panorama südtirol
Das Wirtschaftsmagazin
Brigitte Gasser, Menz & Gasser, Lana/Novaledo
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www.panorama-online.com – Nr. 04/2011 – 1,80 Euro
Juli 2011
Wie von selbst: Elektrofahrräder sind im Kommen Karriere: Mit Teilzeitarbeit Erfolg im Beruf, kann das klappen? Interview: Wirschaftsjournalistin Esther Mitterstieler: Südtirol muss sich ändern
DIE CHEFS VON MORGEN Das sind Südtirols zukünftige Wirtschaftslenker
Formschöne Bauwerke, von der Natur inspiriert.
Fotos: Markus Hofmann / fotolia.com - jala / photocase.com
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INHALT
EDITORIAL
Junge Zukunft
Foto: Alexander Alber
Spricht man mit den zukünftigen Unternehmern dieses Landes, dann braucht man sich um die Zukunft Südtirols keine Sorgen zu machen. Sie sind trotz ihrer Jugend bestens ausgebildet, haben Erfahrungen im Ausland gesammelt und setzen das alles nun in Ihrem Familienunternehmen um. Dabei sind sie sich ihrer Verpflichtungen gegenüber der vorangegangenen Generationen bewusst. Trotzdem schaffen sie es, Leben und Arbeit in der richtigen Balance zu halten. Lesen Sie in unserer Titelgeschichte ab Seite 18 nach, wer diese jungen Manager sind und was sie antreibt. Die Ergebnisse der dazu von Südtirol Panorama in Auftrag gegebenen Umfrage zeigt unter anderem auf, dass die Betriebsübergabe eine Schlüsselstelle für jedes Unternehmen darstellt. Esther Mitterstieler, eine der bekanntesten Wirtschaftsjournalistinnen Österreichs, sieht die wirtschaftliche Zukunft Südtirols nicht so rosig. Die Südtiroler sollten schleunigst damit beginnen, sich für die wirtschaftlichen Entwicklungen der kommenden Jahre zu rüsten (S. 44). Mit Erscheinen dieser Nummer geht auch die neue Internetseite von Südtirol Panorama online. Wir haben uns Mühe gegeben, sie leser- und werbekundenfreundlich zugleich zu gestalten und finden, dass sie ziemlich gelungen ist. Machen Sie sich unter www.panorama-online.com selbst ein Bild. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen. Die digitale Offensive von Südtirol Panorama ist damit noch nicht zu Ende. Wir haben auch unseren Facebook-Auftritt als „richtige“ Seite neu angelegt. Leider war es nicht möglich, die bereits existierende Facebook-Gruppe „Südtirol Panorama“ umzuwandeln. Folgen Sie uns nun also auf www.facebook.com/SuedtirolPanorama und werden Sie unser „Freund“. PETER SEEBACHER
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Titel 18
Südtirols Wirtschaftslenker von morgen Sie sind jung, bestens ausgebildet und ihrem Unternehmen treu. Südtirols Nachwuchsunternehmer stehen in den Startlöchern.
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So ticken die zukünftigen Chefs Die Ergebnisse der Umfrage von Südtirol Panorama.
Unternehmer & Märkte 06 Marketing mit Architektur Kunden gewinnen mit seinem Betriebsgebäude? Corporate Architecture heißt das Zauberwort und es funktioniert im Großen wie im Kleinen.
28 Wirtschaften im Namen von Land und Gemeinde Die Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung und ihre Manager. Wer sie sind und was sie tun.
34 Was darf es sein, Herr Reisigl? Wolfgang Reisigl, Geschäftsführer der Maico GmbH, spricht mit Südtirol Panorama ganz offen über seine Stärken und Schwächen. Und was er rückwirkend in seinem Leben ändern würde.
Karriere 38 Trotz Teilzeitarbeit die Karriereleiter erklimmen Teilzeit arbeiten und trotzdem im Beruf erfolgreich sein, geht das? Ja, es geht. Einige Fallbeispiele.
Geld & Finanzen 44 Planwirtschaft 2.0 Esther Mitterstieler ist stellvertretende Chefredakteurin des Wirtschaftsblatts in Wien. Die gebürtige Völserin sagt: Südtirols Wirtschaft muss sich ändern.
Luxus & Lifestyle 50 Ein Sommermobil der Extraklasse Das neue 6er Cabrio von BMW schmeichelt Frischluftliebhabern und bietet eine Überraschung nach der anderen.
52 Die Leichtigkeit des Radfahrens Elektrofahrräder werden immer ausgereifter und reichweitenbeständiger. Die neue Art des Tretens.
Impressum Erscheinungstermin:15.Juli2010 Chefredakteur:PeterSeebacher Verantwortlicher Direktor: Kurt W. Zimmermann Autoren: Susanne Pitro, Ariane Löbert, Max Otte, Thomas Amonn Schlussredaktion: Alexandra Fössinger Rückmeldungen an die Redaktion: panorama@ff-bz.com Grafik und Produktionsleitung: Ralf Kohler Marketing und Verkaufsleitung: Edith Benischek – 0471 304545 Herausgeber: ff-Media GmbH Bozen – Eintrag. Lg. Bozen 20/98 R.P. vom 7.10.98 Südtirol Panorama: Brennerstraße 7a, 39100 Bozen, Tel. 0471 30 45 50, Fax 30 45 11, www.panorama-online.com Druck: Radin-Berger Print GmbH, Innsbruck (A) Gesamtauflage: 26.000 Stück
News & Trends
Service 75 76
Finanzkommentar: Manipulierte Wirtschaft Finanzkolumne Max Otte: Wir retten nicht Griechenland, sondern die Banken 57 Lesezeichen: Steve Jobs, das Vorbild 57 Reisetipp: Stuttgart 58 Was macht eigentlich... Benno Simma?
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NEWS & TRENDS
Quelle: GfK GeoMarketing
Die Kaufkraft der Europäer steigt wieder
Die kürzlich vom deutschen Beratungsunternehmen GfK GeoMarketing im Auftrag des ESCT (European Shopping Center Trust) durchgeführten Studie zur Situation des Einzelhandels in Europa zeigt, dass die Kaufkraft wieder ansteigt. Im Durchschnitt hatte 2010 jeder Europäer 11.945 Euro zur Verfügung. Das ist ein Plus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Unter-
schiede zwischen den Ländern und Regionen sind allerdings groß. Die Differenz zwischen den kaufkraftstärksten Europäern, den Liechtensteinern, und den kaufkraftschwächsten, den Moldawiern, beträgt rund 48.200 Euro. Der Einzelhandelsumsatz im Jahr 2010 ist im Vergleich zum Vorjahr um 4,8 Prozent gewachsen – die größten Zuwächse verbuchen die Türkei mit 22,4 Prozent und Russland mit
16,3 Prozent. Für das Jahr 2011 prognostiziert GfK GeoMarketing ein Umsatzwachstum von 2,8 Prozent in Europa. Aufgrund der anziehenden Inflation in vielen Ländern könnte der preisbereinigte Zuwachs allerdings geringer ausfallen. Die einzigen Länder mit Negativtrend bei der Umsatzentwicklung sind Portugal, Irland, Griechenland und Spanien.
Die Südtiroler Sparkasse hat ihre Bilanz 2010 vorgelegt und schön gebunden an die Medien versandt. Das Titelblatt ziert Ex-Beatle Ringo Starr und im Inneren finden sich neben nackten Zahlen auch so sinnige Sprüche wie „I’ve never had a problem with drugs, only with policemen“ (Keith Richards). Derartige Lockerheit hätte man der Stiftung Sparkasse gar nicht zugetraut. Die in der Bilanz angeführten Beträge sind dann wieder so seriös und beständig wie immer. Die Gesamtsumme von Aktiva und Passiva der Stiftung be-
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Foto: Stiftung Südtiroler Sparkasse
Eine Bilanz, die rockt
Ringo Starr ziert das Titelblatt der Bilanz der Stiftung Südtiroler Sparkasse
trägt 786.257.451 Euro und hat sich gegenüber dem Vorjahr (781.365.372 Euro) kaum verändert. Das Nettovermögen der Stiftung Südtiroler Sparkasse beträgt 717.120.256 Euro. Der Überschuss des Geschäftsjahres nach Steuern wird mit 16.495.332 Euro beziffert. Ein Ausblick auf die Entwicklung 2011 wird ebenfalls gewagt. Insgesamt rechnet die Stiftung 2011 mit einer Verlangsamung der Wirtschaftsdynamik. Da passt dann wieder der Spruch von Mick Jagger: „It’s all right letting yourself go, as long as you can get yourself back“.
PR-INFO
SERVICE WIRKT Eine Service- und Preisoffensive hat die Etschwerke Trading GmbH zum größten Stromhändler des Landes gemacht. Das Unternehmen punktet bei den Kunden mit Stabilität, Kontinuität und maßgeschneiderten, günstigen Angeboten.
Saubere Energie für die Kunden, gewonnen in den Bergen Südtirols Andrea Lanzingher, Generaldirektor der Etschwerke Trading GmbH
SÜDTIROL PANORAMA: Herr Lanzingher, sind Sie mit der Entwicklung Ihres Unternehmens zufrieden? ANDREA LANZINGHER: Sehr zufrieden sogar, die Bilanzzahlen sprechen für sich. 2009 konnten wir einen Umsatz von 190 Millionen Euro generieren, 2010 waren es schon 240 Millionen und aufgrund der bereits abgeschlossenen Verträge wissen wir, dass wir 2011 einen Umsatz von 350 Millionen Euro haben werden. Welche sind die Gründe für diese kräftigen Umsatzsteigerungen? Wir legen sehr viel Wert auf Service. Unsere Kunden haben einen direkten Ansprechpartner für ihre Anliegen. Das wird sehr geschätzt und hat uns viele neue Kunden gebracht. Auf der anderen Seite gibt es sehr wenige Kunden, die wieder „abwandern“, wenn sie einmal bei uns sind. Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre gesetzt? Wir möchten unseren Service und unsere Geschäftsfelder kontinuierlich ausbauen. Mein Ziel ist es, in den nächsten Jahren unseren Kundenstock von bisher 15.000 auf 30.000 zu verdoppeln. ❧
D
ie Etschwerke Trading GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Etschwerke AG. Im Gegensatz zu dieser ist die Etschwerke Trading GmbH in ganz Italien tätig. „Wenngleich,“ so Generaldirektor Andrea Lanzingher, „sich 65 Prozent unserer Kunden in Südtirol befinden.“ Das Tochterunternehmen ist den gleichen Werten verpflichtet wie die Muttergesellschaft. Lanzingher nennt vor allem Kontinuität, Stabilität und Qualität. Zusammen mit der Service-Offensive der letzten Jahre hat diese Firmenphilosophie dem Unternehmen einen großen Kundenzuwachs und Umsatzsteigerungen gebracht. Dabei setzt die Etschwerke Trading GmbH auf organisches Wachstum, denn Service und Zuverlässigkeit sollen nicht darunter leiden. „Wir machen einen Schritt nach dem anderen“, so Generaldirektor Lanzingher, „unsere Stärke ist die Kundenbetreuung und die wollen wir auf keinen Fall aufs Spiel setzen.“ Deshalb wurde in den vergangenen Monaten auch der Personalstand aufgestockt. Der Anspruch eines individuellen Kundenservices kann so auch bei einem größeren Kundenstamm erfüllt werden. Für klein- und mittelständische Unternehmen sowie Großbetriebe bietet die Etschwerke Trading GmbH auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Angebote. Persönliche Ansprechpartner, keine Akontorechnungen, dafür aber, sofern gewünscht, gebündelte Sammelrechnungen, die auch über Internet (www.eltrading. it) abgerufen werden können, sowie absolute Transparenz im Geschäftsgebaren sind Plus-
punke, welche gewerbliche Kunden besonders zu schätzen wissen. Aber auch immer mehr private Haushalte entdecken die Vorteile, die man als Kunde der Etschwerke Trading GmbH hat. Ganze 5.000 Kunden überzeugten in den vergangenen Monaten die zehn Prozent Rabatt auf den Strom- und Gastarif der Regulierungsbehörde, den das Unternehmen seinen Privatkunden bietet. Damit kann ein Haushalt, je nach Verbrauch, zwischen 40 bis 60 Euro Stromkosten jährlich sparen. Dabei ist der Stromanbieterwechsel kostenlos und für den Kunden denkbar einfach. Die Etschwerke Trading GmbH übernimmt alle notwendigen Schritte und sorgt dafür, dass der Übergang ohne Stromunterbrechung über die Bühne geht. Ein Austausch des Stromzählers ist ebenfalls nicht nötig. Der Kunde merkt vom Wechsel zur Etschwerke Trading GmbH so gut wie gar nichts. Außer beim Erhalt der Rechnung, die dann bestimmt weniger hoch ausfallen wird als vorher. Das Gute daran: Die Angebote der Etschwerke Trading GmbH können südtirolweit in ❧ Anspruch genommen werden.
infobox
Etschwerke Trading GmbH Zwölfmalgreinerstraße 8 39100 Bozen Ihre persönlichen Ansprechpartner: Frau Marina Ortombina: 0471 225810 Frau Monika Unterthurner: 0471 281118
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
Foto: Guggenheim Bilbao
Bilbao-Effekt: Das 1997 eröffnete GuggenheimMuseum im spanischen Bilbao brachte der Stadt ganze Besucherströme
Architektur, die spricht Große Unternehmen nutzen ihren Firmensitz als Visitenkarte und Marketingmittel. Was bringt diese so genannte Corporate Architecture? Können auch Klein- und Mittelunternehmen davon profitieren? Ist Architektur als Teil der Marketingstrategie teuer?
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„Corporate Architecture ist eines der nachhaltigsten Marketinginstrumente eines Unternehmens“ Michael J. Purzer
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ilbao ist ein grauer, gesichtsloser Ort. Touristen finden dort wenig Interessantes und Aufregendes. Die südeuropäische Industrie- und Hafenstadt eignet sich eigentlich gar nicht für einen Urlaubsaufenthalt. So war es einmal. Jetzt ist alles anders. Denn seit in der Hauptstadt des spanischen Baskenlandes mit ihren rund 350.000 Einwohnern das vom US-amerikanischen Architekten Frank O. Gehry errichtete und 1997 eröffnete Museo Guggenheim Bilbao mit seiner außergewöhnlichen Architektur steht, hat sich alles verändert. Verzeichnete die Stadt 1994 nur 400.000 Übernachtungen pro Jahr, waren es 2007
bereits 1,1 Millionen. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren bei einer Million eingependelt. Die Entwicklung des Besucherstroms korreliert ganz klar mit der Eröffnung des Museums. Die Anziehungskraft des architektonisch außergewöhnlichen Baus strahlt aber nicht nur auf die Stadt aus, sondern auch auf die gesamte Region. Diese Aufwertung eines Ortes oder einer Gegend durch ein außergewöhnliches Gebäude wird heute als Bilbao-Effekt bezeichnet. Gerne und oft wird die baskische Stadt von Vertretern der Corporate Architecture als positives und effektives Beispiel genannt. Funktioniert aber die Aufwertung und Kommunikation durch Architektur immer und überall? Ja, sagen Experten und führen neben dem Bilbao-Effekt weitere Erfahrungswerte und Untersuchungen ins Feld, die dies beweisen sollen. So halten sich laut einer Studie Kunden in architektonisch anspruchsvollen und außergewöhnlichen Gebäuden lieber und länger auf als in 08/15-Häusern. Gar 30 Prozent der Neukunden wurden laut dieser Studie erst durch die auffällige Architektur des Firmensitzes auf ein Unternehmen aufmerksam. „Corporate Architecture ist eines der nachhaltigsten Marketinginstrumente eines Unternehmens“, ist denn auch Michael J. Purzer, Head of Marketing and Sales bei Frener & Reifer überzeugt. „Corporate Architecture ist fast so langlebig wie ein Firmenlogo.“ Sein Unternehmen hat in Sachen Corporate Architecture bereits internationale Erfahrung gesammelt. Das Südtiroler Unternehmen war zum Beispiel am Bau der BMW-Welt in München, dem Actelion Business Centre in
Fotos: Frener & Reifer
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Basel, dem ThyssenKrupp Headquarter in Essen und am Bau verschiedener AppleStores weltweit beteiligt. Corporate Architecture funktioniert für Purzer aber nicht
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nur für große Unternehmen, sondern auch für Klein- und Mittelbetriebe: „Auch kleinere Firmen sowie Mittelständler und private Bauherren können sich mit einer
spannenden Architektur den gewünschten Respekt in ihrem Umfeld verschaffen“, ist der Marketingleiter überzeugt. Dies bestätigen auch die Erfahrungen von Chris-
Innovativer Fassadenbau für junge Talente
Zweimal Corporate Architecture: Handelskammer in Bozen (li.) und das VitraHaus des Möbelherstellers Vitra in Weil am Rhein (D)
tian Auer, Marketingleiter bei Beton Eisack. Das Unternehmen hat den Ansatz von Corporate Architecture beim Bau des neuen Firmensitzes in Klausen lehrbuchmäßig umgesetzt. Auf dem modernen, in Beton gegossenen Gebäude ist der Name des Betriebes in Form riesiger, ausgesparter Lettern weithin sichtbar. „Beton Eisack ist dadurch viel bekannter geworden, das merken wir durch verschiedene Rückmeldungen immer wieder“, so Auer. Ob diese Tatsache auch für zusätzliche Aufträge verantwortlich ist, kann Auer nicht sagen. Den Grundsätzen der Corporate Archi-
tecture entsprach auch das Vorgehen bei Planung und Bau: Die Marketingabteilung war in allen Phasen mit eingebunden und konnte ihre Ideen einbringen. ÜBERALL EINSETZBAR. Auch der Archi-
tekt Georg Klotzner, der mit seinem Büro die Erweiterung der Pfarrkirche Leifers im modernen Stil geplant hat, ist von der Wirksamkeit von Corporate Architecture überzeugt. Egal, ob bei einem großen oder kleinen Unternehmen: „Besondere, dem Unternehmen angepasste Architektur bringt auch kleinen und mittleren Unter-
Werbung wie in Stein gehauen So mancher sieht den Beginn von Corporate Architecture bei den Ägyptern und ihren Pyramiden, die weitum sichtbar von der Größe und Macht der Pharaonen erzählten. Auch Kirchen und Kathedralen werden immer wieder in diesem Zusammenhang gesehen, genauso wie die Burgen und Schlösser des Adels im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit. Der Begriff Corporate Architecture entstand allerdings erst in den 1990er-Jahren. Schon 1972 hatte aber der Autohersteller BMW mit seinem als „Vierzylinder“ erbauten Verwaltungsgebäude in München die Idee der Corporate Architecture verwirklicht. Als Entdecker der Architektur als Teil des Corporate Design gilt gemeinhin der deutsche Architekt, Maler, Grafikdesigner und Typograph Peter Behrens (1868–1940), der Fabrikgebäude und Arbeitersiedlungen von AEG ab 1907 der Corporate Identity des Unternehmens anpasste. So bildete etwa die Form des Fabrikgebäudes die
Grundlage für das Firmenlogo. Behrens sah die Gestaltung der Gebäude als Teil des Corporate Design, das wiederum Teil der Corporate Identity ist. Corporate Architecture verbindet heute so unterschiedliche Disziplinen wie Marketing, Architektur, visuelle Kommunikation, Design und Stadtentwicklung. Nicht zuletzt bringt Corporate Architecture auch die Entwicklung neuer Baumaterialien voran. Die oft architektonisch sehr außergewöhnlichen Gebäude erfordern nicht selten den Einsatz neuer Materialien oder die Anpassung bereits vorhandener. Grundsätzlich aber gilt: Das Gebäude muss in Aussehen und Materialien zu den Produkten oder Dienstleistungen sowie der Philosophie des Unternehmens passen. Im deutschen Sprachraum bieten mehrere Universitäten Studiengänge mit Schwerpunkt Corporate Architecture an.
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Foto: Rubner Haus AG
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Foto: Rubner Haus AG
Überdimensionales Schaufenster: Die Rubner-Gruppe wollte mit ihrem Sitz in Kiens nicht nur architektonisch auffallen, sondern auch zeigen, was mit Holzbau möglich ist. Besuchern wird so vor Augen geführt, was das Unternehmen kann.
nehmen Vorteile“, ist der Architekt überzeugt. Wichtig sei, dass sich der Architekt vorher mit dem Unternehmen und seinen Produkten auseinandersetze und dann dementsprechend Form und Materialien für den Bau wähle. Mehrkosten müssten dabei nicht immer entstehen, so Georg Klotzner. Im Gegenteil, oft sei eine gut durchdachte Lösung am Ende günstiger. Klotzner: „Bei schlecht gemachten
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Gebäuden ist es wie bei nicht gut gemachter Werbung. Es wirkt eher abschreckend als einladend.“ In diesem Falle würde sich die erhoffte Wirkung von Corporate Architecture ins Gegenteil verkehren. Kunden würden nicht angezogen, sondern abgeschreckt. In Südtirol stellt Klotzner steigendes Interesse für Corporate Architecture fest. Immer mehr Betriebe würden sich bei einem
Neubau für ein Gebäude entscheiden, das die Werte des Unternehmens repräsentiert und transportiert. Die zu Stein gewordene Firmenphilosophie werde dann auch als Visitenkarte genutzt, mit der das Unternehmen seinen potentiellen Kunden darstellt, was es zu vollbringen imstande ist. Georg Klotzner: „Präzision, Genauigkeit, Sauberkeit, all die Werte, mit denen ein Unternehmen verbunden werden möchte, können so aufgezeigt werden und der mögliche Kunde, der den Firmensitz betritt, wird dies dann auch wahrnehmen.“ Der Sitz des Unternehmens wird auf diese Weise zum überdimensionalen Schaufenster. „Traditionellerweise wird die Firmenphilosophie im Rahmen des Corporate Design gelöst“, stellte bereits vor Jahren der Wirtschaftswissenschaftler Erich Küthe fest. „Diskreter und vor allem nachhaltiger lässt sich jedoch die
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
Foto: BMW AG
Der Vierzylinder von BMW: Bereits vor der Erfindung des Begriffs Corporate Architecture zeigte dieser Bau bei seiner Fertigstellung 1972, wie sich Architektur als Teil der Corporate Identity einsetzen lässt
Unternehmensidentität in Architekturen einlösen. Mehrdimensionale, begehbare, erfahrbare Räume schaffen eine schnelle, präzise und unverwechselbare Charakteristik des Unternehmens. In diesem Sinne ist Architektur das Instrument der Identitätsformung.“ ANDERS SEIN. In Zeiten, in denen sich
Dienstleistungen und Produkte immer mehr angleichen, ist es umso wichtiger, ein bestimmtes Bild in den Köpfen der Kunden zu verankern. „Auffallen ist das Wichtigste“, ist denn auch Michael J. Purzer von Frener & Reifer überzeugt. Da-
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bei wirkt eine besondere, auf das Unternehmen zugeschnittene Architektur nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Dies hat die so genannte Bosti-Studie aus dem Jahre 1985 bewiesen. Dabei wurden in den USA im Zeitraum von sechs Jahren rund 10.000 Mitarbeiter aus 100 Unternehmen beobachtet. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob sich die Architektur und Gestaltung von Büros und Werkräumen auf die Produktivität der darin arbeitenden Menschen auswirke. Dazu wurde die Arbeitsumgebung nach den Erkenntnissen der Psychologie optimiert. Das Ergebnis war eine 17-pro-
zentige Leistungssteigerung. Andere Studien zu diesem Thema kamen ebenfalls zu einem eindeutigen Ergebnis. In Büros mit optimierter Architektur und verbessertem Design konnten in einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation Produktivitätssteigerungen von bis zu 36 Prozent festgestellt werden. Bei anderen Studien lag diese gar bei 50 Prozent. Corporate Architecture hat also eine vielfältige Wirkung. Unter anderem fördert ein Unternehmenssitz mit besonderen Architekturmerkmalen auch die Identifikation der Mitarbeiter mit „ihrem“ Betrieb.
