22. Juni 2017 | € 5,50 | 70. Jahrgang
FILM DIenst Das Magazin für Kino und Filmkultur
13 2017
www.filmdienst.de
Hele ne Heg e mann
Ku lt f i l me 2 .0
John Waters hat den Kultfilm für tot erklärt. Doch gibt es noch Lebenszeichen – in der Welt digital gepflegter »Fandoms«.
Albe rt S err A
Der katalanische regisseur ist einer der ungewöhnlichsten und radikalsten filmemacher. Nun kommt sein Film »Der Tod von Ludwig XIV.« ins Kino.
Pier re ri c hA r D
1972 war er »Der große blonde mit dem schwarzen Schuh«. Mit 82 Jahren ist der Schauspieler nun in einer neuen Komödie zu sehen.
mit »Axolotl Overkill« verfilmte die 1992 geborene Schriftstellerin, regisseurin und Schauspielerin ihren Debütroman. Ein Gespräch mit Helene Hegemann über das Abenteuer des Unkalkulierbaren.
FILMDIENST 13 | 2017 Die neuen Kinofilme NEU IM KINO ALLE STARTTERMINE
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Act! Wer bin ich? 22.6. All Eyez on me 15.6. Axolotl Overkill 29.6. Dil Leyla 29.6. Dries 29.6. Du neben mir 22.6. Fairness – Zum Verständnis von Gerechtigkeit 29.6. Innen Leben 22.6. Das Land der Heiligen 22.6. Life, Animated 22.6. Mein wunderbares West-Berlin 29.6. Monsieur Pierre geht online 22.6. Die Mumie 8.6. Nur ein Tag 29.6. Overdrive 29.6. Eine respektable Familie 22.6. Sommerfest 29.6. Der Tod von Ludwig XIV. 29.6. Die Verführten 29.6. Wonder Woman 15.6.
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37 DRIES
43 OVERDRIVE
46 INNEN LEBEN KINOTIPP
der katholischen Filmkritik
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NUR EIN TAG Eine Fabel über das Glück und den Sinnn des Lebens von Martin Baltscheit.
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48 LIFE, ANIMATED
Fotos: TITEL: Constantin Film Verleih GmbH / Mathias Bothor. S. 4–5: Prokino, Universum, Weltkino, W-Film, NFP, Joaquim Sapinho, Constantin, Warner, arte.
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13 | 2017 DIE ARTIKEL INHALT KINO
AKTEURE
FILMKUNST
16 ALBERT SERRA
22 HELENE HEGEMANN
27 E-MAIL AUS HOLLYWOOD
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20 PIERRE RICHARD
John Waters hat den Kultfilm für tot erklärt. Doch auch wenn sich seit »Pink Flamingos« und »Rocky Horror Picture Show« viel getan hat, existieren Formen passionierter Filmleidenschaft noch immer: in der Welt digital vernetzter »Fandoms«.
Einst war der sanfte Tollpatsch mit wirren blonden Haaren einer der populärsten europäischen Filmkomiker. Im Interview zu seinem neuen Film »Monsieur Pierre geht online« erzählt er, welche Filme ihm am meisten bedeuten.
