Filmdienst 05 2015

Page 1

FILM DIENST Das Magazin für Kino und Filmkultur

05 2015

www.filmdienst.de www.fi lmdienst.de

Auf der »Berlinale« sorgte Kenneth Branaghs Aschenputtel-Verfilmung für den märchenhaften Ausklang eines herausragenden FestivalJahrgangs. Jetzt startet »Cinderella« im Kino.

WO LFG A NG KO H LH A A S E

Er ist einer der bedeutendsten deutschen Drehbuchautoren. Ein Gespräch über »Als wir träumten« und das Erzählen fürs Kino.

ED L ACH M A N

»B ER LI N A LE« 2015

05 4 194963 605504

01_Titel_05_15_RZ.indd 1

5. März 2015 € 5,50 68. Jahrgang

Der amerikanische Kameramann wird mit dem Marburger Kamerapreis ausgezeichnet. Ein Porträt.

Zwischen »Taxi« und Traumfabrik: Rückblick auf die 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin

25.02.15 19:49


filmdienst 05 | 2015 kinotipp

der katholischen Filmkritik

36 leviathan

34 magische momente

Ein bildgewaltiges Drama als moderne Variation der biblischen Hiobsgeschichte

+

ALLE STArTTErmInE

37 39 40 46 50

afrika - das magische Königreich 5.3. american sniper 26.2. cinderella 12.3. Fifty shades of grey 12.2. Fußball - großes spiel mit kleinen helden 5.3. Kingsman: the secret service 12.3. leviathan 12.3. das mädchen hirut 12.3. my stuff 5.3. Pepe mujica 5.3. die Präsenz 12.3. Project: almanac 5.3. schattenwald 12.3. seventh son 5.3. still alice 5.3. traumfrauen 19.2. die trauzeugen ag 12.3. verstehen sie die béliers? 5.3. von jetzt an kein zurück 12.3. Willkommen auf deutsch 12.3.

49 36 38 41 49 50 44 47 51 43 47 47 42 48 50

26 in memoriam: louis Jourdan

fernseh-tipps 56 »Hochspannung« verspricht arte in seiner gleichnamigen Filmreihe (9.­25.3.): Suspense­Kino von der »Schwarzen Serie« der 1940er­Jahre bis zu aktuellen Thrillern sorgt für Gänsehaut und macht zugleich filmhistorische Entwicklungen des Genres sichtbar. Als Kontrastprogramm gibt es am 18.3. eine Komödien­»nacht« mit Filmen von Dietrich Brüggemann (hr Fernsehen).

4

Filmdienst 05 | 2015

04-05_Inhalt_05_2015_RZ.indd 4

28 ed lachman

Fotos: TITEL: Walt Disney. S. 4/5: Alexander Janetzko/ Berlinale 2015/Wild Bunch/Privatarchiv Edward Lachman/FD­Archiv/Alamode/DEFA­Stiftung/Edition Filmmuseum

neu im kino

10 berlinale 25.02.15 20:07


inhalt kino

akteure

filmkunst

10 berlinale

22 wolfgang kohlhaase

32 mentalitätsgeschichten

10 »Berlinale»

Im 65. Jahr sind die Internationalen Filmfestspiele in Deutschlands Haupt­ stadt nicht nur ihrem ruf als politisches Filmfestival gerecht geworden. Ebenso hat das Festival filmkünstlerische Weltklasse gezeigt. Eine rückschau auf den Wettbe­ werb, auf stilistische Highlights und einige thematische Schlaglichter.

22 wolfgang kohlhaase

Wolfgang Kohlhaase ist einer der wichtigs­ ten deutschen Drehbuchautoren. Während seines Schaffens in der DDr arbeitete er für Gerhard Klein, Konrad Wolf und Frank Beyer, später begann eine intensive Zusammenarbeit mit Andreas Dresen, für den er jüngst das Drehbuch zu »Als wir träumten« schrieb. Ein Werkstattgespräch. Von Ralf Schenk

+ Interview mit Werner Herzog zu »Queen of the Desert« + Interview mit Charlotte rampling, der Preisträgerin des »Silbernen Bären« als beste Darstellerin Von Jörg Gerle, Kathrin Häger, Felicitas Kleiner, Margret Köhler, Marius Nobach und Holger Römers

26 in memoriam

nachrufe auf den französischen Schau­ spieler Louis Jourdan, der in Hollywood das rollenfach des »Continental Lovers« bediente, sowie die Femme­Fatale­Dar­ stellerin Lizabeth Scott.

27 e-mail aus hollywood

Das Sundance Film Festival in Utah erlebt durch das wachsende Interesse an Inde­ pendent­Filmen neuen Aufwind. neben der Qualität der Filme hebt sich das längst nicht mehr kleine Festival auch sonst von der üblichen US­Kinoproduktion ab. Von Franz Everschor

28 ed lachman

Als Kameramann hat er mit so unter­ schiedlichen regisseuren wie Steven Soderbergh, Todd Haynes und Ulrich Seidl gearbeitet. Der Grenzgänger zwischen Dokument und Fiktion erhält dieses Jahr den marburger Kamerapreis. Ein Porträt. Von Thomas Brandlmeier

32 mentalitätsgeschichten

Zwei reizvolle DVD­Editionen präsentieren deutsche mentalitätsgeschichte(n): die Berliner Kinofilme des chilenischen Autors Antonio Skármeta sowie Filme über das münchner Oktoberfest, enstanden im Lauf von 70 Jahren. Von Ralph Eue und Rainer Gansera

34 magische momente

mit symbolhaften Bildern und Gestalten entfaltet marcel Camus in »Orfeu negro« ein grandioses mysterienspiel vor der Kulisse des Karnevals in rio de Janeiro. Von Rainer Gansera

