fIlM DIenST Das Magazin für Kino und Filmkultur
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Vor 70 Jahren wurde der Regisseur geboren. Sein ganz eigener Blick auf deutsche Geschichte fordert noch heute heraus.
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Der kanadische Schauspieler, der mit »Drive« zum »leading Man« wurde, drehte mit »lost River« sein nen ersten eigenen film. ein eher umstrittenes Regiedebüt.
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Mit den Videotheken sterben viele orte, die filmgeschichte, aber auch die liebe zum film vermittelten.
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28. Mai 2015 € 5,50 68. Jahrgang
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der katholischen Filmkritik
38 die maisinsel George Ovashvilis Drama ums Überleben in einer feindlichen Welt.
+ 40 47 50 47 39 47 49 44 50 48 49 42 36 47 38 49 43 45 37 51 49 46 41
ALLE STArTTErMINE a world Beyond 21.5. agnieszka 28.5. amok – hansi geht’s gut 28.5. camino de santiago 4.6. die frau in gold 4.6. giraffada 28.5. hirschen – da machst was mit! 4.6. ein Junge namens titli 28.5. kind 44 4.6. kiss the cook 28.5. limonata 30.4. lost river 28.5. Mad Max – fury road 14.5. die Mafia mordet nur im sommer 4.6. die Maisinsel 28.5. nachthelle 4.6. nice Places to die 4.6. nicht alles schlucken 28.5. Parcours d’amour 4.6. spy – susan cooper undercover 4.6. tracers 28.5. Von caligari zu hitler 28.5. das Zimmermädchen lynn 28.5.
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fernseh-tipps 56 Mit der erstausstrahlung von thomas arslans »gold« mit nina hoss zeigt arte eine der innovativsten western-Varianten der letzten Jahre. Einen eher klassischen Western-Ansatz bieten Filme von und/oder mit Clint Eastwood, dessen 85. Geburtstag auch im Fernsehen gefeiert wird. Desweiteren bietet das Fernsehen eine aufwändige dänische Miniserie über den deutsch-dänischen Krieg von 1864 sowie reizvolle Trashfilme: Kino mit Killertomaten, Vampiren und aztekischen Mumien.
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Fotos: TITEL: Olaf Hirschberg. S. 4/5: Neue Visionen, 61. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, Movienet, Deutsches Filminstitut/Foto: Peter Gauhe, Senator, Tiberius, AF-Media.
neu im kino
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inhalt kino
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16 das ende der videotheken
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Von hans helmut prinzler
Von Margret Köhler
16 das videotheken-sterben
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Von Katharina zeckau
Von Michael Ranze
rainer Werner Fassbinder wurde 1966 von der Berliner Filmhochschule abgelehnt. Auch als Autodidakt schuf er ein gewaltiges Werk voller Verweise auf die Filmgeschichte. Eine Hommage an den Frühverstorbenen, der nun 70 Jahre alt geworden wäre.
Die besten Videotheken waren stets Horte der filmischen Wissensvermittlung und machten ihre Kunden mit der Filmgeschichte vertraut. Heute führen Videotheken nur noch ein Schattendasein. Der Kassensturz einer vom Aussterben bedrohten Spezies.
Die in Luxemburg geborene Darstellerin spielt in deutschen und internationalen Filmen. Aktuell erweist sie sich in »Das Zimmermädchen Lynn« als Meisterin der leisen Töne. Ein Gespräch über die Schauspieler als Voyeuristen.
Sein regiedebüt »Lost river« spaltet die Kritik, als Schauspieler hat sich der Kanadier hingegen längst als Spezialist für faszinierend unberechenbare Charaktere etabliert. Eine Hymne auf Hollywoods »King of Cool«.
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Der georgische regisseur ist noch ein Geheimtipp. In seinem neuen Film »Die Maisinsel« erzählt er einmal mehr von der jüngeren Kriegsvergangenheit seiner Heimat. Das Porträt eines feinsinnigen Beobachters. Von Bernd Buder
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Neue Publikationen über Leben und Werk der regisseure Martin Scorsese, Herrmann Zschoche und Vlado Kristl.
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Die Streaming-Dienste Netflix und Amazon machen mit ihren Plänen eigener Filmproduktionen ernst. Während die Kinobesitzer die Konkurrenz fürchten, betrachten Filmemacher die Initiative als Chance. Von Franz everschor
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Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen widmeten dem 3D-Film ein eigenes Thema. Ist der dreidimensionale Blick immer noch nur eine technische Spielerei oder befördert er die inhaltliche und künstlerische Originalität? Von claus löser
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Immer mehr türkische Filme sind in den hiesigen Kinos zu sehen. Aktuell bieten besonders die Mainstream-Produktionen ein spannendes Panorama türkischer Befindlichkeiten. Ein Blick in Parallelwelten. Von Bernd Buder
34 Magische MoMente
In Louis Malles »Eine Komödie im Mai« wird eine Trauerfeier zum rauschhaften Fest. Sie weckt die Hoffnung auf eine gesellschaftliche Utopie. Von Rainer Gansera
ruBriken EDITOrIAL INHALT MAGAZIN DVD/BLU-rAy DVD-PErLEN TV-TIPPS ABCINEMA VOrSCHAU / IMPrESSUM
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akteure vicky krieps
was hat sie motiviert, von luxemburg nach Berlin zu gehen? krieps: Die Arbeit. Ich habe in Zürich studiert und als Abschluss eine regiearbeit gemacht. Statt nur einen Monolog zu spielen, habe ich ein Stück geschrieben und inszeniert, und das hat der Intendant vom Theater in der Parkaue gesehen. Es kam ein Anruf, ob ich dort in Berlin ein Stück inszenieren möchte. Dann hat mich irgendwie die Casterin Simone Bär entdeckt und für mehrere Filme gleichzeitig vorgeschlagen, und das hat auch alles geklappt. Nach Ende der Inszenierung habe ich angefangen zu drehen.
