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MILCHWAGENFAHRER
Ehrlich guat.
Unterwegs mit dem Milchwagen
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Natürlich kannst du mit-
fahren. Super Idee – de hom so viel Arbeit die Bauern auf der Alm, die Milch ist ganz was
Besonderes! Die Kühe können sich da oben aussuchen, welches Graserl sie fressen und welches nicht. Eigentlich unbezahlbar, deshalb bedarf es unbedingt einer fairen Preisgestaltung für heimische Qualitätsware!“ ist
Felix Hartwig, der Chef von Hartwig
Transporte, sofort begeistert.
Mit seinen Worten hat er natürlich Recht, hinter jedem Glas Milch steckt viel Erfahrung, Wissen und Arbeit! Der eigentliche Grund für meine Kontaktnahme ist aber ein anderer. Ich möchte berichten über die tägliche Arbeit der Milchwagenfahrer, über das einzigartige und aufwändige Sammelwesen im Hintergrund. Allein für die Tirol Milch (seit 2011 Teil der Berglandmilchgruppe) sind über 20 Sammelwägen und etwa 55 Fahrer für landesweit ca. 3.000 Bauern als Milchlieferanten im Einsatz. Die Spedition Hartwig aus Brandenberg deckt einen großen Teil davon ab. Kurz nach Sonnenaufgang zeitig in der Früh biegt der 2-Achser-Allrad mit dem bekannten Tirol Milch Logo überpünktlich am vereinbarten Treffpunkt ein. Der Wettergott meint es besonders gut, ein perfekter Tag für die Sammel-Tour über die Stanglalm. Hoch hinauf geht’s für mich zuallererst ins Führerhaus, wo ich am vollgefederten Beifahrersitz Platz nehmen darf. Mit einem kurzen „Guten Morgen” von Felix starten wir los! Der tägliche Zeitplan ist genau abgestimmt. „Wir fahren zeitmäßig wie die Postautos. Im Mai werden die Routen umgestellt auf den Almsommer, das ist aufwändig. Die Wege führen uns viele Höhenmeter weiter hinauf. ” Gekonnt rangiert Felix seinen Milchwagen rückwärts direkt bis zum Milchkammerl des ersten Bauern.
Die Erfassungsanlage im Milchwagen ist Hightech pur. Zur Qualitätssicherung werden Milchproben entnommen, die untersucht und dem einzelnen Bauern über Chip und Mitgliedsnummer zugeordnet werden. Das Milchabpumpen erfolgt digitalisiert, das System erkennt den Hof, welche Milch der Bauer liefert, pumpt diese in die richtige Kammer und liefert die Daten wie Temperatur oder Milchinhaltsstoffe direkt an die Molkerei, wo nach einer strengen nochmaligen Kontrolle die Weiterverarbeitung zu Joghurt, Butter, Käse oder Trinkmilch beginnt (Tirol Milch verarbeitet die Rohmilch zu ca. 250 verschiedenen Produkten).
Die Bauern werden alle zwei Tage angefahren aus ökologischen und ökonomischen Gründen. Das heißt für Hartwigs Mannschaft auch, dass die Touren im zweitägigen Turnus wechseln. Wir fahren die 9148er-Tour und sammeln Heumilch und ZZU (Zurück zum Ursprung), wie uns die Anzeige beim ersten Bauern wissen lässt. Das ist der Waltl Stefan unterhalb des Sommerwegs zur Bassgeigeralm. Er hat an die 20 Kühe und 700 Liter ZZU Milch im Tank. Die Kühe werden zweimal am Tag gemolken, zu Beginn des Almsommers ist die Milchleistung aufgrund der Futterumstellung immer ein bisserl geringer.
Die melkfrische Milch im Stahltank auf der Alm muss auf mindestens sechs
Grad gekühlt werden, bevor sie abgepumpt werden darf. Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. Der Tank ist ruck-zuck leer, die Pumpe schafft ca. 500 Liter in der Minute. Wir tauschen ein paar Worte mit Stefan. Die ZZU Milch bringt je nach Qualität aktuell brutto 62 Cent/Liter. Für jede Milchsorte gibt es strenge Auflagen, die es zu erfüllen gilt. Der Milchpreis hängt außerdem ab von der Qualität, hohe Eiweiß-/Fettgehalte sowie niedrige Keim- und Zellzahlen, und wird mehrmals pro Monat in Rotholz gemessen.