Fotos: Hannes Henz, Thomas Enz
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Festhütte „Pentorama“ im Schweizer Amriswil, Sieger in der Kategorie „Öffentliche Gebäude, Museen, Bahnhöfe“ beim Schweizer Award für Marketing-Architektur 2010
Und dass bei der Suche nach begehrten Arbeitskräften die Anziehungskraft durch einen attraktiven Arbeitsplatz erhöht wird, steht außer Zweifel. Reiner Gerstner, Group Brand & Marketing Director von Salewa, bestätigt, dass beim Bau des neuen Salewa-Headquar-
ters in Bozen auch die Wirkung nach innen eine Rolle gespielt hat: „Bei uns steht generell der Mensch im Mittelpunkt und dabei ist nicht nur der Konsument, sondern auch der Mitarbeiter gemeint. Ein Betrieb sollte so handeln, dass die Mitarbeiter stolz sind, dort zu arbeiten. Das
betrifft aber nicht nur die Architektur, sondern auch Dinge wie etwa Nachhaltigkeit.“ Der neue Hauptsitz von Salewa in Bozen Süd kann als Paradebeispiel einer gelungenen Corporate Architecture gelten. Ort und Wirkung des Baus wurden genau be-
olz! Ihre Ideen unser H Besuchen Sie unsere Ausstellungsräume und lassen Sie sich beraten: 8c^le[1 A%$N\`e^Xike\i$Jki% ('&8 K\c% ''*0&'+.*&)'+/'' =Xo ''*0&'+.*&++0//, `e]f7bXicg`Z_c\i%`k
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Corporate Architecture gekonnt platziert: das neue Salewa-Headquarter in Bozen Süd
Gebaute Identität Urs Bratschi hat 2008 in der Schweiz den „Award für Marketing + Architektur“ ins Leben gerufen, der nun alle zwei Jahre verliehen wird. das prämierte Projekt des vorangegangenen Awards nochmals gezeigt werden. Wie definieren Sie Corporate Architecture?
Foto: Privat
Was sollten Architekt und Bauherr dabei vor allem beachten?
Urs Bratschi, Marketingfachmann und Corporate Architecture-Experte SÜDTIROL PANORAMA: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Preis für Corporate Architecture ins Leben zu rufen? URS BRATSCHI: Ich bin 2004/2005
auf das Thema gestoßen, habe mich damit auseinandergesetzt und gemerkt, dass das ein hochspannendes Thema ist, aber es nicht viele gibt, die damit vertraut sind. So habe ich beschlossen, das Thema aufzugreifen und habe den „Award für Marketing + Architektur“ ins Leben gerufen, der das erste Mal 2008 über die Bühne ging. Wie war die Resonanz?
Bei der ersten Auflage hatten wir 42 Eingaben von Projekten, was für eine erstmalige Durchführung sehr viel ist. Zur Verleihung des Awards sind dann 450 Personen erschienen. Bei der zweiten Auflage 2010 hatten wir bereits 85 Eingaben und 750 Gäste bei der Verleihung. 2012 findet dann die dritte Auflage des Awards statt. In den Übergangsjahren zwischen den Verleihungen veranstalten wir gemeinsam mit der ETH Zürich eine Ausstellung, wo die nominierten und
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Das Gebäude muss unbedingt authentisch sein, es muss zum Unternehmen passen, sei es von der Philosophie her, die hinter dem Projekt steht, sei es durch das verwendete Material. Man kann auch einen Bezug zu den Produkten des Betriebs herstellen. Das Wichtigste ist aber die Authentizität. Gibt es Unterschiede in der Herangehensweise für große und kleine Unternehmen?
Wir haben festgestellt, dass die Größe eines Unternehmens eigentlich nicht entscheidend ist bei Corporate Architecture. Es gibt kleine Firmen, die guten Ideen haben und damit sehr gute Corporate Architecture betreiben. Es kommt immer auf die Idee, auf die Kreativität an und nicht auf die Größe des Unternehmens. Wie ist Ihre Erfahrung, ist gute Corporate Architecture mit höheren Baukosten verbunden?
Ja und nein. Zuerst einmal: Kreativität muss nicht gleich Geld kosten. Ich denke aber schon, dass im Durchschnitt ein Bau, der den Anforderungen von Corporate Architecture entspricht, etwas teurer ist, vielleicht um bis zu zehn Prozent teurer. Das muss aber nicht immer so sein. Natürlich, wenn ich mich als Bauherr entscheide, einen Stararchitekten mit der Planung zu beauftragen, weil das Gebäude besonders exklusiv sein soll, dann ist klar, dass es ◀ ziemlich teuer wird. INTERVIEW: PETER SEEBACHER
Foto: Alexander Alber
Corporate Architecture ist für mich gebaute Identität.
dacht und geplant. Dabei seien die Kosten für das auffällige Gebäude nicht höher als bei einem „normalen“ Bau, sagt Gerstner. „Bedenkt man die Position an einer viel befahrenen Autobahn, dann ist der Effekt eigentlich sowieso unbezahlbar.“ Überdurchschnittlich seien allerdings die Kosten für den Architekten. Immerhin hat Salewa das bekannte Architekturbüro Cino Zucchi Architetti aus Mailand mit dem Bau beauftragt. Aber auch das gehört zur modernen Corporate Architecture: Bekannte Architekten werden mit der Planung beauftragt. So wird schon vor Baubeginn und lange vor Fertigstellung Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit generiert. Das Unternehmen schmückt sich mit einem berühmten Architekten, der Architekt schmückt sich mit einer bekannten Marke und einem weiteren Prestigeprojekt. Beide stehen auf diese Weise über einen längeren Zeitraum im medialen Fokus. WERTVOLLE MEDIENPRÄSENZ. Diese
mediale Aufmerksamkeit ist Geld wert. Oft viel Geld, wie Wolfgang Klotz, Marketing- und Verkaufsdirektor der Kellerei Tramin bestätigt: „Im Jahre 2010 sind über unseren 2009 fertiggestellten Neubau Presseartikel in den italienischen Medien erschienen, die einem Gegenwert von 1,5 Millionen Euro entsprechen. Auf dem deutschen Markt sind wir erst im Frühjahr mit der Pressearbeit gestartet, da haben wir noch keine Zahlen.“ Der Effekt des
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direkt an der Südtiroler Weinstraße gelegenen und sehr auffälligen Baus ist damit aber nicht zu Ende. Der hausinterne Wein-Shop, in dem Besucher die Weine der Kellerei Tramin direkt kaufen können, konnte seinen Umsatz im Jahre 2010 um
ganze 35 Prozent steigern. Und statt 1.000 Personen, wie in den Jahren zuvor, wollten 2010 ganze 5.000 Menschen durch die Kellerei geführt werden. Der Gesamtumsatz der Traminer Kellereigenossenschaft konnte ebenfalls
gesteigert werden. Er wuchs im vergangenen Jahr um einen zweistelligen Prozentsatz auf zehn Millionen Euro an. Für 2011 rechnet Wolfgang Klotz mit einer weiteren Umsatzsteigerung. Dabei, so Klotz, wären die Baukosten von acht
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Foto: Rickard Kust
Ziel erreicht: Die Kellereigenossenschaft Tramin konnte durch ihren Neubau den Umsatz um zweistellige Prozentzahlen und die Besucherzahlen um ein Vielfaches erhöhen
Millionen Euro für das auffällige Gebäude nicht höher gewesen als für ein „normales“. Andreas Webhofer, Marketingleiter von Rubner Haus, kann den positiven Effekt von Corporate Architecture ebenfalls bestätigen: „Wir hatten auf unseren Neubau, der 2006 fertiggestellt wurde, sehr viel Medienecho. Uns als Rubner Gruppe war aber beim Bau auch wichtig zu zeigen, was wir können und dass Holzbau nicht nur auf ein- oder zweistöckige Gebäude beschränkt sein muss, sondern durchaus auch höhere Bürogebäude mit moderner Architektur damit verwirklicht werden können.“ Sowohl das Material als
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auch die Ausführung seien ausschließlich von Betrieben der Rubner-Gruppe bereitgestellt und durchgeführt worden. So ist der Sitz des Unternehmens – ganz im Sinne der Corporate Architecture – auf mehrfache Weise ein Repräsentationsbau. Das Gebäude erregt Aufmerksamkeit und zeigt zugleich anschaulich, was die Unternehmen der Gruppe zu leisten imstande sind. Ein Vorzeigeprojekt, das die Leistung, die man verkaufen möchte, bestens verdeutlicht. WIRKSAM. Keine Frage, das Konzept der Corporate Architecture funktioniert. Sei es im Kleinen, sei es im Großen. Sei es
weltweit, sei es lokal. Wen wundert es da noch, dass viele Unternehmen, wenn es um den Neubau oder die Neugestaltung des Firmensitzes geht, sich deshalb mit den Ideen und Voraussetzungen einer gelungenen Corporate Architecture auseinandersetzen. Die Aussage des berühmten Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick gilt wohl nicht nur für Menschen, sondern auch für Gebäude und ihre Architektur: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Da ist es dann wohl in jedem Fall besser, man kommuniziert etwas Positives, das in Erinnerung bleibt. ◀ PETER SEEBACHER
Fotos: Jürgen Eheim, Klaus Peterlin
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TITEL
Zu Unternehmern geboren Sie sind mit Betrieben groß geworden, verbinden neues Wissen mit Tradition und bestimmen, wo Südtirols Wirtschaft morgen steht: ein Rendezvous mit der nächsten Generation in Südtirols Familienunternehmen.
A
ls sich Brigitte Gasser das erste Mal wie eine Chefin fühlte, war sie zarte sieben Jahre alt. Ihr Vater Wilfried hatte das jüngste seiner drei Kinder mit ins Büro genommen, an den früheren Produktionssitz in Lana, an dem sein eigener Vater Mathias in den Dreißiger Jahren die Wurzeln für das Industrieunternehmen Menz & Gasser gelegt hatte. „Ihr habt bestimmt etwas Wichtiges für meine Große zu tun“, lauteten die Zauberworte – und die kleine Brigitte durfte Rechnungen auf Stapel sortieren und Briefköpfe stempeln. Vor zwei Jahren kehrte die 32-jährige als Junior-Chefin in die Büros in Lana zurück. Zurück aus der weiten Welt, wo sie in Frankreich und Deutschland Internationale Wirtschaft studiert hatte. Zurück von PricewaterhouseCoopers, einem der weltweit größten Wirtschaftsprüfer und -berater, wo sie fünf Jahre lang zwischen Frankfurt, London und München Einblick in die Welt von Banken und Versicherungen bekommen hatte. Während ihr älterer Bruder im Trentiner Novaledo die Industriesparte übernommen hat, verwaltet Brigitte Gasser nun die sieben Betriebe der Familiengruppe, trägt die Verantwortung im Bereich Landwirtschaft und treibt ein großes Immobilienprojekt voran, für das ihre internationale Erfahrung gefragt war: die Errichtung eines Golfresorts, das in Friaul auf einem Areal von 140 Hektar entstehen soll. Ein Projekt, das den Impuls für ihre Rückkehr gab. „Dass ich eines Tages zurückkomme, war für mich aber immer klar. Das habe ich wohl irgendwie im Blut“, sagt sie.
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Brigitte Gasser ist eine von Dutzenden Söhnen und Töchtern, die sich alljährlich entscheiden, das Unternehmen ihrer Vorfahren weiterzuführen. Laut einer Studie der Handelskammer Bozen aus dem Jahr 2003 erreichten in den vergangenen Jahren die Inhaber von fast 6.000 Unternehmen das pensionsfähige Alter – das sind 16 Prozent aller aktiven Südtiroler Betriebe. Manche dieser Unternehmen werden mit dem Abtritt ihrer Gründer aufgelöst; in mehr als der Hälfte der Fälle kommt es laut der Studie zu keiner familieninternen Übergabe. Doch in vielen Fällen springt der Unternehmergeist auf die kommende Genera-
Die Umfrage BETRIEBSÜBERNAHMEN NACH BRANCHEN
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Handel/ Handwerk Tourismus Industrie Dienstl.
Wie wird die Generationsablöse in Südtirols Familienbetrieben gehandhabt, was unterscheidet die Juniors von den Seniors? Um diese Fragen drehte sich eine Online-Umfrage von Südtirol Panorama und der Agentur „Dr. Gruber & Partner“, an der sich 31 Südtiroler Jungunternehmer beteiligten. 16 von ihnen stehen vor der Betriebsübernahme, 15 haben sie bereits hinter sich. Die wichtigsten Wirtschaftsbranchen sind fast gleichberechtigt vertreten. Knapp die Hälfte der Betriebe hat unter 20 Mitarbeiter, vier Befragte beschäftigen mehr als 120 Mitarbeiter.
tion über. Nicht nur die jeweilige Branche und die Betriebsgröße, auch die beteiligten Persönlichkeiten machen jede dieser Übergaben zu einer individuellen Geschichte. Wie die aktuelle Online-Umfrage von Südtirol Panorama, aber auch persönliche Gespräche mit Unternehmensnachfolgern zeigen, haben die neuen Wirtschaftsbosse aber noch weit mehr gemeinsam, als zu Unternehmern geboren zu sein. GLOBAL PLAYERS. Marius Eccel, seit
2007 Geschäftsführer des Rittner Daunenbetten-Herstellers Daunenstep und Chef der Jungunternehmer im Unternehmerverband, stellt in seiner Familie die vierte Unternehmergeneration. Mit Ausnahme seines Vaters Kurt trugen alle denselben Vornamen wie er. Die Frage, ob er die Familientradition auch in unternehmerischer Hinsicht fortführen wolle, kam jedoch erst bei einem Kaffee im USamerikanischen Pittsburgh ernsthaft auf den Tisch. Eccel Junior absolvierte dort nach seinem Wirtschaftsstudium ein MBA. Der Senior nutzte einen Besuch für ein klärendes Gespräch über die Unternehmenszukunft. Dass Kurt Eccel mit einem prinzipiellen „Ja“ zurück nach Europa flog, hatte laut Marius Eccel vor allem mit dem Entwicklungspotential zu tun, das ihm Daunenstep bietet: ein Produkt ohne Ablaufdatum, ein ausbaufähiger Markt, der bis dahin kaum über die italienischen Grenzen hinaus ausgeschöpft worden war. Bereits kurz nach seinem Einstieg begann der Junior, die Exporttätigkeit zu forcieren. Auf die USA, Russland und Osteuro-
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Foto: Alexander Alber
Marius Eccel war knapp 31 Jahre alt, als ihm sein Vater die Gesch辰ftsf端hrung von Daunenstep 端bergab
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Foto: Alexander Alber
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„Der Betrieb ist für mich so etwas wie ein Familienmitglied“: Statt Bilanzen von Großbanken hat Brigitte Gasser nun jene der Familiengruppe im Auge. Neben Menz & Gasser zählen dazu weitere sechs Betriebe und insgesamt 200 Mitarbeiter
pa folgten Zukunftsmärkte im Fernen Osten wie China, Taiwan oder Korea. Noch werden rund 90 Prozent des Umsatzes von acht Millionen Euro in Italien erwirtschaftet. Doch die Weichen für eine Ausweitung der neuen Märkte sind gestellt, sagt Marius Eccel. Kein Wirtschaftszweig ist in Südtirol derart mit den globalen Märkten verbunden wie die Industrie. Entsprechend international sozialisiert ist auch die nun antretende Generation in den großen familiengeführten Industriebetrieben. Anton Seeber, Sohn von Leitner-Chef Michl Seeber, flog schon im Alter von 13 Jahren allein zum Hockey-Camp nach Kanada. Seit er 2006 nach siebenjähriger Tätigkeit bei einem US- Fonds an den Leitner-Sitz nach Sterzing zurückgekehrt ist, hat er unter anderem die Windkraftproduktion im Zukunftsmarkt Indien aufgebaut oder das USA-Geschäft der Gruppe erweitert. Helmut Senfter, Sohn von Franz Senfter, war quasi von der ersten Stunde an für das
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China-Geschäft des Innichner Speckproduzenten verantwortlich. Statt wie geplant Erfahrungen bei einer Multinationalen zu sammeln, ersetzte er nach seinem Studienabschluss einen kurzfristig abgesprungen Manager für den chinesischen Markt. 15 Jahre später kehrte er 2010 mit fließendem Chinesisch nach Italien zurück; neben dem mittlerweile reduzierten China-Geschäft betreut er als Verwaltungsratsmitglied von Grandi Salumifici Italiani Zukunftsprojekte wie ein Joint Venture mit griechischen Partnern oder neue Produktlancierungen. QUALITÄT STATT QUANTITÄT. Wenn die
nächste Generation in einen Betrieb einsteigt, ist es für ihre Motivation ausschlaggebend, neue Strategien entwickeln und eigene Wege beschreiten zu können, weiß Monika Frenes vom Service für Unternehmensnachfolge der Handelskammer Bozen. Doch welcher Weg steht offen, wenn die eigenen Eltern aus einer kleinen Pen-
Wir gehören zu den wenigen Glücklichen, wo die Eltern sagten: Macht nur ihr“ Patrick Nestl, Hotel Erika
sion einen Vorzeigebetrieb mit 100 Betten gemacht haben, der auf Jahre ausgebucht ist? Vor dieser Herausforderung standen die Brüder Patrick und Philipp Nestl, als sie fest im elterlichen Hotel Erika in Dorf Tirol zu arbeiten begannen. Seither hat sich die Bettenzahl des Betriebes trotz des nachträglichen Einbaus eines gesamten Stockwerkes nur geringfügig erhöht. Dank Investitionen im zweistelligen Millionenbereich hat das Hotel jedoch heute einen
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Das Profil der neuen Bosse Was bewegt Töchter und Söhne, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und wie bereiten sie sich darauf vor? GRÜNDE FÜR DIE BETRIEBSÜBERNAHME 12
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stehen vor der Betriebsübernahme Betrieb bereits übernommen
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0 Wunsch nach Selbstständigkeit – Verwirklichung eigener Ideen
Familientradition – Fortbestand des Unternehmens
Wird man zum Unternehmer geboren oder dazu gemacht? Wie die Online-Umfrage von Südtirol Panorama aufzeigt, bedingt das eine oft das andere. So stark der Wunsch nach einem Fortbestand des elterlichen Unternehmers die Befragten bei der Übernahme motivierte, so gründlich bereiteten sie sich auch auf ihre Rolle vor. Knapp 60 Prozent der Junior-Chefs haben ein Studium abgeschlossen, mehr als zwei Drittel von ihnen haben Wirtschaft studiert. Neben der Theorie holten sich mehr als 80 Prozent der Befragten auch praktisches Wissen in anderen Betrieben, fast jeder Zweite ging dafür ins
Verdienstmöglichkeiten – finanzielle Vorteile
andere
Ausland. Führungspositionen bekleideten allerdings nur fünf Befragte. Die Mehrheit machte ihre Erfahrungen als Mitarbeiter oder Praktikant und arbeitete weniger als vier Jahre außerhalb des elterlichen Betriebes. Wie die Grafik unten zeigt, übernahm ein Großteil der Befragten das Ruder im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die Seniors sind zu diesem Zeitpunkt im Schnitt rund 30 Jahre älter. In 16 der 31 Fälle war oder ist der Nachfolger dabei nicht allein, sondern führt den Betrieb zusammen mit Geschwistern oder anderen Verwandten.
