde in der Stadt. Hochhäuser in London, spektakuläre Projekte in Asien und nicht zuletzt die Bauten bei der Expo in Mailand beweisen, dass die Zukunft mit Holz gebaut wird.“

Innovative Holzwege in der Architektur Nicht nur in der Holzbau-Technologie gibt es kräftige Impulse für die wachsende Beliebtheit von Holz als Baustoff. Im Jahr 2017

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Gut beraten für den . z t u h c s a m Kli »Holz aus unseren steirischen Wäldern ist ohne Zweifel der Baustoff der Zukunft.« Landesrat Hans Seitinger wurde die erste österreichische Professur für Architektur und Holzbau an der Fakultät für Architektur der TU Graz eingerichtet. Die Initiative und finanzielle Unterstützung erfolgten durch die österreichische Holzwirtschaft gemeinsam mit Pro Holz, der Wirtschaftskammer und dem Land Steiermark. Die Holzbau-Professur ist mit dem Berliner Tom Kaden besetzt, der ihre Aufgabe in der Ergänzung zur international beachteten Holzbauforschung an der Fakultät für Bauingenieurwissenschaften versteht. Nach drei Jahren konnte die befristete Professur in eine unbefristete überführt werden. Für Tom Kaden, der auf jahrelange Erfahrungen im mehrgeschossigen Holzbau verweisen kann, ist Holz der Baustoff der Zukunft: „Meine Lehr- und Forschungstätigkeit an der TU Graz trägt dazu bei, den klima- und umweltfreundlichen Baustoff Holz schon bei der Planung zu berücksichtigen und den angehenden Architekten diesen zukunftsfähigen und gesunden Baustoff näherzubringen. Der Holzbau muss verstärkt als zukunftsgemäßer Standard etabliert werden.“ Das dafür notwendige Know-how und Grundwissen dafür soll bereits im Bachelor-Studium vermittelt und in Kursen praktisch vertieft werden. Landesrat Seitinger hebt die große Bedeutung der universitären Etablierung von Holzbautechnik für den Wandel in der Einstellung zum Holz als Baumaterial hervor: „Es geht darum, den Wertstoff Holz für den Bau auch im Bereich der Architektur mit wissenschaftlicher Begleitung noch stärker zu positionieren. Damit bereiten wir der wertvollen Ressource Holz den Weg, um unser Ziel zu erreichen, dass das 21. Jahrhundert die Epoche des Holzbaus wird.“

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»Die Steirischen Tischler zeigen regelmäßig, dass sie zur Weltspitze gehören.«

Möbel von den Besten der Welt Österreichs bester Tischler kommt aus der Steiermark. Wolfgang Ramminger von der Tischlerei Hasenburger aus St. Margarethen /R. rockte die AustrianSkills 2022 in Salzburg. Im Herbst fliegt er zur Berufsweltmeisterschaft nach Shanghai.

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Anzeige Fotos: Bernhard Bergmann, Foto Furgler

hristian Zach, Landesinnungsmeister der steirischen Tischler und Holzgestalter, betont: „Es gibt wenige andere Berufe, in denen die exzellente duale Ausbildung dafür sorgt, dass der Weg vom Lehrling zum Weltmeister ein durchaus realistischer ist. Erst vor zwei Jahren haben wir den zigfachen Staatsmeister Julian Fink zur WM nach Russland begleitet und er ist als drittbester Tischler der Welt heimgeflogen. Mit Wolfgang Ramminger haben wir den amtierenden Staatsmeister und Weltmeisteranwärter.“

Lehre mit Zukunftspotenzial Die Tischlerlehre zählt damit zu den TopHandwerksausbildungen der Welt. Den Beruf Tischler für sich selbst als genau das Richtige zu sehen und jeden Tag mit neuer Freude in die Werkstatt zu gehen, sieht Ramminger als sein Erfolgsrezept. Die Tischlerlehre bedeutet bei entsprechendem Engagement im wahrsten Sinne des Wortes die Bretter, die die Welt bedeuten. Als Partner dient die LBS Fürstenfeld, die bei den Turnuslehrlings-

Wettbewerben regelmäßig mit viel versprechenden Ergebnissen aufwartet. Aber entscheidend ist für LIM Christian Zach: „Mit Sinn für Ästhetik, Gefühl fürs Material, unterstützt von einem modernen Maschinenpark, atemberaubend schöne Wohnlösungen zu schaffen, den angenehmsten und wohl nachhaltigsten Werkstoff Holz in einem Möbel zur Vollendung zu begleiten, das macht den Beruf des Tischlers für mich zum schönsten der Welt.“ Für jedes Budget die passende Lösung Was bedeutet das für die Kunden der Tischler dieses Landes? Ganz einfach: Sie dürfen Handwerkskunst auf höchstem Niveau erwarten. Und: Das Tischlerhandwerk ist ein Wunschkonzert. Alles ist möglich, alles plan- und gestaltbar. Von der schlichten Einrichtung mit Individualitätsanspruch bis zur noblen Adresse mit jeder Menge Sonderwünschen − das Spektrum des Tischlers deckt jeden Kundenwunsch ab. Dabei liegt die Küche den steirischen Tisch-

lern besonders am Herzen, denn die mit Leidenschaft gebaute „Steirische Tischler Küche“ ist wohl die beste Zutat für eine lebenslang glückliche Beziehung.

