südtirol panorama - november 2011

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panorama südtirol

Das Wirtschaftsmagazin

Gemeinwohl-Ökonomie Wohlfühlen statt Gewinn anpeilen. Was ist dran an dieser Bewegung? Mediation Reden statt Streiten löst Probleme und spart Geld Luxus & Lifestyle Edle Teekannen für kalte Wintertage m

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www.panorama-online.com – Nr. 06/2011 – 1,80 Euro

November 2011

GEN it O SCH SSENA RAN FTSKING

GENIESSEN Kreatives, Authentisches, Köstliches



INHALT

EDITORIAL

Ein Genuss

Foto: Alexander Alber

Ich muss sagen: Dieses Heft zu machen war ein richtiger Genuss. Allein das Beobachten der Sarner Bäuerinnen bei der Herstellung der traditionellen Gerichte, die außerhalb des Sarntals kaum jemand kennt, war es. Auch optisch, denn die Sarner Werktagstracht, in die sich die Damen für den Fototermin gekleidet hatten, sieht man selten. „Selbergmochts“ gibt es ab Seite 50. Doch bevor wir hier zuviel in Traditionen schwelgen: Die Südtiroler Slow-Food-Produzenten wissen Altes mit Neuem zu verbinden und schaffen so moderne Lebensmittel, die zugleich Genussmittel sind (S. 42). Vielleicht schafft es Südtirol ja über die Genussschiene, kluge Köpfe, die im Ausland weilen, wieder ins Land zu holen. Viele von ihnen haben sich auch diesmal wieder beim Global Forum Südtirol Ende Oktober im Palais Widmann und anschließend im Hotel Laurin getroffen, um darüber zu diskutieren, wie für Südtirol die Vision des Landes der klugen Köpfe verwirklicht werden könnte. Die Bewirtung war jedenfalls so, dass gar einige von ihnen zurückkommen müssten. Mit Genuss und Wohlfühlen hat auch die Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie zu tun. Der Brixner Manager Günther Reifer gestaltet diese Bewegung entscheidend mit. Wir haben mit ihm darüber gesprochen (S. 8). Gesprochen haben wir auch mit Peter Schedl, seit über zwei Jahren Generaldirektor der Sparkasse, der sich in Südtirol sichtlich wohl fühlt und der zu bestimmten Diskussionen im Lande eine klare Meinung hat (S.34). Zu guter Letzt: Das Werbeteam von Südtirol Panorama bekommt weitere Verstärkung. Lisa ForerNaumann firmiert nun als Werbekoordinatorin der FF-Media GmbH, Michael Disertori übernimmt die Anzeigenleitung des Südtirol Panorama.

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Titel 42 Kreativer Genuss Lokale Produzenten bringen gar Köstliches hervor. Ein kleiner Rundgang bei Südtirols Slow-Food-Herstellern

50 Die Genusslieferanten hinter den sieben Bergen Zwölf Bäuerinnen betreiben einen Catering-Service mit urtypischen Sarner Spezialitäten

58 Die Zutat ohne Geschmack Warum ein formvollendeter Service für das Genusserlebnis so wichtig ist

60 Das ist wieder mal typisch Die größten Lebensmittelproduzenten des Landes. Erfolgreich sind die Südtiroler vor allem mit Nischenprodukten

62 Mit Wellness ganz vorne Die Liste der erfolgreichsten Südtiroler Hotels zeigt, dass Sterne nicht unbedingt so wichtig sind

Unternehmer & Märkte 08 Verzichten und Wohlfühlen Eine neue Bewegung propagiert nicht mehr den Gewinn als höchstes Unternehmensziel, sondern das Allgemeinwohl

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Titelbild: istockphoto.com

Erscheinungstermin: 11.11.2011 Chefredakteur: Peter Seebacher Verantwortlicher Direktor: Kurt W. Zimmermann Autoren: Susanne Pitro, Ariane Löbert, Sonja Marzoner, Max Otte, Thomas Amonn Schlussredaktion: Alexandra Fössinger Rückmeldungen an die Redaktion: panorama@ff-bz.com Grafik und Produktionsleitung: Ralf Kohler Anzeigenkoordination: Lisa Forer-Naumann Anzeigenleitung: Michael Disertori – 0471 304545 Herausgeber: FF-Media GmbH Bozen – Eintrag. Lg. Bozen 20/98 R.P. vom 07.10.98 Südtirol Panorama: Brennerstraße 7a, 39100 Bozen, Tel. 0471 30 45 50, Fax 30 45 11, www.panorama-online.com Druck: Radin-Berger Print GmbH, Innsbruck (A) Gesamtauflage: 26.000 Stück

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Wer sich verträgt, spart Wie Unternehmen bei Streitigkeiten mit Hilfe der Mediationsstelle Geld und Zeit sparen können

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Was darf es sein für die Herren Loacker? Hayo und Franz Josef Loacker leiten seit zwei Jahren gemeinsam die Geschicke der Tenute Loacker

20 Die 30 Top Genossenschaften Südtirols Die Rangliste der 30 größten Genossenschaften Südtirols nach Umsatz

26 Die Ertragreichsten Die 10 Genossenschaften im Lande mit dem höchsten Cashflow

30 Die Rentabelsten Die 10 Südtiroler Genossenschaften mit der höchsten Umsatzrendite

Geld & Finanzen 34 Heimat der guten Banker Peter Schedl, Generaldirektor der Südtiroler Sparkasse, sieht schwierige Zeiten auf uns zukommen und findet so manche politische Diskussion überflüssig

Karriere 38 Monkey Management Machen Sie sich im Büro nicht zum Affen

Luxus & Lifestyle

PETER SEEBACHER

Impressum

News & Trends

64 Heiße Töpfe Stilvoll Tee genießen ist in Zeiten grassierender Wasserkocher nicht einfach. Wir haben einige elegante Vorschläge für formvollendeten Teegenuss

Service 36 37 65 65 66

Finanzkommentar: Die Eurozone brennt lichterloh Finanzkolumne: Leider keine Zeit zum Aufatmen Lesezeichen: Gerechtigkeit siegt – nicht Reisebericht: Graz Was macht eigentlich ... Andreas Hapkemeyer?

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NEWS & TRENDS

Im Norden gerechter

Foto: Bertelsmann Stiftung

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Unterschiede bei der Vermeidung von Armut und den Zugangsmöglichkeiten zu Bildung innerhalb der OECD sehr groß sind. Am besten sorgen die nordeuropäischen Staaten für gleiche Verwirklichungschancen; gleichzeitig haben andere Wohlfahrtsstaaten erheblichen Nachholbedarf. Schlusslichter sind USA, Griechenland, Chile, Mexiko und die Türkei. „Soziale Gerechtigkeit und marktwirtschaftliche Leistungsfähigkeit müssen sich keineswegs gegenseitig ausschließen. Dies belegen insbesondere die nordeuropäischen Länder“, so Aart De Geus, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Studie. Belegt wird dies durch die ersten Plätze des Gerechtigkeitsindexes: Island, Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland stehen ganz oben. Die Studienverfasser vergessen auch nicht darauf hinzuweisen, dass aufgrund der immensen Staatsverschuldung der OECDStaaten eine schwere Hypothek für kommende Generationen auf diesen Ländern lastet. Die Generationengerechtigkeit sei so nicht mehr gegeben. (PAS)

MM Design aus Brixen ist ein international erfolgreiches Designstudio, das immer wieder auch durch gewonnene Auszeichnungen auffällt. Schon mehrere der vom MM Design-Team kreierten Gegenstände wurden mit dem bekannten „Red dot design award“ ausgezeichnet. Im Oktober hat das Brixner Designstudio sein zwanzigjähriges Bestehen gefeiert. Als international vernetztes Unternehmen gleich zweimal: einmal in München und einmal in Mailand. In beiden Fällen waren illustre Redner geladen. In der bayrischen

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Foto: Tom Garrecht

Exploration und Innovation

Ein Mann vom anderen Stern: Ex-Astronaut Ulf Merbold

Hauptstadt erläuterte der Kulturanthropologe Julius Lengert den grenzüberschreitenden Ansatz des Fachs Design. Ulf Merbold, erster Europäer an Bord eines Spaceshuttles, berichtete von seinen Erfahrungen, und in diesem Zusammenhang von der Wichtigkeit des Erkundens einer neuen Dimension, um so für den Menschen nützliche Erkenntnisse zu gewinnen. In Mailand referierte neben dem Kreativ-Psychologen Ugo Morelli und dem Design-Experten Oscar G. Colli auch der bekannte Höhenbergsteiger Denis Urubko. (PAS)

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PR-INFO

Feinste Kreationen als süße Geschenkidee Süße Geschenke für echte Glücksmomente

Was schenkt man bloß den Freunden, Kollegen, Mitarbeitern, Geschäftsfreunden oder Kunden zur Weihnachtszeit, oder auch als kleines Dankeschön unterm Jahr? Die Meraner Handwerksbäckerei und -konditorei hat eine Auswahl individueller Ideen, die auf der Zunge zergehen. Meraner Schoko- oder Früchtewürfel, Sissikugeln, Dinkel-Christstollen und die verführerischen Weihnachtswolken mit kandierten Früchten, Rosinen oder Schokolade – alles mit hochwertiger Geschenkverpackung und auf Wunsch mit ei-

ner individuellen Grußnachricht. Seit fast 60 Jahren setzt Erb unwiderstehliche Akzente echter regionaler Handwerkstradition. Dabei kommen nur ausgesuchte Zutaten ohne chemische Zusatzstoffe zum Einsatz, denn die Mitarbeiter wissen, wie sie durch bewährtes Kunsthandwerk für guten Geschmack sorgen. Dies gilt auch für das umfangreiche Brotsortiment mit der neuen Vital-Linie. Übrigens soll ja Schokolade gegen Stress helfen: In dunkler Schokolade stecken pflanzliche Stoffe, die uns gesünder und gelassener machen können. Eine kulinarische Verführung von Erb als Geschenkidee passt also wunderbar! Info: www.erbbrot.it

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Immer einen Schritt voraus!

INNOVATIVE LÖSUNGEN FÜR DEN ONLINE-ERFOLG! Innovation muss gelebt werden, vor allem in der Online-Welt. Das gehört zu unserem täglichen Geschäft. Mobile Websites oder Social Media Marketing mit Facebook und Twitter: Wir begleiten Sie auf Ihrem Weg hin zum innovativen Unternehmen.

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Michael Hellweger, IT-Security-Berater: Calzedonia und andere bekannte Marken wählten systems

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hafte Unternehmen aus TrentinoSüdtirol und Norditalien. Info: www.systems.bz

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NEWS & TRENDS

90er-Jahre

00er-Jahre

10-Jahre

Spaßgesellschaft

Moralgesellschaft

Selfnessgesellschaft

Markthype

New Economy

Globalisierung

New Local

Konsum-Ansatz

Freizeit vs. Job

24/7

Situativ

„mehr“

„besser“

„passender“

Genussverständnis

Demonstration Lebensqualität

Lebensqualität

Wesentliches

Genussmärkte

Luxus-Marken

Techno-Jewellery

Selfness-Genuss

AlphaGesellschaft

Authentizität

Integrierter Indivualismus

Gesellschaftsziel

Quelle: Zukunftsinstitut 2011

Gesuchter Mehrwert

Genussfeld

App in den Keller Apps, diese kleinen Hilfsprogramme für Smartphones, gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Mal nützlichere, mal weniger nützliche. Der Verein Südtiroler Weinstraße hat nun in Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedsbetrieben die App „Südtiroler Weinstraße“ ausgearbeitet. Dank des kleinen Hilfsprogramms können Nutzer sich jederzeit mobil über aktuelle Veranstaltungen, Kellereien und Brennereien informieren. Grundlegende Informationen wie Kontaktdaten der Kellereien und Weingüter sowie Basisinformationen zu den Ortschaften können ebenfalls jederzeit abgerufen werden. Detaillierte Informationen zu den alljährlich stattfindenden Weinstraßenwochen, der Verlauf von Wein-Radrouten und Weinwegen sind ebenso in der App enthalten wie Informationen zu Kellereibesichtigungen und Weinseminaren. Praktisch für Schnellentschlossene

Mit der Gesellschaft selbst verändert sich auch ihre Einstellung zu dem, was Genuss eigentlich ist

freundlicher als die Dienstleistung Zeitsparen“, so die Autoren. Das bewusste Verschwenden von Zeit wird zum Genuss. Ein Genuss, der erst wieder erlernt werden muss. Denn in einer Welt, in der die Möglichkeiten und Optionen des Lebens unendlich zu sein scheinen, ist Zeitverschwendung ein Luxus, an den sich der Konsument erst wieder herantasten muss. Als voraussichtlich größten Wachstumsmarkt definieren die Autoren der Studie den Bereich Ästhetik und Schönheit. Letztere wird in Zukunft mit Gesundheit und mit Selbstbewusstsein gleichgesetzt werden und das Streben danach soll zum Genuss werden – und nicht zur Qual. (PAS)

Südtirol Panorama 05/11, Top 300 – Südtirols größte Unternehmen: Leider sind uns in der genannten Ausgabe bei den Zahlen zur Unternehmensgruppe Progress Fehler unterlaufen. Die Progress Invest AG hat ihr Eigenkapital nicht auf 53,4 Mio. Euro verringert, sondern auf 76,5 Mio. Euro erhöht. Außerdem wurde die Gruppe als Progress AG bezeichnet, obwohl Progress Invest AG gemeint war. Wir bitten die Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion

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ist auch die Liste der an der Weinstraße gelegenen Restaurants samt Kontaktinfos. Die kostenlose App kann für das iPhone im App Store heruntergeladen werden. Android-Nutzer finden sie im Android Market (PAS)

Darf sich Vier-Hauben-Koch nennen: Norbert Niederkofler

BuSINNess – der Wandel der Genusskultur Thomas Huber, Anja Kiring, Cornelia Kelber, Hanni Rützler ISBN 978-3-938 284-62-9 www.zukunftsinstitut.de

BERICHTIGUNG

Nützlich für Weinliebhaber: die App „Südtiroler Weinstraße“

Haubensegen für Südtirol

Foto: SMG

„Die Zukunft des Konsums gehört dem Genuss und seinen Märkten“, verkündet freudig der Begleittext zur neuesten Studie des vom Zukunftsforscher Matthias Horx geleiteten Zukunftsinstituts. Unter dem Titel „Business – der Wandel der Genusskultur“ werden sechs zentrale Genusswelten der kommenden Jahre näher beleuchtet, bei denen die Autoren der Studie der Meinung sind, dass sie an Marktrelevanz gewinnen werden. So werde bei den Kunden von morgen der Wunsch nach einer neuen Esskultur entstehen. Zugleich werden die Kunden kritischer, denn der Feinschmecker der Zukunft wird aufgeklärter und anspruchsvoller sein als der von heute. Die Unternehmen sollten deshalb danach trachten, den mündigen Konsumenten als Fan zu gewinnen. Zeit wird laut Studie in Zukunft vermehrt zum Luxusgut. „Nichts ist somit kunden-

Foto: Südtirols Süden

Der Wandel des Genusses

Der Gourmetführer „Gault Millau Südtirol 2012“ hat den Südtiroler Spitzenrestaurants einen wahren Haubenregen beschert. Zwar wurden nicht signifikant mehr Restaurants als in den vergangenen Jahren geehrt, dafür konnten sich gleich mehrere der ausgezeichneten Restaurants über den Aufstieg in die nächste Haubenklasse freuen. Norbert Nieder-

kofler, Küchenchef im Hotel Rosalpina in Corvara darf sich als erster Südtiroler über vier verliehene Hauben freuen. Die zweithöchste Bewertung von drei Hauben wurde in diesem Jahr gleich an vier Restaurants verliehen: dem Schöneck in Pfalzen, dem Jasmin in Klausen, der Gourmetstube Einhorn in Mauls und dem Restaurant Castel in Dorf Tirol. Letzteres ist bereits seit zehn Jahren Träger von drei Hauben. Das Team des Restaurants La Stüa de Michil in Corvara konnte eine Auszeichnung für professionelle und kompetente Serviceleistung durch den Gault Millau Südtirol einheimsen. Und das „1500“ des Vigilius Mountain Resorts auf dem Vigiljoch durfte sich über die Wahl zum Restaurant mit dem schönsten Ambiente freuen. (PAS)

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Foto: Alexander Alber

Verzicht muss Spaß machen

Günther Reifer war jahrelang ein erfolgreicher Manager. Dann wandelte er sich vom Yuppie zum Verfechter des Gemeinwohls. Heute leitet er das Terra Institute und unterscheidet zwischen guten und schlechten Produkten für die Welt. SÜDTIROL PANORAMA: Wie sind Sie zu diesem Treffen angereist? GÜNTHER REIFER: (Lacht) Mit dem

Auto. Einfach aus zeitlichen Gründen. Ich habe heute noch mehrere Termine und mit öffentlichen Verkehrsmitteln könnte ich diese nicht rechtzeitig wahrnehmen. Ich versuche aber so oft wie möglich, mit der Bahn zu meinen Terminen zu kommen. Gerade bei Geschäftsreisen ins Ausland nutze ich meistens den Zug. Eines möchte ich aber dazu sagen: Nachhaltigkeit bedeutet für mich nicht, dass man auf alles verzichten muss. Nachhaltigkeit heißt für mich, eine sinnvolle Kombination des Vorhandenen zu suchen. Nachhaltigkeit ohne Verzicht – wie soll das gehen?

Das Leben muss immer noch Spaß machen, sonst wird es gleich zu fundamentalistisch, zu extrem. Sonst muss

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ich gleich zu Hause bleiben, die Heizung abdrehen und darf kein modernes Hemd mehr tragen. Es muss ausbalanciert sein. Trotzdem glauben wir vom Terra Institute, dass in den nächsten vier Jahren viel passieren muss, damit wir das Steuer noch herumreißen können. Wir müssen schnell viel erreichen. Warum muss es so schnell gehen?

In den nächsten fünf Jahren wird sich viel für die Welt entscheiden. Deshalb setzen wir alle Energien frei, um diese notwendige Änderung einzuleiten. Dabei ziehen wir eine schnelle Lösung einer perfekten vor. Lieber jetzt 90 Prozent umsetzen als übermorgen 100 Prozent. Bis 2015 wollen wir, dass sich Dinge geändert haben. Sowohl regional als auch überregional. Sie waren fast zehn Jahre lang Marketing- und Vertriebsleiter eines exklusiven und weltweit tätigen Südtiro-

ler Möbelherstellers. Nun leiten Sie ein Institut, das sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat. Wie kam es zu dieser Umorientierung?

Nun, da gibt es zwei Dinge. Zum einen habe ich mich als Mensch in eine bestimmte Richtung entwickelt. Einen Sinn für Gerechtigkeit hatte ich immer schon, aber ich war eben auch von meinem Wirtschaftsstudium geprägt, von einer bestimmten Karrierelogik. Ich dachte, so muss das eben sein. Aber das war alles irgendwie von außen vorgegeben, aufgesetzt, und irgendwann wurde mir bewusst, dass mich das nicht glücklich macht. Ich habe zu mir gesagt: Das ist nicht das, was ich wirklich will. Mein Kopf will das, aber nicht mein Herz. Hat es ein Schlüsselerlebnis gegeben?

Es hat kein auslösendes Ereignis gegeben, dieses Gefühl ist langsam entstanden. Ich bin seit Jahren Dozent an der Universität Innsbruck und veranstalte

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UNTERNEHMER & MÄRKTE auch hier in Südtirol Seminare. Bei meinen Vorträgen ist mir dann immer stärker bewusst geworden, dass ich eigentlich an die Sachen, die ich da von mir gebe, selbst nicht mehr glaube. Ich habe mich reden gehört und gedacht: Das ist eigentlich nicht das, was ich sagen möchte. Ein Schlüsselerlebnis war, wenn Sie so wollen, das Zusammentreffen mit Ibrahim Abouleish in Ägypten. Wir waren zwei Tage auf engstem Raum mit diesem Träger des Alternativen Nobelpreises zusammen und konnten mit ihm diskutieren. Er hat mir dann auch seine Geschichte, seinen Werdegang erzählt. Mit 40 hat er in Österreich, wo er seit Jahren lebte und erfolgreich war, alles hinter sich gelassen und ist in seine Heimat Ägypten zurückgekehrt. Dort hat er wieder bei Null begonnen. Dieses Gespräch hat mich sehr inspiriert und ich habe mir gesagt: Ich muss etwas ändern. Ist Ihnen dieser Entschluss schwergefallen?

Mir war klar, dass diese Entscheidung mit Verzicht einhergehen würde. Man hat eben gewisse Privilegien, wenn man eine bestimmte Postition besetzt. Ich wusste auch, dass ich von Null zu beginnen hatte und das mit einer Thematik, die nicht jeder gleich verstehen würde, die nicht so greifbar ist. Die Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen und die Positionen dazu sind oft nicht so klar. Seit wann gibt es das Terra Institute?

Wir – Evelyn Oberleiter und ich – haben das Terra Institute am 15. September 2010 gegründet, mit bereits ganz klaren Ideen im Kopf, was wir machen und bieten wollen. Und das wäre?

Nun, wir können jedem Unternehmen, das sich in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln will, einen „Fahrplan“ bereitstellen. Das kann entweder beim Produkt starten, oder mit der Strategie, oder mit der Firmenkultur. Wir können für jeden Ansatz „Werkzeuge“ bereitstellen. Werkzeuge, die wissenschaftlich fundiert sind und deren Bereitstellung auch mit einer Einbindung in Netzwerke begleitet wird. Als Beispiel nenne ich das „ce to cradle“-Prinzip, das „Wiege zur Wiege“-Prinzip, bei dem alle verwendeten Materialien eines Produkts in einem ge-

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„Mein Antrieb ist die Überzeugung, etwas bewirken zu können“ Günther Reifer

schlossenen Kreislauf wieder in die Produktion zurückfließen. Bei diesem Konzept sind wir offizielle Partner der EPEA Hamburg, die es mitentwickelt hat. Das Terra Institute bearbeitet fünf Themenfelder. Einmal ist es der Bereich Forschung, beispielsweise neue Wirtschaftsmodelle. Zum Zweiten ist es Ausund Weiterbildung. Wir bieten Vorträge, Tagesseminare und Lehrgänge an. Der dritte Bereich ist Beratung und Entwicklung, welche wir Unternehmen anbieten. Das schließt auch Produktentwicklung mit ein, bei der wir aufzeigen, wie gute Produkte aussehen könnten. Auch Businessmodell-Innovationen können damit einhergehen. Ein weiteres Themenfeld des Terra Institutes ist die Organisation von Großevents. Alljährlich veranstalten wir gemeinsam mit dem Bildungshaus Kloster Neustift die Tage der Nachhaltigkeit „Think more about“ in Brixen. Das Ziel der Veranstaltung ist, Denker und Macher von außerhalb und von hier zusammenzubringen und so neue Impulse zu geben.

Günther Reifer Der heute 39-Jährige ist in Schlanders geboren und aufgewachsen und hat dort auch seine Matura abgelegt. Sein Studium der Wirtschaft absolvierte Reifer dann an der Universität Innsbruck. Anschließend arbeitete er als Berater, bald auch als Dozent an verschiedenen Aus- und Weiterbildungsinstitutionen – unter anderem auch an den Universitäten Innsbruck und Bozen. Reifer war von 2001 bis 2010 für den Südtiroler Stilmöbelhersteller Selva als Marketing- und Vertriebsleiter tätig. Im September 2010 gründete er die Terra Institute OHG. Seit kurzem sitzt der gebürtige Vinschger auch im Vorstand der Initiative Gemeinwohl-Ökonomie in Wien und vertritt dort nach eigenen Aussagen die Sicht der Unternehmer.

Ein weiteres Standbein des Institutes ist das Terra Fashion-Geschäft in Brixen, in dem wir fair gehandelte, nachhaltig produzierte und modische Bekleidung anbieten. Wir wollen nämlich nicht nur denken, sondern auch tun. Neben dem Terra Institute engagieren Sie sich auch bei der Initiative der Gemeinwohl-Ökonomie. Sind diese Tätigkeiten ihr Job, erwirtschaften Sie damit Ihren Lebensunterhalt?

Ja, das Terra Institute ist meine Arbeit. In die Initiative der Gemeinwohl-Ökonomie haben wir hingegen Geld und Arbeit investiert. Damit verdienen wir kein Geld und wollen das auch nicht. Welche Rechtsform hat das Terra Institute?

Das Terra Institute ist eine OHG, Gemeinwohl-Ökonomie ist ein Verein. Wie sehr sind Sie nun bei Ihren Unternehmen Geschäftsmann und wie sehr Idealist?

Nun, der grundsätzliche Antrieb ist einmal die Überzeugung, etwas bewirken zu können. Wir wollen sinnvolle Projekte für die Welt machen, dafür steht das Terra Institute. Selbstverständlich müssen wir auch unsere Rechnungen und Mitarbeiter bezahlen und deshalb müssen wir darauf achten, dass die Balance passt. Wir stellen uns auch die Frage, wie wir unser – jetzt muss ich das Wort wirklich in den Mund nehmen – Wachstum finanzieren. Dabei meine ich jetzt nicht Wachstum im Sinne von Größe, sondern im inhaltlichen Sinn. Wir meinen nämlich, dass es durchaus mehr derartige Institute wie unseres geben sollte. Dann würde sich auch etwas ändern. Wo würden Sie sich politisch einordnen?

Weder links noch rechts. Und doch sehr politisch, indem ich mit einer Mischung aus tiefer Besorgnis und dem Gefühl, dass eine neue Zukunft möglich ist, über das, was wirtschaftlich, sozial und politisch global passiert, viel nachdenke. Ich bin einfach der Meinung, dass wir ein Gleichgewicht schaffen müssen, wo sich alle Menschen wohlfühlen können. Dieses Denken und Einordnen in links und rechts sollten wir hinter uns lassen.

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Nun, vor allem hat sie eine klare Zielfunktion. Für den Unternehmer geht es in der Gemeinwohl-Ökonomie nicht mehr vorrangig darum, den Umsatz und den Gewinn zu maximieren, sondern auch darum, das Gemeinwohl zu verbessern. Einmal jenes der Mitarbeiter, aber auch jenes des gesamten Umfeldes. Dazu gehört auch die Schonung der Ressourcen. Ich kenne Christian Felber, der die Gemeinwohl-Ökonomie entwickelt hat, schon länger. Mag sein, dass er linke Ideen in die Diskussion miteinbringt, aber es sind genauso viele andere dabei, die anders denken und ebenso entsprechende Denkanstöße vermitteln. Christian Felber hat das Ganze initiiert, ist aber schon lange nicht mehr alleine. Der Vorstand, dem ich angehöre, umfasst 13 Leute. Ob links oder rechts – was allen gemeinsam ist, ist die Vorstellung einer „neuen“ wirtschaftlichen Ethik, Gewichtung, Anerkennung und Belohnung. Mir selbst ist es im Vorstand immer wichtig, die ganz praktische Seite einzubringen: so, dass das Konzept auch für Unternehmer verständlich, schnell umsetzbar und akzeptabel ist. Welches ist Ihre ganz persönliche Idee der Gemeinwohl-Ökonomie?

