FF Architektur & Wohnen 12-2022

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ARCHITEKTUR Beilage zu ff 12/2022 I Vers. in Post. - 45% I Art. 1 Abs. 1 I Ges. 353/2003 (abg. Ges. 27.02.2004 Nr. 46) CNS Bozen I Poste Italiane SpA I Taxe percue / Tassa pagata

& WOHNEN

ff 12 24.03.2022

DESIGN-REBELL

Hannes Peer: Enfant terrible der Architektur- und Designwelt

LIEBE AM WERK

So ticken Südtiroler Architekten­ paare beruflich und privat

HOME-STORY

Das puristische Zuhause von Nadia Tschenett und Philipp Nösslinger

LICHT-FEE

Expertentalk: Natalie Tschigg über die Kraft des Lichts in der Architektur


Einfamilienhaus, Baden bei Wien

Ein Vollholzhaus von holzius ist ein Ort, in dem seine Bewohner Kraft schöpfen und zur Ruhe kommen. Durch eine konsequent ökologische Bauweise aus leim- und metallfreien Holzelementen entsteht ein gesunder Lebensraum, in tiefer Verbundenheit mit der Natur. www.holzius.com


EDITORIAL LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,

Foto: Privat

wer seine Arbeit liebt, kann sich glücklich schätzen. Wer aber Kollege und Ehepartner zugleich ist, hat es nicht immer einfach. Passend zum Frühlingsbeginn haben wir uns mit drei Architektenpaaren getroffen, die bereit waren, sich auf ein intimes Gespräch einzulassen. Dabei haben wir Verbündete fürs Leben kennengelernt, die trotz Höhen und Tiefen auch im Job auf die Liebe bauen. Ein echtes Power-Paar sind auch Nadia Tschenett und Philipp Nösslinger. Die Stylistin und der Architekt aus Lana haben uns Eintritt in ihre heiligen Hallen gewährt und gezeigt, wie sie die Welt der Mode und der Architektur vereinen. Ganz schön viel Power steckt auch in Hannes Peer. Er zählt zu den besten und einflussreichsten Interior Designern der Welt. Das liegt wohl auch daran, dass er sein eigenes Ding macht und auf die Trends der Branche pfeift. Sein Erfolg scheint ihm recht zu geben. Viel Vergnügen beim Lesen! Barbara Tilli

INHALT HOME-STORY

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LIEBE AM WERK

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DESIGN-CHAMÄLEON

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LICHT-FEE

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Das puristische Zuhause von Nadia Tschenett und Philipp Nösslinger

Im Gespräch mit Interior Designer und Multitalent Hannes Peer

Kollegen und Ehepartner: So ticken Südtiroler Architektenpaare

Natalie Tschigg über die Kraft des Lichts in der Architektur

IMPRESSUM „ff – Architektur & Wohnen“, 24.03.2022, Beilage zu ff 12, Herausgeber: FF-Media GmbH, Eintragung Landesgericht Bozen 9/80 R.ST. vom 27.08.1980, Nr. ROC 06262. Presserechtlich verantwortlich: Verena Pliger; Konzeption & Redaktion: Barbara Tilli; Grafik & Layout: Sabine Rainer; Titelseite: Amir Farzad; Werbung: Elisabeth Forer-Naumann, Roswitha Rauter, Michael Disertori. © ® FF-Media GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf mit grafischen, mechanischen, elektronischen oder mit digitalen Mitteln reproduziert werden. Jeglicher Missbrauch wird im Rahmen des Gesetzes verfolgt.

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HOME-STORY

VERMÄHLUNG ZWEIER WELTEN Architekt Philipp Nösslinger und Stylistin Nadia Tschenett eint die Liebe für Ästhetik. Ihr puristisches Apartment in Lana bildet den zeitlosen Rahmen für geschickt gewählte Accessoires. Text: Barbara Tilli | Fotos: Alex Filz

Licht und Loft-Charakter: Die Neonleuchte von Seletti mit dem Schriftzug „White Light“ passt zur weißen Couch und bringt eine gewisse Coolness ins Wohnzimmer.

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≥ VERMÄHLUNG ZWEIER WELTEN

Stilsicher: Philipp Nösslinger und Nadia Tschenett leben in einem 200 Quadratmeter großen Apartment aus den Neunzigerjahren. Das Ehepaar hat es in eine offene Bühne für Möbel, Mode-, Kunst- und Designobjekte verwandelt.

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Schwarz-Weiß: Das Wohnzimmer spielt mit Hell-Dunkel-Kontrasten. Der elliptisch geformte Couchtisch erinnert an ein Surfbrett. Auf dem Parkett aus Eiche erstreckt sich ein Langhaarteppich im Rautenmuster.

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as haben Architektur und Mode gemeinsam? In beiden Bereichen geht es um Formen, Proportionen, Funktionalität und Ästhetik sowie um das Zusammenspiel von Farben und Materialien. Sie bilden eine schützende Hülle und schaffen Identität. Philipp Nösslinger und Nadia Tschenett vereinen beide Welten. Er ist Architekt, sie ist Modestylistin. Ihr puristisches Apartment in Lana ist ein Mix aus Wohnraum und Galerie, der sich laufend weiterentwickelt. „Unser Zuhause wächst mit uns. Es ist ein ständiges Neuentstehen, weil wir sukzessive neue Stücke dazunehmen“, erklärt Philipp. Eine Wohnung im Wandel, die immer wieder einen frischen Look verpasst bekommt. Als Grundgerüst dafür dient ein minimalistisches Interieur. „Zeitloser Purismus ermöglicht es uns, mit Details zu arbeiten. Das funktioniert in der Mode gut und kann auch wunderbar auf das Interieur und die Architektur im Allgemeinen übertragen werden“, betont Nadia. Ganz nach dem Motto: Reduktion und Transformation statt Opulenz. Eine gestalterische Doktrin, die konsequent im ganzen Haus vorherrscht. DER EINGANGSBEREICH ist die Visitenkarte eines Apartments. Jene von Philipp Nösslinger und Nadia Tschenett ist äußerst schlicht. Auf den ersten Blick herrscht radikale Aufgeräumtheit. Ein langer Gang und ein raumhoher Wandschrank stellen das Begrüßungskomitee dar. Zurückhaltend kommt es daher, dabei hütet es ein kleines Geheimnis, das 6 No. 12 / 2022

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Zeitgenössisch: Der schwarze Esstisch aus gebeizter Eiche wird von weißen Stühlen flankiert. Darüber schweben bauchige Gitterleuchten. Im Hintergrund zieren Collagen der deutschen Künstlerin Annika Villwock die Wand.

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Clever gelöst: Die halboffene Küche trennt den funktionalen Raum vom Ess- und Wohnbereich ab und schafft trotzdem fließende Übergänge. Die hellen, glatten Oberflächen der Küche stehen in Kontrast zum Parkettboden aus Eiche.

den Blicken ahnungsloser Besucher verborgen bleibt. Hinter einer unsichtbaren Tapetentür hat Philipp Nösslinger einen Hauswirtschaftsraum, ein kleines Badezimmer und ein Tages-WC einbauen lassen. Ein praktisches Must-have, betont der Hausherr mit einem Schmunzeln.

Auf der gegenüberliegenden Seite des langgezogenen Gangs, hinter einer Tür aus Eichenholz, befindet sich ein kleines Gästezimmer. „Wir lieben es, Besuch zu haben, mit Freunden zusammenzusitzen und einen geselligen Abend zu verbringen“, verrät Nadia.