herrin über jede sekunde
was gefällt ihnen am Zimmermädchen lynn als alltagsmensch? wer ist diese frau? krieps: Mir gefällt, dass sie eigentlich entrückt wirkt oder auch ist und gleichzeitig etwas sehr Menschliches ausstrahlt. Besonders das Pure an ihr hat mich interessiert, diese ehrliche Herangehensweise an das Leben. sie ist das genaue gegenteil der Pilotin elly Beinhorn, die sie ebenfalls gespielt haben (»elly Beinhorn – alleinflug«, 2013) und die sehr selbstbestimmt durchs leben ging. was liegt ihnen mehr: das Zurückgenommene oder dieses »hier bin ich«? krieps: Beides, was vielleicht an meinem großen inneren Widerspruch liegt. Ich spiele sehr unterschiedliche rollen und werde ganz unterschiedlich besetzt. Das hat mich am Anfang schon gewundert, bis ich merkte, dass ich auf der einen Seite jemand bin, der ganz lebendig »trabt«, auf der anderen ganz introvertiert bin. Diese scheinbar gegensätzlichen Eigenschaften sind keine Seltenheit in meinem Beruf. lynn ist ein Mensch, der nichts tut, sich aus der leistungsgesellschaft ausklinkt. was tun sie, wenn sie nichts tun? krieps: Ich kann sehr gut nichts tun, dann bin ich ganz ich. Ich kann wirklich stundenlang nur auf einer Bank sitzen, brauche nicht einmal eine schöne Aussicht, kann einfach nur sein, ohne
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gespräch mit vicky krieps über »das zimmermädchen lynn« sie liebt die leisen Töne und glänzt lieber auf der Leinwand als auf dem roten Teppich: Die schauspielerin Vicky Krieps, in Luxemburg geboren und in Berlin lebend, spielt sowohl in deutschen als auch in internationalen Filmen und kann sich inzwischen ihre rollen aussuchen. als »Das Zimmermädchen Lynn« in Ingo Haebs romanverfilmung ist sie unfähig, sich anderen gegenüber zu öffnen, und versucht, auf unkonventionelle Weise Nähe zu lernen. das Gespräch führte Margret Köhler
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»Action«. Damit entziehe ich mich vielleicht der Leistungsgesellschaft, oder ich setze ihr etwas entgegen. Manchmal muss man sich aus dem Zirkus ausklinken. Bei mir ist es dieses Entschleunigen, dieses runterfahren und sich wirklich Besinnen auf das Sein. Mit derselben Taktik kann ich auch Druck oder Konkurrenz entgehen. Bei Filmpremieren ist es ja auch meine Entscheidung, ob ich laut bin und auffalle, sei es durch Auftreten oder Aussehen, oder ob ich mich ganz normal verhalte und untergehe unter all den anderen und mir somit meinen Traum behalte.
Fotos: Movienet, STudio Hamburg, Kordes & Kordes
die von ihnen gespielte figur liebt Menschen und frönt dem Voyeurismus. können sie sich vorstellen, heimlich leute zu beobachten? krieps: Schauspieler sind Voyeuristen, weil wir die Menschen verstehen und sie möglichst genau wiedergeben möchten. Ich will wissen, wie ein Mensch funktioniert, warum er so ist, wie er ist. Deshalb beobachte ich gerne andere, würde aber nie in deren Privatsphäre eingreifen. Diesen Schritt machen wir nicht. Für Lynn, die in ihrer kleinen Blase am rand der Gesellschaft lebt, ist das kein Übergriff, sondern etwas ganz Natürliches. Sich unters Bett zu legen, ist für sie der einfachste Weg, Menschen näher kennenzulernen. ist es ein unterschied, nach großen Produktionen wie »anonymus« oder »die Vermessung der welt« in einem kleinen arthousefilm mitzuspielen? krieps: Da ich mich nur mit meiner rolle beschäftige, ist es für mich eigentlich immer ziemlich gleich. Produktionstechnisch merke ich Unterschiede: weniger Geld, schnellerer Dreh. Aber bei »Das Zimmermädchen Lynn« haben wir sehr viel geprobt, konnten deshalb wiederum normal drehen, weil wir wussten, was wir machen wollen. Beides hat Vor- und Nachteile. Auch bei größeren Produktionen empfinde ich mich als Autorin meines Tuns. Und sollte ich am Ende nur eine Sekunde im Film sein, bin ich Herrin über diese Sekunde, die ich
hauptrollen starker frauen: krieps als flugpionierin in »elly Beinhorn - alleinflug«
... und als couragierte staatsanwältin im Politthriller »tag der wahrheit«
färben und gestalten kann, wie ich will. Ich fühle mich eigentlich nie fremdbestimmt.