ALTER BEI DER BETRIEBSÜBERNAHME 8 Alter der neuen Bosse Alter der Vorgänger
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6 5 Quelle: Dr. Gruber & Partner/Südtirol Panorama
Wellness-Bereich, mit dem es in die Riege der besten Wellness-Hotels im Alpenraum aufgestiegen ist, fünf Sterne und 60 Mitarbeiter – doppelt so viele wie vor der Übernahme. Qualitative statt quantitative Erweiterung lautet die Formel, mit der die jungen Nestls dem Familienbetrieb ihren eigenen Stempel aufgedrückt haben. „Wir gehören zu den wenigen Glücklichen, zu denen die Eltern gesagt haben, macht nur ihr, wir unterstützen Euch“, sagt Patrick Nestl. Rund 40 Prozent der Südtiroler Unternehmensnachfolgen finden laut Handelskammer-Studie im Gastgewerbe statt. In vielen Fällen verlaufen sie problematisch, sagt Junghotelier und HGV-Bezirksobmann Hansi Pichler. „Bei unserer Arbeit gibt es besonders viele zwischenmenschliche Aspekte. Und wo viele Menschen im Spiel sind, tut’s eben auch menschelen“, meint er. Gerade der ersten Generation, die einen Betrieb nach den eigenen Vorstellungen aufgebaut hat, fällt es oft schwer, zu akzeptieren, dass das eigene Lebenswerk unter anderen Vorzeichen fortgeführt wird. Doch wie in allen Branchen bringt die junge Generation im Gastgewerbe Fähigkeiten mit, die auf veränderten Märkten gefragt sind. Sie ist internetaffin, beherrscht Sprachen, ist informiert, was in der Welt passiert und schaut stärker auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen als ihre Väter, lautet die Einschätzung im Hoteliers- und Gastwirteverband. Bekommen diese Juniors freie Hand, sind ihre Betriebe beim Strukturwandel vorne dran. In der Familie Nestl sind die Eltern bis heute voll in den Betrieb eingebunden. Doch seit die beiden jungen Nestls die Entscheidungen treffen, hat sich nicht nur das Aussehen des Hotels verändert, sondern auch seine Stammgäste: Aus 60Jährigen wurden 50-Jährige, statt zwei Wochen bleiben sie im Schnitt kürzer als eine, statt mit den Wirtsleuten zu wandern verbringen sie oft einen ganzen Tag im großzügigen Spa-Bereich des Hotels. Der Anspruch, ihre Erwartungen bei jedem Aufenthalt zu übertreffen, ist derselbe geblieben wie bei seinen Eltern, sagt Patrick Nestl. Um ihn unter den veränderten Vorzeichen zu erfüllen, hat sich vor allem die Mitarbeiterführung verändert. Mehr Eigenverantwortung, viele Teamsitzungen, mehr familienexterne Führungskräfte lautet die Devise. „Unsere primäre Aufgabe ist der Kontakt zu den Gästen. Aufgaben
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Dritte Generation: Thomas Moriggl (links) und sein Cousin Gunnar Moriggl investierten viel, um das Unternehmen ihrer Väter nach ihren Vorstellungen weiterführen zu können. An den Grundwerten wird jedoch nicht gerüttelt
wie der Lebensmitteleinkauf oder die Arbeitszeiteneinteilung werden dagegen eigenverantwortlich von den Mitarbeitern verwaltet“, so Nestl. MANAGEMENT. Auch Gert Lanz hat die
Mitarbeiterzahl in der Toblacher Schlosserei seiner Familie in 15 Jahren massiv ausgebaut: Aus einem Fünf-Mann-Betrieb ist ein Unternehmen mit 35 Mitarbeitern geworden. Der Motor für diese Expansion? Neue Märkte in Norditalien und den Nachbarländern sowie neue Produkte wie der Glasfassadenbau. Der Präsident des Landesverbandes der Handwerker steht nicht nur im Verband, sondern auch mit seinem Betrieb für eine neue Handwerkergeneration. Aus dem klassischen Kleinunternehmen, in dem der Chef noch selbst Maß nimmt und abrechnet, ist ein mittelständischer Betrieb mit Verwaltungsapparat geworden. Wie viele Universitätsabgänger hat der Betriebsinformatiker Lanz moderne Managementwerkzeuge
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„Die Jungen sind heute stärker in ihrer Funktion als Manager denn als Arbeiter gefragt“ Monika Frenes, Handelskammer Bozen
mit nach Hause gebracht. Was früher aus dem Bauch heraus gemacht wurde, läuft nun nach genau definierten Planungen und Schemas ab. „Was sich dagegen nicht verändert hat, ist die Unternehmenskultur, der Kern des Betriebes“, sagt Lanz. Der Begriff Management ist nicht mehr allein Konzernen vorbehalten, sondern hält auch in Südtirols Kleinbetrieben Einzug. „Die Jungen sind heute stärker in ihrer Funktion als Manager denn als Arbeiter
gefragt“, beobachtet Monika Frenes von der Handelskammer Bozen. Neben dem steigenden Bürokratieaufwand trägt dazu der gesellschaftliche Wohlstand bei: Während viele Seniors den Betrieb zum Lebensinhalt gemacht und sich rund um die Uhr dafür aufgeopfert haben, hätten junge Leute auch andere Lebensinhalte. Der freie Tag mit der Familie, Sport, Urlaub – all diese heutigen Ansprüche lassen sich durch Organisation und Delegation besser mit den betrieblichen Anforderungen vereinen. CHEFINNEN. Elisabeth Oberrauch darf
ihre Verantwortung für den Hauptsitz und das Logistikzentrum der Sportler AG in Kürze mit der Rolle als Mutter vereinen: In diesen Tagen bringt die 26-Jährige ihr erstes Kind auf die Welt. Vor fünf Jahren hat die Tochter von Georg und Karin Oberrauch nach mehreren Praktika begonnen, in der Einkaufsabteilung des Familienbetriebs zu arbeiten. Seit 2010 ist sie – als
TITEL einzige Frau – Mitglied der fünfköpfigen Geschäftsleitung. Die Chance, Chefin zu werden, mag in Südtirols Familienunternehmen höher sein als in Banken oder Großkonzernen. Dennoch werden Töchter in vielen Betrieben auch heute noch den Söhnen hintangestellt, sagt Monika Frenes. „Dieses patriarchalische System wird sich auch nicht ändern, solange viele Töchter freiwillig in ihrer Rolle als Sekretärin oder Angestellte bleiben statt Führungsrollen zu übernehmen.“ Die Macherin Elisabeth Oberrauch hat nie in solchen Geschlechterkategorien gedacht. Die Älteste von vier Geschwistern konnte es kaum erwarten, im Betrieb Verantwortung zu übernehmen. Für sie steht fest, dass sie die Gruppe mit derzeit 600 Mitarbeitern und rund 100 Millionen Euro Umsatz später Seite an Seite mit ihrem jüngeren Bruder Jakob in die Zukunft führen will. Dennoch wurde sie sich zuletzt der Bedeutung ihrer Rolle als Frau in der Geschäftsleitung bewusst. „Ich war ganz überrascht, wie viele Mitarbeiterinnen nach meiner Ernennung auf mich zugekommen sind und gemeint haben: ,Endlich eine Frau‘“. Zumindest als Vertreterin der Frauen im Betrieb wird ihre Mutterrolle eine Bereicherung sein, glaubt Elisabeth Oberrauch. Sie ist aber auch zuversichtlich, den Großteil ihrer Aufgaben bereits in Kürze weiterführen zu können. Als Vorbild dienen ihr die vorangegangenen Generationen. „Meine Großmutter war mit drei Kindern immer voll im Betrieb tätig“, sagt sie. „Wenn sie es damals geschafft hat, schaffe ich es heute auch.“
Die Handschrift der Jugend Verändert der Generationswechsel Strategien und Unternehmenskultur in Südtirols Familienbetrieben? ÄNDERUNGEN UND UMSTRUKTURIERUNGEN Betrieb wurde bereits übernommen Durchgeführte Änderungen in den Bereichen
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Was machen Familienunternehmer des 21. Jahrhunderts anders als ihre Vorgänger? Bei dieser Frage trat bei der Online-Umfrage ein Unterschied zwischen Unternehmern vor und nach der Übergabe zutage. Letztere gaben am häufigsten an, bei der Mitarbeiterführung und der Personalstruktur neue Akzente gesetzt zu haben. Wer die Ablöse noch vor sich hat, plant dagegen primär eine Änderung der Marktstrategie. Hinsichtlich Zeitbudget zeigt die Umfrage, dass die Aufopferung für den eigenen Betrieb ihre Grenzen hat. Zwar gab ein Drittel der Befragten an, aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen, der Größe des Betriebs oder
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Voraussichtliche Änderungen in den Bereichen
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EMOTIONEN. Wenn Betriebe innerhalb
auch eigenen Interessen mehr Zeit in den Betrieb zu investieren als die Eltern. Doch die Mehrheit der jungen Bosse kann oder will nicht noch mehr arbeiten als ihre Vorgänger. Begründet wurde dies sowohl mit Statements wie „Mehr geht nicht“, als auch mit der wichtigen Rolle, die dem Familien- und Privatleben eingeräumt wird. Die Änderung der Gesellschaftsform hatte unter den Befragten eher wenig Relevanz; nur bei einem Drittel der erfolgten Übernahmen wurde eine neue Geschäftsform gewählt. Ein sehr positives Bild ergab die Umfrage hinsichtlich der finanziellen Situation der übernommenen Unternehmen.
FINANZIELLE SITUATION UND FINANZIERUNGEN Unternehmen in einer finanziell soliden Situation übernommen Quelle: Dr. Gruber & Partner/Südtirol Panorama
von Familien weitergegeben werden, müssen sich nicht nur Seniors und Juniors, sondern oft auch mehrere Nachfolger miteinander konfrontieren. Bei der Vinschger Moriggl GmbH ergab sich daraus ein so großes Konfliktpotential, dass Anton Moriggl bereits im Alter von 49 Jahren begann, die Operation Betriebsübergabe mit Hilfe von zwei externen Beratern einzuleiten. Er war der jüngste von vier Gesellschaftern aus zwei unterschiedlichen Familien, die aus einem kleinen Betrieb seines Vaters einen erfolgreichen Anbieter schlüsselfertiger Energiekonzepte gemacht hatten. Jeder Gesellschafter hatte mehrere Kinder, die für eine Nachfolge in Frage ka-
Betrieb steht noch vor der Übernahme
Nach der Übernahme wurden wesentliche Investitionen getätigt
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Ja Nein
Die Finanzierung der Investitionen erfolgte durch
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Harald Oberrauch, Sohn von SWR-Präsident Christof Oberrauch, übernimmt zwei Betriebe mit insgesamt 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 150 Millionen Euro. Seine erste Aufgabe? Visionen für 2025 zu entwickeln
men; einige von ihnen waren bereits im Betrieb tätig. „Als die Berater anfangs erklärten, ein professionell abgewickelter Generationswechsel dauert bis zu zehn Jahre, habe ich nur gedacht: Die sind wahnsinnig“, erinnert sich Thomas Moriggl. Zehn Jahre später ist der Generationswechsel bei Moriggl zu 90 Prozent vollzogen – „und wir haben jedes einzelne Jahr gebraucht“. Wer hat die besten Voraussetzungen für die Weiterführung des Betriebes, was erhalten nicht-mitarbeitende Geschwister? Wer kann mit wem zusammenarbeiten und wohin will die dritte Generation? All diese Fragen mussten laut Moriggl in einem langwierigen, aufreibenden und sehr emotionalen Prozess geklärt werden. Vor allem eine Trennung von den beiden familienexternen Gesellschaftern und deren Auszahlung führten den Betrieb zeitweise an den Rand der finanziellen Belastbarkeit.
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Heute ist Thomas Moriggl überzeugt, dass sich die vielen schlaflosen Nächte gelohnt haben. Mit seinem Cousin Gunnar Moriggl bildet er ein kongeniales Führungsduo, das den Betrieb mit 70 Mitarbeitern und zuletzt 9 Mio. Euro Umsatz nach den gemeinsamen Vorstellungen weiterentwickeln kann. „Damit haben wir auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber vielen Mitbewerbern, die den Generationswechsel noch vor sich haben“, ist er überzeugt. TRAGÖDIEN. „Die Blutsverwandtschaft
allein reicht nicht aus, um ein Unternehmen erfolgreich weiterzuführen“, sagt Marius Eccel. Auch bei Daunenstep wurde der Übergabeprozess professionell begleitet. Eignung und Motivation des Juniors waren dabei ebenso wenig tabu wie viele andere Themen, „die ich sonst nie mit meinem Vater angesprochen hätte“. Als Mitinitiator eines Zirkels für Familienunternehmen, in dem Unternehmensnachfolger ihre Erfahrungen austauschen,
weiß Eccel, dass Übergaben nicht immer so offen ablaufen. „Anfangs sind viele Teilnehmer dieser Treffen noch sehr vorsichtig, doch wenn sie einmal zu reden beginnen, sind die meisten kaum mehr zu stoppen.“ Zweifellos stecken hinter Betriebsübergaben mehr Tragödien als Erfolgsgeschichten. Nachkommen, die andere Träume haben, Eltern, die ihren Kindern keine Entscheidungsfreiheit lassen, Geschwisterkriege, Erwartungen, Erfolgsdruck, zu viel Verantwortung – nicht ohne Grund scheitert laut internationalen Statistiken jede dritte Betriebsübernahme. Elke de Biase spielte bereits im Alter von 10 Jahren zwischen den Produktionsinseln und im Komponentenlager der Brixner Industrietechnik, mit 13 begleitete sie den Vater in den Schulferien auf Geschäftsreisen. Als sie in die Handelsschule kam, wusste sie bereits, was eine GmbH ist und wie man Rechnungen schreibt. Als sie endlich im Betrieb arbeiten konnte, stei-
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„Im Zweifel hat das Unternehmen Vorrang vor Familienangelegenheiten“
Operation Betriebsübernahme Der Generationswechsel gilt als heikle Phase für jeden Familienbetrieb. Wie meistern sie die befragten Jungunternehmer? SCHWIERIGKEITEN BEI DER BETRIEBSÜBERNAHME
Stefan Rubner, Rubner-Holding
gerte sie die Exportmärkte des Unternehmens innerhalb weniger Jahre von vier auf 65. Dennoch ist die Powerfrau nach 20 Jahren im Familienbetrieb nun seit zwei Jahren erfolgreich als freiberuflicher Export-Coach unterwegs. Der Grund? Andauernde Konflikte mit ihrem Vater. „Irgendwann ist der Moment gekommen, in dem ich verstanden habe, dass ich nicht mehr so weitermachen kann – obwohl sich der Betrieb wie eines meiner Kinder anfühlte“, sagt sie.
Bürokratie/gesetzliche Auflagen/ steuerrechtliche Vorgaben
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Familieninternes
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Mitarbeiter im Unternehmen
Kunden-/Gästeresonanz
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andere
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Einfach ist der Generationswechsel in den wenigsten Fällen. Das zeigt auch die Umfrage von Südtirol Panorama. Ob persönliche Herausforderungen, familieninterne Reibungen oder der rechtlich-bürokratische Part – eine Betriebsübernahme innerhalb der Familie fordert an vielen Fronten. In zwei Dritteln der Unternehmen wurde die Übergabe deshalb geplant, wobei der Planungszeitraum in der Regel zwischen einem und fünf Jahren liegt. Bei den bereits übernommenen Betrieben erfolgte die Vorbereitung mehrheitlich familienintern und mit Hilfe externer Berater; bei Betrieben vor der Übergabe wird neben der Familie vor allem auf Weiterbildungen zurückgegriffen.
FÜHRUNGSFRAGEN. Je stärker Fami-
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Ein konkreter Übergabeplan wurde nur bei jeder fünften Übernahme eingehalten. Die am meisten verbreiteste Form der Betriebsübernahme ist die Schenkung, auf die in 48 Prozent der Fälle zurückgegriffen wird. Bereits vollzogene Übernahmen erfolgten häufig durch eine Mischform. Auch nach der Übernahme nimmt die ältere Generation in vielen Familienbetrieben eine wichtige Rolle ein. In mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen werden die Eltern in Entscheidungen eingebunden, in 37 Prozent der Fälle stehen sie beratend zur Seite. Familienexterne Entscheidungsträger gibt es dagegen nur bei einem Drittel der Befragten.
ROLLE DER ELTERN IM BETRIEB
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entscheiden mit
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stehen beratend zur Seite Quelle: Dr. Gruber & Partner/Südtirol Panorama
lien dagegen zusammenhalten, desto unangreifbarer werden Unternehmen. Das haben auch die Nachkommen der Pusterer Holzdynastie Rubner begriffen. Ein Patriarch der alten Schule und seine beiden Brüder bildeten das erfolgreiche Führungstrio der Vorgängergeneration. Nach ihrem Tod standen ihre drei Söhne vor der Frage, wie der Zusammenhalt unter Cousins aufrechterhalten werden kann. Die Antwort? Eine gemeinsame Holding, in die zusätzlich ein Onkel hereingenommen wurde. „Damit haben wir einen Rahmen für das Unternehmen geschaffen, aber auch unserer Überzeugung Ausdruck verliehen, nur gemeinsam stark zu sein“, sagt Holding-Präsident Stefan Rubner. Einige der fünf Unternehmenssparten, aber auch Teile der Holding, werden von externen Managern geführt, die die Familie als Mitgeschäftsführer unterstützen. Das Eigentum ist dagegen ausschließlich in Familienhand. Eine moderne Interpretation des Familienbetriebs, der laut Stefan Rubner eine Prämisse zugrunde liegt: Im Zweifel hat das Unternehmen Vorrang vor Familienangelegenheiten. Auch anderswo weicht das Modell des allmächtigen Padrone zunehmend einer rationaleren, managementgeführten Unternehmenskultur, in der das Wohl des Unternehmens mehr Gewicht hat als der
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persönliche Herausforderung
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aus dem Betrieb zurückgezogen
arbeiten mit – fällen aber keine Entscheidungen
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Die Tradition des langen Atems Nachfolger bei Familienunternehmen brauchen Wanderjahre und sollen danach nicht zu lange auf die Übernahme von Verantwortung warten müssen: der Generationswechsel aus der Perspektive des Schweizer Wirtschaftswissenschaftlers und Ordinarius für Unternehmensführung Urs Fueglistaller lien, der besagt, dass das Unternehmen die nächsten Jahre überleben soll. Es gibt auch diesen Rucksack der Vergangenheit, also man sagt zum Beispiel: Jetzt gibt es uns schon 120 Jahre, das kann nicht sein, dass wir nächstes Jahr nicht mehr sind. Diese Vergangenheit kann natürlich auch belastend sein. Doch insgesamt denke ich, dass sie gerade in Zeiten von Private Equity, Mergers & Acquisitions oder Business Angels ein spannender Differenzierungsfaktor sein kann, den Familienunternehmen noch stärker nutzen sollten.
SÜDTIROL PANORAMA: Herr Fueglistaller, stecken wir im deutschsprachigen Raum mitten in einem Übergabeprozess oder ist das Gröbste schon erledigt? URS FUEGLISTALLER: Da viele Betriebe in den Fünfziger Jahren gegründet wurden, sind wir tatsächlich mittendrin in solchen Ablösungsprozessen. Wenn wir von Generationen sprechen, gehen wir von einem Zeitraum von rund 30 Jahren aus. Das heißt, vielerorts ist jetzt die zweite Generation tätig und die dritte am Übernehmen. Die Thematik ist also nach wie vor sehr aktuell, um nicht zu sagen akut.
Wer neu antritt, möchte aber auch verändern. Verträgt sich dieser Drang mit einem solchen „Rucksack der Erinnerung“?
Genau, es handelt sich hier tatsächlich um äußerst vielschichtige, sensible Prozesse. Und zwar nicht nur in Hinsicht auf die Finanzen oder die Auszahlung von Geschwistern. Solche Themen bilden nur die Spitze des Eisberges. Unter der Oberfläche liegen noch eine Vielzahl anderer, vielfach emotionaler Themen wie Druck, Erwartungen, Loslassen.... ... und all die vielfach unbewussten Dynamiken, die in Familien eben entstehen.
Absolut. Nur dass hier all diese Themen eng mit einem Betrieb vermischt sind. Diese feinen Drähte und Verbindungen, die für Außenstehende oft gar nicht zu erkennen sind, können sehr belastend, aber auch sehr befreiend sein. Gerade im Nachfolgeprozess kommen sie aber in jedem Fall ins Spiel. Worin liegt für Sie der markanteste Unterschied zwischen Familienbetrieben und Unternehmen mit anderen Eigentümerstrukturen?
In einem Familienunternehmen werden Sie nicht erleben, dass in jedem
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Foto: Privat
Akut, weil Unternehmensübergaben sehr sensible Phasen für Unternehmen sind?
Urs Fueglistaller ist geschäftsführenden Direktor des Schweizerischen Instituts für Klein- und Mittelunternehmen (KMU-HSG) an der Universität St. Gallen und Präsident des Beirates des Center for Family Business. Das Thema Generationswechsel im Familienbetrieb hat er in mehreren Forschungsprojekten und Publikationen beleuchtet.
Quartal nervös auf die Zahlen geschaut wird wie in börsennotierten Unternehmen. Familienbetriebe sind auf mehrere Generationen ausgerichtet, dort wird in 30-Jahres-Zyklen gerechnet. Diese Langfristigkeit wirkt sich nicht nur auf alle Unternehmensbereiche aus, sie hat auch etwas sehr Ausgleichendes und Nivellierendes für eine Volkswirtschaft. Wird dieses langfristige Denken in unserer schnelllebigen Zeit weiterhin mit dem Blut vererbt?
Sagen wir, die Kinder bekommen es schon am Familientisch mit. Ich denke, diese Mehrgenerationenfähigkeit fußt auf so etwas wie einem unausgesprochenen Vertrag innerhalb von Fami-
Ich merke, dass es der heutigen Jungend besser gelingt als der vorigen Generation, beides zu leben. Es gibt ein sehr starkes Bewusstsein dafür, den „Körper“, das Bestehende, die History mitnehmen, aber all das gleichzeitig mit Neuem zu durchsetzen. Statt der schöpferischen Zerstörung ist heute viel öfter eine schrittweise Erneuerung zu beobachten, mit kleinen aber gescheiten Face-Lifting-Ansätzen und neuen Impulsen, bei denen die Familie, die Mitarbeiter, die Lieferanten mitkommen. Wo sehen Sie weitere Unterschiede zwischen Juniors und Seniors?
Was mir besonders auffällt, ist, dass sich die neue Generation sehr stark auf den Kundennutzen eingespielt hat. Wir haben in allen Branchen eine Veränderung von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt durchgemacht, der Unternehmen eine starke Dienstleistungskompetenz abverlangt. Gerade hier steht in Familienbetrieben aber manchmal die Tradition im Weg, so nach dem Motto: „Wir haben es doch schon immer so gemacht“. Diesbezüglich ist die Nachfolgegeneration nun ganz anders.
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Was den Übergabeprozess selbst betrifft, sind die Nachfolger heute viel besser darüber informiert, was auf sie zukommt. Auch die Thematik der Auszahlung hat sich im Vergleich zur vorigen Generation etwas entschärft – sei es, weil die Familien immer kleiner werden, sei es, weil sich auch bei nicht unternehmerisch tätigen Familienmitgliedern die Einsicht durchsetzt, dass das Risiko mitgetragen werden muss.
Ja, hier müssten viele Eltern sehr tief in sich kehren und mit dem berühmt-berüchtigten „Back-SeatDriving“ aufhören, also damit, das Automobil von der Rückbank aus zu steuern. Ich kenne einige Unternehmer, die den Betrieb schon mit Mitte 50 übergeben haben, weil sie gesagt haben, die Jungen sind jetzt im Saft, und dann sollen sie auch jetzt machen können und den Wert der Firma erhöhen, statt noch zehn Jahre darauf zu warten. Ich kenne aber auch Fälle, wo der 80-jährige Senior dem 60-jährigen Sohn keine einzige Aktie überschrieben hatte. Das ist dann furchtbar, wenn der Zeitpunkt für die Übergabe einfach verpasst wurde. Wie lang also darf eine solche Doppelherrschaft Ihrer Ansicht nach dauern?
Ich würde sagen, nicht mehr als sieben Jahre. Davor ist für mich aber ohnehin entscheidend, dass die Jungen zuerst einmal ihre Wanderjahre machen können, dass sie draußen sind, die Welt sehen. Wenn sie dann frohen Schrittes und mit einem großen Rucksack nach Hause kommen, sollen sie aber auch die Möglichkeit erhalten, möglichst rasch selbst etwas aus dem Unternehmen ◀ machen zu können. INTERVIEW: SUSANNE PITRO
Foto: Alexander Alber
Dennoch laufen Übergaben nicht immer ganz so reibungslos ab, wie Sie es nun beschreiben. Insbesondere, wenn Eltern und Kinder lange gemeinsam arbeiten...
Elisabeth Oberrauch sitzt seit 2010 in der Geschäftsleitung der Sportler AG. Viele im Betrieb kennen sie seit der Wiege – ernst genommen fühlt sie sich trotzdem
Wille des Eigentümers. Wenn in Modena der Verwaltungsrat der Grandi Salumifici Italiani (GSI) tagt, müssen die drei Mitglieder der Familie Senfter die drei Vertreter ihres Partners Unibon von jeder geplanten Investition professionell überzeugen. „Es ist fast so, als hätte man eine Bank im Verwaltungsrat sitzen“, sagt Helmut Senfter. Dadurch entstehe aber auch ein Kontrollmechanismus, der in anderen Familienunternehmen fehle. Klarerweise wirkt sich dies auch auf die Unternehmensnachfolge aus: Ob Helmut Senfter eines Tages die GSI-Präsidentschaft von seinem Vater übernehmen wird, liegt nicht allein in der Hand der Familie, sondern muss eingefordert und erkämpft werden. Bei den Brixner Firmen Durst und Alupress hat die Trennung von Eigentum und Führung bereits seit mehr als 20 Jahren Tradition. Mit Franz Wunderer und Richard Piock berief der ehemalige Unternehmerverbandspräsident und Eigentümer Christof Oberrauch damals zwei
externe Geschäftsführer, die beide Unternehmen bis heute führen. Ein Erfolgsmodell, das nun auf die nächste Generation übertragen werden soll. Denn nicht nur die beiden Geschäftsführer stehen kurz vor der Rente, auch Christof Oberrauch plant, das Ruder langsam an seinen Sohn Harald abzugeben. Seit Beginn dieses Jahres lernt der 36-Jährige, der nach einem Betriebswirtschaftsstudium mehrere Jahre im Bereich Wirtschaftsprüfung und Consulting gearbeitet hat, erst einmal das Tagesgeschäft in beiden Familienbetrieben kennen. Dort will er sich zwar zumindest in den Anfangsjahren stärker engagieren als sein Vater; längerfristig sieht auch er seine Aufgabe darin, im Hintergrund den Überblick über beide rasant im Wandel stehende Geschäftszweige zu bewahren. Schließlich lautet die größte Herausforderung, die der Junior-Chef am Beginn seines Weges vor Augen hat: „Mit 80 Jahren zurückzublicken und sagen zu können, dass Durst und Alupress immer noch existieren.“ ◀ SUSANNE PITRO
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
Auftrag: Wirtschaften! Es gibt in Südtirol eine ganze Reihe von Gesellschaften und Unternehmen, die im Namen des Landes oder der Gemeinden Aufgaben erfüllen. Welchen Aufgaben müssen sich die Manager dieser Betriebe stellen und welche Herausforderung bleibt noch, wenn Gewinn nicht das Maß aller Dinge ist?