3 4 6 52 55 56 66 67

rubriKen EDITOrIAL InHALT mAGAZIn DVD/BLU­rAy DVD­PErLEn TV­TIPPS ABCInEmA VOrSCHAU / ImPrESSUm

Filmdienst 05 | 2015

04-05_Inhalt_05_2015_RZ.indd 5

5

25.02.15 20:07


akteure wolfgang kohlhaase

Wolfgang Kohlhaase ist einer der wichtigsten deutschen Drehbuch­ autoren. Während seines lang­ jährigen Schaffens in der DDR arbeitete er u.a. für Regisseure wie Gerhard Klein, Konrad Wolf und Frank Beyer, später führte er selbst Regie und begann vor zehn Jahren eine intensive Zusammen­ arbeit mit Andreas Dresen, für den er aktuell auch das Drehbuch zu »Als wir träumten« verfasste. Das Gespräch führte Ralf Schenk.

Foto: Peter Hartwig

eine fa r b e d e r h o f f n u n g g e s p räc h m it wo lfgang kohlhaase

22

Zwischen ihren Filmen »berlin – ecke schönhauser...« und »als wir träumten« liegen fast 60 Jahre. beide erzählen von jugendlichen aufbrüchen, einer gruppe von Jungen und einem mädchen dazwischen. beginnt sich da ein Kreis zu schließen? Kohlhaase: nein, es ist einfacher. Ich wusste von Clemens meyers Buch, hatte es aber nicht gelesen. Dann hörte ich, dass sich Andreas Dresen als regisseur dafür interessiert. Und da ich mit ihm zwei Filme gemacht hatte und das eine sehr angenehme Zusammenarbeit war, interessierte ich mich wiederum dafür. Für eine gewisse Zeit waren die rechte nicht da, dann waren sie wieder erreichbar. Ich las das Buch, wir sprachen darüber. Unabhängig von lange zurückliegenden Filmen schien mir, das könnte ich ver­ suchen. »Berlin – Ecke Schönhauser...« war eine Geschichte von mir. Hier handelte es sich um eine Vorlage, das heißt, ein bereits geformtes material. Darin lag die Schwie­ rigkeit, aber auch der reiz. Der roman ist kräftig, farbig, kunstvoll anarchistisch gebaut, mit Sprüngen in den Zeitebenen und gelegentlich auch mit Tonlagen wie im amerikanischen Kino, das meyer gut kennt und sehr schätzt.

Filmdienst 05 | 2015

22-25_kohlhaase_05_2015_RZ.indd 22

25.02.15 19:13


»berlin - ecke schönhauser...« (regie: gerhard Klein, 1956/57)

Wie fanden sie den tonfall, die sprache, die atmosphäre einer generation, von der sie, vom alter her, viele Jahrzehnte entfernt sind? Kohlhaase: Der roman war das material. Er hat Text und Untertext. Lange her, dass ich jung war, aber die Ungeduld und die Lust zur revolte, von der jede Generation ergriffen wird, waren mir so erinnerlich wie vorstellbar. Eine Geschichte erzählt man,

»als wir träumten« (regie: andreas dresen, 2015)

Beispiel hatten wir von vornherein zwei, drei Szenen, wo es so war. Die Einlieferung ins Krankenhaus, weil wir dachten, niemand kann die Tonlage der Ärzte, dieses na­wie­geht’s­ uns­denn­Deutsch, besser als sie selbst. Die andere Szene war der Streit zwischen dem Trucker und dem mann, der ihm hinten drauf fährt. Dafür hatte die regieassistentin einen marktausrufer entdeckt, dem fielen unge­ heure Beschimpfungen ein, und wunderbarer

» LA N G E H ER, DASS ICH JUNG WA R , A B E R D I E U N G E D U L D U N D D I E LU ST ZUR R EVOLTE, VO N D ER JEDE GENERATI O N E RG R I F F E N W I R D, WA R E N M I R SO ERINNERLICH WIE VORSTELLBAR«

Foto: DEFA­Stiftung/Pandora

indem man sie findet und erfindet. Und was die redeweise betrifft: Tourismus hilft nicht, keine modischen Ausdrücke. nichts ist so unmodern wie das modische von Gestern. Ich versuche, mir die Figuren in Handlungen vorzustellen. Ich denke auch daran, dass sie gespielt werden sollen. Ich schreibe ja keine Prosa, ich schreibe Szenen, sie sind still oder laut, wie auch immer, aber die Schauspieler müssen die Dialoge sprechen können. Auch die nicht­Schauspieler wie in »Als wir träumten«. Ich konnte ja keine Dialoge für nicht­Schauspieler schreiben. Als Drehbuch­ schreiber schuldest Du den Schauspielern gute Texte und schöne Pausen, wenn sich das machen lässt. Das hat weniger mit lange vergangenen Erinnerungen zu tun als mit dem Handwerk. haben sie bei »als wir träumten« daran gedacht, manche szenen nur zu beschreiben, die dialoge aber dem improvisationstalent der darsteller zu überlassen? Kohlhaase: Andreas Dresen hat da Erfah­ rungen. Allerdings waren das nicht die Filme, die ich mit ihm gemacht habe. Unsere gemeinsamen Filme waren ausgeschrieben, die Dialoge standen fest, und wenn sie etwas taugen, nimmt er sie auch wörtlich. Wenn man improvisieren will, muss man das vorher wissen. In »Sommer vorm Balkon« zum

