Filmdienst 03 2017

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FILM Dienst Das Magazin für Kino und Filmkultur

03 2017

www.filmdienst.de

The Sa l e s man

»Babylon Berlin«

Die heiß erwartete Fernsehserie nach den Romanen von Volker Kutscher nimmt weiter Gestalt an: mit einer neuen Filmstadt

R.W. Fa ssb i n d e r

Mit der »Berlinale« kehrt Fassbinders berühmte Serie »Acht Stunden sind kein Tag« zurück: digital restauriert

Radu Jude

Der rumänische Regisseur schafft zeitlos-aktuelle Betrachtungen der conditio humana, nun auch mit seinem Film »Scarred Hearts« Asghar Farhadi und sein subtiles Kino der Andeutungen: Einmal mehr fasziniert der Iraner mit seinem aktuellen Film »The Salesman« über zwei Menschen in einer vom Einsturz bedrohten Gesellschaft 2. Februar 2017 € 5,50 70. Jahrgang


filmdienst 03 | 2017 DIE NEUEN KINOFILME Neu im Kino Alle Starttermine

51 Die Abmachung 9.2. 40 Den Sternen so nah 9.2. 49 Der Eid 9.2. 51 Erzähl es niemandem! 2.2. 43 Familienfilm 2.2. 51 From Business to Being 2.2. 44 Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen 2.2. 41 Die irre Heldentour des Billy Lynn 2.2. 51 Kokolampy 26.1. 45 Live by Night 2.2. 49 Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste 9.2. 49 Mary’s Land 19.1. 37 Noma 9.2. 49 Olanlar Oldu 19.1. 49 Resident Evil: The Final Chapter 19.1. 39 Scarred Hearts - Vernarbte Herzen 9.2. 47 The Eyes of My Mother 2.2. 46 The Girl with all the Gifts 9.2. 50 The Great Wall 12.1. 36 The Salesman 2.2. 48 Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen 2.2. 42 Volt 2.2. 38 Was hat uns bloß so ruiniert 9.2. 49 xXx: The Return of Xander Cage 19.1.

Kinotipp  der katholischen Filmkritik

44 Hidden figures – unerkannte heldinnen

45 live by night

41 die irre heldentour des billy lynn

36 The Salesman Asghar Farhadis meisterliches Drama um Schuld, Rache und Vergebung

fernseh-Tipps 56 Zum Start der »Berlinale« zeigen arte und 3sat etliche herausragende Filme aus den Programmen der letzten Jahre. mdr, rbb und NDR erinnern an Manfred Krug, arte ­widmet der französischen Schauspielerin Leslie Caron einen Themenabend.

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48 timm thaler oder das verkaufte lachen

Fotos: TITEL: Prokino. S. 4/5: Prokino, Twentieth Century Fox, Warner Bros., Sony, Constantin, Kristina Jaspers, Arsenal-Institut für Film und Videokunst e.V./Berlinale Forum_Forum Expanded, Concorde

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03 | 2017 DIE ARTIKEL Inhalt Kino

Akteure

FilmKunst

10 »Babylon berlin«

24 kino aus nigeria

27 e-mail aus hollywood

10 »Babylon berlin«

22 kirill serebrennikov

Für die Verfilmungen der historischen Kriminalromane von Volker Kutscher wurde in Babelsberg ein Stadtviertel der Weimarer Republik nachgebaut. Erste Blicke in die Konzeption der aufwändigen Kulissen-Welt und Eindrücke vom Dreh.

Mit seinem Drama »Der die Zeichen liest« über die Radikalisierung eines Schülers schuf der Filmemacher eine Parabel auf das gegenwärtige Russland. Ein Gespräch über die fragile Rolle von Kunst und Kultur in Zeiten enger werdender Spielräume.

Von Kristina Jaspers und Georg Simbeni

Von Barbara Wurm

16 asghar farhadi

24 kino AUS nigeria

Von Stefan Volk

Von Stephan Ahrens

20 radu jude

26 in memoriam

Der iranische Regisseur ist ein Meister des Andeutens. Seine Filme handeln von Krisen in der Gesellschaft und in Familien, von Schuld und Sühne, ohne in simple GutBöse-Schemata zu verfallen. Eine Würdigung von Farhadis Erzählkunst.

Der Rumäne thematisiert in seinen Filmen dunkle Flecken in der Vergangenheit seines Landes. Nun kommt »Scarred Hearts« in die deutschen Kinos. Ein Gespräch über Geschichte, Ästhetik und das Zusammenspiel von Komik und Tragik.

Nigeria gehört seit den 1950er-Jahren zu den produktivsten Kino-Nationen der Welt. 2015 wurden durch Zufall einige Filmdosen mit verschollenen Werken entdeckt. Nun werden die Funde auf der diesjährigen »Berlinale« vorgestellt.

Nachrufe auf den argentinischen Regisseur Eliseo Subiela, die Schauspieler Claude Gensac und Om Puri sowie den Drehbuchautor William Peter Blatty.

27 e-mail aus hollywood

Zu den Kassenflops am Anfang des neuen Kinojahres zählt auch Martin Scorseses neuer Film »Silence«. Kein guter Beginn für ein Jahr, für das einige vielversprechende Projekte angekündigt sind. Von Franz Everschor

28 Fassbinders Erbe

1972 drehte Rainer Werner Fassbinder die Fernsehserie »Acht Stunden sind kein Tag« über eine Arbeiterfamilie. Rückschau auf ein revolutionäres Projekt und Spurensuche in der neuen Kinokomödie »Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes«. Von Michael Töteberg und Ralph Eue

33 waltraut pathenheimer

Als Standfotografin begleitete Waltraut Pathenheimer fast 40 Jahre lang das DDRKino. Ein Bildband würdigt sie und ihre einfühlsamen Filmstills. Von Horst Peter Koll

Von Rainer Dick und Wolfgang Hamdorf

Von Wolfgang Hamdorf

Rubriken 3 Editorial 4 Inhalt 6 Magazin 34 DVD-klassik 52 DVD/Blu-ray 56 TV-Tipps 66 filmklischees 67 Vorschau / Impressum

Wurde Ende Januar in Berlin ­vergeben: Der »Ernst-Lubitsch-Preis« (Bild links, vgl. S. 8).

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Der Szenenbildner Uli Hanisch entwirft für die Serie »Babylon Berlin« ein faszinierendes Architekturkondensat

Eine 10

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Raumz


Nach mehr als 180 Drehtagen wurden zum Jahresende die Dreharbeiten zum Serienprojekt »Babylon Berlin« beendet. Derzeit befindet sich die schon im Vorfeld für Aufsehen sorgende Filmserie nach den historischen Kriminalromanen von Volker Kutscher in der ­Postproduktion. Regisseure und Autoren sind Tom Tykwer, Henk Handloegten und Achim von Borries. Nur wenig ist über die Filme bislang bekannt, doch einen »Star« gibt es bereits: die aufwändig gestaltete Stadtkulisse von Uli Hanisch als tragfähiges Fundament für das Eintauchen in eine vergangene Epoche.