wenn die rolle mit ihnen redet: wie reden sie dann mit der rolle? krieps: Das ist ein gegenseitiges Hin und Her. Wie ich die Figur sehe, was sie mit mir macht, welche Bilder sie bei mir im Kopf hervorruft… Auf der Suche nach der rolle gehe ich durch die Straßen. Das Ganze ist wie ein Puzzle, ich kreiere Geschichten. Mit dem Wissen um die Figur und meinen Gefühlen für sie schaue ich mir die Menschen an. Lynn beispielsweise läuft so krumm, weil sie eigentlich ihr Herz bedecken möchte: Das habe ich mir abgeguckt und dann ausprobiert.
kommt am set nicht manchmal doch die regisseurin in ihnen durch, oder bleiben sie »nur« schauspielerin? krieps: Ich denke vielleicht ein bisschen zu viel mit. Aber ich respektiere das Medium, die Kamera, die Geschichte, das ganze Gefüge. Deshalb kann ich auch ganz gut wegstecken und ausschließlich meinen Teil gewissenhaft erledigen. Ich lege mich nicht mit dem regisseur an. Wenn ich selbst regie führen will, dann tue ich das. Und wenn ich als Schauspielerin unterwegs bin, gehört es zum Abenteuer, sich in die Hände von jemandem zu begeben, auch wenn ich die Gefahr sehe, dass er etwas falsch macht. Aber ohne diese Gefahr wäre es nicht so aufregend. Dadurch, dass jede Seite ein risiko eingeht, entsteht auch Vertrauen. Ein Film gelingt nur dann, wenn sich alle fallen lassen und in die Hände des jeweils anderen begeben. sie sind erfolgreich, werden mit Preisen geehrt und können sich inzwischen ihre rollen aussuchen … krieps: Ich bin immer schon für tolle rollen angefragt worden, aber es hakte häufig daran, dass man mich nicht kannte. Deshalb wurde ich oft nicht engagiert, auch wenn ein regisseur für mich plädierte. Das ist jetzt kein Problem mehr, ich darf auch die Hauptrolle spielen. Vor ein paar Jahren erhielt ich ein rollenangebot für einen deutschen Fernsehfilm; nach der Lektüre des Drehbuchs fand ich, dass die rolle nicht mit mir redete, und habe abgelehnt. Der regisseur war außer sich vor Wut und meinte, das sei doch eine Chance, um überhaupt ins Geschäft zu kommen, ich bräuchte mir nicht einbilden, dass ich je nochmals für das öffentlich-rechtliche Fernsehen arbeiten würde. Da war ich ganz tapfer und habe das heruntergeschluckt. Wenn man an sich glaubt oder hinter dem steht, was man macht, dann zahlt es sich doch aus.
Machen sie Pläne oder lassen sie mehr alles auf sich zukommen? krieps: Ich lasse eher alles auf mich zukommen. Wenn ich meinen bisherigen Weg betrachte und zurückverfolge, ist nichts von dem passiert, was ich mir vorgenommen hatte. Dafür ganz tolle andere Dinge. Es ist eine Mischung. Man muss schon eine Vorstellung von dem haben, was man so ungefähr will. Ich möchte natürlich weiterhin arbeiten und mir treu bleiben. Und wach bleiben!
Biografie 4.10.1983 geboren in Luxemburg Studium an der Hochschule für Künste, Zürich, Engagement am Schauspielhaus Zürich 2014 Förderpreis Neues Deutsches Kino für »Das Zimmermädchen Lynn« filMografie (auswahl) 2011 Tatort – Eine bessere Welt, Wer ist Hanna?, Wer wenn nicht wir 2012 Die Vermessung der Welt, Formentera 2013 Bevor der Winter kommt, Elly Beinhorn – Alleinflug, Streng, Zwei Leben 2014 A Most Wanted Man, Das gespaltene Dorf, Tag der Wahrheit, Das Zeugenhaus, Das Zimmermädchen Lynn Projekt »Was hat uns bloß so ruiniert« (regie: Marie Kreutzer)
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filmkunst türkische filme
immer mehr türkische filme kommen hierzulande ins kino. sie geben spannende einblicke in eine polarisierte türkische filmszene.
