JEFF NICHOLS
fIlM DIenST Das Magazin für Kino und Filmkultur
04 2016
www.filmdienst.de
18. februar 2016 € 5,50 69. Jahrgang
Mit „Midnight Special“ drehte der US-Regisseur Jeff Nichols (u.a. „Mud“, „Take Shelter“) einen hintergründigen Science-Fiction-Thriller.
TOM MCCARTHY Der Schauspieler und Regisseur nimmt Übersehenes und Verdrängtes in den Fokus, dies vor allem in seinem Film „Spotlight“.
LASER MARSCH! Mit Premium-Ausstattung wehren sich die großen Kinos gegen die Konkurrenz von Heimkino und mobilen Abspielgeräten.
In seinem neuen Filmessay beleuchtet Alexander Sokurow einmal mehr ein Museum: als schillernd-faszinierende „Kampfzone“ zwischen Erinnern und Vergessen, Kultur und Politik.
INHALT 04 | 2016 Die NeUeN KiNofilMe
+ 40 44 47 48 38 39 43 51 51 51 45 51 36 51 46 37 50 40 49 42
ALLE STArTTErMInE Above and Below 25.2. Als wir die Zukunft waren 25.2. Colonia Dignidad Es gibt kein Zurück 18.2. Deadpool 11.2. Erschütternde Wahrheit 18.2. Freunde fürs Leben 25.2. Der geilste Tag 25.2. Hersey Asktan 4.2. Holy Cow 18.2. Die Hüterin der Wahrheit Dinas Bestimmung 18.2. Der Kuaför aus der Keupstraße 25.2. Mustang 25.2. Spotlight 25.2. Südafrika - Der Kinofilm 25.2. The Boy 18.2. Trash Detective 18.2. Tschiller: Off Duty 4.2. Ungezähmt - Von Mexiko bis Kanada 11.2. Where to Invade Next 25.2. Zoolander 2 18.2.
KINOTIPP
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Mustang
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above and below
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colonia dignidad
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where to invade next
der katholischen Filmkritik
spotlight
Sensibles Zeitungsdrama über die Aufdeckung kirchlicher Missbrauchsfälle
FERNSEH-TIPPS
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die akte general
56 Passend zur „Oscar“-Verleihung laufen nominierte und ausgezeichnete Spiel- und Kurzfilme der letzten Jahre. Das Erste würdigt in einem neuen Fernsehfilm den Generalstaatsanwalt Fritz Bauer als Kämpfer gegen das Verdrängen der nS-Verbrechen.
38 erschütternde wahrheit
Fotos: TITEL: Piffl Medien. S: 4/5: Paramount, Das Erste, Weltkino, déjà-vu film, Majestic, Sony, Falcom, FD-Archiv, Knesebeck Verlag
NEU IM KINO
04 | 2016 DiE ARTiKEL INHALT KINO
AKTEURE
FILMKUNST
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sokurow: MuseuMsfilMe
10 alexander sokurow
Jacques rivette
20 JeFF nichols
e-Mail aus hollywood
27 e-mail aus hollywood
In seinem Louvre-Film „Francofonia“ spürt der russische regisseur dem Verhältnis von Kunst und Politik nach. Schon immer haben in seinem Werk Museen als Horte des kulturellen Gedächtnisses eine wichtige rolle gespielt. Eine Museumstour.
Die Filme des amerikanischen Regisseurs speisen sich aus der poetischen Tradition der Südstaaten und bürsten zielsicher Erwartungen gegen den Strich. Sein neuer Film „Midnight Special“ feierte auf der „Berlinale“ seine Weltpremiere. Ein Porträt.
Zu Jahresbeginn laufen in US-Kinos stets Filme mit patriotischem Impetus an. Dieses Jahr könnte Michael Bays Kriegsfilm „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ durchaus Einfluss auf den Präsidentschaftswahlkampf nehmen.
Von Mara Rusch
Von Franz Everschor
Von Franz Everschor
22 Florian gallenberger
28 premiumkinos
+ Interview mit dem deutschen „Francofonia“-Produzenten Thomas Kufus. Von Josef Lederle
16 tom mccarthy
Als Regisseur und Drehbuchautor erzählt der Amerikaner von übersehenen Aspekten in der Gesellschaft. Präzise arbeitet er die jeweiligen Milieus heraus. Ein Porträt zum Start seines neuen Films „Spotlight“. Von Tim Slagman
26 Festivals
Die Solothurner Filmtage blickten auf ein ergiebiges Schweizer Filmjahr zurück, während das Festival Max Ophüls Preis in Saarbrücken vom verunsicherten deutschen Gegenwartskino kündete.
Der Regisseur greift in „Colonia Dignidad“ ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte auf. Ein Gespräch über die bleibenden Schrecken der berüchtigten Sektenenklave und die Kino-Aufarbeitung als Politthriller. Von Margret Köhler
24 in memoriam
Die Konkurrenz von Streaming-Diensten oder Mobilgeräten treibt Kinos zur Investition in innovative Technik. Ihr Ziel: das Kinoerlebnis noch eindrucksvoller machen. Ein Besuch bei den Technik-Avantgardisten in Eindhoven und Antwerpen. Von Reinhard Kleber
32 literatur
Nachrufe auf drei Großmeister des Kinos: den französischen regisseur Jacques rivette, seinen italienischen Kollegen Ettore Scola und den Kameramann Vilmos Zsigmond.