Von Kristina Jaspers und Georg Simbeni

eitmaschine Filmdienst 03 | 2017

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kino Babylon Berlin

Das Kaufhaus »Adam und Söhne«, Dreharbeiten bei Nacht

In Potsdam ist ein neues Stadtviertel entstanden. Ein Vergnügungspalast und ein großes Kaufhaus bilden das Entrée zu einer Prachtmeile mit opulenten Jugendstilgebäuden. Aufwändige Stuckaturen und Erker zeugen vom Wohlstand der Bewohner. Gründerzeitgebäude in schlichterem Stil schließen sich an und leiten über in einen Arbeiterkiez mit offenen Rauputz- und Brandwänden. Verwinkelte Hinterhöfe laden zu Versteckspielen oder Verfolgungsjagden ein. Das Ensemble nennt sich »Metropolitan Backlot«, wird umgangssprachlich jedoch meist »Neue Berliner Straße« genannt – was deutlich untertrieben ist, handelt es sich doch um vier Straßenzüge mit Zufahrtswegen und verschachtelten Innenhöfen, die beliebig in jede andere Großstadt verwandelt werden können. Gebaut als Filmkulisse, hat dieses Viertel viel mit realer Architektur gemein und ist für eine Haltbarkeit von mindestens 20 Jahren ausgelegt. Entworfen hat das Ensemble der Szenenbildner Uli Hanisch, der in einer Doppelfunktion agierte: Zum einen konzipierte er für Studio Babelsberg eine wandlungsfähige und zugleich dauerhafte Außenkulisse, die aber zum anderen die passenden Schauplätze für die von X-Filme (zusammen mit ARD Degeto und Sky) produzierte Fernsehserie »Babylon Berlin« darstellen sollte. Das Ergebnis mit Kopfsteinpflaster, patinierten Ober-

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flächen und vielen kleinen Ausstattungsdetails wirkt so verblüffend authentisch, dass die gewaltige Stahlkonstruktion im Hintergrund der Fassaden vollständig in Vergessenheit gerät. Ein gigantisches Projekt, im Grunde mit nichts vergleichbar Die alte Berliner Straße, die vor vier Jahren abgerissen wurde, hatte 1998 der Szenenbildner Lothar Holler für Leander Haußmanns Kinofilm »Sonnenallee« entworfen. In den folgenden 16 Jahren wurden mehr als 300 Projekte in den Kulissen realisiert. Fassaden wurden mehrfach umgebaut, Treppenhäuser nachträglich begehbar gemacht. In Roman Polanskis »Der Pianist« (2002) verwandelte sich die Straße ins Warschauer Ghetto, in Quentin Tarantinos »Inglourious Basterds« (2009) ins historische Paris. Mit Hilfe digitaler Effekte ließen sich die Szenerien optisch erweitern. Bei der Planung der neuen Berliner Straße konnte man also auf umfangreiche Erfahrungen zurückgreifen. Den Neubau wäre Studio Babelsberg sicher nicht in dieser Größenordnung angegangen, hätte nicht mit »Babylon Berlin« eine Erstnutzung und mit Uli Hanisch ein dem Studio bestens vertrauter Szenenbildner bereit gestanden. Hanisch arbeitet seit Jahren eng mit Tom Tykwer zusammen. Für dessen Film »The International« errich-

tete er 2009 das Guggenheim Museum nahezu im Maßstab eins zu eins in einem Lokschuppen auf dem Studiogelände. Auch stemmte Hanisch bereits mehrere große internationale Co-Produktionen, brachte also die Erfahrung mit, die ein solches Projekt erfordert – nicht allein in der Konzeption, sondern ebenso in der Logistik, Organisation und Teamleitung. Mehr als 70 Personen arbeiteten im Art Department, der Ausstattung und in der Requisite. Umgesetzt wurde das gigantische Projekt des Bauherren Michael Düwel, Geschäftsführer des Art Departments Babelsberg, unter der Bauleitung von Marco Preßler und der Aufsicht von Art Director Daniel Chour. 300 Bauarbeiter realisierten innerhalb von fünf Monaten den Aufbau der Kulissen. Mit Hilfe einer 500-Tonnen-Stahlkonstruktion errichteten sie eine Fassadenfläche von 8.400 qm, die allein mit mehr als 600 Türen und Fenster versehen ist. Soweit die Superlative. Erfahrung ist hier hilfreich, aber wenn man ehrlich ist: Ein vergleichbares Projekt gibt es im Grunde nicht. 15.000 qm verdichtete Berliner Stadtund Sozialgeschichte Die Vorgaben von Studio Babelsberg waren pragmatisch. Das Set sollte vor dem Zweiten Weltkrieg im alten Berlin angesiedelt sein, da dies den häufigsten Drehanfragen entspricht. Es sollte modular sein,


Der Vergnügungspalast »Moka Efti«

damit Fassadenteile leicht ausgetauscht und modifiziert werden können. Mehrere Zufahrtwege waren zu berücksichtigen, die zugleich die Erweiterung um Greenscreen-Elemente ermöglichen sollten. Gemäß Potsdamer Bauordnung durfte die Traufhöhe von 12 bis 15 Meter nicht überschritten werden – ansonsten erhielt Hanisch annähernd eine »carte blanche«. Das wusste er zu nutzen, denn für »Babylon Berlin« sollte nicht einfach eine Straßenkulisse, sondern ein komplettes komprimiertes Stadtbild entstehen. »Babylon Berlin« spielt Ende der 1920erJahre. Basierend auf den Erfolgsromanen von Volker Kutscher, begleitet die Serie Kriminalkommissar Gereon Rath (Volker Bruch) bei seinen Ermittlungen durch den Sündenpfuhl Berlin. Am Horizont der »wilden Zwanziger« kündigen sich politische Unruhen an. Drehbuch und Regie übernahmen Tom Tykwer, Henk Handloegten und Achim von Borries. Mit einem Budget von rund 40 Mio. Euro ist es die bislang teuerste deutsche Fernsehproduktion. Zwei Staffeln mit je acht Folgen sind bereits abgedreht, im Herbst 2017 beginnt die Ausstrahlung auf Sky, die ARD sendet ein Jahr später. Neben den Hauptdarstellern Volker Bruch und Liv Lisa Fries gehören Stars wie Lars Eidinger, Fritzi Haberlandt und Matthias Brandt zum Ensemble. 300 verschiedene Motive werden in den Drehbüchern beschrieben,

darunter Original-Locations wie der Berliner Alexanderplatz. Die Konzeption der Berliner Straße fand parallel zur Drehbuchentwicklung statt. Die Szenen waren also noch nicht ausformuliert, als Hanisch bereits ihre Verortung antizipieren musste. Doch genau darin liegt seine Stärke: Schauplätze zu erfinden, die einer Geschichte Halt geben, Glaubwürdigkeit, und subtil eine erzählerische Ebene hinzufügen. Hanisch spricht von »Storytelling« und »Worldbuilding«. Am Beispiel der Berliner Straße bedeutet das: Er nimmt zunächst starke Setzungen vor, in Form markanter, ultramodernistischer Gebäude wie dem Kaufhaus »Adam und Söhne« mit horizontaler Gliederung und großen Schaufenstern oder dem Rundbau »Moka Efti«, einem Vergnügungspalast im Zentrum des Prachtboulevards. Diese Gebäude verorten die Erzählung und verleihen ihr ein wiedererkennbares Gesicht. Der Name des Kaufhauses verweist übrigens auf das Sportkaufhaus »S. Adam«, das an der Friedrichstraße Ecke Leipziger Straße stand und der jüdischen Familie des legendären Production Designers Ken Adam gehörte. Ende der 1920er-Jahre hatte Adams Vater einen Architekturwettbewerb initiiert, an dem sich u.a. Mies van der Rohe und Peter Behrens beteiligten. Doch der Neubau konnte nicht realisiert werden. Die Familie Adam musste vor

dem Nazi-Regime fliehen. Der Kulissenbau ist nun eine nachträgliche Wiedergutmachung und Reverenz. Das intuitiv verständliche Bild eines atmosphärisch gestimmten Raums Die einzelnen Straßenabschnitte legt Hanisch zurückhaltender an, sie bieten urbane Bewegungsräume, die en passant eine Zuordnung erlauben. Mit Hilfe von unterschiedlichen Geschosshöhen, Ornamentik und ausgefeiltem Farbkonzept wird der Übergang von »reich« zu »arm«, von Charlottenburg über Kreuzberg bis zum Wedding durchdekliniert. Mietshäuser und heruntergekommene Innenhöfe lösen elegante Wohnpaläste und Hotels ab, eine Einkaufsstraße mit Kaffeehaus sowie kleine Geschäfte bilden den öffentlichen Raum. Stadt- und Sozialgeschichte werden zu einem architektonischen Bild kondensiert. Das ist die besondere Qualität dieses Straßenensembles, das weder einfach nur Kulisse noch Freilichtmuseum ist. Hier geht es nicht um ein originalgetreues historisches Abbild, sondern darum, mit Hilfe von Verdichtung und Übertreibung ein intuitiv verständliches Bild zu kondensieren, einen atmosphärisch gestimmten Raum zu schaffen, der auf vielfältigste Art erschlossen werden kann. Dass diese Straßenzüge nicht langweilig werden, hat auch mit Hanischs Arbeitsweise zu tun.