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Das türkische Kommerzkino erweist sich aktuell als ausgesprochen diskursfreudig. Besonders interessant zwischen rechts, links und religiös ist neuerdings die Burleske, die bisher – zu recht – ein schattendasein als schenkelklopfende Nummernrevue fristete. Doch in den mitunter sehr schrägen Filmen ist einiges möglich, was in der hohen Politik längst zur abstrafung geführt hätte. Von Bernd Buder die türkische filmszene wehrt sich gegen staatliche Bevormundung. das zeigte auch der rückzug der meisten filme aus den wettbewerben des »istanbul film festival« aus Protest gegen die Zensurmaßnahme gegen den dokumentarfilm »Bakur« über die ausbildungslager der kurdischen Pkk-guerilla (vgl. fd 09/15). Der kollektive Geist, so sieht es jedenfalls von außen aus, steht links. Dass die türkische Filmszene aber politisch genauso polarisiert ist wie das Land selbst, ließe sich auch hierzulande durchaus beobachten: Zahlreiche türkische Filme, vor allem MainstreamProduktionen, sind in hiesigen Kinos zu sehen, wo sie sich freilich zuallererst an ein türkischstämmiges Millionenpublikum richten. Erkennbar wird, dass das kommerzielle Kino aus der Türkei nicht nur wegen seiner wunderschönen Landschaften und dem mittlerweile durchgängig hohen handwerklichen Niveau fast spannender als der mittlerweile berechenbar gewordene Autorenfilm ist. Waren es in den vergangenen Jahren Filme mit kemalistischnationalistischen, linksoppositionell-kurdischen und national-
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religiösen Aussagen, die (mit verschiedensten Abstufungen) um die ideologische Gunst des Publikums warben, steht neuerdings der Graben zwischen den Befürwortern und Gegnern des regierungskurses von Präsident recep Tayyip Erdoğan im Vordergrund. Seit den Millionen-Erfolgen der recht plumpen »recep Ivedik«Sequels begeben sich die beim Publikum populären StandupKomödien in politisch brisantere Fahrwasser. Neben oberflächlichen Blödel-Attacken alter Schule (etwa »Oflu Hoca’Nin Şifresi«) zeichnen sich die Schenkelklopfer nach dem Vorbild der Arbeiten aus yilmaz Erdoğans Komödien-Schmiede BKM durch politisch und sozial pointierten Witz aus. Filme wie »Carşi Pazar«, »Bana Masal Anlatma« oder »yapişık Kardeşler« spotten gegen korrupte Eliten, die gemeinsam mit bestechlichen Politikern die Gentrifizierung vorantreiben und damit nicht nur den »kleinen Mann« in die Enge treiben, sondern das ganze Land seiner sozialen und kulturellen Traditionen berauben. Während Journalisten wie Bülent Keneş, Chefredakteur der englischsprachigen Tageszeitung »Today’s Zaman«, oder mit Merve Büyüksarac sogar eine ehemalige »Miss Türkei« mit Gefängnisstrafen bedroht werden, weil sie Korruptionsvorwürfe gegen Erdoğan äußern, darf in türkischen Komödien über vorteilsnehmende Polizisten und Bürgermeister als exekutiver und legislativer Normalfall gelacht werden. Solche Tabubrüche werden noch von dem besonders grotesken Film »yapişık Kardeşler« getoppt. Der lässt seine beiden Protagonisten, zwei Landeier, die von den Bewohnern ihres Dorfs auf Brautschau nach Istanbul geschickt werden, sogar als Männerstripper auftreten und den örtlichen Imam beim Gebetsruf vom Minarett fallen. Auffallend oft (und ebenfalls im Nachklapp zum »recep Ivedik«-Sujet) kommen von ihren dominanten Müttern zum »ewigen Sohn« domestizierte
Fotos: Kinostar
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türkische filme filmkunst alle türkischen filme werden im filmdienst rezensiert. Zu den aktuell interessantesten werken gehören: »yapişik kardeşler« von ilker ayrık »ali kundilli« von fatih aksoy »unutursam fisilda« von Çagan irmak »birlesen gönüller« von hasan kıraç »bizum hoca - unser hodscha« von yılmaz okumuş »Çarşi – pazar« von muharrem gülmez »deliha« von hakan algül »kocan kadar konuş« von kıvanç baruönü »sürgün inek« von ayhan Özen die rezensionen sind für filmdienst-abonnenten unter www.cinomat.de nachzulesen. kurztexte und credits finden sich frei zugänglich auch unter wwww.filmdienst.de.