Gemeinwohl-Ökonomie Ein vom Österreicher Christian Felber erfundenes Konzept. Unternehmen haben dabei nicht mehr die Gewinnmaximierung im Blick, sondern die Maximierung des Gemeinwohls inner- und außerhalb des Betriebes. Um diese Bemühung sichtbar zu machen, wird alljährlich neben der Finanzbilanz auch eine Gemeinwohlbilanz erstellt. Anhand der dabei errechneten Punkte (maximal 1.000) kann das Unternehmen gemeinwohl-ökonomisch eingeordnet werden. In die Bewertung fließen Dinge wie Arbeitsplatzqualität, ethisches Verkaufen, gerechte Verteilung des Einkommens, Transparenz usw. ein. In Südtirol sind 16 Unternehmen bei dieser Initiative dabei: Albatros (Meran), Bäckerei Profanter (Brixen), Bildungshaus Kloster Neustift (Neustift), Crystal Consult (Meran), Elas (Meran), Engl Werkzeugbau (Bozen), Euroform (Sand in Taufers), Haus der Solidarität (Brixen), Hotel Feldmilla (Sand in Taufers), Loacker Remedia (Blumau), Meraner Weinhaus – Pur Südtirol (Meran), Plattnerbau (Bozen), Terra Eco Fashion GmbH (Brixen), Terra Institute (Brixen), Christian Trebo (St. Vigil), Triade Superbio (Bozen).

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Mit Verve setzt sich Günther Reifer heute für eine Verbesserung des Gemeinwohls ein. Früher hieß sein Ziel Gewinnmaximierung

Ich sehe mich schon in der Rolle des Vertreters der Unternehmer und ihrer Denkweise. Deshalb bin ich auch in den Vorstand berufen worden. Wir wollen ja eine neue Bewegung entfachen und wenn es zu extrem in eine Richtung geht, dann werden wir das nicht schaffen. Gemeinwohl-Ökonomie ist nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern ein Modell, das weiterentwickelt wird und bei dem alle eingeladen sind, mitzumachen. Christian Felber, der Begründer der Gemeinwohl-Ökonomie, bezeichnet diese als dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Was ist damit gemeint?

Ja, es soll tatsächlich ein Modell sein, welches das Gute von beiden Seiten vereint. Der Fokus liegt dabei nicht auf dem Einzelunternehmer, sondern auf dem Gemeinwohl. Selbstverständlich muss der Unternehmer als jene Person, die das Hauptrisiko trägt, dafür auch entsprechend vergütet werden. Die Verteilung des Gewinns muss aber eine andere sein. Zuviel Gewinn sollte allerdings auch nicht da sein. Das würde ja heißen, dass die Waren, die ich verkaufe, zu teuer sind. Für mich ist die Gemeinwohl-Ökonomie eine spannende Bewegung, weil sie nicht von einer Universität oder einem Berater entwickelt wurde, sondern von der Basis und von Unternehmern selbst. Wie ich sehe, benutzen Sie ein iPhone. Nun ist ja gerade der taiwanische Hersteller des iPhones, Foxconn, in der Vergangenheit aufgrund der dort herrschenden Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten. Gerade die GemeinwohlÖkonomie hat sich aber die Sicherung humaner Arbeitsbedingungen auf die Fahne geschrieben.

Nun, das war mir jetzt so nicht bewusst. Aber klar, als kritischer Konsument hätte ich mich da mehr informieren sollen. Wir sind eben alle nicht fehlerlos oder anders: zu wenig bewusst, zu wenig informiert. Nachhaltigkeit ist ein Prozess.

Fotos: Alexander Alber

Was genau sind die Inhalte der Gemeinwohl-Idee?

Die Gemeinwohl-Ökonomie-Unternehmer sollen in den Genuss von Steuer- und Zollerleichterungen kommen. Wie realistisch ist es, dass ein Staat diese Änderungen im Steuerrecht vornehmen wird?

Wir glauben, sehr realistisch. Natürlich nicht von heute auf morgen und natürlich braucht es eine massive Bewegung, die solche Schritte auch fordert. Es ist ja keine Steuererleichterung, sondern eigentlich eine Umverteilung. Der, der Gutes tut, wird dafür belohnt. Der, der weniger Gutes tut, wird „bestraft“. Immer mit dem Ziel, dass dies ein weiterer Anreiz sein soll, auch Gutes zu tun. Belohnt werden können die Gemeinwohl-Unternehmer auch von den Kunden, die sich sagen, ich kaufe lieber bei einem den Richtlinien des Gemeinwohls entsprechenden Unternehmen ein als bei einem anderen. Der Unternehmer kann auch durch die Mitarbeiter belohnt werden, weil sich diese im Betrieb wohler fühlen und so effizienter und ausgeglichener sind und für ein besseres Arbeitsklima im Betrieb sorgen. Auch durch Fördergelder könnten Betriebe zur Gemeinwohl-Ökonomie gebracht werden. Wenn das Land bei der Vergabe der Gelder als Kriterium die Anzahl der Punkte in der Gemeinwohlbilanz heranziehen würde. Südtirols Politiker scheinen bis jetzt noch wenig Interesse am Thema Gemeinwohl-Ökonomie zu haben.

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Ich bin sicher, dass früher oder später Südtirols Politiker dabei sein werden. Ich weiß, dass sich bestimmte Leute aus der Politik hierzulande bereits mit dem Thema auseinandersetzen. Ich habe auch schon mehrere Politiker kontaktiert. Mit den Landesräten Michl Laimer und Thomas Widmann stehe ich im laufenden Dialog und informiere sie, was wir gemacht haben und was wir noch planen. Sie unterstützen auch unseren Kongress „Think more about“ in Brixen. Ich hoffe sehr, dass Südtirol schneller sein wird als andere Regionen in Österreich oder Deutschland. Stellen Sie sich vor, Südtirol würde zur Modell-Region für Gemeinwohl-Ökonomie, das wäre doch richtig cool. Südtirol wäre ein weiteres Mal ein Land mit Vorbildcharakter. Der Gemeinwohl-Ökonomie wird auch von Kritikern zugestanden, dass sie auf lokaler Ebene funktionieren könnte. Weniger überzeugt diese das Konzept im globalen Kontext. Stichwort Wettbewerbsnachteile.

Es handelt sich um Bewusstseinsveränderung, das ist die Grundlage. Bei der Gemeinwohl-Ökonomie passiert ja auch etwas mit den Konsumenten, denen bewusst wird, dass es „gute“ und „schlechte“ Produkte gibt. Wir sollten die Macht der Kunden nicht unterschätzen, denn jeder Euro, der ausgegeben wird, ist wie ein Stimmzettel. Als Kunde entscheide ich damit, wen ich unterstütze. Angenommen, Europas Unternehmen und Konsumenten würden auf Gemein-

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„Viele wichtige Wirtschaftswissenschaftler haben falsche Impulse gesetzt“ Günther Reifer

wohl-Ökonomie umstellen, dann müssten auch Länder wie China oder Indien darauf reagieren, weil viele ihrer Produkte von den Konsumenten nachgefragt würden. Und ganz nebenbei gesagt: Mit dem „Cradle to cradle“-Prinzip der Blue Economy beschäftigen sich die dortigen Hersteller bereits jetzt und viel intensiver, als wir das in Europa tun. Auch zum Thema Gemeinwohl-Ökonomie wurde ich aus diesen Ländern bereits kontaktiert. In Zeiten der Euro- und Finanzkrise und der enttäuschten Bürger erscheint die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie als das richtige Angebot zur richtigen Zeit.

Das Thema wurde sicher nicht strategisch geplant platziert, das kann ich Ihnen versichern. Viel besser wäre es gewesen, wenn man schon vor 20 oder 30 Jahren darüber nachgedacht hätte. Wir werden ja von klein an auf Konkurrenzdenken ausgerichtet. Das fängt in der Schule an und geht bis zur Univer-

sität. Auch deshalb sind wir so auf besser und schneller fixiert. Und das müssen wir eben ändern. Wenn das vor zwei Jahrzehnten passiert wäre, wäre es zu den heutigen Krisen erst gar nicht gekommen. Und man muss auch sagen: Viele wichtige Wirtschaftswissenschaftler, auch Nobelpreisträger, haben falsche Impulse gesetzt. So ging es in eine bestimmte Richtung. Ist die Bezeichung „Gutmensch“ für Sie etwas Positives oder etwas Negatives?

Es ist ein Begriff, der kategorisiert. Und das ist falsches Denken. Es gibt nicht gute und schlechte Menschen, es geht darum, welches Bewusstsein eine Person hat. Wir vom Terra Institute haben die Einstellung: Jeder gibt immer sein Bestes. Unsere Aufgabe ist es, uns gemeinsam immer mehr der Auswirkungen unseres Tuns – im Kleinen wie im Großen bewusst zu werden und damit Alternativen zu finden, die sozial gerechter, ökologisch nachhaltiger und persönlich sinnerfüllender sind. Welches sind die größten Unternehmen, die bei der Initiative der GemeinwohlÖkonomie dabei sind?

Das größte ist Sekem in Ägypten, das über 3.000 Mitarbeiter hat, dann sind einige Unternehmen mit jeweils rund tausend Mitarbeitern dabei und sogar eine Münchner Bank, die Sparda Bank, mit rund 660 Mitarbeitern. Ein ganz wich◀ tiger Impuls, wie ich finde. INTERVIEW: PETER SEEBACHER

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PR-INFO


UNTERNEHMER & MÄRKTE

Wenn sich zwei streiten … Foto: fotolia.de

… gehen sie zur Mediation. Unternehmen sind bei Streitfällen gesetzlich verpflichtet, eine Mediation zu besuchen, bevor sie den Gang vors Gericht antreten. Trotz seiner Vorteile hat sich dieses Verfahren in Südtirol noch nicht etabliert.

W

enn der Lieferant seine Waren viel zu spät bringt oder der Unternehmenspartner nicht mit dem neuen Pachtvertrag einverstanden ist, dann ist Streit vorprogrammiert. Oft reicht es allerdings, mit den betroffenen Personen in einer Mediation zu reden, um die Konflikte beizulegen. Der Mediator versucht mit Hilfe von Gesprächen, den Nutzen beider Streitparteien zu erhöhen und so einen Interessensausgleich zu erringen. Der Vorteil: Eine Mediation dauert maximal vier Monate. Bei einem Gerichtsverfahren verstreicht das Doppelte an Zeit, bis es überhaupt erst zum Prozessauftakt kommt. Und auch die Kostenvorteile des Mediationsverfahrens sind beträchtlich. „Der Preis hängt stark vom Typ des Verfahrens ab. Wenn es um einen Streitwert zwischen 30.000 und 500.000 Euro geht, dann liegt der Kostenpunkt pro Streitpartei bei 600 Euro“, erklärt Ivo Mo-

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Südtirol Panorama November | 2011

„Die Mediation führt zu einem echten Bürokratieabbau.“ Stefan Pan

relato, zuständig für die Mediationsstelle an der Handelskammer in Bozen. Gerichtsverfahren sind für Unternehmen kein Zuckerschlecken. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, meist dauern Gerichtsverfahren mehrere Jahre bevor der Richter ein Urteil fällt. Außerdem sind Streitigkeiten vor Gericht kostspielig und nervenaufreibend. Der römische Gesetz-

geber hat mit dem Dekret Nr. 28/2010 auf diesen Umstand reagiert und die Mediation für handels- und zivilrechtliche Fälle verpflichtend vorgesehen, bevor die Gerichte damit befasst werden. Um das Gesetz in die Praxis umzusetzen, wickelt die Handelskammer in Zusammenarbeit mit dem Unternehmerverband die Mediation mit speziell ausgebildeten Mediatoren ab. Weniger Streit und weniger Bürokratie – so fasst auch Stefan Pan, Präsident des Unternehmerverbands, die Vorteile der Mediation zusammen. Unternehmer und Justiz sind entlastet – also alles eitel Sonnenschein? Mitnichten. ABLEHNUNG. Denn das Mediationsver-

fahren ist in Südtirol keineswegs etabliert. Von 114 Mediationsverfahren wurden nur 34 abgeschlossen. 70 Prozent der Mediationen scheiterten, weil die angerufenen Streitparteien dem Mediationsverfahren

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Unternehmer ziehen nicht immer am selben Strang: Eine Mediation hilft, Streitigkeiten zu beenden

nicht zustimmten und erst gar nicht zu einem Termin erschienen. Wenn man nach den Gründen für diese ablehnende Haltung sucht, erkennt man schnell, dass den Rechtsanwälten eine Schlüsselposition in dieser Angelegenheit zukommt. Der Anwalt berät ein Unternehmen, wenn es zu Streitfällen kommt. Ein Gerichtsverfahren zu betreuen ist für eine Kanzlei lukrativer als bei einer Mediation als Berater zu fungieren. Raten die Anwälte den Unternehmen also aus Eigeninteresse lieber zu einem Gerichtsverfahren? Ivo Morelato erteilt solchen Spekulationen eine Absage. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Rechtsanwälte ihre Kunden so gut wie möglich beraten wollen.“ Die Mediation habe sich deshalb noch nicht etabliert, weil Unternehmer und Anwälte oft zu wenig über die Vorteile der Mediation informiert seien. Information ist ein wichtiges Stichwort. Denn nur wenige wissen, dass

„Bei der Mediation wird das Denkmuster von Recht und Unrecht durchbrochen.“ Ivo Morelato

Drei Mediationstypen Das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28 vom 4. März 2010 sieht vor, dass die Mediation unter anderem bei Streitigkeiten um dingliche Rechte, um Miet- und Pachtverträge und Erbstreitigkeiten verpflichtend ist, bevor die Gerichte damit befasst werden. Ziel ist es, langwierige Justizverfahren zu vermeiden und die Streitparteien mit Hilfe eines Mediators zu einer Problemlösung hinzuführen. Das Dekret sieht neben dieser Pflichtmediation auch eine freiwillige Mediation vor, um Konflikte außergerichtlich zu regeln. Als dritten Mediationstyp gibt es auch eine freiwillige Mediation außerhalb des Dekrets Nr. 28. Hier sind die beteiligten Personen an einer Win-win-Lösung interessiert, was lange Gespräche mit dem Mediator voraussetzt. Dieser emotionale und intensive Mediationstyp ist nicht durch das Gesetz reglementiert. Der Nachteil: Das Mediatonsprotokoll dient nicht als Vollstreckungstitel und es gibt keine Möglichkeit zur Streitanmerkung im Grundbuch.

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ein Mediationsboykott Konsequenzen beim anschließenden Gerichtsverfahren zur Folge hat. Der Richter ist dazu verpflichtet, das Prozessverhalten der Personen bei der Mediation im Gerichtsurteil zu berücksichtigen. In der Praxis bedeutet dies: Wer die Mediation ignoriert, muss die Kosten des Gerichtsverfahrens übernehmen – selbst wenn er im eigentlichen Streitfall Recht bekommt. Je nach Richter kann es sogar dazu kommen, dass der Mediations-Boykotteur auch noch die Anwaltsgebühren der Gegenpartei übernehmen muss. PROBLEMLÖSUNG. Selbst wenn sich die

Streitparteien für eine Mediation entscheiden, ist es keineswegs so, dass der Mediator den Konflikt wegdiskutieren kann. Was macht der Mediator also besser als der Richter? Der Mediator sorgt dafür,

Foto: Handelskammer Bozen

UNTERNEHMER & MÄRKTE

Ivo Morelato: „Nach dem Streit Wirtschaftsbeziehungen aufrechterhalten“

dass das alte Denkmuster von Recht und Unrecht aufgebrochen wird. Es wird also vermieden, dass die streitenden Personen zum Schluss in Gewinner und Verlierer unterteilt werden. Bei der Mediation geht es um Verständnis und nicht um Rechthaberei. „Ein Mediationsteilnehmer kam auch schon zur Einsicht: Was nützt es mir schon, Recht zu bekommen, wenn dadurch das andere Unternehmen Schadensersatz zahlen und Mitarbeiter entlassen muss“, erzählt Morelato. GERICHTE VERMEIDEN. Die idealisti-

sche Win-win-Lösung ist bei der Mediation nur selten möglich. „Oft versucht man einen Kompromiss zu finden, um den Gang vors Gericht zu vermeiden“, sagt Morelato. Dies reicht allerdings oft schon, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Unternehmen aufrechtzuerhalten. Der Mediator spricht nicht wie ein Richter Verurteilungen aus, sondern versucht als Vermittler das Gespräch in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Lösung, welche die Personen in der Mediation finden, werden in einem Protokoll festgehalten. Das Mediationsprotokoll ist als rechtskräftiges Dokument Vollstreckungstitel für Zwangsenteignung, Vollstreckung in spezifischer Form und Einschreibung einer gerichtlichen Hypothek. Wenn das Mediationsverfahren von den Personen akzeptiert wird, hat es tatsächlich das Potential, Kosten zu sparen und Handelsbeziehungen nach Streitfällen fortzusetzen. Die Erfolgsquote der freiwilligen Mediation an der Handelskammer Bozen liegt bei 88 Prozent. ◀ OLIVER KAINZ

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Was darf es sein für die Herren Loacker? Dass der Name Loacker nicht nur mehr als Synonym für süße Waffeln steht, sondern immer öfter auch mit hochwertigen Weinen in Verbindung gebracht wird, ist der Verdienst der Tenute Loacker. Seit zwei Jahren haben dort Hayo und Franz Josef Loacker das Ruder in der Hand.

W

ir Loacker machen immer alles anders.“ Franz Josef Loacker, der mit seiner breitschultrigen Erscheinung seinem Namen alle Ehre macht, fasst so die Einstellung der Familie Loacker zusammen. Wenngleich er dabei vor allem auf seinen eigenen Lebensweg Bezug nimmt, so trifft es wohl auch auf seine Brüder und vor allem auf seinen Vater zu. Der beschloss vor mehr als vierzig Jahren, aus der Waffelproduktion, die er gemeinsam mit seinen zwei Brüdern betrieb, auszusteigen und sich dem Weinbau zu widmen. Dabei wählte er aus Überzeugung den Weg des biodynamischen Anbaus, bei dem nicht nur komplett auf Pestizide verzichtet, sondern der Boden als Organ gesehen wird, der mit biologisch-dynamischen Mitteln stimuliert werden muss. Kein leichter Weg für einen vom Waffelfabrikanten zum Weinbauer gewordenen Vollwert-Rohköstler, wie es Rainer Loacker ist. Vor allem nicht im Südtirol der 80er-Jahre. Ein Loacker macht eben alles anders. Heute lebt Vater Rainer Loacker auf einem Weingut in der Steiermark und hat die Leitung der Tenute Loacker seinen Söhnen Hayo und Franz Josef Loacker übergeben. Der dritte Sohn, Hannes, führt das Unternehmen Loacker Remedia, das sich ganz der Herstellung homöopathischer Mittel widmet.

Weine führt. Denn ein Tischgespräch mit den beiden Loacker-Brüdern ohne Loacker-Weine wäre nicht denkbar gewesen. Während wir auf das Eintreffen des Bruders warten, der sich noch um das Einbringen der letzten Trauben kümmern muss, erzählt uns Franz Josef Loacker von seinem Werdegang – der ganz anders verlief als erwartet. Nach der Mittelschule entschloss sich Franz Josef Loacker, die Hotelfachschule zu besuchen – und zwar nicht jene in Meran, wie es vielleicht naheliegend gewesen wäre, sondern jene in St. Johann in Tirol, die er als ausgebildeter Hotelkaufmann verließ. Anschließend beschließt er, den Beruf des Kochs zu ergreifen – und das auf höchstem Niveau. Sieben Jahre lang kocht er in Restaurants der höchsten Klasse, von St. Moritz über London bis Genf. „Es war eine anstrengende Zeit und nicht immer ganz einfach, aber ich habe mich durchgebissen. Heute profitiere ich

UMWEG. Ein herbstwarmer Tag an den

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LOCATION Foto: Alexander Alber

sonnigen Hängen des Rittens. Der Schwarhof, der „Stammsitz“ des Loacker’schen Weinimperiums, ist nicht weit entfernt. Franz Josef Loacker erwartet uns bereits in der getäfelten Stube des Signaterhofes. Hier sind wir nicht nur in einer der Gegenden, in denen der Loacker-Wein wächst, sondern auch in einem Gasthof, welcher diese

Schmackhafte Aussicht Der Signaterhof auf dem Ritten ist ein Landgasthaus im besten Sinne

von dieser Erfahrung.“ Nicht nur von den dabei erlernten Sprachen – Englisch und Französisch – sondern auch vom Einblick in den Ablauf und die Ansprüche, die in einem Restaurant der höchsten Klasse gestellt werden. Als Verantwortlicher für den Weinverkauf der Tenute Loacker sei es ein Vorteil, wenn man wisse, wie die potentiellen Kunden arbeiten. WINEMAKER. Hayo Loacker, 38, der we-

nig später durch die Tür stürmt, ist der „Macher“ der Weine bei Loacker und unterscheidet sich schon rein äußerlich von seinem drei Jahre jüngeren Bruder. Auch er hat, ganz in der Familientradition, alles anders gemacht. Bereits in Teenagerjahren ist er von der französischen Sprache und dem Land fasziniert. Um seine Sprachkenntnisse zu verbessern, heuert er während der Traubenernte bei einem französischen Weinbauern an: „Das war da richtig rudimentär, aber wirklich fasziniert hat mich diese ruhige Art der Menschen und der Stellenwert, der dem Essen und Trinken zuerkannt wurde“, erzählt Hayo Loacker. Auch die Faszination des Weinmachens habe ihn dort dann richtig gepackt und so entschloss er sich nach dem Abschluss der Oberschule am prestigeträchtigen Franziskanergymnasium in Bozen, zum Studium der Önologie nach Dijon zu gehen – und nicht etwa an eine deutschsprachige Universät. „Das erste Jahr war echt nicht leicht“, gesteht Hayo Loacker, während der erste Gang unseres Mittagessens serviert wird, begleitet zuerst von einem Ysac Sylvaner 2010 und dann von einem Tasmin Sauvignon Blanc 2010 aus dem Hause Loacker. Trotzdem kehrte der junge Bozner nach den Sommerferien wieder an seine französische Universität zurück und schloss nach drei weiteren Jahren sein Studium ab.

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Foto: Alexander Alber

Hayo (li.) und Franz Josef Loacker sind von der biodynamischen Weinbergbewirtschaftung überzeugt. Loacker-Weine stehen mittlerweile auch in Restaurants in den USA und in Asien auf den Tischen

„Mit zunehmender Sprachkenntnis wurde es dann schon leichter, und ich habe gar einige Impulse aus dieser Zeit für unseren Betrieb mitgenommen.“ Hayo Loacker ist aber nicht nur Weinmacher, sondern auch Macher: „Dinge und Abläufe zu organisieren gefällt mir“, erzählt der 38-Jährige. Dazu gibt es bei den Tenute Loacker jede Menge Gelegenheit. Während der zweite Gang aufgetragen wird, wiederum begleitet von zwei auf das Gericht abgestimmten Loacker-Weinen (Morit St. Magdalener 2010, Gran Lareyn Lagrein 2009) nennt Hayo Loacker

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„Wir hatten nie Zweifel daran, dass die biodynamische Anbaumethode die richtige ist“ Hayo Loacker

die Eckdaten der Tenute Loacker. Da sind einmal in Südtirol der Schwarhof sowie Lagen am Kohlerhof und Kalten Keller. Dazu kommen das Weingut Corte Pavone in der Nähe von Montalcino, Toskana, sowie das Weingut Valdifalco in der toskanischen Maremma. Insgesamt ergibt das eine Weinanbaufläche von 48 ha, auf denen Hayo und Franz Josef Loacker jährlich über 300.000 Flaschen Wein produzieren. Und das nicht auf die einfachste Art, denn, so Hayo Loacker, biodynamische Weinproduktion erfordere eben mehr Einsatz

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UNTERNEHMER & MÄRKTE als eine Bewirtschaftung nach der herkömmlichen Methode. Dabei habe es genauso wie für seinen Bruder nie Zweifel daran gegeben, dass dies der richtige Weg sei. Ob die Konsumenten diese besondere Hingabe an Rebe und Wein, die der biodynamische Weinbau erfordere, zu schätzen wissen, davon ist Hayo Loacker nicht überzeugt. Dass aber nur aus einer solchen Rebe der Rohstoff für den bestmöglichen Wein stammen kann, schon. Am Ende beurteile der Kunden eben den Wein und dessen Qualität. Und die höchste Qualität könne nur durch ein entsprechendes Lesegut garantiert werden. Und das werde nur durch die biodynamische Bewirtschaftungsweise garantiert. SPORTLICH. Erholung von seinem inten-

Als Rainer Loacker 1978 das Weingut Schwarhof oberhalb von Bozen erwarb und als absoluter Weinanbau-Neuling begann, die Weinberge nach biodynamischen Kriterien zu bewirtschaften, schlug ihm zuerst einmal Abwehr entgegen. Abwehr von seiner menschlichen Umgebung und Ablehnung von der Natur selbst. Die Reben mussten sich an die neue Bearbeitungsweise erst gewöhnen, so mancher Ernteausfall musste deshalb verkraftet werden. Heute sind unter dem Label Tenute Loacker neben dem Schwarhof noch zwei Weingüter in der Toskana vereint. Eines, das Gut Corte Pavone, liegt in der Nähe der Stadt Montalcino, das andere, Valdifalco, in der Maremma. Alle Weingüter werden nach der biodynamischen Methode bearbeitet. Insgesamt beschäftigen die Tenute Loacker 20 Mitarbeiter, welche insgesamt 48 Hektar Weinbaufläche bearbeiten. Das Weinsortiment reicht von Müller Thurgau über Sauvignon Blanc und Lagrein bis zum Morellino di Scansano und Brunello di Montalcino. Die Jahresproduktion beträgt über 300.000 Flaschen.