Weise hat unser Schauspieler, Andreas Schmidt, nicht gesagt, moment mal, hier hört mein Text auf, sondern er hat voll mitge­ macht. Aber Dialoge haben nicht nur ihre informative Ebene, sondern sie haben einen Untertext, manchmal einen Kontratext, sie haben ihren rhythmus, das kann man in der regel nicht dem Zufall anvertrauen nach dem motto: Jeder hat mal drei Würfe. Wie haben sie sich meyers hunderte seiten starkem roman genähert? Kohlhaase: manche Dinge nimmt man sofort heraus, weil man sieht, das ist nicht zu schaffen. Zum Beispiel Fußball in Leipzig, ein Thema, dem sich Clemens meyer mit Liebe zur Sache gewidmet hat. Aber für den Film kannst Du nicht 20.000 Leute auf die Beine bringen, Du kannst auch nicht 2.000 Polizisten auf die Füße stellen. Wir wollten nicht mit 30 Leuten und elf Polizisten einen Krawall für Arme drehen. Generell musste man diesem Buch, das vorsätzlich nicht von vorn nach hinten erzählt ist, eine sanfte reihenfolge abgewinnen. Im Kino wird man ja auf andere Weise berührt, als wenn man liest. Beim Lesen kannst Du zurückblättern, kannst nachdenken, kannst das Buch zuma­ chen. Im Film bist Du in einen suggestiven Vorschlag verwickelt. Beim Lesen machst Du die Lampe aus, im Kino geht das Licht an.

wol fg a n g kohlhaase 13.3.1931 geboren in berlin 1947

volontär und redakteur bei der Jugendzeitschrift »start«; mitarbeiter der fdJ-Zeitung »Junge welt«

1950–52 dramaturgieassistent bei der defa ab 1952

freischaffender drehbuchautor und schriftsteller

1965

»berlin um die ecke« (regie: gerhard klein) wird nach beschluss des Xi. plenums des Zk der sed verboten. danach verstärkt schriftstellerische tätigkeit

seit mitte der 1960er-Jahre verstärkt Zusammenarbeit mit konrad wolf 1972

mitglied der akademie der künste der ddr

1989

regie (mit ullrich kasten) »victor klemperer - mein leben ist so sündhaft lang«

ab 2005 Zusammenarbeit mit andreas dresen 2011

ehrenmitglied der »berlinale«, »deutscher filmpreis« für sein lebenswerk

Filmdienst 05 | 2015

22-25_kohlhaase_05_2015_RZ.indd 23

23

25.02.15 19:14


»solo sunny« (regie: Konrad Wolf, 1980)

man sieht sich um und will ungefähr wissen, was man da erlebt hat, so wie man am Anfang nach zehn minuten ungefähr wissen will, was man zu erwarten hat. Dennoch wollten wir keine routinierte reihen­ folge haben. sie mussten auch auf Figuren verzichten... Kohlhaase: Wir mussten uns eine Hier­ archie der Personen überlegen. Wer ist

»die stille nach dem schuss« (regie: volker schlöndorff, 2000)

abgebrochenen Straßen sieht, die einfach aufhören, wo kein Haus mehr angebaut wurde, das steht letzten Endes für die Welt. Und dass diese jungen Leute aufbrechen und fragen, was kostet die Welt? Und dass sie hören müssen: Die Welt ist schon verkauft. Ihr kommt zwar, aber Ihr werdet nicht erwartet... Eine Geschichte muss glaubhaft oder kann unglaublich sein, wenn sie etwas taugt, handelt sie zugleich von

»SO G ESEHEN, HAT DAS G E SC H I C H T E N E RZ Ä H L E N D I E FA R B E D E S P O LITISCHEN. UND EINE FA R B E D E R H O F F N U N G « der mögliche Erzähler, wo kann man aus zwei Figuren eine machen, welche Figuren können fehlen? Das betrifft zum Beispiel den Hintergrund der Eltern, die auch im roman keine große rolle spielen. Die Eltern sind für die Heranwachsenden aus ihrer Kompetenz gefallen, wie macht man das vorstellbar, ohne schwierige nebenmotive? Wir wollten auch nicht eine matte rekonstruktion der Leipziger Demonstrationen von 1989 machen. Bei aller Lust auf realität: Clemens meyers roman ist kein dokumentarisches Sujet, sondern etwas absichtsvoll Geformtes, mit Brüchen zwischen Pathos und Banalität. Da lag der reiz der Geschichte, und das sollte auch so bleiben. Um wieder auf die Dialoge zu kommen: Ich habe genommen, was aus Sicht des Films brauchbar war, und anderes erfunden. mit schlechter Prosa kannst Du machen, was Du willst. Wenn man gute Prosa hat, die nichts Beliebiges enthält, muss man sich dennoch frei bewegen können. man muss von der Literatur ein Stück weg, um wieder zu ihr zurück zu kommen. Wie politisch ist das Private in ihrem Film, in ihren Filmen überhaupt? Kohlhaase: Literatur sucht das Besondere im Allgemeinen und das Politische im Pri­ vaten. Der Leipziger Stadtrand, eine Szene von spröder Schönheit, wenn man diese