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Junggesellen um die 30 zur Anti-Helden-Ehre: Loser wie der erfolglose Erfinder »Ali Kundilli« oder der Apothekergehilfe Ali in »Olur Olur!«, deren kleine Träume vom großen Glück an den Banalitäten des Alltags scheitern und die sich mühsam aus den sozialen Zwängen der mütterlichen Fesseln und der inneren Antriebslosigkeit befreien. Solchen Männern mit Kiez-Seele stellt das aktuelle türkische Komödienstadl mit gut entwickelten Plots weibliche Pendants entgegen: So pöbelt die »recep Ivedik«-Variante »Delihah« lautstark gegen Gentrifizierer, stinkt die Protagonistin Pucca in »Hadi Insallah« gegen das 45-Kilo-Schlankheitsideal türkischer Werbeagenturen an, stellt sich Efsun in »Kocan Kadar Konuş« den Weiblichkeitsklischees von rosarot bis Zicke entgegen – und dies im Übrigen mit einem Production Value, der vergleichbaren Gesellschaftskomödien aus Hollywood alle Wasser reichen kann. Spätestens hier emanzipiert sich die türkische Komödie von den Nummernrevuen der »Chaotische Klasse«-Ballermänner zum ernstzunehmenden Genre. Eingebettet sind die Filme freilich in eine von künstlerischer wie inhaltlicher Vielfalt kaum zu überbietende kommerzielle Filmlandschaft, innerhalb der Unpolitisches – etwa die traditionellen arabesken romanzen, deren liebende Helden durch krankheits- (»Senden Bana Kalan«) oder ehrbegriffsbegründete Schicksalsschläge (»Ask Sana Benzer«) aus dem Glück gerissen werden – inzwischen fast schon an den rand geraten ist. So verbreiten Erweckungsfilme (»Bahara yolculuk« und »Birlesen Gönüller«), in deren Zentrum altruistische islamische Lehrerfiguren stehen, die Ideale des in den USA lebenden Islam-Priesters Fethullah Gülen, dessen Netzwerk sich für eine tiefreligiös-humanistische Gesellschaft starkmacht, während »Bizim Hikaye« eine Opfersolidarität zwischen kommunistischen
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und religiösen Gefangenen in der Ära des Militärputschisten Kenan Evren konstruiert und die Hinwendung zum Glauben als Ausweg aus der Diktatur des kemalistisch, also säkular geführten Staats anbietet. Als Antwort ließ der Polit-Thriller »Kod Adi: K.O.Z.« nicht lange auf sich warten: Hier wird den religiösen Verschwörern eine Nähe zum islamistischen Terror angedichtet und das Land von einem fiktiven, ebenfalls religiösen Ministerpräsidenten gerettet, der Erdoğan, welch ein Zufall, erstaunlich ähnlich sieht.
Während sich mittlerweile klassische Autorenfilme wie »Eksik« mit den traumatischen Folgen des Staatsterrors nach dem Putsch von 1980 beschäftigen, wärmen nationalistische Szenarien wie »Son Mektup«, diesmal vergleichsweise wenig martialisch, den Mythos von der vom Osmanischen reich gegen die Westalliierten gewonnenen Schlacht von Cannakale (Gallipoli) zu Beginn des Ersten Weltkriegs auf. Ein interessanter Versuch, osmanisch verwurzelten Patriotismus bei einem jungen Publikum zu erzeugen, ist der Film »Fatih’in Fedaisi Kara Murat«: Diese türkische Antwort auf den »Marvel«-Boom reanimiert einen in den 1970er-Jahren als Comic-Held bekannt gewordenen Krieger mit Hilfe aktueller Splatter-Effekte und reduziert dabei gleich die ironische Brechung des Comics auf die heroische Dimension des bärenstarken Wegbegleiters von Sultan Mehmed II.; der war als Eroberer Konstantinopels im Jahr 1453 bekannt geworden und Wegbereiter des großosmanischen reichs der folgenden Jahrhunderte. Von der Form her ist der Film ein »Captain America« auf osmanisch, allerdings ohne Selbstironie und mit dem blutigen Ernst patriotischer Niederwerfungsgestik – womit er dem nationalistischen re-Osmanisierungskurs der regierung Erdogan mit den Mitteln der Martial Arts in die Hände spielt.
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kritiken neue filme
mad max – fury road
Er fährt: Visuell überwältigendes Endzeit-spektakel früher sei er ein cop gewesen, jetzt bestehe sein leben nur noch aus Blut und feuer. Die Kamera im rücken, die endlose Wüste im Blick, hackt er mit der Ferse auf die zwei Köpfe einer Eidechse und steckt sich das mutierte Tier in den Mund. Viel mehr als diese zu Beginn aus dem Off gesprochenen Worte wird der von Schuld-Visionen heimgesuchte Mann nicht verlieren – der Held der Geschichte wird er allerdings auch nicht werden. Über 35 Jahre ist es her, dass regisseur George Miller mit Mel Gibson als Max rockatansky einen australischen DystopieKosmos eröffnete, zu einer Zeit, als Peak Oil und atomare Vernichtung zum Greifen nah schienen. In zwei Fortsetzungen wurde die Narration so karg wie die Wüste, in der sie siedelte: vom rachefeldzug eines Polizisten, der den Mord an seinem Kind und die Verstümmelung seiner Frau und seines Kollegen rächt, bis zum Endzeit-Szenario von Einzelkämpfer versus nach PS lechzenden Horden. Bezüglich ihres mörderischen Zeitvertreibs und ihrer Tachometer