Von Lucas Barwenczik
Von Margret Köhler
16 ALBERT SERRA
Der katalanische Regisseur hat sich auf internationalen Festivals einen Namen als radikalster Filmemacher Spaniens gemacht. Mit »Der Tod von Ludwig XIV.« kommt nun erstmals ein Film von ihm in die deutschen Kinos. Von Esther Buss
22 HELENE HEGEMANN
Vor sieben Jahre sorgte die Autorin und Regisseurin mit ihrem Roman »Axolotl Roadkill« wegen Plagiatsvorwürfen für einen Skandal. In ihrer eigenen Verfilmung »Axolotl Overkill« erprobt sie eine neue Sichtweise, wie sie im Interview erläutert. Von Ulrich Kriest
26 IN MEMORIAM
Erinnerungen an die Schauspieler Roger Moore, Gunnar Möller, Geoffrey Bayldon, Michael Parks und Powers Boothe. Von Thomas Klein und Rainer Dick
27 E-MAIL AUS HOLLYWOOD
Die Comic-Verfilmung »Wonder Woman« stellt nicht nur eine starke Frau ins Zentrum, sondern stammt auch von einer: von Regisseurin Patty Jenkins. Von Franz Everschor
28 ZUKUNFT DES KINOS (III)
Der Glaube daran, dass Filme revolutionäres Potenzial haben, ist heute vielerorts tiefer Resignation gewichen. Dabei gibt es noch aufständisches Kino, auch wenn die Gesten des Widerstands nicht gleich ins Auge stechen. Von Patrick Holzapfel
32 LITERATUR
Eine Biografie über Ingrid Bergman; eine überarbeitete Fassung von »Film und Kunst nach dem Kino« von Lars Henrik Gass; eine Einführung in therapeutische Möglichkeiten der Arbeit mit Film; eine Studie über das »Marvel Cinematic Universe«. Von Rainer Gansera, Jens Hinrichsen und Felicitas Kleiner
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RUBRIKEN EDITORIAL INHALT MAGAZIN DVD-KLASSIK DVD/BLU-RAY TV-TIPPS FILMKLISCHEES VORSCHAU / IMPRESSUM
FERNSEH-TIPPS 56 Das Erste startet am 3. Juli mit seiner »Sommerkino«-Reihe und präsentiert Montag und Mittwoch Arthouse und Starkino. Den Anfang macht Benedict Cumberbatch in »The Imitation Game«. Ein »Oscar«-prämiertes Dokumentarfilmprojekt ist am 7. und 8. Juli auf arte zu sehen: »O.J. Simpson: Made in America«.
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KU Das ErbE DEr pi Einst wurden sie von verschworenen Fan-Gemeinschaften als »Midnight Movies« im Kino verehrt: Filme, die man unter dem ziemlich schwammigen Label »Kultfilme« summiert. Wenn man dem Marketing glauben darf, braucht man sich um diese Gattung keine Sorgen zu machen: Ständig werden neue »kultige Streifen« und 10
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ULT nkEn Flamingos »Kult-Regisseure« angepriesen. Der Regisseur John Waters, Veteran des Kult-Kinos, hatte indes im Frühjahr den Kultfilm für tot erklärt. Und doch gibt es noch Lebenszeichen – in der schönen neuen Welt digital Von lucas barwenczik gepflegter »Fandoms«.
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kino Kultfilme 2.0
KULT!
Von seiner »gemeinde« heißgeliebt: John Waters’ »pink Flamingos« (1972) Der dekorative Plastik-Flamingo wurde 1957 von dem Künstler Don Featherstone erfunden – einem Mann, der eigenen Angaben zufolge 35 Jahre lang dieselbe Kleidung wie seine Ehefrau Nancy trug und der im heimischen Garten gleich 57 der rosafarbenen Kunststoffvögel verteilte. Bis zu seinem Tod 2015 blieb Featherstone seiner Kreation treu, die zum millionenfach verkauften Kultobjekt avancierte. Popularität erlangte sie zuerst als preisgünstige Möglichkeit, dem eigenen Grundstück einen Hauch von Exotik zu verleihen. Später wurde sie zum ironischen Statement, zur Distinktionsmöglichkeit im kulturellen Diskurs, mit der man sich über die naiven Enthusiasten der ersten Stunde erhob. Ein solcher Wandlungsprozess vollzieht sich oft – alles kehrt irgendwann zurück, nur eben nicht immer in der ursprünglichen Form.