Top-Arbeitgeber der Steiermark Zum Abschluss darf eines nicht unerwähnt bleiben: Die Steirischen Tischler schaffen und halten gemeinsam 5.000 steirische Arbeitsplätze, 400 Lehrstellen und bewirtschaften sage und schreibe eine Million Quadratmeter Produktionsfläche. Damit nicht genug, sind sie die wohl nachhaltigsten Lebensraumgestalter des Landes. Wie das? Ganz einfach: In der industriellen Massenfertigung kommen kostenschonende, aber umweltintensive Produktionsprozesse zum Einsatz. Die Fertigung beim Tischler ist in fast allen Bereichen ökologisch besser und der große Vorteil der Regionalität wird erkennbar. Die Entscheidung für den „Steirischen Tischler“ ist zudem eine langfristige, denn echte Tischlermöbel haben das Potenzial, die Antiquitäten von morgen zu werden.

„Die duale exzellente Ausbildung macht Erfolge bis hin zum Weltmeister möglich.“ Christian Zach, LIM FAZIT MAI 2022 /// 65


Großes Silbernes Ehrenzeichen für Josef Herk

Am 31. März veranstaltet das GründerCenter der Steiermärkischen Sparkasse unter dem Motto „4x4 Ansätze für nachhaltige Geschäftsideen“ ein Event für die steirische Gründerszene. Vor zahlreichen Gründern eröffnete Ernst Rath, Leiter Geschäftsfeld Kommerz die Veranstaltung. Gernot Hutter, GF von N17 referierte zum Thema Nachhaltigkeit und stellte die wichtigsten Facetten von nachhaltigen Trends über Impulse für Produktion, Handel, Dienstleistungen bis hin zum Umgang mit Nachhaltigkeit im Marketing in den Vordergrund. Nach einer spannenden Diskussion und Fragen aus dem Publikum gab es im Anschluss noch die Möglichkeit, mit Gründer und dem Vortragenden ins Gespräch zu kommen, um sich über das Thema der Zukunft auszutauschen.

Für ihren Einsatz bei den EuroSkills 2021 verlieh Ministerin Margarete Schramböck dem Initiator Josef Herk das Große Silberne Ehrenzeichen und Karl-Heinz Dernoscheg das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. WKO Steiermark Präsident Herk: „Wir haben immer an unserem Traum von Berufseuropameisterschaften in der Steiermark festgehalten. Umso mehr freut es mich, dass die vielen Mühen nach schlussendlich belohnt wurden. Es war eine Europameisterschaft der Herzen, die mit mehr als 30.000 Besuchern alle Erwartungen übertroffen hat. Und das mit nachhaltigem Erfolg, denn die Impulse dieser EuroSkills werden für das Image der beruflichen Ausbildung langfristig spürbar sein.“

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Fokus auf nachhaltige Geschäftsideen

Fotos: Margit Kundigraber, Holey / BMDW

Kurz & News

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Kurz & News

Neuwahl beim Steirischen Bauernbund

Erfolgreiches erstes Jahr für Digitalisierungsoffensive

Der steirische Landesrat Hans Seitinger wurde beim Landesbauernrat des Steirischen Bauernbundes mit großer Mehrheit in seiner Funktion als Bauernbund-Landesobmann bestätigt. Mit dieser klaren Bestätigung war auch Seitingers Aufruf zur Geschlossenheit in der Standesvertretung der Bauernschaft gehört worden. Zu tun gibt es viel für den wieder gewählten Bauernbund-Landesobmann. Er stellte in seiner Rede die Themen „Bildung und Wissen“ sowie „Markt“ an die Spitze. Wörtlich sagte er: „Das größte Risiko tragen und die kleinste Wertschöpfung haben – das geht nicht. Wir müssen für unsere Bauern und Bäuerinnen um gerechte Preise kämpfen. Wenn wir das nicht selbst machen, tut es niemand anderer für uns!“

Seit April 2021 bietet das „Digital Innovation Hub (DIH) SÜD“ Qualifizierungen für KMU in den Bereichen Produktionstechnologien, Sicherheit, Data Science, Logistik usw an. Dank der Unterstützung der Länder Steiermark und Kärnten sowie der FFG können KMU das gesamte Angebot kostenlos nutzen. Dabei wird auf das Knowhow und die Laborinfrastruktur des größten Digitalisierungsnetzwerks im Süden Österreichs zurückgegriffen. Im ersten Jahr des DIH SÜD fanden über 50 Veranstaltungen statt, mehr als 1.100 Teilnehmer nutzten das vielfältige Angebot, um damit Know-how in ihre Unternehmen zu bringen. „Die Bilanz des ersten Jahres kann sich sehen lassen und zeigt, dass wir mit dem Hub ein wichtiges Instrument geschaffen haben”, so LRin Barbara Eibinger-Miedl.

Aufstehen für ein leistbares Leben. Am 1. Mai Alle Infos zu allen Veranstaltungen in der Steiermark unter stmk.spoe.at/1mai


Hannes Schreiner, GF der Technopark Raaba Holding GmbH: „Energieeffizienz und Nachhaltigkeit werden immer wichtiger, auch bei Büroimmobilien.“

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„Die Immobilienlandschaft ist in ständiger Bewegung. Nicht nur die COVID-Pandemie hat vieles verändert. Wir müssen die hergebrachten Vorstellungen von Raumdesign und Arbeitsumgebungen über Bord werfen, um besseres Arbeiten zu ermöglichen. Eine Rückkehr zum ‚08/15-nine-to-five-Büro‘ wird es nicht geben“, betont Hannes Schreiner, GF der Technopark Raaba Holding GmbH