Neue Filmbücher würdigen Woody Allen und Curd Jürgens, beleuchten die Filmpolitik der nazis und schreiben Kinogeschichte mit den Mitteln der Strukturanalyse.
Von Wilfried Reichart, Michael Ranze und Thomas Brandlmeier
Von Alexandra Wach, Rainer Dick und Thomas Brandlmeier
Von Irene Genhart und Rüdiger Suchsland
3 4 6 34 52 56 66 67
RUBRIKEN EDITorIAL InHALT MAGAZIn DVD-KLASSIK DVD/BLu-rAy TV-TIPPS P.S. VorSCHAu / IMPrESSuM
neuer Bildband über Woody Allen, Seite 32
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Das Museum als Ort der Geschichts- und Identit채tsbildung in den Filmen von alexander Sokurow
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Die Farbe ist getrocknet. Es gibt kein Zur端ck.
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kInO AlexAnder Sokurow
Alexander Sokurow im Louvre
Mit „Francofonia“, einem essay über den Pariser Louvre, hat Alexander Sokurow einen Film gedreht, der einmal mehr über das Museum als Ort des kulturellen Gedächtnisses einer Nation nachdenkt. Dabei geht es nie nur um ein konkretes Gebäude und die in ihm versammelte Kunst: Sokurow geht es um eine Art „Quo vadis?“ der russischen und/oder abendländischen Kulturgeschichte ebenso wie um das komplexe und konflikthafte Verhältnis von Kunst und Politik. Von Mara Rusch
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Im Sommer 1940, als deutsche Truppen in Paris einmarschieren, fährt Hitler durch die Stadt. Er inspiziert den Eiffelturm und die Champs-Élysées. Der Turm steht an seinem Platz. Die Straßenflucht ist beeindruckend gerade. Sehr gut! Aber: Wo steckt nur der Louvre? Zum Glück weist ein Pfeil den Weg. „Francofonia“, der aktuelle Film des russischen Regisseurs Alexander Sokurow (vgl. Kritik, fd 5/16) behandelt das Schicksal des legendären Museums zur Zeit der nationalsozialistischen Besatzung. In einer wilden Collage aus neu gedrehten Spielszenen und Archivmaterial rekonstruiert Sokurow das Zusammentreffen des damaligen Museumsdirektors Jacques Jaujard mit dem Leiter des Kunstschutzes der Wehrmacht, Franz Graf Wolff-Metternich. Die beiden versuchten gemeinsam, die Schätze des Louvre vor der Zerstörung durch die Nazis zu retten. Sokurows ruhige Erzählstimme sinniert dazu auf Russisch über die Bedeutsamkeit der Institution: „Vielleicht ist dieses Museum wertvoller als ganz Frankreich?
KRitiKen NEUE FILME
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spotlight Journalisten decken Missbrauchsskandal auf wurde. Dabei wird nicht unter den Tisch gekehrt, dass auch die Reporter des „Boston Globe“ viele Jahre zuvor schon um die Vorgänge gewusst haben. Nicht nur katholische Priester waren an der Vertuschung der Missbrauchsfälle schuld, sondern auch höchste Würdenträger der Erzdiözese Boston einschließlich deren Kardinals Bernard F. Law trugen daran eine Mitverantwortung. Hier und da waren Einzelheiten in die Öffentlichkeit durchgesickert, aber alle, die Kenntnis davon hatten, praktizierten eine Kultur des Wegsehens und des Schweigens um des größeren Ganzen willen. Auch in den Etagen des „Boston Globe“ bedurfte es erst eines aus Miami importierten neuen Redaktionsleiters, der das alle Institutionen der Stadt durchdringende katholische Establishment mit nüchterner, zu publizistischer Aktivität mahnender Skepsis betrachtete. Auf diese Weise konnte ein kleines Journalistenteam mit der Sisyphusarbeit der Exhumierung unter Verschluss gehaltener Akten und lange vernachlässigten Beweismaterials beginnen. Der Film tut sich am meisten in
jenen Passagen hervor, die die Komplizenschaft von Kirchenmännern, Anwälten und Zeitungsleuten aufdecken, denen das verhängnisvolle Schweigen der vorausgegangenen Jahre zu verdanken war. Auch die Reporter selbst stammen aus dem Umfeld der katholischsten Millionenstadt der USA. Auch sie sind nicht frei von Skrupeln, aber sie sind überzeugt davon, dass sie eine Aufklärungsarbeit zu leisten haben, die wichtiger ist als Rücksicht auf ihre Erziehung und Herkunft. McCarthy erzählt die Geschichte der mühsamen, schrittweisen Entwirrung eines Geflechts aus Abwiegelung und Vertuschung in überwiegend ruhigen, sachlichen, für einen im Zeitungsmilieu angesiedelten Film betont unspektakulären Szenen. Er tut das mit derselben Sensibilität, die schon seinen Film „Ein Sommer in New York – The Visitor“ auszeichnete. Seine Darsteller hält er zu zurückhaltenden Gesten an. Den „rasenden Reporter“, der nach immer neuen Sensationen Ausschau hält, sucht man hier vergeblich. Das macht „Spotlight“ glaubwürdig und rückt die detaillierte Rekonstruktion der immer noch
hochsensiblen Vorgänge in die Nähe eines Dokumentarfilms. McCarthy scheut aber nicht davor zurück, die ans Licht gekommenen Fakten zu benennen, dass es zum Beispiel bei den beschuldigten Priestern nicht bloß um ein paar „faule Äpfel“ geht, sondern um eine lange Liste von Namen, die schließlich ja auch den Kardinal zum Rücktritt veranlassten. Das letzte Wort über den „Bostoner Kirchenskandal“ ist ein Film wie „Spotlight“ allerdings nicht. Zu einseitig stehen in ihm die Reporter und der investigative Journalismus im Mittelpunkt und nicht die Missbrauchsopfer, die mehr als Randfiguren fungieren. Sie haben einen eigenen Film verdient. Franz Everschor
BeweRtung DeR FiLmKommission
Ein Reporter-Team der US-amerikanischen Tageszeitung „The Boston Globe“ wird von seinem neuen Chefredakteur auf Missbrauchsfälle durch katholische Priester in der Erzdiözese Boston gestoßen und deckt deren jahrzehntelange Vertuschung durch den verantwortlichen Kardinal auf. Der an tatsächlichen Vorgängen orientierte, brillant gespielte Film arbeitet detailliert den Skandal auf, wobei er inszenatorisch sensibel die Nähe zu Dokumentarfilmen sucht, ohne dadurch an Spannung und Anteilnahme zu verlieren. Vor allem ist er auch ein leidenschaftliches Plädoyer für den investigativen Printjournalismus. – Sehenswert ab 16.