Unternehmen eingestiegen, Franz Josef Loacker einige Jahre später. Nach seinem Entschluss, den Beruf des Kochs an den Nagel zu hängen, absolvierte er eine Ausbildung zum Sommelier und war ein Jahr lang für ein Unternehmen in der Schweiz im Weinverkauf tätig, bevor er in die damals noch väterliche Firma eintrat. SESSHAFT. Sowohl Hayo als auch Franz

Josef Loacker sind mit ihren Familien in Bozen sesshaft geworden. Beruflich sind beide viel unterwegs. Weinmacher Hayo Loacker besucht im Schnitt mindestens einmal in der Woche die Weingüter in der Toskana, Weinvermittler Franz Josef Loacker betreut 30 verschiedene Märkte

weltweit: „Gerade das Thema Asien ist bei uns sehr aktuell, so Franz Josef Loacker. Ebenso sei man bestrebt, den US-amerikanischen Markt verstärkt zu beackern. Zum Hauptgang, den geschmorten Rindswangen vom Rittner Rind auf Polenta mit Kohlgemüse und frischen Artischocken, ist dann die Reihe an den italienischen Sorten aus dem Loacker-Sortiment. Franz Josef Loacker schenkt dazu gekonnt zuerst einen Schluck Morellino di Scansano 2009 Valdifalco ein. Danach wird das Glas mit einem Brunello di Montalcino 2004 Riserva Loacker Corte Pavone einen Fingerbreit hoch gefüllt. Dies ist eindeutig der beste Wein bei diesem Tischgespräch und deshalb eine gute Gelegenheit, auch etwas heiklere Fragen zu stellen. Wie, fragen wir, steht es mit dem Verhältnis der beiden Brüder, die so eng beruflich zusammenarbeiten? „Selbstverständlich sind auch wir nicht immer der gleichen Meinung“, so Franz Josef Loacker, „ aber bisher haben wir immer einen Weg der Lösung gefunden.“ Sein Bruder nickt dazu zustimmend. Von wo aus die beiden in Bozen ansässigen Unternehmer in Zukunft die Geschicke der Tenute Loacker lenken werden, steht noch nicht endgültig fest. Ob es der Schwarhof sein wird oder eines der Anwesen in der Toskana – wer weiß. Dass die Tenute Loacker aber weiterhin ein erfolgreicher Familienbetrieb bleiben werden, ist wahrscheinlich. Die Ehefrauen der beiden Loackers haben bereits Interesse an einer Mitarbeit im Betrieb signalisiert. Bis zum Einstieg der nächsten Generation in das Unternehmen ist es dann nur mehr ein kleiner Schritt. ◀ PETER SEEBACHER

Foto: Alexander Alber

siven und umfangreichen Arbeitseinsatz verschafft sich Hajo Loacker beim Laufen, Radfahren oder Skitourengehen. Bis vor zwei Jahren kickte er auch intensiv bei einem Bozner Amateurclub. Seit aber seine Zwillinge das Licht der Welt erblickt haben, bleibt für den Sport nur mehr wenig Zeit: „ Ich hoffe aber, dass sich das nun wieder langsam bessert“, schmunzelt er. Franz Josef Loacker, seit wenigen Monaten Vater einer Tochter, ist bekennender Sportmuffel und schwingt lieber den Kochlöffel in der heimischen Küche. Vater Rainer Loacker war nicht nur in Sachen biodynamischer Anbau in Südtirol ein Pionier, sondern nach französischem Vorbild auch der Erste, der hierzulande den Weinen einen eigenen Namen gab und diesen auf dem Etikett abdruckte. „Auch damit hat mein Vater einiges Befremden ausgelöst, wenig später haben es dann aber alle gemacht“, erinnert sich der Sohn. Hayo Loacker ist bereits 1997 in das

Biodynamisch anders

Gebackene, hausgemachte Kartoffelteigtaschen mit Pustertaler Graukäse

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Geschmorte Rindswangen vom Rittner Rind auf Polenta mit Artischocken

Kastanienmousse mit eingelegten Rotweinkirschen und Kakisauce

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PR-INFO

DER ARBEITSPLATZ DER ZUKUNFT Cloudbasierte Anwendungen mit ortsunabhängigem Zugriff bieten die idealen Voraussetzungen für den IT-Arbeitsplatz der Zukunft. Doch neben den gefragten Features wie Mobilität, steter Erreichbarkeit und im Besonderen der hohen Anforderung der Datensicherheit, stellt sich auch die Frage nach der Bereitschaft, dem wachsenden Veränderungsbedarf zu begegnen.

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um in Zukunft alle Kommunikations- und Anwendungsplattformen einheitlich bedienen zu können, so muss zwangsläufig auch eine stete Verfügbarkeit der Systeme gewährleistet werden. Außerdem muss dem User die Anwendbarkeit an sich garantiert werden, d. h. zentrale Anlaufstellen für inhaltliche Fragen fließen mit Ressourcenüberwachung und technischer Verwaltung zusammen. Diese Bündelung bewirkt zudem, flexibel und vorausschauend Systemressourcen zu planen und damit kostenoptimiert zu nutzen. Hier ist der Wandel von der klassischen Hotline zum Service-ManagementProzess nach ITIL V3 und ISO 20000 unumgänglich. Die DATEF AG betreut seit 2006 mittlerweile knapp 9.000 IT-Arbeitsplätze im zukunftsorientierten Modell nach ITIL V3 und ISO 20000

F

lexibel einsetzbar, stets verfügbar und sicher soll er sein – der IT-Arbeitsplatz der Zukunft. Der typische Desktop-Arbeitsplatz wird den heutigen Anforderungen kaum mehr gerecht. Neben dem hohen Bedarf an flexiblen Nutzungsbedingungen, wächst zunehmend auch der Anspruch auf Standardisierung der Desktops. Die Dienste müssen auf allen Endgeräten verfügbar sein, das bedeutet, dass die dahinterstehende Organisation und deren Prozesse weitreichend optimiert werden müssen. In der Praxis ist dies aber eine noch längst unerfüllte Anforderung. Planungen sind noch zu konservativ. Geht es nach den Wünschen der IT-Verantwortlichen, so sollen die Arbeitsplätze automatisiert zur Verfügung gestellt werden, benutzerfreundlich und sparsam im Betriebsaufwand sein. In vielen Unternehmen sind die Arbeitsabläufe schon weitgehend auf Mobilität ausgerichtet, die Endgeräte und deren Dienste sind es jedoch meist

nicht oder nicht durchgängig. Trotz dieser Erkenntnis planen laut einer Studie der Experton-Group nur 28 % aller Unternehmen, sich mittelfristig mit zukunftsorientierten Arbeitsplatzkonzepten auseinanderzusetzen. Dabei stellt allein die rasante Entwicklung von dynamischen IT-Services und Cloudanwendungen schon die Anforderung, die IT-Arbeitsplätze so anzupassen, dass ein Einsatz von IT-Dienstleistungen auch nachhaltig die Arbeitsabläufe sinnvoll unterstützen kann und in einem einheitlichen Gesamtkonzept zusammenfließt. Arbeitsplätze könnten so, ähnlich wie die Dienste, die auf diesen laufen, auch über eine Cloud zur Verfügung gestellt werden.

Gesamtheitliche Lösungen vom Profi. Um all diesen Anforderungen in Zukunft gerecht werden zu können, ist es sinnvoll, bei Themen wie der strategischen IT Planung und clientbezogenen Anwendungen auf die Kooperation mit einem professionellen IT-Dienstleister zu setzen. Dieser kann bereits in der Planungsphase über die sinnvolle Gestaltung und Zusammenführung zwischen erforderlichen Anwendungen und prozessgesteuerten Clientmodellen in einem kompletten Lifecyclemodell beraten. Denn nur eine Kombination aus Planung, nachhaltiger Betreuung und Wissen um die unternehmenseigenen Anforderungen stellt den Ge❧ schäftserfolg sicher.

infobox

Intelligente Prozessframeworks auf dem Vormarsch. Wichtigstes Werkzeug für die Anwendung intelligenter und zukunftsorientierter IT-Arbeitsplätze bilden strategische Planungsmodelle in der IT. Wenn Mobilität und Erreichbarkeit eine der Grundvoraussetzungen bilden,

Datef AG Negrellistraße 13B 39100 Bozen Tel. 0471 06 65 00 info@datef.it www.datef.it

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Die 30 größten

Genossenschaften des Landes Das Genossenschaftswesen kann in Südtirol auf eine lange Geschichte zurückblicken und hat unbestritten wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gegeben. Heute gibt es in Südtirol über 900 Genossenschaften. Südtirol Panorama zeigt die 30 Umsatzstärksten.

D

ie Wirtschaftskraft der Südtiroler Genossenschaften lässt sich ganz einfach einordnen: Würde Südtirol Panorama in seinem alljährlich erscheinenden Ranking der Top-300-Unternehmen auch die Genossenschaften berücksichtigen, dann befände sich die umsatzstärkste Genossenschaft, die Hogast, auf Platz 9, gefolgt von der VI.P. (Platz 10) und bald danach Milkon (Platz 12). Eine andere Zahl beeindruckt ebenfalls: Alle Top-30-Genossenschaften Südtirols zusammen generieren einen Umsatz von 1.824,4 Millionen Euro. So ist denn auch der Generaldirektor des Raiffeisenverbandes Südtirol, Paul Gasser, davon überzeugt, dass Südtirol ohne die bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Südtirol gegründeten Zusammenschlüsse heute ganz anders aussehen würde: „Ich bin überzeugt, dass ohne die Genossenschaften solch eine wirtschaftliche Entwicklung in Südtirol, wie wir sie in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben, nicht möglich gewesen wäre.“ Nun ist ein Generaldirektor eines Genossenschaftsverbandes schon qua Amt verpflichtet, die Vorteile eben dieser Gesellschaftsform herauszuheben, doch ist diese Behauptung aufgrund der aktuellen Zahlen und jener aus der Vergangenheit nicht von der Hand zu weisen. Gerade den genossenschaftlich verwalteten Banken kam

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„Ohne Genossenschaften wäre diese wirtschaftliche Entwicklung nicht möglich gewesen“ Paul Gasser

in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Kapital für die Bauern und Unternehmer zu. Auch Stefan Perini vom Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer bestätigt die von Gasser vermittelte Einschätzung: „Wir als Wifo haben dazu zwar nie eine Studie gemacht, aber ich denke schon, dass das Genossenschaftswesen einen starken Einfluss auf die Südtiroler Wirtschaft ausgeübt hat und immer noch ausübt. Ohne Zweifel hat es zu dessen Entwicklung beigetragen.“ DEMOKRATISCH. Eine Genossenschaft ist

eine grundlegend demokratische Gesellschaftsform. Anstatt der Gewichtung nach Anteilen gilt: Jedes Mitglied hat eine Stimme. Auch der Zweck einer Genossenschaft

entspricht dem demokratischen Ansatz, nämlich „den Mitgliedern Güter, Dienstleistungen un Arbeitsmöglichkeiten zu vorteilhafteren Bedingungen als die auf dem Markt üblichen zu beschaffen“, wie es auf der Homepage des Amtes für Innovation, Forschung, Entwicklung und Genossenschaften heißt. Den Beginn der Genossenschaften verorten Historiker bereits im Mittelalter. Damals schlossen sich Menschen zu einer Gemeinschaft zusammen, um etwa Deiche zu bauen, oder sie regelten so die gemeinsame Nutzung der Weiden. Den Startschuss für das moderne Genossenschaftswesen gab der Schotte Robert Owen, der 1799 in seiner Baumwollspinnerei menschengerechtere Arbeitszeiten und -methoden einführte. Bald folgten Baumwollspinnerei-Arbeiter seinem Beispiel und gründeten die erste Arbeitergenossenschaft. Im deutschen Sprachraum gelten vor allem Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch als Begründer der Genossenschaftsidee. Gegenwärtig gibt es in Südtirol 922 Genossenschaften. Davon sind 110 landwirtschaftliche Anlieferungs- und Zuchtgenossenschaften, vier Landarbeitergenossenschaften, eine landwirtschaftliche Genossenschaft, zwölf Konsumgenossenschaften, 136 Produktions- und

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

RANG

UMSATZ 2010 IN MIO. €

UMSATZGEWINN ZUWACHS IN MIO. € 2009/10

UMSATZRENDITE 2010

EIGENKAPITAL IN MIO. €

CASHFLOW IN MIO. €

PERSONALKOSTEN IN MIO. €

PERSONALKOSTENQUOTE 2010

ENTRICHTETE STEUERN IN MIO. €

Italien*, Bozen 1. Hogast (Sonstige Genossenschaft)

214,6

11,25%

0,0

-0,02%

1,6

0,41

1,4

0,66%

0,1

VI.P, Latsch 2. (Obstgenossenschaft)

210,3

12,68%

0,0

0,00%

4,9

0,92

3,2

1,54%

0,2

Bozen 3. Milkon**, (Sennerei)

196,1

n. e.

-1,7

-0,86%

53,3

n. e.

18,8

9,60%

0,6

VOG, Terlan 4. (Obstgenossenschaft)

150,0

8,80%

0,0

0,01%

7,4

0,57

2,5

1,66%

0,1

77,7

-1,45%

0,6

0,72%

23,1

1,72

10,2

13,18%

0,4

Products, Leifers 6. VOG (Obstgenossenschaft)

67,5

39,64%

0,7

1,01%

24,2

4,30

5,2

7,73%

0,2

Milchhof Brixen*, Brixen 7. (Sennerei)

66,6

5,60%

0,2

0,23%

16,1

2,92

5,9

8,90%

0,1

Milchhof Sterzing, Sterzing 8. (Sennerei)

63,5

1,22%

0,2

0,39%

15,7

3,11

5,1

7,96%

0,1

Bozen 9. Mila, (Sennerei)

52,3

7,23%

0,0

0,00%

30,7

0,07

0,3

0,63%

0,0

Latsch 10. Mivo-Ortler, (Obstgenossenschaft)

52,0

16,10%

0,2

0,42%

30,4

3,19

4,4

8,41%

0,1

Bozen 11. C.L.E.*, (Sonstige Genossenschaft)

51,3

52,64%

0,5

1,06%

12,5

0,94

3,2

6,34%

0,1

Bruneck, Bruneck 12. Milchhof (Sennerei)

49,4

9,20%

0,0

0,00%

20,2

0,08

0,6

1,13%

0,0

Südtirol*, Bozen 13. Raiffeisenverband (Sonstige Genossenschaft)

44,7

0,13%

-0,9

-2,03%

49,2

5,45

23,1

51,70%

1,4

Plose Union, Brixen 14. (Sonstige Genossenschaft)

44,2

9,42%

0,0

0,05%

0,2

0,02

0,0

0,00%

0,0

Schlanders 15. GEOS, (Obstgenossenschaft)

43,1

6,91%

0,0

0,02%

24,6

2,07

3,5

8,07%

0,1

Naturns 16. Texel, (Sonstige Genossenschaft)

41,6

38,69%

0,1

0,32%

22,8

2,55

3,5

8,53%

0,1

Meran, Meran 17. Milchhof (Sennerei)

41,0

-0,83%

0,1

0,12%

3,8

1,68

5,1

12,49%

0,1

Kastelbell-Tschars 18. Juval, (Obstgenossenschaft)

35,7

12,77%

0,0

0,10%

19,6

1,80

2,9

7,99%

0,1

Consorzio CTM – Altromercato, Bozen 19. (Sonstige Genossenschaft)

34,4

10,42%

0,8

2,40%

10,5

1,22

3,5

10,21%

0,4

ALPE, Laas 20. (Sonstige Genossenschaft)

32,8

15,21%

0,4

1,20%

16,4

1,50

2,6

7,96%

0,1

COFRUM, Marling 21. Obstgenossenschaft (Obstgenossenschaft)

30,4 -10,94%

0,0

0,01%

15,6

1,74

3,5

11,63%

0,1

CAFA, Meran 22. Obstgenossenschaft (Obstgenossenschaft)

29,2 -12,77%

0,1

0,39%

12,1

2,10

3,1

10,52%

0,1

Margreid 23. Kurmark-Unifrut, (Obstgenossenschaft)

28,6

7,04%

0,0

0,12%

13,7

1,56

3,4

11,84%

0,1

Consorzio DKV Euro Service, Bozen 24. (Sonstige Genossenschaft)

28,5

0,86%

-0,2

-0,67%

0,5

-0,03

0,0

0,00%

0,0

Lanafruit – Pomus Lanafrucht Ogol, Lana 25. (Obstgenossenschaft)

26,4 -18,64%

0,1

0,21%

16,9

1,62

3,4

13,00%

0,1

EGMA, Kaltern 26. Obstgenossenschaft (Obstgenossenschaft)

24,6

-0,31%

0,0

0,15%

10,1

2,18

2,7

11,11%

0,1

Zwölfmalgreien, Bozen 27. Obstgenossenschaft (Obstgenossenschaft)

23,2

-7,02%

0,1

0,40%

11,0

0,86

2,5

10,82%

0,1

Cooperativa Frutticoltori, Terlan 28. FRUBONA (Obstgenossenschaft)

22,6

1,36%

0,1

0,34%

13,3

1,14

2,3

10,18%

0,0

Überetsch, Frangart 29. Fruchthof (Obstgenossenschaft)

22,6

2,71%

0,1

0,51%

12,0

1,84

2,9

13,00%

0,1

Obstgenossenschaft Melix Brixen, Vahrn 30. (Obstgenossenschaft)

19,4

-17,43%

0,1

0,43%

9,4

1,45

2,4

12,22%

0,1

5.

Quelle: Wifo

FIRMENBEZEICHNUNG

Landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Südtirol, Bozen (Sonstige Genossenschaft)

*konsolidiert | **konsolidiert, keine Daten für 2009 | n. e.: nicht errechenbar

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

1.

Foto: Hogast

Die Hogast ist die umsatzstärkste Genossenschaft Südtirols und hat 586 Mitglieder aus Hotellerie und Gastronomie

Hogast Italien SONSTIGE GEN., BOZEN

▶ Umsatz: 214,6 Millionen ▶ Personalkosten: 1,4 Millionen Die Hogast ist die umsatzstärkste Genossenschaft Südtirols, doch Geschäftsführer Markus Widmann möchte eigentlich nicht darüber reden. „Wir sind eine etwas atypische Genossenschaft, unser Focus ist ausschließlich auf unsere Mitglieder gerichtet, deshalb sind wir auch nicht besonders interessiert, uns mittels gezielter Marketingaktionen der großen Öffentlichkeit zu präsentieren.“ Die Geschichte der Hogast Italien ist jedenfalls eine Erfolgsgeschichte. Die 1989 gegründete Genossenschaft konnte ihre Mitgliederzahl kontinuierlich steigern, obwohl die Aufnahmegebühr mittlerweile 15.000 Euro beträgt. Den aktuellen Mitgliederstand gibt Widmann mit 586 an. Entsprechend der

22

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Vergrößerung des Mitgliederstammes stieg auch der Umsatz von Jahr zu Jahr. 2010 belief sich dieser auf 214,6 Millionen Euro. Das bedeutet im Vergleich mit dem Jahr davor einen Umsatzzuwachs von 11,25 Prozent. Die Mitglieder der Hogast kommen nicht nur in den Genuss vergünstigter Produkte, sondern werden auch in Sachen Zahlungsverkehr von der Genossenschaft entlastet. Die Hogast kümmert sich vor allem um die Bezahlung der Ware oder Dienstleistung. Dies ist auch für den Lieferanten von Vorteil, der pünktlich seine Rechnungen beglichen bekommt. Markus Widmann leitet die Genossenschaft seit deren Gründung und ist von der Genossenschaftsidee überzeugter den je: „Die für ihre Mitglieder nutzenorientierten Genossenschaften sehe ich als Gegenpol zur gewinnorientierten Gesellschaft. Bei uns stehen definitiv die Genossenschaftsmitglieder und ihre Wünsche im Mit-

telpunkt, ihnen wollen wir so viel Vorteile bieten wie möglich“, so der drahtige Manager. Was Sache ist, verkündet die Hogast auch auf ihrer Homepage: „Unser Kerngeschäft ist es, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass unsere Mitglieder finanzielle, zeitliche und informative Vorteile erzielen.“ Die Unterstützung der Hogast für ihre Mitglieder reicht von der Beschaffung von Lebensmitteln und Getränken über Versicherungen, Energie und Kreditkarten bis hin zur Vermittlung von Finanzierung und Qualitätskontrolle. Die Hogast Italien hat einen achtköpfigen Verwaltungsrat, dessen Präsident zur Zeit der Grödner Hotelier Oswald Demetz ist. Die Mitgliederzahl der Genossenschaft soll auch in Zukunft noch wachsen. Geschäftsführer Markus Widmann: „Wir peilen eine Mitgliederstärke von 600 an. Danach werden wir weiterse(PAS) hen.“

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

MODELL. Stefan Perini vom Wirtschafts-

forschungsinstitut der Handelskammer sieht im Genossenschaftswesen ein interessantes betriebswirtschaftliches Modell, das gerade in Krisenzeiten eine Alternative zu Kapitalgesellschaften bilden kann: „Genossenschaften wurden ja oft in Krisenzeiten gegründet, um Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Und heute scheint der Genossenschaftsgedanke mit seinem solidarischen Ansatz aktueller denn je“, so der Wirtschaftsfachmann. Auffällig sei, dass die Form der Genossenschaft in manchen Branchen stark vertreten ist und in anderen gar nicht. Perini: „In der Obstund Milchwirtschaft sind die meisten Produzenten genossenschaftlich organisiert, im Bankenwesen machen die Genossenschaftsbanken einen großen Teil aus.“ Im Bereich Handel hingegen gebe es in Südtirol im Gegensatz zum Trentino nur wenige Einkaufsgenossenschaften. Und die

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2.

Josef Wielander ist Direktor des Verbandes der Vinschger Produzenten für Obst und Gemüse (VI.P.)

Foto: VI.P.

Arbeitsgenossenschaften, 274 Dienstleistungs- und andere Genossenschaften, 145 Sozialgenossenschaften, 186 Wohnbaugenossenschaften, fünf Garantiegenossenschaften, 48 Raiffeisenkassen oder Kreditgenossenschaften und ein Genossenschaftskonsortium. Die meisten dieser Genossenschaften sind Mitglieder in einem der vier Genossenschaftsverbände, die es in Südtirol gibt. Neben dem Raiffeisenverband Südtirol sind das noch die Confcooperative Bozen, der Bund der Genossenschaften Südtirols und die Associazione Generale Cooperative Italiane (A.G.C.I.) Alto Adige – Südtirol. 109 der Südtiroler Genossenschaften gehören keinem Verband an. Die größte Einzelgenossenschaft bezogen auf die Mitgliederzahl ist die Südtiroler Volksbank mit 14.194 Mitgliedern, gefolgt von der landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaft mit 4.961 Mitgliedern und der Kon Coop mit 4.673 Mitgliedern. Fasst man allerdings die im Raiffeisenverband organisierten Raiffeisenkassen alle zusammen, kommen diese auf eine Gesamtmitgliederzahl von 50.851 Mitgliedern. Das bedeutet, dass jeder zehnte Südtiroler Mitglied einer Raiffeisenkassegenossenschaft ist. Die Genossenschaftsverbände übernehmen auch die alle zwei Jahre anfallende Revision. Genossenschaften, die keinem Verband angehören, müssen diese Revision ebenfalls von einem Verband durchführen lassen.

VI.P. OBSTGENOSSENSCHAFT, LATSCH

▶ Umsatz: 210,3 Mio. ▶ Personalkosten: 3,2 Mio. Der Verband der Vinschger Produzenten für Obst und Gemüse (VI.P.) ist eine Genossenschaft mit sieben Genossenschaften als Mitglieder. Im VI.P. vereint sind die Obstgenossenschaft Juval Kastelbell-Tschars-Staben, die Genossenschaft der Obsterzeuger Schlanders (GEOS), die Alpine landwirtschaftliche Genossenschaft mit Eigenverwertung (ALPE), TEXEL – landwirtschaftliche Gesellschaft, Erzeugergenossenschaft Martell (MEG), Obervinschgauer Produktionsgenossenschaft (OVEG) und die Obstgenossenschaft MIVOR. Jede der einzelnen Genossenschaften hat auch einen eigenen Geschäftsführer sowie einen Obmann und eine eigene Verwaltungsmannschaft. Insgesamt sind unter dem Dach der VI.P. 1.752 Obstproduzenten vereint, die neben Gemüse, Beeren und Marillen im Jahre 2010 ganze 314.360 Tonnen Äpfel aus herkömmlichem Anbau und 19.740 Tonnen Bioäpfel produ-

ziert haben. Von 2009 auf 2010 konnte die VI.P. einen Umsatzzuwachs von 12,68 Prozent vermelden. Für das laufende Jahr ist Direktor Josef Wielander ebenfalls zuversichtlich: „Zwar sind etwa 25 Prozent der Ernte vom Hagel betroffen, aber mengen- und qualitätsmäßig stehen wir gut da. So, wie es aussieht, haben wir heuer die in der Menge zweitgrößte Ernte unserer Geschichte eingebracht.“ Süße und Geschmack der geernteten Äpfel entsprächen dem, was sich Kunden heute wünschen, und so sehe man den nächsten Monaten mit Zuversicht entgegen: „Das Produkt passt, die Zeichen stehen auf positiv“, so Wielander. Größere Investitionen seien für die nähere Zukunft nicht geplant. Man beschränke sich vorerst einmal darauf, in Sachen Sortenoptimierung am Ball zu bleiben. „Die Geschmäcker und Wünsche der Kunden ändern sich heute sehr schnell“, erklärt der VI.P.-Direktor, „da muss man schauen, dass man den Anschluss nicht verliert. Deshalb versuchen wir unsere Sorten immer wieder zu ajournieren und trachten danach, keine ‚alten Hüte‘ im Sortiment zu haben.“ (PAS)

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

3.

Foto: Archiv

Robert Zampieri herrscht als Milkon-Geschäftsführer über eine Reihe von Gesellschaften

Milkon SENNEREI, BOZEN

▶ Umsatz: 196,1 Mio. Euro ▶ Personalkosten: 18,8 Mio. Euro Die Milkon ist die drittgrößte Genossenschaft des Landes und die größte landwirtschaftliche Genossenschaft Südtirols. Sie hat nur drei Mitglieder: die Genossenschaften Mila, Milchhof Bruneck (Senni) und Bergziegenmilch. Die Milkon wiederum steht an der Spitze einer ganzen Gruppe von Unternehmen. Zum einen ist die Milkon Südtirol zu 25 Prozent am Konsortium Stilfser Käse beteiligt, zum anderen gehört ihr zu hundert Prozent die Südtirol Milch GmbH. Diese wiederum ist hundertprozentige Eigentümerin der Stella Bianca AG in der Provinz Lodi. Der Südtirol Milch GmbH gehören außerdem jeweils 50 Prozent der Alpigusto GmbH, der Gastrofresh GmbH sowie der Wiga GmbH. Dazu kommen noch 58,93 Prozent der Minus GmbH. An der Spitze dieses – man darf es ruhig so nennen – Imperiums stehen Geschäftsführer Robert Zampieri und Obmann Joachim Reinalter. Wenngleich der gebürtige Boz-

ner Zampieri im Grunde eine ganze Reihe von Kapitalgesellschaften führt, so ist er doch vom Prinzip der Genossenschaft überzeugt: „Diesen Zusammenhalt, den es innerhalb einer Genossenschaft gibt, findet man in einer Kapitalgesellschaft nicht. Wenn es Probleme gibt, dann stehen die Mitglieder da wie ein Fels in der Brandung.“ Trotzdem gibt er offen zu, dass die Entscheidungsfindung in einer Kapitalgesellschaft oftmals leichter wäre. Für das Geschäftsjahr 2010 hat die Milkon das erste Mal eine konsolidierte Bilanz vorgelegt, deshalb gibt es auch keine Vergleichsdaten aus dem Jahre 2009. Nicht enthalten sind in dieser konsolidierten Bilanz der Milkon die Bilanzen der drei als Milkon-Genossenschafter fungierenden Genossenschaften Mila, Senni und Bergziegenmilch. Diese sind deshalb im Ranking eigens angeführt. Die 1997 gegründete Milkon zählt insgesamt 3.488 Einzelmitglieder und beschäftigt 385 Mitarbeiter. Zur Zeit wird das Angebotssortiment überarbeitet. Jetzt sei es vor allem einmal wichtig, die Abläufe zu optimieren, so Zampieri. (PAS)

Südtiroler Industriebranche komme vollkommen ohne aus. „Die Gründe für diese Konzentration von Genossenschaften in gewissen Sektoren hat wohl geschichtliche Gründe“, vermutet Stefan Perini. Grundsätzlich funktioniere die Gesellschaftsform einer Genossenschaft für jeden Bereich. So spielten Genossenschaften auch im Energiebereich in Südtirol eine wichtige Rolle. „Selbstverständlich muss eine Genossenschaft auch wirtschaftlich tragfähig sein“, unterstreicht Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes. Dass gerade in Krisenzeiten die Menschen Genossenschaften für sich selbst entdecken, bestätigt auch er: „Wir haben momentan großen Zuspruch.“ In Zukunft, vermutet Gasser, wird den Genossenschaften in Südtirol auch außerhalb der traditionellen Branchen, in denen sie tätig sind, eine wichtige Rolle zukommen: „Gerade im sozialen Bereich wird es in Zukunft verstärkt Genossenschaften geben“, so der Manager. „Etwa bei der Altersversorgung oder der Betreuung von Kindern werden solidarische Gemeinschaften immer wichtiger für die Versorgung.“ SOLIDE. Die Wirtschaftskraft der Raiff-

eisen-Organisationen wird seit zwei Jahren penibel in einer Veröffentlichung des Raiffeisenverbandes dargelegt. Demnach betrug die Wertschöpfung der RaiffeisenOrganisationen im Jahre 2009 ganze 500 Millionen Euro. Das sei eine Wertschöpfung von 2.500 Euro pro Haushalt in Südtirol, so das Kompendium. Dabei repräsentieren die Raiffeisen-Organisationen nur 37 Prozent der Genossenschaften in Südtirol. Die von allen Genossenschaften in Südtirol generierte Wertschöpfung ist also um einiges größer. Immerhin verzeichnet die umsatzstärkste Genossenschaft Südtirols, Hogast, einen Umsatz von 214,6 Millionen Euro, die VI.P. im Vinschgau 210,3 und die Milkon 196,1. Summen, die verwaltet werden müssen. Von Obmännern, Geschäftsführern und Verwaltungsräten. So kritisiert dann auch so manches Genossenschaftsmitglied den aufgeblähten Apparat, den sich einige Solidargemeinschaften leisten. Eine Kritik, die der Wirtschaftswissenschaftler Stefan Perini vom Wifo durchaus nachvollziehen kann: „Es ist wichtig, dass auch Genossenschaften kostensensi◀ bel und kosteneffizient agieren.“ PETER SEEBACHER

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PR-INFO

KRISENFEST

Die Gesellschaftsform Genossenschaft hat seit ihrer Erfindung nichts von ihrer Aktualität verloren. Im Gegenteil, das Konzept einer gemeinschaftlich geführten Gesellschaft scheint wieder im Aufwind.