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n Südtirol ist es nicht leicht, an alle Namen der Unternehmen und Gesellschaften zu kommen, an denen die öffentliche Hand Anteile hält. Um nicht zu sagen: unmöglich. Denn laut Gesetz müssen nur jene Gesellschaften veröffentlicht werden, in deren Verwaltungsrat Land oder Gemeinden Vertreter entsandt haben. Diese Daten sollten dann der Allgemeinheit zugänglich sein. Sind sie auch. Und zwar auf der Internetseite des Südtiroler Bürgernetzes (betrieben von der Südtiroler Informatik AG, zu 64,68 Prozent in Landesbesitz). Dort kann mit Hilfe eines Suchfeldes, in das die Bezeichnung eingegeben werden muss, nach einer „designierenden Körperschaft“, nach einer „Gesellschaft, Anstalt oder Einrichtung“ oder einer „Person“ gesucht werden. Sofern man den Namen der Körperschaft, Gesellschaft oder Person kennt. Weiß man die nicht, hat man schlechte Karten. Die ganze Liste der im System hinterlegten Namen der Gesellschaften und Körperschaften abzurufen ist vom System nicht vorgesehen. Benutzerfreundlich ist das nicht. Auf Anfrage teilt das zuständige Amt mit, dass man über eine vollständige Liste gar nicht verfüge, da es auch Gesellschaften mit öffentlicher Beteiligung gebe, an denen Land oder Gemeinde zwar beteiligt sind, in die sie aber keinen Vertreter entsandt haben. Beim blinden Herumstochern und Ausprobieren von Buchstabenkombinationen im Suchfeld der Seite kommt man bald
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„Gewinn ist nicht das primäre Ziel, sondern vernünftige Ergebnisse für die Allgemeinheit“ Helmuth Moroder
drauf: Es gibt jede Menge Gesellschaften, Körperschaften und Genossenschaften, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist. Angefangen bei den zwanzig Unternehmen, an denen das Land Südtirol Anteile hält und auch in Zukunft behalten will (der Verkauf der Anteile der Gesellschaften Sadobre, Brennercom, Großmarkthalle, FINBTB, Interbrennero und Thermenhotel AG ist bereits durchgeführt oder soll in naher Zukunft passieren), bis hin zu Stadtwerken, Wasserkraftwerke-AGs und Lift GmbHs – die öffentliche Hand ist dabei. Eines steht also fest: Die Unternehmen mit Beteiligungen von Land und Gemeinden bewegen eine Menge Kapital und sind laut Wirtschaftsforschungsinstitut für rund 19 Prozent der Wirtschaftsleistung Südtirols verantwortlich. Das ist viel zu viel, sagen Kritiker. Und außerdem stehe bei vielen Gesellschaften des „erweiterten öffentlichen Sektors“ am Ende des Geschäftsjahres eine rote Zahl in der Bilanz. Dies ist dann auch einer der weiteren Kritikpunkte, denen Gesellschaften mit öffentlicher Beteiligung und ihre Manager ausgesetzt sind: Sie erwirtschaften keinen Gewinn. Das können sie nicht immer und müssen es auch nicht, hält Helmut Moroder, der elf Jahre lang Direktor der Südtiroler Transportstrukturen AG war (zu 100 Prozent in Besitz der Autonomen Provinz Bozen)
UNTERNEHMER & MÄRKTE
Unternehmen mit Landesbeteiligung
TECHNO INNOVATION SOUTH TYROL KAG – TIS Anteil Autonome Provinz Bozen: 60,28 % Gesellschaftskapital: 1.005.000 Euro Auftrag: Förderung von Innovation Direktion: Hubert Hofer Gewinn/Verlust: 2007: –59.038 Euro 2008: –1.405 Euro 2009: –70.614 Euro Kontrollierte Gesellschaften Konsortium Kompetenzzentrum Alpine Bautechnologie KAB
BLS Anteil Autonome Provinz Bozen: 100 % Auftrag: Wirtschaftsstandort Südtirol stärken Direktion: Ulrich Stofner Gewinn/Verlust: 2007: nicht aktiv 2008: nicht aktiv 2009: –16.919 Euro KLIMAHAUS-AGENTUR Anteil Autonome Provinz Bozen: 100 % Gesellschaftskapital: 100.000 Euro Auftrag: Förderung des energieeffizienten Bauens Direktion: Norbert Lantschner Gewinn/Verlust: 2007: –19.291 Euro 2008: +34.877 Euro 2009: –43.453 Euro STA – SÜDTIROLER TRANSPORTSTRUKTUREN AG Anteil Autonome Provinz Bozen: 100 % Gesellschaftskapital: 11.250.000 Auftrag: Öffentlicher Nahverkehr Direktion: Joachim Dejaco Gewinn/Verlust: 2007: –1.023.491 2008: –3.971.137 2009: –1.312.856 Kontrollierte Gesellschaften SAD – Nahverkehr AG, SBA – Südtiroler Bahnanlagen GmbH, Safety Park GmbH – Fahrsicherheitszentrum Pfatten THERME MERAN Anteil Autonome Provinz Bozen: 99,87 % Gesellschaftskapital: 33.672.418,50 Euro Auftrag: Betreiben der Therme Meran Direktion: Adelheid Stifter Gewinn/Verlust: 2007: –8.650.192 2008: –7.883.804 2009: –9.294.332 SÜDTIROLER INFORMATIK AG – SIAG Anteil Autonome Provinz Bozen: 64,86 % Gesellschaftskapital: 5.000.000 Euro Auftrag: E-Gouverment, IT-Dienstleister für die öffentliche Verwaltung Direktion: Josef Tinkhauser Gewinn/Verlust: 2007: +464.831 Euro 2008: +852.910 Euro 2009: +352.177 Euro
Foto: Gemeinde Bozen
ABD AIRPORT AG Anteil Autonome Provinz Bozen: 100 % Gesellschaftskapital: 2.420.000 Euro Auftrag: Betreiben des Flughafens Bozen Direktion: Mirko Kopfsguter Gewinn/Verlust: 2007: –2.364.692 Euro 2008: –1.875.840 Euro 2009: –1.793.064 Euro
Helmuth Moroder war elf Jahre lang Direktor der STA
und seit kurzem Generaldirektor der Stadt Bozen ist. „Nicht allen Gesellschaften mit öffentlicher Beteiligung ist es überhaupt möglich, Gewinn zu machen, die meisten dieser Unternehmen haben Aufgaben übernommen, die zum Wohle der Allgemeinheit ausgeführt werden. Gewinn ist nicht das primäre Ziel.“ An welchen Maßstäben können dann die Leistungen der öffentlichen Manager gemessen werden, wenn nicht am erwirtschafteten Gewinn? Moroder: „Die Benchmark waren für mich immer die Kosten. Schaffe ich es, auf dem gleichen Kostenniveau zu bleiben wie vergleichbare Unternehmen oder gar geringere Kosten zu generieren?“ Als Beispiel nennt Helmuth Moroder den Bau der Vinschgerbahn und die Betriebskosten pro Zugkilometer: „Wir wussten, was ein Zugkilometer in der Schweiz, Österreich und Italien kostet, und unser Ziel war, ebenfalls in diesem Kostenbereich oder darunter zu bleiben.“ Die Frage am Ende des Jahres dürfe nicht sein: Wie hoch ist der Gewinn?, sondern: Wurden gute und vernünftige Ergebnisse für die Allgemeinheit erzielt? Auch deshalb, weil den Managern in den Betrieben mit öffentlicher Beteiligung oft die Werkzeuge zur Gewinnmaximierung fehlen würden: „Wie hoch der Fahrpreis für die Vinschgerbahn ist, bestimmt nicht der Direktor, sondern die Politik“, so Helmuth Moroder. Die ja auch den Gesellschaftszweck und die Aufträge festlege: „Den Beschluss, die Vinschgerbahn überhaupt zu bauen, hat
AREAL BOZEN – ABZ AG Anteil Autonome Provinz Bozen:50% Anteil Gemeinde Bozen: 50% Gesellschaftskapital: 2.000.000 Auftrag: Entwicklung Bahnhofsareal Bozen Verwaltungsratpräsident: Gerhard Brandstätter Gewinn/Verlust: 2007: –2.948 Euro 2008: –33.243 Euro 2009: –140.312 Euro ECOCENTER Anteil Autonome Provinz Bozen: 10% Anteil Gemeinde Bozen: 45% Gesellschaftskapital: 4.648.551,65 Euro Auftrag: Dienstleistungen im Umweltbereich/Entsorgung Direktion: Marco Palmitano Gewinn/Verlust: 2007: –987.124 Euro 2008: –468.263 Euro 2009: –436.324 Euro Kontrollierte Gesellschaften: Eco-Research GmbH HOSPITAL PARKING BOZEN Anteil Autonome Provinz Bozen: 100% Gesellschaftskapital: 3.260.000 Euro Auftrag: Führung Parkplatz Krankenhaus Bozen Verwaltungsratpräsident: Michael Atzwanger Gewinn/Verlust: 2007: –44.847 Euro 2008: –164.217 Euro 2009: –672.528 Euro SEL Anteil Autonome Provinz Bozen: 93,88 % Gesellschaftskapital: 305.500.000 Euro Auftrag: Stromversorgung, -produktion und -verkauf Direktion: Maximilian Rainer Gewinn/Verlust: 2007: +5.740.258 2008: +9.872.974 2009: +9.745.503 Kontrollierte Gesellschaften Delmi AG, Ecotherm GmbH, Fernheizwerk Klausen GmbH, Fernheizwerk Schlanders GmbH, Fernheizwerk Sexten GmbH, Göge Energie GmbH, Institut für Innovative Technologien Bozen Kon. GmbH – I. I. T. Bozen GmbH, Konsortium Alpi Biogas, Sel Hydropower GmbH, Selgas AG, Seltrade AG, Sel Gmbh, Selnet GmbH ▶
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PR-INFO
BAHN FREI FÜR NEUE ÄRA IM PERSONENNAHVERKEHR
Fotos: STA und Ressort für Mobilität/Bramezza/Riller/A.Dejaco/Seehauser
Dass Bahn fahren in Südtirol moderner und komfortabler ist als im restlichen Staatsgebiet, das hat sich herumgesprochen. Weniger bekannt ist, dass die Südtiroler Transportstrukturen AG (STA) dahinter stecken.
Mit den rundum erneuerten Bahnhöfen und den neuen Zügen ist auch das Pustertal für umweltfreundliche Mobilität gerüstet
B
ozen, Gerbergasse. Das schlichte Büro im 2. Stock des Altbaus gibt zunächst wenig Aufschluss darüber, was sich hinter dem Kürzel „STA“ auf dem Türschild verbirgt. Erste Anhaltspunkte liefert das bunte Sortiment an Fachzeitschriften gleich beim Eingang: über Eisenbahnen aus aller Herren Länder, neue Technologien und Systeme im öffentlichen Nahverkehr, Fachliteratur für Ingenieure, Verkehrsexperten, Seilbahntechniker…
doch vor drei Jahren die acht neuen Niederflurzüge für die Pustertalbahn ins Land geholt und nochmal drei Jahre vorher die zwölf dieselbetriebenen Garnituren der Vinschgerbahn. Doch die Züge im bunten Südtirol-Design sind nur die Spitze des Eisbergs. Vorausgegangen ist die Wiederinstandsetzung bzw. Totalsanierung dieser beiden Bahnlinien, die unter der Leitung der STA geplant, koordiniert und in Rekordtempo durchgezogen worden ist. Die mit Planungsunterlagen vollgestopften Archive in den Kellerräumen und der unglaubliche Um-
Dann wird es konkret: Das topaktuelle Thema liegt – vorerst noch – als technische Zeichnung auf dem Schreibtisch von STA-Direktor Joachim Dejaco. Die Landesregierung hatte vor kurzem den Ankauf von acht neuen Zügen für den lokalen Bahnverkehr beschlossen. Jetzt liegt es an der Südtiroler Transportstrukturen AG, einer Inhouse-Gesellschaft des Mobilitätsressorts mit gerade einem Dutzend Mitarbeitern, alles Weitere zu veranlassen und dafür zu sorgen, dass die Züge ordnungsgemäß bestellt, wunschgemäß produziert, termingerecht geliefert und dass die ausgesprochen komplexen Formalitäten einwandfrei abgewickelt werden. Südtirols Bahn auf der Überholspur. Die STA kann sich auf Erfahrung berufen, hatte sie
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Vorzeigemodell Vinschgau: Bahnfahren ist wieder „in“
fang der elektronischen Dokumentenablage lassen annähernd den Umfang des Mammutprogramms ahnen, das von Mobilitätslandesrat Thomas Widmann vorgegeben und von den Technikern der STA in wenigen Jahren umgesetzt worden ist: erhöhte Bahnsteige für barrierefreies Ein- und Aussteigen, neue einheitliche Warteunterstände, denkmalgerechte Sanierung der alten Bahnhofsbauten, Bahnsteigunterführungen, Aufzüge, neue Kreuzungsstellen, Neugestaltung der Bahnhofsareale mit Buswendeplätzen und Fahrradstellplätzen… Kurzum, überall dort, wo auf Bahnhöfen oder Bahnhofsarealen in letzter Zeit modernisiert worden ist, hatte die STA ihre Hand im Spiel. Wo nicht, fehlt das Einverständnis – oder die Mitfinanzierung – der gesamtstaatlichen Eisenbahngesellschaft RFI. Als Teil der italienischen Eisenbahnholding FS ist RFI Eigentümerin sämtlicher Bahninfrastrukturen und lässt sich speziell bei den größeren Bahnhöfen und bei Vorhaben wie z. B. der Riggerschleife vom Land höchst ungern dreinreden. Besondere Kennzeichen: Herz und Engagement. Nichts mehr „dreinzureden“ gibt es bei der Vinschgerbahn. Infrastruktur und Führung der Bahnlinie liegen fest in Händen der STA. Unter deren Leitung sorgt das Team der SBA (Süd-
PR-INFO
Fahrgastzahlen verdreifacht: Publikumsmagnet Rittner Seilbahn
busse sind konkrete Beispiele dafür, in welche Richtung die Fühler ausgestreckt werden.
Umsteigen leichtgemacht: Der Bahnhof Leifers wurde vor drei Jahren von Grund auf erneuert
Neue Haltestelle Percha: Brücke und Aufzug sorgen für bequemen Zugang vom Dorf
tiroler Bahn-Anlagen GmbH und Tochtergesellschaft der STA) mit Betriebsdirektor Giancarlo Bonani für einwandfreies Funktionieren des gesamten Bahnbetriebes. In der Fahrleitzentrale am Meraner Bahnhof sind sechs Fahrdienstleiter abwechselnd im Einsatz – an 365 Tagen im Jahr, von 5 Uhr früh bis nach Mitternacht, um in enger Abstimmung mit dem Bahnbetreiber SAD alle Abläufe im Bahnverkehr samt Signalanlagen, Schranken usw. zu überwachen und zu steuern. Weitere drei Mitarbeiter sind rund um die Uhr im Einsatz, wenn es gilt, alle Anlagen längs der Strecke betriebstüchtig zu halten. Sicher ist eines: Herz und Engagement sind es, was die Vinschgerbahn von den „Schwestern“ der italienischen Eisenbahngesellschaften unterscheidet. Und dieser kleine, feine Unterschied hat dazu beigetragen, dass die Vinschgerbahn weit über die Landesgrenzen hinaus zu einem Vorzeigemodell im modernen Personennahverkehr geworden ist und Pate stand für einen neuen Qualitätsstandard im Südtiroler Bahnverkehr.
Nicht weniger ambitioniert sind die Zukunftspläne der STA: Eine komplette Studie zur Elektrifizierung der Vinschgerbahn liegt fix und fertig in der Schublade. Und die angestrebte Übernahme der Führung der Meraner Linie wäre Voraussetzung dafür, dass auch auf dieser „kritischen“ Strecke die gesamten Abläufe nicht mehr wie bisher über RFI von Verona aus, sondern über die SBA direkt von Meran aus gesteuert werden könnten. Weitere Highlights. Ganz nebenbei scheinen im Curriculum der STA noch viele andere Highlights auf: Das komplette Projekt der neuen Rittner Seilbahn, die neue Bahnhaltestelle in Percha, das Zentrum für Verkehrssicherheit Safety Park bei Pfatten gehören ebenso dazu wie die Modernisierungsarbeiten an der Trasse der Rittner Schmalspurbahn oder die Ausstattung aller Bahnsteigüberdachungen im Vinschgau und in Bruneck mit Photovoltaikplatten. Nicht zuletzt ist die STA Eigentümerin einer Reihe von Liegenschaften, die es zu verwalten gilt, vorwiegend Zweckbauten oder einzelne Areale im Zusammenhang mit dem öffentlichen Nahverkehr. Nachhaltigkeit im Visier. Im öffentlichen Nahverkehr hat Südtirol einen hohen Standard erreicht. „Auf zu neuen Ufern“ heißt das Motto jetzt im Mobilitätsressort des Landes. Im Visier stehen neue, innovative Formen und Konzepte in Sachen Mobilität, bei denen Nachhaltigkeit im Vordergrund steht: Car-Sharing, Elektro-Mobilität, Photovoltaikanlagen und Wasserstoff-
Über die STA und gemeinsam mit dem Bozner Institut für innovative Technologie ist Südtirol in das europaweite Projekt „CHIC“ eingebunden mit dem Ziel, Wasserstoffbusse im öffentlichen Nahverkehr einzusetzen. Mit dabei sind London, Mailand, Oslo, die Schweizer Postbus GmbH und weitere zwei Dutzend Partner, darunter Forschungseinrichtungen, Universitäten, Industriebetriebe usw. Ziel dieses Projekts ist es, die Produktionskosten für die absolut emissionsfreien, aber derzeit noch sehr teuren Busse zu senken und sie „serientauglich“ zu machen. Über die STA werden im kommenden Jahr fünf Wasserstoffbusse angekauft, die zum Einsatz kommen, sobald die Wasserstoffproduktionsanlage in Bozen Süd in Betrieb ist. Landesrat Thomas Widmann und die STA jedenfalls wollen alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Mobilität in Südtirol weiter nachhaltig und umweltfreundlich zu gestalten und um innovative Projekte voranzutreiben. Ob Bus oder Bahn, Tram oder Seilbahn, Südtirol steht vor neuen Herausforderungen im öffentlichen Nahverkehr. Egal, wie die Weichen ge❧ stellt werden, die STA ist gerüstet.
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STA – Südtiroler Transportstrukturen AG Gerbergasse 60 39100 Bozen Tel. +39 0471 31 28 88 www.suedtirolbahn.info info@sta.bz.it Präsident: Dieter Schramm Direktor: Joachim Dejaco Betriebsdirektor der Vinschgerbahn: Giancarlo Bonani
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CENTRAL PARKING Anteil Autonome Provinz Bozen: 33% Gesellschaftskapital: 1.500.000 Euro Auftrag: Parkplatzverwaltung Gewinn/Verlust: 2007: +204.880 Euro 2008: +138.983 Euro 2009: +183.526 Euro INSTITUT FÜR INNOVATIVE TECHNOLOGIEN BOZEN KON.-GMBH Anteil Autonome Provinz Bozen: 20% Anteil SEL AG: 20% Anteil Brennerautobahn AG: 20% Gesellschaftskapital: 500.000 Euro Auftrag: Erforschung, Koordinierung, Projektierung, Anwendung neuer Erkenntnisse und Technologien Verwaltungsratspräsident: Walter Huber Gewinn/Verlust: 2007: –80.973 Euro 2008: –56.728 Euro 2009: –30.615 Euro INVESTITIONSBANK TRENTINO-SÜDTIROL Anteil Autonome Provinz Bozen: 17,488% Anteil Autonome Provinz Trient: 41,264% Anteil Region Trentino-Südtirol: 16,73% Gesellschaftskapital: 58.484.608 Euro Auftrag: Corporate- und Investmentbanking Direktion: Leopoldo Scarpa Gewinn/Verlust: 2007: +10.009.832 Euro
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auch die Politik gefasst, die STA wurde dann mit der Ausführung beauftragt.“ Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung haben oft eine Lückenfüllerfunktion. Aufgaben, die ein privater Betrieb nur zum Teil oder gar nicht übernehmen kann oder will, werden von öffentlichen Unternehmen wahrgenommen.
Foto: Alexander Alber
SMG Anteil Autonome Provinz Bozen: 50% Gesellschaftskapital: 330.000 Euro Auftrag: Tourismusdestination Südtirol stärken Direktion: Christoph Engl Gewinn/Verlust: 2007: –16.559 Euro 2008: +21.922 Euro 2009: –19.144 Euro Kontrollierte Gesellschaften Sinfonet KGmbH
Reinhold Marsoner, Direktor der Messe Bozen
Sel AG: Gemeinsam mit der Brennerautobahn AG Cashcow des Landes
AUFGABENSTELLUNG: Genauso wie Ge-
schäftsführer von Unternehmen in Privatbesitz müssen auch Manager der Betriebe mit öffentlicher Beteiligung den Weisungen des Verwaltungsrates Folge leisten. Die Aufgabenstellung unterscheidet sich aber meist grundlegend. Bei Betrieben des erweiterten öffentlichen Sektors heißt es nicht: Produziere oder verkaufe und erwirtschafte damit Gewinn, sondern: Führe diese Aufgabe aus. Ist das nicht nur bloßes Verwalten? Ganz und gar nicht, meint Reinhold Marsoner, Direktor der Messe Bozen seit 1991. „Wir sind durchaus ein Unternehmen, das nach privatwirtschaftlichen Kriterien arbeitet, und eine ausgeglichene Bilanz ist eines unserer Ziele“. Jede Messe sei ein Produkt, das sich auf dem Markt bewähren müsse. Da gebe es keinen Unterschied zu einem privaten Unternehmen. Für Marsoner ist es aber besser, wenn bestimmte Aufgaben aus der mit öffentlicher Beteiligung Verwaltung herausgelöst und einem öffentlichen Unternehmen anvertraut werden, das wäre manchmal effektiver. Einen Unterschied zwischen der Führung eines Privatbetriebes und der eines öffentlichen Betriebes sieht er nicht. Außer einen: „Ma-
Foto: Alexander Alber
BRENNERAUTOBAHN AG Anteil Autonome Provinz Bozen: 7,626% Gesellschaftskapital: 55.472.175 Euro Auftrag: Verwaltung der Autobahn A22 Verwaltungsratsmitglied des Direktionskomitees: Heinrich Holzer Gewinn/Verlust: 2007: +65.718.585 Euro 2008: +63.872.412 Euro 2009: +52.125.056 Euro
Foto: Alexander Alber
MESSE BOZEN Anteil Autonome Provinz Bozen: 63,47 % Anteil Gemeinde Bozen: 4,63 % Gesellschaftskapital: 24.050.000 Auftrag: Förderung der lokalen Wirtschaft, Messeveranstaltungen Direktion: Reinhold Marsoner Gewinn/Verlust: 2007: +400.220 Euro 2008: +13.196 Euro 2009: –59.489 Euro Kontrollierte Gesellschaften Tipworld GmbH
Karl Manfredi, Geschäftsführer der Brennercom AG
nager eines Unternehmens, an dem die öffentliche Hand beteiligt ist, haben es vielleicht sogar ein wenig schwerer, weil die Politik einer anderen Logik folgt, als ein privater Unternehmer, der vor allem die Gewinnerzielung im Auge hat.“
UNTERNEHMER & MÄRKTE Für Karl Manfredi, Geschäftsführer der Brennercom AG, war eine Gewinnerzielung immer Teil seiner Aufgabe: „Wir waren immer eine Gesellschaft mit gemischtem Kapital, also mit privaten und öffentlichen Aktionären. Die Erzielung eines Gewinnes war durchaus auch Absicht.“ Die Überschüsse seien aber fast zur Gänze in das Unternehmen investiert. Da sei der Übergang der Brennercom zu einer AG mit ausschließlich privaten Anteileignern keine Umstellung. „Ich glaube überhaupt“, so Karl Manfredi, „dass die Zeiten vorbei sind, als Manager eines Betriebes mit öffentlicher Beteiligung nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, wenn schlecht gewirtschaftet wurde.“ Einen Gewinn erwirtschaften zu wollen und gleichzeitig eine wichtige Aufgabe für die Allgemeinheit zu erfüllen, würde sich sowieso nicht gegenseitig ausschließen. Grundsätzlich stellt Manfredi eine Professionalisierung im Management der Betriebe mit öffentlicher Beteiligung fest: „Da arbeiten mittlerweile alle nach privatwirtschaftlichen Kriterien. Da sind mittlerweile alles Profis am Werk.“ ◀ PETER SEEBACHER
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2008: +8.412.298 Euro 2009: +6.046.058 Euro FLUGHAFEN VERONA Anteil Autonome Provinz Bozen: 17,488% Gesellschaftskapital: 35.789.163 (2009) Auftrag: Betreiben des Flughafens Verona Gewinn/Verlust: 2007: –1.746.024 Euro 2008: –5.834.712 Euro 2009: –4.948.194 Euro TUNNEL FERROVIARIO DEL BRENNERO – TFB AG Anteil Autonome Provinz Bozen: 6,22 % Gesellschaftskapital: 125.790.910 Euro Auftrag: Beteiligungsgesellschaft Gewinn/Verlust: 2007: +36.255 Euro 2008: +203.754 Euro 2009: +747 Euro STR – BRENNERSCHIENENTRANSPORT AG Anteil Autonome Provinz Bozen: 3% Gesellschaftskapital: 51.640.000 Euro Auftrag: Kombinierter Verkehr Verwaltungsratspräsident: Walter Pardatscher Gewinn/Verlust: 2007: +751.577 Euro 2008: –3.914.509 Euro 2009: +234.919 Euro
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Was darf es sein, Herr Reisigl? Wolfgang Reisigl ist seit Ende vergangenen Jahres Geschäftsführer der Maico GmbH in Passeier. Beim Tischgespräch mit Südtirol Panorama spricht er offen über seine Stärken und Schwächen und entpuppt sich als Genießer und Lebensphilosoph.