SPOTLIGHT. USA 2015 Regie: Tom McCarthy Darsteller: Mark Ruffalo (Mike Rezendes), Michael Keaton (Robby), Rachel McAdams (Sacha Pfeiffer), Liev Schreiber, John Slattery, Brian d’Arcy James Länge: 128 Min. | Kinostart: 25.2.2016 Verleih: Paramount | FD-Kritik: 43 706
Fotos S. 36-51: Jeweilige Filmverleihe
Kein Genre ist bei Kinogängern derzeit so beliebt wie Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Die Spanne reicht dabei von streng an der Realität orientierten Dokumentationen bis zu Dramatisierungen hochaktueller Ereignisse. Die Beschäftigung mit den Missbrauchsfällen katholischer Priester und deren weitreichende Publizität bot sich unter solchen Voraussetzungen geradezu an. Regisseur Tom McCarthy widmet sich dem „heißen Thema“ aber nicht zur Ausbeutung seines Sensationscharakters, sondern wie ein Forscher, der sich mit den allgemein zugänglichen Ermittlungen nicht zufriedengibt, weil er sich von den Vorgängen so aufgewühlt fühlt, dass er das ganze Ausmaß und die ganze Wahrheit offenlegen will. „Spotlight“ erinnert an eines der großen Vorbilder in der Filmgeschichte, Alan J. Pakulas „Die Unbestechlichen“ aus dem Jahr 1976, über die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch zwei Journalisten der „Washington Post“. Auch McCarthys Film ist Zeitungsdrama, journalistische Recherche und Detektivgeschichte in einem. Was „Spotlight“ nicht sein will, ist ein emotional aufputschendes Pamphlet, das – wenn auch nur von fern – mit der Behandlung des Themas in Boulevardblättern und Fernsehshows in Berührung gebracht werden könnte. „Spotlight“ ist wie einst „Die Unbestechlichen“ ein seriöser Film, dem man allenfalls den Vorwurf machen könnte, dass er das tiefe und fortdauernde Leid der Opfer zu sehr am Rande behandelt. Ein Großteil der Handlung spielt in den Redaktionsräumen des „Boston Globe“ und kreist um die investigative Arbeit eines Teams der Zeitung, das für seine Berichte später mit einem Pulitzer-Preis ausgezeichnet
kritiken neue filme Just in dem Moment, als der Söldner Wade Wilson mit Vanessa Carlyle endlich so etwas wie die große Liebe gefunden zu haben glaubt, erfährt er von seiner Krebserkrankung. Dabei war der Berufszyniker doch gerade dabei, etwas ausgeglichener zu werden und die Vergangenheit abzuschütteln. Allerdings wäre diese Geschichte allzu schnell erzählt, wenn es da nicht diesen schmierigen Herrn einer nicht minder windigen Organisation namens „Weapon X“ geben würde, der es auf gefallene Helden wie Wilson abgesehen hat. Er unterbreitet ihm ein Angebot, das Wade nur schwer ausschlagen kann: Leben! Sein Auftraggeber habe Dinge entwickelt, die aus verletzlichen Menschen gesunde, schwer zu vernichtende Individuen machen. Was der Mann allerdings verschweigt, sind die Nebenwirkungen, die beim „Heilen“ entstehen, und die Beweggründe, weshalb er in Todgeweihte investiert. Am Ende der Prodzedur liegt deshalb das Labor in Schutt und Asche; Wade ist zwar höchst lebendig, aber arg verunstaltet und sinnt auf Rache. Wegen der Schmerzen, wegen der Lügen und wegen Vanessa, zu der er nun, so hässlich wie er geworden ist, nie mehr zurückkehren kann. Das ist die Vorgeschichte von Wade Wilson und wie er zu
Deadpool wurde, einer sich immer wieder regenerierenden Kampfmaschine, die sich in einem roten Ganzkörperkostüm versteckt. Der Film schildert dies in Rückblenden, da ein actionhaltiger Prolog besser ankommt als ein linear erzähltes Drama. Das Entrée, inklusive eines brillanten, den lakonischen Ton des Films setzenden Vorspanns, ist ebenso furios wie gewalttätig. Deadpool macht sich gerne einen Jux daraus, seine Feinde auf besonders genüssliche Weise ins Jenseits zu befördern. Dies tut er unter Zuhilfenahme von Selbstgesprächen, Off-Kommentaren und gelegentlich auch direkt Zuschauer-Ansprache. Der Antiheld gibt sich also selbstreflexiv und leinwandsprengend - was man als filmisches Konzept aber nicht überbewerten sollte, ist es doch genauso „l’art pour l’art“ wie alles andere. Denn es geht hier schlicht um Rache. Es gilt, den Erzfeind Francis zu finden, der zusammen mit Angel Dust zu den