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Georg Simbeni auf der Baustelle in Babelsberg, Februar 2016

Er konzipiert seine Filmräume so gut wie nie rechtwinklig, er verzerrt und verbiegt die Grundrisse, sodass perspektivische Verschiebungen entstehen, die für die Filmkamera besonders reizvoll sind. Da die Höhe der Kulissen durch die Bauordnung reglementiert war, stand von Anfang an fest, dass die Gebäude mit Hilfe digitaler Effekte nach oben verlängert werden müssen. Die Entwürfe bilden zwar die kompletten Gebäude ab, gebaut wurden sie jedoch nur bis zur zweiten bzw. dritten Etage. Ursprünglich gab es den Plan, sogar nur das Erdgeschoss real zu bauen und den gesamten Rest virtuell in der Postproduktion einzufügen. Eine Idee, die Hanisch nicht geschreckt hätte, im Gegenteil: Als Dozent an der IFS in Köln engagiert er sich für eine enge Verschränkung von Szenenbild und digitaler bzw. virtueller Filmtechnik. Das ­P roduction Design der Zukunft, so Hanisch, wird immer beides zusammen denken. Davon ist er ebenso überzeugt wie sein Art Director Daniel Chour, der Architektur studierte und später zum Szenenbild wechselte. Chour betreute den Bauvorgang der Berliner Straße von X-Film-Seite vor Ort. 16 Mio. Euro hat Studio Babelsberg in das »Metropolitan Backlot« investiert, eine beachtliche Summe. Doch die Nutzung scheint gut anzulaufen. Nach »Babylon Berlin« drehte Duncan Jones in den Babelsberger Kulissen seinen ScienceFiction-Thriller »Mute«, der im Berlin des Jahres 2052 spielt. Auch Terrence Malick nutzte die Straße schon für seinen in Österreich spielenden Film »Radegund«. Das »Architekturkondensat« Neue Berliner Straße ermöglicht eben nicht nur das Eintauchen in eine einzige historische Epoche und an einen bestimmten Ort: Als Raumzeitmaschine wirkt es mit offenen Haltepunkten. Kristina Jaspers

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»metropolitan backlot«: Drehnotizen Im Frühjahr 2015 zeichnet sich die Größenordnung der von Uli Hanisch entworfenen »Neuen Berliner Straße« in Babelsberg ab. Hanischs Sammlung, die jedes Jahr beständig wächst, wird von der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen verwahrt. Im April 2015 verabreden Studio Babelsberg und X-Filme daher, dass der Entwicklungs- und Entstehungsprozess exklusiv durch die Kinemathek begleitet werden darf, um so dieses einzigartige Bauprojekt im Werkzusammenhang von Uli Hanisch zu dokumentieren. Kristina Jaspers, Kuratorin an der Kinemathek, und Georg Simbeni, wissenschaftlicher Mitarbeiter und zugleich Kameramann, begleiten filmisch die Arbeitsabläufe und führen Interviews mit den Beteiligten, u.a. mit Szenenbildner Uli Hanisch, dem Leiter des Art Departments Michael Düwel, dem Art Director Daniel Chour und dem Bauleiter Marco Preßler. Nachfolgend Auszüge aus dem Drehtagebuch von Georg Simbeni. An 13 Drehtagen, verteilt auf einen Drehzeitraum von 19 Monaten, entstehen mehr als 14 Stunden Videomaterial: Aufnahmen von den Zeichnern und Zeichnerinnen in den Büroräumen von X-Filme, von den Bauarbeiten auf dem Studiogelände Babelsberg (vom Skelett aus Stahlträgern bis zur eingerichteten Geschäftsauslage des Kaufhauses); Aufnahmen von den zahlreichen Gewerken in den Werkstätten und Büroräumen des Filmstudios, von Motivbegehungen und Dreharbeiten zum Projekt »Babylon Berlin«.

15. April 2015 Wir stehen mit Michael Düwel an der Stelle, an der zukünftig die Friedrichstraße und der Stadtteil Wedding aufeinandertreffen und ineinander übergehen werden. Eine Vorstellung der Dimension dessen, was hier auf einer Baufläche von rund 15.000 qm entstehen wird, fällt schwer. Momentan lässt sich lediglich eine Brachfläche ausmachen, an die 200 m lang und ca. 60 m breit. Bald, so Düwel, stehe hier eine auch akustisch geschlossene Kulisse mit einer Bauhöhe von bis zu 15 Metern. Der Wind rauscht im Mikrofon meiner Kamera. Als Michael Düwel uns in den Werkstätten verschiedene Materialmuster, Oberflächen und Farben zeigt, entwickelt sich auch eine erste Vorstellung für die Werkstoffe, aus denen die Kulissen bestehen werden. Für ihn gehe es im Kulissenbau um eine Überhöhung der Strukturen, um erzählerische Bilder und Momente im Film zu erzeugen, jedoch stets unter der Voraussetzung, »echt« zu wirken. Das funktioniere am besten durch eine Symbiose von tatsächlich vorhandenen Materialien und deren digitaler Erweiterung, nicht jedoch in der »grünen Hölle« einer reinen GreenscreenKulisse. Regie, Kamera und Schauspieler müssen sich im Setting wohlfühlen.

Lese h in w eis

»In Berlin gab es eine enorme Freiheit«. Ein Interview von Rüdiger Suchsland mit dem Regisseur und Autor Achim von ­Borries, u. a. über »Babylon Berlin«, ­d eutsche Geschichte, Berlin und dessen Mythos. In: FILMDIENST 03/2016.


Fotos/Abbildungen: S. 10–13: Uli Hanisch. S. 14/15: Kristina Jaspers (Panoramafotos), Georg Simbeni (Baufotos, Porträt Uli Hanisch). Dank an X-Filme und Studio Babelsberg.

Babylon Berlin kino

19. Februar 2016 Ab heute gehören festes Schuhwerk, Warnweste und Helm zu unserer Arbeitskleidung auf dem Studiogelände. Gut sichtbar und dennoch unauffällig kann ich mich mit meiner Ausrüstung (mein Setup fällt mit einer DSLR-Kamera, einem 24-70mm-Objektiv und aufgestecktem Mikrofon bewusst klein und flexibel aus) frei auf der Baustelle bewegen. Art Director Daniel Chour führt uns auf die Baustelle, wo wir miterleben wie Stahl-Erdanker mit einer Länge von 7 m in den Boden gerüttelt werden. Am Ende des Projekts werden 400 solcher Träger und ca. 500 Tonnen Stahl das Skelett des Kulissenbaus bilden. Erstaunlich ruhig verschwinden die Anker in der Erde, Boden und Kamera vibrieren. Auf die Frage, wo in der Neuen Berliner Straße die Grenze zwischen Architektur und Kulisse verlaufe, antwortet Bauleiter Marco Preßler, dass es wichtig sei, stets im Blick zu behalten, was die Kamera tatsächlich sieht: neue Stahlarchitektur hinten und schöne »alte« Berliner Straße vorne. Er beschreibt uns die Herausforderungen in der Arbeit mit langlebigen, wetterfesten, aber gleichzeitig leicht bearbeitbaren Materialien sowie die Arbeit im Spannungsfeld von serieller Produktion und individueller Optik.