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Absicht nicht habe. Andererseits bezweifle ich auch die Sinnhaftigkeit von befristeten Verträgen für Manager. Das resultiert in einer Denkweise, die den kurzfristigen Erfolg in den Mittelpunkt stellt. Und das kann nicht im Sinne eines Unternehmens sein, das langfristig Erfolg haben möchte.“ Wolfgang Reisigl ist ein Mensch, der lieber zuerst nachdenkt, bevor er etwas sagt. Fragen lässt er erst einmal ein paar Sekunden auf sich wirken, bevor er wohlformuliert und mit ruhiger und leiser Stimme
– immer wieder kurz überlegend – antwortet. Der in Meran lebende Manager ist begeisterter Mountainbiker und Läufer. Wohl auch aus diesem Grund entscheidet er sich bei der Bestellung für einen Pilhofsalat mit verschiedenen Blattsalaten, Räucherlachs, Mozzarella und Himbeeren („interessante Kombination“) als kalte Vorspeise. Als Hauptspeise wählt er ein Lachsfilet im Rohschinkenmantel auf Salat von Spinat und grünem Apfel. Dazu gibt es Mineralwasser mit Kohlensäure und ein Glas Sauvignon. NEUGIERIG. Gutem Essen und Trinken
LOCATION Foto: Alexander Alber
olfgang Reisigl ist erst vor einigen Monaten so richtig auf dem Radar der heimischen Medien aufgetaucht. Im Dezember 2010 übernahm er die Geschäftsführung der Maico AG und trat somit die Nachfolge des charismatischen Unternehmensgründers und langjährigem CEO Siegfried Zwick an. Dabei ist der gebürtige Schlanderser schon seit fast 30 Jahren im Unternehmen Maico beschäftigt und hatte im Laufe der Zeit nahezu alle wichtigen Positionen inne. Zuletzt war es jene des Vertriebsleiters. Als Treffpunkt für das Tischgespräch mit Südtirol Panorama hat sich Reisigl den Ansitz Pilhof in Eppan ausgesucht: „Ich war zwar noch nie da“, so seine Begründung am Telefon, „aber meine Frau schon öfters und sie hat jedesmal davon geschwärmt.“ Siegfried Zwick, Gründer von Maico, war es, der nach seinem Weggang von Hoppe den jungen Reisigl, mit dem er dort zusammengearbeitet hatte, in sein neues Unternehmen holte. Das war 1982. Aus dem Drei-Mann-Betrieb von damals ist mittlerweile ein Unternehmen mit 170 Mitarbeitern geworden. Wolfgang Reisigl sagt von sich, dass er mit dem Unternehmen mitgewachsen sei, persönlich und menschlich. Er habe sich einen reichen Erfahrungs- und Wissensschatz aneignen können, von dem er jetzt zehre, und sehe auch keinen Nachteil darin, so lange in einem Unternehmen tätig gewesen zu sein. „Das entspricht zwar nicht dem heutigen Management-Verständnis, ich finde aber, dass ein langfristiges Denken sowohl dem Einzelnen als auch dem Unternehmen zugute kommt. Wenn ich plane, in einigen Jahren das Unternehmen wieder zu verlasssen, dann werde ich mich ganz anders verhalten, als wenn ich diese
Exquisit Im Ansitz Pilhof wird gerne Traditionelles mit Neuem verbunden.
sei er durchaus zugetan, so Reisigl. Gerade erst sei er von einer „KuKu-Reise“ mit Familie und Freunden aus Süditalien zurückgekommen. „KuKu steht für Kultur und Kulinarisch“, klärt er den Zuhörer auf. Er habe das sehr genossen. Auch Reisen sei etwas, das er liebe. Kleine Auszeiten, wie die kurze Reise nach Süditalien, nehme er sich bewusst: „Ich bin kein Workaholic“, stellt er klar. „Ich arbeite gerne, aber es gibt auch viele andere Dinge, die mich interessieren und mir Freude machen. Gerade die vielen verschiedenen Facetten, die das Leben bietet, machen es noch lebenswerter.“ Dabei sei die Neugierde eine seiner größten Triebkräfte: „Mich interessieren viele Dinge und diese möchte ich dann auch für mich entdecken.“ Im Beruf sei er durchaus ehrgeizig, so der 50jährige. Deshalb habe er auch nicht lange gezögert, die angebotene Stelle als CEO von Maico anzunehmen. Reisigl schmunzelnd: „Ich hätte mich wirklich überwinden müssen, das Angebot, das Unternehmen zu leiten, auszuschlagen. Es entspricht nicht meinem Naturell, mich dauerhaft unterzuordnen.“
Foto: Alexander Alber
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Wolfgang Reisigl ist nicht immer nur ernst: „Ich bin ein neugieriger Mensch und interessiere mich für viele Dinge“
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Fotos: Alexander Alber
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Denkt nach, bevor er etwas sagt: Wolfgang Reisigl beim Tischgespräch mit Südtirol Panorama
Er möge es, die Zügel in der Hand zu halten und bestimme gerne, wohin die Reise gehen soll. In seiner Freizeit sei das allerdings anders. Da ordne er sich ohne weiteres in einer Gruppe unter und akzeptiere auch Entscheidungen, die nicht unbedingt seinem Gusto entsprächen. Außer mit einer Ausnahme: „Wenn es darum geht, während einer Mountainbiketour irgendwo zum Essen einzukehren und ich weiß, dass das Essen dort nicht gut ist, dann sträube ich mich vehement dagegen“, schmunzelt der Manager. Das Laufen betreibt Reisigl vor allem als Ausgleich zu seinem Beruf und ohne Wettkampfambitionen. An einem Laufwettbewerb hat er noch nie teilgenommen und plane das auch nicht: „Diese Entscheidung habe ich bewusst getroffen. Ich will mir in meiner Freizeit keinen Druck machen. Laufen ist für mich Entspannung und Erholung und so soll es auch bleiben.“ Seine Joggingrunde absolviert er fast täglich, meist morgens oder mittags, je nach Jahreszeit und Terminplan. KONTINUITÄT. Das Unternehmen Mai-
co möchte der neue CEO ganz im Sinne seines Vorgängers führen, der wohl in Sachen Unternehmenskultur und Mitarbeiterführung in Südtirol seiner Zeit Jahre voraus war. Zufriedene, motivierte Mitarbeiter seien für den Erfolg eines Unternehmens wichtig. „Work-life-balance“ ist einer der Begriffe, den Reisigl in
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„Ich bin ein Mensch mit vielen Ecken und Kanten und schwer zufrieden zu stellen“ Wolfgang Reisigl
diesem Zusammenhang nennt. Eben das richtige Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit. Hat er selbst sich immer daran gehalten? Für die Antwort lässt sich der Manager mehr Zeit als üblich. Nein, nicht immer, lautet diese dann. Auch heute noch müsse er sich immer wieder selbst daran erinnern, diese Balance zu halten. Die Identifikation mit dem Unternehmen sei sehr stark, das verleite zu viel Einsatz. „Wenn ich heute rückwirkend etwas ändern könnte, dann würde ich früher damit beginnen, etwas für die Work-life-balance zu tun.“ Lange Jahre habe er den Druck, den er verspürte, einfach nach außen „abgeleitet“. Das sei für sein unmittelbares Umfeld nicht immer angenehm gewesen. Sein Hang zum Perfektionismus gegenüber sich selbst und gegenüber anderen sei da oft noch verschärfend dazugekommen. Schließlich war für den Manager selbst klar, dass er ein Ventil braucht, um Dampf
kontrolliert abzulassen. So hat er das Laufen für sich entdeckt. „Das war die beste Entscheidung, die ich für mich und meine Umgebung treffen konnte“, stellt er heute fest. Überhaupt scheint Wolfgang Reisigl ein Mensch zu sein, der sich mit sich selbst auseinandergesetzt hat, der weiß, wo seine Schwächen und Stärken liegen. Manchmal klingen seine Sätze dazu schon fast philosophisch, immer aber sehr ehrlich. „Ich habe keinen sehr angenehmen Charakter“, ist zum Beispiel eine dieser völlig unerwarteten und ungeschminkten Bemerkungen. „Ich bin ein Mensch mit vielen Ecken und Kanten. Mich hundertprozentig zufrieden zu stellen ist sehr schwer. Und das äußere ich dann auch. Statt die 80 erreichten Prozent eines Zieles zu loben, kritisiere ich dann, dass nicht auch noch die restlichen 20 Prozent geschafft wurden.“ Das habe ihn gestört, und um sich zu ändern, müsse man sich eben mit sich selbst beschäftigen. Zwangsläufig habe er sich deshalb mit sich und diesen Charakterzügen auseinandersetzen müssen. ROT DOMINIERT. Mitarbeiter können
sich bei Maico ein so genanntes Struktogramm erstellen lassen. Dabei wird davon ausgegangen, dass verschiedene Gehirnteile bestimmend für das menschliche Verhalten sind. Jedem Teil wird eine Farbe zugeordnet: Grün (Stammhirn, instinktiv), Rot (Zwischenhirn, impulsiv), Blau (Großhirn, rational). Die
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Food Fusion: einmal der Pilhofsalat mit seinen aparten Zutaten und einmal der nicht mindere ungewöhnliche Lachs
durch den Test ermittelte Farbkombination ergibt dann ein Symbol für die Charaktereigenschaften eines Menschen. Wie sieht sein Struktogramm aus? Er sei „rot dominiert“ mit grünem Einschlag, erzählt Reisigl. Was heißt das? Rot bedeute gegenwartsorientiert, pragmatisch, konkret, zu Dominanz, Ungeduld und (nicht-physischer) Aggressivität neigend, sehr direkt kommunizierend, kompetitiv. Die grüne Komponente bedeute unter anderem vergangenheitsorientiert und veränderungsunwillig. „Einige dieser Dinge kann ich nachvollziehen, andere wieder nicht“, so der Kommentar Reisigls dazu. Sind diese Tests dann überhaupt nützlich? Ja, so Reisigl, sie helfen in dem Sinne, als man sich im Betrieb gegenseitig besser einschätzen und seine Kommunikation darauf abstimmen könne. In die Sackgasse führende Kommunikationsmuster würden so neu hinterfragt und man komme öfters zu einem positiven Ergebnis. Dass diese Tests keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhalten, sei dabei sowieso zweitrangig. Wichtig sei, dass sich die betreffende Person mit sich selbst auseinandersetze und über sich reflektiere. „Wenn jemand mit dem Ergebnis des Tests nicht einverstanden ist, dann kann es ja auch ganz praktisch sein, sagen zu können, dass das Ganze sowieso nicht stimmt, da die wissenschaftliche Basis fehlt“, stellt Reisigl lächelnd fest.
„Für mich sind Arbeit und Familie gleichermaßen Teil eines erfüllten Lebens“ Wolfgang Reisigl
Geschäftlich beschlagen Die Maico GmbH wurde 1981 von Siegfried Zwick als Tochterfirma der österreichischen Maco (Mayer & Co Beschläge GmbH) gegründet. Maico vertreibt technische Komponenten für Fenster und Türen, vor allem Beschläge. Der Sitz des Unternehmens befindet sich in St. Leonhard, Passeier. Von dort aus werden die Märkte in Italien, Spanien, Portugal und Griechenland bedient. Das als Drei-Mann-Firma gestartete Unternehmen beschäftigt mittlerweile 170 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2010 einen Umsatz von 72 Millionen Euro. Zwei Jahre zuvor waren es noch 73 Millionen. Geschäftsführer Wolfgang Reisigl schätzt, dass auch in den kommenden beiden Jahren der Umsatz in etwa gleich bleiben wird. Erst ab 2013 erwartet er wieder eine stärkere Umsatzsteigerung. Die gesamte MacoGruppe konnte 2010 einen Umsatz von 270 Millionen Euro ausweisen. Maico ist nicht nur wegen seiner Produkte bekannt, sondern auch aufgrund seines innovativen Personalmanagements.
ARBEIT UND FAMILIE. Seine Familie ist
dem Manager sehr wichtig. Da er aus beruflichen Gründen im Schnitt ein bis zweimal pro Woche außer Haus übernachtet, versucht er die restlichen Abende bei den Seinen zu sein. Zeit mit seiner Frau und seinen beiden indischen Adoptivkindern (18 und 14) zu verbringen, sei ihm sehr wichtig. Die manchmal an ihn gerichtete Frage, ob er seinen Job oder seine Familie mehr liebe, sei sowieso eine dumme: „Ich liebe meine Familie und ich liebe meine Arbeit“, betont er, und man merkt Wolfgang Reisigl an, dass ihn das Thema bewegt. „Für mich sind Arbeit und Familie gleichermaßen Teil eines erfüllten Lebens.“ Natürlich müssten immer wieder aufs Neue Prioritäten gesetzt werden und manchmal halse man sich zuviel auf. Gerade die Repräsentationspflichten und -anforderungen, die an einen CEO gestellt werden, habe er unterschätzt. „Mir war nicht klar, dass es für bestimmte Personen einfach wichtig ist, mit dem Geschäftsführer persönlich zu sprechen.“ Da musste er erst lernen, diesem Wunsch nicht stets zu entsprechen: „Täte ich das immer, dann hätte ich für andere Dinge gar keine Zeit mehr. Oft muss man sich für etwas und damit auch gegen etwas entscheiden. Denn wenn man zu etwas ja sagt, sagt man gleichzeitig zu etwas anderem nein. Das ist halt der Preis, den man zahlen muss.“ Sagt’s und entscheidet sich gegen einen Verdau◀ ungskaffee. PETER SEEBACHER
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KARRIERE
Halbe Zeit, doppelte Leistung?
Foto: Ariane Löbert
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist als erstrebenswertes Ziel in aller Munde. Gilt das auch für Führungspositionen? Kann man auch in Teilzeit Karriere machen? Theoretisch schon, doch die Praxis sieht oft anders aus.
Anita Renner, Teamleiterin bei der Firma Hoppe in Laas. Sie arbeitet knapp 64 Prozent und führt sechs bis sieben Mitarbeiter
K
arriere macht man nach 17 Uhr.“ So lautet ein ungeschriebenes Gesetz im Management. Für die meisten Führungskräfte ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie weit mehr als 40 Wochenstunden in ihren Beruf investieren. Gerne sind sie früh die Ersten im Büro und löschen abends als Letzte das Licht, um anschließend noch bei einem Geschäftsessen berufliche Kontakte zu pflegen. Kein Wochenende ist heilig, wenn noch wichtige Dokumente durchzuge-
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hen sind, und wer sich wirklich für unentbehrlich hält, ist auch im Urlaub permanent am Handy erreichbar. Eine Arbeitsauffassung, die extrem familienfeindlich ist und für weibliche Chefinnen oft bedeutet: entweder Karriere oder Familie. In welche Richtung das Pendel in den allermeisten Fällen ausschlägt, lässt sich an der hohen Zahl kinderloser oder spätgebärender Akademikerinnen ablesen. In Deutschland bleibt jede dritte der am besten ausgebildeten Frauen ohne
Nachwuchs. Entscheidet sich die Karrierefrau dann doch noch für Kinder (nicht selten erst jenseits der 40) verspürt sie nur in Ausnahmefällen den Wunsch, das eine K (Karriere) komplett gegen die traditionellen drei K (Küche, Kinder, Kirche) eintauschen. Also versucht sie einen kräftezehrenden Spagat als berufstätige Mutter: Früh als erstes die Kinder zur Schule oder in die Kita bringen. Danach ins Büro. Mittags die Kleinen pünktlich wieder abholen, Essen kochen, danach aufräumen, die
KARRIERE
Kinder der Oma übergeben und zurück zur Arbeit. Am Abend auf dem Heimweg schnell noch einkaufen, dann Abendessen machen und Hausaufgaben kontrollieren. Und später, wenn der Nachwuchs endlich im Bett ist, noch all die Dinge erledigen, die wieder einmal liegen geblieben sind. Um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, braucht frau mehr als einen 24-Stunden-Tag. Ein Hamsterrad, in dem die eigenen Bedürfnisse und die Beziehung zum Partner schnell auf der Strecke bleiben. Vom Networking, der Pflege der für eine erfolgreiche berufliche Karriere so wichtigen informellen Geschäftskontakte, ganz zu schweigen.
in Italien, anders als in vielen anderen Ländern Europas, nicht. Es sei denn, man verdient seine Brötchen „beim Land“. Für die Bediensteten der Südtiroler Lokalverwaltungen gibt es ein gesetzlich festgelegtes Recht auf Teilzeitbeschäftigung. Bis hinauf zur Amtsdirektorin besteht die Möglichkeit, die Arbeitszeit zu reduzieren und zwar von 50 Prozent für einfache Angestellte bis 75 Prozent für Führungskräfte – allerdings nur aus familiären Gründen und für einen begrenzten Zeitraum. In punkto Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das Land nach wie vor eine Insel der Seligen, daher verwundert es wenig, dass die Frauenquote beim öffentlichen Personal knapp 70 Prozent beträgt. Von den fast 39.000 Bediensteten im lokalen öffentlichen Dienst arbeitet gut ein Drittel in Teilzeit, der Großteil sind Frauen. Nur rund 6,5 Prozent der Männer arbeiten zeitverkürzt, Führungspersonen sind mit der Lupe zu suchen. Es finden sich zwar etwas mehr weibliche Führungskräfte mit Teilzeitverträgen, aber sie bleiben Exotinnen der Arbeitswelt – die Ausnahme von der Regel, dass weibliche Karriere und Familie unvereinbar sind. Laut „ArbeitnehmerInnen Survey“ des
wäre eine gute Möglichkeit, um etwas Geschwindigkeit aus diesem Kreislauf der permanenten Überlastung zu nehmen. Nur leider ist dies oft alles andere als einfach. Vor allem, wenn man einen anspruchsvollen Beruf ausübt oder in auch nur leicht gehobener Position arbeitet. Teilzeitarbeit erscheint bislang nur selbstverständlich, wenn es sich um Verkäuferinnen, Reinigungskräfte und andere Anlerntätigkeiten handelt. Einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit gibt es
Foto: Dr. Schär
DIE ARBEITSZEIT ZU REDUZIEREN
Ursula Pichler, Brandmanagerin bei Dr. Schär. Die Mutter von zwei Kindern arbeitet zuweilen auch von zu Hause
Fünf Qualitäten, die es braucht, um auch in Teilzeit erfolgreich zu sein Selbstsicherheit: Wissen, was man kann und welchen Wert man für den Arbeitgeber hat. Nur so geht man mit der richtigen Einstellung in die Teilzeitverhandlungen. Fachkräftemangel ist für Arbeitgeber ein Hauptargument für Teilzeitregelungen – auch beim gehobenen Personal. Gute Leute sind – gerade in Südtirol – schwer zu ersetzen. Zudem leisten Teilzeitkräfte auch in 60 oder 75 Prozent der Zeit ganze Arbeit und das muss frau dem Chef konsequent klar machen. Mut: Sich die Doppelbelastung auch tatsächlich zutrauen. Dazu gehört, klare Prioritäten zu setzen und einen Teil der Verantwortung, sowohl im Beruf als auch zu Hause, abgeben. Als Teilzeitchefin kann man nicht bei jedem Meeting dabei sein und muss seinen Mitarbeitern zutrauen, dass sie Probleme auch alleine lösen. Zu Hause muss frau es aushalten können, dass das Wohnzimmer nicht immer tiptop aufgeräumt
ist. Bei der Erledigung der häuslichen Pflichten sollten Mann und Kinder konsequent mit einbezogen werden. Kreativität: Die richtige Teilzeitregelung finden, die den beruflichen und persönlichen Erfordernissen am besten entspricht. So verschieden wie die Arbeitsrealitäten sind auch die möglichen Teilzeitvereinbarungen. Von horizontal (Reduzierung der Stundenzahl pro Tag) über vertikal (Reduzierung der Wochenarbeitstage) bis hin zu jahresbezogenen Unterbrechungen (z. B. im Sommer) oder wochenweisem Wechsel zwischen Arbeit und Freizeit und einer Vielzahl von Mischformen ist theoretisch fast alles möglich. Flexibilität: Führen in Teilzeit verlangt ein noch größeres Maß an geistiger und arbeitszeitlicher Flexibilität, als in Führungspositionen ohnehin erwartet wird. Wer jeden Tag Punkt 12 Uhr zu
Hause sein muss, um für Mann und Kinder ein warmes Mittagessen auf den Tisch zu zaubern, wird in der Firma kaum Karriere machen. Teilzeitregelungen für Chefinnen müssen Raum für mehrtägige Dienstreisen, gelegentliche Abendtermine oder Ganztagsseminare lassen. Organisationstalent: Ohne einen guten familiären Background wird es schwer oder zumindest teuer. Sind Kinder zu betreuen, braucht es die Unterstützung von Eltern und Schwiegereltern und anderen Verwandten. Wer komplett auf außerfamiliäre Kinderbetreuung angewiesen ist, reicht schnell sein ganzes Monatsgehalt an Betreuungspersonen oder -organisationen weiter. Hinzu kommen meist noch die Kosten für eine Haushaltshilfe. So muss die spärliche Freizeit nicht allein fürs Waschen und Putzen verwendet werden und auch die Beziehung leidet weniger.
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KARRIERE
„Teilzeit muss männlich werden!“ Gleichstellungsrätin Simone Wasserer fordert ein Umdenken, damit Teilzeitarbeit nicht zur Karrierefalle wird. beiträgen nun mal nicht bewerkstelligen lässt. Armut wird in Zukunft ganz sicher weiblich sein, wenn sich hier nichts ändert.
SÜDTIROL PANORAMA: Warum ist Führen in Teilzeit bei uns immer noch die große Ausnahme?
Warum setzen sich diese Erkenntnisse nur so langsam durch?
Es braucht dazu sicher auch ein gesamtgesellschaftliches Umdenken. Hierzulande wird die Kleinkinderbetreuung, in Kitas, ebenso wie die Ganztagsschule oder auch die Ferienbetreuung oft geradezu verteufelt. Viele scheinen da noch im Denken des vorigen Jahrhunderts verhaftet zu sein. Wir haben also noch eine gewaltige Aufklärungsarbeit zu leisten, damit sich in den Köpfen etwas ändert. Braucht es nicht auch Initiativen aus der Politik?
Natürlich braucht es die. Landesrat Theiner setzt sich zum Beispiel sehr für Kitas und Sommerkindergärten ein, auch gegen gesellschaftliche Widerstände. Drei Monate Ferien verursachen enorme Kosten, diese Erkenntnis wächst langsam auch bei den politischen Entscheidungsträgern. Aber es sind auch gesetzliche Maßnahmen notwendig, weil sich durch Absichtserklärungen allein nichts ändert. Bei den Landesangestellten gibt es zum Beispiel bereits einigen Jahren einen Rechtsanspruch auf Teilzeit auch in Führungspositionen.