Deadpool Grell-coole Superhelden-Keilerei
besten Super-Mutanten im Stall von „Weapon X“ zählt. Angel ist eine Art Tochter von Hulk, und Francis nicht nur ein tödlicher Kämpfer, sondern überdies schmerzunempfindlich. Die Fronten sind also klar. Damit noch ein wenig Spannung in die Sache kommt, wird Vanessa entführt und gequält, um Deadpool aus der Reserve zu locken. Doch auch der hat ein paar Asse im Ärmel, den Computer- und Waffenexperte Weasel sowie mit Colossus und Negasonic Teenage Warhead zwei effektive X-Men-Mutanten. Das Drehbuch von Paul Wernick und Rhett Reese zum MarvelAbleger besitzt also reichlich Vorwand für Prügeleien, Schwertkämpfe, Schießereien und Blutfontänen. Der Protagonist ist ein wenig das schwarze Schaf des Comic-Universums. In den Graphic-Novel-Vorlagen ist er ein Psychopath und Superbösewicht reinsten Wassers, der ultrabrutal noch bösere Finsterlinge aufmischt, Kollateralschäden ohne Ende produziert und als irgendwie guter/fieser Kumpel mit den X-Men anbandelt. Das, was ihn „sympathisch“ macht, ist sein Sinn für Humor. Mit der passenden Pointe auf den Lippen, fliegen die Köpfe doch gleich unbeschwerter von den Körpern. Das ist zynisch und gewaltverherrlichend, aber Programm. Der Film erfüllt
damit „nur“ die Vorgaben des Comics, schwächt sie sogar ein wenig ab, wenn eine „romantische“ Liebesgeschichte implantiert und der von Ryan Reynolds verkörperte Deadpool ein wenig weniger wahnsinnig als in den Comics gestaltet wird. Die zündende Kombination aus Witz und Gewalt sorgte vielleicht auch für die „gnädige“ FSK-Freigabe „ab 16“. Im Gegensatz zu „G.I. Joe“ oder „Kick-Ass“ ist „Deadpool“ allerdings originärer „Spaß“ für Erwachsene. Regisseur Tim Miller hat dies fest im Blick, weshalb man seine Inszenierung im Gruselkabinett der harten Comic-Action durchaus als gelungen bezeichnen kann. Jörg Gerle
BeweRtung DeR FiLmKommission
Ein an Krebs erkrankter Söldner unterzieht sich einem mysteriösen Experiment, das ihm grenzenlose Selbstheilungskräfte verschafft, ihn aber so verunstaltet, dass er seiner Geliebten nicht mehr unter die Augen treten kann. Getarnt in einem rot-schwarzen Ganzkörperanzug, sinnt er auf Rache und setzt alles daran, den Drahtzieher für seine Deformation auszuschalten. Grell überzeichneter Superhelden-Actionfilm nach einer Marvel-Comic-Vorlage, der fern jeder politischen Korrektheit Gewalt und coole Sprüche mischt; innerhalb seines erzählerischen Universums unterhält er damit durchaus, freilich auf recht zynische Weise.
DEADPOOL. Scope. USA 2016 Regie: Tim Miller Darsteller: Ryan Reynolds (Wade Wilson/Deadpool), Morena Baccarin (Vanessa Carlyle/Copycat), Ed Skrein (Ajax), T.J. Miller (Weasel), Gina Carano (Angel Dust) Länge: 109 Min. | Kinostart: 11.2.2016 Verleih: Fox | FsK: ab 16; f FD-Kritik: 43 718
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FILMDIENST 04 | 2016
neue filme kritiken
where to invade next Michael Moore auf kultureller Shoppingtour Der Titel in Verbindung mit dem Namen des machtkritischen Dokumentarfilmers Michael Moore weckt gewisse Erwartungen. Sie werden in vieler Hinsicht enttäuscht. Denn um den Imperialismus der US-Außenpolitik geht es hier nur unter der Oberfläche. Stattdessen versucht sich Moore als aufrechter Patriot. Der Clown des engagierten Kinos ist hier nicht nur mit seiner zum Markenzeichen gewordenen Baseball-Kappe zu sehen, sondern auch immer wieder in das amerikanische Sternenbanner gewickelt. Das ist nicht als Witz gemeint, sondern als visuelles Zeugnis eines aufrechten, ehrlichen Fakten-Maklers. Denn der rote Faden des episodischen Films ist Moores Suche nach „Dingen, die Amerika braucht“. Der Filmemacher tritt hier als politisch-ökonomischer Tourist in Erscheinung, der in den historisch-kulturellen Errungenschaften anderer Nationen stöbert wie ein Kind auf dem Dachboden der Großeltern, der sich plötzlich als Schokoladenkammer entpuppt. So landet Michael Moore in Italien und stellt sich die Frage,