Von der Feierlaune der Gastgeber zeugt die Haus- und Cocktailbar. Ein alter, über zwei Meter hoher Kofferschrank, den Philipp kurzerhand zu einem stylischen Centerpiece im Retrolook umfunktioniert hat. Dokumente und Dossiers sind darin keine mehr zu finden. Stattdessen

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„UNSER ZUHAUSE WÄCHST MIT UNS. ES IST EIN STÄNDIGES NEUENTSTEHEN.“ NADIA TSCHENETT

Hingucker: Aus einem alten Kofferschrank hat Philipp Nösslinger eine stilvolle Hausbar im Retrolook gezaubert. Damit setzt der Hausherr edle Tropfen in Szene, aber auch Urlaubsmitbringsel, wie einen Sektkübel aus St. Tropez oder Whiskygläser aus Kopenhagen.

werden edle Tropfen und Erinnerungsstücke von gemeinsamen Reisen in Szene gesetzt, wie etwa ein Sektkübel aus St. Tropez, Whiskygläser aus Kopenhagen oder Flaschenöffner aus Amsterdam. DIE HALBOFFENE KÜCHE ganz in Weiß lässt den Raum erstrahlen. Als Kontrast dazu dient der schwarz gebeizte Esstisch aus Eiche. Darüber schweben große, bauchige Gitterleuchten. „Licht hat mich schon immer fasziniert. Das Schöne an diesen Lampen ist ihre markante Silhouette. Sie bringt Volumen in den Raum, wirkt aber nicht schwer, weil der Blick durch sie hindurch schweifen kann“ erklärt Philipp. An der Wand setzen Bilder farbliche Akzente. Die zeitgenössischen Collagen der deutschen Künstlerin Annika Villwock haben einen graffitoartigen Charakter und versprühen jugendlichen Streetstyle. Dass 10 No. 12 / 2022

es diese Kunstwerke ins Apartment geschafft haben, grenzt an ein kleines Wunder: „Bei der Einrichtung sind wir uns normalerweise immer einig. Doch wenn es um Kunst geht, haben wir einfach einen unterschiedlichen Geschmack. Das sind die ersten Bilder, die uns beiden gefallen“, gesteht Nadia ein klein wenig amüsiert. DAS ANGRENZENDE WOHNZIMMER mit offenem Dachstuhl führt die Hell-Dunkel-Palette fort, wirkt aber alles andere als langweilig. Zu verdanken ist das den Mustern und Texturen im Raum, die auch zu einer schönen Haptik beitragen. Auf dem Parkett aus Eiche erstreckt sich ein beiger Langhaarteppich mit einem großflächigen Rautenmuster. Im Zentrum steht ein schwarzer Vitra-Tisch, der aufgrund seiner elliptischen Form auch den Spitznamen „Surfbrett Table“ trägt.

Daneben ein schwarzer Designer-Sessel im Bauhausstil von Le Corbusier und die dazu passende Chaiselongue. Die Leder-Couch ist ein Traum in Weiß. Dass hier auch ein aufgeweckter Erstklässler wohnt, mag auf den ersten Blick gar nicht auffallen. „Das Wohnzimmer wirkt clean, ist aber keineswegs steril. Hier wird wild gespielt und auch mal gekleckert. Als unser Sohn Anton noch kleiner war, standen im Wohnzimmer eine Zeit lang vollgekritzelte Ikea-Möbel und Kindergitter“, erzählt Nadia. ÜBER EINE TREPPE mit einer eleganten Glasarmatur gelangt man ins ausgebaute Obergeschoss. „Willkommen im Herzstück des Hauses“, verkündet Philipp. Luftig-leicht wirkt die Galerie mit Blick auf das Wohnzimmer. Hier befindet sich das Home-Office. Ein Ort der Arbeit, des Nachdenkens und der Inspiration. R

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1. Luft nach oben: Das Wohnzimmer mit offenem Dachstuhl lässt eine Galerie entstehen, die als Verbindung zu den Schlafzimmern dient. 2. Logenplatz: Die Galerie wird als Home-Office genutzt. Die Wand wurde zu einem Bücherregal umfunktioniert. Ganz unten stehen die Kinderbücher, weiter oben Architektur- und Modebibeln.

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Trickreich: Der Eingangsbereich der Wohnung wirkt radikal aufgeräumt. Auf der linken Seite befinden sich ein raumhoher Wandschrank und eine unsichtbare Tapetentür, die zu einem verborgenen Hauswirtschaftsraum und einem kleinen Bügelzimmer führt. Hinter den Türen auf der rechten Seite befinden sich ein Badezimmer und ein Gästezimmer.

Die Wand wurde zu einem Bücherregal umfunktioniert, das bis zum Dachgiebel reicht. Neben Segelbüchern, Mode-Bibeln und Kinderspielen hat Nadia hier auch Designer-Taschen dekorativ in Szene gesetzt. Bewacht werden die Schätze von einem Gartenzwerg – ein kleines Andenken an Nadias Junggesellenabschied. Sein schelmischer Blick ist auf all jene gerichtet, die sich hier zu schaffen machen. Schließlich ist die Galerie das Tor zu den Schlafzimmern im Haus. Das hellste Zimmer gehört dem Kleinsten in der Familie. Um mehr Platz für

den Nachwuchs zu schaffen, hat Philipp die Dachschräge des Hauses erweitert und einen kleinen Logenplatz mit Blick auf ganz Lana geschaffen. Mit vorausschauender Weitsicht hat er auch ein Badezimmer eingebaut. „In ein paar Jahren, wenn wir einen Teenager im Haus haben werden, wird das sehr nützlich sein“, erklärt Philipp. EINE TÜR WEITER befindet sich das elterliche Schlafzimmer. Der Raum überrascht mit einer freistehenden Dusche und einer großzügigen Konsole, die an

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ein kleines Visagisten-Studio erinnert. Dahinter, in einem abgetrennten Bereich, befindet sich ein offener Kleiderschrank. „Hier bräuchte es ein neues System, um mehr Ordnung reinzubringen“, erklärt die Stylistin mit einem Ausgenzwinkern. „Aber was soll’s, auch hierfür werden wir eine Lösung finden. Wir entwickeln uns ständig weiter, und so ist das auch mit unserem Apartment.“ Ihr Mann Philipp sieht das genauso. „Das ist ein laufender Prozess. Das Interieur ist nicht vollendet, und wird es vermutn lich auch nie sein.“

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Foto: Giulio Ghirardi

Hannes Peer, 46, stammt aus Tramin und studierte Architektur am Politecnico in Mailand. Sein beruflicher Werdegang führte ihn unter anderem nach Berlin zum israelischen Architekten Zvi Hecker und nach Rotterdam, wo er bei Stararchitekt Rem Koolhaas arbeitete. 2009 gründete er sein eigenes Architektur- und Designstudio in Mailand.


ARCHITEKTUR-GESPRÄCH

DESIGN-CHAMÄLEON Hannes Peer zählt zu den besten und einflussreichsten Interior Designern der Welt. Er jongliert mit Farben, Materialien, Texturen und stilistischen Epochen. Dabei folgt er keinen Trends, nur seiner unstillbaren Neugierde. Interview: Barbara Tilli

RAUM-SKULPTUR Für das französische Label „La Chance“ hat Hannes Peer einen skulpturalen Stuhl entworfen. Er besteht aus drei Volumina aus Fior-di-Pesco-Marmor und einer weichen Sitzfläche.

Foto: Nathalie Krag

Die Wandlampen sind zwei seltene Stücke von Gio Ponti aus den 1940er-Jahren.

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annes Peer ist ein Suchender. Seine Experimentierfreude entspringt einem Geist, der nie zu ruhen scheint. Vielleicht auch deshalb ist er eine Art Tausendsassa des Designs. Er kreiert Gestaltungskonzepte für Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäude und entwirft Möbel für führende Marken wie SEM oder La Chance. Seine Architektur- und Designsprache hat Erfolg, weil sie aus verschiedenen Epochen schöpft. Dieser konsequente und scheinbar mühelose Eklektizismus mündet in eine zeitlos-moderne Ästhetik. Die Zeitschrift Architectural Digest, eine Art Bibel der Branche, schrieb erst kürzlich: „Es sind Architekten und Interior Designer wie Hannes Peer, die unsere Szene im Jahr 2022 prägen und weit darüber hinausdenken, wie ein Teil unserer Welt morgen aussehen wird.“ R

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Herr Peer, wie wird sie denn aussehen, die gebaute Welt von morgen? Hannes Peer: Die Menschen glauben an eine Zukunft, die mehr mit Science-Fiction zu tun hat als mit der Realität. Ich denke da an sündhaft teure Bauten à la Zaha Hadid, die sicher interessant und recht ansehnlich sind, aber ob solche Gebäude die Antwort auf die Gegenwart oder die Zukunft sind, ist fraglich. Das bewusste Bauen im Kontext ist nach wie vor das Wichtigste. Nur einer Utopie nachzulaufen, ist sehr problematisch. In Ihren Design-Recherchen sprechen Sie selbst immer wieder von „Utopie“. Wie passt das zusammen? No. 12 / 2022

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Epochen-Jongleur: Hannes Peer verbindet Klassik und Moderne. Wie hier in diesem Apartment in Mailand. Das Interieur ist eine Hommage an die großen Mailänder Meister wie Piero Portaluppi, Osvaldo Borsani und Gabriella Crespi. Die Zeitschrift Elle Decor Italia nannte das Interieur ein Beispiel für den „Nuovo Stile Italiano.“