K

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Energieunabhängigkeit steigern »Unser Ziel ist es, bis Mitte dieses Jahres 78 Prozent unserer Dächer mit Paneelen auszustatten, das entspricht der Gesamtfläche von acht Fußballfeldern«, erklärt Schreiner, „durchschnittlich benötigen wir bei einem herkömmlichen Gebäude 500-600 kW Leistung (inkl. E-Ladestationen), davon können wir bei Sonnenschein mittels eigener Stromproduktion ein Sechstel selbst erzeugen. Die Lebenszykluskosten von Gebäuden bestehen zu mehr als 50 % aus dem Stromverbrauch, daher müssen wir zukünftig mehr Maßnahmen setzen, um diesen zu reduzieren. Grundsätzlich gelten Bauten dann als nachhaltig, wenn sie dauerhaft vermietet und genutzt werden – anstatt beispielsweise bloß in den ersten 15 Jahren gut ausgelastet zu sein und danach als leere Gebäudekomplexe in der Landschaft zu stehen.“

68 /// FAZIT MAI 2022

Foto: www.gimpel.at

osteneffizienz und Optimierung waren die Stichwörter der letzten Jahrzehnte. Individuellen Ansprüchen mit individuellen, modernen Raumkonzepten, dazu einer umfangreichen Infrastruktur für alle alltäglichen Bedürfnisse und eine bestmögliche Verkehrsanbindung wird der Technopark Raaba bei Graz gerecht. Mittlerweile ist das Thema Energieeffizienz hinzugekommen. »In diesem Bereich sind wir am Technopark Raaba stetig am Weiterentwickeln, wie wir unsere Gebäude für morgen nachhaltiger und mit weniger Energie betreiben können. Neben Geothermie oder Wärmerückgewinnung rollen wir derzeit vollflächig die restlichen Gebäude mit Photovoltaik Anlagen aus«, so Schreiner.


Immobilien

Erfolgreiche Premiere für Immo-Messe Lebensraum Am 1. und 2. April drehte sich im Messe Congress Graz alles um „Immobilien neu erleben«. Knapp 2.000 Besucher tummelten sich in der Immobiliengalerie, im Bereich „Wohnen neu Denken“ und holten sich in der Themenwelt „Gesagt. Getan.“ die perfekte Beratung.

Foto: MCG/ Kurt Remling

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as neue Gestaltungskonzept mit Lichtkästen gefiel sowohl Ausstellern als auch Besuchern. Das von Oliver Zeisberger moderierte Rahmenprogramm fand großen Anklang. Von smartem Bauen, 3D-Betondruck, jungem Wohnen, zahlreichen Immobilienangeboten und virtuellen Rundgängen durch Gebäuden, über Finanzierung und Rechtsberatung, bis hin zu Nachhaltigkeit und Klimawandel – hier wurden fast alle Fragen zum Thema Immobilien beantwortet. Besonders war auch die Art, wie die Besucher die Immobilien(projekte) erleben konnten – nicht nur anhand von Screens und Modellen, sondern auch durch 3D- und VR-Brillen. Drei große Bereiche waren Teil des neuen Konzepts: Die Immobiliengalerie als eine Art Vernissage aus Bildern, Ani-

Fachkundige Beratung gab es zu allen Themen rund um Immobilien. mationen, Filmen und Modellen. An den Infobars konnte ein Austausch zwischen Projektentwicklern und Besuchern stattfinden. Alles rund um Innovation, Technologie und Nachhaltigkeit fand sich im Bereich „Wohnen neu denken“. Für den letzten Wissensdurst gab es die Themenwelt „Gesagt. Getan.“ – hier konnten sich Besucher in Beratungs-Lounges an Experten wenden.

Gelungene Premiere Die Messeleiterin Alexandra Schäfer freut sich gemeinsam mit MCG-CEO Armin Egger über die gelungene Premiere: „Wir danken allen Ausstellern und Besuchern, denn wir haben nach drei Jahren der Abstinenz wieder ein kräftiges Lebenszeichen gesetzt und für den Besucher ein spannendes und innovatives Messeerlebnis geschaffen. Danke an die vielen Experten für die Einblicke und Hintergrundinformationen, damit die Kaufentscheidung und die Orientierung am Markt einfacher möglich ist.“

Andreas Goldberger

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Kurz & News

BKS Bank startet erfolgreich ins Jubiläumsjahr Im Jahr 2021 konnte die BKS Bank wichtige finanzielle Schwellenwerte wie die 10-Milliarden-Euro-Marke bei der Bilanzsumme und 8 Mrd. Euro beim Einlagenvolumen überschreiten. Der Jahresüberschuss von 80,8 Mio. Euro übertraf das Vorjahresergebnis um 8,0 %. Durch den Krieg in der Ukraine ist der Blick in das Jubiläumsjahr aber nur verhalten optimistisch. „Im Februar 1922 öffnete die Kärntner Kredit- und Wechselbank Ehrfeld & Co ihre Pforten und legte den Grundstein für die heutige BKS Bank. Wir sind im Jänner mit großem Optimismus in unser Jubiläumsjahr gestartet. Aber die geopolitische Lage mit dem Krieg in der Ukraine hat unsere Freude deutlich eingetrübt“, erzählt Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank.