24

etwas anderem. Am Schluss beendet sie ihre Handlung und eröffnet eine Frage. Wann ist ihnen der schlusssatz des Films eingefallen: »das beste kommt noch«? Kohlhaase: Gleich am Anfang. Es ist ein bitterer Satz, ein melancholischer Satz, aber auch nicht die völlige Hoffnungslosigkeit. Es kommt noch was. ich habe das gefühl, dass in ihren Filmen das reservoir an hoffnung kleiner wird – verglichen mit früher, etwa mit »solo sunny«. Kohlhaase: Ich gehöre zur nachkriegs­ generation in Europa. Die erste Hoffnung in meinem Leben war, dass es nie wieder einen solchen Krieg geben wird. Wenn sich dann ein Lebensalter später die Kriege zurückmelden, die ja in anderen Gegenden nie geendet haben, wenn sie wieder vor der Haustür ankommen und für denkbar gehalten werden, dann frage ich mich schon, ob ich mein Leben sinnvoll verbracht habe. Was für Geschichten habe ich erzählt? Ich hatte nur zwei Stoffe, die ich in Varianten wiederholt habe. Das eine ist die nazi­Zeit, der Krieg, das Leben meiner Eltern: Was ist aus ihrem Leben geworden oder auch nicht? Wie sehr hätte ich ihnen gewünscht, wie im märchen, einmal zur Probe und dann noch mal richtig zu leben. Und dann gab es den

Alltag vor meiner Haustür, in einer Gesell­ schaft, die mehr Gerechtigkeit vorhatte, im Großen wie im Kleinen, und die gescheitert ist, aus Gründen, über die man lange streiten kann. Es ging nicht immer kunstfreundlich zu, wenn es hieß: Alles kann erklärt werden. Doch war es ein großer, aufklärerischer Impuls, dass man die Welt in eine andere richtung denken kann. Dass sie, wenn man sie sich denkt, auch wird. Jetzt stelle ich mir nur noch vor, dass sich menschen weiterhin Geschichten erzählen. Solange sie sich Geschichten erzählen, leben sie mitein­ ander, sie haben einen anderen Blick als nur den auf sich selbst. So gesehen, hat das Geschichtenerzählen die Farbe des Politi­ schen. Und eine Farbe der Hoffnung. ein aristokratischer standpunkt im Zeitalter der mediengesellschaft... Kohlhaase: Das, was man heute die »medien« nennt, die Information und Desinformation in gleicher Weise betreiben, hat es zuvor nicht gegeben. Du empfängst eine nachricht, die Du nicht verstehst. Du denkst, man wird sie Dir morgen erklären. morgen kommt eine andere meldung, die Du ebenfalls nicht verstehst. Dabei sind in den nachrichten die Interessen versteckt. Ob man über seinen Aufenthalt auf Erden nachdenkt oder ob man vorhat, Filme zu machen: Soll man von vielem wenig wissen, oder soll man von wenig viel wissen? meine bescheidene Erfahrung sagt mir, man sollte von wenig viel wissen. Dann nämlich ist man ein Partner für Leute, die von anderem Wenigem viel wissen. Das ultimative Angebot sieht allerdings vor, von allem nichts zu wissen. man hat etwas gehört. Die Konsequenzen kann man vernachlässigen, sie überrollen einen sowieso. Wie verändert in diesem geflecht das Kino seine rolle? Kohlhaase: Es ist nach wie vor die Kunst der großen Städte. mein Abenteuer, dem

Filmdienst 05 | 2015

22-25_kohlhaase_05_2015_RZ.indd 24

25.02.15 19:14


»sommer vorm balkon« (regie: andreas dresen, 2005)

ich mich gern ausgesetzt habe, der eigent­ liche Spaß am Beruf, war immer der große dunkle Saal mit Leuten, von denen ich nicht wusste, wer sie sind und woher sie kommen. Es ist ein magischer moment, wenn man es schafft, dass aus Hunderten zusammenge­ laufenen Leuten ein Publikum wird, das zwei Stunden vor der Leinwand sitzt, im selben rhythmus atmet, an ähnlichen Stellen lacht, an ähnlichen Stellen weint. Ein wunderbarer

»baby« (regie: Philipp stölzl, 2002)

der Qualität der Sache nichts zu tun hat: Ich weigere mich, meine Zeit nach dem Programm zu planen. So ein rest Sponta­ neität, etwas zu tun oder zu lassen, ist mir wertvoll. gehen sie regelmäßig ins Kino? Kohlhaase: Ich folge dem Spielplan mit Zurückhaltung. Ich gehe zu Filmen, von denen ich Gründe habe, sie sehen zu wollen.

Fotos: DEFA­Stiftung/Arthaus/X Verleih/Kinostar

» U N D T ROTZD EM I ST MAN EIN GETRIEBENER UND IST I N DAS G E T R I E B E V E RW I C K E LT« Vorgang menschlicher nähe. Alle Kunst­ griffe folgen dem Ziel, nicht zu langweilen. Dramaturgie ist eine Sammlung von regeln gegen die permanente Bereitschaft eines Publikums, sich zu langweilen. Aber viel­ leicht ändert sich das im Zeitalter von »Film on Demand«. Wenn sich drei Leute vor einen Film setzen, den sie sich bestellt haben nach ihren vorformulierten Erwartungen, entsteht eine andere Dienstleistung. Kein Saal muss unterhalten werden. Eher geht es um ein Zwiegespräch. Kann sein, das ändert die Filme, Inhalt wie Form. Eine andere Sache, die damit zusammenhängt, ist die Digitali­ sierung und miniaturisierung der Aufnahme­ technik. Früher wurde fast alles im Voraus bedacht und festgelegt, jetzt kann man leichter mit einer geplanten Improvisation arbeiten. Das gibt wiederum dem Schnitt eine radikalere Funktion bei der Formulie­ rung des Films. Filme können anders erzählt werden, und so werden vielleicht auch andere Filme erzählt. man muss nicht in ein Gewitter von Schnittfolgen geraten. man genießt es inzwischen, wenn ein Film Platz hat für nachdenklichkeit. hätten sie lust, sich am schreiben einer serie zu beteiligen? Kohlhaase: Die Lust könnte kommen, wenn ich den Stoff wüsste. Ich bin aber kein Serienzuschauer. Aus einem Grund, der mit