22. April 2016 In den Büroräumen, die von dem langen Gang (die Wände sind vollgeklebt mit Skizzen und Zeichnungen) abgehen, ist die Zahl der beschäftigten Zeichnerinnen von einem Dutzend auf drei geschrumpft. Die zahlreichen leeren Arbeitsplätze vermitteln noch spürbar jene Betriebsamkeit in der Hochphase der Fassadenplanung. In den Werkstätten hingegen herrscht Hochbetrieb. Wieder bin ich überrascht, wie ruhig die Arbeiten vor sich gehen. In der Werkstatt der Stuckateure spielt das Radio Tschaikowsky. In den Räumen für Textilien läuft Jazz, in einer der großen Fertigungshallen leise Rock-Musik. 600 Türen und Fenster für mehr als 50 Hausfassaden werden hier gebaut und bearbeitet, beschriftet und gelagert.

27. Juni 2016 Einrichten der Kulisse für Dreharbeiten in den kommenden Tagen: In Charlottenburg werden im Schaufenster von »Levinski« Handschuhe und Strümpfe drapiert. In die Straßenlaterne vor dem Ladeneingang werden vorsichtig Macken in den frischen Lack geschlagen. In einer Weddinger Seitenstraße werden einzeln kleine Grasbüschel gepflanzt, als wären sie langsam aus den Rissen in der Hauswand gewachsen. Im anliegenden Innenhof wird mit einer Arbeitsbühne eine Blume an den für sie bestimmten Platz auf dem Fensterbrett im 1. Stock gebracht. Gebannt mache ich mehr und mehr Aufnahmen.

11. August 2016 Pünktlich zum disponierten »Crew Call« um sieben Uhr komme ich ans Set zu den Dreharbeiten einer Außenszene im Wedding. Inmitten der hektischen Zeit kurz vor der ersten Probe und der ersten Klappe. Ich folge Uli Hanisch mit der Kamera: Zwischen Gesprächen mit dem Regisseur, der Regieassistentin, dem Kameramann usw. werden letzte Plakate in Hauseingänge geklebt, Barrikaden errichtet, Dreck auf der Straße verteilt. Schließlich wird alles mit Fotos dokumentiert. Die Scheibe mit dem Schriftzug »Franz Fischer Schneidermeister« ist eingeschlagen, durch das Megafon kommt die Ansage der Regieassistentin, dass wir für die Probe das Bild freimachen sollen. Für einen konzentrierten Moment findet hier eine Zeitreise im doppelten Sinne statt. Vor 16 Monaten stand ich an dieser Stelle auf einer Brachfläche, jetzt auf Kopfsteinpflaster, zwischen Häusern und brennenden Barrikaden. Mit dem Schlagen der Klappe bin ich im Berlin der 1920er-Jahre, mit dem »Danke, aus« zurück in der Kulisse der Neuen Berliner Straße im August 2016. In diesem Moment erscheint die Zeit wirklich relativ.  Georg Simbeni

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E-Mail aus Hollywood filmkunst

E i n n e u e s

Foto: Cappa Defina Productions

K i n oja h r Das Kinojahr 2017 hat angefangen wie das Jahr 2016 aufgehört hat: mit Überra­ schungen und Enttäuschungen. Dass der von allen als Außenseiter betrachtete Film »Hidden Figures« so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte wie er es in den ersten Wochen des neuen Jahres in den USA getan hat, ist ein gutes Zeichen. Das amerikanische Publikum scheint sich doch noch nicht ganz in den realitätsfernen Fantasien des Disney-Imperiums verloren zu haben. Es verhalf der zwischen Komödie und historischem Drama angesiedelten Geschichte von drei hochbegabten schwarzen Mathematikerinnen der NASA zu beachtlichen Einspielergebnissen. Das geschah vor allem auf Kosten von »Monster Trucks«, eines kinderfreundlichen Radaufilms, dessen Schwierigkeiten im Produktionsstadium Paramount bereits vor dem Kinostart zu Abschreibungen von 115 Mio. Dollar veranlasst hatten. Auch »Live by Night«, Ben Afflecks neuerlicher Versuch, gleichzeitig als Produzent, Autor, Regisseur und Darsteller aufzutreten, fand wenig Interesse. Man muss diesen Misserfolgen nicht nachweinen. Wohl aber Martin Scorseses »Silence«, der nach einem auf ganz wenige Theater limitierten Weihnachtsstart nun in ein paar hundert Kinos kam. Kritiker hatten bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Scorseses Film über die Suche zweier Jesuitenpater nach ihrem Mentor, der in den Wirren

einer brutalen Christenverfolgung im Japan des 17. Jahrhunderts spurlos verschwand, wenige Konzessionen an konventionelle Erwartungen des Publikums bereithalte. Doch dass die Kinos, die »Silence« zu Anfang des Jahres spielten, gähnend leer blieben, hatte wohl doch keiner vermutet. Nun suchen die Experten nach Hinweisen jenseits des anspruchsvollen Sujets, die erklären könnten, warum das Werk eines allseits bekannten und verehrten Regisseurs, dessen Filme zwischen »Taxi Driver« und »The Wolf of Wall Street« auch dem breiten Publikum ein Begriff sind, so total versagen konnte. Noch bevor »Silence« am 2. März in Deutschland anlaufen wird, dürfte es darüber wahrscheinlich eine Menge Theorien geben. An dieser Stelle soll jedenfalls jetzt schon für den Film eine Lanze gebrochen werden. Nicht viele andere Projekte des Jahres 2017 werden ihn an Bedeutung übertreffen können. Dabei scheint 2017 gar nicht einmal ein Jahr zu werden, in dem Gleichförmigkeit das Geschehen in den Kinos beherrscht. Regisseure wie Ridley Scott, Denis Villeneuve und Christopher Nolan bringen zum Beispiel neue Filme heraus. Und ein veränderter Blick auf einstige Erfolgssujets wie »Blade Runner«, »Alien«, »The Planet of the Apes« und »The Mummy« wird sicher eine Vielzahl alter und neuer Fans zum Besuch animieren. Ridley Scott tritt gleich zweimal in den Vordergrund: als Produzent

Franz Everschor berichtet für FILMDIENST seit 1990 aus Hollywood

»Nicht viele andere Projekte des Jahres 2017 werden Martin Scorseses ›Silence‹ an Bedeutung übertreffen können ...«

von »Blade Runner 2049«, bei dem diesmal Villeneuve Regie führt, und als Regisseur von »Alien: Covenant«. Es ist immer spannend, was renommierte Filmemacher dem Grundkonzept eines berühmten alten Films abzugewinnen vermögen. Dass ScienceFiction-Filme dazu besonders häufig Anlass geben, nimmt nicht wunder. Das Genre selbst mit seinen schier endlosen Möglichkeiten der Variation fantastischer Weltentwürfe bietet sich dafür von selbst an. Ob die Erwartungen des Publikums auch bei so ikonischen Vorbildern wie »Blade Runner« und »Alien« erfüllt werden können, erhöht nur das Interesse. Vor allem »Blade Runner«, die schon 35 Jahre alte Verfilmung des Romans »Do Androids Dream of Electric Sheep?« von Philip K. Dick, hat sich nach anfänglich geringer Zündkraft zu einem Kultfilm entwickelt, dem im Sci-Fi-Genre nur Kubricks »2001« Konkurrenz macht. Von Ridley Scotts »Blade Runner« existieren inzwischen nicht weniger als sieben Fassungen, was allein schon das Ausmaß beschreibt, in dem der Film in Fan-Kreisen diskutiert wird. Von den erwähnten drei Regisseuren greift nur Christopher Nolan auf ein nicht in der Fantasie, sondern in der europäischen Vergangenheit verankertes Thema zurück, auf die Schlacht um Dünkirchen, englisch »Dunkirk«, gedreht im 65-mm-IMAX-Format von Hoyte van Hoytema, dem sensationellen Kameramann von »Her«, »Interstellar« und »Spectre«. Franz Everschor