„warum die Italiener immer so aussehen, als ob sie gerade Sex gehabt hätten“. Die Antwort, die der Hobby-Ethnologe aus zahllosen, im Film zusammengeschnittenen Gesprächen gewinnt, läuft darauf hinaus, dass Italiener viel mehr Urlaub, Feiertage und sonstige Freizeit haben als der Rest der Menschheit, und überhaupt ein erholsameres Leben führen. Auch die Gewerkschaften seien in Italien mächtiger, erfährt man, die Unternehmen offenbar weniger interessiert, ihre Angestellten unter Stress zu setzen, da erholte Werktätige produktiver seien. Nachdem er in Italien das sozialpartnerschaftliche Paradies entdeckt hat, reist Moore nach Frankreich. Dort ist es das Erziehungssystem, auf das der Amerikaner neidisch ist. Und das Essen. In Finnland entdeckt Moore ein perfektes Universitätssystem, in dem die Studenten ohne Hausaufgaben und standardisierte Prüfungen bessere Ergebnisse erzielen. Und so fort. Zu den Stationen von Moores Expedition zählt auch Deutschland. Hier gefallen ihm die
Erinnerungskultur und das Gesundheitssystem. Die Wahl seiner Reiseziele ist allerdings überaus eurozentristisch: in Asien, im Nahen Osten oder in Lateinamerika findet Moore anscheinend nichts, was aus seiner Sicht eine kulturelle Übernahme lohnen würde. Ist dies nun ein Dokumentarfilm oder eine Komödie? Allemal ist der Film überaus unterhaltsam. Ohne Moore, den exzellenten Geschichtenerzähler, würde es sich nur um eine immer ödere Variation des immergleichen Schemas handeln, um die zusammengeleimten Einzelfolgen einer Miniserie. Doch wenn man sich auf die Verkürzungen und Oberflächlichkeiten des versierten Entertainers einlässt, überwiegt das Vergnügen; auch wenn überzeugte Neoliberale oder Altlinke gleichermaßen weiterschmollen. Formal und in seiner Grundhaltung hat Moore seinen früheren Werken nichts hinzuzufügen. Der „Michael-Moore-Film“ ist längst ein ganz eigenes Genre des Dokumentarischen. Diesem Typus ist nicht allein das bürgerrechtliche, linksliberale, mitunter auch linkspopulistische Engagement eigen, das Moore mit vielen Kollegen teilt. Es ist auch nicht der investigative Gestus allein, der gelegentlich auch Banalitäten als große Entdeckung verkauft. Und es ist noch nicht mal die Tatsache,
dass Moore sich selbst gerne als „typischen“ Bürger in Szene setzt, der in einer Mischung aus Naivität und Hartnäckigkeit „neugierig“ ist und die „richtigen“ Fragen“ stellt. Die Eigenheit der „Michael-MooreFilme“ ist vielmehr ihr ungebrochenes Sendungsbewusstsein, verbunden mit einem Hang zur Verschwörungstheorie. So zählt auch dieser Film zu einem sehr speziellen Typ von Wohlfühlkino, das in der Nähe des politischen Stammtisches siedelt: Man muss auch mal richtig auf den Tisch hauen und die Wahrheit sagen dürfen. Eine Behauptung, die Moore mit George W. Bush gemeinsam hat. „Where To Invade Next“ ist insofern politischer Karneval: Ein sehr vergnüglicher Zustand, aber eben ein Ausnahmezustand. Nach dem Motto: Jeder Jeck ist anders, aber am Ende sind sie alle gleich. Und die USA haben den schwarzen Peter. Rüdiger Suchsland
BeweRtung DeR FiLmKommission
Auf der Suche nach „Dingen, die Amerika braucht“, reist der dokumentarische Entertainer Michael Moore quer durch Europa und pickt sich überall die kulturellen Errungenschaften heraus, die in seiner Heimat das Leben leichter und angenehmer machen würden. Auf seiner touristischen Sightseeing-Tour entdeckt er Urlaubs- und Feiertage, Schulessen, sozialpartnerschaftliche Strukturen und das deutsche Gesundheitssystem. Eine äußerst unterhaltsame DokuKomödie auf formal wie inhaltlich bekanntem Michael-Moore-Terrain. – Ab 12.