„Mein LKW ist mit vier Kammern ausgestattet und fasst ein Gesamtvolumen von 12.000 Liter Milch. Auf jeder Tour werden zwei verschiedene Sorten gesammelt. Tirol Milch verarbeitet sechs Sorten, fünf von der Kuh und eine von der Ziege.”
Seit 36 Jahren sorgt Felix dafür, dass die Milch in die Molkerei gelangt. „Habe ich früher täglich ca. 3.500 Liter in Milchkannen am Hänger transportiert, kamen 1985 die ersten Milchtanks zum Einsatz, heute sind es ca. 17.000 Liter täglich. Die Zeit hat viel Veränderung gebracht, gerade was die Technik angeht. Zur Qualitätssicherung werden vor jeder Abfüllung in den Tankwagen Milchproben entnommen und untersucht. Hygiene in der Milchproduktion spielt eine wichtige Rolle, das beginnt schon am Hof. Bei der Übernahme in der Molkerei wird die Milch noch einmal auf Hemmstoffe überprüft.”
Warum der Sitz in der Fahrerkabine so gefedert ist, wird auf der Fahrt über die holprigen Wege schnell klar. Geschickt manövriert Felix seinen 18-Tonner über die schmalen und schottrigen Serpentinen und erzählt dabei von seinen Erlebnissen: „Es war an einem 14. Jänner, das werde ich nie vergessen. Einer meiner Fahrer ist vom Weg abgekommen, der Tankwagen musste mit einem Kran geborgen werden. Der Fahrer hat sich zum Glück nicht verletzt und ist mit meinem Ersatz-Tankwagen weitergefahren. Am selben Tag hatte derselbe Fahrer einen weiteren Unfall mit Totalschaden, er blieb wiederum unverletzt, der Sachschaden war aber enorm.“
Beim „Stoaberger“
Auf dem Weg zur Bauern-Alm
Ein Job also, der nicht ungefährlich ist. Die Milch muss täglich gesammelt werden, Sommer wie Winter, bei Regen und Schneefall, bergauf, bergab. Der Arbeitstag beginnt, wenn andere noch schlafen. Neue Fahrer sind schwer zu finden. „Ich bin ja nicht lebensmüde – das höre ich oft! Es gibt zum Glück auch wieder Leute, denen das voll taugt, die motiviert sind. Es gibt Tage, da sieht man do aufa nit amoi bis zum nächsten Baum. Kompliziert wird es manchmal bei Gegenverkehr, die vielen Radfahrer am Berg machen einem die Fahrten nicht leichter. “
Dass man für diesen Job ein wenig sportlich sein muss, wurde mir bei jedem Halt bewusst. Der Ausstieg bzw. Sprung aus der Fahrerkabine muss geübt sein: „Rückwärts aussteigen“, so ein Tipp von Felix.
Auf seiner täglichen Tour muss er zig Male stehen bleiben. Ein kurzes Plauscherl geht sich auf jeder Alm aus. Beim ‘Stoaberger’ dem Landmann Pauli sen. oder auf der ‘Bauern-Bauern-Oim' beim Klingler Sepp sen. “Da heroben wird man bei Schönwetter mit einer grandiosen Aussicht auf den Wilden Kaiser belohnt.” Für mich ist die 9148er-Tour auf der alten Stangloim beim Angerer And zu Ende.
Für Felix endet die Tour noch lange nicht, es geht über die Stanglalm hinunter auf St. Johann. Dort wird die Milch in den Hänger umgefüllt, um Platz zu schaffen für die Milch der Almen am Kalkstein und Hinterberg. Sofern keine Komplikationen auftreten, endet der Arbeitstag nach dem Entladen und Reinigen des Tankwagens für Felix am späten Nachmittag. Die ersten Milchkannen der Bauern sind dann schon wieder voll.