Der „Club AAB“ diskutierte Anfang April über die Herausforderungen durch die andauernde Pandemie, den Ukraine-Konflikt und die Energiekrise sowie die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im Industrieland Steiermark. Gastreferenten der Tagung der Denkwerkstatt des Steirischen ÖAAB waren Werner Amon, ÖVP-Klubobmann August Wöginger, BM Martin Kocher und IV-Präs. Georg Knill. Letzterer gab einen Einblick in die aktuelle Situation der österreichischen Industrie und stellte klar, dass die Kritik an der Energieabhängigkeit zu kurz gegriffen ist. Über 60 Jahre haben kostengünstige und verlässliche Energie und vor allem das Gas aus Russland für den wirtschaftlichen Aufstieg gesorgt. Trotz aller Schwierigkeiten hielt Knill fest, dass niemals der Optimismus und der Mut zur Bewältigung von Krisen verloren gehen darf. 70 /// FAZIT MAI 2022

Fotos: Gerhard Piuk, Gernot Gleiss,

Optimismus am Rande aller Krisen


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In der südsteirischen Gemeinde Gabersdorf erfolgte am 8. April der Spatenstich für die Errichtung der ersten außerbetrieblichen Produktionsanlage für „grünen“ Wasserstoff in Österreich. Das Modell-Projekt mit einem Invest-Volumen von 10,5 Mio. kombiniert eine Biogasanlage mit einer neuen 6.000 m2 PhotovoltaikGroßanlage. Jährlich werden somit bis zu 5.200 Tonnen CO2 eingespart. „Angesichts der aktuellen, dramatischen Energie-Krise ist ein solches Projekt ein wichtiger Beitrag, um die Abhängigkeit von Erdgas-Importen zu reduzieren. Wir wollen gleichzeitig unsere Innovations- und Nachhaltigkeits-Partnerschaft mit der Industrie ausbauen“, so das Vorstandsduo der Energie Steiermark, Christian Purrer und Martin Graf. VERKAUF • BEWERTUNG VERMIETUNG • BERATUNG IMMOBILIENSUCHE

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Fazitportrait Von Volker Schögler mit Fotos von Heimo Binder

Philosoph unter den Bäckern 72 /// FAZIT MAI 2022



Fazitportrait

Nach vierjähriger Planungs- und Bauzeit hat der Bäckereigroßfilialist Martin Auer vorigen Sommer eine neue Zentrale auf die grüne Wiese gestellt. Warum das »Atelier« unbedingt innerhalb der Stadtgrenzen stehen musste und wie rapide sich das Unternehmen in den letzten zehn Jahren entwickelt hat, lesen Sie hier.

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m 20. August 2021 war es soweit. Nach vierjähriger Vorbereitung sperrte am St.-Peter-Gürtel, am südlichen Stadtrand von Graz das »Atelier Martin Auer« auf. Dass die Eröffnung einer Bäckerei überhaupt Interesse weckt, hat zunächst einmal zwei Gründe. Zum einen die Größe. Auf einer Grundstücksfläche von 12.500 Quadratmetern steht, besser liegt, der flache Quader mit fast 7.500 Quadratmeter Nutzfläche wie ein grauer Monolith und erinnert an jenen Monolithen, der in Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« im All schwebt. Im Gegensatz zum Filmquader ist er aber voll gläserner Transparenz und auch die freundliche Aufschrift verheißt Gutes. »There are a lot of good people around« steht da in riesigen Leuchtlettern. Wie sich im Laufe des Gesprächs mit Grund Nummer zwei herausstellen wird, stammt dieser Spruch tatsächlich von einem Künstler aus Norwegen. Grund Nummer zwei ist der Bauherr selbst. Martin Auer ist eine charismatische Persönlichkeit, der sein Unternehmen intelligent vermarktet, mit anderen Worten: so niveau- wie geschmackvoll zu präsentieren weiß. Das ist ein ziemlich guter Zugang für einen Hersteller von Lebensmitteln, Hauptsache das Brot schmeckt. Oder? Für Martin Auer ist das eindeutig zu kurz gegriffen. Denn er ist der Philospoph unter den Bäckern und das nicht nur, weil seine weiteren Passionen Architektur und Philosophie lauten. Doch davon später. Offenes Atelier Beim gemeinsamen Eingang für alle – Kunden wie Mitarbeiter – auf der, der Straße abgewandten Nordseite des Gebäudes, fällt zunächst linker Hand die eigene Kaffeeröstanlage ins Auge. Nach rechts geht der Blick Richtung Backshop gute 15 oder 20 Meter weiter, bis zur südöstlichen Seite des Ateliers, die vollkommen

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Fazitportrait

Wir sind der Bäcker der Stadt! Martin Auer VI.

verglast ist und den Blick auf die Straße freigibt. Gegenüber des Shops, wo die Backwaren verkauft werden, breitet sich neben der freistehenden Schank mit viel hellem Holz das Kaffeehaus aus. Wir waren in einer pandemiebedingten Shut-Down-Phase dort, aber normalerweise ist hier zumindest vormittags schwer ein freier Platz zufinden, so der Hausherr. Warum heißt es eigentlich »Atelier«? Martin Auer: »Weil es ein Arbeitsplatz für Kreative ist und der Begriff für uns die Bereitschaft meint, stets darüber nachzudenken, wie wir es noch besser machen können. Wir haben hier versucht, ein Aushängeschild für das Unternehmen und für das Handwerk zu schaffen. Einen Raum, der sehr dicht ist an Energie – alles was wir hier anbieten, produzieren wir auch selbst, seitdem wir hier sind, auch den Kaffee. Wir mahlen jetzt auch die Vollkornmehle selbst – lauter Dinge, zu denen wir am Dietrichsteinplatz bei beengten und veralteten Verhältnissen keine Möglichkeit hatten.« Am Dietrichsteinplatz, Ecke Münzgrabenstraße befindet sich das Stammhaus der Auer-Dynastie – Martin Auer VI. repräsentiert bereits die dritte Generation als Bäcker. Sein Großvater Martin IV. war Bäcker am Hauptplatz von Marburg/Maribor im heutigen Slowenien, als er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Graz kam und das barockisierte Haus mit einer sprichwörtlich jahrhundertealten Bäckerei erwarb. Als er 1964 überraschend starb, übernahm sein Sohn Martin V. als zwanzigjähriger Student den Betrieb. Martin Auer VI: »Er musste ja der Großmuter helfen. Eigentlich hatte mein Vater »Wirtschaftsingenieur« studiert, wechselte aber zu Jus, um in der Nacht lernen zu können, denn auf der TU gab es mehr Anwesenheitspflicht. Er hat sogar die zweite Staatsprüfung absolviert, aber irgendwann war Schluss mit dem Studium.« Schließlich musste er von Null weg alles über das Bäckergewerbe lernen. Geheimnis Natursauerteig Auf der Alm erkannte er, dass das schmackhafte Bauernbrot mit Natursauerteig gemacht wurde. Zu dieser Zeit verwendete man zumeist Kunstsauerteig aus der Backhilfsmittelindustrie. Kurzum: Die Bäcker haben damals keine Natursauerteige mehr gepflegt – was auch mühsam ist, schließlich muss man immer wieder auffrischen. Dabei hat der Sauerteig gleich mehrere Funktionen, erklärt der Profi. Zum einen ist er Triebmittel, weil er auch Hefebakterien entwickelt. Auer: »Der Sauerteig macht Roggenbrot überhaupt erst backfähig.« Außerdem bleibt das Brot länger frisch, weil der Teig mehr Wasser aufnehmen kann, und weil Säure ein natürlicher Schimmelschutz ist, bleibt es länger haltbar. Insbesondere dient er aber dem Aroma und damit dem Geschmackserlebnis. Der Erfolg des neuen Auer-Brots war so groß, dass Martin Auer V. Mut schöpfte und am Hauptplatz unter den Arkaden eine Filiale eröffnete, die es auch heute, etwas größer, noch gibt. Das war 1974 eine kleine Sensation. Er war nach Ankerbrot der erste Bäcker als 76 /// FAZIT MAI 2022