Foto: Alberti-BZ

Landesrat Roberto Bizzo ist für die Abteilung Innovation, Forschung, Entwicklung und Genossenschaften verantwortlich

D

as Genossenschaftswesen spielt seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle in der Südtiroler Wirtschaft. Die Entscheidung, eine Genossenschaft zu gründen, ist maßgeblich davon bestimmt, dass es, verglichen mit der Gründung eines Unternehmens in einer anderen Gesellschaftsform, einfacher und weniger kostspielig ist, wirtschaftlich selbständig zu werden. Genossenschaften haben eine wichtige soziale Funktion. Den eigenen Mitgliedern sollen Güter, Dienstleistungen und Arbeitsmöglichkeiten zu vorteilhafteren Bedingungen als auf dem restlichen Markt geboten werden. In einer Genossenschaft sind die Mitglieder aktiv an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt, wodurch es keine Unterscheidung zwischen Inhaber/innen und Mitarbeiter/innen gibt. Während die ersten Genossenschaften im Agrarsektor aus dem Bedürfnis der Bauern entstanden, bei der Ernte selbst sowie bei der anschließenden Verarbeitung und Vermarktung der Produkte zusammenzuarbeiten, entstanden im Laufe der Zeit zusätzlich Kreditgenossenschaften, Konsumgenossenschaften und in den letzten Jahrzehnten Wohnbau-, Dienstleistungs-, Arbeits- und Sozialgenossenschaften. Zum Stichtag 31.12.2010 gab es in Südtirol insgesamt 924 Genossenschaften, welche in den verschiedensten Bereichen tätig sind.

„Gerade in den Monaten der Wirtschaftskrise hat sich gezeigt, dass die Genossenschaften die an sie gestellten Herausforderungen meistern können.“ Das Landesamt für die Entwicklung des Genossenschaftswesens bietet Genossenschaften, die ihre Tätigkeit in Südtirol ausüben, Unterstützung in verschiedenster Form. Genossenschaften jeglicher Art und in den unterschiedlichsten „Lebensphasen“ können Beratungsleistungen zu einer Vielzahl von Themen in Anspruch nehmen und sich über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten informieren. Ein wichtiger Bereich des genannten Amtes ist die Gewährung von Förderungen, die ausschließlich den Genossenschaften vorbehalten sind. So können Genossenschaften beispielsweise um Beihilfen für Gründungskosten oder für die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitglieder ansuchen. Weiters unterstützt das Landesamt für die Entwicklung des Genossenschaftswe-

sens alljährlich verschiedenste Projekte und Initiativen. So wurde beispielsweise 2011 auf Initiative des Amtes der Ratgeber „Die Genossenschaft und ihre Finanzierung“ herausgegeben. Dieser zweisprachige Ratgeber soll kleinen Genossenschaften, aber auch anderen kleinen Unternehmen dazu dienen, den Zugang zum Bankkredit zu erleichtern. Er wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am 13. April 2011 von Landesrat Roberto Bizzo vorgestellt. Auch wurde im Frühjahr dieses Jahres ein vom Landesamt für die Entwicklung des Genossenschaftswesens in Zusammenarbeit mit den Genossenschaftsverbänden (Confcooperative, Associazione generale cooperative italiane, Lega CoopBund und Raiffeisenverband Südtirol) organisierter Lehrgang für Führungskräfte von Genossenschaften erfolgreich abgeschlossen. Den 14 Absolventinnen und Absolventen des Lehrgangs überreichte der Landesrat Roberto Bizzo am 9. Juni 2011 ihre Diplome. Außerdem hat das Landesamt in Zusammenarbeit mit der Sozialgenossenschaft „Federsolidarietà“ im Rahmen des Projektes „Coopcup“ 19 Jugendlichen die Möglichkeit geboten, im Laufe dieses Sommers einen Einblick in die Tätigkeit von sieben Südtiroler Sozialgenossenschaften zu erhalten. Das Projekt ermöglichte den Jugendlichen, nach einer theoretischen Einführung in die Welt der Genossenschaften, für mehrere Wochen in die praktische Arbeit im Sozialbereich hineinzuschnuppern. Durch diese und viele andere in der Vergangenheit bereits realisierten und für die Zukunft geplanten Initiativen, wurden und werden die Gründung sowie die Weiterentwicklung und Begleitung von Genossenschaften durch das Landesamt für die Entwicklung des Genossenschaftswesens auf ❧ sehr wirksame Weise gefördert.

infobox

Ressort für Innovation und Genossenschaftswesen Raiffeisenstr. 5 39100 Bozen Tel. 0471 413795 / 413731 www.provinz.bz.it/innovation

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Die 10 größten

Genossenschaften nach Cashflow Gemessen an den Top-Kapitalgesellschaften in Südtirol ist der Cashflow der Südtiroler Genossenschaften relativ niedrig. Trotzdem: Die Top Ten der Genossenschaften könnten auch in der Top 300Rangliste der Unternehmen durchaus bestehen.

M

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RANG RANG NACH TOP 30 CASHFLOW

1. 2. 3.

Quelle: Südtirol Panorama

achen wir die Probe aufs Exempel: Wo würde der Erste der Genossenschafts-Cashflow-Rangliste in der Liste der Südtiroler Unternehmen mit dem höchsten Cashflow landen? Auch wenn der Raiffeisenverband keine zweistelligen Cashflow-Millionen aufweisen kann: Der 44. Rang in der Liste der cashflow-stärksten Unternehmen wäre allemal drin. Damit würde der Dachverband der Raiffeisengenossenschaften so manches bekannte Südtiroler Unternehmen auf die Plätze verweisen. Die zweite Genossenschaft auf der „kleinen“ Rangliste, die VOG Products mit Sitz in Leifers, würde immerhin noch auf dem 51. Platz in der Liste der Top 300, bezogen auf den Cashflow, landen und die MivoOrtler (MIVOR) aus Latsch würde Platz 71 belegen. Sogar die auf dieser Liste letztgereihte Genossenschaft, der Fruchthof Überetsch, käme auf der großen Liste der Top-Cashflower immerhin noch auf Platz 110. Diese Zahlen zeigen, dass die Genossenschaften in vielen Bereichen den Vergleich mit Kapitalgesellschaften nicht zu scheuen brauchen. Welche ist dann die bessere Organisationsform für einen Marktteilnehmer? Sind die Genossenschaften den Kapitalgesellschaften gar überlegen? Oder ist es etwa umgekehrt?

FIRMENBEZEICHNUNG

13. Raiffeisenverband Südtirol, Bozen 6. VOG Products, Leifers

8. Milchhof Sterzing, Sterzing

5.

7. Milchhof Brixen, Brixen

5,45 4,30

10. Mivo-Ortler, Latsch

4.

CASHFLOW IN MIO. €

3,19 3,11 2,92

6.

16. Texel, Naturns

2,55

7.

26. Obstgenossenschaft EGMA, Kaltern

2,18

8.

22. Obstgenossenschaft CAFA, Meran

2,10

9.

15. GEOS, Schlanders

2,07

29. Fruchthof Überetsch, Frangart

1,84

10.

Auch für Genossenschaften ist die Bilanzkennzahl wichtig. Angeführt wird die Liste der „Cashflow-Kings“ vom Raiffeisenverband Südtirol, gefolgt von der VOG Products. An 10. Stelle platziert sich noch der Fruchthof Überetsch

Grundsätzlich, so Stefan Perini vom Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer, gebe es für Genossenschaften keine Branche, die sie nicht beackern könnten. Dass Genossenschaften auch in dem für diese Organisationsform etwas atypischen Bereich funktionieren, beweist etwa die in Berlin erscheinende Tageszeitung taz, die seit 1992 als Genossenschaft funktioniert. Der Vorteil einer Genossenschaft liegt auf der Hand: Sie arbeitet zum Wohle aller Mitglieder. Eine Gewinnabsicht ist per Definition nicht vorhanden,

sondern „die Abdeckung der Bedürfnisse der Mitglieder“, wie es in einer Broschüre des Amtes für die Entwicklung des Genossenschaftswesens heißt. SOLIDARITÄT. Dieses solidarische Mo-

ment der Genossenschaften scheint in Zeiten wie diesen aktueller denn je, wie auch die in Genossenschaften tätigen Manager immer wieder betonen. Gewinnmaximierung als einziges Ziel hat in den Augen der Öffentlichkeit in den vergangenen drei Jahren an Attraktivität verloren.

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

1.

„Wenn es Probleme gibt, stehen die Mitglieder da wie ein Fels in der Brandung“

Eine Renaissance des solidarischen Gedankens scheint sich anzubahnen, wie auch das Auftauchen der GemeinwohlÖkonomie-Bewegung zeigt (siehe Interview ab S. 8). PRÄGEND. Südtirol ist nicht nur wirt-

schaftlich, sondern auch gesellschaftlich von der Kultur des Genossenschaftswesens geprägt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die insgesamt 922 Genossenschaften in Südtirol an die 160.000 Mitglieder haben. Auch wenn diese Zahl ein wenig mit Vorsicht zu genießen ist, da Personen, die bei mehreren Genossenschaften sind, nicht herausgerechnet sind, bleibt dies eine beeindruckende Zahl. Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes, bestätigt, dass Südtirol in Sachen Genossenschaften stärker organisiert ist als etwa Italien oder die umliegenden Länder wie Österreich oder Deutschland: „Diese Dichte an Solidargemeinschaften gibt es dort sicher nicht. Da ragt Südtirol schon ein wenig heraus.“ Dass sich so mancher Manager, der an der Spitze einer Genossenschaft steht, manchmal schnellere Entscheidungswege wünscht, weist auf die Nachteile dieser Organisationsform hin. Demokratie bedeutet eben eine Entscheidungsfindung, die manchmal länger dauert. In einer sich immer schneller drehenden Wirtschaftswelt nicht unbedingt immer ein Vorteil. Robert Zampieri, Geschäftsführer der Milkon, weiß den großen Vorteil der Genossenschaften trotzdem zu schätzen: „Wenn es Probleme gibt, dann stehen die Mitglieder da wie ein Fels in der Brandung.“ ◀

Foto: Alexander Alber

Robert Zampieri

Paul Gasser: Seit 1992 bei Raiffeisen tätig und seit 2009 Generaldirektor des Raiffeisenverbandes

Raiffeisenverband SONSTIGE GEN., BOZEN

▶ Umsatz: 44,7 Mio. ▶ Cashflow: 5,45 Der Raiffeisenverband ist die Dachorganisation aller Genossenschaften in Südtirol, die nach den Richtlinien von Friedrich Wilhelm Raiffeisen gegründet wurden. In diesem Verband sind 366 Körper- und Genossenschaften vereint, welche eine Reihe von Branchen abdecken. Vertreten sind sowohl Raiffeisen-, Obst- und Milchgenossenschaften als auch Kellerei-, Wohn-, Sozial- und Konsumgenossenschaften. Der Südtiroler Gemeindeverband ist ebenfalls Mitglied des Raiffeisenverbandes. Die Anzahl der Einzelmitglieder der im Raiffeisenverband zusammengeschlossenen Genossenschaften beläuft sich auf 119.563 (Stand 31.12.2010). Das bedeutet, dass über ein Fünftel der Südtiroler Bevölkerung in einer zum Raiffeisenverband gehörenden Genossenschaft organisiert ist. Geleitet wird der Verband seit Jänner 2009 von Paul Gasser. Der Raiffeisenverband weist von allen Top 30 der Genossenschaften

mit 5,45 Mio. Euro den höchsten Cashflow auf. Auch das Eigenkapital von 49,2 Mio. Euro zeigt, dass der Verband solide dasteht. Befremdlich ist aber der Verlust von rund 900.000 Euro, den die Bilanz zeigt. Entstanden sei dieser Verlust „aufgrund von Rückstellungen für künftige Wertschwankungen, beziehungsweise Finanzgeschäften mit Beteiligungen.“ Auffällig neben dieser Minus-Zahl sind auch die hohen Personalkosten von 23,1 Mio. Euro und die daraus resultierende Personalkostenquote von 51,7 Prozent. Neben der wirtschaftlichen Bilanz soll ab dem laufenden Jahr auch eine Sozialbilanz erstellt werden. Damit sollen die sozialen Leistungen und die soziale Verantwortung des Verbandes quantitativ und qualitativ dokumentiert werden. In den kommenden Jahren möchte Paul Gasser die Beratungs- und Unterstützungsaktivität des Verbandes für seine Mitglieder weiter ausbauen. Zur wissenschaftlichen Untersuchung des Phänomens Genossenschaftswesen gibt es bereits eine Zusammenarbeit mit der Universität Bozen und der Universität Inns(PAS) bruck.

PETER SEEBACHER

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PR-INFO

MODERNES ZEITMANAGEMENT IN EINER BESCHLEUNIGTEN WELT „Life-Leadership“ oder der Weg zur Work-Life-Balance mit Bestsellerautor und Coach Lothar Seiwert in Meran.

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uropas führender und bekanntester Experte für das neue Zeit- und Selbstmanagement, Lothar Seiwert, kommt zu einem hochaktuellen Seminar nach Meran. Mit seinen Vorträgen, Seminaren und Büchern trifft er bei Millionen Menschen voll ins Schwarze. Leistung, Wettbewerbsdruck, neue Medien und Multitasking erhöhen die Geschwindigkeit im Alltag. Frauen und Männer auf allen Ebenen der Karriereleiter stehen vor der Herausforderung, die vier Lebensbereiche Arbeit/Leistung, Körper/Gesundheit, Familie/Soziales und Sinn/Kultur in Balance zu bringen. Lothar Seiwert bezeichnet diese balancierte, selbstbestimmte Lebenshaltung als „Life-Leadership“. Modernes Zeitmanagement hat sich zum Lebensmanagement weiterentwickelt. „Es ist nicht damit getan, Posteingänge nach Prioritäten zu sortieren und ein Zeitplanbuch zu führen, vielmehr müssen Sie in erster Linie bewusst herausfinden, was Ihnen persönlich wert ist, getan zu werden“, unterstreicht der preisgekrönte Autor und ausgezeichnete Rhetoriker. Fast eine halbe Million Besucher haben bis heute seine Seminare und Vorträge in Europa, Asien und den USA besucht. Lothar Seiwert zeigt auf: Das Geschwindigkeitsrad dreht sich immer schneller. Jeder will alles

Jetzt buchen! Seminar, für alle offen: „Life-Leadership – Das neue Zeitmanagement in einer beschleunigten Welt“ Referent: Prof. Lothar Seiwert/Heidelberg Termin: Dienstag, 20. März 2012, 9-14 Uhr Ort: Raiffeisensaal im KiMM in Meran Veranstalter: KiMM – kultur in meran mais, in Kooperation mit Wifi und weiteren Partnern Tickets: 350 € + MwSt. (inklusive Seminarunterlagen und Mittagsbuffet)

Vorverkaufspreis: 290 € + MwSt. bis zum 31.01.2012; ab 3 Personen für Gruppen/Firmen/Organisationen: je 250€ + MwSt. Anmeldung: info@kimm-meran.it oder www.kimm-meran.it

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Der Bestsellerautor und Keynote-Speaker kommt ins KiMM. Lothar Seiwert aus Heidelberg kann auf über vier Millionen verkaufte Bücher verweisen, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, z. B. „Simplify your Life“, „Bären-Strategie“, „Wenn du es eilig hast, gehe langsam“, u. v. a.

sofort, am liebsten schon vorgestern. Der Irrglaube, dass wir, wenn wir unser Aktionstempo beschleunigen, letztendlich auch alles erreichen können, führt zur sog. „Hetzkrankheit“ und immer häufiger zu Burnout. Einige Unternehmen steuern bereits gegen, mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Fitnessangeboten, firmeneigener Kinderbetreuung etc. Dennoch, für den Großteil von Führungskräften und führenden Mitarbeitern ist der Stresspegel in den letzten Jahren um ein Vielfaches gestiegen. Work-Live-Balance: warum der Ausgleich zwischen Beruf und Privatem immer wichtiger wird. Die Unternehmen, die die Lebens-Balance ihrer Mitarbeiter fördern, tun das nicht aus Nächstenliebe, sondern im Bewusstsein, dass nur zufriedene, gesunde und ausgeglichene Menschen dauerhaft Höchstleistungen erbringen können. Egal auf welcher Ebene der Karriere man oder frau sich befindet – ob bereits auf dem Chefstuhl sitzend, noch studierend oder als Familienmanagerin – das Work-Life-Balancing mit Lothar Seiwert gibt effiziente Werkzeuge, Strategien und Tipps zur Hand.

Das Ziel: Balance zwischen Effizienz und Bewusstsein! Wer seinen Körper täglich hintergeht, der muss sich nicht wundern, wenn dieser eines Tages streikt. Wer die Menschen, die ihm wirklich wichtig sind, ständig auf später vertröstet, der setzt seine Beziehungen aufs Spiel. Selbstausbeutung um jeden Preis ist also keine Garantie für Lebensglück. Life-Leadership bedeutet, diesen zwanghaften Lebensstil durch eine Balance zwischen den einzelnen Lebensbereichen und Geschwindigkeiten auszugleichen, um die eigene Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu ❧ verbessern.

infobox

KiMM – kultur in meran mais Pfarrgasse 2 I-39012 Meran Tel. 0473 49 15 01 info@kimm-meran.it www.kimm-meran.it


PR-INFO

EINE TRADITIONSGENOSSENSCHAFT AUF ERFOLGSKURS Der Milchhof Sterzing ist seiner Tradition und der Natürlichkeit seiner Produkte verpflichtet. Und ist damit erfolgreich. Der genossenschaftlich organisierte Betrieb kann in Sachen Joghurt sogar den Großen der Branche Paroli bieten. Der Milchhof Sterzing ist von viel Natur umgeben. Auf Natürlichkeit wird auch bei den Produkten Wert gelegt

D

ie über 125 Jahre lange Geschichte des Milchhofs Sterzing hat im eigentlichen Sinne nicht erst mit der Gründung der Genossenschaft begonnen, sondern mit der landwirtschaftlichen Kultur des Wipptales, die schon seit Jahrhunderten besteht. Das raue Klima und die zum Teil extremen Höhenlagen ließen keine andere Bewirtschaftung zu als jene der Milchwirtschaft. 1884 wurde der Milchhof Sterzing als Genossenschaft gegründet, um die Milch der Bauern einer gemeinsamen Verarbeitung zuzuführen. Die Umsicht und der Weitblick einiger Sterzinger Bürger führte zur Gründung der „Dampfmolkerei-Genossenschaft“. Dies war der Startschuss für eine professionelle Weiterentwicklung der Milchsammlung und der Milchverarbeitung sowie des Milchvertriebes. Das Unternehmen heute. 439 Genossenschaftsmitglieder liefern jährlich ca. 46 Mio. Liter Milch. Der angelieferte Rohstoff Milch wird zu 42 Tonnen Joghurt verarbeitet, das sind täglich über 1 Million produzierte Becher Joghurt. Die Produkte der Marke „Sterzinger Joghurt“ befinden sich im Spitzenfeld des italienischen Marktes und fürchten auch die Konkurrenz internationaler Joghurtriesen nicht.

hohe Qualität. Sie zeugen vom Respekt für die Arbeit der Bauern.

Unverfälschte Natürlichkeit und Tradition. Höchste Qualität und unverfälschte Produkte sind Markenzeichen des Milchhofs Sterzing. Täglich werden von den Mitgliedshöfen rund um Sterzing 130.000 Liter frische Milch angeliefert. Der Großteil der Milch wird zu Joghurt verarbeitet. Die Joghurtproduktion ist neben der Butter-, Milch- und Sahneproduktion das Hauptgeschäftsfeld, in dem der Milchhof Sterzing tätig ist. Der Milchhof Sterzing ist stolz auf seine genossenschaftliche Tradition und strebt danach, auch zukünftig den Genossenschaftsgedanken im Unternehmen hochzuhalten und zu leben. Die Produkte spiegeln die Werte wider, die den Milchhof Sterzing von seinen Mitbewerbern unterscheiden. Unverfälschte, frische Produkte, die ohne Zugabe künstlicher Farbstoffe und ohne Gentechnik erzeugt werden, bürgen für

Frische und Innovation. Der Milchhof Sterzing ist bestrebt, in all seinen Unternehmensabläufen und Produkten Innovation, Kreativität und somit Fortschritt umzusetzen. Nur so ist es möglich, den Anforderungen des Marktes proaktiv zu begegnen und das hohe Qualitätsniveau zu halten. In diesem Jahr wurde besonders stark am „Outfit“ des Sterzinger Joghurts, sprich am Joghurtbecher, an der Verpackung, gearbeitet. Denn die Konsumenten bewerten nicht nur den Geschmack, sondern auch das Äußere. Daher wurde die 500-Gramm-Linie aufgefrischt und moderner gestaltet. Das beste Joghurt präsen❧ tiert sich jetzt im neuen Kleid.

infobox

Milchhof Sterzing Jaufenpass-Straße 108 39049 Sterzing Tel. 0472 764155 info@milchhof-sterzing.it www.milchhof-sterzing.it

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Die 10 größten

Genossenschaften nach Rendite Genauso wie bei Kapitalgesellschaften ist die Umsatzrendite auch für Genossenschaften eine wichtige Kennzahl, anhand der die Rentabilität abgelesen werden kann. Auch in diesem Bereich zeigen sich die Genossenschaften durchaus konkurrenzfähig.

E

30

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RANG N. UMSATZRENDITE

Quelle: Südtirol Panorama

s entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass gerade in der Rangliste der rentabelsten Genossenschaften jene die Nase vorne hat, die sich dem fairen Handel verschrieben hat. Fair Trade kann also durchaus rentabel sein. Wo würde sich die rentabelste Genossenschaft Südtirols nun im Reigen der rentabelsten Südtiroler Unternehmen einordnen? Nun, ein Platz unter den ersten Hundert wäre wohl sicher, genauer gesagt würde sich das Consorzio CTM – Altromercato mit Rechtssitz in Bozen und Verwaltungssitz in Verona auf Platz 66 einreihen. Die zweite Genossenschaft in diesem kleinen Ranking, die Alpe aus Laas, würde es mit einer Umsatzrendite von 1,2 Prozent immerhin noch auf Platz 168 schaffen, und die drittgereihte C.L.E. aus Bozen würde mit dem 182. Rang immer noch unter den Top 200 der renditenstärksten Unternehmen Südtirols aufscheinen. Zugegeben, diese Art von Bilanzzahlen sind für Genossenschaften etwas weniger relevant als für Kapitalgesellschaften, wie Karlheinz Weger vom Raiffeisenverband zu bedenken gibt: „Wirklich relevant für eine Genossenschaft sind nicht Bilanzzahlen wie Gewinn, Cashflow oder Rendite, sondern – zum Beispiel bei einer Obst- oder Milchgenossenschaft – der

RANG TOP 30

FIRMENBEZEICHNUNG

UMSATZRENDITE 2010

1.

19. Consorzio CTM – Altromercato, Bozen

2,40 %

2.

20. ALPE, Laas

1,20 %

3.

11. C.L.E., Bozen

1,06 %

4.

6. VOG Products, Leifers

1,01 %

5.

5. Landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Südtirol, Bozen

0,72 %

6.

29. Fruchthof Überetsch, Frangart

0,51 %

7.

30. Obstgenossenschaft Melix Brixen, Vahrn

0,43 %

8.

10. Mivo-Ortler, Latsch

0,42 %

9.

27. Obstgenossenschaft Zwölfmalgreien, Bozen

0,40 %

22. Obstgenossenschaft CAFA, Meran

0,39 %

10.

Das Consorzio CTM – Altromercato, das sich über zwanzig Jahre dem fairen Handel verschrieben hat, setzt sich mit einer Umsatzrendite von 2,4 Prozent an die Spitze der rentabelsten Genossenschaften des Landes

Auszahlungspreis für die Genossenschafter.“ Schließlich bestehe der Gewinn für Genossenschaftsmitglieder in dem über dem marktüblichen liegenden, ausbezahlten Preis für die gelieferte Ware. SOLIDE. Trotzdem zahlt es sich aus, die

Daten der Genossenschaften auf der Rangliste zu vergleichen. Und sei es nur um des Vergleichens willen. Das Consorzio CTM Altromercato hat neben der Umsatzrendite auch andere recht solide Bilanzdaten aufzuweisen.

Neben einem Cashflow von 1,22 Millionen Euro zeigt die CTM-Bilanz für das Jahr 2010 einen Gewinn von rund 800.000 Euro auf. Gewinne bei Genossenschaften entstehen, wenn die Genossenschaft mit einer Tätigkeit Geld erwirtschaftet, die nicht im eigentlichen Zweck enthalten ist. Deshalb dürfen diese Gewinne auch nicht an die Mitglieder ausbezahlt werden. Auffällig ist, dass auf der Liste der renditenstärksten Genossenschaften nicht unbedingt die umsatzstärksten vorne lie-

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

1.