Ich gehe nicht hin, weil alle gerade hin­ gehen. Ich folge auch nicht der Werbung. Und trotzdem ist man ein Getriebener und ist in das Getriebe verwickelt. Es ist ein Ver­ gnügen, dass es alle paar Jahre ein Wunder gibt. Leute, die ihre ersten Filme machen, erzählen eine so noch nicht gesehene Geschichte. Auf solche Überraschungen freue ich mich. Aber ich muss nicht umfas­ send informiert sein. Ich gehe zu Kollegen, die ich schätze, und nicht so oft zu denen, die mir nicht gefallen. Obgleich ich weiß, risiko und Irrtum gehören zu meiner Arbeit. man soll nicht nachtragend sein. Womit hat schreiben vor allem zu tun? Kohlhaase: mit neugier. Auch mit Glück. manchmal findet man, was man nicht gesucht hat. Wissen sie nach 60 Jahren Filmarbeit genauer, wie sie die Zuschauer ins Kino holen? Kohlhaase: Als der berühmte Berliner Theatermann Otto Brahm im Sterben lag, und sich viele Freunde um sein Bett ver­ sammelten, sagte er mit brüchiger Stimme: »Ich weiß jetzt, wann die Leute kommen.« Alle bedrängten ihn: »Otto, stirb nicht, bitte, bleibe noch, verrate es uns...« Und Brahm sagte: »Die Leute kommen, wann sie wollen.« X

drehbücher (au swahl) 1953 störenfriede 1953 streichholzballade puppentrickfilm 1956 eine berliner romanze 1957 berlin - ecke schönhauser ... 1959 der schweigende stern 1961 der fall gleiwitz 1962 Josef und all seine brüder 1965 berlin um die ecke 1968 ich war neunzehn 1974 der nackte mann auf dem sportplatz 1977 mama, ich lebe 1978 der übergang 1980 solo sunny 1982 der aufenthalt 1984 die grünstein-variante (vorlage: hörspiel) 1989 das spinnennetz 1992 inge, april und mai (regie) 1998 victor klemperer - mein leben ist so sündhaft lang (regie) 2000 die stille nach dem schuss 2002 baby 2005 sommer vorm balkon 2009 whisky mit wodka 2009 hans und kind 2011 i phone you 2015 als wir träumten

Filmdienst 05 | 2015

22-25_kohlhaase_05_2015_RZ.indd 25

25

25.02.15 19:14


kritiken neue filme

leviathan

Allegorie auf das ultrakonservative Russland

die Quintessenz von »leviathan« ist simpel: ein kleiner mann lehnt sich gegen ein riesiges machtkonstrukt auf. In den atemberaubenden Bildern des Kameramanns mikhail Kritschman und mit narrativen wie filmischen Details fächern regisseur Andrey Zvyagintsev und sein Co­Autor Oleg negin durch teils recht bissige Andeu­ tungen den simplen Plot auf und geben ihm eine beängsti­ gende Tiefenschärfe. Im Zentrum steht Kolya, ein auf den ersten Blick ehrlicher, aber schnell aufbrausender mann. Er lebt mit seiner Frau Lilya und seinem Sohn aus erster Ehe in einem kleinen Küstenstädtchen an der Barentsee. Sein markant über dem Wasser gelegenes Land befindet sich seit Genera­ tionen im Besitz seiner Familie. Als der Bürgermeister, der unbedingt die nächste Wahl gewinnen will, sich das Grund­ stück mit Hilfe einer korrum­ pierten Justiz unter den nagel reißen will, versucht sich Kolya zunächst auf legalen Wegen dagegen zu wehren. Bei näherer Betrachtung ent­

36

puppt sich Kolyas Figur als moderne Hiob­Variante, die gleichsam von außen geprüft und in ihrem Glauben heraus­ gefordert wird. Im Gegensatz zur biblischen Gestalt zweifelt Kolya aber weniger an Gott im religiösen Sinn. Er verliert sich auch nicht in Selbstmitleid über die Ungerechtigkeit der Welt. Es geht vielmehr um den Glau­ ben und die Zweifel am men­ schen und dem sozial konstru­ ierten raum, in dem er lebt. Gleichzeitig verkörpert Kolya aber auch eine Art michael Kohlhaas, der aktiv gegen die Ungerechtigkeit der bestehen­ den Gesetze ankämpft. Von Anfang an ist aber spürbar, wie unwahrscheinlich ein Erfolg der Auflehnung gegen autori­ täre und korrupte Staatsge­ walten ist. Kolyas Anwalt und Freund Dmitri begleitet ihn zu einer Anhörung ins Gericht. Hier wird man Zeuge der Undurchdringbarkeit einer bestechlichen Bürokratie: In einem nicht enden wollenden monolog rattert die richterin monoton den Sachverhalt herunter. So fassungslos Kolya

und die Seinen im Gerichtssaal stehen, so statisch blickt die Kamera in ihre Gesichter. Ein kurzer Schnitt auf den Flur macht deutlich, dass das Urteil längst feststeht. Das ist der Beginn einer Abwärtsspirale, die kein Ende zu finden scheint. michail Kritschmans Bildgestal­ tung spiegelt das Innenleben Kolyas und das seiner näch­ sten, aber auch das rauhe auto­ ritäre Klima. Intime, nahe Ein­ stellungen zeigen Privates und Familiäres, während weite Bil­ der die Attacken des riesigen dunklen meeres gegen die karge, menschenarme, faszinie­ rend­dramatische Landschaft einfangen: der mythisch anmu­ tende, aber sich real auswir­ kende Leviathan verschlingt den gewöhnlichen menschen. Die Einstellungen sind häufig lang und weit, nahaufnahmen aus der natur zeigen riesige Wal­Skelette, der Strand wirkt wie ein großer Friedhof. Eine cineastische Allegorie der Hoffnungslosigkeit. Auch auf inhaltlicher Ebene spiegelt sich die Aussichtslo­ sigkeit des Aufbegehrens gegen den Leviathan, das alles verschlingende Ungeheuer des staatlichen Systems, wenn­ gleich der Film zahllose bissige