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kannten sie keine Grenzen, und die reizt Miller nun gewohnt »campy« weiter aus. Was ist der an einer Halskette mitgeführte Lustknabe in »Mad Max – Der Vollstrecker« (1981) schon gegen die Tyrannei, die der sich gottgleich inszenierende Immortan Joe aufgebaut hat? Oben auf dem Plateau seiner Felsen-Zitadelle wächst das Grün, unten am Boden leidet das Volk nach der Nuklearkatastrophe an Krebsgeschwüren und lechzt nach dem Wasser, das Immortan in allzu kurzen Fontänen herabstürzen lässt. Dazwischen nimmt seine faschistoide Armee in weißen Talg getauchter, vernarbter und kahlgeschorener Krieger Gefangene, um deren Blutplasma anzuzapfen. Zu ihnen gehört auch der Mann des Anfangs, Max, der mit Eisenmaske an einen ihrer Hybrid-Wagen geschnallt wird, als (wie im zweiten »Mad Max«Teil) ein Sattelschlepper mit kostbarer Fracht verloren geht und zurückgekapert werden muss. Gelenkt wird dieser Monster-Tankzug von der vermeintlich konform gehenden Anführe-
rin Furiosa, die von der Straße gen Gas Town plötzlich in die Wüste abbiegt. Hinten hat sie kostbarere Fracht geladen als das Benzin, das sie für eine Passage eintauschen will: Immortans Harem schöner Frauen, die als Gebärmaschinen herhalten müssen. Furiosas Ziel ist »Green Place«, in dem sie geboren und aus dem sie als Kind geraubt wurde. Max ist da erst lästiges Beiwerk, dem sie sofort in den Kopf zu schießen bereit ist, dann Lebensretter, als Immortan die unerbittliche Verfolgung aufnimmt. Mobilität ist Leben – in einer brutalen Umwelt, in der es an Wasser und Erdöl wie an Gnade und Gefühlen mangelt. Hier setzt Miller, der zuletzt KinderAction in »Schweinchen Babe in der großen Stadt« (1998) und »Happy Feet« (2006) realisierte, seinen vierten »Mad Max« an, in dem die Motorengeräusche aufröhren, noch bevor irgendwelche Filmbilder zu sehen sind. Und was sind das für Bilder brutal echt wirkender Materialschlachten, ohne viel sichtbares CGI, ohne aufgesetztes 3D,
begleitet von einem Sound, der bis in die Magengrube fährt, befeuert vom treibenden Leitmotiv von Verdis »Dies irae«. Da wird ein Pistolenschuss nahe des Gehörs der Figuren zum pfeifenden Ton im Kinosaal, der Takt der Motoren und die Bässe der Explosionen lassen die Sitze erbeben. Die von Walhalla träumenden Kämpfer springen mit explosiven Lanzen voraus auf fahrende Trucks, werden bei jedem Crash durch die Luft gewirbelt, wie in anderen Filmen nur die Metallteile. Später krallen sie sich an biegsame Stangen fest, mit denen sie auf futuristisch aufgepimpten Patchwork-Vehikeln hin und her wippen. Millers neuer »Mad Max« entfaltet nach einem Sandsturm zum Einstieg bereits im ersten Drittel eine wahnwitzige Choreographie der Gewalt, die im Folgenden kaum noch zu toppen ist. Tom Hardy, als Gallionsfigur vor den Schlacht-Wagen wie vor diesen Film gespannt, tritt dabei die wortkarge Nachfolge von Mel Gibson an. Allerdings ist es Charlize Therons Furiosa mit den strahlenden Augen und dem halben, in eine Prothese gehüllten Arm, die hier die eigentliche Heilsbringerin auf der Suche nach längst vergangenen Paradiesen darstellt. Mit seinen 70 Jahren lässt Miller drei Arten von Amazonen auflaufen und versucht zumindest eine zweite, weiblichere Welt herauszuarbeiten, um eine Art ruhe nach dem (Sand-)Sturm einkehren zu lassen. Es ist die krachige Welt der Männer, die mit Abstrusitäten angefüllt wird, die man schon als »Camp« des Apokalypse-Kinos bezeichnen könnte: Da fährt ein einzelner riesenwagen mit vier Trommlern und einem blinden E-Gitarristen mit, dessen Instrument Feuer und harte riffs ausspuckt. In Immortans reich wird Frauen die Muttermilch abgezapft. Die
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neue filme kritiken Figuren tragen Steampunk-Prothesen und die von Models gespielte Harems-Entourage wird von Max just in dem Moment entdeckt, als sie sich hinter dem Truck mit einem Wasserschlauch erfrischt – in tropfnasse Bandagen gehüllte Wesen, die sich als weniger ätherisch als sehr wehrhaft erweisen. Sie scheinen ebenso wenig von dieser Welt wie dieser Film, dessen visueller Bombast so dick aufgetragen ist, dass die Geschichte ziemlich dünn bleiben muss. Aber die beeindruckende Bildermaschine, die ist heiß gelaufen und hat solch atemberaubende Totalen und bombastische Tableaus der Zerstörung im Actionkino bisher noch nicht durchfahren. Kathrin häger bewertung der filmkommission
späte fortführung der gleichnamigen, seit 1979 gedrehten australischen endzeit-actionfilmreihe: der einzelkämpfer max trifft auf eine kampfamazone, die einen tankzug mit dem harem eines grausamen tyrannen in richtung einer grünen oase steuert, verfolgt von einer horde unerbittlicher krieger. in einem visuell einzigartigen spektakel entfaltet sich vor den totalen der wüste eine choreografie aus aufsehenerregenden stunts und bombastischen bildtableaus. die dünne geschichte wartet mit stilsicher eingesetzten camp-elementen auf und zieht visuell und akustisch in ihren bann. – ab 16.