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Verzichtet die Gesellschaft also freiwillig auf das wirtschaftliche Potential der Frauen?
Foto: privat
SIMONE WASSERER: Vielleicht ist die Zeit dafür noch nicht reif. Gerade in Südtirol scheint die wirkliche Bedeutung von Arbeit immer noch nicht ganz klar zu sein. Oft geht es überwiegend um Anwesenheit statt um Leistung. Und das, obwohl diverse Studien und auch die Erfahrungen aus der Arbeitswelt eine deutliche Sprache sprechen: Teilzeitkräfte arbeiten in der verkürzten Zeit meist wesentlich konzentrierter und ergebnisorientierter, sie machen keine sinnlosen Überstunden, sitzen ihre Zeit nicht einfach nur im Büro ab und googeln und surfen auch weniger am Arbeitsplatz. Sie leisten also in 75 Prozent der Zeit genauso viel wie eine Vollzeitkraft.
Simone Wasserer: „Es muss sich etwas ändern“
Genau dieser Rechtsanspruch fehlt in der Privatwirtschaft...
Leider gibt es in der Wirtschaft überhaupt keinen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit, schon gar nicht für Führungskräfte. Meist heißt es nur: entweder Vollzeit oder gar nicht. Oft kündigen die Frauen daher noch innerhalb des Mutterschutzes, um sich wenigstens den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu sichern, der ihnen verloren geht, wenn sie sich nach Ablauf des Mutterschutzes mit ihrem Arbeitgeber auf eine Aufhebung des Vertrages einigen. In Südtirol betrifft das Jahr für Jahr 600 bis 700 Frauen, das ist eine enorm hohe Zahl. Woran liegt das ihrer Meinung nach?
Sicher muss sich auch in den Köpfen der Frauen noch einiges ändern. Frauen müssen ihren Wert für die Gesellschaft erkennen und verstehen, dass sie auch von der Wirtschaft gebraucht werden. Immerhin haben wir heute mehr weibliche Maturanten und Hochschulabsolventen als männliche. Frauen brauchen also mehr Courage, um für sich und ihre Interessen zu kämpfen. Zum anderen haben sie nach wie vor ihre eigenen Interessen zu wenig im Blick. Dabei geht es auch um die Absicherung im Alter, die sich mit geringen oder über Jahre komplett fehlenden Rentenversicherungs-
Das ist das große Dilemma. Wie schon gesagt, Frauen sind heutzutage enorm gut ausgebildet, oftmals besser als die Männer, und trotzdem nehmen nur 35 Prozent der arbeitsfähigen Frauen auch tatsächlich am Arbeitsleben teil. Das werden wir uns auf Dauer nicht leisten können. Auch innerhalb der einzelnen Betriebe nicht. Nach meiner Erfahrung leisten Frauen dort oft „ehrlichere“ Arbeit als ihre männlichen Kollegen. Sie sind loyaler ihrem Arbeitgeber gegenüber, haben das Große und Ganze des Betriebes im Blick und nicht nur die eigene Karriere. Männer verkaufen sich nur meist besser. Was tun Sie angesichts dieser Erkenntnisse, um die Situation der Frauen zu verbessern?
Vor allen Dingen Aufklärungsarbeit leisten – und da komme ich mir schon manchmal vor wie ein Plattenspieler, weil ich immer wieder das Gleiche sage. Wir bringen Vorschläge in die politische Diskussion ein und helfen natürlich auch im ganz konkreten Fall, geben Rechtsberatung, suchen das Gespräch mit Arbeitgebern... Braucht es eine Frauenquote in Führungspositionen, so wie sie derzeit in Deutschland heiß diskutiert wird?
Leider ja. Leider deshalb, weil eine Quote immer eine Notlösung ist. Aber solange überwiegend Männer in den wichtigsten Entscheidungsgremien sitzen, geht es wohl nicht anders. Es braucht außerdem einen gesetzlichen Anspruch auf 75 Prozent Teilzeit auch in der Privatwirtschaft und in jeder Position. Und es braucht nicht zuletzt ein Umdenken auch bei den Männern: ◀ Teilzeit muss männlich werden! INTERVIEW: ARIANE LÖBERT
KARRIERE Und das lief, bis auf einige Umstellungsschwierigkeiten, absolut problemlos. Zwar mussten sich die Mitarbeiter darauf einstellen, dass die Vorgesetzte nicht mehr jederzeit verfügbar war, aber das Verständnis war von Anfang an groß, schließlich arbeiten auch die meisten Mitarbeiterinnen in Teilzeit. Außerdem blieb die Chefin nach Feierabend telefonisch erreichbar, und es zeigte sich schnell, dass dies selten nötig war.
positionen normalerweise schwer durchsetzbar und nur möglich, weil Angelika Gasser ihren Terminkalender selbst verwaltet und das Kulturamt insgesamt ein „gut planbares Amt“ ist. Für die Kinderbetreuung sind fixe Zeiten dagegen enorm hilfreich. Kindergärten und Horte haben, ebenso wie Schulen, äußerst starre und meist viel zu kurze Betreuungszeiten. Ganz schlimm wird es in den Ferien, wer da sein Kind tagsüber gut versorgt sehen will, muss sich rechtzeitig einen Platz sichern und vor allem tief in die Tasche greifen – mehr als hundert Euro für eine Woche Halbtagsbetreuung sind keine Seltenheit. Die Nachmittags- oder Abendbetreuung der Kinder muss in jedem Fall gut geplant sein, es sei denn, man hat permanent eine Oma auf Abruf parat. Ohne ein stabiles familiäres Netzwerk schafft man es jedenfalls kaum, Familie
„EIN GUTES ARBEITSKLIMA ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Führung auch in Teilzeit gelingt“, fasst Angelika Gasser ihre durchaus positive Erfahrung zusammen. Eine Erkenntnis, die auch von verschiedenen Studien bestätigt wird. Nur wenn eine echte Vertrauensbasis und eine gute Abstimmung zwischen Arbeitgeber, Teilzeitführungskraft und Team bestehen, läuft der Laden. An-
Teamleiterin Maria Zoderer plant die Abwicklung der Aufträge eigenständig am Computer in der Werkhalle
Arbeitsforschungsinstitutes arbeiten in ganz Südtirol nur fünf Prozent der Führungskräfte in Teilzeit. Zum Vergleich: In Deutschland waren es laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2004 immerhin 14 Prozent der weiblichen Chefs und 2 Prozent bei den Männern. Aktuellere Zahlen fehlen, die Tendenz dürfte jedoch steigend sein, denn laut einer aktuellen Umfrage würden 40 Prozent der leitenden Angestellten gerne in Teilzeit arbeiten. EINE DER TEILZEITCHEFINNEN beim
Land ist Angelika Gasser, Direktorin im Amt für Kultur und „Herrin“ über acht Mitarbeiter, darunter sieben Frauen. Außerdem ist sie Mutter zweier Kinder im Alter von fünf und zwei Jahren. Bereits 10 Monate nach der Geburt des ersten Kindes ist sie wieder an ihren Arbeitsplatz zurück gekehrt – allerdings nicht mehr in Vollzeit, sondern nur zu 75 Prozent.
Angelika Gasser
dernfalls drohen Reibungsverluste, und die punktuell abwesende Führungskraft gerät in Gefahr, von aufstrebenden Vollzeitmitarbeitern ausgebootet zu werden. Von Seiten des Arbeitgebers und der übergeordneten Chefs braucht es vor allem einen Paradigmenwechsel hin zu einer Leistungsvereinbarung statt der bisher allgemein üblichen Zeitvereinbarung. Wenn die Stechuhr durch Ziele ersetzt wird, deren Erreichung sich transparent nachvollziehen lässt, sind eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle möglich. Dazu gehört unter anderem auch die Telearbeit, die in Zeiten weltweiter Vernetzung in vielen Bereichen problemlos machbar wäre, aber bislang nur selten in Betracht gezogen wird. Amtsdirektorin Gasser ist jeden Tag von zirka neun bis vierzehn Uhr im Büro, an zwei Tagen auch am Nachmittag. Eine solch starre Einteilung ist in Führungs-
Foto: Ariane Löbert
Foto: Ariane Löbert
„Als Teilzeitchefin muss man gut organisieren und delegieren können“
Angelika Gasser, Direktorin im Amt für Kultur, arbeitet in Gleitzeit und kann ihre Termine weitgehend selbst planen
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KARRIERE und Karriere gleichzeitig zu bewerkstelligen, ohne finanziell auszubluten. Das betonen alle Teilzeitchefinnen unisono. Ebenso wie es stimmt, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau steht, die ihm daheim den Rücken frei hält, so steht hinter jeder erfolgreichen Frau zumindest eine Oma, eine Haushaltshilfe oder ein Kindermädchen. Auf die (Ehe-)Männer ist diesbezüglich leider nicht immer Verlass. Viele beruflich erfolgreiche Frauen beklagen, dass sie neben ihrer eigentlichen Arbeit daheim noch ein „erfolgreiches Familienunternehmen“ führen. Das führt schnell zur Selbstausbeutung, dem größten Problem, wenn frau versucht, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu schaffen. Eine Erfahrung, die auch Ursula Pichler bestätigt. „Der Tag ist von morgens bis abends konsequent durchgeplant“, sagt Pichler. Die Boznerin ist Brand-Managerin bei Dr. Schär und zuständig für die Marke DS, eine Linie von glutenfreien Tiefkühlprodukten. Die Mutter von zwei Kindern arbeitet 32 Wochenstunden und beschäftigt seit Jahren eine Kinderfrau, die mittlerweile fast zur Familie gehört und auch im Haushalt hilft. Zusätzlich kann sie sich auf einen guten familiären Background verlassen, so zuweilen auch am Abend noch am heimischen Computer arbeiten. Sie teilt die unterschwellige Befürchtung vieler Frauen, die auch im Beruf „ihren Mann stehen“, dass die Kinder womöglich unter der Doppelbelastung der Mutter leiden könnten. Aber ein Leben als Hausfrau ist für sie, wie für alle anderen, die einen ähnlichen Weg gehen, einfach nicht denkbar. Aus Gründen der eigenen finanziellen Unabhängigkeit nicht, aber vor allem, weil ihnen ihr Beruf immer auch ein bisschen Berufung ist und ganz einfach zum eigenen Selbstverständnis gehört. FAKT BLEIBT ABER, dass sich die Arbeit
nicht einfach so von alleine reduziert, nur weil man weniger Stunden dafür zur Verfügung hat – weder zu Hause noch im Büro. „Als Teilzeitchefin muss man klare Prioritäten setzen“, betont deshalb auch Amtsdirektorin Gasser. Man müsse lernen, zu delegieren und auf weniger wichtige Termine zu verzichten. Von sich selbst glaubt sie, dass sie organisierter und konzentrierter arbeitet, aber auch ungeduldiger geworden sei. „Ich bin einfach weniger bereit, auf Sitzungen Zeit zu verplempern“, sagt sie.
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„Selbstausbeutung ist die größte Gefahr bei Führung in Teilzeit“ Ursula Pichler
Checkliste zur Einführung von Teilzeit in Führungspositionen Arbeitsorganisation ▶ Welche Aufgaben soll ausschließlich die Führungskraft wahrnehmen, welche können von einem Kollegen oder Stellvertreter übernommen und welche delegiert werden? ▶ An welchen Sitzungen ist die persönliche Teilnahme erforderlich, welche Termine können wegfallen oder ▶ delegiert werden? ▶ Welche Stellvertretungsregelungen sollen getroffen werden? Fachliche und soziale Kompetenz ▶ Wie kompetent ist die Führungskraft z. B. in Hinblick auf Delegation und Kommunikation? ▶ Wie sehr bedarf das Team der Führung und welche Personalentwicklungsmaßnahmen sind sinnvoll? Teilzeit-„Familie“ ▶ Akzeptieren Vorgesetze, Kollegen und Mitarbeiter die Teilzeitarbeit der Führungskraft, oder welche Maßnahmen zur Sensibilisierung sollen getroffen werden? Information und Kommunikation ▶ Wie wird eine reibungslose Kommunikation und Transparenz über Entscheidungen gewährleistet? ▶ Wie wird für Transparenz der Anwesenheitszeiten gesorgt (gegenüber Kunden, Mitarbeitern, etc.)? Entlohnung ▶ Hat die Umorganisation Auswirkungen auf die Entlohnung (z. B. Gehaltserhöhung für Stellvertreter)? Bei geteilter Führung/Job-Sharing ▶ Soll eine zeitliche Teilung vorgenommen werden oder ist die Festlegung von Verantwortungsbereichen, bzw. einer „Federführung“ sinnvoll? ▶ Herrscht Transparenz über Verantwortlichkeiten?
Auch dies eine Erfahrung, die allgemein bestätigt wird. Meist erledigen Teilzeitkräfte in der reduzierten Zeit das gleiche Pensum wie ihre Vollzeitkollegen, nur dass sie dabei weniger verdienen. Und da die übrigbleibende Reststelle oft nicht nachbesetzt wird, profitiert der Arbeitgeber auch finanziell. Ein Umstand, der eigentlich auch den letzten Skeptiker überzeugen sollte. Die Realität sieht oft genug anders aus. „Häufig werden die Frauen noch während des Mutterschutzes in die Arbeitslosigkeit gedrängt, weil sich der Arbeitgeber außerstande sieht, ihnen eine passende Teilzeitregelung einzuräumen“, sagt die Gleichstellungsrätin Simone Wasserer. Und das, obwohl der Betrieb auf vielfältige Weise vom Prinzip Führen in Teilzeit profitiert. Auch dadurch, dass die anderen Mitarbeiter lernen, selbstständiger zu arbeiten und mehr Verantwortung zu übernehmen. „Eine Teamleiterin, die nicht ständig persönlich anwesend ist, gibt allen im Team die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln“, bestätigt Christian Gamper, Leiter der Endfertigung im Laaser Werk der Firma Hoppe. Bei ihm arbeiten zwei Teamleiterinnen in der Produktion in Teilzeit, beide täglich fünf Stunden von 6 bis 11.15 Uhr. Die Teilzeit-Teamleiterinnen Maria Zoderer und Anita Renner führen ein jeweils vier- bis sechsköpfiges Team in der Produktion und Verpackung von speziellen Fensterbeschlägen. Sie sind zufrieden mit ihrer Arbeit und den Arbeitszeiten, die genügend Raum für die Familie lassen, aber auch mit der Entlohnung, die wegen günstigerer Steuerund Rentenversicherungssätze gar nicht so weit unter der einer Vollzeitkraft liegt. Ein Argument pro Teilzeit vor allem auch für Besserverdiener. Nicht nur bei Hoppe oder Dr. Schär, auch bei anderen größeren Unternehmen in Südtirol versucht man in jüngster Zeit verstärkt, auf die zeitlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen. Angesichts des Fachkräftemangels in Südtirol lohnt es sich, das Personal, das man oft selbst ausgebildet und in das man einiges an interner Weiterbildung investiert hat, im Betrieb zu halten, und sei es auch mit reduzierter Stundenzahl. Eine Entwicklung von der über kurz oder lang auch Führungskräfte profitieren werden. So sie es sich denn auch selbst zutrauen, der Dop◀ pelbelastung standzuhalten. ARIANE LÖBERT
PR-INFO
WIRTSCHAFTSMOTOR FRAU Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Unterstützung der Frauen beim Einstieg in die Selbständigkeit bzw. bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Das Land setzt Akzente: weibliches Unternehmertum und Kinderbetreuung. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Förderungen machen dies möglich
Das Assessorat für Innovation und Genossenschaftswesen fördert das weibliche Unternehmertum hinsichtlich der: • Existenzgründung • Einführung innovativer Organisations modelle • beruflichen Qualifizierung von Unternehmerinnen Freiberuflerinnen und kleine Unternehmen, die mehrheitlich von Frauen geführt werden und in den Bereichen Tourismus, Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistungen tätig sind, können um einen Beitrag ansuchen. Dazu zählen Einzelunternehmen (die Inhaberin muss eine Frau sein), Personengesellschaften (mind. 60 Prozent der Mitglieder müssen Frauen sein – bei Kommanditgesellschaften müssen mind. 60 Prozent der Komplementäre Frauen sein); Kapitalgesellschaften und Genossenschaften (2/3 des Gesellschaftskapitals muss von Frauen gehalten werden, die Mitglieder der Verwaltungsorgane müssen zu 2/3 Frauen sein). Für betriebliche Investitionen kann ein Verlustbeitrag von 25 Prozent bis maximal 40 Prozent der zugelassenen Ausgaben gewährt werden. Für den Erwerb von Beratungsleistungen und die Supervision der unternehmerischen Tätigkeit sowie für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen kann ein Verlustbeitrag von bis zu 80 Prozent der zugelassenen Ausgaben gewährt werden. Einreichtermin: bis zum 30. September 2011 um 12.00 Uhr.
„Frauen müssen von der Gesellschaft unterstützt werden, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen; und Männer sollen ihren Beitrag dazu leisten“ ROBERTO BIZZO, LANDESRAT FÜR INNOVATION UND GENOSSENSCHAFTSWESEN
Weiters förders das Assessorat für Innovation und Genossenschaftswesen die Kinderbetreuung für Kinder bis zu drei Jahren. Ziel dieser Fördermaßnahmen ist es, die öffentlichen und privaten Arbeitgeber darin zu bestärken, ihren Mitarbeiter/Innen hinsichtlich der Organisation der Kinderbetreuung entgegenzukommen und eine größere Flexibilität in der Gestaltung der Arbeitszeiten sowie bessere Betriebsergebnisse zu erreichen. Gefördert werden der Kauf von Kinderplätzen in bestehenden Kindertagesstätten sowie die Errichtung eines betriebsinternen Dienstes. Der Landesbeitrag beträgt bis zu 33,33 Prozent der Kosten für den Ankauf der „Kinderplätze“ bzw., bei betriebsinternen Diensten, der Führungskosten der Einrichtung. Der Dienst muss in jedem Fall den von der Landesregierung genehmigten Akkreditierungskriterien für Kindertagesstätten entsprechen. Einreichtermin: bis zum 28. Februar des jeweiligen Kalenderjahres oder im Laufe des jeweiligen Jahres, falls der Dienst nach der genannten Frist in Anspruch bzw. die Tagesstätte nach diesem Datum in Betrieb genommen wird. ❧
infobox
Assessorat für Innovation und Genossenschaftswesen
Roberto Bizzo, Landesrat für Innovation und Genossenschaftswesen, setzt sich für Frauen ein
Raiffeisenstraße 5 39100 Bozen Tel. 0471 41 37 92 oder 41 37 36 www.provinz.bz.it/innovation
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GELD & FINANZEN
Moderne Planwirtschaft Die Wirtschaftsjournalistin und gebürtige Südtirolerin Esther Mitterstieler ist stellvertretende Chefredakteurin des Wirtschaftsblatts in Wien. Die wirtschaftliche Situation Südtirols beurteilt sie kritisch. Das Land laufe Gefahr, zukünftige Entwicklungen zu verpassen. SÜDTIROL PANORAMA: Welchen Eindruck haben Sie von der Südtiroler Wirtschaft?
nerhalb Südtirols ziemlich begrenzt. Da müssen die Unternehmen eben verstärkt über die Grenzen hinaus.
ESTHER MITTERSTIELER: Also, der
Können die Unternehmen das allein schaffen?
Eindruck ist schon der, dass es sich um eine moderne Form der Planwirtschaft handelt. Nach den Zahlen des Wifo erbringt die öffentliche Hand 18,74 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Den Rest erwirtschaften die privaten Unternehmen. Gleichzeitig liegen die öffentlichen Ausgaben bei mehr als 50 Prozent des Bruttoregionalproduktes. Das ist genauso hoch wie in Österreich, die Deutschen kommen laut Eurostat mit einer Quote von 46,6 Prozent aus. Sogar Italien liegt mit einer Ausgabenquote von 50,3 Prozent unter der des Landes Südtirol. Das sollte zu denken geben. Das Land Südtirol übernimmt Aufgaben, die die öffentliche Hand eigentlich nicht übernehmen müsste. Das hat sicher auch damit zu tun, dass viel Geld vorhanden ist. Und klar, das Land Südtirol macht das ja nicht aus Eigeninteresse, sondern für die Bevölkerung. Einer modernen sozialen Marktwirtschaft entspricht diese Situation aber sicher nicht. Wie sollte das geändert werden? Die fehlende Wirtschaftsleistung des Landes müsste dann ja jemand übernehmen?
Ja, sicher, das muss die Privatwirtschaft übernehmen. In Südtirol gibt es viele gute Unternehmen. Es stimmt, die Wirtschaft hier ist sehr klein strukturiert. Nur ein Prozent der Unternehmen – nämlich die größten – exportieren überhaupt. Die kleineren Betriebe müssten sich halt zusammenschließen und gemeinsam exportieren. Auch weil der Markt in Südtirol in gewissen Wirtschaftsbereichen gesättigt ist. Nehmen wir zum Beispiel die Baubranche. Da denke ich, ist der Markt in Zukunft in-
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Ich bin schon der Meinung, dass die Wirtschaft sehr viel weiterbringen kann. Was mit dem starken Engagement des Landes in Sachen Wirtschaft auch zu-
„Schaut man auf das Wirtschaftswachstum, dann hinkt Südtirol hinterher“ Esther Mitterstieler
sammenhängt, ist, dass ein irre hoher Anteil der Arbeitnehmer in öffentlichen Ämtern beschäftigt ist. Aber das ist in meinen Augen auch eine Frage der Mentalität. Viele sagen sich: Ich gehe zum Land, da habe ich es viel bequemer. Insgesamt gesehen lähmt diese Haltung Vieler aber auch die gesamte Wirtschaft. So schlecht geht es der Südtiroler Wirtschaft anscheinend ja nicht.
Natürlich, auf den ersten Blick wirkt Südtirol wie ein Paradies, da kaum Arbeitslosigkeit vorhanden ist. Schaut man aber auf das Wirtschaftswachstum, dann hinkt Südtirol im Vergleich zu Österreich oder Deutschland stark hinterher. Aber das hat auch damit zu tun, dass Südtirol zu Italien gehört, und wirtschaftlich geht es Italien ja nicht besonders gut.
Mir scheint aber, dass die relativ rosige Situation in Südtirol auch alle Beteiligten ein wenig zu viel in Sicherheit wiegt. Ganz nach dem Motto: Uns geht es eh gut, es geht uns allen super, da brauchen wir nicht viel tun. Ob das aber in zehn Jahren auch noch so sein wird, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube schon, dass sich die Leute bewusst sein sollten, dass das nicht mehr lange so weitergehen wird. Italien hat eine Staatsverschuldung von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist enorm. Ich denke nicht, dass in Zukunft all die Gelder aus Rom zurückfließen werden wie bisher. Die Südtiroler werden deshalb gezwungen sein, wieder mehr Eigeninitiative zu entwickeln. Die Weichenstellung für schlechtere Zeiten sollten dann wohl eher früher als später passieren?
Ganz bestimmt, je früher, umso besser. Wenn Luis Durnwalder sich entschließt, noch eine weitere Amtsperiode anzuhängen, dann kann er ja gleich damit anfangen. Südtirol ist ja relativ gut durch die vergangenen Krisenjahre gekommen. Hat damit der Anstoß gefehlt, die eigene Situation zu überdenken und dementsprechend neue Maßnahmen zu setzen?
Nein, ich wünsche niemandem eine Krise an den Hals, nur damit sich etwas ändert. Aber klar, Südtirol scheint schon oft wie unter einer Käseglocke geschützt. Allerdings wäre es meiner Meinung nach Zeit, so langsam aufzuwachen, bevor es zu spät ist. Was sollte da vor allem angegangen werden?