Filialist. Auer: »Der Bäcker hatte immer nur sein Stammgeschäft. Hinten in der Backstube hat er gebacken und nach vorne hat er verkauft. Das war überall so. Als Großvater verstorben ist, gab es noch 80 bis 90 Bäcker in Graz, heute gibt es vielleicht zehn. Da hat man Brot und Gebäck beim Bäcker gekauft, bis dann irgendwann aus dem Greißler, der auch Gebäck verkauft hat, der Supermarkt wurde, aus dem Supermarkt wurde ein Diskonter, dann kamen die Tankstellen und so weiter. Heute werden nur mehr um die 10 Prozent der österreichischen Backwaren beim Bäcker gekauft.« Filialist statt Lieferant Den Lebensmittelhandel beliefert Martin Auer seit rund zehn Jahren nicht mehr, dafür hat das Unternehmen neben der neuen Zentrale, dem Atelier, mittlerweile 34 Filialen, also Verkaufsshops, deren Architektur er auch weitgehend selbst designt. Je eine in Wien, Feldkirchen und Fernitz, zwei in Klagenfurt die restlichen 29 sind in Graz. Der Umsatz stieg in dieser Zeit von 8 Millionen auf 28 Millionen Euro, die Anzahl der Mitarbeiter von 140 auf mehr als 500. Das Investment für das Atelier beträgt 24 Millionen Euro. Auer: »Das ist also fast ein Jahresumsatz. Die Umsatz ist seit 2011, als ich das Unternehmen vom Vater übernommen habe, kontinuierlich gestiegen und heute verdreifacht. Auch die Banken meinten, das war nicht Zufall und Glück, sondern Leistung des Teams und kontinuierliche Entwicklung.« Das Grundstück hat Martin Auer über Google-Earth gesucht, es sollte möglichst nahe zur Stadt sein – die zweite Option in der Nähe vom Murpark war zu klein: »Wir wollten unbedingt in Graz bleiben, weil wir sind der Bäcker der Stadt!« Zwei Jahre dauerte die Planung für das Atelier, zwei Jahre wurde gebaut. Vom erwähnten Café aus sieht man direkt in die Backstube, Halle sollte man angesichts der Dimensionen sagen. »Jetzt haben wir endlich Platz genug«, freut sich der Bäckermeister Martin Auer. Die Meisterprüfung hat er nämlich trotz Roggenmehlallergie nach dem Studium nachgeholt: »Mit Maske und ein bisschen Cortison habe ich Bäcker gelernt. Zwei Freunde haben mich da durchgepeitscht, so konnte ich mit drei Monaten Praxis den Bäckermeister machen. Aber neun von zehn Bäcker haben mehr Erfahrung als ich.«

Bäckerei in Belgrad Dabei hatte er nach dem BWL-Studium ab 1999 bereits mehrere Jahre im elterlichen Unternehmen gearbeitet und er macht kein Geheimnis daraus, dass die Zusammenarbeit mit dem Vater nicht funktioniert hat: »Unsere Ansichten waren diametral entgegengesetzt. Um lieber unser gutes privates Verhältnis zu bewahren – bis heute übrigens – habe ich dann viele andere Sachen gemacht. Als der Vater in Pension gehen wollte, haben wir uns zusammengesetzt und eine Lösung gesucht und am 11. Februar 2011 an der Schwelle die Hand gegeben, uns gegenseitig Glück gewünscht, ich




Fazitportrait

Die Bäcker haben keine Natursauerteige mehr gepflegt.