Spitzen abfeuert. Und zwar gegen jenes opportunistische System, das sich das Prinzip der natürlichen Auslese als unerträgliches soziales Selekti­ onsprinzip zunutze macht. So schießen Kolya und seine Freunde bei einem Ausflug nur auf Porträtbilder ehemaliger russischer Politiker; für aktuelle Amtsinhaber, so ein Freund Kolyas, sei es noch zu früh. Auch wenn weder Putin noch medwedjew als Zielscheiben dienen, handelt es sich um mehr als eine metapher: poli­ tische Aussagen werden sicht­ bar. In einer anderen Szene berichtet das Fernsehen im Hintergrund über die regie­ rungskritische Band »Pussy riot«. Und immer wieder versi­ chert sich der Bürgermeister der Gunst und Protektion der einflussreichen russisch­ortho­ doxen Kirche. Der Film spricht in diesen kri­ tischen Bezügen für sich und bietet darüber hinaus pointierte politisch­kulturelle Interpretati­ onsansätze. So universell die Geschichte über Auflehnung gegen Ungerechtigkeit auch ist, so sehr ist »Leviathan« ein Kommentar zur aktuellen rus­ sischen Gesellschaft und dem politischen System. Der regis­

Filmdienst 05 | 2015

36-51_Kritik_05_15_RZ.indd 36

25.02.15 17:17


neue filme kritiken seur und die anderen Beteilig­ ten am Film halten sich mit politischen Wortmeldungen auffällig zurück. nicht zuletzt die abneigenden reaktionen der Kulturbürokratie (mitsamt zensorischen Drohungen) deu­ ten aber darauf hin, dass der Film einen elementaren nerv getroffen hat. Am Ende ist »Leviathan« vielleicht kein Hoffnungsträger, aber eine rare cineastische momentaufnahme, ein ästhetisches und politisches Statement. Jennifer Borrmann

bewertung der filmkommission

der korrupte bürgermeister einer kleinen russischen stadt setzt alle mittel politischer repression ein, um einem sturköpfigen mechaniker dessen markant an der barentsee gelegenes landstück abzujagen. dessen auflehnen gegen die autorität scheint angesichts der umfassenden verflechtung der staatlichen organe und ihrer sanktionierung durch die orthodoxe kirche von beginn an zum scheitern verurteilt. das in überwältigenden bildern fotografierte drama gibt sich durch erzählerische und visuelle details als moderne variation der biblischen hiobsgeschichte zu erkennen, wobei es das wieder erstarkende bündnis aus klerus und nomenklatura als ein alles verschlingendes ungeheuer kritisiert. – sehenswert ab 16.

leviathan. scope. russland 2014 regie: andrey Zvyagintsev buch: oleg negin, andrey Zvyagintsev Fotos S. 36­51: Jeweilige Filmverleihe

kamera: mikhail krichman musik: philip glass schnitt: anna mass darsteller: alexey serebryakov (kolya), elena lyadova (lilya), vladimir vdovitchenkov (dmitri), roman madyanov, anna ukolova, alexey rozin länge: 141 min. | kinostart: 12.3.2015 verleih: wild bunch | fd-kritik: 42 938

afrika – das magische königreich

Unbedarfte Hochglanzbilder wilder Tiere

eltern, die sich mit ihren Kindern diesen Film ansehen, tun womöglich gut daran, ihrem nachwuchs anschließend zu erklären, dass in afrika durchaus auch menschen leben. Denn in »Afrika – Das magische Königreich« ist kein einziger mensch zu sehen, nicht einmal am Bildrand oder im Hinter­ grund. Statt dessen feiert die BBC­Produktion Flora und Fauna des Kontinents in tech­ nisch perfekten und teils atem­ beraubenden Bildern. Von den eisigen Höhen des mount Kenia bis zu den Koral­ lenriffen vor der ägyptischen Küste geht die reise kreuz und quer durch den Kontinent. Wobei der Wechsel zwischen den einzelnen Schauplätzen übergangslos geschieht. Da Inserts mit konkreten Ortsan­ gaben fehlen, weiß man oft nicht genau, in welchem Teil Afrikas man gerade gelandet ist. Wobei das Landen durchaus wörtlich zu nehmen ist, da Heli­ kopter­ bzw. Drohnen­Kameras exzessiv zum Einsatz kommen. Was sich mitunter absolut spek­ takulär ausnimmt, wenn die Kamera auf die Abbruchkante des Sambesi zusteuert und sich mit den Wassermassen die Victoriafälle hinunterstürzt. Auf der anderen Seite ist man bemerkenswert hautnah dabei, wenn ein imposanter Silberrü­