Foto: Helenio Barbetta

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„ÄSTHETIK IST EXTREM VERGÄNGLICH.“ HANNES PEER

Ich recherchiere seit Jahrzehnten, damit habe ich nie aufgehört. Und ja, die Recherche hat einen lustigen Namen: „Nostalgische Utopie“ oder „Utopische Nostalgie“. Die Begriffe sind antithetisch, und ich habe sie zusammengebracht, denn genau da beginnt es für mich interessant zu werden. Das heißt: Utopie gut und recht, aber immer mit einem Schwerpunkt auf Kultur und Historie. Dann ist eine Utopie möglich, weil eine Projektion in die Zukunft gemacht werden kann, die gleichzeitig sehr respektvoll mit dem Kontext umgeht. Ihre Arbeiten zeugen von einem starken Stilmix. Wie gelingt es, dass dieser Eklektizismus nicht in Chaos endet oder im stilistischen Overkill? Es geht darum, viele verschiedene Dinge auszuprobieren. „Trial and error“, Versuch und Irrtum, sozusagen. Man muss recherchieren, um die bestmögliche Lösung zu finden, und natürlich ein bestimmtes Feingefühl entwickeln. Dann wird

das Eklektische zur konsequenten Entwurfsmethode. Das geht allerdings nur, wenn man eine gewisse Erfahrung hat, sonst ist das sehr frustrierend. Am Anfang ist da dieser Overkill oder eben dieser sogenannte Underkill – das eine ist zu viel und das andere ist minimalistische Langeweile. Und doch wird Minimalismus heutzutage oft als gestalterischer Kanon propagiert … Der Minimalismus von 1990 oder die Arbeiten des japanischen Architekten Tadao Andō haben nichts mit dem Minimalismus von heute zu tun. Wenn ich zeitgenössische minimalistische Interieurs sehe, dann sehe ich eher Ideenlosigkeit. Sie selbst scheinen vor Ideen zu strotzen. Wie gelingt es Ihnen, in der Architektur- und Designwelt relevant zu bleiben? Es ist nicht einfach, man muss eben dranbleiben, kämpfen und sich nicht zu viel in einer bestimmten

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Foto: Amir Farzad

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1. Im Einklang: „Architektur, Design und Kunst ist eine Welt.“ Getreu dieser Philosophie entwirft Hannes Peer nicht nur Möbel, sondern auch Kunstwerke wie das großformatige Bild aus Holz und Leinen, das von der grauen Wand strahlt. 2. Leichtfüßig: Die Konsole „Butterfly“ des italienischen Labels „SEM“ ist ein Entwurf von Hannes Peer. Sie besteht aus Lamellenholz und einem Finishing aus Keramik-Kunstharz.

Foto: Helenio Barbetta

3. Art-déco-Stil: Für Roberto Ortello, CEO des italienischen Modelabels „N°21“ hat Hannes Peer ein Apartment in Mailand neu gestaltet. Der Esstisch, die Mahagoni-Stühle und der mächtige Kronleuchter aus Murano-Glas wurden von ihm entworfen.

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Ästhetik verlieren. Ästhetik ist extrem vergänglich, deshalb sollte man sich nicht von irgendwelchen Modeerscheinungen leiten lassen. Wenn man kritisch denkt, recherchiert und sich Kultur aneignet, dann verliert man auch nicht den Zeitgeist. Man muss eben am Puls der Zeit bleiben. Das heißt aber nicht, sich von Instagram und Pinterest zu ernähren. Es bedeutet, die Geschichte zu kennen und Neues zu schaffen. Wir Architekten müssen grundsätzlich mehr Sensibilität haben für Kultur und Kontext. Und um den Kontext zu verstehen, muss man wiederum die Kultur kennen. Das ist die Quadratur des Kreises.

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Apropos Kultur und Kontext: Erst kürzlich haben Sie den Auftrag erhalten, als Projektleiter die Parkanlage in den historischen Caracalla-Thermen in Rom neu zu planen. Ein prestigeträchtiger Auftrag. Es ist mein erstes großes Städtebauprojekt, und es ist sehr spannend, aus dem Interior-Bereich etwas rauszukommen. Das Projekt entsteht in Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde des Ministeriums für Kultur- und Landschaftsgüter und soll noch Ende des Jahres fertig sein. Die Arbeiten sind zeitlich eng getaktet, deshalb habe ich mich mit einem anderen Architekturbüro zusammengeschlossen. Im Alleingang wäre das nicht zu stemmen, aber ich bin sehr stolz auf diesen Auftrag. Gleichzeitig unterrichten Sie an der „Nuova Accademia di Belle Arti“ in Mailand. Was geben Sie Ihren Schülern mit? Ich versuche, ihren Kopf aufzubrechen (lacht), sie sind nämlich sehr beeinflusst von den sozialen Medien und der digitalen Welt. Ich verstehe das. Ich bin selbst ein Hyper-Nerd. Alles, was mit Technologie zu tun hat, nehme ich autodidaktisch auf, à la Elon Musk, wenn man so will. Es darf aber nicht sein, dass wir die Wirklichkeit aus den Augen verlieren oder Architekten ihre Mission. Ich spreche von einer sozialen Mission. Egal, ob es darum geht, ein Haus zu bauen oder eine Wohnung einzurichten: Ich versuche, ihnen kritisches Denken und Selbstständigkeit beizubringen. Ich selbst jedenfalls habe mich auf dieses Abenteuer eingelassen, vielleicht auch angespornt durch meine Mutter. Ihre Mutter, Ursula Huber, ist Künstlerin. Inwiefern hat Sie Ihre Arbeit geprägt? Meine Mutter und ich haben eine super Beziehung, vielleicht weil uns die Kreativität und die Liebe zu Materialien eint. Ich erinnere mich an meine erste Amerika-Reise mit ihr. Damals war ich neun Jahre alt. Bei einem Workshop haben wir den amerikanischen Glaskünstler Harvey Littleton getroffen. Diese Reise hat mir die Augen geöffnet. Von klein auf habe ich von ihr gelernt, Dinge zu hinterfragen, meiner Neugierde zu folgen. Und ich bin fast krank vor Neugierde (lacht)! Aber das ist es doch, was einen Künstler auszeichnet. Es gibt da in gewisser Weise eine Lebenslangeweile, und um sie auszumerzen, suche und strebe ich nach Neuem. R

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Foto: Helenio Barbetta

Foto: Helenio Barbetta

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Tiefenwirkung: Für den italienischen Modedesigner Valerio Leone hat Hannes Peer einen retrofuturistischen Wohntraum komponiert. Fast jedes Objekt im Wohnzimmer ist ein Blickfang.

Heilige Hallen: Immer wieder involviert Hannes Peer seine Mutter Ursula Huber in Einrichtungsprojekte. Wie hier in diesem Mailänder Apartment, das wie ein moderner Tempel anmutet. Das Hochrelief (rechts) ist ein Werk von ihr.

Wie halten Sie das Gleichgewicht zwischen den vom Markt diktierten Bedürfnissen und den Dingen, die Sie einfach schaffen wollen? Alles, was Mode ist, wird angenommen. Auch Kunden springen auf diesen Zug der Oberflächlichkeit auf und mögen, was sie schon kennen. Da darf man sich nicht einlullen lassen. Die meisten Designobjekte auf dem Markt machen Probleme, sie lösen sie nicht. Sie sind autoreferenziell. Deshalb habe ich angefangen, selbst Designobjekte zu machen. Schaut man sich die Sofas von Le Corbusier an oder die Stühle von Mies van der Rohe, dann sieht man, sie sind nach wie vor Klassiker. Auf heutigen Designobjekten ist hingegen oft ein Stempel drauf mit einem Verfallsdatum.

gesehen wird. Die neodekonstruktivistische Architektur von Zaha Hadid z.B. ist meines Erachtens problematisch, weil sie sehr mit dem Markt liebäugelt. Auch hier gilt: Wenn man zu sehr einer bestimmten Ästhetik nachhechtet und sich vom Markt leiten lässt, verliert Architektur ihren Sinn.

Zu modisch? Ja, wenn ein Objekt zu kontemporär ist, wird es zum Problem. Davor warne ich. Ich bin aber überzeugt: Man kann an einer modernen Klassik arbeiten. An Objekten, die versuchen, in die Zukunft zu schauen und nicht nur in ein Magazin zu kommen.

Geht es nicht auch darum, eine Handschrift zu entwickeln, um besser wahrgenommen und verstanden zu werden? Meine konzeptuelle Handschrift ist schon da, sie ist nur schwieriger zu erkennen, gerade weil meine Arbeiten so kontextbezogen sind. Dadurch dauert es eben etwas länger, von Menschen verstanden zu werden. Es muss auch nicht immer ein Loft oder eine Villa sein. Mein Traum wäre es, mit viel Feingefühl einen alten Bauernhof umzubauen.

Wie lässt sich das auf die Architektur übertagen? Im Grunde genommen, ist Architektur ein sozialer Problemlöser. Es ist sehr gefährlich, wenn Architektur nur als Markt 20 No. 12 / 2022

Das klingt sehr idealistisch. Ich sehe meine Arbeit als Mission. Natürlich will ich schöne und interessante Dinge kreieren. Was mich aber unglaublich stolz macht, ist die Tatsache, dass all meine Arbeiten völlig unterschiedlich sind. Dadurch sieht man, dass das Projekt für den Kunden maßgeschneidert ist. Sonst würde ich immer dasselbe machen, und es wäre ständig dieselbe Handschrift.