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Kritiken neue Filme

The Salesman

Scheinwerfer werden auf die Mitte des kleinen Theaters gerichtet. Betten bestimmen das Bühnenbild, werden verrückt und wieder zusammengeschoben. Im Hintergrund strahlen Neonröhren, wie die Sterne eines »American way of life«, der in Arthur Millers »Tod eines Handlungsreisenden« am Verblassen ist. Emad, der in Teheran als Lehrer arbeitet, und seine Frau Rana spielen in einer kleinen Laien-Theatergruppe die Hauptrollen in Millers Bühnenstück. Auf die künstlich errichtete Wohnung des Theatersets folgen Szenen eines real im Einsturz begriffenen Apartmenthauses: Unten gräbt der Bagger versehentlich am Fundament. Oben durchziehen erste Risse die ­Fenster, während die Bewohner, unter ihnen Emad und Rana, sich panisch selbst evakuieren ­müssen. Der Film des iranischen Regisseurs Asghar Farhadi, der selbst Theaterwissenschaft studiert hat, beginnt mit Metaphern, aus denen das bevorstehende Unheil nur so hervorquillt. Keines von Farhadis bisherigen Beziehungsdramen, in denen jedes Wort sitzt und keines zu viel erscheint, bemühte bislang solche Bilder des Zerfalls. Was vielleicht auch daran liegt, dass Farhadi wachsend mehr Mühe hat, Missstände im Iran anzusprechen. Hier aber manifestiert sich das Unbill in

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einem riesigen Riss über dem Ehebett von Emad und Rana – einem gebildeten Paar aus der Mittelschicht, das den einsturzgefährdeten Block verlassen muss, in der sich rapide verändernden Stadt Teheran zunächst aber keine neue Wohnung findet. Als ein Schauspielkollege ihnen ein Apartment anbietet, drängen Emad und Rana ihre Skepsis gegenüber der vormaligen Bewohnerin so schnell beiseite wie sie deren Habseligkeiten nach draußen auf eine Terrasse befördern. Bemerkungen der Nachbarn lassen darauf schließen, dass die Vormieterin, die nicht will, dass man ihre Sachen anrührt, mit ihrem Körper weit weniger exklusiv umging. Der Vorwurf der Prostitution steht im Raum. Als es abends unten am Hauseingang klingelt, öffnet Rana in Erwartung von Emads Rückkehr die Wohnungstür und springt unter die Dusche – nicht ahnend, dass ein Fremder in die Wohnung eindringt. Später wird sie nackt, blutend und bewusstlos von den Nachbarn gefunden. Wie soll man etwas kitten, das sich tief in die Herzen gefressen hat und alles zu verschlingen droht? Farhadis exzellente Dramen wühlen sich still und unerbittlich in die Untiefen menschlicher Beziehungen. In »Nader und Simin – Eine Tren-

nung« (2011) war es der angebliche Stoß einer schwangeren Putzfrau, der den Graben zwischen einem Ehepaar erst so richtig aufriss. In »Le passé – Das Vergangene« (2013) bemühte sich ein Liebespaar anfangs noch, dem baufälligen Haus wie ihrer mit Schuld beladenen Beziehung einen frischen Anstrich zu geben – bis ein zwischen Mutter und Tochter klaffender Graben alle zu verschlingen drohte. In »The Salesman« erweist sich Farhadi erneut als Meister unausweichlicher Kollisionen. Unaufgeregt zeichnet er deren Spuren nach und bezieht noch stärker als sonst Position: für Rana und gegen die aufgeheizte Atmosphäre des Misstrauens in einem Land, in dem die Schuld so oft zuerst bei der Frau als angeblicher Verführerin gesucht wird, während das Ego des Mannes das Recht auf Vergeltung und Vergebung für sich beansprucht. Farhadis Figuren verbalisieren das nicht, doch davon handelt die Geschichte umso mehr, wenn eine fremde Frau nicht mehr neben Emad im Sammeltaxi sitzen möchte, weil der ihr angeblich zu nahe rückt; wenn die Zensurbehörde bei den Theaterproben vorbeikommt oder Emad seine Frustration ausgerechnet an dem Schüler auslässt, der ihn zuvor heimlich beim Schlafen im

Klassenzimmer filmte – auch eine Art Missbrauch, auf die Emad mit einer Bloßstellung reagiert, die im Iran so verbreitet scheint. Die Vormieterin sei »keine anständige Frau« gewesen, sagen die Nachbarn, und schieben ihr die Schuld in die Schuhe, eine gewisse Art von Männern und somit die Gewalt angezogen zu haben. Auch Ranas Weigerung, zur Polizei zu gehen, scheint in der Furcht begründet, durch das Öffnen der Tür an ihrem Unglück mitschuldig zu sein. Geschickt belässt Farhadi den Tathergang in einer Dunkelheit, die sich in Ranas angeblichem Gedächtnisverlust und in ihrem Schweigen breitmacht. Was dagegen ans Licht kommt, ist ein in seiner Ehre gekränkter Ehemann, der sich auf eine von den Andeutungen der Nachbarn befeuerte Jagd nach dem Täter macht. Nicht, um ihn der Polizei zu übergeben, sondern um ihn vor dessen eigener Familie bloßzustellen, die (noch) so unbeschwert ist, wie es Emad gerne wieder wäre. Mit Hilfe seiner fantastischen Schauspieler bereitet Farhadi damit einen packenden zweiten Akt der Entmachtung vor: Rana widerfährt ein doppelter Missbrauch, wenn ihr von ihrem eigenen Ehemann eine Rache aufoktroyiert wird, die sie zwischen Verletzung, Angst und

Fotos S. 36–51: Jeweilige Filmverleihe

Meisterliches Ehedrama von Asghar Farhadi


neue Filme Kritiken Scham gar nicht will. Was man nicht ausspricht, das fühlt sich im Privaten vielleicht weniger real an. Das ist ein Fehler, den auch die Frau des Handlungsreisenden macht. Auf der Bühne, wo es Miller auch um das Scheitern an Geschlechterrollen ging, versucht Rana mühevoll ihr auf alt geschminktes Gesicht zu wahren. Als sie am Ende aber ein letztes Mal die Treppen ihres brüchigen Wohnhauses hinabsteigt, da hat sich der Riss des Mauerwerks längst in ihr Gesicht eingeschrieben. Kathrin Häger

Bewertung der Filmkommission

Ein Ehepaar in Teheran, das an einer Inszenierung von Arthur ­Millers »Tod eines Handlungsreisenden« mitwirkt, muss Hals über Kopf seine Wohnung verlassen und findet Unterschlupf in Räumen, die zuvor einer als Prostituierte diskreditierten Mieterin gehörten. Als die Ehefrau abends die Wohnungstür offen lässt und später von den Nachbarn bewusstlos vorgefunden wird, gerät die Ehe in eine schwere Krise. Das von subtilen Metaphern durchwebte Beziehungsdrama reflektiert die Probleme eines gebildeten Paars aus dem iranischen Mittelstand, das mit Fragen um Scham, Bloßstellung und Ehrgefühlen konfrontiert wird. Der fantastisch gespielte und elegant inszenierte Film spiegelt kunstvoll das Scheitern an den Geschlechterrollen; die packende Tätersuche entlarvt er als zweiten Akt einer Entmachtung im Ringen um Wahrheit, Rache und Vergebung. – Sehenswert ab 14.