WHERE TO INVADE NEXT. USA 2015 Regie: Michael Moore Länge: 110 Min. | Kinostart: 25.2.2016 Verleih: Falcom | FD-Kritik: 43 719
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kritiken Auf DVD/BLu-RAy
infinitely Polar Bear Familien-Dramödie um manisch-depressiven Vater Der „Polar Bear“ im Titel beruht auf einer Verwechslung von Faith, einer der kleinen Töchter des psychisch kranken Cam (Mark Ruffalo): Mit dem Begriff „bipolare Störung“ kann sie nichts anfangen, also macht sie daraus „polar bear“; und etwas Bäriges hat ihr Vater tatsächlich, weil die Psychopharmaka seinen Körper aufgeschwemmt haben. Es ist Ende der 1970erJahre; und Cams Kleinfamilie muss nun zusehen, wie sie mit dessen Krankheitsbild zurechtkommt. Nach Cams psychischem Zusammenbruch ist seine Frau Maggie (Zoe Saldana) mit den Mädchen in ein Apartment in Boston gezogen und tut ihr Bestes, um den Familienunterhalt allein zu bestreiten. Als Cam aus der Klinik entlassen wird, will sie zunächst nicht, dass er zu ihr und den Mädchen zieht: Sie weiß noch nicht,
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ob sie die Ehe weiterführen will, denn Cam ist mit Hilfe der Medikamente zwar stabiler als vor seinem Zusammenbruch, aber es ist klar, dass er nie mehr ganz „normal“ sein wird. Doch dann ergibt sich für Maggie die Chance, eine Business School in New York zu besuchen; der Abschluss könnte ihr zu einem besser bezahlten Job verhelfen und es ermöglichen, die Mädchen endlich auf eine gute Schule zu schicken. Also nimmt sie zögerlich Cams Angebot an, zu ihnen zu ziehen und unter der Woche, während Maggie in New York studiert, für die Mädchen da zu sein. Für alle Familienmitglieder wird dies eine enorme Herausforderung. Drehbuchautorin und Regisseurin Maya Forbes, die hier ihre eigene Kindheit und Familiengeschichte verarbeitet, geht das Thema der manischen Depression nicht als
Psychodrama an: Der Soundtrack klingt nach Feel-Good-Movie, und die Dramaturgie, die in verschiedenen Kapiteln elliptische Schlaglichter auf die gebeutelte Familie wirft, hat etwas Leichtfüßiges und tendiert dazu, die schmerzhaftesten Tiefschläge (z.B. Cams Klinikaufenthalt) auszublenden. Stattdessen konzentriert sie sich auf die oft skurrilen Folgen, die Cams Versuche, die Hausmann-Rolle auszufüllen, seine Stimmungsschwankungen und der Clash mit seinen selbstbewussten Töchtern zeitigen. Das hätte dazu führen können, dass der Film in hoffnungsloser Verniedlichung erstarrt. Dass er das nicht tut, ist vor allem der Konzeption der männlichen Hauptfigur und der großartigen Leistung von Mark Ruffalo zu verdanken. Er zeichnet Cam als liebenswerte, oft rührende Figur, trotzdem sorgen Regie und Darsteller dafür, dass die Drastik des Krankheitsbildes nicht ganz unter den Tisch gekehrt wird, indem sie Cams Verhalten dann doch immer wieder so weit eskalieren lassen, dass der Spaß aufhört: Die Angst und die Verunsicherung, die die extremen Gemütslagen sowohl für Cam als auch für Maggie und die Mädchen bedeuten, werden fühlbar. Zudem fließen diskret, aber doch unübersehbar die äußeren Probleme ein, die sich der Familie entgegenstellen: das generelle Unverständnis gegenüber Cams Krankheitsbild, und der Druck, der auf Maggie und Cam ausgeübt wird, weil sie durch Maggies Berufstätigkeit und Cams HausmannRolle zwangsweise klassische Geschlechter-Rollenmuster aufbrechen. Dank dieser Sensibilitäten wirkt der positive Ton des Films nicht wie Ignoranz gegenüber der Schwere des Themas, sondern INfINITELy POLAR eher wie ein Zeichen BEAR zärtlichen, liebevollen uSA 2014 Respekts, mit dem regie: Maya forbes die Filmemacherin darsteller: Mark Ruffaim Nachhinein auf lo, Zoe Saldana, Imoihre eigenen Eltern gene Wolodarsky, Ashzurückblickt und deley Aufderheide ren Leistung würdigt, länge: 85 Min. eine Familie trotz aller FSk: ab 6 Widrigkeiten zusammenzuhalten. – Ab 14. anbieter: Sony Felicitas Kleiner
Fd-kritik: 43 723
fernseh-Tipps KRITIKEN
SO
SONNTAG 21. FEBRUAR
08.40-10.00 BR FERNSEHEN Fuxia – Die Minihexe R: Johan Nijenhuis Liebevoller Kinder-Fantasyfilm Niederlande 2010 Ab 8 11.05-12.35 3sat Sounds of Cinema 2013 Filmmusik-Konzert mit Roger Willemsen
20. Februar
3sat/arte
Berlinale Eine „Suche nach dem Glück“ hat Festivalchef Dieter Kosslick für das 66. Filmfestival (11.-21.2.) in Berlin in Aussicht gestellt, bei der am heutigen Samstag die „Bären“-Preise vergeben werden. Nach zehn langen Filmtagen mit den unterschiedlichsten GlücksVisionen und auch vielen tragischen Film-Momenten richtet sich das Augenmerk jetzt auf eine abschließende Bündelung, unter anderem durch die Entscheidungen der Jury unter Vorsitz von Meryl Streep, die man als Live-Übertragung bei 3sat (19.0020.15) miterleben kann. Im Anschluss interviewt die 3sat-Moderatorin Tina Mendelssohn die Preisträger und zieht im Gespräch mit der Filmkritikerin Katja Nicodemus ein Resümee. Auch das rbb Fernsehen (22.20-22.50) blickt auf das Festival zurück; 3sat widmet am Sonntag, 21.2., seine Sendung „Kulturzeit extra“ (22.15-23.00) der „Berlinale 2016“. Am heutigen Samstag, 20.2., zeigt arte überdies den Dokumentarfilm „30 Jahre Teddy Awards“ (23.4500.40) von Rosa von Praunheim, der an die Geschichte des wichtigsten Preises der „Panorama“-Sektion unter dem Dach der „Berlinale“ erinnert; von der Gründung durch Manfred Salzgeber bis hin zu einer der glamourösesten Veranstaltung des Festivals. Die diesjährige Verleihung des „Teddy Awards“ am 19.2. wird im Internet als Live-Stream auf www.cinema.arte.tv übertragen.