Südtirols Wirtschaft hat eine sehr geringe Quote für Forschung und Entwicklung (F&E). Diese Quote ist ja eigentlich direkt an Wirtschaftsleistung und Wohlstand gekoppelt. In Südtirol
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Foto: Ludwig Thalheimer
Esther Mitterstieler benutzt immer noch „wir“, wenn sie über Südtirol und die Südtiroler spricht. Trotz dieser Verbundenheit steht sie mancher Entwicklung in Südtirol skeptisch gegenüber
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GELD & FINANZEN gilt das natürlich nur bedingt, da die öffentliche Hand einen immensen Teil der Wirtschaftsleistung erbringt. Trotzdem: Wenn ich diese Quote – laut letzten Erhebungen liegt sie in Südtirol bei 0,57 Prozent – bei einem x-beliebigen Land sehen würde, dann würde ich mir denken, dass die Wirtschaft dieses Landes die nächsten zehn Jahre nicht überstehen kann.
Ist das einer der Gründe, warum so mancher Unternehmer in Osttirol Produktionsstätten errichtet hat?
Wahrscheinlich auch, vielmehr sind es aber wohl die günstigen Grundstückpreise dort, welche die Südtiroler Unternehmer locken. Und auch die zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte. Gerade der europaweit akute Fachkräftemangel betrifft auch Südtirol. Hier sollte man wohl mehr auf eine bessere Ausbildung setzen. Und nicht zuletzt auf niedrigere Steuern. Aber gerade gut ausgebildete Südtiroler, sprich Uniabsolventen, die ihr Studium im Ausland absolviert haben, kehren oft nicht mehr in ihre Heimat zurück.
Ein Land kann ja auch darauf stolz sein, wenn es imstande ist, fähige Köpfe zu exportieren. Und es kommen ja auch viele der Uniabsolventen wieder nach Südtirol zurück. Das Problem der hochqualifizierten Wissenschaftler, die nicht
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„Für Südtirol ist es langsam Zeit, aufzuwachen, bevor es zu spät ist“ Esther Mitterstieler
im Lande bleiben, haben auch andere Länder. Ein österreichischer Akademiker, der einmal in den USA an einer Uni eine Stelle ergattert hat, wird ebenfalls nicht wieder zurückkommen. Die Bedingungen dort sind einfach viel besser. Wo sehen Sie Chancen für Südtirol?
Die österreichische Handelskammer hat jetzt neben Mailand auch eine Vertretung in Südtirol. Bozen könnte durchaus eine Brückenkopf für österreichische Unternehmen sein. Aber natürlich ist der italienische Markt in weiten Teilen ziemlich gesättigt. Eine Chance für die Südtiroler Unternehmen sehe ich durchaus im Export. Sicher, die meisten Unternehmen hier sind sehr klein und können das alleine wahrscheinlich gar nicht stemmen. Da müssen die einzelnen Betriebe eben versuchen, das gemeinsam anzugehen. Vielleicht fehlt da auch ein wenig die Unterstützung durch den italienischen
Foto: Ludwig Thalheimer
Ja, eben! Die öffentliche Hand hat im Bereich F&E aber nichts zu suchen! Sie muss dafür sorgen, dass die Voraussetzungen stimmen, dass die Steuerbelastung nicht zu groß ist und damit der Konsum angekurbelt wird. Es sollte vielmehr die Eigeninitiative der Unternehmen gefördert werden. Gerade im HighTech-Sektor verfügt Südtirol ja über einige Vorzeigeunternehmen. Das wäre sicher ein Bereich, in dem Südtirols Wirtschaft Chancen hätte. Diese Unternehmen haben das aber aus Eigeninitiative geschafft, in anderen Ländern gibt es für solche Unternehmen mehr Unterstützung im Sinne von Steuererleichterung. Egal, mit welchem Unternehmer man in Südtirol spricht, die hohe Steuerbelastung kommt jedesmal zur Sprache.
Foto: Ludwig Thalheimer
Das Land Südtirol ist ja gerade dabei, da einzugreifen und nachzubessern.
GELD & FINANZEN Südtirol noch riesige Chancen. Etwa im Tagungstourismus. Immer wieder sprechen mich die Teilnehmer meiner Medienseminare an, ob ich die Veranstaltung nicht in Südtirol machen könnte. Bei einer Anfahrtszeit von sechs Stunden von Wien ist das aber zu umständlich. Ein Flughafen in Bozen würde das – und jetzt setze ich mich endgültig in die Nesseln, denn mein Vater ist absolut dagegen – sicher erleichtern und Südtirols Wirtschaft generell neue Impulse geben.
Der Blick von außen: Die Südtiroler hätten es sich ein wenig zu bequem gemacht, so Mitterstieler. Um das wirtschaftlich hohe Niveau zu halten, müsste wieder angepackt werden
Foto: Ludwig Thalheimer
Was würden Sie Südtiroler Unternehmern raten?
Staat. Wenn ich mit anderen Journalisten österreichische Regierungsmitglieder bei ihren offiziellen Auslandsbesuchen begleite, kann ich immer gut beobachten, wie die mitgereisten Wirtschaftsvertreter den Besuch nutzen, um Geschäftsbeziehungen anzubahnen. Da ist Südtirol wohl zu unwichtig in Italien. Da bräuchte es eine Organisation, die für die Südtiroler Unternehmen Lobbying betreibt. Es gibt zwar die EOS, aber ich glaube, das müsste noch viel intensiver betrieben werden. Kapseln sich die Südtiroler zu sehr ab?
Insgesamt sollten die Menschen in Südtirol noch ein bisschen mehr über den Tellerrand hinausschauen. Die Geschichte Südtirols ist zwar nicht immer glücklich verlaufen, aber das Land hat das, was passiert ist, als Chance wahrgenommen und etwas daraus gemacht. Die Südtiroler sind ja zackig unterwegs. Da sollte man ansetzen und sagen: Gut, wir haben jetzt eine Periode der Konsolidierung gehabt, und jetzt wird es wieder Zeit, neu anzupacken. Es geht uns zwar allen gut, die Wirtschaft ist auf einem hohen Niveau, aber damit das so bleibt, müssen wir etwas tun. Nur abwarten heißt zurückbleiben. Auch im Tourismus sehe ich zum Beispiel für
Genau dasselbe, was ich jedem Unternehmer raten würde: Wenn jemand am Markt präsent sein will, egal ob regional, national oder international, dann muss vor allem das Produkt gut und innovativ sein. Da sehe ich für die kleinstrukturierte Südtiroler Wirtschaft gute Chancen, gerade mit Nischenprodukten zu punkten. Aber natürlich, man muss offen und wachsam sein und in die Welt hinausschauen. Es gibt ja einige Unternehmen in Südtirol, die mit ihren Nischenprodukten weltweit sehr erfolgreich und trotzdem weiterhin stark mit dem Land verbunden sind. Die Kreativität, über die die Südtiroler durch die Verbindung der zwei unterschiedlichen Kulturen verfügen, sollten sie nutzen. Zweisprachige Mitarbeiter, bestens funktionierende Infrastrukturen – da könnte man eigentlich mehr daraus machen, denke ich mir. Die Frage ist natürlich auch: Wie weit kann die Wirtschaft noch wachsen? Auch weltweit. Wir möchten gerne alles auf erneuerbare Energien umstellen und trotzdem nicht zurückstecken müssen. Das wird sich irgendwann auch nicht mehr ausgehen. Aber klar, Wirtschaftswachstum ist ein Indiz dafür, wie gut es einer Gesellschaft geht. Und da hinkt Italien und damit auch Südtirol hinterher. Noch einmal: Fehlt für Veränderungenein Anstoß, eine Zäsur?
Mag sein, aber warum sollten die Südtiroler warten, bis diese Zäsur kommt. Warum nicht vorher schon die Initiative ergreifen? Ich denke schon, dass sich Südtirols Wirtschaft ändern sollte, bevor es einen triftigen Grund dazu gibt. Es ist
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KOMMENTAR VON THOMAS AMONN
Die Internationale Energieagentur (IEA), 1974 als Gegengewicht der Erdöl importierenden Länder zum Kartell der Öl produzierenden Länder OPEC gegründet, hatte bislang nur zweimal die Auflösung strategischer Ölreserven beschlossen: während des ersten Golfkriegs 1991, und im Anschluss an die Hurrikane Rita und Katrina 2005. Im Juni 2011 überraschte die IEA die Energiemärkte mit der Entscheidung, bis zu 60 Millionen Fass aus den Notreserven der Mitgliedsstaaten auf den Markt zu werfen: Als Anlass wurde der Produktionsausfall in Libyen genannt. Auf dem falschen Fuß erwischt, brachen die Notierungen namentlich der Nordseesorte Brent von 114 auf 106 Dollar pro Fass ein. Mit ihrem Beschluss hat die IEA leichtfertig Pulver verschossen: Die Revolte in Libyen stellt zwar eine Belastung auf der Angebotsseite dar, aber keinen Panik auslösenden Schock wie die zwei vorangegangenen Anlässe. Was will die IEA denn erreichen? Das Hauptmotiv liegt in einer konjunkturpolitischen Feinsteuerung: Die Weltwirtschaft befindet sich in einer Verlangsamungsphase, begleitet von relativ hoher Inflation, zu der die hohen Energiepreise beitragen. Nachdem die westlichen Länder mit expansiver Notenbank- und Budgetpolitik der Konjunktur jahrelang unter die Arme gegriffen haben, muss jetzt ein neues Steuerinstrument herhalten. Hinzu kommen sicher kurzfristige politische Motive: In den USA hat die driving season begonnen, und nächstes Jahr stehen Präsidentschaftswahlen an – weiter steigende Benzinpreise würden von den Republikanern wohl den Demokraten und Barack Obama in die Schuhe geschoben werden. So entlastend die Entscheidung der IEA kurzzeitig wirken mag, so bedenklich ist das Signal, das sie langfristig setzt: Strategische Reserven werden zur Disposition gestellt, auch wenn keine wirkliche Notsituation vorliegt. Das Vorgehen der IEA fügt sich in ein allgemeines Bild seit der Finanzkrise: Außerordentliche wirtschaftspolitische Maßnahmen werden nicht nach einiger Zeit zurückgefahren, sondern bleiben bestehen und werden durch neue unkonventionelle Maßnahmen vermehrt. In den meisten Ländern liegen die Leitzinsen seit über zwei Jahren unter der Inflationsrate; die Ankäufe von Staatsanleihen und von mit Hypothekar- und Konsumkrediten besicherten Anleihen durch die Notenbanken bleiben in den Büchern; die Staaten der Eurozone nehmen Griechenlands privaten Gläubigern sukzessive die Forderungen ab. Mit einem Wort: Die Wirtschaft hängt immer mehr am Tropf kreativ Rahmenbedingungen. 48manipulierter Südtirol Panorama Juli | 2011
sicher schwierig, sich aufzuraffen und Änderungen vorzunehmen, wenn man in einer so gesättigten Wirtschaft wie in Südtirol agiert. Da kann man den Zug schnell verpassen. Würden Sie einem österreichischen Unternehmer raten, in Südtirol zu investieren?
(Lacht) Ja, schon. Weil er dann wahrscheinlich jede Menge Förderung bekäme. So jedenfalls stellt sich Südtirol für Viele nach außen dar. Nein, im Ernst, Problem Nummer eins wäre sicher einmal, den notwendigen Grund und Boden zu bekommen. Und Arbeitskräfte würde er sicher auch nicht leicht finden. Also grundsätzlich sehe ich Südtirol eher als Brückenkopf zur Eroberung des italienischen Marktes. Aber auch da braucht es dann spezielle Produkte. Wo sehen Sie Südtirol in zehn Jahren?
Wenn nichts unternommen wird, dann wird das Wirtschaftswachstum stagnieren, die Arbeitslosigkeit wird steigen. Durchaus auch möglich, dass dann soziale Probleme auftauchen. Wenn einmal die warme Decke des Wohlstandes weg ist, könnten die darunter verborgenen Risse zwischen den Sprachgruppen wieder auftauchen. Sehen Sie noch andere Probleme auf Südtirol zukommen?
Ich habe schon oft das Gefühl, dass die Südtiroler die Augen vor der Wirklichkeit verschließen und nicht wahrhaben wollen, dass die Welt sich ändert. Gerade beim Wohnungs- und Hauskauf muss man aber auch sagen, dass die heutige Generation vielfach das Vermögen der vorangegangenen Generationen aufbraucht, um sich eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim leisten zu können. Oft wird auch auf Pump finanziert. Genauso wie die Amerikaner, was dann ja auch zur bekannten Krise geführt hat. Viele Südtiroler leben heute genauso über ihre Verhältnisse und dessen sind sich viele nicht bewusst. Aber irgendwann kann das nicht mehr funktionieren und spätestens die nächste Generation wird sich mit dieser Problematik wohl oder übel befassen müssen. Geht es den Leuten hier zu gut?
Von außen gesehen wird Südtirol oft als das Paradies schlechthin wahrgenom-
Foto: Ludwig Thalheimer
Die neue Norm
Steile Karriere im Ausland Esther Mitterstieler (42) ist gebürtige Südtirolerin und in Völs am Schlern aufgewachsen. Ihre ersten journalistischen Schritte unternahm sie Ende der Achtzigerjahre bei den Dolomiten. Nach dem Studium in Bologna (Lettere e filosofia, storia contemporanea) war Mitterstieler mehrere Jahre lang für die Dolomiten als Wirtschaftsredakteurin tätig. Anschließend führte sie ihr beruflicher Werdegang nach Wien zur Tageszeitung Der Standard. In dieser Zeit schrieb sie auch für den Sole 24 Ore. 2006 wechselte die Südtirolerin als Chefreporterin zum Wirtschaftblatt. Seit zwei Jahren ist Mitterstieler stellvertretende Chefredakteurin der renommierten Wirtschaftszeitung. Ihre alte Heimat Südtirol besucht sie oft und gerne. Einen Bozner Flughafen mit internationaler Anbindung nach Wien würde sie sehr begrüßen.
men. Nach dem Motto: Die haben alles, die bekommen alles und bekommen sowieso für alles, was sie tun, eine Förderung. Die meisten Südtiroler nehmen es als selbstverständlich, dass die meisten Gelder, die nach Rom gehen, wieder zurückkommen. Dabei finde ich es schon mehr als zulässig, dass auch Südtirol zur Erhaltung der staatlichen Infrastrukturen beiträgt. Wenn der Staat für innere und äußere Sicherheit sorgt, dann hat er auch ein Anrecht darauf, dass alle Provinzen dazu beitragen. Die Provinz Bozen bekommt ja weit mehr aus Rom zurück als andere. Dessen sind sich die Leute hier nicht immer bewusst. Vielleicht sollten die lokalen Medien in dieser Hinsicht ihren Informationsauftrag besser erfül◀ len. INTERVIEW: PETER SEEBACHER
GELD & FINANZEN
KOLUMNE
Ein rabenschwarzer Tag für Europa Mit der angeblichen Griechenland-Rettung retten wir weder Griechenland, noch den Euro, noch Europa – wir retten wieder einmal die Banken. AM 29.06.2011 stimmte das griechische Parlament einem milliardenschweren Sparpaket zu, das angeblich zur Rettung Griechenlands, des Euro und Europas diente. Nichts davon ist wahr.
MAX OTTE ist Professor für allgemeine und internationale Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms und seit April Professor für Unternehmensanalyse und -diagnose an der Karl-FranzensUniversität Graz.
In der Realität wird ein ganz anderes Spiel gespielt, nämlich die Bankenrettung 2.0. Wieder einmal haben sich in Griechenland, Irland und Portugal die Banken verzockt, die diesen Ländern zu niedrigen Zinsen Geld geliehen haben, ohne deren Kreditwürdigkeit wirklich zu prüfen. Der Euro hat dies sicherlich erleichtert, denn nun standen hinter der Gemeinschaftswährung die starken Volkswirtschaften: Deutschland, Österreich, Holland und andere. Fakt ist: Nur durch einen Schuldenschnitt könnte Griechenland wieder auf die Beine kommen. Ja, es stimmt, dass Korruption und Steuerhinterziehung in dem Land grassieren. Das löst man aber nicht, indem man das Land zwingt, unter Druck Staatsvermögen zu verschleudern. Denn 50 Milliarden aus dem jetzt verabschiedeten 78-Milliarden-Euro-Paket sollen durch Privatisierungen erlöst werden. Von solchen Zwangsverkäufen profitieren vor allem diejenigen, die eine erhebliche Mitschuld an der Misere haben: die Investmentbanken.
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Wir belasten also den Kredit der guten Länder, nur damit Griechenland weiter brav seine Zinsen an die Banken bezahlen kann. Griechenland ist faktisch insolvent. Durch die angebliche „Rettung“ des Landes verlängern wir das Leiden nur.
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den erlassen wurde, würde die Banken an der Haftung für ihre leichtsinnige Kreditvergabe beteiligen. Er wäre auch nicht das Ende Europas oder des Euro. Ja, es ist wahrscheinlich, dass einige Banken in Probleme geraten würden. Aber dann retten wir sie eben. Wir wissen mittlerweile sehr gut, wie das geht. Dass es erneut zu einem Flächenbrand käme, ist Panikmache. Und wenn JeanClaude Juncker davon spricht, dass die ganzen Rettungen billiger seien als „ein Tag Krieg“, dann ist das pure Demagogie. Niemand denkt daran, wenn ein ökonomisch unbedeutender Randstaat der Europäischen Union seine Zahlungsunfähigkeit erklärt. Besser wäre es, wenn zusätzlich zum Schuldenschnitt Griechenland, Portugal, Irland und Spanien auch wieder aus der Eurozone austreten würden. Sie blieben ja weiter in der Europäischen Union, könnten aber über die Währungspolitik wieder eigene Wirtschaftspolitik betreiben. Dann hätte der Kern-Euro – hinter dem Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Holland und Luxemburg sowie Österreich stünden – eine Chance, zur Weltreservewährung aufzusteigen. Italien steht im Übrigen nicht schlecht da. Zwar ist der Schuldenstand nicht der niedrigste, aber doch relativ stabil. Und die Schulden werden vor allem von den eigenen Bürgern gemacht, nicht vom Ausland. Das Haushaltsdefizit liegt wesentlich unter dem der Vereinigten Staaten von Amerika. Lassen Sie sich also nicht einreden, Italien sei das nächste Krisenland! Das heißt Amerika. Wir lesen uns!
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Durchschnittliche Staatsschulden der entwickelten Länder, in Prozent des Bip
Ein Schuldenschnitt, wie er schon viele Male in der Finanzgeschichte durchexerziert wurde, zum Beispiel nach der lateinamerikanischen Schuldenkrise von 1982 oder beim Londoner Schuldenabkommen von 1953, in dem Deutschland ein Großteil seiner Schul-
Ihr Prof. Dr. Max Otte
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LUXUS & LIFESTYLE
Freude am Wind in den Haaren
Foto: Alexander Alber
Elegant oder sportlich, komfortabel oder auf Schnelligkeit getrimmt, das 640i Cabrio von BMW hat viele Gesichter. Südtirol Panorama konnte bei seiner Testfahrt mit dem neuen Vorzeige-Cabrio aus München gar noch einige andere entdecken.
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as 640i Cabrio von BMW steht nicht vor seinem Fahrer, nein, es breitet sich davor aus. Üppige Maße gepaart mit einem elegant-sportlichen Design, das nur in Ansätzen dem üblichen Look eines BMW entspricht, machen dieses Auto zu einem Hingucker. Bei der Konzeption des Fahrzeugs wurde von den Ingenieuren bei BMW vor allem an den nordamerikanischen Markt gedacht. Dort, wo viele Film- und Musikstars ihr Domizil haben und einen adäquaten fahrbaren Untersatz brauchen. Und auch die notwendigen finanziellen Mittel dazu haben. Als Fahrer des BMW-Cabrios fühlt man sich aber auch als Nobody schon nach wenigen hundert Metern durch die Stadt als Star. Kaum jemand, der sich nicht nach dem silbrig-schnittigen Gefährt bewundernd umdrehen würde.
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„Der gerade eben noch am Heck klebende Golf GTI wird im Rückspiegel immer kleiner und kleiner“ Die schiere Größe des Fahrzeuges merkt man beim Fahren nicht. Trotz einer Länge von rund 4,9 und einer Breite von 1,89 Metern verhält sich das Cabrio in engen Kehren wie ein viel kleinerer Sportwagen.
Mühelos lässt es sich in die gewünschte Richtung bugsieren. Wie ist das möglich? Das Geheimnis dieses sportlichen Fahrverhaltens liegt in den mitlenkenden Hinterrädern. Werden die Räder bei einer Geschwindigkeit von unter 60 km/h vorne nach links eingeschlagen, drehen sich die Hinterräder in die entgegengesetzte Richtung, bei höherer Geschwindigkeit schwenken sie in die gleiche Richtung. BMW nennt das „Integral-Aktivlenkung“. Das Resultat ist ein für diese Fahrzeuggröße ungewöhnlich kleiner Wendekreis. Das kann am Anfang recht tückisch sein, da man die Kurve im Kopf aufgrund der Erfahrungswerte anders vorausberechnet und in der Folge recht nah an die kurvenbegrenzenden Mauern herankommt. Bei Linkskurven verstellt zusätzlich die mas-
sive und im flachen Winkel angebrachte A-Säule den Blick ins Kurveninnere. Überhaupt ist das 6er-Cabrio zuerst einmal gewöhnungsbedürftig. Tief versinkt der Fahrer im mit hitzeabweisendem Leder bezogenen Fahrersitz, Anfang und Ende des Autos können nur erahnt werden. Damit der Lenker trotzdem leicht die Übersicht behält, hat sich BMW etwas Besonderes ausgedacht. Aus den Bildern der drei Kameras, die unter den Seitenspiegel und am Heck angebracht sind, errechnet eine Software die Sicht aus der Vogelperspektive. Auf dem Display des Bordcomputers sieht der Fahrer dann das Auto und die nahe Umgebung samt eventueller Hindernisse von oben dargestellt. Ein ungewohntes Bild, das beim Fahrer zuerst einmal Verwirrung stiftet, sich dann aber als sehr hilfreich herausstellt. Zwei weitere Kameras sind zusätzlich noch am vorderen Stoßfänger angebracht.
Fotos: Alexander Alber
LUXUS & LIFESTYLE
Egal von welcher Seite man den 6er in der Cabrioversion betrachtet, er besticht immer durch seine gelungene Optik. Gerade die Heckpartie wirkt elegant und kräftig zugleich. Die kleine Heckscheibe kann auch gesondert abgesenkt werden.
DEM FAHRER WIRD GEHOLFEN. Über-
haupt mangelt es in diesem Auto nicht an elektronischen Helfern. Per Knopfdruck kann die Fahrdynamik zwischen Comfort, Normal und Sport eingestellt werden. Motor, Getriebe, Lenkung und Fahrwerk werden dann entsprechend getrimmt. Wer gar den Modus Sport+ wählt, kann mit dem Cabrio auch driften, da dann das ESP deaktiviert ist. Aber wer will mit diesem Auto schon driften? Wenn man stattdessen wie auf Schienen und mit offenem Verdeck – das sich übrigens in 19 Sekunden öffnen lässt – über die Rittner Straße sausen kann? Beim entschiedenen Druck auf das Gaspedal scheint dann rundherum ein Sturm loszubrechen und der gerade eben noch am Heck klebende Golf GTI wird im Rückspiegel immer kleiner und kleiner. Der Sechszylinder-Reihenmotor unseres Testautos mit seinen 320 PS harmoniert perfekt mit dem Acht-GangAutomatikgetriebe. Wer es noch kräftiger möchte, kann sich den 650i Cabrio mit Twin Turbo V8-Motor anschaffen. Dann stehen für den Vortrieb 407 PS zur Verfügung. Einen Hauch Raumschiff Enterprise verbreitet das Head-Up Display. Damit können wichtige Informationen wie die aktuelle Geschwindigkeit und alle Navigationshinweise direkt vor dem Blickfeld des Fahrers auf der Frontscheibe sichtbar gemacht werden. Erstaunlicherweise funktioniert das Ablesen auch bei gleißendem Sonnenlicht sehr gut.