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mad may: fury road. scope. australien/ usa 2015 regie: george miller darsteller: tom hardy (max rockatansky), charlize theron (furiosa), Zoe kravitz (toast), nicholas hoult (nux), rosie huntington-whiteley länge: 121 min. | kinostart: 14.5.2015 verleih: warner | fsk: ab 16; f fd-kritik: 43 115
parcours d’amour
Doku: »Best ager« im Tanzcafé aufgekratzt fahren die beiden grauen herren zu ihrer Verabredung. Der Eiffelturm erscheint durch die Fensterscheiben der Hochbahn. Ein Akkordeon ertönt. »Heiraten Sie bloß nicht. Wenn man verheiratet ist, kann man gar nichts mehr machen«, ruft der lautere der beiden der jungen Dame gegenüber zu. Als sie aussteigen, führt er ein Tänzchen am Bahnsteig auf, bis er plötzlich husten muss. Er brauche Tabletten, um einen hochzukriegen, gesteht er dem Freund. Sie gehen tanzen, ins »Memphis«, Frauen kennenlernen. »Tanz mit mir«, ruft eine von ihnen, »mais pas la valse«, keinen Walzer, bitte. Angenehm gestrig wirkt der Ort, aufgefordert wird an Sitzgruppen mit geschwungenen Porzellanlämpchen an den Tischen. Paso Doble, Tango, rock’n’roll – auf der Tanzfläche drücken die Herren ihre Eroberungen an sich. Der »Parcours d’Amour«, wie Bettina Blümner ihren Dokumentarfilm über die liebesbedürftigen Alten genannt hat, steht in Paris – wo laut einem Schlager von Caterina Valente die ganze Stadt von der Liebe träumt. Wie die betagteren Kinder dieser Stadt von der Liebe träumen, von ihr leben, durch sie teilhaben an der Welt, davon erzählt zunächst die rentnerin Christiane. Seit mehr als 40 Jahren lebt sie in einer Trabantensiedlung. Am helllichten Tage übt sie ihre Schritte, resümiert ihre gescheiterte Ehe
und trällert zum Klimpern einer Spieluhr. Dann zückt sie ein Album mit Schwarz-Weiß-Fotos: Christiane als Kind im Waschzuber, als junge Dame im Bikini am Strand. Anders als die nüchtern schildernden Frauen neigen die Männer eher zu liebenswerter Prahlerei. Sie geben ratschläge, wie man den besten Sex hat, und ziehen sich beim Blick ins Fotoalbum gegenseitig auf. »Das ist ja immer die gleiche Frau – in meinem Album gibt es 20 Frauen!«, behauptet der hagere Eugène, der später weltverloren resümiert: »Mit 80 hat man keine Zukunft mehr.« Auch pekuniäre Motive treiben die Menschen hierher. In den Tanzlokalen tummeln sich Eskort-Senioren, die sich Taxiboys nennen: Einer von ihnen trägt einen blauen Anzug, weißes Hemd, Krawatte, ein versierter Tänzer. Für 50 Euro die Stunde teilt er seine Zeit und mehr mit einsamen Damen. Zu Hause zeigt sich der Taxiboy beim Gärtnern, an der Spüle. Am Terrassentisch sinniert er über seine lieblose Jugend, erzählt vom Vater, den er nie kennenlernte, von der Mutter, die ihm nichts zutraute. Bettina Blümner porträtierte in »Prinzessinnenbad« einfühlsam eine Kreuzberger Mädchenclique, nun widmet sie sich gleichsam dem anderen Ende des Lebens. Manchmal fragt man sich, ob diese Protagonisten wohl glücklich sind mit ihrer rolle. Haben
sie das gesellschaftlich vorgesehene Korsett abgestreift, dürfen sie sich endlich so benehmen, wie sie es schon immer wollten? Vielleicht ist das Korsett auch ein anderes geworden. Eines, in dem man selbst im Alter keine Schwäche zeigen darf, mit seinen Erfolgen zu prahlen hat. In Spielfilmen, die vitale Senioren als Zielgruppe adressieren, residieren sie als Best-Ager, etwa in »Best Exotic Marigold Hotels«. Die stets fröhlichen tanzenden Alten sind dabei schon selbst zum Klischee erstarrt. Die Damen und Herren des »Parcours d’Amour« fügen sich dagegen nur scheinbar in dieses Wohlfühlbild. Zu ernsthaft wirken sie, zu beschwerlich sind ihre Lebensumstände. Zurück bleibt aus dieser charmanten, nie romantisierenden Milieustudie eine melancholische Katerstimmung. Die Lichter sind aus, die Menschen verschwinden in den Metroschächten. arne Koltermann bewertung der filmkommission
dokumentarfilm über pariser tanzclubs, in denen sich regelmäßig betagte männer und frauen treffen, um zu tanzen und, teilweise auch für geld, miteinander anzubandeln. die charmante, nie romantisierende studie über ein wenig bekanntes milieu der liebesuchenden konfrontiert deren gesellschaftliches auftreten mit intimen gesprächen und wehmütigen blicken in alte fotoalben. daraus entsteht das vielschichtige bild einer altersklasse unkonventioneller senioren, deren ausgestrahlte vitalität sich auch als Zwang verstehen lässt, selbst im alter keine schwäche zu zeigen. – ab 14.