14.05-15.30 rbb Fernsehen Hanuman – Im Königreich der Affen R: Fred Fougea Indische Abenteuer mit Affen und Gaunern Fr./Indien 1998 Sehenswert ab 8 20.15-22.25 ProSieben Jack Ryan: Shadow Recruit R: Kenneth Branagh Spionage-Thriller nach Tom Clancy USA/Russland 2014 Ab 14 20.15-21.35 zdf.kultur Leroy R: Armin Völckers Dunkelhäutiger Junge behauptet sich gegen Nazis Deutschland 2007 Ab 12 21.45-23.45 arte Monsieur Klein R: Joseph Losey Meisterhafte kafkaeske Parabel Frankreich/Italien 1976 Sehenswert 22.15-23.00 3sat Kulturzeit extra: Berlinale 2016 Rückblick auf Highlights des Festivals 22.25-00.35 ProSieben Krieg der Götter R: Tarsem Sing Grandios stilisierte Bilderorgie um griechische Mythen USA 2011 Ab 16
21. Februar, 09.20-11.00
WDR Fernsehen
John Williams Gala Für den Soundtrack zum neuen „Star Wars“-Film hat der 1932 geborene John Williams gerade seine 50. „Oscar“-Nominierung erhalten, was seine Stellung als meistausgezeichneter und wohl bekanntester Filmkomponist aller Zeiten ein weiteres Mal untermauerte. Der WDR zeigt eine Konzertaufzeichnung von 2014 aus der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, die einen Querschnitt von Williams’ Karriere bietet. Unter der Leitung von Gustavo Dudamel und mit Solisten wie Itzhak Perlman spielt das Los Angeles Philharmonic Orchestra Musik u.a. aus „Schindlers Liste“, „Der weiße Hai“ und „Das Imperium schlägt zurück“. Zwischen den einzelnen Stücken stehen Interview-Passagen mit Williams und Dudamel.
Ab 21. Februar
arte
Hommage an Alain Delon Bereits im letzten Herbst wurde der Schauspieler zum 80. Geburtstag von deutschen Fernsehsendern gewürdigt, nun zieht mit etwas Verspätung auch arte nach. Das Nachfeiern lohnt sich allerdings, kann der Kultursender doch mit einer guten Mischung aus Klassikern, weniger bekannten Werken und der neuen Dokumentation „Alain Delon, persönlich“ aufwarten. Diese eröffnet am 21.2. (20.1521.45) die Hommage und lässt den Schauspieler in Interviewausschnitten aus fünf Jahrzehnten selbst auf Leben und Arbeit zurückblicken, schaut aber auch hinter die Fassade des „eiskalten Engels“. Im Anschluss (21.45-23.45) folgt „Monsieur Klein“, in dem Delons verschlossene Leinwand-Persona eine reizvolle Neuinterpretation wiederfuhr. Am darauffolgenden Tag sind Delons Regiedebüt „Rette deine Haut, Killer“ (20.15-22.00) und der gesellschaftskritische Krimi „Der Schocker – Der Preis für ein Leben“ (22.00-23.25) zu sehen. Abgeschlossen wird die kleine Reihe am 24.2. mit dem knisternden Psychothriller „Der Swimmingpool“. 21. Februar, 20.15-21.35
zdf.kultur
Leroy Der 17-jährige Leroy steht auf Goethe, übt Beethoven-Sonaten auf dem Cello und gibt Nachhilfe in deutscher Grammatik. Ein Bildungsbürger, wie er im Buche steht. Nur der Afro-Look, die feine Naturkrause und die dunkle Haut passen nicht so recht ins Bild. Findet jedenfalls die Familie seiner blonden Freundin Eva, deren Brüder Bomberjacken und Springerstiefel tragen und auf alles schwören, was „rechts“ ist. Da Leroy aber an seiner Freundin hängt, erträgt er das braune FamilienPanoptikum mit stiller Ironie. Mittel zum Zweck sind Musik sowie Solidarität mit den Angehörigen anderer Minderheiten. Die aus einem Kurzfilm entwickelte sympathische Multikulti-Komödie von Armin Völckers unterhält dank eines überzeugenden Hauptdarstellers sowie der mitreißenden Songs und lotet in ihrer spielerischen Auseinandersetzung mit realitätsnahen und aktuellen Problemen überraschend tief.