„Der Gewinn für Genossenschaftsmitglieder besteht im erhöhten Auszahlungspreis“

gen, sondern eher jene aus dem hinteren Drittel des Gesamtrankings. Mit dem Fruchthof Überetsch aus Frangart und der Obstgenossenschaft Melix mit Sitz in Brixen finden sich gar die letzten des großen Rankings in dieser Liste. Der Fruchthof Überetsch kann bei einem 2010 erreichten Umsatz von 22,6 Millionen Euro auf einen Umsatzzuwachs von 2,71 Prozent verweisen. Die weiteren Bilanzdaten der Genossenschaft aus Frangart, die von 451 Mitgliedern getragen wird, sind ebenfalls im grünen Bereich. Nur die Personalkosten von 2,9 Mio. Euro, die in einer Personalkostenquote von 13 Prozent resultieren, scheinen ein wenig hoch. Generell sehen einige der Genossenschaften anscheinend kein Problem in einer hohen Personalkostenquote. Bezogen auf diese würden nämlich ganze acht Genossenschaften des Rankings unter den Top 30 Unternehmen Südtirols mit den höchsten Personalkosten aufscheinen. RÜCKGANG. Mehrere der in der Ranglis-

te vertretenen Genossenschaften mussten 2010 Umsatzeinbußen hinnehmen. Allen voran die Lanafruit – Pomus Lanafrucht Ogol mit Sitz in Lana, die einen Umsatzrückgang von 18,64 Prozent zu verkraften hatte. Auch die Bilanz der Eisacktaler Obstgenossenschaft Melix weist für 2010 einen Verlust von 17,43 Prozent auf. Mit einem Eigenkapital in zweistelliger Millionenhöhe sind allerdings beide Genossenschaften für die Zukunft gut gewappnet. Erfreulich beim Betrachten der Bilanzzahlen der Top-30-Genossenschaften ist die Tatsache, dass mit dem Consorzio DKV Euro Service nur eine einen nega◀ tiven Cashflow bilanziert.

Foto: CTM Altromercato

Karlheinz Weger

Präsident des Consorzio CTM Altromercato ist seit November 2010 Guido Vittorio Leoni

Consorzio CTM SONSTIGE GEN., BOZEN

▶ Umsatz: 34,4 Mio ▶ Umsatzrendite: 2,4 Prozent CTM Altromercato ist eine weitere Genossenschaft, die starken Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft ausgeübt hat und noch immer ausübt. Gegründet in Südtirol ist CTM in ganz Italien tätig und hat Geschäftsbeziehungen zu Bauern und Herstellern in vielen der Entwicklungsländer. Die Genossenschaft wurde 1988 von Rudi Dalvai, Heini Grandi und Antonio Vaccaro in Bozen mit dem Ziel gegründet, den Produzenten in den Entwicklungsländern einen fairen Preis für ihre Produkte zu zahlen und so die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern zu unterstützen. Das mit drei Beschäftigten – den Gründern – und sechs Partnergeschäften gestartete Projekt kann heute als wahre alternative Erfolgsgeschichte gesehen werden. Die 125 Genossenschafter der CTM versorgen 350 italienweit verteilte Geschäfte mit fair gehandelter Ware, die sie von 150 Organisationen in 40 Ländern beziehen. Die Produktpalette reicht da-

bei von Lebensmitteln über Handwerksartikel bis hin zu Bekleidung und seit neuestem auch Schuhe. Ein Zeichen dafür, dass diese anfänglich und abwertend als „alternativ“ bezeichneten Produkte heute von der Mitte der Gesellschaft akzeptiert werden, ist die Tatsache, dass auch große Supermarktketten CTM-Artikel in ihren Regalen stehen haben. Die ehemals nur in „Weltläden“ erhältlichen Waren haben dieses Ghetto verlassen und werden heute auch in Restaurants, Mensas und Bars verarbeitet und angeboten. Dementsprechend sind auch die Bilanzzahlen der Genossenschaft. Von 2009 auf 2010 konnte der Umsatz um 10,42 Prozent auf 34,4 Millionen gesteigert werden. Mit diesem Umsatz würde das Consorzio CTM auf der Rangliste der Top-300-Unternehmen Südtirols auf Platz 101 landen. Keine schlechte Entwicklung für ein Projekt, das am Anfang von Vielen belächelt wurde. Der Rechtssitz der Genossenschaft befindet sich weiterhin in Bozen, der Verwaltungssitz hingegen in Verona. Präsident von CTM Altromercato ist seit November 2010 Guido Vit(PAS) torio Leoni.

PETER SEEBACHER

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IDEEN UMSETZEN

Immer mehr Geschäftsideen werden über eine Genossenschaft verwirklicht. Die Anlaufstelle für Genossenschaftsgründung StartUP im Raiffeisenverband Südtirol steht mit Rat und Tat zur Seite.

A

Geschäftsmodell Genossenschaft. StartUP unterstützt Genossenschaften bei der Gründung in betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Fragen. Eine Genossenschaft ermöglicht es, Ideen zu verwirklichen, die ein Einzelner nicht umsetzen könnte. „Gerade in Zeiten der Krise und des Umbruchs erfährt dieses Geschäftsmodell neuen Zulauf“, sagt Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes. Wöchentlich wenden sich Personen- und Interessensgruppen mit vielfältigen Geschäftsideen an die Anlaufstelle – von der Führung von Sportanlagen, Altersheimen oder Mensabetrieben, dem gemeinsamen Catering, der Arbeitsintegration bis hin zur Kooperation von Landwirten oder Rebschulen. Mitgliederförderung im Mittelpunkt. StartUP prüft die rechtlichen Voraussetzungen einer Geschäftsidee, um sie in einer Genossenschaft umzusetzen. „Anders als bei einer AG oder GmbH stehen bei der Genossenschaft nicht das Kapital und die Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern die wirtschaftliche Förderung und die gegenseitige Unterstützung der Mitglieder“, sagt Karl Heinz Weger von der Anlaufstelle StartUP. Ziel der Genossenschaft ist es, ihre Tätigkeit zu Gunsten der Mitglieder auszuüben und deren Lebensbedingungen zu verbessern. „Wir bieten unseren Mitgliedern ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und leisten einen gesellschaftlichen Beitrag, damit die kleinen Dörfer und Fraktionen lebendig bleiben“, sagt Josef Unterrainer, Obmann der Nahversorgungsgenossenschaft „NaveS“, die im vergangenen September ihr erstes Gemischtwarengeschäft in Vahrn eröffnet hat und weitere Filialen plant.

Foto: Raiffeisen/Weissenegger

m Anfang stand eine Idee: kleine existenzbedrohte Dorfläden in ein Filialnetz einzubinden, um die Nahversorgung auf dem Land zu sichern. Diesem Ziel hat sich die neue Nahversorgungsgenossenschaft Südtirol „NaveS“ verschrieben, deren Gründung von der Anlaufstelle StartUP im Raiffeisenverband Südtirol begleitet wurde.

Die Nahversorgung in den kleinen Dörfern und Fraktionen sichern – eine von vielen genossenschaftlichen Ideen, die erfolgreich umgesetzt wurde

Von der Idee zum Konzept. Sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung einer Genossenschaft gegeben, prüft StartUP, ob eine Geschäftsidee auch wirtschaftlich tragfähig ist. StartUP hilft bei der Erstellung eines Unternehmenskonzeptes, erhebt die Chancen am Markt und prüft mit einem Businessplan, ob die Genossenschaft nachhaltig existenz- und entwicklungsfähig ist. Erscheint die Geschäftsidee tragfähig, koordiniert StartUP die Erarbeitung des Genossenschaftsstatuts, in dem unter anderem festgehalten wird, welche Tätigkeiten die Genossenschaft ausübt und wie sie der Mitgliederförderung gerecht wird. Der Raiffeisenverband begleitet Genossenschaften auch über die Gründungsphase hin-

aus mit Dienstleistungen – von der Steuererklärung, Buchhaltung und Lohnauswertung bis ❧ zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung.

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StartUP Anlaufstelle für Genossenschaftsgründung Raiffeisenhaus Raiffeisenstraße 2 39100 Bozen Tel.: 0471 945 296 www.raiffeisenverband.it

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GELD & FINANZEN

„Südtirol hat eine hohe Widerstandskraft“ Peter Schedl, Generaldirektor der Südtiroler Sparkasse, über die Auswirkungen der Schuldenkrise auf Südtirol, darüber, dass er eigentlich ganz froh ist, dass die Nachfrage nach Krediten zur Zeit nicht besonders hoch ist und warum er so manche aktuelle politische Diskussion für obsolet hält. SÜDTIROL PANORAMA: Europa hat sich zu einem Ausbau des Rettungsschirmes entschlossen. Das Schlimmste ist jetzt erst einmal abgewendet. Und nun? PETER SCHEDL: Es ging vor allem dar-

um, die Finanzmärkte zu beruhigen, denn da kam der Druck ja in erster Linie her. Das große Thema sind natürlich die Staatsschulden, ein Thema, das einfach zu lange vernachlässigt wurde. Das Problem ist jetzt, dass, um die Krise in den Griff zu kriegen, die Politiker sehr unpopuläre Entscheidungen treffen müssen. Und das ist in einer Demokratie mit ihren Wahlzyklen schwierig. Es führt aber kein Weg an wirkungsvollen Maßnahmen vorbei. Diese Entscheidungen werden sich dann in den Geldbeuteln vieler Leute bemerkbar machen. Das betrifft auch die kommenden Generationen. Die aktuelle Protestbewegung ist meiner Meinung nach auch in diesem Zusammenhang zu sehen. Zwar ist da viel Populismus dabei, aber auch ein „Wir wollen nicht später eure Zeche zahlen.“ Laut einer Umfrage sehen acht von zehn Italienern schwarz für die Zukunft. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?

Na ja, schwarz sehe ich nicht, aber ich sehe schon, dass schwere Zeiten auf uns zukommen. Allerdings ist es momentan auch ein bisschen Mode, alles schlecht zu reden. Man muß sich jetzt eben noch mehr anstrengen. Schauen Sie, während der letzten Finanzkrise hat man auch gedacht, die Welt würde untergehen. Jetzt, zwei Jahre später, legt beispielsweise Deutschland ein Wachstum hin, das sich niemand erwartet hatte.

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„Europa steht an einer wichtigen Wegmarkierung. Das ist jetzt eine Art Stresstest“ Peter Schedl

Für Italien hingegen ist eingetreten, was viele erwartet haben ...

Verschuldung wird erst durch Wachstum tragfähig. Wenn das allerdings wegfällt, wie es in den letzten beiden Jahren gerade in Italien passiert ist, dann schauen die Finanzmärkte genauer hin. Der Markt fragt sich dann: Kann dieser Staat eigentlich dauerhaft seine Schulden zurückzahlen? Und welche Maßnahmen sind hier geplant? Und wenn dieser Staat dann keine glaubwürdigen Vertrauensmaßnahmen präsentieren kann – und diese Krise ist ja eine Vertrauenskrise – dann schießen sich die Spekulanten auf dieses Land ein. Wie sollte die Politik in dieser Phase reagieren?

Die Politik sollte versuchen, wieder Vertrauen in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit herzustellen – nicht nur durch Lippenbekenntnisse, sondern durch konkrete Maßnahmen. Der Schutzschild ist hierzu ein erster Schritt. Aber auch strukturelle Reformen müssen angegangen werden. Zum Beispiel das Thema Altersversorgung: Das ist in dieser Form nicht mehr finanzierbar. Da muss unbedingt nachgebessert werden. Für

das Thema Gesundheitsvorsorge gilt das Gleiche. Das Konstrukt Europa, in dem es einfach noch zu viele unterschiedlichen Interessen der Länder gibt, macht das koordinierte Reagieren auf die Krise und den Beschluss zukünftiger Konzepte allerdings schwierig. Sind Sie für die Übertragung von nationalen Kompetenzen der Finanz- und Wirtschaftspolitik an die EU?

Europa steht meines Erachtens an einer ganz wichtigen Wegmarkierung. Die gegenwärtige Situation ist eine Art Stresstest für Europa, den es auch aushalten wird. Aushalten muss, weil das Alternativszenario eines Europa ohne Euro meiner Meinung nach in jeder Hinsicht schlechter wäre. Ich hoffe, dass dies jetzt ein heilsamer Schock für Europa und seine Regierungen war und dass man sich sagt: In so eine Situation wollen wir nicht mehr kommen, wir müssen Vorkehrungen treffen. Es gibt für mich eigentlich nur einen möglichen Schritt, und das ist ein Mehr an Europa. Vonnöten wäre eine abgestimmtere Finanzund Wirtschaftspolitik. Europa hat es ja jetzt schon immer schwerer, sich in der Welt zu behaupten. Nur wenn Europa einheitlich auftritt, kann es gegen die Konkurrenz aus den USA und Asien bestehen. Im Strudel der Schulden- und Finanzkrise wurden auch das Rating von Südtirol und das Ihrer Bank herabgestuft. Italiens Schuld?

Nun, da muss man schon aufpassen. Wird da etwas missbraucht für lokalpolitische Öfen, die man befeuern will? Ich finde es jedenfalls nicht besonders stark, wenn in einer Phase, in der Italien schwach ist, Themen wie komplette Fi-

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GELD & FINANZEN

Foto: Alexander Alber

Der Generaldirektor der Sparkasse sieht der Zukunft relativ entspannt entgegen. Auch wenn Peter Schedl eine zukünftige Inflation nicht ausschließen mag

nanzautonomie oder gar Loslösung von Italien auf den Tisch kommen. Das sind sehr ernste Themen mit weitreichenden Folgen und deshalb sollten sie gut vorbereitet angegangen werden. Ich glaube auch nicht, dass der politische Wille ernsthaft da ist, diese Dinge anzugehen. Und deshalb sollte man das auch nicht immer wieder auf den Tisch knallen.

die Bank schuld. Es ist ja gerade Mode, auf die Banken und Banker draufzuhauen. Aber wenn ich mir überlege, wie gewissenhaft alle Lokalbanken in Südtirol arbeiten, wie sie auch weiterhin noch Kredite vergeben, wo man oft auch sagen könnte, nein, das lohnt sich eigentlich nicht, dann trifft das einfach nicht zu.

Noch mal zur Herabstufung Südtirols und der Südtiroler Banken durch die Ratingagenturen: Welche konkreten Auswirkungen hat das?

Ist der böse Banker, der schuld an der Krise ist, nur ein Märchen?

Nun, das hat für die Banken ziemlich direkte Folgen. Werden wir als Bank herabgestuft, dann wird für uns das Geld, das wir uns auf den Finanzmärkten beschaffen müssen, teuerer. Die Folge sind höhere Zinsen für die Kreditnehmer. In den Augen der Leute ist dann oftmals

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(Lacht) Die meisten Banker, die ich kenne, sind ganz normale, anständige Menschen, die auch ein Gewissen haben – so wie in jedem anderen Bereich auch. Klar, es gibt auch ein paar, die sind ein wenig grenzwertig unterwegs. Die sitzen aber sicherlich nicht hier in Südtirol – und oft auch nicht mal in einer Bank, sondern etwa bei großen Hedge-

fonds. Und diese Investoren bringen das Geld natürlich dorthin, wo es unter den Gesichtspunkten Risiko und mögliche Rendite am besten ausschaut. Da gibt es keine Emotionen, da geht es einfach um Mathematik. Und wenn wir ganz ehrlich sind, machen wir das mit unserem eigenen Geld doch auch alle ein bisschen so. Insofern mag ich es nicht so besonders, wenn für alles immer sofort ein Schuldiger gesucht wird, damit man sich selbst weniger schuldig fühlt. Merken Sie und Ihre Bank, dass jetzt ein kühlerer Wind bläst?

Die Leute sind schon deutlich kritischer als vorher und schauen sich genau an, was wir machen. Und das ist ja auch gut so. Aber im Moment gefällt mir eher die Rolle der Politik nicht besonders, die es geschafft hat, ihre eigenen

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KOMMENTAR VON THOMAS AMONN

Es brennt Die Eurozone brennt, und ihre politische Führer sind nach wie vor nicht auf der Höhe der Situation. Die Erholungsrallye der Finanzmärkte, welche auf die Einigung der 17 Eurozonen-Regierungschefs in den Morgenstunden des 27. Oktober folgte, wich schon wenige Tage später einer erneuten Panikstimmung. Das zurzeit wichtigste Krisenbarometer – der Zinsabstand zwischen 10-jährigen Staatsanleihen aus Deutschland und Italien – verzeichnete neue Ausschläge von weit über 4 %. Während deutsche Bundesanleihen mit 2 % rentieren, sind es im Fall der italienischen BTP über 6 %. Damit züngelt die Feuerbrunst weiterhin am Sprengstoffdepot, das die gesamte Konstruktion der Eurozone in die Luft jagen könnte: Sollten die Renditen am Sekundärmarkt in Richtung 7 % oder darüber anspringen, könnte Italien sehr schnell von einer Liquiditätsin eine Solvenzkrise schlittern. Die positive Ausgangslage, dass es Rom gelungen ist, trotz Wirtschafts- und Finanzkrise einen leichten primären Budgetüberschuss (Budgetsaldo vor Zinsen) zu erzielen, würde schnell verpuffen. Die Rechnung ist schnell gemacht: Bei einer Staatsschuld in Höhe von 120 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bedeutet eine Verzinsung von durchschnittlich 5 % einen jährlichen Aufwand von 6 % des BIP. Das sind mehr als die Summe von 0-1 % Primärsaldo, 2-3 % Inflation und 1 % reales Wirtschaftswachstum – die Staatsschuld im Verhältnis zum BIP würde also trotz Sparpakete zunehmen. Sicherlich, es gibt einen Zeitpuffer, weil die durchschnittliche Laufzeit der italienischen Staatspapiere 7 Jahre beträgt, und die ausstehenden Titel mit niedrigeren Kupons ausgestattet sind. Damit liegt der Zinsaufwand noch unter 5 % vom BIP, aber nicht mehr lange: Jedes Jahr muss Rom ein Fünftel der auslaufenden Titel durch neue, höher verzinste Emissionen ersetzen. Die Staatsschuld Italiens ist zu groß, um von der restlichen Eurozone aufgefangen zu werden. Die Beschlüsse vom 25. Oktober – ein Schuldenschnitt Griechenlands, der offiziell keiner ist, und eine Umwidmung des Rettungsfonds EFSF in ein Versicherungs- und Kofinanzierungsvehikel – sind komplex, zeitaufwendig und im Detail völlig unklar. Was es braucht, ist eine umfassende Lösung unter Einbezug der EZB: Der EFSF muss zu einer Bank werden, die sich über die EZB refinanziert und unbeschränkt Staatsanleihen der EurozonenMitglieder aufkaufen kann. Als Bedingung dafür müsste der EFSF verstärkte Sanierungsanstrengungen verlangen – im Fall Italiens, einen höheren Primärsaldo, wie 1998, als Italien der Eurozone beitrat.

Versäumnisse in der Schuldenthematik auf die Banken abzuwälzen. Vor drei Jahren war es ja sicherlich richtig, die Schuld an der Krise den Banken zu geben. Diesmal sind die Banken aber die Leidtragenden der unzureichend getroffenen Vorkehrungen der Politik und der Staatsverschuldung. Wenn Sie, wie vorhin angedeutet, die Kreditzinsen erhöhen, wird es mit den Sympathiepunkten weiterhin bergab gehen.

Das ist in der Tat zu befürchten, aber wenn wir es nicht tun und uns damit selbst schwächen, wird das mittelfristig noch weniger Freude auslösen. Wir als Sparkasse versuchen, eine gesunde Balance zwischen Stabilität und Rentabilität zu halten. Da müssen wir einfach wieder auf ein gutes Gleichgewicht kommen. So, dass das soziale und wirtschaftliche Umfeld sagt: Es ist ok, dass die Geld verdienen, denn das ist auch Ausdruck einer Stabilität. Im Moment sind wir schon auch zuweilen Getriebene des Marktes, das gebe ich gerne zu. Unser Gestaltungsspielraum hat sich in den letzten Jahren eingeengt. Bis vor drei Jahren war Banking relativ einfach, das hat sich nach der Krise 2008 signifikant geändert. Heute ist es echt anspruchsvoll – die deutlich höreren aufsichtsrechtlichen Anforderungen sind hier nur eine Facette. Aber für mich ist das auch eine Herausforderung: Jetzt zeigt sich, wer’s kann. Wie hart wird die aktuelle Krise Südtirol treffen?

Die Krise wird auch auf Südtirol Auswirkungen haben, denn das Land ist nicht losgelöst vom Rest der Welt. Aber eines muss man schon feststellen: Es gibt in Europa wenige Ecken, wo zu sein es zur Zeit vorteilhafter wäre als in Südtirol. Wer hier über Missstände klagt – das muss man einmal sagen – tut es auf hohem Niveau. Auch verglichen mit Europa. Die Frage ist, ob das auch in Zukunft so bleiben wird?

Ich glaube schon. Südtirol hat eine wahnsinnige Widerstandskraft und auch den Kampfgeist, das Zusammengehörigkeitsgefühl, das man ja oft den Amerikanern nachsagt. In diesem Fall ist diese Geschlossenheit und innere

Verflechtung, die weiß Gott oft auch negative Auswirkungen hat, meiner Meinung nach schon ein Vorteil. Das hält zusammen, und hier kämpft man für das, was man sich erarbeitet hat. Das gibt mir die Zuversicht, dass Südtirol diese Krise gut überstehen wird. Wenn man sich so bei Unternehmern umhört, hat man den Eindruck, dass zur Zeit Investitionen eher aufgeschoben werden.

Ja, ganz klar. Nachfrage besteht eher nach Liquidität, weniger nach Investitionsmitteln. Das ist uns als Bank im Moment nicht ganz unrecht, weil wir uns weniger Mittel auf dem Finanzmarkt besorgen müssen. Anderseits ist es für die Wirtschaft im Lande überhaupt nicht gut, das ist klar. Denn die Investition, die ich heute nicht tätige, die fehlt mir in zwei, drei Jahren. Aber da muss jeder Unternehmer wissen, wie gut und sicher er dasteht und was er seinem Betrieb zumuten kann. Klar ist: Die, die stark sind und sich jetzt erlauben können zu investieren, werden gestärkt aus dieser Krise herauskommen. Sehen Sie die Gefahr einer Inflation?

Ja, das ist eigentlich verblüffend, denn darüber spricht niemand wirklich. Vor einem Jahr ist das Thema mal ein bisschen hochgeköchelt, aber danach war es wieder vorbei. Dabei denke ich, dass das eine reelle Gefahr ist. Dauerhaft niedrige Zinsen, das heißt viel „billiges“ Geld, sind auf Dauer einfach Gift für die Preisstabilität. Das heißt, die Zinsen werden wieder steigen, und dann wird es für Unternehmen ganz schwierig, die nicht liquide sind. Hat Südtirols Wirtschaft ein Strukturproblem?

Ja und nein, dieses Kleinteilige der Wirtschaft war bisher immer ein Vorteil für Südtirol. Natürlich sind die großen Südtiroler Unternehmen, die ja auch international tätig sind, ein tolles Aushängeschild. Die vielen Mittel- und Kleinbetriebe sind meiner Meinung nach aber das eigentliche Rückgrat der Südtiroler Wirtschaft. Und darauf sollte man sich auch besonders konzentrieren. Auf der Effizienzseite gibt es hier aber sicherlich noch vielfach großes ◀ Potential. PETER SEEBACHER

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GELD & FINANZEN

KOLUMNE

Euro-Gipfel: zaghafte Ansätze, viel Kosmetik Es ist geschafft! So könnte man nach dem Euro-Gipfel versucht sein, aufzuatmen. Aber leider verbergen sich hinter den zunächst einmal positiven Ansätzen wieder etliche faule Kompromisse.

MAX OTTE ist Professor für Allgemeine und Internationale Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms und Professor für Unternehmensanalyse und -diagnose an der Karl-FranzensUniversität Graz.

RENDITEN ZEHNJÄHRIGER ITALIENISCHER STAATSANLEIHEN IN PROZENT 6,2 6,0 5,8 5,6 5,4 5,2 5,0 4,8 01.08.2011

13.10.2011

DIE BANKEN sollen mehr Eigenkapital aufbauen und dafür auf Dividenden und Boni verzichten. Der 50-prozentige Schuldenschnitt ist eine Mogelpackung. Es ist eben kein Schuldenschnitt, sondern ein freiwilliges Umtauschangebot. Nur die 200 Milliarden der über 350 Milliarden griechischen Staatsanleihen, die sich in den Händen „privater Gläubiger“ befinden, sollen um 50 Prozent reduziert werden. Zudem muss und soll dies freiwillig geschehen. Sie werden in 100 Milliarden neue Schulden umgetauscht, die dann vom ESFS mit 30 Milliarden besichert werden. Nicht einbezogen sind die griechischen Anleihen, die bei der EZB liegen (und irgendwann wertberichtigt werden müssen) sowie die vielen Milliarden an Kontokorrentkrediten, die die EZB Griechenland bereitgestellt hat. Der Rettungsfonds soll auf eine Billion Euro gehebelt werden. Augenwischerei ist, dass das Risiko der Nordländer nicht steigen soll: zwar wird die Haftungssumme beschränkt bleiben, aber wenn nur der riskante Teil der Anleihen versichert wird, ist dann die Versicherungssumme viel schneller weg. Meine Prognose, dass sich die Politik weiter so durchwursteln wird, hat sich bestätigt. Neben zaghaften Ansätzen zu sinnvollen Maßnahmen wird weiter kräftig an der Schuldenspirale gedreht. Die Märkte allerdings freut diese weitere Aufblähung der Liquidität, denn sie kann eigentlich mittelfristig nur in die Inflation führen. Für Sachvermögen wie Aktien kann das nur positiv sein. Der DAX machte mit einem Plus von über 5 Prozent geradezu einen Luftsprung. Commerzbank 16,49 Prozent, Deutsche Bank 15,35 Prozent, RWE 7,03 Prozent.

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In Italien: Mediaset mehr als 8,8 Prozent, Eni: 4,2 Prozent. Es zeigt sich wieder einmal, dass Sie „drin“ sein müssen, um in den Genuss der Renditen des Marktes zu kommen. Einen anderen Weg kenne ich nicht. Im Übrigen steigen auch die Zinsen für Italien wieder. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass das Land als nächstes ins Visier der Finanzmärkte kommen wird. Darüber gibt es schon eine Regierungskrise. Das wäre dann die dritte Krise nach Portugal und der Slowakei. Ich habe an dieser Stelle bereits geschrieben, dass ich das teilweise für einen inszenierten Währungskrieg halte: Italien steht in vielen Bereichen deutlich besser da als die USA und hat doch ein viel schlechteres Rating. Den Akteuren in der Wall Street kann es nur recht sein, wenn die Europäer sich selbst zerfleischen. Durch schrittweise Herabstufungen können die Ratingagenturen die Zinsen Italiens immer höher treiben und die Politik vor sich hertreiben. Sogar Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben Silvio Berlusconi ins Gebet genommen. Solange wir allerdings keine europäischen Ratingagenturen haben, werden wir das Spiel mitspielen müssen. Ich kann nur hoffen, dass die europäischen Politiker aufwachen und dem Spiel der außereuropäischen Akteure eine große europäische Lösung entgegensetzen werden. Die Zeit wäre dafür reif.

Wir lesen uns! Ihr Prof. Dr. Max Otte

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Foto: stock.xchng/DoortenJ

KARRIERE

Kampf dem Affenzirkus Als Chef erledigen Sie Dinge, die Mitarbeiter auf Ihrem Schreibtisch abgeladen haben? Dann könnte es sein, dass in Ihrem Laden eine Affenbande regiert! J. R. Edlund zeigt in seinem Buch „Monkey Management“, wie Sie als Manager in weniger Zeit mehr erreichen.