DEr KULTFiLM isT ToT. Es LEbE DEr KULTFiLM!? Der Regisseur John Waters setzte Featherstones Kreation 1972 ein Denkmal mit seiner schwarzen Komödie »Pink Flamingos«, in der die Plastikvögel stille Beobachter einer grotesken Welt voller Sex und Gewalt sind. Erzählt wird von einer Art Wettbewerb um den Titel als »verdorbenste Person« zwischen Transvestit Divine und der zwielichtigen MarbelFamilie. Genau wie die Flamingos zuvor wurde auch »Pink Flamingos« zu einem Kultobjekt. Zwar verrissen Kritiker den von Waters zum »terroristischen Akt gegen die
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Tyrannei des guten Geschmacks« erklärten Film, und auch der Erfolg an den Kinokassen war anfänglich bescheiden, doch nach und nach bildete sich um die Freakshow eine treue Schar von Anhängern. »Pink Flamingos« wurde zu einem der »Midnight Movies«, wie sie die Filmkritiker Jonathan Rosenbaum und Jim Hoberman in ihrem gleichnamigen Buch beschrieben, benannt nach den Spätvorstellungen, in denen sie von einem rebellischen, jugendlichen und studentischen Publikum wieder und wieder gesehen wurden. In einem Interview mit »Vanity Fair« vom März dieses Jahres erklärte John Waters die »Midnight Movies«, vielleicht sogar den Kultfilm an sich für tot: »Diese Ära ist vorbei. Das ist ein totes Genre.« Genauer wird er nicht. Man kann diese Aussage auf viele Arten lesen: als Ausdruck nostalgischer Sehnsucht, als Herausforderung an Filmemacher der Gegenwart oder als kritische Zeitgeistanalyse. Waters ist mit seiner Meinung nicht allein. Genau wie Kritiker immer wieder den angeblichen »Tod des Kinos« voraussagen, attestieren sie mit großer Regelmäßigkeit den »Tod des Kultfilms«.
vage, subjektiv und schwer zu definieren ist. Oft steht er eher für ein ästhetisches oder ideologisches Projekt, für einen bestimmten Blick auf das Kino. Keine der vielen Listen von Kultfilmen sieht gleich aus, einzig einige Musterbeispiele stellen Konstanten dar – etwa das Horror-Musical »The Rocky Horror Picture Show«. Im Allgemeinen sind kleine Entdeckungen gemeint, die abseits des Mainstreams eine treue Fangemeinde finden. Kuriositäten und Geheimtipps, oft verbreitet durch Mundpropaganda. Verstoßene Kreaturen, adoptiert von einer Gemeinde verstoßener Kreaturen. Recycling-Kino, das geliebt wurde, weil andere es für Müll oder Unrat hielten, man selbst sich aber an Wahnwitz, Innovation und Grenzüberschreitungen erfreuen konnte. Ein Kino neben dem Kino – ein »Paracinema«, wie es Kulturhistoriker Jeffrey Sconce nennt. Die Definition des Begriffs wird zunehmend schwerer. Was das Scheitern voraussetzte, galt lange nicht als erstrebenswert. Heute jedoch tönt jede zweite Pressemitteilung oder DVD-Hülle marktschreierisch, man hielte gerade den nächsten großen »Kultfilm« in Händen, zumindest aber die nächste Produktion eines großen »Kultregisseurs«. Mit dem Label wird ein Gemeinschaftsgefühl verkauft, der Zugang zu einem exklusiven Club mit subkultureller Identität. Die Idee von »Kult« hat schon dadurch erheblich an Bedeutung verloren, dass sie zur Werbephrase geworden ist. Auch die unbegrenzte Vernetzung des Digitalzeitalters hat den Begriff weiter aufgeweicht. Die Hürden dafür, eine Gemeinschaft um ein bestimmtes Kultobjekt herum zu bilden, sind so niedrig wie nie zuvor. In sozialen Netzwerken trifft jeder Begeisterte, egal wem oder was seine »mainstream«-kompatible »rocky Horror show«
VErsTossENE KrEATUrEN, ADoPTiErT VoN EiNEr GEMEiNDE VErsTossENEr KrEATUrEN Es ist schwer zu sagen, ob sie damit Recht haben. Das hat auch damit zu tun, dass der Begriff »Kultfilm« trotz mehr als 30 Jahre intensiver akademischer Auseinandersetzung immer noch relativ
KULT!
Kultfilme 2.0 kino
KULT!
Kino verbindet vieles: Beide bieten eine »vollständig eingerichtete Welt«, aus der Fans »Charaktere und Episoden zitieren können, als wären sie Teil des Glaubens einer Sekte«, wie Umberto Eco in seinem Essay über »Casablanca« schrieb. Anhänger begreifen das Objekt ihrer Begierde nicht automatisch als hohe Kunst, sondern vor allem als eine Art Werkzeugkoffer, voll von jederzeit verwendbaren Zitaten, Gesten und Bildern. Der Unterschied: Fan-Filme haben auch besonders leidenschaftliche Fans. Kultfilme haben ausschließlich solche, weil die Hürden, zu ihnen zu finden, größer sind. Das Fantum ist eine parallel existierende Variation, eine Fortführung einer ähnlichen Idee im anderen Rahmen – der Versuch, das Besondere, Abseitige und Verformbare innerhalb großer, allgemein anerkannter Mainstream-Produktionen und Franchises zu finden. Fantum-
kultisch verehrte blockbuster: marvel-Filme
KULT!