23.15-00.45 BR FERNSEHEN Liebe und Geschwätz R: Alessandro Blasetti Gefühlvoll-poetische Komödie Italien/Frankreich 1957 Ab 12
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KRITIKEN fernseh-Tipps
MO
DI
MONTAG 22. FEBRUAR
20.15-22.50 7MAXX Moneyball – Die Kunst zu gewinnen R: Bennett Miller Brad Pitt managt Baseballmannschaft USA 2011 Ab 12
22. Februar, 23.25-00.35
arte
Stummfilme von und mit Max Linder 20.15-21.45 einsfestival The Fountain – Quell des Lebens R: Darren Aronofsky Komplexe Lebenssinnsuche auf drei Zeitebenen USA 2006 Sehenswert ab 16 22.00-23.25 arte Der Schocker – Der Preis für ein Leben R: Alain Jessua Patientin entdeckt Verbrechen in Verjüngungsklinik I/F 1972 Sehenswert ab 16 23.15-00.15 NDR fernsehen Michael Ballhaus – Eine Reise durch mein Leben R: Vera Tschechowa Die Kamera-Legende erinnert sich Deutschland 2008 23.25-01.00 WDR Fernsehen Attenberg R: Athina Rachel Tsangari Skurrile Beobachtung der Spezies „Mensch“ Griechenland 2010 Sehenswert ab 16 23.30-01.20 Servus TV In der Hitze der Nacht R: Norman Jewison Schwarzer Kommissar hilft Südstaaten-Polizeichef USA 1966 Ab 16 23.55-01.35 mdr Das höhere Prinzip R: Jirí Krejcík Eindringlich: Menschenwürde contra NS-Tyrannei CSSR 1960 Sehenswert ab 16
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FILMDIENST 04 | 2016
DIENSTAG 23. FEBRUAR
Neben den Ikonen des US-Slapstickkinos ist der Ruhm des französischen Komödianten Max Linder verblasst. Dabei war er einer der ersten Filmstars, die international reüssieren konnten, dank einer Leinwand-Persona, von der das Publikum nicht genug bekommen konnte: Sein Max (dessen Name ab 1910 regelmäßig in den Titeln seiner Filme auftauchte) war der typische „filou“, ein Frauenheld mit Zylinder, geschniegeltem Schnurrbärtchen und Handschuhen, der selbst in den verrücktesten Abenteuern nie seinen Schneid einbüßte. Seine glanzvollste Zeit erlebte er zwischen 1909 und 1914. Der Sender arte zeigt einen Film aus dieser Phase: „Max und Jane wollen Schauspieler werden“ (00.20-00.35), eine herrliche kleine Komödie um zwei junge Leute, deren Eltern ihnen durch eine Heirat (vergeblich) die Theater-Leidenschaft austreiben wollen. Um die Zeit des Ersten Weltkriegs begann Linders Stern dann zu sinken; die US-Konkurrenz machte ihm zu schaffen, und sein Dienst an der Front forderte einen hohen körperlichen Tribut. Nichtsdestotrotz versuchte sich Linder 1921 mit seiner eigenen Produktionsfirma an einem Comeback in den USA. Auch aus dieser Phase zeigt arte einen Film (23.25-00.20): Mit „Max und die drei Musketiere“ („The Three Must-Get-Theres“, USA 1922) persifliert Linder pointiert den Erfolgs-Abenteuerfilm von Douglas Fairbanks. 22./23. Februar
Servus TV
Norman Jewison Der Kanadier Norman Jewison, der dieses Jahr seinen 90. Geburtstag feiert, hat in seiner Regiekarriere so manches heiße Essen angefasst und versucht, drängende soziale und politische Fragen einem großen Publikum zu vermitteln. Mit am besten gelang ihm dies bei „In der Hitze der Nacht“ (22.2., 23.30-01.20), der ein dicht erzählter Krimi, vor allem aber ein authentisches Porträt einer von Rassismus geprägten amerikanischen Südstaaten-Kleinstadt ist: Nach einem Mordfall nimmt die Polizei zuerst am Bahnhof einen durchreisenden Schwarzen (Sidney Poitier) fest, der sich jedoch als hochqualifizierter Ermittler aus Philadelphia herausstellt. Gemeinsam mit dem Sheriff (Rod Steiger) macht er sich an die Aufklärung, wobei er nicht nur mit dessen latenten Vorurteilen zu kämpfen hat, sondern sich auch standhaft gegen die offene Feindseligkeit der Stadtbevölkerung zur Wehr setzt. Dass Jewison neben seinen aufklärerischen Anliegen auch ein versierter Genrespezialist war, bewies er u.a. mit der romantischen Komödie „Mondsüchtig“ (23.2., 20.1522.10), in der eine Italoamerikanerin (Cher) in Liebesangelegenheiten ihrem eigenen Kopf folgt und ihre Familie damit in Aufregung versetzt.
20.15-22.40 TELE 5 The Grandmaster R: Wong Kar-wai Hochästhetisiertes Historiendrama Hongkong 2013 Sehenswert ab 14 20.15-21.35 zdf.kultur Das Brot der frühen Jahre R: Herbert Vesely Ambitionierte Böll-Adaption Deutschland 1962 Ab 16 21.35-23.05 zdf.kultur Westfront 1918 R: G.W. Pabst Erschütternder Antikriegsfilm Deutschland 1930 Sehenswert ab 16 21.45-22.00 Close up Kinomagazin
3sat
22.10-00.50 Servus TV Der Pianist R: Roman Polanski Pole verbirgt sich vor Nazis Frankreich/Polen 2002 Ab 16 22.25-00.00 Invasion der Barbaren R: Denys Arcand Sarkastische Dramödie Kanada/Frankreich 2003
3sat
Ab 16
22.45-00.10 BR FERNSEHEN Die Geschichte vom weinenden Kamel R: Byambasuren Davaa, Luigi Falorni Nomadenfamilie hilft verstoßenem Kamelkind Dt./Mongolei 2003 Sehenswert ab 14 00.20-01.35 BR FERNSEHEN Irrgarten des Schreckens R: Roy Ward Baker Geist(er)reicher Horrorfilm Großbritannien 1972 Ab 16