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PR-INFO

Birgit Leitner hat als Grafikerin und Einrichtungsberaterin gearbeitet und ist mittlerweile voll im Familienbetrieb Alp House tätig.

1983 hat sich Helmuth Leitner als einer der jüngsten Maurermeister Südtirols selbstständig gemacht: mit nur 21 Jahren.

„WIR ZIEHEN AN EINEM STRANG“

Eine Familie, ein Unternehmen, eine Vision: Helmuth Leitner, der Gründer des Sterzinger Unternehmens Alp House, und seine Töchter Sylvia und Birgit im Porträt.

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elmuth Leitner hatte nie Zweifel an dem Weg, den er eingeschlagen hat – im Gegenteil: Von Anfang an sind die Leidenschaft zum Bauen und sein Bestreben, eine ehrliche Beziehung zu Mitarbeitern und Kunden aufzubauen, zentrale Werte in seinem Unternehmen Alp House. Werte, die seine beiden älteren Töchter Sylvia und Birgit vollumfänglich teilen. Sie sind quasi im Unternehmen aufgewachsen und sind dabei, in die Fußstapfen ihres ambitionierten Vaters zu treten. Die besten Voraussetzungen haben sie allemal, immerhin haben sie

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das Know-how und die Mentalität schon in die Wiege gelegt bekommen. „Wir erinnern uns noch gut daran, wie aufregend es für uns war, alswir als Kinder mit auf die Baustellen durften“, schmunzeln die beiden jungen Frauen. Beide haben vor ihrem Eintritt ins Familienunternehmen zunächst andere berufliche Ziele verfolgt – Sylvia mit dem Studium der Politikwissenschaften, Birgit als Grafikerin und Einrichtungsberaterin. Beide sind zwischenzeitlich selbst Mütter geworden – und sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung, ins Unternehmen einzusteigen.

Die Geburt einer Vision Möchte man die Firmenphilosophie verstehen, dreht man am besten die Uhr zurück, ins Jahr 1976. Damals begann Helmuth Leitner, als Maurer zu arbeiten. Als einer der jüngsten Maurermeister Südtirols machte er sich 1983 mit nur 21 Jahren selbstständig. Bis in die 1990er-Jahre war der kleine Betrieb in den Bereichen Bauingenieurwesen und Baugewerbe tätig. Richtig glücklich war Helmuth damit aber nicht: „Die Kunden wussten bis zum Abschluss der Arbeiten eigentlich nie wirklich, wie viel ihr Haus kosten würde – und dadurch,

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Sylvia Leitner hat Politikwissenschaften studiert und ist dabei mit ihrer Schwester Birgit in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten.

dass wir nur die Bauarbeiten betreuten, konnten auch wir das nie genau sagen. Viele sind irgendwann in finanzielle Engpässe geraten. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, so weiterzuarbeiten.“ Eine Lösung musste her, die es dem Kunden ermöglichen sollte, die Finanzierung von Anfang an konkret und exakt zu planen und alles aus einer Hand anzubieten. Das Konzept „Fertighaus“ gab es zu dem Zeitpunkt bereits – das massive Fertighaus in Ziegelbauweise noch nicht. Deshalb gründete Helmuth 2004 die Firma Alp House. Die Steine, die ihm damals in den Weg gelegt wurden, „verarbeitete“ er mit Ehrgeiz und Kreativität: indem er z.B. die Produktionsmaschine für sein Vorhaben selbst mitentwarf. Zwei Jahre später wurde die Produktionsstraße für die Fertigteile in Ziegelbauweise in Betrieb genommen – und der Weg des Erfolgs war frei. ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl

Von starkem Rückenwind ... „In einem Familienbetrieb ist man umso mehr gefordert, alles unter einen Hut zu kriegen. Da kann es auch mal vorkommen, dass sich die Kinder hier rumtreiben“, lacht Sylvia. „Nicht immer ist alles ganz einfach – wie in jedem anderen Betrieb. Aber es ist schön zu wissen, dass immer dieser familiäre Rückhalt da ist“, betont Birgit, die wie ihre Schwester den Betrieb von A bis Z genauestens kennt. Und apropos Rückhalt: Der kommt bei Alp House von vielen Seiten. Das erkennt man etwa daran, dass auch Birgits und Sylvias Partner mit im Betrieb arbeiten – vor allem aber auch daran, dass alle Mitarbeiter die Werte und Visionen der Geschäftsführung mittragen. „Sie bringen alle dasselbe Herzblut wie wir mit.“ Sie – damit meint Birgit die rund 30 Mitarbeiter, die, wie sich im Gespräch immer wieder herauskristallisiert, für die Familie Leitner tragende Säulen sind. „Wir setzen uns für unsere Mitarbeiter sehr ein. Wir arbeiten unter anderem eng mit den Gewerkschaften zusammen und haben Zusatzversicherungen abgeschlossen.“ Teambuilding ist bei Alp House nicht nur ein Begriff auf einem Blatt Papier, hier wird es wirklich gelebt: Einmal im Monat gibt es zum Beispiel ein Mitarbeiterfrühstück, bei dem alle Mitarbeiter aus den verschiedenen Bereichen zusammenkommen, um sich auszutauschen. … und frischem Wind bei Alp House! Ein weiterer, wichtiger und relativ neuer Fokus: Nachhaltigkeit. „Dadurch soll ein Beitrag für unsere Zukunft geleistet werden. Ich mag ja das Wort ‚enkelgerecht‘ sehr gerne“, unterstreicht Sylvia, „Alp House soll ein nachhaltiges Produkt werden, und das Thema in unseren Köpfen noch präsenter. Es ist schön zu sehen, wie unser Team hier voll hinter uns steht.“ Auch bei den Kunden selbst sei diesbezüglich eine Veränderung spürbar, erzählt sie. Schon bevor es an die Umsetzung von Projekten gehe, werde die Nachhaltigkeit angesprochen. Birgit erklärt: „98 Prozent der Planungen werden mittlerweile mit uns gemeinsam durchgeführt, für den weiteren Arbeitsprozess ist das natürlich von Vorteil und zeugt von großem Vertrauen. Dieses gegenüber dem Kunden aufzubauen, ist das Wichtigste überhaupt: Das gegenseitige Kennenlernen, der gemeinsame Lokalaugenschein, das persönliche Gespräch ... zu schauen, ob man zueinander passt, ist die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit!“ Diese

endet übrigens nicht mit der Schlüsselübergabe – Alp House ist es ein Anliegen, seine Kunden auch weit über das Bauende hinaus zu begleiten, etwa wenn mögliche Baumängel oder Abnutzungserscheinungen auftreten: „Unsere Kunden wandern nicht einfach ins Archiv – jedes Projekt wird weiter betreut. Nur so können wir unsere Kunden zu 100 Prozent zufrieden-

„Was ich meinen Töchtern mit auf den Weg geben möchte? Bleibt, wie ihr seid, und geht alles mit Leidenschaft an!“ HELMUTH LEITNER

stellen. Und nur so können wir uns weiterentwickeln. Wir sind auch nur Menschen und nicht rundum fehlerfrei. Wir geben aber immer unser Bestes und lernen mit jedem Projekt dazu“, betont Helmuth und beweist mit diesen ehrlichen Worten nicht nur Reife, sondern vor allem Menschlichkeit. „Bauen soll für den Bauherrn keine Anstrengung sein, sondern eine schöne Erfahrung“, so Helmuth. Und weil mittlerweile bereits die zweite Generation einiger Kunden und auch die eigenen Mitarbeiter mit Alp House das Projekt Eigenheim angehen, darf man wohl davon ausgehen, dass es das mit dem Sterzinger Familienunternehmen tatsächlich ist: ein Erlebnis, das positive Emotionen hinterlässt.