M

orgens der Erste im Büro, Abends machen Sie als Letzter das Licht aus und dennoch werden Sie das Gefühl nicht los, nichts Ernsthaftes geschafft zu haben? Ihre Management-Aufgaben erledigen Sie am Wochenende, weil wochentags ständig jemand in Ihrer Tür

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steht und eine „Chef-Entscheidung“ fordert? Oder Sie erhalten von ihren Mitarbeitern mehr als 20 E-Mails am Tag – oft mit ellenlangen Anhängen? Wenn Sie weder ein Kontrollfreak, noch Email-süchtig sind, sind Sie wahrscheinlich Opfer von sogenanntem Monkey Business. Das be-

deutet: Mitarbeiter delegieren Ihre Monkeys (= Probleme und Aufgaben) mit allerlei Tricks an den Chef zurück. Wenn Sie dann noch von sich glauben, als Retter dastehen zu müssen oder durch Ihren schieren Arbeitseinsatz eine Vorbildfunktion auszuüben, könnte schon bald die „Mon-

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KARRIERE key-Falle“ zuschnappen: Sie haben keine Zeit, das Monkey Business aus der Welt zu schaffen, weil diese mit Monkey Business ausgefüllt ist! Also nichts wie raus aus dem Affenkäfig – Monkey Management in acht Stufen. 1. MONKEYS ABBLOCKEN. Schmeißen

Sie ab heute jeden Mitarbeiter aus dem Büro, der kurz vor Feierabend mit dem Satz „WIR haben hier ein Problem!“ in ihrem Türrahmen steht. Ersetzen Sie die hübsche Blonde in Ihrem Vorzimmer mit einem Drachen, der nichts und niemanden in ihr Allerheiligstes lässt. Fordern Sie für jedes „Chef-das-sollten Sie-sich-ansehen“ eine schriftliche Anfrage und die Vereinbarung eines Gesprächstermins. Halten Sie ab heute höchstens zweimal pro Woche eine Sprechstunde.

„Nach spätestens fünf Jahren hat jeder Chef die Mitarbeiter, die er verdient!“

4. DEFINIEREN SIE SPIELREGELN. Es

gibt keine Wir-Probleme – entweder hat sie der Mitarbeiter oder Sie als Chef, oder es ist das Problem von Herrn XY in der Abteilung Z. Der Affe darf nur auf Ihren Tisch, wenn sein Träger gut vorbereitet ist und Ihre Zeit nicht verschwendet. Und natürlich nimmt er sein Vieh am Ende des Gesprächs wieder mit. Sie werden sich

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kür und Egomanie terrorisiert, darf sich nicht wundern, wenn jede noch so kleine Entscheidung aus purer Angst, Fehler zu machen, rückdelegiert wird. Sie haben keine „unfähigen Mitarbeiter“, Sie haben sie so erzogen.

Fehler, nur wer alles den Chef machen lässt, macht keine. Geben Sie jedem Mitarbeiter seine ganz persönliche Zusatzaufgabe, die es in sich hat, und loben Sie ihn, wenn er schließlich damit klarkommt. Tippen Sie mal „Kaizen“ in eine Suchmaschine. Ab heute wird das Vorbringen eines Problems ohne dazugehörige Lösungsidee, mit 5 Euro in die Abteilungskasse geahndet. 7. AFFEN VOM OBERBOSS BEKOMMEN? „Monkey Management – Wie Manager in weniger Zeit mehr erreichen“, von J. R. Edlung, MV-Verlag, 49,90 €

eine Notiz machen und zu einem späteren Zeitpunkt nachfragen, welche Fortschritte gemacht wurden. Ob das Problem nach unten weiterdelegiert wird, kann Ihnen wurscht sein, verantwortlich Ihnen gegen-

3. WEGDELEGIEREN – ABER WIE? Ha-

ben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie Arbeit von Ihrem Schreibtisch auf den Ihrer Mitarbeiter packen. Den jeweiligen Affen geben Sie an den zurück, der dafür zuständig ist und der außerdem kann und will und zusätzlich auch den nötigen Reifegrad hat: An junge Motivierte müssen andere Aufgaben delegiert werden als an Routiniers (+ 40).

5. VERMEIDEN SIE „ERLERNTE HILFLOSIGKEIT“. Wer seine Mitarbeiter mit Will-

6. SELBSTVERANTWORTLICHE MITARBEITER AUFBAUEN. Wer arbeitet, macht

2. COACHEN SIE DEN AFFEN WEG. Sie

werden zum Lösungspartner anstatt das Problem selbst anzugehen. Widerstehen Sie dem jahrelang antrainierten Reflex, sofort für alles eine Lösung parat haben zu müssen – ihr Mitarbeiter hat jahrelang trainiert, für alle Lösungen des Chefs stets neue Probleme zu finden. Stellen Sie Fragen anstatt Antworten zu geben! Wer fragt, führt und regt zum Denken an. Motivieren Sie ihre Mitarbeiter wie der Trainer eines Hochleistungssportlers: Nicht Sie müssen die hundert Meter unter neun Sekunden laufen, aber Sie wissen, wie das zu schaffen ist. Stellen Sie sich der Tatsache, dass Ihre Erfolge als Manager nur über die Erfolge anderer zu erzielen sind.

über ist immer der, der den Monkey auf Ihrem Schreibtisch abladen wollte.

Nicht alles Gute kommt von oben. Lernen Sie, Nein zu sagen! Respekt verschafft man sich nicht nur mit zusätzlichen Überstunden, wenn mal wieder der „fähigste Manager“ mit zusätzlichen Aufgaben eingedeckt wird, sondern auch mit einem höflichen „Nein“, wenn Sie bereits Oberkante Unterlippe sind. Vermeiden Sie unbedingt den „Verheizungs-Monkey“. Vor allem wenn Sie Aufgaben erhalten, die Sie unmöglich erfüllen können, wie z. B. Kosten senken und gleichzeitig Wachstum generieren. 8. WIRKSAMKEIT STEIGERN. Ab sofort

Jan Roy Edlund In St. Gallen und Harvard ausgebildet, zählt Dr. Jan Roy Edlund, geboren 1966, zu den gefragtesten Top-Management-Trainern Europas. Seit Mitte der 90er-Jahre hat er mit über 35.000 Managern im Rahmen von Seminaren, Coachings und Beratungsprojekten gearbeitet. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen wie Coca-Cola, IBM, FIFA, Credite Suisse und Daimler. Edlund hat Lehrmandate in der Boston Business School, der Akademie Deutsche Telekom und der European Business School.

gilt: Friss den Frosch! Die großen Brocken und die unangenehmsten Arbeiten werden in morgendlicher Frische erledigt. Prüfen Sie, inwieweit Cc-E-Mails in Ihrer Firma nur dem Selbstmarketing der Absender dienen. Es gibt keinen noch so komplexen Sachverhalt, der sich nicht auf einer A4-Seite zusammenfassen lässt. Ein vollgestapelter, chaotischer Schreibtisch sollte Indiz dafür sein, dass Sie schlecht organisiert und noch schlechter im Wegdelegieren sind. PACKEN SIE DIE AFFEN BEIM SCHWANZ UND DENKEN SIE DARAN: Heute ist der

erste Tag vom Rest Ihrer Karriere. Aber geben Sie sich und Ihren Mitarbeitern drei bis sechs Monate Zeit für die Umstellung. ◀ ARIANE LÖBERT

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Privatbrennerei Unterthurner: Seit über einem halben Jahrhundert produziert das Unternehmen im Stammsitz in Marling und ist dabei immer auf der Höhe der Zeit – auch architektonisch

DER GEIST, DER AUS DER FLASCHE KOMMT Die Privatbrennerei Unterthurner kann auf über ein halbes Jahrhundert Erfahrung zurückblicken. Und überrascht trotz der Verbundenheit zur Familientradition mit neuen, innovativen Destillaten mit ungewöhnlichem Geschmack.

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ls Ignaz Unterthurner 1947 in Marling bei Meran seine Brennerei im altehrwürdigen Ansitz Priami gründete, hatte er die Vision, den Geist der Früchte, die in dieser milden und sonnenverwöhnten Region Südtirols reifen, für Genießer einzufangen und zu veredeln. Heute, Jahrzehnte später, umfasst die Produktpalette der Privatbrennerei Unterthurner über 40 erlesene Destillate. Vom traditionellen Treber oder Grappa aus den Trestern der Wein-

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trauben von Lagrein, Gewürztraminer oder Rosenmuskateller, über Quittenbrand, Vogelbeer-, Himbeer- und Holundergeist, Marillen- und Johannisbeerlikör bis zum Waldkräuterbitter bietet Unterthurner alles. Erfahrung sowie eine ausgereifte und beherzte Keller- und Brenntechnik sind das Erfolgsgeheimnis. Alle Früchte werden zum optimalen Reifezeitpunkt vergoren und diskontinuierlich in kupfernen Brennblasen unter dem wachsamen Auge des Brennmeisters destilliert.

Tradition Geschichte. Seit 1947 befindet sich die Privatbrennerei Unterthurner in Familienbesitz. Die Brennerei, anerkannt als eine der angesehensten Destillerien Südtirols, begann ihre Tätigkeit mit dem Brennen von den damals typischen Destillaten, wie Traubentrester, Williamsbirnen oder Wacholderbeeren. Anfang der Achtzigerjahre übernahm Alois Unterthurner, Sohn des Gründers Ignaz Unterthurner, die Betriebsführung. Auf dem Gebiet der Spezialitätenbrände hat die Privatbrennerei Un-


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terthurner seitdem Großes geleistet, vor allem durch die einmalige Kreation des Waldhimbeergeistes, dem „Waldler“. Diese Spezialität ist der absolute Liebling aller „Fruchtgenießer“. Auch die Verfeinerung des Grappa-Sortiments und die exklusive Destillation von Wildbeeren haben immer wieder neue Maßstäbe gesetzt. Zahlreiche Prämierungen bestätigen dies. Trotz der gestiegenen Nachfrage und der immer raffinierteren kellertechnischen Anforderungen ist es der Privatbrennerei Unterthurner gelungen, weiterhin im alten Firmensitz zu verbleiben. Nachdem Alois Unterthurner zusammen mit seiner Frau Christine über drei Jahrzehnte die

Die Privatbrennerei Unterthurner ist ein Familienbetrieb, der sich seit Generationen der Qualität seiner Produkte verpflichtet fühlt. Tradition und Moderne werden auf genussreiche Art verbunden

Schüttelbrot hochprozentig Einer der neuen Genüsse der Privatbrennerei Unterthurner ist das in Kürze erscheinende Schüttelbrotdestillat, das in einer Kooperation mit der Bio-Backstube Profanter – seit Jahrzehnten Spezialist in der Schüttelbrotherstellung – entstanden ist. Zwei Südtiroler Traditionsunternehmen bieten aus zwei typischen Südtiroler Traditionsprodukten wie Schüttelbrot und Brand ein neues, noch nie dagewesenes Genussmittel an. Das biologische Schüttelbrot der Backstube Profanter wird von der Privatbrennerei Unterthurner in Hochprozentiges verwandelt. Das Destillat besticht durch edle frische Noten von Kümmel, Anis und Fenchel, eingebettet in feine Hefe- und Alkoholnoten, die den Ursprung des Produkts aus dem Getreide bestätigen. Die Eleganz des Brandes wird dank Barrique-Ausbau durch warme, breite Holz- und Vanillenoten abgerundet. Im Trunk präsentiert sich das Destillat anfangs frisch, typisch nach Anis schmeckend, wird dann aber immer breiter und voll, fast süßlich, bis schließlich die angenehmen Holz-Vanillenoten den Genuss vervollkommnen. Dem Verkoster präsentieren sich viele einzigartige und neue Aromanoten. Lassen Sie sich von einer absoluten, stark traditionsverbundenen Rarität von zwei Traditionsunternehmen aus Südtirol überraschen.

Innovative Produkte setzen moderne Technik voraus, damit neue Ideen auch umgesetzt werden können. Die Privatbrennerei Unterthurner hat in den vergangenen Jahren viel in die Ausstattung der Brennerei investiert.

Geschicke der Firma leitete, übernahm vor wenigen Jahren Sohn Stephan, unterstützt von seiner Schwester Martina, Frau Renate und Kellermeister Martin Sölva, die Betriebsleitung. Mit einer neuen Familiengeneration an der Spitze sind Neuerungen und Modernisierungsmaßnahmen verbunden, besonders auf dem Brennsektor. Denn Tradition zu wahren heißt für Unterthurner auch, sich neuen technischen Möglichkeiten nicht gänzlich zu verschließen. Zahlreiche Innovationen im Brennsektor sind auf Kreativität und Ideenreichtum dieser Unternehmerfamilie zurückzuführen. Die „Selvaticus“-Wildbeerbrände sind ein schönes Beispiel für die schöpferische Innovation der Feinbrennerei Unterthurner. Unter dieser Bezeichnung finden Kunden besondere

„vergeistigte“ Raritäten wie den Sanddorn, die Wildschlehe, die Vogelbeere, die Preiselbeere und andere. Auch in Zukunft wird die Privatbrennerei Unterthurner allen Freunden edler Brände im❧ mer wieder neue Genüsse bieten.

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Privatbrennerei Unterthurner Anselm Pattis-Straße 14 39020 Marling Tel. 0473 44 71 86 info-dist@unterthurner.it www.unterthurner.it

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Foto: Ulrich Egger

Alles aus Südtirol: Das „Pur Südtirol“ im Meraner Kurhaus

Genuss mit Geschichte Regionalität ist das Gebot der Stunde. Das weckt auch in Südtirols Lebensmittelbranche neue Kreativität und eine Rückbesinnung auf Authentisches. Wie Genuss in kleinen Nischen neu interpretiert wird.

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üdtiroler Bärlauch-Fettucine, Vollkornkekse mit Vinschger Marille, handgeschöpfte Schokolade mit Schüttelbrot, Zirbelkiefer-Schnaps und Heukäse, reiner Gravensteiner-Bergapfelsaft oder Weirouge-Fruchaufstrich: Wer sich auf die Suche nach Südtiroler Genussprodukten macht, kommt an „Pur Südtirol“ nicht vorbei. 1.400 Produkte von 150 vorwiegend kleinen Südtiroler Lebensmittelproduzenten werden im Erdgeschoss des Meraner Kurhauses seit dem Frühjahr 2010 in trendig-schlichtem Ambiente angeboten. Präsentiert wird die Ware im „Ersten Südtiroler Genussmarkt“ in eigens designten Kisten aus Südtiroler

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Apfelholz. Die Einkaufswägen sind aus heimischem Weidenholz, das Obst- und Gemüseangebot beschränkt sich auf saisonal verfügbare Produkte und auf den Preisschildern finden sich die Hofnamen der Produzenten. Pur Südtirol ist nicht der erste, aber zweifellos der bisher konsequenteste Anlauf, Südtiroler Genussprodukte zu einem Sortiment zusammenzutragen. Nicht zufällig ist die mehrfach prämierte Geschäftsidee von Günther Hölzl und Ulrich Wallnöfer rund um das Meraner Weinhaus entstanden. „Unsere Ausgangsidee war, die Erfolgsgeschichte von Wein auf andere regionale Lebensmittel zu übertragen“, erklärt

Ulrich Wallnöfer. Sprich: Es geht darum, den Wert dieser Produkte zu kommunizieren und damit zu steigern. REGIONALITÄT. Was unter Genuss ver-

standen wird, ist ein Produkt der jeweiligen Zeit. Die kulinarische Antwort auf Globalisierung und Schnelllebigkeit, auf Fast Food, „Geiz ist geil“ und Lebensmittelskandale lautet Rückbesinnung aufs Regionale und Typische, auf Tradition, bio und kleine Kreisläufe. Ein Trend, der für Südtirols Genussmittelproduzenten wie gerufen kommt. In der Landwirtschaft sind immer mehr Bauern gezwungen, sich nach neuen Erwerbschancen umzu-

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„Wenn nicht wir Südtirol sind, wer ist es dann?“

Back to the roots: Winzer Christian Plattner pflanzt auf seinem Bozner Weingut in Vergessenheit geratene Variante der Vernatsch-Traube an

Margareth Elsler,

sehen. Und auch für die rund 400 Kleinund Mittelbetriebe des Genussmittelgewerbes stellt sich laut Bettina Schmid vom Cluster Alimentaris im Tis Innovation Park zunehmend die Frage nach dem langfristigen Überleben. „Da wir in Südtirol kostenmäßig nicht auf dem globalen Markt mithalten werden können, besinnen sich immer mehr Produzenten darauf, in bestimmten Nischen tiefer zu graben“, sagt sie. Das Ergebnis? Südtirols GenussmittelSektor wird bunter, vielfältiger und individueller. Ob Vinschger Palabirnen-Brot, Südtiroler Apfelsekt oder Rohmilch-Käse von der Hofkäserei: Wurde regionale Qualität bislang vor allem darüber definiert, dass ein Produkt aus Südtirol stammt oder – Fall Markenspeck – hier verarbeitet wird, wird das Thema nun auf einer wesentlich breiteren Tastatur bespielt. Da werden alte Obst- und Weinsorten vor dem Aussterben bewahrt und traditionelle Rezepte wiederentdeckt, da wird Typisches zu Neuem weiterentwickelt und Selbstproduziertes weiter veredelt. Statt über sperrige EU-Kürzel à la ggA (geschützte geografische Angabe) wird regionale Qualität nun viel stärker über Geschichten transportiert: Wer hat das Produkt produziert, wie wird es gemacht, was ist seine Besonderheit? SLOW FOOD & WINE. Solche Geschichten

finden sich auch in der eben erschienen 2. Ausgabe des neuen Weinführers von Slow Food. Mit ihrem Leitmotiv „Gut, Sauber, Fair“ hat die in Italien entstandene Bewegung wesentlich zur heutigen Neudefinition von Genuss beigetragen. Worauf es

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Foto: Ansitz Waldgries

Qualitätsprodukte Roter Hahn

Weingut Ansitz Waldgries, Bozen DER UR-ST. MAGDALENER

Neue Wege zu beschreiten hat auf dem malerischen Ansitz Waldgries an der Auffahrt zum Ritten bereits Tradition. Seit drei Generationen ist der Hof aus dem 13. Jahrhundert im Besitz der Familie Plattner. In Waldgries wurde Rosenmuskateller gepflanzt, als ihn kaum jemand in Südtirol kannte. Hier füllte Senior Heinrich Plattner den St. Magdalener in Flaschen ab, als ihn alle anderen noch offen im Tankwagen in die Schweiz verkauften. Sohn Christian wird dagegen wohl als jener Plattner in die Familienannalen eingehen, der das Neue im Alten gefunden hat. Dorthin trieb es den Junior-Chef bei seinen Bemühungen um eine stetige Qualitätsverbesserung seiner Weine. Die Idee? Einen St. Magdalener zu produzieren, wie er früher geschmeckt hat – mit alten Rebsorten und traditionellen Techniken. Mit Unterstützung der Laimburg sowie einzelner Bauern trug Plattner Varianten der Vernatschtraube zusammen, die im Laufe des vergangenen Jahrhunderts vom Edelvernatsch verdrängt wurden: Grauvernatsch, Tschaggele-

Vernatsch, Mittervernatsch, dazu einen nicht-virusfreien Qualitätsklon. Diese durchwegs kleineren und weniger ertragreichen, aber dafür umso geschmackvolleren Rebsorten propfte er kurzentschlossen auf alte Weinstöcke in der besten Lage seiner Weingüter auf. Im Vorjahr wurden die ersten „alten“ Trauben geerntet und dann auf traditionelle Weise in Spontangärung und samt Traubenstielen ausgebaut. Das Ergebnis: Ein kräftigerer und gehaltvollerer St. Magdalena mit mehr Farbe, als man ihn bisher kennt. Im Juli kam er als Selektion unter dem Namen „St. Magdalener Antheos“ auf den Markt. Trotz eines Premium-Preises von 12,50 Euro waren die 3.000 Flaschen innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Entsprechend schnell war die Entscheidung getroffen, diesen Weg weiterzugehen. In diesen Monaten werden die Cabernet-Sauvignon-Flächen des Weingutes gerodet, um Platz für knapp einen Hektar gemischten Rebsatz zu es machen. „Cabernet gibt es auf der ganzen Welt“, sagt Christian Plattner. „Vernatsch machen dagegen nur wir.“ Und wie zu Urgroßvaters Zeiten gibt es ihn tatsächlich nur am Ansitz Waldgries. (SU)

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Foto: Stefan Köhl

Der Kunde und sein Lieferant: Den Rohstoff für seinen begehrten Rohmilch-Käse bezieht Stefan Köhl (l.) von Vater Konrad Köhl (r.)

Learnerhof, Deutschnofen DER KÄSEMEISTER

Auf den Geschmack gekommen ist er bei einem Praktikum in der Gadertaler Hofkäserei Lüch da P’cëi. Von dort kehrte der 17-jährige Stefan Köhl auf den elterlichen Hof in Deutschnofen zurück und verkündete den Plan, selbst eine Käserei einzurichten. Acht Jahre später verarbeitet Köhl alle zwei Tage 800 Liter Rohmilch aus dem angrenzenden Stall zu neun verschiedenen Käsesorten. Im Verkaufsladen der geräumigen Käserei steht seit zwei Jahren ein „Goldener Käse“, eine Wandertrophäe, die beim alle zwei Jahre stattfindenden Käsefestival in Sand in Taufers an die beste Hofkäserei geht. Der Learnerhof erhielt sie erstmals zwei Mal in Folge verliehen. Was hinter diesem Erfolg steht? Eine gute Ausbildung, eine starke Familie, ein hochwertiger, silofreier Rohstoff von Südtiroler Grauvieh und eine naturnahe schonende Verarbeitung. „Wenn du was machst, mach es ordentlich“, lautete die Bedingung der Eltern für die Verwirklichung seines Traums. So ließ sich Stefan Köhl in Tirol zum Molkereifachmann ausbilden, hängte den Meister dran

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und organisierte sich Praktika im Inund Ausland. Parallel wurde auf dem Learnerhof umgebaut, die Vermarktung organisiert und ein familiärer Pakt geschlossen: Das Vieh ist Verantwortung von Vater Konrad, die Käserei von Sohn Stefan. Und: Beide Bereiche des geschlossenen Hofes werden intern finanziell getrennt. Für die Abnahme der Milch von mittlerweile 30 Stück Grauvieh erhält der Senior vom Junior einen Preis von 55 Cent pro Liter. 2007 wurde mit der Verarbeitung von 100.000 Litern Milch gestartet, heute ist man bei 150.000 Litern, also rund 15 Tonnen Käse im Jahr angelangt. 30 Prozent davon werden im Hofladen verkauft, 10 Prozent gehen an den Käseaffineur Degust, der Rest vorwiegend an den Lebensmittelhandel im Großraum Bozen, Meran und im benachbarten Pozza di Fassa. Dürftig gestreut sind dagegen die Abnehmer im Gastgewerbe, sagt Stefan Köhl. Am Learnerhof kommt man der Nachfrage auch so nicht nach. Auch wenn Eltern und drei Geschwister mithelfen, wo es geht: Das Vieh gibt so viel, wie es gibt – und dem Käse werden hier nun einmal ein bis sechs Monate zur Reifung gegeben. Doch wer genießt, kann auch (SU) warten.

ihr dabei ankommt, wird auch mit „Slow Wine“ demonstriert. „In unserem Weinführer gibt es kein Punktesystem und keine exotischen Beschreibungen für einzelne Weine“, sagt Karin Huber von Slow Food Südtirol. „Im Mittelpunkt stehen vielmehr der Mensch und seine Art, mit Landwirtschaft umzugehen.“ Tradition haben die „Presidi Slow Food“, mit denen der Verein vom Aussterben bedrohte typische Produkte, Tier- und Pflanzenarten einer Region auszeichnet und so Öffentlichkeit schafft. Erst im September hat Südtirol seinen vierten Presidio erhalten: nach dem Ahrntaler Graukäse, dem Vinschger Urpaarl und dem Grauvieh erhielt ihn nun die älteste heimische Schafrasse, das Villnösser Brillenschaf. Die wichtigste Arbeit von Slow Food findet aber in den Regionalgruppen, den sogenannten Convivien, statt: Hier wird bei gemeinsamen Kocherlebnissen, Verkostungen oder Kursen die Philosophie der Bewegung gelebt und weitergegeben. Derzeit gibt es je ein Convivium in Bozen und in Meran; allein dort ist die Mitgliederzahl seit 2005 von 12 auf 200 gestiegen. Insgesamt hat Südtirol heute rund 500 SlowFood-Mitglieder, die zum überwiegenden Teil Konsumenten sind. Konsumenten, die durch die Schulung ihrer Sinne und ihres Wissens zu Ko-Produzenten werden, meint Huber. „Denn nur was gekauft wird, wird auch produziert.“ REGIONALES KORN. Auf der Bozner Fachmesse „Hotel 2001“ wurde heuer erst einmal verkostet, was künftig produziert werden soll. Aufmerksam kauten bekannte Qualitäts-Bäcker wie Helmuth Profanter und Richard Schwienbacher am Stand des Handels- und Dienstleistungsverbandes ein ungewöhnlich dunkles Schüttelbrot – gebacken aus Pustertaler Korn. Der Hintergrund? „RegioKorn“, ein Gemeinschaftsprojekt von Südtiroler Bauernbund, Laimburg und Tis. Eine neue Allianz, die Bauern und Bäckern einen Anschub gibt, die steigende Nachfrage nach heimischen Rohstoffen zu nutzen. 30 Bauern im Pustertal und Eisacktal und 34 Bäcker konnten nach anfänglichen Zweifeln für das Projekt gewonnen werden. Lässt sich Getreide, das rund drei Mal so teuer ist wie jenes von großen, maschinell organisierten Flächen, tatsächlich verkaufen? Und wer garantiert einem Bäcker, ob das Pusterer Getreide in der Verarbeitung tatsächlich funktioniert? Solche Fragen

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Foto: Ulrich Egger

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wurden vor allem dank vorab getroffener Qualitäts- und Abnahmevereinbarungen geklärt. Hilfreich waren dabei die Erfahrungen im Vinschgau, wo die Interessengemeinschaft Kornkammer seit 2010 die alte Vinschger Tradition des Getreideanbaus wiederbelebt. Vor kurzem wurde auch in der westlichen Landeshälfte auf 53 Hektar Getreide ausgesät. Nach der ersten Ernte im Spätherbst 2012 sollen die geschätzten 200 Tonnen an Pusterer und Eisacktaler Getreide dann zu typischen und teils in Vergessenheit geratenen Südtiroler Brotspezialitäten verarbeitet werden. Zumindest vorerst werden diese aber wegen der geringen Mengen eine echte Rarität bleiben. NACHFRAGE ÜBERSTEIGT ANGEBOT.