ihm für die Pension und er mir für die Arbeit.« Diese »anderen Sachen« waren Arbeit in anderen Bäckereiunternehmungen (»Nicht in der Backstube.«), Selbständigkeit mit drei »Fusio«-Kaffeehäusern beim Metahofpark, beim LKH und in der Shoppingcity Seiersberg sowie die Gründung einer Bäckerei in Belgrad. Der Reihe nach: Auf der Suche nach Unterstützung bei den Fusio-Kaffeehäusern lernte er über einen Freund Barbara kennen, die frischgebackene Volks- und Sonderschullehrerin mit Gastro-Erfahrung. Seit 2003 sind die beiden verheiratet und haben drei Kinder. Die Fusio-Cafés sind längst verkauft und Barbara Auer bereits seit zehn Jahren im Bäckereiunternehmen: »Meine Frau ist extrem konsequent und umsetzungsstark, mir wird zugeschrieben, ich sei kreativ und das ergänzt sich gut.« Außerdem führt sie das Geschäft »Ferdinand Haller, Feine Kanditen« neben der Stadtpfarrkirche in der Herrengasse, eine Art Schöngeisterei, das zuvor ihre Schwiegermutter Karin Auer betrieben hat. Die besagte Bäckerei in Belgrad (»Roggenart«) gründete Martin Auer VI. 2008, nachdem er erfuhr, dass es dort eine Nachfrage nach Roggenbrot gäbe. Es folgten 9 weiter Filialen in Belgrad, bis er 2013 verkaufte: »Ab 2011 hatte ich ja zugleich in Graz das Unternehmen zu sanieren, wobei das erste Jahr sehr schwierig war, aber ich hatte das Glück, da schon meine Frau zur Seite zu haben.« Backen am Tag Unser Rundgang im Atelier führt uns in das Herzstück der Bäckerei, die sich grob in drei Bereiche gliedert, wie Martin Auer näher erläutert: In der Teigmacherei oder Mischerei werden die Teige zubereitet, in der Aufarbeitung werden sie portioniert, geknetet, gelegt und gerollt und schließlich in der Ofenbäckerei gebacken. Wieder freut sich der Hausherr über den enormen Raumgewinn und die damit verbundenen Änderungen der Abläufe: »Früher waren wir zu 100 Prozent Nachtbäcker, weil wir die Teige nicht

Martin Auer VI.

irgendwo lagern konnten. Da hätten wir tagsüber viel machen können und die Teige rasten lassen, was einer Aromaentwicklung zuträglich ist: eine langsame lange Teigführung, kühle Lagerung mit langsam steigender Temperatur. Das steigert die Qualität und ist etwa auch gut für die Verträglichkeit. Und jetzt haben wir den Platz! Und Kühl- oder Klimazellen, wo die Teige hineinkommen, wo sie sich langsam und kontinuierlich entwickeln, bis sie dann gebacken werden, nach – ganz grob gesprochen – zwölf bis 16 Stunden. Es gibt Teige, die länger brauchen. In der Früh kommen die ersten Bäcker und verwiegen die Zutaten. Sie arbeiten hier bis etwa 15 Uhr, dann ist Ruhe. Zum Backen für die Brote kommen Bäcker um Mitternacht und backen bis sieben, acht Uhr in der Früh. Somit arbeitet nur mehr der Ofenbäcker in der Nacht, weil wir ja in der Früh frisches Gebäck haben wollen.« Diese Backöfen werden mit Gas betrieben und die Energiekosten sind schon vor dem Krieg in der Ukraine hochgeklettert. Martin Auer dazu: »Heute ist die Lage beim Gas dramatisch, beim Getreide haben wir längerfristige Verträge, da werden die Preise vielleicht erst im Sommer steigen. Noch dramatischer ist es ja beim Strompreis, denn Strom brauchen wir noch mehr als Gas, etwa für die ganze Lüftung oder die Kühlung und wir haben 35 Filialen. Bislang tragen wir die Mehrkosten selbst. Für allfällige Preiserhöhungen brauchen wir schon eine Vorausschau von zumindest einem halben Jahr und müssen Fragen erörtern, ob nur einzelne Produkte betroffen sind oder alle, ob weniger oder mehr, ob zeitnah oder später Anpassungen erfolgen müssen.« Seine Philosophie dreht sich weniger um Kosten und Kennzahlen, ihn beschäftigen eher andere Fragen – »Wie wird unser Brot noch besser, wie wird der Job für die Kollegen und Kolleginnen noch angenehmer?« Und doch wird auch die angesprochene Energieproblematik von seiner ständigen Fragestellung umfasst, die da lautet: n »Wohin geht die Reise?«

Martin Auer GmbH 8042 Graz, Maggstraße 2 Telefon +43 316 80400 Foto Seite 78 unten: Michael Königshofer

martinauer.at

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Ich habe einen unpolitischen Zugang zur Politik. Hermann Nitsch, 1938–2022, österreichischer Maler und Aktionskünstler

Grazer Kunstverein

Alles neu und alles jung Mit dem Anfangdreißiger Tom Engels in der Funktion als künstlerischem Leiter setzt der Grazer Kunstverein einen starken Impuls in Richtung noch präsenterer Internationalisierung. Von Michael Petrowitsch

Fotos: Harald Peki, Thomas Raggam, Gamsbart

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udem findet sich noch ein weiterer mutiger Schritt in Sachen Verjüngungskur und Generationswechsel in großen und mittleren Häusern der steirischen Landeshauptstadt. Gern erinnern wir uns zurück: Von Peter Pakesch und Helmut Strobl Mitte der Neunzehnachtziger gegründet, zeichneten im Verein im Laufe der Jahrzehnte immer junge Leiter und Leiterinnen ihre markanten Handschriften in künstlerischen Belangen. Damals noch charmant in einer Altbauwohnung und mittlerweile bzw. bereits seit geraumer Zeit in den neuen ebenerdigen Räumlichkeiten angesiedelt, führten immer junge Menschen, die knapp vor dem endgültigen Absprung standen, um anschließend in der nächsten Klasse zu reüssieren. Sören Grammel und Krist Gruijthuijsen etwa sind, nachdem sie die Stadt verlassen haben, weiter die Karriereleiter hinaufgestiegen, nachdem sie in ihrer Grazer Ära Profilschärfung betrieben haben. Setzte man in der Anfangszeit eher noch auf Eigenbau, wie bei Elisabeth Prinschitz, die zuvor noch im Forum Stadtpark als Referentin tätig war, ist das Recruiting weltoffener geworden und die Bewerbungen zudem qualitativ und quantitativ höchstklassig. Auf Augenhöhe, nicht was die Förderstruktur anbelangt (auch selbstverständlich), aber im Ansatz mit Kunsthaus und ähnlichen, gleichwer80 /// FAZIT MAI 2022