Alp GmbH Alp House ist eine geschützte und eingetragene Marke für das Errichten von Fertighäusern in massiver Ziegelbauweise. Mit der vorteilhaften Methode des Fertigmauerwerkes werden Fertighäuser – vorwiegend im Privat-, Siedlungs- und Hotelbau – professionell und auf höchstem Niveau realisiert. T. +39 0472 767 111 www.alphouse.it

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nol + Matteo Scag Sandy Attia Christian Monsorno + Katja Trauner

Angelika Bachmann + Helmut Stifter 24 No. 12 / 2022

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≥ TITEL ARTIKEL

Wie schafft man es, Ehepartner und gleichzeitig Arbeitskollege zu sein? Und wie gut tut das der Beziehung? Auf Spurensuche bei drei Architektenpaaren, die auf die Liebe bauen. Text: Barbara Tilli

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n der Architektur- und Designwelt ist kaum ein Name so bekannt wie „Eames“. Dahinter stecken zwei Amerikaner, die als Paar und Partner das Interior Design in der Nachkriegszeit entscheidend prägten: Charles und Ray Eames. Er war ein charismatischer Architekt, sie eine talentierte Künstlerin. Gemeinsam schufen sie Ikonen des Möbeldesigns. Heute gelten sie als das erfolgreichste Designerduo der Geschichte. Grundlage für ihr kreatives Schaffen bildete ihr kongeniales Zusammenspiel, sowohl beruflich als auch privat. STELLT SICH DIE FRAGE: Wie arbeitet man zusammen, wenn man sich liebt? Wie schafft man es, Ehepartner und R

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gleichzeitig Arbeitskollege zu sein? Und wie gut tut das der Beziehung? Auch in Südtirol gibt es starke Architektenpaare: Man denke an Matteo Scagnol und Sandy Attia, an Helmut Stifter und Angelika Bachmann, an Christian Monsorno und Katja Trauner oder an Gerd Bergmeister und Michaela Wolf. Und dann gibt es da noch Geschwisterpaare wie Armin und Alexander Pedevilla oder David und Verena Messner. Sie alle haben sich gegen das Dasein als Einzelkämpfer und für das Miteinander entschieden – mit allen Höhen und Tiefen, die damit verbunden sind. Auf den folgenden Seiten nehmen wir Sie mit in den Alltag von drei Architektenpaaren und lüften das Geheimnis ihrer Synergien. ≥

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Foto: Oskar Da Riz

Geschwungen: Der Hauptsitz der Tourismus-Genossenschaft in Brixen ist ein Entwurf von Matteo Scagnol und Sandy Attia. Der Baukörper besteht aus Beton und schlingt sich um die über hundertjährige Platane. Für den ausgeschriebenen Neubau musste der Pavillon des mittlerweile verstorbenen Architekten Othmar Barth weichen. Das sorgte anfangs für Kritik.

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Foto: Marco Pietracupa, Bearbeitung:

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≥ LIEBE AM WERK

WELTENBÜRGER Matteo Scagnol & Sandy Attia

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atteo Scagnol, 54, und Sandy Attia, 48, sind ein weltoffenes Paar. Er ist in Triest geboren und in Brixen aufgewachsen. Seine Studienzeit verbrachte er in Venedig, Neapel und in den USA. Sie hingegen stammt aus Ägypten. In ihrer

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Kindheit lebte sie in Kuweit, als Jugendliche zog sie in die Vereinigten Staaten. Ihre gemeinsame Architektursprache zeugt von ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Sie ist heterogen, beweglich, wandelbar und gleichzeitig sehr stimmig. Sie ist in etwa so wie die beiden selbst. No. 12 / 2022

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2. Vereint: Im Bozner Stadtviertel Firmian hat das Architektenpaar eine moderne Bildungseinrichtung entworfen. Die Grundschule, die öffentliche Bibliothek und der Kinderhort sind Alexander Langer gewidmet. Der Campus steht sprach- und kulturübergreifend allen Bewohnern des Viertels zur Verfügung.

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Foto: Simone Bossi

1. Hybrid: Der neue Besucherparcours im Kloster Neustift verbindet die Sekundärbauten mit dem Bibliotheksflügel aus dem 17. Jahrhundert. Von außen wird das Projekt durch eine kupferverkleidete Brücke sichtbar, deren Dach über die Abteimauer ragt.

Foto: Oskar Da Riz

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≥ LIEBE AM WERK

Wo haben Sie sich kennengelernt? Matteo Scagnol: An der Harvard Universität in Boston. Ich hatte dort ein Stipendium für mein Masterstudium bekommen. Es war mein erster Tag. Ich sollte ein Foto für meinen Studentenausweis machen, und dann sah ich Sandy. Ich war sofort von ihr fasziniert. Nicht nur von ihrer Schönheit, auch von der Kultur, die sie verkörperte. Wir haben uns verliebt, und als ich nach dem Studium beschloss, nach Italien zurückzukehren, konnte ich Sandy überzeugen, mitzukommen. In Rom haben wir dann unsere Beziehung und unsere Liebe für die Architektur gefestigt. Im Jahr 2000 haben Sie in Brixen Ihr gemeinsames Architekturbüro gegründet. Warum gerade dort und nicht in einem internationaleren Kontext?

Attia: Die Idee, gemeinsam zu arbeiten, entstand noch bevor wir uns über den Standort einigten. Ich habe keine richtigen Wurzeln, also hatte ich auch nicht das Bedürfnis, mich an einen bestimmten Ort zu binden. Ich war offen für alles. Die Entscheidung fiel dann auf Brixen, weil die Auftragslage in Südtirol für junge Architekten gut war. Es gab Wettbewerbe, an denen man teilnehmen konnte, und Matteos Eltern lebten dort. Die Jahre vergehen, und wir sind noch hier, aber es ist keine Entscheidung, die wir fürs Leben getroffen haben.

„IN DER ARCHITEKTUR GEHT ES UM MENSCHLICHKEIT.“ SANDY ATTIA

Inwiefern? Attia: Vor einigen Wochen habe ich zu Matteo gesagt: Lass uns ein Jahr lang nach Kairo ziehen und von dort arbeiten. Unsere Kinder (12 und 14 Jahre alt) könnten eine andere Kultur kennenlernen ... Aber die Welt ist kompliziert und unsicher geworden. Und hier in Südtirol gibt es ein hohes Niveau,

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≥ LIEBE AM WERK

was das Bauen angeht. Architektur und Handwerk haben einen großen Stellenwert. All das macht Südtirol nach wie vor interessant, auch wenn wir unseren Blick immer wieder auf das Ausland richten.

Foto: Marco Zanta

Zwei Kulturen, zwei Sichtweisen. Kommen Sie sich nie in die Quere? Scagnol: Für uns ist es eine Bereicherung. Den Dialog, der daraus entsteht, schätze ich sehr. Es gibt uns Kraft, sowohl im Leben als auch bei der Arbeit. Aber klar, es ist nicht immer einfach (schmunzelt).

Geometrisch: Für den Künstler Hubert Kostner aus Kastelruth haben Scagnol und Attia ein multifunktionales Haus entworfen. Im Unterbau aus Beton befinden sich das Atelier und die Galerie, im Holzkörper darüber die Wohnräume.

Es gibt also auch Spannungen? Scagnol: Anfangs hatten wir nicht viele Aufträge. Da gab es schon Spannungen. Heute ist es etwas entspannter. Wir arbeiten auch nicht immer Seite an Seite. Jeder hat seine Aufgaben, und dann treffen wir uns wieder, um gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Attia: Wir helfen uns gegenseitig.

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≥ LIEBE AM WERK

Und wenn wir beide gestresst sind, dann sind da die Kinder, die uns ablenken und aufmuntern. Wer setzt sich im Streit eher durch? Scagnol: Schwer zu sagen, aber zum Glück hat jeder seine eigenen Sichtweisen. Sonst würden wir beide mit Scheuklappen durchs Leben gehen. Ihre Architektursprache ist sehr heterogen, eine klare Linie schwer zu erkennen. Woran liegt das? Attia: Das stimmt. Das liegt daran, dass wir immer wieder Neues ausprobieren wollen. Wir wollen kontextbezogene Lösungen für ein Problem finden. Es geht nicht um Preise oder Veröffentlichungen.

Scagnol: Grundsätzlich stehen die Gebäude, die wir entwerfen, nicht still. Sie versuchen, sich zu bewegen und Beziehungen einzugehen. Es ist der Versuch, dem Gebäude einen Weg aus der Einsamkeit zu geben ... Attia: ... schließlich geht es auch in der Architektur um Menschlichkeit. Sie nehmen an vielen öffentlichen Wettbewerben teil. Ist das nicht unglaublich mühsam? Scagnol: Klar, aber es gibt uns einen Bürger- und Gemeinschaftssinn. Das sage ich nicht nur so, das meine ich auch. Attia: Ja, es ist eine große Genugtuung, einen Beitrag zur Baukultur zu leisten.

Viele Architekten in Südtirol angeln Bauprojekte im Tourismus. Sie machen das kaum. Warum? Attia: Wir können in jedem Bereich arbeiten, und wir haben letzthin auch ein Hotel entworfen, aber wir wollen es mit einem Minimum an Empathie für den Auftraggeber tun. Scagnol: Und leider wollen viele Touristiker extravagante Hotels bauen, die auf Instagram und Co. viele Follower generieren. Einerseits gibt es da diesen pseudotraditionalistischen Kitsch, und auf der anderen Seite einen externen Purismus, der innen in einem eklektischen Delirium endet. Das ist kein ausgereifter Tourismus. Attia: Stimmt, hier braucht es sicher n ein Umdenken.