Die Knappheit des Angebotes ist eine Gemeinsamkeit vieler heimischer Genussprodukte, die von Bauernhöfen oder kleinen Manufakturen stammen. Während die Südtiroler Qualitätsmarke im großen Stil beworben wird, um den Export von Südtiroler Äpfeln, Speck & Co. anzukurbeln, wird deshalb für die mittlerweile 500 Produkte des Qualitätssiegels „Roter Hahn“ vorwiegend internes Marketing – wie Qualitätsverbesserung, Verkostungen und Weiterbildung – betrieben, sagt die Produktverantwortliche der Marke, Margareth Elsler. Gerade zwei bis drei Prozent der landwirtschaftlichen Produktion in Südtirol gehen laut Elsler über die Direktvermarktungsschienen, der Großteil wird nach wie vor über Genossenschaften vermarktet. Dadurch, und aufgrund der

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Foto: Furchetta

Tausendsassa in Sachen Genuss: Stefan Wallnöfer von „Pur Südtirol“ Die Vermarkter des Villnösser Brillenschafes: (v. l.): Stefan Unterkircher, Oskar Messner, Kurt Niederstätter

Furchetta, Villnöss ALLES PAMPA

Es mag Gastwirte geben, die mit regionalen Spezialitäten wenig anfangen können. Es gibt aber auch jene, die zu schwärmen beginnen, wenn sie erzählen, wie der Weirouge-Apfel oder der Graukäse ihre Kreativität beflügelt. Eine Spezies, zu der auch Stefan Unterkircher (Castel Ringberg) und Oskar Messner (Pitzock) gehören. Ihre Beziehung zum Villnösser Brillenschaf begann deshalb in der Küche: Beide schätzten seit Jahren das helle und zartfaserige Fleisch der kleinen Schafe, die bis zu ihrer Verdrängung durch ertragreichere Rassen im Alpenraum dominiert hatten. Die Beobachtung, dass die meisten ihrer Kollegen Lämmer aus Neuseeland oder Australien kredenzten und die schlechte Verfügbarkeit des Fleisches führten schließlich vor zwei Jahren zur Gründung von Furchetta. Die Idee hinter dem Unternehmen der zwei Köche und des Villnösser Kaufmanns Kurt Niederstätter? Das landwirtschaftliche Produkt vor der eigenen Haustür durch eine gezielte Vermarktung bekannt zu machen und aufzuwerten. In Zusammenarbeit mit

dem Vahrner Metzger Werner Amort entwickelte das Trio Marktneuheiten wie einen gekochten Lammschinken oder Lammsalami und -kaminwurzen ohne Zugabe von Schweinefleisch. Das Anliegen, das gesamte Lamm und nicht nur seine besten Teile zu verwerten, macht die Produktpalette immer breiter. Auf ein Lammragout wird demnächst ein Lammbeuschel folgen; darüber hinaus können ganze Lämmer oder einzelne Teile bezogen werden. Selbst der Wolle des Schafs wird mit der Weiterverarbeitung durch Partnerbetriebe wieder mehr Wert verliehen. Basis für die Veredelung ist ein Abkommen mit rund 50 Züchtern aus dem Villnösstal und Umgebung, denen die Abnahme ihrer reinrassigen Lämmer zu einem fixen Preis garantiert wird. Im Jahr 2010 wurden an die 700 Lämmer verarbeitet; das Ziel für die kommenden zwei Jahre lautet 2.000. Die jüngste Auszeichnung des autochtonen Südtiroler Schafes als „Presidio Slow Food“ wird dabei wohl Rückenwind geben. Bis dahin beziehen die drei gebürtigen Villnösser ihren Lohn vor allem aus der Freude, die sie bei den Züchtern erleben, wenn die ihr Produkt veredelt sehen. (SU)

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Foto: Oberhöller

Schokolade mit Südtirol-Aromen: Paula Oberhöller (kl. Bild) und ihr Mann Anton verfeinern zu zweit rund 90.000 Tafeln im Jahr

Oberhöller, Sarnthein SÜSSER NEUSTART

Angefangen hat alles mit einer lustigen Hüttenrunde und einer scherzhaften Bemerkung: „Musst halt auch Latschen in deine Kuchen tun, Toni!“ Anton Oberhöller, seit mehr als 20 Jahren Konditor in Sarnthein, fand die Idee keineswegs so abwegig. „In den Kuchen nicht, aber mit Schokolade probiere ich es“, konterte er. Nach monatelangen Tüfteleien war nicht nur der Konditor von seiner Latschenkiefer-Schokolade überzeugt. Auch die Macher der Marke „Ahrntal Natur“ kamen auf den Geschmack und luden Oberhöller ein, für ihre Linie eine Bio-Schokolade zu produzieren. Als die bei einer Verkostung auf der Lebensmittelmesse „TuttoFood“ prompt den ersten Preis bei Nischenprodukten einfuhr, war der Sarner nicht mehr zu bremsen. Er experimentierte mit heimischen Äpfeln, Birnen und Erdbeeren, begann, auch konventionelle Schokolade zu verfeinern – und stand angesichts reger Nachfrage recht bald vor der großen Frage: Konditorei oder Schokolade? Anfang 2010 fällte er mit seiner Frau Paula die Entscheidung: Wir fangen etwas Neues an. Zwischen Mai 2010 und

Mai 2011 verfeinerte das Paar im ehemaligen Produktionslokal der Konditorei rund 9.000 Kilo Schokolade. Die Grundmasse für die Bio-Schiene bezieht Oberhöller vom österreichischen Produzenten Zotter, jene für konventionelle Schokolade von Valrona in Frankreich. Diese wird im Temperiergerät erwärmt und aromatisiert und dann in Formen gegossen und garniert. Neben Sarner Latschenöl und getrockneten Früchten wird dafür auch Sarner Schüttelbrot verwendet. Die Bio-Schokolade, rund 10 Prozent der gesamten Produktion, verkaufen Paula und Anton Oberhöller bis heute selbst an Südtiroler Bio-Läden, für den restlichen Vertrieb haben sie Partner in Lavis und München. Produktion und Verpackung werden aber weiterhin zu zweit und händisch gemacht. Mitarbeiter anzustellen, das trauen sich die beiden Jungunternehmer noch nicht, dafür wird eifrig an weiteren Produkten getüfftelt: Seit kurzem sind eine Pistaziencreme und eine Haselnusscreme mit 45 Prozent Haselnussanteil auf dem Markt. Noch kommt der Rohstoff aus dem Piemont, doch die Verhandlungen über einen Ausbau der Sarner Haselnussproduktion lau(SU) fen bereits.

geringen Mengen, bleibt Bauern, die ihre Produkte selbst veredeln, aber bislang ein Preiskampf erspart, den Direktvermarkter im Ausland vielfach erleben. „Wir haben heute in Südtirol sicherlich Premium-Preise“, sagt Elsler, „das heißt, die Bauern bekommen ihre aufwändige Arbeit zumindest zu einem großen Teil honoriert.“ Der Markt für ihre Produkte bleibt aber die Nische – und der Heimmarkt. Sprich: Südtiroler und 5,7 Millionen Touristen, die jährlich ins Land kommen. Aus dieser Optik erweist sich das Nebeneinander an Qualitätsprodukten für alle Seiten gewinnbringend: profitieren die kleinen Betriebe von der Bekanntheit, die mit der Südtiroler Qualitätsmarke im Ausland geschaffen wurde, wird das Image der Südtiroler Qualitätsprodukte durch die Vielfalt an authentischen Produkten im Land aufgewertet. Umso erstaunlicher ist, dass die bäuerlichen Vermarkter des Roten Hahns im heurigen Frühjahr nicht am Ersten Südtiroler Genussfestival teilnehmen durften. Das findet auch Margareth Elsler: „Wenn nicht wir als Produzenten bäuerlicher Produkte Südtirol sind, wer ist es dann?“ KOOPERATION STATT KONKURRENZ

– das ist eines der Leitmotive, das sich Ulrich Wallnöfer für Südtirols Genussmittelsektor wünscht. Pur Südtirol profitiert davon sowohl im Handel als auch auf seiner zweiten Schiene Produktentwicklung. Mit dem Apfelsaftproduzenten Thomas Kohl entwickelten die findigen Genuss-Manager einen Südtiroler Apfelsekt, mit dem Tis einen Apfelriegel, mit der Lananer Metzgerei Holzner eine Apfelpastete. Seine größte Herausforderung sieht Ulrich Wallnöfer aber darin, solche Kooperationen auch zwischen Tourismus und Landwirtschaft anzuregen. Logistik, Verfügbarkeit und Preis heißen die größten Hindernisse, die einer echten Vernetzung der beiden Welten bis heute im Weg stehen. Um sie zu überwinden, braucht es langfristige Visionen und viele kleine Schritte, glaubt Wallnöfer. Wohin die Reise gehen soll, zeige auch hier das Vorbild Wein. Wie Apfelsaftkarten beweisen, auf denen Gäste mittlerweile in einigen Restaurants jenen reinsortigen Apfelsaft auswählen können, der am besten zu ihrem Gericht passt, geht es vielfach nur darum, ◀ sich auf den Weg zu machen. SUSANNE PITRO

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HOTEL UND GASTRONOMIE BEDARF IN RUHE EINKAUFEN Welcher Hotel- und Restaurantbesitzer kennt das nicht: Handelsvertreter kommen immer im falschen Moment oder mit dem falschen Sortiment daher. Das stresst und ist wenig hilfreich. Bei Vega ist das anders. Zuerst kann in Ruhe im Katalog ausgesucht und dann per Telefon oder online bestellt werden. 48

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atalog- und Online-Bestellungen haben einen großen Vorteil: Der Kunde entscheidet, wann er sich mit dem Lieferanten in Verbindung setzen möchte. Über das Angebot kann er sich vorher in einem Katalog oder online in Ruhe informieren. Die Produkte sind dort samt aktuellem Preis abgebildet und ausführlich beschrieben. Das macht das Auffinden und die Auswahl des richtigen Artikels einfach. Vor allem aber kann mit Ruhe im Sortiment gestöbert werden. Dazu ein Interview mit Luca Angiolini, Geschäftsführer der Vega GmbH in Bozen: Was passiert, nachdem ein Kunde bestellt hat? Hat sich ein Kunde dazu entschlossen, zu bestellen, dann setzen wir alles daran, um dem uns gewährten Vertrauensvorschuss gerecht zu werden. Unser Erfolg in der Vergangenheit ist für uns die Bestätigung, dass dies gelingt: Seit 2007 haben über 60.000 Kunden in Italien bei uns geordert, uns so quasi virtuell die Hand geschüttelt, ohne uns vorher kennengelernt zu haben. Ein außergewöhnlicher Erfolg, der auch der hervorragenden Zusammenarbeit des Vega-Teams geschuldet ist. Wie war es möglich, so ein großes Vertrauen aufzubauen? Ich bin davon überzeugt, dass Vertrauensbildung auch über nicht-verbale Signale stattfindet. Unsere Kunden nehmen hauptsächlich telefonisch mit uns Kontakt auf. Da zählt eben nicht nur, was ein Mitarbeiter sagt, sondern auch, welchen Eindruck er auf den Kunden macht. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, eine besondere Personalpolitik zu verfol-

freundlicher zu gestalten. Um eben diese Unvereinbarkeit von Arbeit und Familie aufzuheben. Für die Vereinbarkeit Arbeit-Familie die für uns passende Lösung zu finden, hat uns viel Geld und Zeit gekostet. In unseren Augen war es das aber wert, weil wir davon überzeugt sind, dass ein zufriedener Mitarbeiter einen besseren Draht zum Kunden aufbauen kann.

Teamplayer: Luca Angiolini, Geschäftsführender Vega GmbH in Bozen

gen, damit alle Mitarbeiter ausgeglichen und motiviert ihre tägliche Herausforderung annehmen und meistern können. Wie sieht diese Personalpolitik aus? Die Idee dahinter ist, dass, wer in Südtirol nicht arbeitet, einen triftigen Grund dazu hat – oft ist es eben die Situation in der Familie, welche einen Vollzeitjob für beide Elternteile nicht zulässt. Dies und die Tatsache, dass wir in den ersten Jahren alljährlich mindestens sechs neue Mitarbeiter benötigten, war für mich ein großer Ansporn, unseren Betrieb familien-

Was macht Vega Besonderes für die Mitarbeiter? Unsere Verantwortliche für das Personal, Frau Milanesio, meint immer, es wäre einfacher, auf die Frage zu antworten, was wir nicht machen. Scherz beiseite: Wir befragen regelmäßig unsere Mitarbeiter. So erfahren wir, wo wir etwas ändern oder verbessern sollten. Vor Kurzem haben wir eine interne Umfrage zu den Bedürfnissen der Mitarbeiter bezüglich der Arbeitszeiten durchgeführt. Dabei haben wir festgestellt, dass über 95 Prozent der Bedürfnisse bereits berücksichtigt werden. Insbesondere versuchen wir die Turnusse so zu organisieren, dass sowohl die Wünsche der Mitarbeiter als auch die zu erwartende Anzahl der Anrufe berücksichtigt werden. Dies sicherzustellen bedeutet für uns zwar einen Mehraufwand an Zeit und verursacht dadurch Kosten, wir sind aber davon überzeugt, dass sich diese Investition lohnt. Von den meisten der Mitarbeiter wird dieser Mehraufwand, den wir in ihrem Sinne betreiben, anerkannt. Von einigen wenigen nicht, aber das ist meistens ein Problem des nicht übereinstimmenden Wertesystems. Was meinen Sie genau mit Wertesystem? Jede Gesellschaft wird von Werten zusammengehalten. Wenn alle Mitarbeiter sich diese Werte aneignen, dann entsteht daraus eine Gruppe von Gewinnern. Das gilt sowohl für die Gesellschaft in Allgemeinen, aber auch für Firmen. Wir haben unsere Werte so definiert, dass sie sowohl für uns als auch für Kunden und für Mitarbeiter samt ihren Familien gelten können. Diese Werte sind in uns tief verwurzelt, und um sie zu ändern - falls das überhaupt geht – bedarf es einiger Zeit. Das ist dann eine Investition in Sachen Firmenkultur, die erst langfristig ❧ sichtbar wird.

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Teamgeist und menschenorientierte Personalpolitik werden bei Vega großgeschrieben

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In der alten Küche des Rohrerhofes in Sarnthein bereitet Kathi die „Striezl“ für ihr heißes „Bad“ im kochenden Fett vor

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Hinter den Bergen bei den sieben Genüssen Tracht und Tradition sind wieder en vogue. Auch in der Küche. Zwölf Sarner Bäuerinnen bedienen diese neue Lust an traditionellen Speisen und bieten ein Catering der besonderen Art an. Nicht hochraffiniertes Gourmet-Food kommt ins Haus, sondern bodenständige Gerichte aus dem Sarntal, deren Raffinesse darin besteht, dass sie nach jahrhundertealten Rezepten zubereitet sind. Serviert werden Krapfen, Striezl und Co. von den Sarnerinnen in der traditionellen Werktagstracht. Fotos: Alexander Alber

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Viktoria Messner, Bäuerin am Riebenfeldhof, Agratsberg. Alle verwendeten Produkte stammen aus dem Tal, so wie auch dieser Käse vom Obergurschnerhof mit Peperoni. In der Küche hängt ein kleiner Verhaltenshinweis für Männer (unten)

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Kathi Schwitzer, Bäuerin am Maurerhof, Pens. Kathi ist die Expertin für Striezl, deren erfolgreiche Zubereitung viel Erfahrung erfordert. Zwar ist das Rezept denkbar einfach, aber das Geheimnis liegt in der Art, wie der Teig behandelt werden muss

Rita Kienzl, Bäuerin am Moarfeldhof, Auen. Rita ist die Frau fürs Runde, Speckknödel sind ihre Spezialität. Ein Gericht, das auf der KundenHitparade ganz oben steht. Dementsprechend vielbeschäftigt ist die Moarfeld-Bäuerin

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Verena Premstaller, Bäuerin am Maurerhof, Durnholz. Was wäre ein bäuerliches Catering ohne süße Krapfen? Verena sorgt dafür, dass diese niemals fehlen und immer mit genügend Mohn gefüllt sind

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triezl und Krapfen statt raffinierten Hauben-Caterings, das war die Idee hinter der Gründung von „Selbergmochts“. Zwölf Sarner Bäuerinnen unterschiedlichen Alters haben sich in einer Genossenschaft zusammengeschlossen und bieten einen CateringService mit traditionellen Gerichten an. Die Rohstoffe dafür stammen dabei nahezu ausschließlich aus dem Tal selbst. So traditionell die Speisen sind, so fortschrittlich sind die Kommunikationswege der zwölf Sarnerinnen. Geschickt nutzen die Bäuerinnen SMS, E-mails und Co. Auf einer Internetseite können sich potentielle Kunden über das Angebot informieren, die Terminplanung zwischen den auf den verschiedenen Höfen verteilten Genossenschaftsmitgliedern erfolgt über Handy und E-Mail. „Im Schnitt sind wir zweimal in der Woche irgendwo engagiert“, erzählt Viktoria Messner. Unterwegs seien sie in ganz Südtirol, auch im Trentino würden sie öfters gebucht. Anfragen gab es bereits auch aus Mailand: „So weit fahren wir aber nicht“, erklärt Messner, „das wäre einfach zu aufwändig.“ Verschiedene Einladungen zu

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„Im Schnitt sind wir zweimal in der Woche irgendwo engagiert“ Viktoria Messner

Kochsendungen nach Rom ließen sich die Bäuerinnen dann aber trotzdem nicht entgehen.

Wasser, Salz und Schnittlauch als Ingredienzen angibt. Dennoch ist das „Striezlmochn“ eine heikle Angelegenheit, will man nicht Teigfladen mit Schuhsohlenkonsistenz produzieren. Sind die „Striezl“ ordentlich gelungen, können sie sofort gegessen oder nochmals verfeinert werden. Dazu wird das ovale Gebäck der Breite nach halbiert und mit feingeschnittenem Speck gefüllt. Wer das „Striezlmachn“ einmal selbst ausprobieren will, findet das Rezept auf der Internetseite der zwölf umtriebigen Bäurinnen (www.selbergmochts.it). ◀ PETER SEEBACHER

HEIKEL. Auftraggeber sind neben Pri-

vaten für Hochzeiten und Ähnliches oft auch Betriebe und öffentliche Institutionen. Das Sortiment an Gerichten wird meist dem Wunsch des Kunden angepasst, Striezl und Krapfen sind aber immer mit dabei. Zwei typische Sarner Speisen, die eine salzig, die andere süß, die einiges an Praxis erfordern, damit sie gelingen. Besonders die Striezl sind ein heikle Angelegenheit – trotz des auf den ersten Blick einfachen Rezepts, das nur Mehl, Hefe,

Vier von zwölf: Viktoria Messner, Rita Kienzl, Kathi Schwitzer, Verena Premstaller (v. l.)

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TITEL

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Foto: allesfoto.com

UNTERNEHMER & MÄRKTE

Studien beweisen: gekonnt serviert schmeckt alles gleich viel besser

Zutat ohne Geschmack Schlechtes Essen wird verziehen, schlechter Service nicht. Dies legen Studien nahe, die auch beweisen, dass Service geradezu als Umsatzturbo wirken kann. Warum wird trotzdem an dieser „GenussZutat“ oft gespart?

H

aben die vergangenen Krisenjahre die Welt zu einem kundenfreundlicheren Ort gemacht? Die Antwort heißt nein. Und das, obwohl durch Kundenfreundlichkeit und guten Service Kunden gehalten und Neukunden gewonnen werden können. In Zeiten wie diesen sollte das wohl das Bestreben jedes Betriebes sein. Trotzdem scheinen diesen Wettbewerbsvorteil nicht viele Dienstleister nutzen zu wollen – zumindest haben weltweit viele Kunden diesen Eindruck. Laut einer Umfrage des Kreditkartenanbieters American Express (Global Customer Service Barometer 2011), bei der zwischen Februar und März 2011 in 10 Ländern jeweils rund 1.000 Personen befragt wurden, hatte der größte Teil der Teilnehmer nicht den Eindruck, dass der Kundenservice sich verbessert habe. In Italien gar scheinen die Kunden jede Hoffnung fahren gelassen zu haben: Während 31 Prozent der Italiener glauben, dass die Qualität des Services gleich geblieben ist, haben ganze 36 Prozent den Eindruck, dass Unternehmen jetzt dem Kundenservice sogar weniger Beachtung schenken als früher. In einem Restaurant kann ein formvollendeter Service dafür sorgen, dass es für die Gäste ein denkwürdiger Abend wird, an

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Südtirol Panorama November | 2011

den sie noch lange zurückdenken. Genauso kann ein schlechter Service der Grund für ein ruiniertes Abendessen sein. „Ein guter Service ist immens wichtig“, ist Christian Walder, Präsident des Serviceverbandes Südtirol, überzeugt. „Damit kann Vieles wieder wettgemacht und ausgebügelt werden, was unter Umständen in der Küche nicht ganz optimal war.“ Umgekehrt funktioniere das nicht, meint Walder: „Das Essen kann ausgezeichnet sein, wenn der Service nicht passt, wird der Gast am Ende des Abends trotzdem verärgert das Restaurant verlassen.“ Eine Untersuchung aus Malaysia bestätigt diese Einschätzung. Bei dieser an der Universiti Malaysia Sarawak durchgeführten Studie (Influence of Service and Product Quality towards Customer Satisfaction: A Case Study at the Staff Cafeteria in the Hotel Industry, 2009) kam Überraschendes zutage: Die Zufriedenheit der Kunden war auch dann noch hoch, wenn das Essen zwar hinter den Erwartungen zurückblieben war, der Service aber als gut empfunden wurde. Serviceverband-Präsident Christian Walder sieht hierzulande in Sachen Service durchaus noch Aufholbedarf, weiß aber auch um

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UNTERNEHMER & MÄRKTE zen. „Je besser der angebotene Service – und damit auch die erreichbare Kundenzufriedenheit – desto höher sind die dafür aufzuwendenden Kosten. Untersuchungen zeigen, dass das Verhältnis von Service zu Kosten und Kundenzufriedenheit jedoch nicht proportional zunimmt: Oberhalb eines bestimmten Servicegrads wächst Walter Meister die Kundenzufriedenheit bei immer steigenden Kosten nur noch gering,“ so die TÜV Management Service GmbH. Ist gute Kundenbetreuung also einfach zu teuer? „Wirklich gewinnen können wir nur über den Service“, ist HGV-Präsident Walter Meister trotz allem überzeugt. Auch er meint: „Ein schlechter Service kann eine gute Küche zunichte machen. Küche und Service sind wie ein Orchester, alles muss ineinandergreifen, nur dann kann eine Leistung erbracht werden, die den Kunden zufriedenstellt.“ Und zufriedenzustellen ist diese Spezies „Kunde“ nicht mehr so leicht, wie Zita Langenstein vom Schweizer Verband „GastroSuisse“, feststellt: „Die Gäste sind mittlerweile sehr kritisch. Wie niemals zuvor wird heute auf die Serviceleistung geachtet.“ Kein Wunder, dass Restaurantbetreiber, Sternekoch und HGV-Vorstandsmitglied Herbert Hintner eine Lanze für kundenorientiertes Handeln bricht: „In Zukunft müssen wir ◀ mehr Gewicht auf den Service legen.“

„Wirklich gewinnen können wir nur über den Service“

PETER SEEBACHER

RUF BESCHÄDIGT. Dass schlechter Service sehr dem Ruf des

Betriebs schadet, bestätigt die Studie ebenfalls. In Italien gaben zwei Drittel der Studienteilnehmer an, von Erfahrungen mit schlechtem Service in Gesprächen mit Freunden und Bekannten zu erzählen. 49 Prozent tun das auch bei positiven Erfahrungen. Das passt zu einer Untersuchung in der Schweiz, die der dortige Verband des Gastgewerbes und der Hotellerie, GastroSuisse, durchgeführt hat. Demnach wird von negativen Service-Erfahrungen im Schnitt zehnmal erzählt, von positiven nur dreimal. Wie die TÜV Management Service GmbH des TÜV Süd in Deutschland in einer Aussendung feststellt, tun Betriebe zu wenig für den Bereich Service. „Während Unternehmen strategische Faktoren wie Produktinnovation und Produktqualität generell hoch bewerten, setzen nur zwei Prozent der Unternehmen in ihrer Strategie auf die Kraft des Wettbewerbsfaktors Service“, stellt die TÜV Management Service GmbH fest. Einen Schlüsselfaktor macht das Institut schon mal aus: „Ganz gleich in welcher Branche – ob Hotellerie, Einzelhandel, Dienstleister, Softwarefirma oder Hausgerätehersteller: Servicequalität hängt in erster Linie von Menschen ab.“ Und diese Menschen muss man sich erst einmal leisten können. Denn so sehr der Servicegedanke bei Betrieben präsent ist, so sehr ist auch der Kostendruck da. Das Verhältnis von Mitarbeiter- zu Kundenanzahl wird immer größer und trotzdem sollte ein hochwertiger Service geboten werden. Dabei stößt der Servicegedanke unweigerlich an seine natürlichen Gren-

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Vinothek Ansitz Pillhof...

jung.it

die andere Seite der Medaille: „Wohl jeder Betrieb möchte guten Service bieten, es ist aber nicht immer leicht, das dafür ausgebildete Personal zu bekommen.“ Deshalb ist Walder überzeugt: „In diesen Bereich müsste noch viel mehr investiert werden.“ Honorieren die Gäste überhaupt einen guten Service? „ Ich denke schon“, so der Fachmann, „obwohl sicher nicht jeder Gast die Feinheiten eines professionellen Services Gäste im Auge: HGV-Präsisehen kann. Dass er zuvorkom- dent Walter Meister mend und freundlich behandelt wird, erkennt aber jeder.“ Laut American Express-Studie sind die Kunden auch bereit, für zuvorkommende Behandlung mehr zu zahlen. In Italien waren ganze 29 Prozent der Befragten der Meinung, dass exzellenter Service es wert sei, mehr für die Leistung oder das Produkt auszugeben. Gar 63 Prozent der befragten Italiener gaben an, dass sie einem Unternehmen treu geblieben waren, da sie vorher mit diesem gute Erfahrungen in Sachen Kundenbehandlung gemacht hatten. Als sehr sensibel erwiesen sich die befragten Italiener bei der Frage, ob der vom Unternehmen erbrachte Service ihr Gesamtbild der Marke oder des Unternehmens beeinflusste. 56 Prozent sagten, dass dies ihrer Meinung nach zutreffe. Schlechter Service kann auch dazu führen, dass Kunden Kaufabsichten revidieren oder einen Kauf abbrechen. In Italien gaben 69 Prozent der Befragten an, sich in der Vergangenheit so verhalten zu haben. In Deutschland waren es sogar 81 Prozent.

...ein Ort, an dem Essen, Trinken und Wohlgefühl stets im Mittelpunkt stehen! Kathrin Oberhofer

Weihnachtliche Gedanken... Exklusive Weihnachtsgeschenke Gutscheine für einen unvergesslichen Abend

Boznerstraße 48, Frangart - Eppan, Tel. 0471 633100 www.vinothekpillhof.com

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TITEL

Waffel-Diät mit Bier Die Top-Lebensmittelproduzenten. Drei eher untypische Produkte führen das Ranking an. Südtirol ist in der Nische besonders erfolgreich – und das ist dann schon wieder typisch.

S

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Foto: Alexander Alber

LEICHTE AUFWÄRTSBEWEGUNG. Grund-

Die Tiefkühlprodukte von Unternehmerverbandschef Stefan Pan rangieren auf Platz 17 der Statistik

Foto: Othmar Seehauser

üdtirol – Land der Waffeln, der Diätprodukte und des Biers. Dieses zugegeben etwas schräge Bild ergeben die Umsätze der Lebensmittelbranche. Die Plätze eins bis drei der umsatzstärksten Lebensmittelproduzenten belegen der Waffel- und Süßwarenhersteller Loacker*, Dr. Schär, Produzent von Diätlebensmitteln für Zöliakie-Kranke, und die Brauerei Forst. Nur eines der wirklich typischen Südtiroler Qualitätsprodukte schafft es unter die ersten Zehn. Der Naturnser Speckhersteller Moser belegt mit einem Umsatz von 37,6 Millionen Euro immerhin Platz 10 im Ranking. Äpfel sind, zumindest in flüssiger Form, ebenfalls vertreten, und zwar in Form der Zipperle AG. Der Meraner Saftproduzent schaffte es mit 52 Millionen Euro Umsatz auf Platz sechs, im Vorjahr waren es noch vier Millionen Euro mehr, trotzdem konnte Zipperle zwei Positionen im Ranking gutmachen. Milch oder Wein schafften es dagegen nicht auf vordere Plätze, da Genossenschaften im Ranking nicht berücksichtigt wurden. In der Bayernland GmbH in Sterzing (Platz 4) werden zwar Milchprodukte hergestellt (vor allem Käse und Butter), allerdings grasen die Kühe, die die Rohware dafür liefern, größtenteils nördlich der Alpen. Südtiroler Milch wird nicht verarbeitet. Vertrieben werden die Sterzinger Bayernlandprodukte überwiegend in Italien und auch in Südtirol. Der Mutterkonzern Bayernland mit Hauptsitz in Nürnberg ist mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro ein echter Milchriese. Knapp 90 Prozent des Umsatzes werden in Deutschland erwirtschaftet, größter Exportmarkt ist Italien. Die Sterzinger Italienzentrale gibt es seit 1970, der Umsatz liegt bei aktuell 113 Millionen Euro. Unter den Top Ten findet sich noch ein weiterer deutscher Milchverarbeiter, die Karwendel Milchprodukte GmbH, ebenfalls aus Bayern, am Bozner Boden vertreten unter dem Markennamen Exquisa (Rang 7). Zu den Produkten zählen neben Frischkäse auch Fruchtjoghurt und Quarkcremes für den italienischen Markt.