Leidenschaft gilt, auf eine Anzahl von Gleichgesinnten und braucht dafür noch nicht einmal die eigenen vier Wände zu verlassen. Durch Streaming-Dienste, Online-Piraterie und Englisch als quasiuniverselle Sprache der Netzkultur sind Fan-Communitys keine (nationalen) Grenzen mehr gesetzt. Weil der Pool, aus dem sich die Kultisten rekrutieren können, nahezu unbegrenzt ist, kann alles Kult werden. Erst vor kurzem schrieb »Wired«-Autorin Angela Watercutter über den »Cult of Carol«, also das »Fantum« um »Carol«, Todd Haynes’ Patricia-Highsmith-Adaption mit Rooney Mara und Cate Blanchett. Die feinfühlige, wohlwollend rezensierte Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen, angesiedelt im New York der 1950er-Jahre, erfüllt keines der klassischen Kriterien für einen Kultfilm. Wenn alles Kult ist, ist dann nichts Kult?
DAs bEsoNDErE, DAs AbsEiTiGE, DAs VErForMbArE So, wie auch Featherstones Flamingo unter neuen Vorzeichen zurückkehrte, hat auch der Kultfilm seine Wiedergänger. Zum einen wird vielerorts das »Fandom«, die online vernetzten Fan-Gemeinden im Netz, als seine evolutionäre Folgestufe gewertet. Was den heute so allgegenwärtigen Fantum-Film von »Star Wars« über »Marvel«-Produktionen bis zu prestigeträchtigen Dramen wie »Carol« definiert, ist die Intensität, mit der sich ein Teil seiner Anhängerschaft mit ihm beschäftigt. Solche Fan-Filme und das Kult-
lebhaftes »Fandom« um Todd Haynes’ »Carol« Experte Henry Jenkins spricht von Fans als »Textwilderen« (»textual poachers«), die eine Ursprungsidee ihrer eigenen Weltanschauung nach fortführen. »Fandoms« entstehen online, denn zumindest bezüglich der Strukturen und Vertriebswege, in denen die Idee des Kultfilms entstand, trifft Waters’ Aussage zu: Mitternachtsvorführungen sind überall zur seltenen Ausnahmeerscheinung geworden, auch Grindhouse-, Bahnhofs- oder Autokinos existieren nur noch vereinzelt. In Zeiten der digitalen Projektion, der filmischen Immaterialität, verschwindet das kultische Objekt. Auch Videotheken sind vom technischen Fortschritt überrumpelt worden. Die »analogen« Tempel der Kultisten verschwinden. Wer heute günstig produ-
EiNE KLEiNE TyPoLoGiE Als Filme, die jenseits des breiten Mainstreams und des gesellschaftlichen Geschmackskonsens’ eine Gemeinde treuer Anhänger um sich scharren, existieren Kultfilme in verschiedenen spielarten. CoUNTErCULTUrE: Filme, die eine bestimmte Sub- bzw. Gegenkultur gezielt ansprechen oder von ihr »beschlagnahmt« werden. Klassiker sind beispielsweise »Denn sie wissen nicht, was sie tun« (1954) als Kultfilm der sich formierenden Jugendkultur der 1950er-Jahre, mit James Dean als kultisch verehrter Ikone, und »Easy Rider« (1969) als Kultfilm der 1968er-Jahre. »Reefer Madness« (1936) war von der US-Regierung als erzieherische Maßnahme gegen MarihuanaKonsum intendiert, entwickelte sich allerdings wegen seiner Trash-Anmutung (s.u.) zum Kultfilm der »Stoner«-Subkultur. »The Rocky Horror Picture Show« (1974) zielte auf die Glam-Subkultur ab, ist allerdings ein Paradebeispiel dafür, wie ein Kultfilm über sein eigentliches Zielpublikum hinaus ein größeres Publikum erreichen kann. TrAsh: Filme, die »so schlecht sind, dass sie schon wieder gut sind«. Paradebeispiele dieser Richtung von Kultfilmen sind die Werke von Ed Wood, der als »schlechtester Regisseur aller Zeiten« spätestens seit dem Biopic von Tim Burton weniger geschmäht als liebevoll verehrt wird. Produktionsfirmen wie Troma und Asylum haben bis zum »Sharknado«-Hype immer wieder versucht, dieses Kultpotenzial zu entwickeln. CAMP: Filme, die als Identifikationspunkte einer queeren Community dienen. Dazu gehören Filme wie »Pink Flamingos« von John Waters oder »Flaming Creatures« von Jack Smith. Allerdings können auch Mainstream-Klassiker wie »The Wizard of Oz« und Stars wie Marlene Dietrich oder Maria Montez auf »campige« Weise gegen den Strich »gelesen« werden und zu Kultobjekten werden. MiDNiGhT MoViEs/ExPLoiTATioN: Filme, die wegen ihrer transgressiven, »unmoralischen« Inhalte mit gesellschaftlichen Normvorstellungen aneinanderrasseln – vor allem Werke, die mit der Zurschaustellung von Sex und/oder Horror provozieren. Einige davon, wie z.B. George A. Romeros »Die Nacht der lebenden Toten« (1968), haben mittlerweile Klassiker-Status.