Foto: Gustav Willeit

Monumental: Für die Umfahrungsstraße Brixen–Vahrn haben Matteo Scagnol und Sandy Attia Tunnelportale und Stützmauern aus Sichtbeton, Lärmschutzwände aus Lärchenholz und Lüftungskamine aus Cortenstahl entworfen.

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≥ LIEBE AM WERK

Die Energie der Sonne nutzen!

Was gibt es bei der Planung einer Photovoltaikanlage zu beachten?

Als erstes wird das Bauvorhaben vor Ort bewertet, um die optimale Zusammensetzung und Ausrichtung der Anlage zu ermitteln. Eine detaillierte Planung stellt sicher, dass alle Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt sind und die Anlage so ausgelegt ist, dass bei niedrigen Investitionskosten ein hoher Stromertrag erzielt wird. Mittels Softwaretools wird der Schattenverlauf von freistehenden Objekten simuliert und die Module können so anpasst werden, dass die Rentabilität der Anlage gesichert ist. Die Anlage kann um Komponenten, wie ein Energiemanagementsystem oder einen Batteriespeicher erweitert werden. Der Strom kann direkt genutzt werden, zur Wärmegewinnung, mittels einer Wärme-

pumpe, oder für die Elektromobilität. Um notwendige Anträge und Anmeldungen bei Stromgesellschaft und GSE, kümmern wir uns, vom Unternehmen Mader.

Wieviel kann man an Stromkosten einsparen?

Dies hängt individuell von jedem Anlagenbetreiber ab, wie der Eigenstrom genutzt wird. Im Durchschnitt spricht man von ca. 40% Stromersparnis mit einer traditionellen Photovoltaikanlage ohne Stromspeicher. Im produzierenden Gewerbe ist die Stromersparnis deutlich höher, da die produzierte Energie direkt verbraucht wird und nur an den Wochenenden und Feiertagen ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Die Photovoltaikanlage ist eine Investition, die sich im Laufe der Zeit bezahlt macht. Sie sparen Geld bei der Stromrechnung und können die überschüssige Energie auch wieder an das öfffentliche Stromnetz verkaufen.

Liefert die Photovoltaikanlage auch bei schlechtem Wetter Strom?

Das Schwachlichtverhältnis sorgt dafür, dass auch bei geringer Lichteinstrahlung

Tobias Burger, Abteilung PVS

Freddy Zingerle, Abteilung PVS

noch Strom erzeugt wird. Die Leistung kann bei starkem Nebel bis zu 70 Prozent eingeschränkt sein. Mit einer Speicherbatterie können diese Tage überbrückt werden.

Bedarf es einer Genehmigung und gibt es Förderungen beim Kauf einer Photovoltaikanlage?

Der Bau einer Photovoltaikanlage fällt unter „opere in edilizia libera“ und ist somit nicht genehmigungspflichtig. Weitere Genehmigungen bzw. Mitteilungen an GSE und Terna werden vom Unternehmen Mader erledigt. Es gibt es verschiedene Möglichkeiten, in den Genuss von Förderungen bzw. Vergütungen zu kommen. Mader berät Sie gerne.

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Photovoltaik nutzt die Sonnenenergie, um Strom zu erzeugen. Wie viel durch die Installation einer Photovoltaikanlage eingespart werden kann und ob sich der Bau einer Photovoltaikanlage lohnt, fragen wir die Photovoltaik-Experten, Freddy Zingerle und Tobias Burger vom Unternehmen Mader.

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≥ LIEBE AM WERK

Foto: Renè Riller

Aus einem Guss: Für eine junge Familie aus Laas haben Christian Monsorno und Katja Trauner eine Villa ganz in Weiß gebaut. Hauptzuschlag der Gebäudehülle aus Sichtbeton ist Laaser Marmor.

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Foto: Hannes Ochsenreiter, Bearbeitung: ff

≥ LIEBE AM WERK

GEISTESVERWANDTE Christian Monsorno & Katja Trauner

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lle Wege führen nach Rom, heißt es so schön. Christian Monsorno, 47, und Katja Trauner, 47, haben sich während ihrer Studienzeit in Innsbruck völlig unabhängig voneinander für eine Exkursion in die Ewige Stadt entschieden. Im pulsierenden Epizentrum der klassischen Architektur, umgeben von ehrwürdigen Denkmälern und geschichtsträchtigen Ruinen, kreuzten sich ihre Wege zum ersten Mal. Die Funken sprangen sofort über. „Bei der Rückfahrt mit dem Zug haben wir uns ein Abteil

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geteilt, uns unterhalten und ein nächstes Treffen in Innsbruck vereinbart“, erzählt Katja. Es sollten noch viele gemeinsame Studienreisen folgen, die sie unter anderem nach Rotterdam, London, Berlin und New York führten. Auch ihr erstes gemeinsames Bauprojekt geht auf die Studienzeit zurück. „Es handelte sich um ein dezentes Mehrfamilienhaus in meiner Heimatgemeinde Prad am Stilfserjoch. Und es gefällt noch“, verkündet Katja. „Ja, das ist eine große Genugtuung“, ergänzt Christian mit einem Lächeln.

NACH DEM STUDIUM trennten sich ihre Wege zunächst, aber nur beruflich. Katja ging zurück nach Prad und arbeitete von dort aus. Christian Monsorno startete seine freiberufliche Tätigkeit in Auer. „Jeder hat für sich gearbeitet. Es war ein ewiges Pendeln“, erinnert sich Katja. 2004 fassten sie den Entschluss, nicht nur privat, sondern auch beruflich ein Paar zu werden, und so gründeten sie ihr gemeinsames Architekturbüro mit Sitz in Auer und Prad. Bedenken darüber, eine Doppelrolle einnehmen zu müssen, habe es keine gegeben, erklärt Katja: „Wir waren No. 12 / 2022

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1. Auf Stelzen: Für dieses Einfamilienhaus in Auer haben Christian Monsorno und Katja Trauner überdachte Bereiche geschaffen, die als Aufenthaltsräume im Freien dienen. Das Obergeschoss aus weißem Sichtbeton schwebt auf vier Stützen. Das Erdgeschoss ist beinahe vollkommen verglast. 2.+3. Gestapelt: Auf der Garage des Zivilschutzzentrums in Mals errichtete das Architektenpaar einen Neubau in Form eines abgewinkelten Quaders, der sich durch eine Schattenfuge vom Bestand abhebt. Die Verkleidung besteht aus Aluminiumlamellen.

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Fotos: Renè Riller

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„WENN ICH AUS DEM BÜRO RAUSGEHE, SEHE ICH DIE WELT MIT ANDEREN AUGEN. DAS GEHT CHRISTIAN NICHT IMMER SO.“ KATJA TRAUNER

überzeugt, dass es funktionieren würde. So wie es für uns auch der logische Schritt war, eine Familie zu gründen. Es hat einfach gepasst.“ Lange Zeit habe sie sich um ihre Kinder gekümmert, ohne beruflich den Faden zu verlieren, betont sie. „Wir mussten aber auch lernen, mit dieser neuen Situation umzugehen“, gesteht Christian. Oft sei es schwierig für ihn, das Private vom Beruflichen zu trennen. „Vor allem wenn man zuhause auf der Couch sitzt und denkt: Vielleicht hätte ich das doch lieber anders gemacht.“

Mittlerweile haben sich die beiden einen gewissen Pragmatismus angeeignet. „Jeder hat seine Kompetenzen und Stärken und kann sie frei ausleben. Beruflich teilen wir uns die Aufgaben analytisch auf“, betont Christian. „Und am Wochenende sprechen wir nie über die Arbeit im Büro. Wir sprechen über Architektur, ja, aber nicht über aktuelle Projekte“, so Katja. Eine klare Trennung also. Kann das funktionieren? „Ich kann das ganz gut. Wenn ich aus dem Büro rausgehe, sehe ich die Welt mit anderen Augen. Das geht ihm

nicht immer so“, verrät Katja mit einem Augenzwinkern in die Richtung ihres Mannes. HÖHEN UND TIEFEN gibt es in jeder Beziehung. Ausschlaggebend ist, wie man damit umgeht, zeigen sich Katja und Christian überzeugt. „Klar teilt man nicht immer dieselbe Sichtweise, aber man vertraut einander, völlig unabhängig von der Aufgabe. Ich persönlich bin immer wieder froh, dass ich mich auf Katja verlassen kann, wenn ich mich mal