cken über seine Familie von Berggorillas in ruanda wacht oder ein Elefanten­Baby zwi­ schen den Beinen seiner mutter auf der Suche nach Wasser durch die Savanne trottet. Die naturfilmer Patrick morris und neil nightingale, die schon für »Dinosaurier 3D ­ Im reich der Giganten« verantwortlich zeichneten, wechseln geschickt zwischen eher anrührenden und dramatischen Sequenzen. War man eben noch bei sich friedlich lausenden Pavianen im äthio­ pischen Hochland, wird man unversehens Zeuge des Über­ lebenskampfes von Gnus, die sich an einem Flussufer gegen gefräßige Krokodile wehren. Besonders blutrünstig geht es dabei natürlich nicht zu. Schließlich ist die Dokumenta­ tion als Familienfilm konzipiert. Und diesem Anspruch wird die Inszenierung in jeder Hinsicht gerecht. Dass eine Sequenz aus der Wüste namibias, in der ein Gecko Käfer frißt, anschließend aber einer Schlange zum Opfer fällt, bis in Details dem Disney­ Klassiker »Die Wüste lebt« (1954) nachempfunden ist, fällt dabei nicht weiter ins Gewicht. Doch so imposant die Schau­ werte, zumal in 3 D­Technologie, auch sind, so unbedarft nimmt sich die Hochglanzproduktion jenseits der hymnischen Verklä­ rung aus. Keine rede ist davon,

dass manche der in Szene gesetzten Arten in ihrer Exi­ stenz massiv bedroht sind; von den anderen Problemen Afrikas erfährt man schon gar nichts, da menschen ja überhaupt nicht vorkommen. Der Off­Kommen­ tar (in der deutschen Fassung von Christian Brückner gespro­ chen) macht die Sache keines­ wegs besser, da er sich in erster Linie in Binsenweisheiten und Pseudo­magie ergeht. rückt der regenwald ins Bild, heißt es bei­ spielsweise: »Welche Geheim­ nisse verbergen sich unter sei­ nem dichten Blätterwerk?« Und auch vor dümmlichen Anthro­ pomorphismen am rande der Lächerlichkeit schreckt man nicht zurück: »Es herrscht Krieg. Tiere kämpfen gegen Tiere.« Trotz aller technischen Perfek­ tion ist diese Dokumentation kaum mehr als eine pittoreske Bildtapete, die nett anzusehen ist, aber mit der Wirklichkeit rein gar nichts zu tun hat. Reinhard Lüke bewertung der filmkommission

aufwändiger 3d-dokumentarfilm, der ausgiebig die schönheiten von afrikas fauna und flora feiert. bei seiner reise kreuz und quer durch die sieben regionen des kontinents wechseln anrührende mit dramatischen szenen innerhalb der tierwelt. die spektakuläre hochglanzdokumentation bedient sich bei bild und ton neuester technologien, hat aber letztlich nichts über das aktuelle afrika zu erzählen, wobei menschen überhaupt nicht vorkommen und der off-kommentar überwiegend in ärgerlichen plattitüden schwelgt. – ab 10.

enchanted kingdom 3d. großbritannien 2014 regie, buch: patrick morris, neil nightingale schnitt: nigel buck, andi campbell-waite länge: 87 min. | kinostart: 5.3.2015 verleih: constantin | fd-kritik: 42 939

Filmdienst 05 | 2015

36-51_Kritik_05_15_RZ.indd 37

37

25.02.15 17:17


kritiken auf dvd/blu-ray

Herausragendes australisches Endzeit-Drama, das ohne Apokalypse-Spektakel auskommt Der radiosprecher verortet den Einschlag im nordatlantik. Die Ostküste der USA ist betroffen – und Europa? Europa ist nicht mehr! nun macht sich das Ende auf den Weg um die Welt. »Es ist wahr! Was hier passiert, ist echt!!« James hört die nachrichten des einsamen moderators auf dem Weg nach Perth. Er hat seine Frau noch ein letztes mal geliebt, die nachricht ihrer Schwangerschaft ignoriert, das schöne Haus am Wasser und sie verlassen und sich auf den Weg zu Freunden gemacht, die die letzte Party aller Partys feiern. Wozu jetzt noch über neues Leben nachdenken?? »Es wäre keine Schande, freiwillig abzu­ treten. Tut, was ihr tun müsst«, sagt der

52

mann im radio. Viele folgen seinem rat. »Uns bleiben noch zwölf Stunden, Leute. mehr nicht!« Fünf minuten Prolog gibt regisseur Zak Hilditch dem Zuschauer Zeit, die kaum zu ertragende nachricht zu verdauen, die sein Protagonist und all die menschen um ihn herum in den Wahn treiben muss. Doch dann geschieht das Unerwartete: James trifft auf rose. Gerade halb so alt wie der kaum Dreißigjährige und in der Hand zweier Wahnsinniger. Was sie mit ihr vorhaben, möchte niemand wissen. Was also tun? Weiterfahren? Sie retten? Wozu? Es sind noch elf Stunden! Wider­ willig hilft er dem mädchen und überlebt selbst gerade so. Die Kleine will unbedingt

these final hours australien 2013 regie: Zak hilditch darsteller: nathan phillips, angourie rice, Jessica de gouw, daniel henshall länge: 83 min. | fsk: ab 16 anbieter: weltkino fd-kritik: 42 955

a most wanted man (neu auf dvd & bd)

maps to the stars (neu auf dvd & bd)

Ein deutscher Geheimdienstmann, der von seinen Vorgesetzten an der kurzen Leine gehalten wird, will einen in Hamburg untergetauchten tschetschenischen Flüchtling als Köder benützen, um an die Hintermänner des Terrors heranzukommen. Zurückgenom­ mene, fast spröde Verfilmung eines Spionage­ Thrillers von John Le Carré. Der von Philip Seymour Hoffman in einer seiner letzten rollen grandios verkörperte Protagonist eröffnet eine nüchterne, demaskierende Perspektive auf das Geheimdienstgeschäft. – Ab 14.