tigen Strukturen in Graz hat der Kunstverein einen radikalen Vorteil: In der Struktur klein und flink wie die freie Szene, in der inhaltlichen Ausrichtung streng dem bürgerlichen Graz verpflichtet. »Jugend« spielt natürlich eine Rolle und von einem Mann wie Engels, der mit seinen wenigen Jährchen bereits eine Bio aufzuweisen hat wie viele Sechzigjährige aus dem gleichen Business, lässt sich noch Spannendes erwarten.

Radikal zeitgenössisch Sein Ansatz ist, so fand es die Auswahljury »radikal zeitgenössisch, ohne die Geschichte des Kunstvereins auszublenden« und »im positiven Sinne unkonventionell und gleichermaßen auf das Lokale wie Internationale fokussiert.« Angesprochener zappelt nicht lange und legt auch gleich Gewaltiges und vor allem Kluges vor. Dies Unterfangen gelingt formidabel mit Tanja Gurke an bewährter geschäftsführender Seite. Sie selbst ist ja als Kuratorin und Multikulturfachfrau in vielen kunsthistorischen und architektonischen Funktionen auch in anderen Institutionen der Stadt tätig und aus dem Grazer Kulturalltag gleichsam selbst als Institution nicht wegzudenken. Dazu an anderer Stelle mehr. Zur eben eröffneten Schau Bis 29. Mai läuft noch Tom Engels Erstlings- und Einstiegswerk. Ich formuliere

Tom Engels leitet seit 2022 den Grazer Kunstverein

es einfach: Eine wunderbare Ausstellung mit dem etwas längeren Titel »we sat rigid except for the parts of our bodies that were needed for production«. Er reagiert geschickt und weise auf, in und mit den neu- und umgestalteten Räumlichkeiten in der Burggasse mit zwei intensiven Persönlichkeiten, die er lässig kontextualisiert. Die Britin Sandra Lahire war nicht nur legendäre Aktivistin, sie ist in ihrer Rolle im Kunstverein Filmemacherin, die sich in den Neunzehnachtzigern harter Themen und harter Schnitte im Experimentalen bediente. In der Schau sind sechs Filme zu sehen, die sich vordergründig den Themen weiblicher Körperlichkeit, Umweltverschmutzung, indigener Bevölkerung et al. beschäftigen. Vordergründig. Denn Lahires Aktivismus klagt nicht an, sondern schafft eine eigene Ästhetik, eine eigene Sprache, in der sich zurecht zu finden mindestens zwei weitere Besuche der Ausstellung vonnöten macht. Celestina Burlina wiederum, vom Fach auch gelernte Ingenieurin, arbeitet


Alles Kultur »Gambsbart« und der Jazz

Bigbandbang No Borders Von Andreas Pankarter

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mit Eisenträgern (angeliefert aus dem schönen Wiener Neustadt) und riesigen Ankerketten, die den räumlich neu gestalteten Kunstverein im wahrsten Sinne des Wortes einschneidend en passant massiv, aber lässig prägen. Dazu erfindet sich der Verein auch publikationstechnisch neu, indem er mit einer kleinen Katalogreihe beginnt, die in Zukunft die Ausstellungen begleiten werden. Wir bleiben dem Kunstverein weiterhin in Dankbarkeit verbunden und freuen uns auf Zukünftiges. n Der Grazer Kunstverein wurde 1986 von Peter Pakesch und dem Kulturpolitiker Helmut Strobl als gemeinnützige Institution gegründet. Er versteht sich als eine Plattform für Produktion, Ausstellungstechnik und Vermittlung zeitgenössischer Kunst. grazerkunstverein.org

er Jazz stellt eine der Säulen des Grazer Kulturlebens dar. Dies hatte schon Wolfi Bauer vor Jahrzehnten treffend bemerkt. Einen wesentlichen Beitrag zur ständigen Erneuerung und Intensivierung des Jazz-Szene liefert dabei bis heute die Jazzabteilung an der Grazer Kunstuniversität (KUG). In der Ausbildung selbst gibt es auch ein Alleinstellungsmerkmal, welches das Studium in Graz von vielen anderen Ausbildungsstätten unterscheidet, die intensive Auseinandersetzung mit dem »Bigbandjazz«. Der Probenbetrieb in Großformationen, verbunden mit Workshops, ist gelebter Alltag und es ist sicher kein Zufall, dass

es in der Steiermark eine so hohe Dichte an Jazzbigbands gibt. Eine Programmverdichtung in Form eines Festivals ist daher nur schlüssig. Der letzte »Bigband-Bang« fand in Kooperation von »Gamsbart« mit der KUG im Jahr 2013 statt. Weitere gelungene Kooperationen waren die Projekte mit dem »Upper Austrian Jazz Orchestra« oder der Jazzbigband Graz. Sigi Feigl, Leiter der Jazzabteilung an der Kunstuniversität Graz, gilt als Mastermind in Sachen Bigbandjazz. Newen Afrobeat, Lezlie Harrison oder John Beasley werden internationale Topacts eigens für dieses Festival nach Graz geholt. Freuen wir uns auf zumindest sieben Großformationen an vier tollen Abenden. No Borders! n