Andreas Moser ist Südtirols erfolgreichster Speckproduzent

Der Umsatz beläuft sich auf 51,6 Millionen Euro (sinkend) und liegt bei gut einem Viertel des Gesamtumsatzes des Unternehmens. Insgesamt fällt auf, dass sich unter den Top 20 immerhin sieben Ableger ausländischer, vornehmlich deutscher oder österreichischer, Unternehmen finden. Die Liste reicht von Milchprodukten über Säfte und Tee bis hin zum Bier.

sätzlich ist zu vermerken, dass der Trend in der Lebensmittelbranche wieder ganz allmählich nach oben zeigt. Meldeten 2009 noch 12 der zwanzig bestplatzierten Unternehmen Umsatzrückgänge, waren es diesmal nur noch acht. Gleichzeitig fielen bei den meisten Unternehmen die Gewinne höher aus als im Vorjahreszeitraum. Die Krise scheint sich also zumindest abzuschwächen. Weiterhin schwierig erscheint jedoch die Situation der Obstund Fruchtsaft verarbeitenden Betriebe. In diesem Bereich sind erneut die größten Umsatzrückgänge zu verzeichnen, und auch das einzige Top-Unternehmen, das einen Verlust eingefahren hat, die Meraner Fructus GmbH, kommt aus diesem Bereich. Den größten Gewinn meldet erneut Dr. Schär mit satten 19,7 Millionen Euro. Die ständig wachsende Nachfrage nach glutenfreien Nahrungsmitteln erweist sich weiterhin als eine Art Gelddruckmaschine. Ein Nischenmarkt, den das Burgstaller Unternehmen äußerst erfolgreich beackert, mehr als 151 Millionen Euro werden weltweit erwirtschaftet – Tendenz vermutlich auch in Zukunft weiter steigend. Platz drei der erfolgreichsten Lebensmittelproduzenten belegt erneut die Brauerei Forst. Auch sie kann dabei von einer Vormachtstellung profitieren – auf dem heimischen Biermarkt ist das Unternehmen quasi konkurrenzlos. Mit 145 Millionen Euro verfügt die Brauerei der Familie Fuchs außerdem über das größte Eigenkapital aller Unternehmen. Ein beruhigend dickes Polster gerade auch in schwierigen Zeiten. ◀ ARIANE LÖBERT

* Da Loacker bei der Handelskammer keine Bilanzen hinterlegt und auch auf Nachfrage keine Umsatzzahlen veröffentlicht, wird die Platzierung des Waffelriesen in unserem Lebensmittel-Ranking nicht durch Zahlen belegt. Kolportiert wird jedoch ein Umsatz von mindestens 166 Mio. Euro. Damit gebührt Loacker zumindest inoffiziell der erste Platz.

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TITEL

RANG

FIRMENBEZEICHNUNG

Quelle: Südtirol Panorama

1. A. Loacker AG, Unterinn/Ritten

UMSATZ 2010 IN MIO. €

UMSATZGEWINN ZUWACHS IN MIO. € 2009/10

UMSATZRENDITE 2010

EIGENKAPITAL IN MIO. €

CASHFLOW IN MIO. €

PERSONALKOSTEN IN MIO. €

PERSONALKOSTENQUOTE 2010

ENTRICHTETE STEUERN IN MIO. €

2. Dr. Schär GmbHK, Burgstall

151,3

16,12%

19,7

13,04%

58,5

30,8

21,9

14,46%

8,5

3. Brauerei Forst AGK, Algund

122,6

2,33%

9,6

7,79%

145,1

17,2

21,9

17,88%

4,1

4. Bayernland GmbH, Sterzing

113,1

16,68%

0,3

0,27%

7,1

0,9

2,8

2,49%

0,3

5. Iprona AG, Lana

71,9

-8,32%

0,1

0,18%

25,1

3,7

7,0

9,74%

0,3

6. Hans Zipperle AG, Meran1

52,0

-8,20%

0,8

1,54%

25,9

3,9

9,5

18,30%

0,3

7. Exquisa Italia GmbH, Bozen

51,6

-15,18%

0,2

0,36%

0,3

1,1

2,3

4,48%

0,3

8. Julius Meinl Italia AG, Bozen

48,6

1,05%

2,0

4,07%

13,3

5,6

4,5

9,34%

0,0

9. A. Rieper AG, Vintl

45,2

4,80%

0,5

1,13%

8,7

3,0

5,8

12,90%

0,3

10. Moser GmbH, Naturns

37,6

12,54%

0,2

0,52%

5,7

0,7

3,5

9,44%

0,2

11. Fructus Meran AG, Terlan

34,2

8,76%

-1,2

-3,46%

7,4

-0,5

4,9

14,29%

-0,3

12. Pfanner Italia GmbH, Bozen

25,7

-7,29%

0,1

0,22%

0,5

0,3

0,6

2,51%

0,1

13. Pompadour Tee GmbH, Bozen2

25,6

7,54%

1,8

6,87%

10,8

2,1

2,3

9,02%

0,8

14. Pircher Brennerei AG, Lana

23,2

-3,24%

0,3

1,28%

3,1

0,6

2,3

9,84%

0,3

15. Warsteiner Italia GmbH, Bozen

22,3 -13,52%

1,0

4,34%

5,5

1,1

1,9

8,66%

0,6

16. Develey Italia AG, Lana

21,2

4,29%

0,2

1,14%

1,7

0,4

0,7

3,27%

0,1

17. Pan Tiefkühlprodukte GmbH, Leifers

19,2

-1,89%

0,5

2,68%

4,8

0,8

5,2

27,39%

0,0

18. Frulana GmbH, Lana

16,2 -27,98%

0,0

0,08%

0,7

0,1

0,3

2,01%

0,0

19. Meraner Mühle GmbH, Lana

15,6

1,32%

1,2

7,78%

15,8

2,3

0,7

4,57%

0,0

20. Merano Speck GmbH, Naturns

15,3

14,04%

0,2

1,16%

1,9

0,4

1,4

9,26%

0,1

Jahresabschluss: 1 30.06.2010 | 2 31.03.2011 | K konsolidiert

Genuss in voller Blüte

Rose of the Dolomites: Die Praline von Loacker. ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl

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TITEL

Wellness punktet Top-Hotels. Die Spitzenhotellerie nutzt den ungebrochenen Spa- und Wellnesstrend. Freizeitangebot und Kinderfreundlichkeit sind ebenfalls wichtig. Sterne erst in zweiter Linie.

Quelle: Südtirol Panorama

RANG

UMSATZ 2010 IN MIO. €

FIRMENBEZEICHNUNG

UMSATZGEWINN ZUWACHS IN MIO. € 2009/10

UMSATZRENDITE 2010

EIGENKAPITAL IN MIO. €

PERSONALKOSTEN IN MIO. €

PERSONALKOSTENQUOTE 2010

ENTRICHTETE STEUERN IN MIO. €

1. Hotel Palace Betriebs GmbH, Meran

28,9

13,80%

2,0

6,94%

4,5

3,9

5,7

19,58%

1,0

2. Hotel Adler GmbH, St. Ulrich

17,4

2,52%

1,4

8,11%

12,2

2,5

5,6

32,33%

0,9

3. Hotel Adler Thermae GmbH, St. Ulrich

14,9

2,28%

1,7

11,14%

4,3

3,3

4,9

32,55%

1,1

4. Cavallino Bianco Family Spa Grand Hotel, St. Ulrich1

14,1

3,74%

1,4

10,23%

6,4

3,7

4,4

31,51%

0,9

5. Quellenhof GmbH, St. Martin in Passeier

11,8

11,03%

1,1

9,24%

6,4

1,9

2,7

22,90%

0,4

6. Andreus Golfhotel GmbH, St. Leonhard in Passeier

7,6

49,55%

0,9

11,14%

1,1

1,9

2,0

26,54%

0,5

7. Residencehotels GmbH, Bozen2

6,4

7,67%

0,0

0,63%

26,6

1,2

1,8

28,04%

0,2

8. Hotel Bozen GmbH (Four Points Sheraton), Bozen

6,0

18,48%

-0,4

-7,21%

1,1

0,7

2,2

35,77%

-0,1

9. Hotel La Perla GmbH, Corvara3

5,7

13,89%

0,4

6,75%

8,1

0,9

1,7

30,80%

0,3

5,2

2,73%

0,0

0,05%

-0,1

0,3

1,7

33,29%

0,1

10. Hohenwart GmbH, Schenna Jahresabschluss 2010: 1 30.04.2010 | 2 30.09.2010 | 3 31.10.2010

Südtirol Panorama November | 2011

Foto: Palace Meran

S

pa sells. Wer dachte, der touristische Wohlfühltrend hätte sich längst totgelaufen, den widerlegt die Statistik. Fast alle Top-Hotels tragen die Begriffe Spa oder Wellness entweder bereits im Namen oder werben offensiv mit ihnen. Am dicksten trägt der Quellenhof auf: „Südtirols größtes Wellness-, Sport- & Freizeitparadies: Sport & Wellness Resort Quellenhof bei Meran in Südtirol“ bewirbt sich einer der bettenstärksten Beherbergungsbetriebe des Landes. Immerhin 185 Zimmer verteilen sich auf die vier zum Hotelkomplex in St. Martin/Passeier gehörenden Häuser. Unter den Top-Hotels hat nur das Four Points Sheraton eine höhere Bettenkapazität – im Bozner Messehotel stehen insgesamt 189 Zimmer zur Verfügung. Die Adler-Gruppe der Familie Sanoner verfügt zwar insgesamt über noch mehr Zimmer (230), 90 davon befinden sich allerdings im Adler Thermae im toskanischen Bagno Vignoni. Rechtssitz ist jedoch wie bei der Adler GmbH (Hotels Adler Dolomiti und Balance) in St. Ulrich.

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CASHFLOW IN MIO. €

Der Pool des Meraner Palace effektvoll in Szene gesetzt

Dass die Größe nicht allein ausschlaggebend ist, zeigt das La Perla in Corvara. Mit nur 52 Zimmern erwirtschaftet Hausherr Michil Costa 5,7 Millionen Euro und erzielte im Berichtsjahr den dritthöchsten Gewinnzuwachs. Umsatz und Gewinn bemessen sich auch ausschließlich an den Sternen. Nur rund die Hälfte der Betriebe verfügt über fünf Sterne, der Rest bewegt sich im Vier-Sterne-Superior-Bereich. Mit

einem Michelin-Stern schmückt sich gar nur die Stüa de Michil im La Perla. Allerdings behalten viele Hotels ihre Gastronomie den Hausgästen vor und werden daher von den Gourmetführern nicht bewertet. Dass das Meraner Palace unangefochtener Sieger des Rankings ist, überrascht dagegen wenig. Der Ruf von Henri Chenot lockt die betuchte Klientel aus aller Welt zum Kuren in die Passerstadt. Der französische Gesundheitspapst hat mit seiner Medical Wellness einen eigenen Trend kreiert, der mittlerweile auch andernorts erfolgreich kopiert wird. Erstaunlich ist eher, dass ausgerechnet das Palace mit der geringsten Personalkostenquote aller Spitzenhotels aufwartet. Das größte Umsatzplus von fast 50 Prozent erzielte das Andreus in St. Leonhard/ Passeier. Das neue Fünf-Sterne-Haus hat es mit seinen 73 Zimmern gleich im zweiten Jahr des Bestehens unter die Top Ten ◀ geschafft. ARIANE LÖBERT

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PR-INFO

G. WIE G.ENIAL UND G.ENUSS G.enial frisch, zubereitet mit Südtiroler Produkten und internationalen Gewürzen – durch kreative Köpfe kombiniert zu Kochgeheimnissen, die den Gaumen kitzeln. Lounge – Restaurant – Vinothek G. bietet ein neues Konzept am Südtiroler Gastronomiehimmel.

Ein wahres Genusspaket: Das Konzept von G. ist für Südtirol neu und bietet alles für einen genussreichen Tag. Lounge, Restaurant und Vinothek sind aufeinander abgestimmt. Dass immer wieder ein neuer Küchenchef Hand anlegen darf, gehört zum Konzept

E

s gibt Momente, in denen man nur die Zeit anhalten will: Unvergleichlich königlich thronte das Hirschrückensteak auf dem Grillgemüse, die reinste Augenweide und kulinarisch ein absoluter Hochgenuss. So geschehen in den letzten Tagen bei den Wildwochen mit Gourmetkoch Adi Thuile im G. Solch krönende Überraschungsmenüs stehen im Restaurant von Brigitte Auer und Daniel Grassl immer wieder auf dem Programm – Highlights für den Gaumen gehören zum neuen Konzept: im G. gibt es nämlich keinen Chefkoch im gewöhnlichen Sinne, vielmehr entwickelt sich die Kreativität aus den Ideen mehrerer Köpfe, die ein neues Gesamtwerk schaffen. Jungköche zu fördern, auf internationaler Ebene nach herausragenden Ideen zu suchen und diese mit regionalen Traditionen und Zutaten zu verbinden, das ist die Herausforderung für Daniel Grassl, die manch längst verloren geglaubten Geschmacksnerv zu reaktivieren vermag.

Tipp Gourmetwochen im G. mit Dietmar Fröhlich vom 29.11.2011-08.01.2012 Weihnachtsessen im G. Vom romantischen Dinner bis hin zu Advents-, Weihnachts- und Jahresabschlussveranstaltungen für bis zu 300 Personen Hochzeit im G. Ideale Räumlichkeiten für das Fest Ihres Lebens

flüsse zu einer weltweit einzigartigen Mischung von Mensch und Kulinarik entwickelt hat. Ist es nicht schwierig, sich immer wieder auf neue Köche einstellen und das Team neu abstimmen zu müssen? Natürlich ist es schwierig, mit immer unterschiedlichen, kreativen Menschen zu arbeiten. Aber genau das ist die Herausforderung! Ich kann mich nur weiterentwickeln, wenn ich für den Gast etwas tue, Innovationen schaffe und für Abwechslung sorge.

Brigitte Auer und Daniel Grassl geben sich alle Mühe, die Kunden zu überraschen

SÜDTIROL PANORAMA: Herr Grassl, Sie sind immer unterwegs auf der Suche nach neuen Ideen für gastronomische Überraschungen. Was fasziniert Sie an Südtirol, oder wären Sie nicht doch lieber in einer internationalen Großstadt aktiv? DANIEL GRASSL: Die Faszination liegt in der Vielfalt der Möglichkeiten, Produkte auf einem genussvollen Weg zu präsentieren, frei nach dem Motto: weltoffen im Geiste, regional am Teller. Das Großstadtleben habe ich lieben gelernt und in Südtirol meine Liebe gefunden. Die Liebe meines Lebens und die Liebe zu einer Mischmentalität, die meiner Heimat Tirol sehr gleicht, sich aber durch die mediterranen Ein-

Die regionalen Zutaten spielen in Ihrer Gastronomie eine tragende Rolle. Können Sie uns das beim Fleisch an einem konkreten Beispiel genauer erklären? Auf dem Weg zur Qualität gibt es keine Abkürzungen. Und Perfektion lässt sich nicht auf die Schnelle erreichen. Uns ist bewusst, dass die endgültige Dienstleistungsqualität immer direkt aus der Qualität jeder einzelnen Komponente des Produkts resultiert. Qualität durch und durch – das ist der ❧ Eckpfeiler.

infobox

G. – Lounge – Restaurant – Vinothek in Lana Brandis Weg 13 Info & Tischreservierung: Tel. 0473 562447 www.casa-g.com

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LUXUS & LIFESTYLE

Tea Time – ganz edel Ob Schwarztee, Grüntee oder Früchtetee – wenn es draußen kalt und ungemütlich wird, gibt es nichts Schöneres als eine Tasse Tee. Mit den hier vorgestellten Designer-Teekannen ist man für die kalte Jahreszeit gewappnet.

„Potter“ von Stelton

ton.dk Foto: stel

Diese Teekanne des Designerduos Jehs+Laub gewann 2009 den „Red dot design award“. „Potter“ ist nicht nur schön, der ergonomische Griff erleichtert außerdem das Aufgießen. Ein herausnehmbares Sieb sorgt für optimalen Teegeschmack. Die doppelwandige Konstruktion hält den Tee länger warm. Erhältlich in den Farben schwarz und mitternachtsblau. Preis: 99 Euro

UP T DATEO

Wagenfeld-Teekanne

Foto: connox.de

Die bereits im Jahre 1931 von Wilhelm Wagenfeld im Bauhausdesign entworfene Teekanne ist ein Designklassiker. Das Original findet sich noch heute im Museum of Modern Art in New York. Die Teekanne umfasst 1,5 Liter, ist hitzebeständig, spülmaschinenfest und mikrowellengeeignet. Die Schott Zwiesel Kristallglas AG fertigt den Klassiker nach den Originalentwürfen. Preis: 129,90 Euro

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LESEZEICHEN GERECHTIGKEIT SIEGT (NICHT)

„Mono classic“ von Mono Foto: tevala.eu

25 Jahre Mono – Anlässlich dieses Jubiläums fertigte der deutsche Hersteller eine Sonderedition der „Mono classic“ aus 925 Sterlingsilber mit Ebenholzgriff. Passend dazu das Stövchen, ebenfalls aus Sterling. Preiswerter und nicht weniger elegant: die Originalversion aus rostfreiem Edelstahl. Preis Sterling-Edition: 2.100 Euro Preis Edelstahl-Edition: 175 Euro

Rudolf Taschner, Autor des Bestsellers „Zahl Zeit Zufall. Alles Erfindung“, hat ein neues Buch geschrieben. Der österreichische Wissenschaftsjournalist beleuchtet darin den Begriff „Gerechtigkeit“ aus verschiedenen Blickwinkeln. Die daraus gewonnene Erkenntnis nimmt er bereits im Prolog vorweg: „Es gibt sie nicht auf Erden: die Gerechtigkeit.“ Unterhaltsam illustriert der Autor anhand von Beispielen von der Antike bis hin zur Gegenwart, wie groß die Sehnsucht des Menschen nach Gerechtigkeit ist und wie oft diese Sehnsucht nicht erfüllt wird. Wer wissenschaftlich fundierte Antworten erwartet, wird enttäuscht. Vielmehr regt dieses Buch zum Nachdenken an.

INFO: Rudolf Taschner, „Gerechtigkeit siegt – aber nur im Film“, Ecowin Verlag, 23,40 Euro

REISE INSIDER-TIPP Foto: paulsmith.co.uk

„Paul Smith for Stelton“ Der britische Modedesigner Paul Smith verpasste Arne Jacobsens „Cylinda“-Linie einen neuen frischen Look. Er versah die schwarzen Kunststoffgriffe der EdelstahlSerie, bestehend aus Kaffee- und Teeservice, mit knalligen Farben. Die 1,25 Liter umfassende Teekanne des dänischen Herstellers Stelton ist, je nach Geschmack, mit gelbem, olivgrünem oder rosafarbenem Kunststoffgriff erhältlich. Nach wie vor ist das edle Stück auch im klassischen Design aus dem Jahre 1967 zu haben. Preis Teekanne Cylinda: 329 Euro Preis Teekanne „Paul Smith for Stelton“: 394 Euro

Psychologiestudium vor zehn Jahren nach Graz gegangen. Dort arbeitet sie heute in einem Forschungsinstitut.

Kultur: 2003 war Graz Kulturhauptstadt Europas. Kunstkinos, kleine Theater und zahlreiche Events wie „La Strada“, „Jazzsommer“ oder „Steirischer Herbst“ kennzeichnen das Grazer Kulturleben. Interessant sind auch architektonische Stilbrüche: Zwischen Altbauten stechen das futuristische „Kunsthaus“ und die „Murinsel“ hervor. Foto: Alessi

Zwitscherndes Teesieb

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VON SILVANA WEISS | Die Sarnerin ist für ihr

Mitten in der steirischen Hügellandschaft liegt die Universitätsstadt Graz: lebendig, farbenfroh und alternativ.

MUST-HAVE DES MONATS

Alan Chan entwarf für Alessi ein Teesieb und nahm dabei Bezug auf eine jahrtausendealte chinesische Tradition. Demnach war es üblich, zur Teezeremonie Vögel in Käfigen mitzubringen und ihnen zum Zeitvertreib beim Singen zuzuhören. „Tea Matter“ ist die moderne Interpretation dieser chinesischen Sitte. Im Inneren des Käfigs befindet sich das Teesieb in Form eines Vogels. Nimmt man den Teesieb heraus, beginnt der auf dem Käfig sitzende Vogel zu zwitschern. Das Teesieb kann quer über eine einzelne Tasse gehängt werden, sodass der Bauch des Vogels mit den Teeblättern im heißen Wasser hängt. Ob alltagstauglich oder nicht – poetischer kann Teetrinken nicht sein. Preis: 80 Euro

Graz

Nachtleben: Graz bietet mit seiner hohen Lokaldichte vielfältige Ausgeh-Möglichkeiten. Im „Stern“ gibt es in den „Sternstunden“ hervorragende Cocktails zu günstigen Preisen. Zum Chillen empfiehlt sich der Stadtpark mit dem Parkhouse. Bewegung: Der Schlossberg mit Uhrturm – dem Wahrzeichen der Stadt – ist nicht nur beliebtes Touristenziel. Auch die Grazer steigen gerne auf den Hügel mitten in der Stadt, um den Ausblick zu genießen. Schmankerln: Sturm & Maroni, Bratlfett und Kürbiskernöl: In Buschenschänken rund um Graz und am traditionellen Bauernmarkt am Kaiser-FranzJosef-Platz werden Köstlichkeiten angeboten. Samstagmorgens ist am Markt die steirische Lebensart spürbar wie kaum anderswo.


PERSONALIEN

Was macht eigentlich … … Andreas Hapkemeyer? Andreas Hapkemeyer stand als Direktor des Museions jahrelang im Fokus der lokalen Medien. Bis sich die Presse auf seine Nachfolgerinnen stürzte und damit auch der Rummel um seine Person verebbte. Jetzt nimmt er sich viel Zeit für seine Familie. Bozen, ist einer meiner Versuche, eine Synergie zwischen dem Museion und der Universität zu schaffen.

SÜDTIROL PANORAMA: Es sind bereits einige Jahre vergangen, seit Sie als Direktor des Museions abgelöst wurden. Wie ging es mit Ihrer beruflichen Karriere weiter?

Sie haben mehrere Bücher über Ingeborg Bachmann und Friedrich Dürrenmatt veröffentlicht, sowie das Buch „Language in Art“. Arbeiten Sie gerade an einem Buch?

ANDREAS HAPKEMEYER: Bereits im

Sie haben unter anderem die aktuelle Ausstellung „A,b,c … Lettern im Raum“ kuratiert. Wie sieht die genaue Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem Museion aus?

Als Verantwortlicher für die Forschung bin ich für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung des Museions zuständig. Eine Arbeit, die mich sehr fasziniert. Nebenher arbeite ich freiberuflich an verschiedenen Projekten. Außerdem bin ich Dozent an der Universität Innsbruck und an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen. Die Vortragsreihe „Artiparlando“, einer Kooperation mit der Freien Universität

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Südtirol Panorama November | 2011

Mein nächstes Buch soll 2012 im Unipress Verlag Innsbruck erscheinen. Es trägt den Titel „… und das soll Dichtung sein. Untersuchungen zur ‚neuen Sprache‘ in Lyrik und Kunst seit den 1950er Jahren“. Darin erforsche ich anhand von Werken aus der Sammlung des Museions die Interdisziplinarität von Kunst und Lyrik. Außerdem arbeite ich momentan an einem Forschungsauftrag zur Erarbeitung der künstlerischen Arbeit von Hans Glauber.

Foto: ff-Archiv

Jahr 2004 unternahm ich gemeinsam mit dem Kurator Fabio Cavallucci den Versuch, die europäische Kunstbiennale Manifesta nach Südtirol zu holen. Daraufhin fand 2008 die Manifesta 7, unter meiner koordinatorischen Leitung, in Südtirol und im Trentino statt. Bis 2013 bin ich Generalsekretär der International Manifesta Foundation in Amsterdam. Momentan laufen die Vorbereitungen zur Manifesta 9, die 2012 in Limburg in Belgien stattfinden wird und bei der ich als Verantwortlicher für die Publikationen mitwirke. Die bevorstehende Manifesta befasst sich zum ersten Mal mit einem historischen Thema: dem Kohleabbau. Diese Neuerung ist dem Veranstaltungsort, einem ehemaligen Kohlegebiet, zu verdanken.

Vielseitig: Andreas Hapkemeyer ist Kurator, Dozent und Buchautor

Vielbeschäftigt Andreas Hapkemeyer, 1955 in Osnabrück geboren, lebt seit seinem zwölften Lebensjahr in Bozen. Er studierte an der Universität Innsbruck Kunstgeschichte und Germanistik. Nach seinem Studium arbeitete er als Teaching Assistant in Kanada. Anschließend war er als Lektor an der Universität Messina tätig. 1988 begann Hapkemeyer als Assistent im Museion, dem Museum für moderne Kunst Bozen. 1995 habilitierte er in Neuerer deutscher Literatur. Von 2000 bis Ende 2006 war er Direktor des Museions, für das er bis heute, mit Schwerpunkt auf Forschung und Lehre, tätig ist. Nebenher koordiniert er die europäische Kunstbiennale Manifesta und lehrt als Dozent an den Universitäten Innsbruck und Brixen. Andreas Hapkemeyer ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Bozen.

Wie kam es zu diesem Auftrag?

Der vor einigen Jahren verstorbene Südtiroler Hans Glauber war Ökologe und Fotokünstler. Er hat dem Museion einige seiner Werke und seine Kunstbibliothek hinterlassen. Auf Wunsch seiner Familie habe ich ein möglichst vollständiges Werkverzeichnis des Künstlers erstellt. Im Rahmen einer seiner Fotokunst gewidmeten Ausstellung, welche das Museion für das Jahr 2012 plant, erscheinen meine Recherchen als Buch. Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich versuche, viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Weil ich teilweise freiberuflich arbeite, bin ich in meiner Zeiteinteilung recht flexibel. Mit meinen drei Kindern besuche ich gerne Ausstellungen, was, ehrlich gesagt, nicht immer ◀ auf Begeisterung stößt. INTERVIEW: SONJA MARZONER

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Innovation Day am 23. Februar 2012 im Cineplexx Bozen Weitere Informationen hierzu erhalten Sie unter Tel. 0471 06 65 00 oder E-mail info@datef.it

www.datef.it


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