Eine eben erst aus der Psychiatrie entlassene junge Frau arbeitet als Assistentin einer alternden Schauspielerin in Hollywood. Diese versucht, eine rolle in einem remake zu ergattern, die einst ihre verstorbene mutter verkörperte. Geschickt jongliert die bissige Hollywood­Satire mit Thriller­ und Ghost­Story­ Elementen. nicht zuletzt geht es aber um das schizophrene nebeneinander von Wärme, Boshaftigkeit, Hypertrophie und mitgefühl in der maschinerie Hollywoods. – Ab 16.

gb/usa/d 2013 | r: anton corbijn | fsk: ab 6 | anbieter: senator/universum

kanada/d/usa/frankreich 2014 | r: david cronenberg | fsk: ab 16 | anbieter: ascot elite

Fotos: Jeweilige Anbieter

these final hours

zu ihrem Dad. Was also tun? »Kanada, mexiko und mittelamerika: weg! noch zehn Stunden!« Hilditch macht sich nicht die mühe, seinen Endzeitfilm zu verkopfen. Anders als bei Lars von Triers »melancholia« passieren hier die Dinge, wie sie passieren: beiläufig, ungefiltert, direkt und schmerzhaft. Ausgerechnet der junge mann, der gerade Frau und Kind alleine gelassen hat, fährt das mädchen zu seinem einzigen Ver­ wandten – wo auch immer der ist. »meine mutter hat gesagt, dass die Wissenschaft der religion immer überlegen sein wird. Bis zum heutigen Tag habe ich das geglaubt... Schon komisch, dass man sich Gott zuwendet, obwohl man gar nicht an ihn glaubt! noch acht Stunden, Leute!!« »These Final Hours« ist der ehrlichste und dabei emotionalste aller Filme über das Ende. Er ergeht sich nicht in Philosophie, nicht in Orgie und Apokalypse. Er geht der Frage nach, wie irrational man werden kann im Angesicht des Todes. Die beiden austra­ lischen Schauspieler nathan Phillips und Angourie rice geben diesen Überlegungen ein glaubhaftes Gesicht und dem schwer erträglichen Film eine Leichtigkeit – eine Seele! In einer Eindringlichkeit, die man im Kino selten sieht. »noch sieben Stunden bis zum Ende!« – Sehenswert ab 16. Jörg Gerle

Filmdienst 05 | 2015

52-54_DVD-Kritiken_05_15_RZ.indd 52

25.02.15 19:02


auf dvd/blu-ray kritiken

supremacy

Thriller: Rechtsradikaler trifft auf afroamerikanischen Familienvater

the november man

Ex-James Bond Pierce Brosnan schlüpft noch einmal souverän in eine Agenten-Rolle

Pierce Brosnan ist als Agent zurück. Doch nicht als James Bond im Geheimdienst Ihrer majestät, sondern als Peter Devereaux in der Verfilmung des Bill Granger­romans »There Are no Spies«. Darin genießt der ehemalige CIA­Agent seinen ruhestand in der Schweiz, bis sein alter Chef ihn mit einem Auftrag aufsucht: Er soll die Undercover­Agentin natalia mit ihren brisanten Informationen über den russischen Präsidentschaftskandi­ daten in Sicherheit bringen. Doch die mission schlägt fehl und natalia wird getötet, worauf er sich auf die Suche nach den Hintermän­ nern begibt und dabei auf eine tiefgreifende Verschwörung stößt. Pierce Brosnan macht in diesem Agentenfilm von roger Donaldson (»Thirteen Days«, »Bank Job«) eine starke Figur. Wort­ und schussgewandt präsentiert er immer noch souverän seine Actionhelden­Fähigkeiten und erteilt in den Auseinandersetzungen

seinem ehemaligen Schüler, der die Seiten gewechselt hat, kurzerhand noch Lektionen in Sachen effektive und richtige Agenten­ Arbeit. Während der viermalige 007­Dar­ steller in dieser rolle überzeugt und die soliden, aber durchaus spannenden Action­Szenen für insgesamt kurzweilige Unterhaltung sorgen, bedienen sich die Story und die Spannungs­Dramaturgie lediglich bekannter Genre­muster. – Ab 16. Alexander Hertel

Ohne seine Ideologie je kritisch hinterfragt zu haben, kommt ein führender Kopf der »Arischen Bruderschaft« nach 15 Jahren aus dem Gefängnis frei. Er wird von einer naiven Freundin abgeholt und gerät gleich wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Das Pärchen verschanzt sich bei einer afroame­ rikanischen Familie und ist zum Äußersten bereit. Auf wahren Begebenheiten fußender, spannender White­Trash­Action­ film, in dem Danny Glover und Joe Anderson als einen Psychokrieg austra­ gende Kombattanten glänzen. Dramatur­ gisch nicht immer plausibel, überzeugt der Thriller eher als Ensemblefilm denn als Kommentar zu einer von rassismus durchsetzten US­amerikanischen Gesell­ schaft. Joe Anderson tritt indes als psychopathischer nazi in eine reihe mit charismatischen Darstellern wie russell Crowe, Edward norton und ryan Gosling. – Ab 16. jög supremacy

the november man usa 2014

usa 2014

regie: roger donaldson

regie: deon taylor

darsteller: pierce brosnan, olga kurylenko, will patton, luke bracey

darsteller: Joe anderson, danny glover, evan ross, anson mount, derek luke

länge: 104 min. | fsk: ab 16

länge: 106 min. | fsk: ab 16

anbieter: universum

anbieter: capelight

fd-kritik: 42 956

fd-kritik: 42 957

Filmdienst 05 | 2015

52-54_DVD-Kritiken_05_15_RZ.indd 53

53

25.02.15 19:02


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.