deutschland 2014 regie: bettina blümner länge: 81 min. | kinostart: 4.6.2015 verleih: neue visionen | fsk: ab 0; f fd-kritik: 43 116
Filmdienst 11 | 2015
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kritiken fernseh-tipps
06:00–07:30 rbb fernsehen tom und hacke r: norbert lechner stimmungsvolle twain-verfilmung dt./Österreich 2012 sehenswert ab 10 08:00–10:00 rtl ii about a boy oder der tag der toten ente r: chris & paul weitz subtile sommerkomödie großbritannien/usa 2002 ab 14
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30. mai, 15:00–16:35
felix
kika
ein 13-jähriger junge aus ärmlichen verhältnissen der südafrikanischen townships bekommt ein stipendium für eine teure privatschule, wo er seine liebe zum jazz entdeckt, die er offensichtlich von seinem vater geerbt hat. doch seine alleinerziehende mutter reagiert aggressiv gegenüber allen annäherungen an den legendären musiker und dessen band-kollegen. als sie ihm die teilnahme an einem schulmusikwettbewerb verbietet, geht der Junge auf konfrontation. höchst temperamentvoller, mit viel leidenschaft, lebensfreude und mitreißender »cape Jazz«-musik gestalteter kinderfilm über den glauben an den eigenen traum, der selbst unverarbeitete familienkrisen zu heilen vermag.
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clint eastwood: 85. geburtstag am 31.5.
»über clint eastwood zu schreiben, heißt, über einen mythos schreiben. kein star in der jüngeren amerikanischen filmgeschichte wird so mit den figuren identifiziert, die ihn berühmt gemacht haben, wie eastwood. kein star hat aber auch seinen mythos so gepflegt wie eastwood«, schrieb franz everschor bereits 1992 in einem filmdienst-porträt, als eastwoods furioser western »erbarmungslos« in die kinos kam, in dem der schauspieler/regisseur das eigene image als western-ikone kritisch reflektierte. seitdem hat der mythos eastwood weiter an format und facetten gewonnen; dank der vielen herausragenden regiearbeiten, mit denen eastwood sich in verschiedenen genres ausprobiert hat – bis hin zu seinem ungemein erfolgreichen kriegsfilm »american sniper« (2014). Zum 85. geburtstag des altmeisters am 31.5. würdigen ihn verschiedene fernsehsender mit ausstrahlungen von filmen, die er als regisseur und/oder schauspieler geprägt hat. so widmet ihm kabeleins vom 2. bis 4. Juni jeweils die primetime, wo u.a. »million dollar baby« und »erbarmungslos« gezeigt werden. von einer sensiblen seite zeigt sich »dirty harry« beim br am vorabend seines geburtstags: im bittersüßen melodram »die brücken am fluss« inszeniert sich eastwood an der seite von meryl streep als liebender, dem ein dauerhaftes Zusammensein mit seiner geliebten nicht beschieden ist. arte schließlich präsentiert am geburtstag eastwoods zwei seiner älteren arbeiten: Zum einen den krimi »coogans großer bluff« aus dem Jahr 1967, gefolgt von eastwoods drei Jahre später entstandenem regiedebüt »tödliche melodie« (»sadistico«). 30. mai, br fernsehen: 20:15–22:20: die brücken am fluss 22:35–00:30: im auftrag des drachen 00:30–02:10: betrogen [auch 31.5., rbb fernsehen, 23.00-00.40] 31. mai, arte: 20.15–21.45: coogans großer bluff 21.45-23.25: tödliche melodie (= sadistico = play misty for me) 31. mai, tele 5 20:15–0:00: Zwei glorreiche halunken 2. juni, kabeleins: 20:15–22:55: erbarmungslos 22:55–01:10: rookie – der anfänger 3. juni, kabeleins: 20.15-23.10: million dollar baby 23.10-01.40: in the line of fire 4. juni, kabeleins: 20.15-22.40: gran torino 12. juni, 3sat: 22.35-00.00: sinola 30. mai, 16:40–18:35
servus tv
die frau des leuchtturmwärters
im jahr 1963 kommt ein neuer junger leuchtturmwärter (grégori derangère) auf eine bretonische insel. anfangs begegnen ihm alle inselbewohner mit misstrauen, sodass er mühe hat, sich einzuleben. allmählich aber fasst sein arbeitskollege zu ihm vertrauen, woran sich auch nichts ändert, als sich dessen frau (sandrine bonnaire) und der neue ineinander verlieben. die teils klassische, teils ungewöhnliche geschichte über männerfreundschaft, liebe und hass in einer extremsituation wird mit dokumentarischen, aber auch nostalgischen elementen inszeniert, die in eine rahmenhandlung eingebettet sind. der ruhig fließende film wird von seiner inneren spannung und soliden hauptdarstellern getragen.
Fotos S. 56-65: Jeweilige Sender.
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samstag 30. mai
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