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Fotos: Renè Riller

Fenster zur Natur: Das Erdgeschoss des Ateliers von Christian Monsorno und Katja Trauner in Auer öffnet sich nach Süden hin. Ein großes Kastenfenster mit einem Rahmen aus Eichenholz ermöglicht den Blick in den Garten. Der Arbeitsraum im Obergeschoss ist nach Norden gerichtet. Die gesamte Außenfassade des Gebäudes besteht aus Acrylputz mit Netzstruktur in Silber.

in Details verliere. Dann hilft sie mir, die Dinge von außen zu betrachten. Das erhöht die Qualität, ist beim Erstellen von Konzepten für öffentliche Wettbewerbe von Bedeutung und tut ungemein gut“, betont Christian. „Von Vorteil ist auch, dass wir nicht bestrebt sind, dasselbe zu machen. Ich zum Beispiel rechne viel lieber, er hingegen blüht beim Entwerfen auf“, verrät Katja. Für Christian ist das Entwerfen von Gebäuden „eine Reise zu geistigen Horizonten, ein unverwechselbarer Prozess der persönlichen Entwicklung.“ Völlig egal, ob es sich um ein 38 No. 12 / 2022

privates Einfamilienhaus, ein öffentliches Gebäude wie eine Schule oder um eine Bestandssanierung handelt: Jede Herausforderung ist willkommen. Ganz nach dem Motto: Je komplexer, umso interessanter. „Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es wahrscheinlich besser, sich zu profilieren“, gesteht Christian, „aber wir wollen uns nicht einschränken. Langeweile steht uns nicht.“ DER ANSPRUCH, den das Architektenpaar an sich selbst stellt, ist hoch. Oft philosophieren sie gemeinsam über die

Bedeutung von Baukultur. „Den Bauherrn zufriedenzustellen, ist eindeutig zu wenig. Es ist auch zu wenig, wenn man als Architekt zufrieden ist. Eigentlich geht es um das Landschafsbild. Denken wir an die antiken römischen Städte – die Raumplanung macht den Unterschied! Da diskutieren wir auch viel gemeinsam darüber“, betont Katja. Die beiden sind sich einig: „In Südtirol braucht es mehr Diskussionskultur, mehr Austausch und grundsätzlich weniger Einzelkämpfer.“ Nur so seien die Herausforderungen der n Zukunft zu meistern. R

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Foto: Oliver Jaist

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Foto: Jens Küsters, Bearbeitung: ff

≥ LIEBE AM WERK

Monolith: Das skulpturale Erscheinungsbild der neuen Schwarzensteinhütte in den Zillertaler Alpen wurde von Helmut Stifter und Angelika Bachmann entworfen. Der Baukörper besteht aus einer Kupferblechfassade und soll an einen Felsblock erinnern. Medial stieß der Entwurf teilweise auf heftige Kritik.

VOLLZEIT-TEAM Helmut Stifter & Angelika Bachmann

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ie Biografien von Helmut Stifter, 54, und Angelika Bachmann, 55, weisen beeindruckende Parallelen auf. Sie sind beide ungefähr gleich alt und haben beide in Innsbruck Architektur studiert. Auch hier mit einem Jahr Unterschied. 1999 gründeten sie ihr gemeinsames Architekturbüro in Pfalzen. Seitdem trennt sie nichts mehr. Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf öffentlichen Bauprojekten wie Schulen, Rathäusern, Kultursälen und Feuerwehrhallen. Besonders kontrovers diskutiert wurde ihr Entwurf für die neue Schwarzensteinhütte in den Zillertaler Alpen. Dass es nicht ein traditionelles Schutzhaus mit Satteldach, sondern eine Skulptur in der Landschaft wurde, sei für viele ein Schock gewesen, erklärt Stifter. Der „Shitstorm“, der folgte, habe gezeigt, dass es in Südtirol mehr Diskussionskultur brauche.

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Aber auch in der Beziehung mit dem eigenen Partner sei die Kunst des Diskutierens von Bedeutung. Was war zuerst: die Liebe oder die Arbeit? Angelika Bachmann: Die Liebe. Wir haben erst später gemerkt, dass wir auch beruflich gut miteinander können. Am Anfang habe ich mich gesträubt, weil ich meine Bedenken hatte. Dann haben wir es ausprobiert. Und ja, es klappt. Wir sind noch heute beruflich und privat ein Paar (lacht). Helmut Stifter: Kennengelernt haben wir uns aber schon vor dem Studium in Innsbruck. Sie war entschlossen, Architektin zu werden. Ich hingegen war unsicher und habe deshalb ein Jahr Militärdienst in Cuneo gemacht. No. 12 / 2022

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2. Kantig: Die Kletterhalle im Brunecker Schulzentrum wurde nach den Plänen von Stifter und Bachmann gebaut. Der polygonale Baukörper besteht aus Sichtbeton und verfügt über einen ansteigenden, fassadenartigen Dachverlauf.

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Foto: Oliver Jaist

1. Kubisch: Für das Vereinshaus in Schalders setzten Stifter und Bachmann auf eine platzsparende Lösung. Die vertikale Ausrichtung des Baukörpers minimiert die bebaute Fläche und passt sich dem teils abschüssigen Hang an.

Foto: Renè Riller

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„WIR FÜHLEN UNS NICHT ALS DIENSTLEISTER. WIR DIENEN NUR DER BAUKULTUR.“ HELMUT STIFTER

Wir haben damals Briefe geschrieben. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen! Bei meiner Rückkehr habe ich mich bei Angelika über das Architekturstudium informiert, und dabei ist auch anderes Interesse entstanden (schmunzelt).

Bachmann: Wir haben uns gegenseitig geholfen und Schritte nach vorne gemacht, die wir allein vielleicht viel später gewagt hätten. Wir haben herausgefunden, dass wir gemeinsam stärker sind als jeder einzeln.

Können Sie sich an das erste gemeinsame Projekt erinnern? Bachmann: Das erste Projekt war die Sanierung eines alten Schulgebäudes in Ahrntal. Helmut hat hartnäckig mit Hand gezeichnet. Ich habe dann gesagt, das müssen wir ändern (lacht)! Stifter: Stimmt, ich war damals noch recht old-school unterwegs.

Arbeit und Liebe: Wie gut tut das der Beziehung? Bachmann: Wir kennen es gar nicht anders. Wir sind es so gewohnt, das ist völlig normal. Wir sitzen aber auch nicht immer Seite an Seite. Jeder macht seine Aufgaben, und dann trifft man sich wieder und bespricht sich. Ich habe nie das Gefühl, dass einer dem

anderen den Raum wegnimmt. Oder? Was sagst du? Stifter: Stimmt, aber ab und zu übertreiben wir es schon. Wenn wir an einem Wettbewerb arbeiten, sind wir von früh bis spät Seite an Seite. Viel fließt auch ins Privatleben über. Es kommt vor, dass wir am Esstisch noch über die Arbeit reden, aber die wichtigen Gespräche führen wir dort nicht. Kurz gesagt: Man ist sehr gefordert, damit umzugehen. Wer setzt sich in der Regel durch? Stifter: Das pendelt hin und her. Ein großes Ego hat da keinen Platz. Man muss lernen, auch mal zurückzuste-

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≥ LIEBE AM WERK

Fugenlos: Mansardendächer im Meraner Villenviertel lieferten die Idee für das Erweiterungsgebäude der Landesberufsschule Savoy in Meran. Ein Glassteg verbindet den Betonkubus mit dem nahegelegenen Hauptsitz im Jugendstilgebäude.

cken oder eben schlau genug sein, sich zurückzunehmen (lacht). Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wo wir stehen würden, wenn wir nicht gemeinsam arbeiten würden. Es könnte durchaus sein, dass wir sogar getrennt wären. Das wissen wir nicht. Auf jeden Fall funktioniert’s. Manchmal weniger, manchmal mehr. Nicht nur in der Beziehung als Paar, auch mit dem Bauherrn muss die Chemie stimmen … Bachmann: Wir haben sehr viele öffentliche Aufträge, da ist das Verhältnis mit dem Kunden anders als bei privaten Bauherren, schließlich steht das öffentliche Interesse im Vordergrund. Aber natürlich braucht es auch hier immer viel Empathie. Stifter: Bei öffentlichen Aufträgen steht zwischen den Architekten und dem Bauherrn sehr viel Bürokratie. Es gilt also, jede Menge Hindernisse abzubauen. Wenn wir es schaffen, Vertrauen aufzubauen, dann können wir leichter unsere Arbeit machen und müssen nicht über jeden Türgriff diskutieren. Das braucht aber Zeit und Energie, wie in jeder Beziehung. Ich würde sagen, das ist unsere Stärke und gleichzeitig unsere Schwäche. Zu viel Einfühlungsvermögen kann auch problematisch werden. Das ist eine Gratwanderung.