FOURSHANDE. Iran/Frankreich 2016 Regie: Asghar Farhadi Darsteller: Shahab Hosseini (Emad), Taraneh Alidoosti (Rana), Babak Karimi (Babak), Farid Sajjadihosseini, Mina Sadati, Maral Bani Adam Länge: 123 Min. | FSK: ab 12; f Verleih: Prokino | Kinostart: 2.2.2017 FD-Kritik: 44 458

Noma

Doku über den Kopenhagener Gourmet-Tempel Während sich deutsche Spitzen­ köche als Restauranttester im Privatfernsehen verdingen, Schaukämpfe mit B-Promis liefern oder die Nachmittagsprogramme bei den ÖffentlichRechtlichen bevölkern, strebt die internationale Konkurrenz lieber ins Kino, auf die große Leinwand. Nach »El Bulli – Cooking in Progress« (2010) und »Entre les Bras – 3 Sterne, 2 Generationen, 1 Küche« (2011) richtet sich der Blick jetzt nach Norden, wo René Redzepi seine Vorstellung einer genuin nordischen Küche hoffähig gemacht hat. Sein Konzept lautet: »Serviere eine Mahlzeit, die den Gästen sagt, wo sie gerade sind und ­welche Jahreszeit wir haben!« Was im Mittelmeerraum, zumal im Zeichen von »Slow Food«, schon länger gilt, wo regionale Produkte entsprechend der Jahreszeit auf den Tisch kommen, eröffnete dem neugierigen René Redzepi und seinem Team die Perspektive, erstmals auch Skandinavien als kulinarische Region auf der globalen Gourmet-Landkarte zu platzieren. Im Vertrauen auf frische Produkte und die eigene Intuition präsentierte man sich im »Noma« in Kopenhagen als Entdecker eines essbaren Planeten und servierte Wild, Kabeljau und Steinbutt, Meeresfrüchte wie Seeigel, Getreide, Kohl, Wurzelgemüse, Kartoffeln, Kürbis, Topinambur, Kräuter und Beeren. Das Ethos kreativer Bodenständigkeit als neuer Avantgarde, das durchaus auch globalisierungskritische

Züge trägt, wurde belohnt: Von 2010 bis 2012 und dann erneut im Jahr 2014 wählten Gourmetkritiker das Noma zum besten Restaurant der Welt. Der Dokumentarist Pierre Deschamps hat sich für das Konzept des Noma schon früh begeistert und einen einstündigen Film mit dem Titel »Looking North for a Gastronomic Revolution« produziert. Die Nähe zu René Redzepi führte dann zu einer dreijährigen Langzeitbeobachtung, die nicht nur den rasanten Aufstieg des Kochs, sondern auch die Krise des Jahres 2013 festhält, als das Restaurant durch einen Norovirus in die Schlagzeilen geriet, nicht mit dem dritten Stern ausgezeichnet wurde und zudem die Auszeichnung als bestes Restaurant verlor. Insgesamt hat Deschamps 160 Stunden Material gedreht, in der Montage aber nicht so richtig auf den Punkt gebracht. Der Film vermittelt durchaus einen Blick hinter die Kulissen des berühmten Gourmettempels, wobei dessen Konzept aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert und auch mal die Anspannung der Mannschaft deutlich wird, wenn statt des Zitronen­ thymians einmal nur normaler ­Thymian zum Einsatz kommt. Redzepi verlangt von seinen Mitarbeitern absolute Hingabe und Konzentration. Schön sind die Szenen, in denen das Kollektiv sich gegenseitig neue Rezepte vorstellt und prüft. Daneben aber gibt es überflüssige Reenactment-Szenen in Grönland,

Aufnahmen aus dem Privatleben von Redzepi, Kopenhagener Stadtansichten, Statements von Zulieferern und ein paar Anekdoten. Nur gestreift wird das Thema, dass ausgerechnet ein Koch mit mazedonischen Wurzeln die ­nordische Küche profilierte, was vor dem großen Erfolg des Noma kontrovers diskutiert wurde. Und dann überrascht Redzepi auch noch mit handfestem Pragmatismus, wenn er auf dem Weg zum Comeback und dem dritten Stern die radikale Beschränkung aufs Regionale plötzlich nicht dogmatisch verstanden wissen will, ­sondern als »Herausforderung« umdefiniert. Bei diesem Reichtum an Stoff bleibt aber ausgerechnet der geduldige Blick in die Küche mitunter auf der Strecke. Gerne hätte man hier etwas ausführlicher hingeschaut. Als Wiedergutmachung bietet der Film aber einen passend stilvollen Soundtrack mit Tracks von Trentemøller, Olafur Arnalds und dem ­Cinematic Orchestra. Ulrich Kriest Bewertung der Filmkommission

Dreijährige Langzeitdokumentation über den Kopenhagener GourmetTempel »Noma«, der in den letzten Jahren vier Mal zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde. Der Film verfolgt den Aufstieg des Chefkochs René Redzepi und sein Credo einer genuin nordischen Küche aus unterschiedlichen Perspektiven, flicht aber auch Reenactment-­ Szenen, Anekdoten und Privates mit ein. Nicht immer trifft die Montage dabei den Punkt, so wird das Geschehen in der Küche nur unzureichend ausgelotet, wofür der stilvolle Soundtrack entschädigt. – Ab 14.

NOMA – MY PERFECT STORM. Scope. Großbritannien 2015 Regie: Pierre Deschamps Länge: 99 Min. | FSK: ab 0; f Verleih: NFP | Kinostart: 9.2.2017 FD-Kritik: 44 459

Filmdienst 03 | 2017

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The Sea of Trees

Gus Van Sants seltsamer Ausflug in Japans »Selbstmord-Wald«

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Filmdienst 03 | 2017

hoffnungslos verirrt. Arthur will dem Japaner helfen, kann sich aber auch nicht besser orientieren, und so gerät die Suche nach einem Weg aus dem Wald zum qualvollen Überlebenskampf. Man muss kein Genie sein, um sich denken zu können, auf was der Film hinausläuft: Der Kampf mit den Unbillen der Natur und die Annäherung der beiden Männer mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen hilft Arthur, sich selbst und die Gründe, die ihn in den Selbstmord trieben (die nach und nach in langen Rückblenden erzählt werden), in neuem Licht zu sehen. Die Vorhersehbarkeit ist nicht das zentrale Problem, an dem der Film krankt, es ist vielmehr die Penetranz, mit der die Inszenierung ihr Selbstmord-Thema in kitschige Gefühligkeit und vages Spiritualitätsraunen auflöst. In der ersten Szene hofft man noch, das heitere Wohlfühl-Gedudel, mit dem die Filmmusik die eigentlich von Bitternis und Verzweiflung erzählende Sequenz von Arthurs Aufbruch nach Japan komplett neutralisiert, könne ein Ausrutscher sein. Dann aber erweisen sich derlei Neutralisierungen des an sich fesselnden, morbiden Szenarios als Inszenierungsprinzip, an dem Van Sant bis zum im wahren Wortsinn blumigen Ende festhält. Die in Rückblenden geschilderte tragische Ehe-Geschichte, mit der Arthurs Todeswunsch nach und nach begründet wird, hat