Termine »Big Band Bang« 2.5.2022 Ralph Mothwurf Orchestra Hi5 & Jazzorchester Tirol: The music of Manu Delago

3.5.2022 Michael Mantler: Concertos Janus-Ensemble by Christoph Cech 4.5.2022 Newen Afrobeat: The music of Fela Kuti KUG-Stageband by Sigi Feigl

5.5.2022 KUG JazzOrchester feat. John Beasley Jazz Orchester Steiermark: Frank Zappa featuring Lezlie Harrison gamsbartjazz.at

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Tandl macht Schluss! Allmonatliche Finalbetrachtungen von Johannes Tandl

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ie Corona-Pandemie führt uns seit zweieinhalb Jahren vor Augen, wie anfällig unser Wirtschaftssystem geworden ist. Und so wird auch der ultra-brutale Lockdown, den die chinesische Diktatur über Shanghai verhängt hat, negative Auswirkungen auf viele heimische Produktionsunternehmen haben. Der mörderische Krieg Russlands zeigt bereits seine wirtschaftlichen Folgen, Putins Überfall auf die Ukraine droht zum globalen Wirtschaftskrieg auszuarten. Das will man in der EU jedoch noch nicht wahr haben. Derzeit spitzt sich ein weltweiter Währungskonflikt zu. Und der könnte wieder in einer ökonomisch bipolaren Welt münden. Diese drohende Spaltung hat nicht nur Auswirkungen auf die Kapital- und Rohstoffmärkte. Sie betrifft ganz besonders den Wohlstand der Europäerinnen und Europäer. Wer bei diesem Konflikt auf welcher Seite steht, sieht man schon jetzt ganz klar anhand der Wirtschaftssanktionen, die der Westen gegen Russland und schon viel früher gegen den Iran erlassen

Moralin ist auch zu Kriegszeiten kein guter Ratgeber

82 /// FAZIT MAI 2022

hat. Der Block der Sanktionsverweigerer wird von China angeführt, der Westen, wie gewohnt, von den USA. Sowohl Russland als auch China sehen jetzt die Notwendigkeit, sich langfristig von Dollar und Euro zu verabschieden. Allerdings nur, wenn sie es schaffen, eine Alternative aufzubauen. Gestärkt werden diese Überlegungen durch das vom Westen nicht bis zu Ende durchdachte Einfrieren der russischen Währungsreserven. Und wenn an den hartnäckigen Gerüchten, dass China innerhalb der nächsten Monate den Konflikt mit Taiwan verschärfen wird, auch nur ein Körnchen Wahrheit sein sollte, wäre das ein weiteres Argument für eine Flucht aus dem Dollar. Peking müsste dann alles unternehmen, um die chinesische Ökonomie nicht länger mit Dollar-Reserven abzusichern. Die Chance für China, einen zweiten globalen Währungsblock neben dem Dollar zu formen, war noch nie so gut wie jetzt. Die Chinesen hätten bei diesen Plänen zwar auch die EU gerne auf ihrer Seite, aber sie wissen natürlich, dass das politisch undenkbar ist. Vor diesem Hintergrund sind die Aussichten für den Euro, der sich seit seiner Gründung gerne als Alternative zum Dollar positioniert hätte, äußerst schlecht. Denn für jene Länder, die eine Alternative zum Dollar aufbauen wollen, ergibt es, wegen der von Europa mitgetragenen Sanktionen, überhaupt keinen Sinn, weiterhin auf den Euro auszuweichen. Sowohl China als auch Indien nützten die Sanktionen bisher als Chance, um die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland auszubauen. Beide Staaten wollen sich einen möglichst großen Anteil an jenen russischen Rohstoffen sichern, der ihnen in der Vergangenheit von finanzkräftigen Europäern vor der Nase weggekauft wurde. China will natürlich den Yuan als zweite globale Leitwährung etablieren. Tatsächlich bezahlt Russland die chinesischen Warentransporte bereits in Yuan und nicht länger in Dollar und sowohl China als auch Indien begleichen ihre russischen Energielieferungen in Rubel. Je mehr Staaten China in der Währungsfrage folgen, desto schlechter ist es wegen der drohenden

Abwertung um die in Dollar oder Euro gehaltenen Währungsreserven bestellt. Die Russland-Sanktionen führen daher dazu, dass sich die Staaten weltweit aufgerufen sehen könnten, dieser Abwertung zuvorzukommen und ihre Dollar und Euro-Positionen zumindest deutlich zu verkleinern. In einem solchen ökonomischen Umfeld müsste ganz Europa – vielleicht mit Ausnahme des rohstoffstarken Norwegens – mit Wohlstandsverlusten rechnen. Anders als die USA gibt es in der EU nämlich keine ökonomisch sinnvollen und ausreichend verfügbaren Alternativen zu russischem Öl und Gas. Daher sollten die EU-Politiker eigentlich alles unternehmen, um eine wirtschaftliche Entkopplung Europas von Russland zu verhindern. Die drohende Änderung der »Terms of Trade« wird sämtliche rohstoffimportierende Länder betreffen. Damit wird eine langfristige Wettbewerbsverschlechterung einhergehen. Die Kaufkraftverluste für die europäischen Konsumenten zeichnen sich ohnehin jetzt schon deutlich ab. Eine Verhinderung der genannten Entwicklungen wäre möglich; aber nur dann, wenn sich in Brüssel und den europäischen Hauptstädten Hausverstand gegen Moralin durchsetzen ließe. Dafür gibt es kein Anzeichen. n

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