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Foto: Renè Riller

Sind direkte Aufträge nicht verlockender? Stifter: Sicher, wir könnten mehr Geld verdienen, früher nach Hause gehen, freie Wochenenden haben, aber gleichzeitig ist da dieser Nervenkitzel, ein Sich-Messen mit anderen und der Aufgabe selbst. Beim direkten Auftrag ist man sehr oft nur Dienstleister. Wir fühlen uns aber nicht als Dienstleister. Wir dienen nien mandem, nur der Baukultur. R

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LICHTPLANUNG

DIE VIERTE DIMENSION Zu hell, zu dunkel, am falschen Platz. Licht ist ein äußerst subtiles Gestaltungsmittel. Sein Potenzial wird oft unterschätzt. Ein Gespräch mit Lichtplanerin Natalie Tschigg.

Foto: Hannes Niederkofler

Interview: Barbara Tilli

DIE EXPERTIN Natalie Tschigg ist Lichtplanerin. Nach ihrem Architekturstudium in Innsbruck machte sie eine Spezialisierung in Lichtgestaltung an der Bartenbach Lichtakademie in Nordtirol. Seit 2016 führt sie ihr eigenes Lichtplanungsbüro in Bozen. Der Fokus ihrer Tätigkeit liegt auf der Ausarbeitung von Beleuchtungskonzepten, der Berechnung lichttechnischer Anforderungen, digitalen Modellsimulationen und der Auswahl von Lichtsystemen nach Wirtschaftlichkeit und architektonischen Gegebenheiten.

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Frau Tschigg, in der Architektur wird Licht als die „vierte Dimension des Raums“ bezeichnet. Warum? Natalie Tschigg: Licht öffnet ganz viele Spielräume. Es kann einen Raum optisch vergrößern, funktionaler oder ästhetischer erscheinen lassen. Licht bringt die Seele der Architektur hervor, es setzt Akzente, beeinflusst die Wahrnehmung und erzeugt Stimmung. Insofern ist Licht ein wichtiges Werkzeug in der Architektur. Warum wird Lichtplanung von Architekten trotzdem oft noch stiefmütterlich behandelt? Das hat sich in den letzten Jahren stark gebessert. Gute und erfolgreiche Architekten haben mittlerweile erkannt, wie viel Potenzial in der Lichtplanung steckt. Früher ist man etwas pragmatischer an die Sache herangegangen. Ganz nach dem Motto: Irgendwo werden wir schon eine Glühbirne reindrehen. Die Anforderungen sind aber gestiegen. Man will nicht nur Licht haben, sondern Stimmung erzeugen. Dabei kommt man um das Thema Lichtplanung nicht vorbei. Ist der Anspruch an Licht nicht auch individuell oder sogar kulturell behaftet? Absolut. Lichtgestaltung ist in nordischen Kulturen viel präsenter. Allein schon wegen der geografischen Lage gibt es weniger Sonnenstunden, insofern spielt Licht häufig eine größere Rolle als im Süden. Umgekehrt ist es aber so, dass gerade im Lichtdesign Länder wie Italien sehr stark sind. Grundsätzlich ist die Anforderung an Licht aber sehr individuell. Manche haben es lieber hell, andere wiederum etwas gedeckter oder gedämpft. In der Lichtplanung braucht es deshalb viel Gespür und Menschenkenntnis. Man muss auch zwischen den Zeilen lesen können, weil nicht jeder sein Bedürfnis an Licht in Worte fassen kann. Was macht gutes Lichtdesign bzw. eine gelungene Lichtplanung aus? R

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1. Balance-Akt: Gastronomen tun nicht gut daran, die Kreationen des Kochs in schummrigem Licht zu präsentieren. Gleichzeitig will niemand unter gleißendem Flutlicht speisen. Über Apps lässt sich das Licht an die Tageszeit und den Raum anpassen. 2. Lichtzonen: Die klassische Deckenlampe über dem Bett hat ausgedient. Vor allem LED-Panels und Strahler eignen sich für die Grundbeleuchtung im Schlafzimmer. Sinnvoll sind auch Lichtzonen in bestimmten Bereichen, wie etwa beim Kleiderschrank.

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≥ DIE VIERTE DIMENSION

„EIN GELUNGENES LICHTKONZEPT SPÜRT MAN NUR UNTERBEWUSST.“ NATALIE TSCHIGG

Die Beleuchtung muss den Menschen im täglichen Ablauf unterstützen und sich ins Gesamtkonzept des Raumes einfügen. Sie darf nicht als Fremdkörper wahrgenommen werden. Am besten sollte sie erst gar nicht wahrgenommen werden. Mir persönlich wäre es lieber, es bräuchte gar keine Lampen, um Licht zu erzeugen. Mir geht es nur um den Effekt, nicht um die Leuchte selbst. Klar gibt es auch schöne Leuchten, die ästhetische Akzente setzen, aber wenn ein Lichtkonzept gelungen ist, weiß man das gar nicht. Man spürt es nur unterbewusst. Im Büro verbringen wir sehr viel Zeit. Wie sollte dort die Lichtgestaltung sein? Vorausschicken muss man, dass es europäische Regeln und Normen gibt, an die man sich halten muss. Es geht nicht nur

um persönliche Vorlieben, sondern um vorgegebene Werte. Ein großes Thema in Büros ist die Blendung. Direkte Blendung entsteht durch zu hohe Unterschiede in der Leuchtdichte, beispielsweise durch Fensterflächen oder unzureichend abgeschirmte Lampen. Darüber hinaus gibt es Reflexblendungen durch die Spiegelung des Lichts auf Oberflächen oder durch Bildschirme. All das gefährdet das Sehvermögen, beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und kann zu Kopfschmerzen führen. Die Leuchtdichte in einem Raum muss überall ähnlich sein, damit sich die Augen schnell anpassen können, nicht ermüden oder tränen. In welchem Verhältnis stehen Tageslicht und Kunstlicht? Das Beste für den Menschen ist Tageslicht. Heutzutage gibt es auch Leuchten mit Sensoren, die sich an die Lichtverhältnisse

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„LICHT BRINGT DIE SEELE DER ARCHITEKTUR HERVOR.“

Foto: Edem Adobaya

NATALIE TSCHIGG

1 1. Boutique: In Fashion Stores geht es darum, mit gezielten Leuchtakzenten eine bestimmte Dramaturgie aufzubauen, um die modischen Kreationen hervorzuheben.

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draußen anpassen. Für den eigenen Biorhythmus ist das natürlich super. Denken wir an Schichtarbeiter: Sie haben ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. Das ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass ihr Biorhythmus verschoben ist. Sie sind nachts einer hohen Konzentration an Licht ausgesetzt. Oft ist es auch noch ein Licht mit vielen Blauanteilen, das zur falschen Zeit Hormone wie Melatonin hemmt und uns wach werden lässt. Für den Körper ist das eine starke Belastung. Wie groß ist das Thema Steuerung bzw. Personalisierung von Licht? Der Wunsch nach mehr Personalisierung ist da und nimmt immer mehr zu. Heute läuft viel über Sensoren oder Zeitschalter, die mit intelligenten Haustechniksystemen gekoppelt sind. So kann das Licht auch mit der Markise oder mit den Jalousien gekoppelt werden. Die Beleuchtung passt sich automatisch an, je nachdem, ob sie ausgefahren sind oder nicht. 50 No. 12 / 2022

Foto: Austin Distel/Unsplash

3. Büro: Geeignete Lichtverhältnisse tragen zur effizienten und gesundheitsschonenden Arbeit bei. EU-Normen geben die Anforderungen vor.

Foto: Pastyle

2. Bistro: Je nach Zielgruppe muss das Lichtdesign auf das Erscheinungsbild des Lokals abgestimmt werden. Entscheidend dafür sind Helligkeit, Lichtfarbe und Lichtrichtung.

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Auch die Anfragen nach einer Steuerung des Lichts via App nehmen immer mehr zu. Die Energiekosten sind enorm gestiegen. Sollten Lichtlösungen nicht mehr nach ihren energetischen Eigenschaften gemessen werden? Die Industrie bietet bereits Möglichkeiten. Ich denke hier an die Umstellung auf LED, wo man gemerkt hat, dass der Energiebedarf drastisch zurückgeht. Das ist schon mal ein großer Schritt gewesen, auch wenn man klar sagen muss, dass LED-Platinen nach wie vor nur sehr schwer recycelbar sind. Ein Vorteil sind intelligente Systeme mit Anwesenheitssensoren, gerade in Büros. Im Privatbereich macht die Beleuchtung nur zehn Prozent des Gesamtstromverbrauchs aus. Das fällt am Ende des Jahres nicht negativ auf. Haushaltsgeräte verbrauchen da viel mehr. Trotzdem: Auch bei der Beleuchtung sollte man wenn möglich n auf energiesparende Möglichkeiten wie LED umsatteln. R

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karlpichler.it


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