zwar dank der famosen Darsteller Matthew McConaughey und Naomi Watts einige intensive Szenen, verzettelt sich aber dann in Over-the-top-Schicksalhaftigkeit und wirkt durch die simplen Kausalzusammenhänge, mit denen sie Arthurs Verfassung wegerklärt, arg vereinfachend. Zudem verwässert sie dramaturgisch dadurch, dass sie die Haupthandlung immer wieder ausbremst, die Irrwanderung der Männer durch den unheimlichen Wald, sodass nur in wenigen Sequenzen etwas von jener Kraft aufscheint, die Van Sants SurvivalAbenteuer »Gerry« hatte. Zwar heben McConaughey und Watanabe durch ihr eindringliches Spiel einige der DialogFlachheiten, wenn ein Konflikt zwischen shintoistisch geprägtem Naturverständnis und westlichem Wissenschaftsglauben oberflächlich angekratzt wird, auf ein erträgliches Niveau – ein guter Film wird daraus aber nicht. – Ab 16. Felicitas Kleiner

THE SEA OF TREES USA 2015 Regie: Gus Van Sant Darsteller: Matthew McConaughey, Naomi Watts, Ken Watanabe Länge: 107 Min. | FSK: ab 12 Anbieter: Universum FD-Kritik: 44 481

Fotos: Jeweilge Anbieter

Als Arthur (Matthew McConaughey) sein Auto verlässt, schließt er nicht ab und lässt Parkticket und Schlüssel im Wagen liegen. Am Schalter im Flughafen checkt er für einen Flug nach Tokio ein, ein Rückflugticket hat er nicht, Gepäck auch nicht. Arthur will nicht zurückkehren, sein versteinerter Gesichtsausdruck verrät, dass es nicht Abenteuerlust oder Aufbruchsstimmung sind, die ihn nach Japan führen. An seinem Ziel angekommen, lässt er sich von einem Taxi zum Aokigahara-Wald chauffieren: an einen Ort, der als »SelbstmordWald« seit den 1960er-Jahren immer wieder Lebensmüde angezogen hat. Auf seinen Weg hinein ins Dickicht nimmt Arthur nur eine Wasserflasche und ein Döschen Tabletten mit. Dem westlichen Publikum ist dieser besondere Ort spätestens seit dem Horrorfilm »The Forest« bekannt, der die sich um den Wald rankenden Spuklegenden aufgreift. Gus Van Sant macht ihn nun zum Schauplatz einer Mischung aus Melodram und Survival-Abenteuer: Kurz bevor Arthur seinen Plan, sich das Leben zu nehmen, umsetzen kann, stolpert ihm ein anderer, entkräfteter Selbstmordkandidat über den Weg: Takumi Nakamura (Ken Watanabe) wollte wegen einer Degradierung im Job nicht mehr leben, hat es sich dann aber anders überlegt – und sich beim Versuch, den Aokigahara wieder zu verlassen,


Kritiken fernseh-Tipps

SA

SAMSTAG 4. februar

07.40 – 09.05 mdr SOS – Petter ohne Netz R: Arne Lindtner Næss Liebeswerter Freundschaftsfilm Norwegen 2004 Ab 10

23.30 – 01.00 BR FERNSEHEN Shoppen R: Ralf Westhoff Lebensnahe Speed-Dating-Komödie Deutschland 2006 Ab 14

20.15 – 21.45 zdf_neo Pretty in Pink R: Howard Deutch Sympathische Teenager-Romanze zwischen Arm und Reich USA 1985 Ab 16

23.35 – 01.10 zdf_neo Trespass R: Walter Hill Actionreicher Krimi USA 1992 Ab 16

21.45 – 00.25 SUPER RTL Prinzessin Mononoke R: Hayao Miyazaki Anime um tapfere Wald-Kriegerin Japan 1997 Sehenswert ab 14

23.50 – 02.00 rbb Fernsehen Don – The King is back R: Farhan Akhtar Schwungvoller Agentenfilm Indien 2011 Ab 12

21.45 – 23.35 zdf_neo Arlington Road R: Mark Pellington Brillant gespielter Polit-Thriller USA 1999 Ab 16

00.00 – 02.15 mdr Spion zwischen zwei Fronten R: Terence Young Spionage-Spektakel mit toller Besetzung Frankreich 1966 Ab 16

22.00 – 23.35 One Kids – In den Straßen New Yorks R: Dito Montiel Realitätsnahe Jugend- und Milieustudie USA 2006 Ab 16

01.30 – 03.08 Das Erste Und täglich grüßt das Murmeltier R: Harold Ramis Menschenfeind gerät in Zeitschleife USA 1992 Ab 12

22.30 – 00.15 Servus TV Triage R: Danis Tanovic Kriegsfotograf leidet an Trauma Irland/Frankreich2009 Ab 16

02.00 – 02.30 rbb Fernsehen JETZT JETZT JETZT R: Christin Freitag Kurzfilm nach Robert Musil Deutschland 2013 Ab 16

4. Februar, 23.30 – 01.00

BR FERNSEHEN

Shoppen Das Konzept von Ralf Westhoffs Spielfilmdebüt klingt simpel: 18 Singles aus München treffen sich zu einem Speed Dating und haben in Mini-Einheiten von je fünf Minuten die Chance, sich dem Gegenüber als potenzieller Partner zu verkaufen. Doch weil Westhoff seine Charaktere mit großem Gestaltertalent zugespitzt hat, hält »Shoppen« zwischen kurzem Prolog und Epilog eine Reihe köstlicher Konfrontationsszenen bereit. Verunsicherte Glückssucher treffen dabei auf selbsternannte »Designerstücke«, unterschiedliche Lebensstile führen zu heftigem Streit, bei dem sich schon ahnen lässt, dass es allein zur Klärung der Differenzen ein Nachtreffen brauchen wird. Und dazwischen ergeben sich immer wieder gefühlvolle Momente, wenn zwei Figuren überraschend merken, dass sie auf derselben Wellenlinie liegen. Besetzt mit zumeist unbekannten, aber ausnahmslosen überzeugenden Theaterschauspielern, sticht »Shoppen« vor allem auch durch Westhoffs außergewöhnliches Gespür für lebensnahe Dialoge aus dem Komödienallerlei des deutschen Kinos heraus.

4. Februar, 22.00 – 23.45 arte

Krebs: Eine Biografie

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Filmdienst 03 | 2017

4. Februar, 02.00 – 02.30

rbb Fernsehen

JETZT JETZT JETZT Ein Spätsommerabend in Berlin. Die Freunde Bene und Richard streifen durch die Straßen und vertreiben sich die Zeit mit rauen Späßen. Bene macht es Spaß, andere zu drangsalieren, Richard bestärkt ihn darin. Mit dabei ist auch der 15-jährige Fabian, der zwischen den Rowdys und einem anderen Jungen namens Jakob steht, für den er heimlich eine zarte Leidenschaft empfindet. Als die drei beobachten, wie Jakob von einem Schläger malträtiert wird, greift Fabian nicht ein. Doch Bene und Richard sind durch die Demütigung auf den Geschmack gekommen und folgen Jakob in dessen Wohnung. Auf den Spuren von Robert Musils »Die Verwirrungen des Zöglings Törless« entwirft die Regisseurin Christin Freitag in ihrem Kurzfilm eine zeitgemäße Studie über pubertäre Spannungen und exzessive Rituale, bei denen plötzlich ein Auto in Flammen aufgeht und eine Annäherung endet, bevor sie richtig begonnen hat.

Fotos S. 56 – 65: Jeweilige Sender.