BMW versucht bei potentiellen Käufern vor allem mit einem Mehr an Service zu punkten. Da im Fahrzeug eine Sim-Karte vorhanden ist, können jederzeit Information über das Internet bezüglich Verkehrssituation und Wetter abgerufen werden. Außerdem kann das BMW Callcenter direkt angewählt und um Informationen gebeten werden. Egal, ob man ein bestimmtes Restaurantangebot oder ein besonderes Hotel sucht. Die Hinweise werden dann vom Callcenter direkt an das Navigationssystem gesandt. Auch E-Mails können abgerufen werden. Bei einem Unfall wird mit dem sich öffnenden Airbag gleichzeitig das Notruf-
Technische Daten BMW 640i Cabrio mit 8-Gang-Sport-Automatik-Getriebe und Integral-Aktivlenkung, Head-Up Display sowie Navigationssystem mit 10.2 Zoll-Display inklusive TV-Funktion für analogen und digitalen Empfang ▶ TwinPower Turbo ReihensechszylinderBenzinmotor 2.979 ccm ▶ 235 kW (320 PS) ▶ Hinterradantrieb ▶ 450 Nm maximales Drehmoment bei 1.300 – 4.500 Umdrehungen ▶ 250 km/h Höchstgeschwindigkeit (abgeriegelt) ▶ Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,7 Sekunden ▶ Verbrauch in l/100 km: 10,9 (innerorts), 6,2 (außerorts), 7,9 (kombiniert) ▶ CO2-Emission: 185 g/km ▶ Preis: ab 85.000 Euro
system aktiviert und eine Sprachverbindung mit dem Callcenter hergestellt. Etwas „grüne“ Technik hat im neuen BMW-Cabrio ebenfalls Platz gefunden. Die Start-Stopp-Automatik macht den Motor bei jedem Halt an einer Ampel oder Kreuzung aus und bei einem Tritt auf das Gaspedal wieder an. Das hilft Treibstoff sparen. Beim Modell mit V8Motor gibt es diese Funktion allerdings nicht. Außerdem wird bei jedem Bremsmanöver die Energie genutzt, um die Batterie zu speisen. Das spart ebenfalls Motorleistung und somit Treibstoff. Das Stoffverdeck des 640i bietet sehr guten Schutz vor Lärm und Hitze. Spezielle Materialien und drei Schichten machen es möglich, dass bei geschlossenem Dach und bei höheren Geschwindigkeiten der Lärmpegel im Inneren nicht über Gebühr ansteigt. Dass die dynamische Linie des Cabrios auch bei geschlossenem Verdeck nicht an Eleganz verliert, sei hier ausdrücklich erwähnt. BMW ist es mit dem neuen 6er trotz der vielen angenehmen Hilfs- und Assistenzsysteme gelungen, das Gefühl des sportlichen Cabriofahrens zu erhalten. Stilvoller als mit diesem Cabrio kann man nicht durch die sommerliche Landschaft gleiten. Günstiger ganz bestimmt schon. Das ist bei einem Basispreis von ca. 85.000 Euro aber auch nicht schwierig. ◀ PETER SEEBACHER
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LUXUS & LIFESTYLE
Mit treibender Kraft
Fotos: Alexander Alber
Mit Schwung in die Zukunft: Elekrofahrräder etablieren sich immer mehr als Stadtgefährt
Zweiräder mit elektrischer Tretkraftunterstützung werden immer beliebter. Was ist dran an dem Hype und wie fahren sich diese so genannten E-Bikes?
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as Gefühl erinnert an die Kindheit. An die ersten Fahrversuche mit dem Fahrrad, als einem Vati bei jedem kleinen Anstieg seine Hand auf den Rücken legte und sanft schiebend mithalf, den Hügel zu bewältigen. So sanft, dass man am Ende trotzdem immer der Meinung war, die Steigung aus eigener Kraft überwunden zu haben. Beim E-Bike ist es ähnlich. Der Fahrer tritt zwar in die Pedale, aber je nach Steil-
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heit und Einstellung hilft der Motor unauffällig mit. Streng genommen spricht man bei Fahrrädern mit Tretkraftunterstützung nicht von E-Bikes oder Elektrofahrrädern, sondern von Pedelecs. Bei letzteren muss der Fahrer zuerst selbst Kraft aufwenden und in die Pedale treten, um den Motor überhaupt erst zu aktivieren. Bei den von Fachleuten als Elektrofahrräder oder E-Bikes bezeichneten Fahrrädern
übernimmt der Motor zu hundert Prozent und auch ohne Pedaldrehung den Schub. Genau genommen sind diese Elektrofahrräder also nichts anderes als Mofas mit Elektromotor. Deshalb dürfen sie in Ländern wie Italien, Österreich oder Deutschland auch nicht auf Radwegen benutzt werden, sondern müssen auf der Straße bleiben. Ganz im Gegensatz zu den Pedelecs, die sowohl für die Straße als auch für Fahr-
LUXUS & LIFESTYLE
KTM eCross Abzugstarkes E-Bike, mit dem man auch mal einen Ausflug in den Wald wagen kann. Der 250Watt-BionxMotor unterstützt den Fahrer bei steilen Garagenrampen kräftig. Rahmen: Aluminium 6061 triple-butted ▶ Batterie: Bionx, Lithium-Mangan (LiMn), absperrbar, abnehmbar ▶ Ladezeit: 3 – 4 Stunden ▶ Reichweite: 35 bis 90 km ▶ Batteriezyklus: 500 Ladungen ▶ Leistung nominal: 250 Watt, maximales Drehmoment: 32 Nm ▶ Motor: Bionx, bürstenloser Gleichstrom-Hinterradnabenmotor ohne Getriebe, wählbare Unterstützung: 50%, 120%, 200% ▶ Gewicht: 22 kg ▶ Besonderheiten: Rücklademodus, Schmutzfänger können am Vorder- und Hinterrad angebracht werden ▶ Preis: 2.199 Euro ▶ Infos: www.letsmove.cc
radwege zugelassen sind. Aus diesem Grunde wird die Tretkraftunterstützung auch bei Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h gestoppt. Wer schneller fahren will, muss also selbst kräftig in die Pedale treten. Trotz dieser grundlegenden Unterschiede hat sich umgangsprachlich die Bezeichnung „E-Bike“ für alle Arten von Fahrrädern mit Elektromotor eingebürgert. Die meisten der sich in Umlauf befindlichen E-Bikes sind aber wohl Pedelecs. Und in Umlauf sind mittlerweile gar einige dieser Fahrräder mit elektrischem Helfer. Die Zahlen, die der deutsche Zweirad-Indus-
trie-Verband (ZIV) kürzlich veröffentlichte, lassen jedenfalls darauf schließen. Laut diesen wurden 2007 in Deutschland 70.000 E-Bikes verkauft, 2009 waren es bereits 150.000. Das Jahr 2010 brachte mit 200.000 verkauften Stück ein weiteres E-Bike-Rekordjahr und für 2011 prognostiziert der Verband eine weitere Steigerung. „Mittelfristig kann der Anteil der E-Bikes am Gesamtfahrradmarkt in Deutschland zwischen 10 und 15 Prozent liegen, dies entspricht einer Stückzahl von 400.000 bis 600.000 Fahrzeugen“, so Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes.
ATTRAKTIV. Tatsächlich sind E-Bikes in
den vergangenen Jahren immer attraktiver und ausgereifter geworden. Sei es bezogen auf das Design, sei es bezogen auf die verwendete Technik und den Preis. Moderne Elektrofahrräder können auf den ersten Blick oft kaum noch von einem normalen Stadtrad unterschieden werden. Das führte während unserer Testfahrten zu kuriosen Situationen, da sich sportlich radfahrende Zeitgenossen nicht gerne von businesslike gekleideten Menschen auf vermeintlich normalen Stadträdern überholen lassen.
Kalkoff Agattu C8 Ein Elektrofahrrad für die Stadt, das mit seiner einfachen Handhabung punktet. Die weich eingestellte Federgabel und die Sattelfederung vermitteln in Kurven allerdings ein etwas schwammiges Gefühl. ▶ Rahmen: Aluminium, Zero Stack ▶ Batterie: Lithium Ionen (Li-Ion), absperrbar, abnehmbar ▶ Ladezeit: 3 – 4 Stunden ▶ Reichweite: 60 bis 140 km ▶ Batteriezyklus: 500 Ladungen ▶ Leistung nominal: 250 Watt ▶ Motor: Panasonic, bürstenloser Gleichstrom-Motor (erhältlich als: 8Ah, 12Ah, 18Ah) ▶ Gewicht: 23,7 kg ▶ Besonderheiten: Sattelfederung, spezielle Bereifung für E-Bikes (Continental Eco Contact) ▶ Preis: 1.199 Euro ▶ Infos: www.sportler.com
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KTM Amparo 8
Fotos: Alexander Alber
Solides Elektro-Stadtrad, das auch als Damenversion erhältlich ist. Sehr angenehme, aufrechte Sitzposition. Die Federgabel schluckt zuverlässig Schlaglöcher und vermittelt auch in Kurven ein stabiles Fahrgefühl. ▶ Rahmen: Aluminium 6061 ▶ Batterie: Panasonic, Lithium-Mangan (LiMn), absperrbar, abnehmbar ▶ Ladezeit: 3,9 Stunden (mit Schnellladegerät, als Extra zu ordern) ▶ Reichweite: 42 – 120 km ▶ Batteriezyklus: 500 Ladungen ▶ Leistung nominal: 250 Watt, Drehmoment max. 21 Nm ▶ Motor: bürstenloser Gleichstrom-Motor, wählbare Unterstützung: 50%, 120%, 200% ▶ Gewicht: 23,9 kg ▶ Besonderheiten: Akku mit 12 oder 16 Ah erhältlich, Shimano-Komponenten ▶ Preis: 1.999 Euro ▶ Infos: www.letsmove.cc
Anstatt schwerer Bleibatterien verbauen die meisten Hersteller heutzutage Lithium-Ionen- oder Lithium-Mangan-Akkus. Der Vorteil: Sie sind kleiner und leichter, haben keinen Memory-Effekt (Ladung jederzeit ohne Kapazitätsverlust möglich) und können auch schnell mal zum Aufladen mit ins Büro genommen werden. Dem von den Herstellern oft formulierten Versprechen „Nie mehr verschwitzt ins Büro“ konnten wir durchaus etwas abgewinnen, zumal bei allen der von uns ausprobierten E-Bikes die Motorunterstützung in drei Stufen gewählt werden kann: low, high, power.
Flyer L-Serie Die E-Bikes des Schweizer Herstellers werden gerne als Mercedes unter den Elektrofahrrädern bezeichnet. Ausstattung und Qualität sind hochwertig. Das ist auch am Preis ersichtlich. ▶ Rahmen: Aluminium ▶ Batterie: Lithium-Ionen-Mangan, absperrbar, abnehmbar ▶ Ladezeit: ca. 4 Stunden (2 Stunden mit Schnellladegerät) ▶ Reichweite: 40 – 60 km ▶ Batteriezyklus: keine Angaben ▶ Leistung nominal: 250 Watt ▶ Motor: Tretlagermotor ▶ Gewicht: 24,2 kg ▶ Besonderheiten: höhen- und winkelverstellbarer Vorbau, Schiebehilfe, die beim Schieben des Rades mithilft ▶ Preis: 2.690 Euro ▶ Infos: www.bikestyle.it
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Längere Fahrten innerhalb der Landeshauptstadt konnten so schnell und ohne übermäßen Schweißverlust bewältigt werden. Dabei sorgten Federgabel und Sattelfederung bei allen Modellen für viel Komfort. Der Grund, warum Johannes Andresen, Direktor der Landesbibliothek Teßmann in Bozen, für seinen Betrieb ein E-Bike gekauft hat, war aber ein anderer: „Wir müssen oft schwere Bücherpakete innerhalb der Stadt transportieren“, so Andresen, „deshalb haben wir uns für ein Elektrofahrrad entschieden.“ Auch als Privatmann hatte sich Andresen vor einigen Jahren für
ein E-Bike interessiert und auch ausprobiert. „Obwohl ich überhaupt kein Fahrradtyp bin“, wie er lachend zugibt. Gescheitert ist die Anschaffung damals schließlich am Preis. Diese sind für Elektrofahrräder in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken. Günstige E-Bikes gibt es heute schon ab ca. 1.200 Euro, jene mit hochwertigeren Komponenten schlagen mit rund 2.000 Euro zu Buche. Dafür gibt es dann beim Fahren jederzeit den leichten Schub von hinten, den ◀ man aus Kindertagen kennt. PETER SEEBACHER
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LUXUS & LIFESTYLE
Zeit für Bewegung Leistung kann man auf verschiedene Weise messen. Und aus verschiedenen Gründen: zum eigenen Vergnügen, für Trainingszwecke oder einfach für die persönliche Statistik. Mit den hier vorgestellten Sportuhren gelingt das besonders stilvoll.
Tissot T-Touch II Titanium Die T-Touch ist eine Uhr für sportliche Ästheten mit einem Hang zum Bergsteigen. In der Titanium-Ausführung bringt sie gerade mal 86 Gramm auf die Waage und bietet für Sportler so essenzielle Funktionen wie Höhenmesser, Barometer, Thermometer und Chronograph. Die Menüführung erfolgt über das als Touchscreen fungierende kratzfeste Saphirglas und die drei seitlich angebrachten Knöpfe. Dank Hintergrundbeleuchtung sind die Daten auch nachts gut ablesbar. Die T-Touch macht aber nicht nur in der Freizeit eine gute Figur, sondern passt auch zu jedem Businesslook. Preis: 700 Euro
UP T DATEO
Garmin Forerunner 610 Das neue Flaggschiff für Läufer und Radler aus dem Hause Garmin punktet mit einem gefälligen Design und kompakten Maßen. Das Uhrenglas ist ein voll funktionsfähiger Touchscreen. Die verschiedenen Einstellungen erfolgen per Wischen und Tippen mit den Fingern. Das soll auch mit Handschuhen bestens funktionieren. Im Sportmodus kann zwischen Laufen und Radfahren gewechselt werden. Dank integriertem GPS-Empfänger misst der Forerunnner zuverlässig die zurückgelegte Distanz, die aktuelle Geschwindigkeit, den Puls, die benötigte Zeit pro Kilometer (Pace) und vieles mehr. Die Daten können anschließend zwecks Trainingsanalyse drahtlos an den heimischen Computer übertragen werden. Preis: ab 399 Euro
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LESEZEICHEN ERFOLGREICH MIT STEVE
Polar RCX5 Multi Die RCX5 ist eine Sportuhr für Triathleten, bei der schnell zwischen den verschiedenen Sportarten – Schwimmen, Radfahren, Laufen – gewechselt werden kann. Der GPS-Empfänger ist nicht in der Uhr integriert, sondern muss mit Hilfe des mitgelieferten Armgurts am Oberarm getragen werden. Die gewonnenen Daten können am Computer ausgelesen werden. Die RCX5 ist bis 30 m wasserdicht. Preis: 389,9 Euro
Er hat Millionen von Fans, Millionen kaufen die Produkte, die er ersonnen hat oder zu denen er den Anstoß gegeben hat: Steve Jobs. Ohne ihn wäre das Unternehmen Apple nie das geworden, was es heute ist, darüber sind sich alle einig. Eine Frage aber bleibt: Wie schafft es dieser Mann, die Massen so für seine Produkte zu begeistern? Carmine Gallo, gefragter Coach und Autor des Bestsellers „Presentation Secrets of Steve Jobs“ erklärt in seinem neuen Buch das Geheimnis rund um den Mythos Steve Jobs. Dabei hat er sieben Grundprinzipien herausgearbeitet, die den Apple-CEO zu einem der innovativsten Unternehmern der Welt gemacht haben. Eines davon lautet: „Tue nur, was du liebst“. „Sag nein zu 1.000 Dingen“ ein anderes. Ist es wirklich so einfach?
INFO: Carmine Gallo, „Was wir von Steve Jobs lernen können“, Redline Verlag, 24,99 Euro
REISE INSIDER-TIPP
Stuttgart
Suunto X10 Wer die bullige Suunto am Handgelenk trägt, zeigt allen, dass er sich gerne in der Wildnis herumtreibt. Per integriertem GPSModul ermittelt dieser Outdoor-Computer Geschwindigkeit und zurückgelegte Distanz. Auf dem Computer können Touren geplant und auf die X10 hochgeladen werden. Höhenmesser, Barometer und Kompass sind ebenfalls mit an Bord. Bergläufer werden über die fehlende Herzfrequenzfunktion enttäuscht sein. Gewicht: 76 Gramm Preis: 499,90 Euro
MUST-HAVE DES MONATS
Das Gute ganz nah Oft lohnt es sich, einmal in die Ferne zu schweifen, auch wenn das Gute ja so nahe liegt, wie uns das bekannte Sprichwort vermitteln möchte. Aber durch das EL 32 von Swarovski hindurch betrachtet ist sowieso alles nah – egal ob gut oder schlecht. So klein und leicht (610 g) wie sich das Fernglas gibt, liegt es gut in der Hand. Aufgrund seiner Kompaktheit passt das Gerät in jede Rucksack- oder Jackentasche. Das geringe Gewicht lässt auch die Bedienung mit einer Hand zu. Das EL 32 liefert kontrastreiche Bilder in natürlicher Brillanz. Das Sehfeld ist mit acht Grad besonders groß, ein Dioptrieausgleich ist bis plus/minus drei Dioptrien möglich. Eine Nahfokussierung bis zu zwei Meter ist ebenfalls möglich. Das EL 32 beeindruckt aber nicht nur mit seinen inneren Werten, sondern ist einfach schön gebaut. Da sieht das Gute gleich viel besser aus. Preis: ab 1.795 Euro
VON STEPHAN KÜNZ | Der Eppaner hat in Innsbruck und Wien studiert, war mehrere Jahre Marketingleiter der Sportler AG und ist heute Geschäftsführer beim jungen Modelabel Blutsgeschwister in Stuttgart. Stuttgart war über Jahre vor allem als Autostadt bekannt. Daimler und Bosch sind nur zwei der klingenden Namen der Automobil- und Technologiebranche am Neckar. Dank des umstrittenen Bahnhofs Stuttgart 21 residiert in der Stadt inzwischen der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands. Sehenswert: das Mercedes Museum ist architektonisch einzigartig und bietet eine wunderbare Sammlung historischer Traumwagen. Mit der Wilhelma hat Stuttgart einen der schönsten Tiergärten in Europa und der Fernsehturm war der erste seiner Art weltweit. Stadtnah laden Weinberge und kleine Buschenschänken zum Genießen ein. Der Schwarzwald, Freiburg und Frankreich sind auch nicht weit. Bar und Club: Das „Sky Beach“ ist gemacht für laue Sommerabende. Im Herzen der Stadt (Königstraße 6) wurde mit einigen Tonnen Sand ein Hochhausdach zum Strand umfunktioniert. Herrlich: ein Caipirinha im Liegestuhl mit Blick über das nächtlich beleuchtete Stuttgart. Shopping: Das schönste Shoppingerlebnis ist die Markthalle. Dort gibt eine riesige Auswahl an wunderbaren Lieblingsstücken fürs Kochen und Wohnen. Und beste Lebensmittel aus aller Welt. Und natürlich der Blutsgeschwistershop in der Breiten Straße 4.
PERSONALIEN
Was macht eigentlich … … Benno Simma? Der Architekt und Designer war Gründungsdirektor der Akademie für Design in Bozen, bevor er mehrere Jahre lang das Istituto Europeo di Design in Rom leitete. Jetzt lebt er wieder in Südtirol – und macht Musik. men. Ich unterrichte auch wieder und betreue Lehrveranstaltungen der Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck.
SÜDTIROL PANORAMA: Sie haben 2005 Bozen verlassen, um in Rom die Stelle des Direktors des „Istituto Europeo di Design“ zu übernehmen. Wie ist es Ihnen in Rom ergangen?
Von der Großstadt zurück in die Provinz, kann das gut gehen?
BENNO SIMMA: Ich hatte die Stelle als
Direktor fünf Jahre lang inne und habe am „Istituto“ auch unterrichtet. Das Organisatorische meiner Arbeit hat aber einen großen Teil der Zeit eingenommen.
Ich hätte noch fünf weitere Jahre bleiben sollen, aber ich hatte mich damals bereits entschieden, die Stelle als Direktor aufzugeben. Der Anteil an Verwaltungsarbeit war mir einfach zu groß. Ich wollte noch ein paar Dinge verwirklichen, von denen ich immer geträumt hatte, mich nochmals meiner künstlerischen Seite zuwenden, mir nochmals den Luxus gönnen, künstlerisch tätig sein zu.
Foto: Alexander Alber
2009 haben Sie dann beschlossen, Rom zu verlassen. Warum?
Träume verwirklicht: Benno Simma in seinem Atelier und Studio im Kampillcenter in Bozen
Worin besteht nun genau dieser Luxus?
Zuerst einmal in diesem Raum, in dem wir uns befinden, mein Atelier, das ich mir gekauft habe und das wir vor wenigen Wochen für 20 Tage in ein Studio verwandelt haben. In dieser Zeit haben wir meine neue CD aufgenommen, die im kommenden Oktober erscheinen wird. „A dog’s dream“ wird sie heißen. Alles selbst finanziert. Ein weiterer Luxus. Warum sind Sie nach Bozen zurückgekehrt?
Es hätte mich auch gereizt, in Rom zu bleiben und zu arbeiten, aber die dortigen Immobilienpreise sind unglaublich hoch. Deshalb stand mein Entschluss schnell fest, nach Bozen zurückzukom-
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Südtirol Panorama Juli | 2011
Vom Architekt zum Musiker Der gebürtige Brunecker Benno Simma (63) hat in Venedig Architektur studiert. In den frühen Achzigerjahren führte Simma ein Architekturbüro und Designatelier für Kommunikation und Produktgestaltung in Bozen. Nebenher frönte er immer seinem Hobby, der Musik. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Simma 1997 als Gründungsdirektor der Akademie für Design Bozen (ADB). Auch dank seiner Bemühungen wurde 2003 aus der ADB die Fakultät für Design an der Universität Bozen. 2005 wurde Simma Direktor des Istituto Europeo di Design (IED) in Rom. Seit 2009 lebt der rastlose Architekt, Designer und Musiker wieder in Bozen. In seinem Studio im Kampillcenter, das zugleich Atelier und Aufnahmestudio ist, widmet er nun einen großen Teil seiner Zeit der Musik. Im Oktober 2011 wird seine zweite CD erscheinen.
(lacht) Ich muss sagen, ich fühle mich in Bozen mittlerweile recht wohl. Die Stadt hat eine sehr hohe Lebensqualität. Da ich die meisten meiner ehrenamtlichen Funktionen zurückgelegt habe, bin ich nun ein freier Mensch. Ich habe meinen Freundeskreis hier in Bozen und fühle mich deshalb in dieser Stadt heimisch. Bozen ist in meinen Augen auch nicht so provinziell wie viele behaupten. Außerdem kann man das Provinzielle genauso in einer Großstadt wie Rom finden. Es ist wohl wahr, dass ich mit Bozen als Stadt eine Zeitlang gehadert habe. Das ist jetzt vorbei. Sind Sie noch als Architekt und Designer tätig?
Ich habe jetzt keine Mitarbeiter mehr. Das bedeutet, dass ich bestimmte Aufträge gar nicht mehr übernehmen kann. Sagen wir so: Ein Einfamilienhaus kann ich noch planen, aber bei größeren Gebäuden wird es schwierig. Im Bereich Design gibt es ein paar Projekte, die ich verfolge, zum Beispiel habe ich diesen Kartonstuhl entworfen, auf dem ich sitze und den man selbst zusammenbauen kann. Diesen „bonded“ getauften Stuhl vertreibe ich mit einem Tischler gemeinsam. Mit meiner Lehrtätigkeit finanziere ich mir meine anderen Tätigkeiten und zur Zeit liegt mein Schwerpunkt eindeutig auf Musik machen. Ich arbeite aber auch weiterhin als Architekt ◀ und Designer. INTERVIEW: PETER SEEBACHER
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