Sensibilisierung für Krebserkrankungen und für Möglichkeiten der Vorbeugung und Behandlung sind die Ziele der Internationalen Vereinigung gegen Krebs (UICC), die hinter dem jedes Jahr am 4. Februar stattfindenden Weltkrebstag stecken. Arte zeigt aus diesem Anlass die zweiteilige Fernseh-Dokumentation »Krebs: Eine Biografie« nach dem Sachbuch des indischen Arztes Siddhartha Mukherjee. Zuvorderst wird darin die Forschungsgeschichte der Krankheit aufgerollt, die nach manchen Irrtümern seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Anfänge noch heute gültiger Behandlungsmethoden entwickelte. Zudem werden konkrete Einzelfälle beleuchtet, die davon künden, dass auch heute noch die Frage nach Erfolgen und Rückschlägen selbst für Mediziner nicht eindeutig zu beantworten ist. Inszenatorisch eher konventionell, beeindruckt die Doku vor allem durch ihren Informationsgehalt und vermittelt fundiert, dass die Wissenschaft gerade erst zu begreifen begonnen hat, in wie viel unterschiedlichen Formen die Krankheit auftreten kann.


fernseh-Tipps Kritiken

SO

»Berlin – Stadt der Millionen«

5. Februar  3sat

Thementag: Filmstadt Berlin Zur Einstimmung auf die »Berlinale« rückt 3sat einen ganzen Tag lang die vielfältigen filmischen Bezüge der deutschen Hauptstadt ins Zentrum. Die Fülle an Beispielen beginnt bereits frühmorgens mit einer echten Rarität: dem 1925 entstandenen ersten abendfüllenden Porträt der Stadt »Berlin – Stadt der Millionen« (06.55 – 08.15) von Adolf Trotz. Der stumme »Kulturfilm« spürt dem Lebensgefühl der Stadt nach der überstandenen Wirtschaftskrise Mitte der 1920er-Jahre nach, als sich Berlin anschickte, eine der großen Weltstädte zu werden. Die in vier Kapitel (»Quer durch Berlin«, »Des Tages Arbeit«, »Berlin bei Nacht« und »Der Sonntag des Berliners«) strukturierte Zeitreise führt von bekannten Straßen wie der Friedrichstraße und dem Kurfürstendamm in unbekanntere Viertel und dokumentiert eine vom Krieg noch gänzlich verschonte Stadt rund um das Schloss, die Tauentzienstraße oder den Potsdamer Platz. Verkehrsmittel spielen darin eine große Rolle: Autos, Droschken, U-Bahnen. Die Kamera fotografiert Menschen auf dem Markt, bei der Arbeit, beim Tanzen, auf dem Rummelplatz oder beim Sonntagssport. Auch das Kino darf nicht fehlen: in Gestalt der Filmateliers in Tempelhof und Neubabelsberg oder der vielen Lichtspielhäuser. Dabei vergrößern Splitscreens die Dynamik der dokumentarischen Szenen und machen die Stadterkundung zu einem visuellen Erlebnis. Weitere »Berlin«-Filme sind: 11.45 – 13.45 13.45 – 15.15 20.15 – 22.00 22.00 – 23.30 23.30 – 01.15 01.15 – 03.40

Der Himmel über Berlin Alles auf Zucker Eins, zwei, drei Bornholmer Straße Der Spion, der aus der Kälte kam In weiter Ferne, so nah

5. – 13. Februar

06.55 – 08.15 3sat Berlin – Stadt der Millionen R: Adolf Trotz Stummfilm-Porträt als UFA»Kulturfilm« Deutschland 1925 Sehenswert ab 14 10.15 – 10.45 SWR Fernsehen Max-Ophüls-Preis 11.45 – 13.45 3sat Der Himmel über Berlin R: Wim Wenders Ode an die Menschlichkeit Deutschland 1987 Sehenswert ab 14 13.45 – 15.15 3sat Alles auf Zucker R: Dani Levy Verschrobene Familienkomödie Deutschland 2004 Ab 16 14.55 – 16.30 ZDF Sister Act R: Emile Ardolino Sängerin sucht Zuflucht im Kloster USA 1992 Ab 12 16.00 – 18.25 TELE 5 Ein Herz und eine Krone R: William Wyler Charmantes Liebesmärchen USA 1953 Sehenswert ab 12

sonntag 5. februar 20.15 – 23.00 arte Der Pate III R: Francis Ford Coppola Abschluss der Gangstersaga USA 1990 Ab 16 20.15 – 22.20 ProSieben Jack Ryan: Shadow Recruit R: Kenneth Branagh Chris Pine als Tom-Clancy-Held USA/Russland 2014 Ab 14 20.15 – 22.00 TELE 5 Man nennt mich Hondo R: John Farrow Aktionsreicher Western USA 1953 Ab 14 23.30 – 01.15 3sat Der Spion, der aus der Kälte kam R: Martin Ritt John-le-Carré-Verfilmung Großbritannien 1965 Ab 16 01.05 – 02.28 Das Erste Jack in Love R: Philip Seymour Hoffman Stille Liebesgeschichte USA 2010 Ab 14 01.40 – 03.10 mdr Red Rock West R: John Dahl Ausgefeilter Thriller USA 1992 Ab 16 mdr/NDR fernsehen/rbb Fernsehen

Manfred Krug Mit ihm starb im Oktober 2016 eine Institution der deutschen Kino- und Fernsehunterhaltung. Manfred Krug war ein gesamtdeutscher Star: »Sein Erfolg beim Publikum gründete sich auf einer unbedingten Authentizität. Krug schlüpfte keineswegs nur in verschiedene Rollen, sondern wandelte sich jede Figur konsequent an. Souverän, frech und frei nutzte er die von Drehbuchautoren wie seinen Freunden Jurek Becker und Ulrich Plenzdorf verfassten Dialoge als Spielmaterial, formte sie nach eigenem Duktus um, machte das flotte Understatement, die Lust an der Pointe zum Markenzeichen.« (Ralf Schenk) Im Februar wäre der am 8.2.1937 geborene Mime 80 Jahre alt geworden. Verschiedene Sender zelebrieren diesen Termin mit zahlreichen Ausstrahlungen seiner Arbeiten, wobei neben großen DEFA-Kinoklassikern wie »Spur der Steine« auch Episoden aus »Liebling Kreuzberg« und dem Hamburg-»Tatort« mit Krug als Kommissar Paul Stoever zu sehen sind, jene Fernsehrollen, mit denen Krug auch dem westdeutschen Publikum ans Herz wuchs.

»Spur der Steine«

5.2., 10.15 – 12.00,mdr 5.2., 12.00 – 13.10, mdr 5.2., 13.10 – 13.58, mdr 5.2., 22.25 – 23.55, mdr 6.2., 12.25 – 14.00, mdr 6.2, 20.15 – 21.45, mdr 6.2., 20.15 – 21.45, rbb Fernsehen 6.2., 23.15 – 01.30, NDR fernsehen 8.2., 12.35 – 14.00, mdr 8.2., 22.05 – 23.33, mdr 9.2., 22.45 – 01.00, rbb Fernsehen 13.2., 23.15 – 00.40, NDR fernsehen

Mir nach, Canaillen! König Drosselbart Liebling Kreuzberg: Der einzige Ehrliche (Folge von 1998) Abgehauen Professor Mamlock (mit Krug in einer Mini-Rolle als SA-Sturmbannführer) Mit mir nicht, Madam! (mit Krug in einem Dutzend Rollen) Tatort: Tod vor Scharhörn Spur der Steine Feuer unter Deck Tatort: Tod vor Scharhörn Spur der Steine Feuer unter Deck

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