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kino Kultfilme 2.0
zierte B-Ware vertreiben will, landet damit schon seit längerer Zeit direkt im Heimkino.
wEr AKTiV EiNEN KULTFiLM DrEhEN wiLL, wirD sChEiTErN Dort bricht der Kult sich auch in einer zweiten neuen, eher unangenehmen Form seine Bahnen: als Simulation und Placebo – immer Indikatoren für eine Mangelerscheinung. Zahllose Remakes, zuletzt etwa eine Fernseh-Neuauflage der »Rocky Horror Picture Show«, passen vormals Abseitiges an den Zeitgeist an. Formate wie die »Schlechtesten Filme aller Zeiten« auf TELE 5 oder das mit neuen Staffeln auf Netflix zurückkehrende »Mystery Science Theater 3000« emulieren das Gemeinschaftsgefühl der »Midnight Movies«, um dann jedoch wenig mehr als engstirnige Verächtlichmachung zu praktizieren. Darüber hinaus gibt es ganze Filmstudios, die auf eine kultartige Rezeption hin produzieren. Das bekannteste dürfte die US-Trash-Schmiede »The Asylum« sein. Erste Erfolge feierte das selbsternannte Irrenhaus mit billigen Imitationen populärer Blockbuster. So stellte man
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etwa die »Transmorphers« neben die populären »Transformers« in die Elektromarkt-Regale, in der Hoffnung, dass naive Kunden den Unterschied nicht bemerken würden. Und auch die populärsten Filme des Studios sind Imitationen, nur dass sie nicht mehr konkrete Blockbuster nachahmen, sondern eher eine Idee – die des Kultfilms. Produktionen wie »Sharknado« ermutigen, durch ein omnipräsentes Augenzwinkern und endlose Verweise auf die technischen und formalen Schwächen des Films, zu einer ironischen Distanz beim Anschauen. Imitiert wird die unübliche, fremdartige (stellenweise technisch wenig kompetente) Machart vieler Kultfilme, die sie einem Mainstream-Publikum unzugänglich machen. Natürlich gab es immer wieder Versuche, für kleine, limitierte Zielgruppen zu produzieren, eine bestimmte Ästhetik zu beliefern. Doch es bleibt letztlich immer bei der Erkenntnis: Wer aktiv einen Kultfilm drehen will, wird scheitern.
KULTFiLME ALs ViELsChiChTiGEs GEGENwArTsPhäNoMEN Die ironische Rezeption, das kollektive Auslachen eines andersartigen Kinos
KULT!
läuft allem entgegen, wofür die Idee des Kultfilms steht oder stehen sollte. In den Grenzüberschreitungen lag immer die Hoffnung auf ein offeneres, freieres Kino. Dieser Spott hingegen zementiert bestehende Kategorien. Man kann darüber diskutieren, ob in Transgression ein inhärenter Wert liegt, man kann in der Idee von Kult auch einen Mythos sehen, mit dem manches Mal Banales und Dummes überhöht wurde. Besser als das selbstgerechte Verlachen des Andersartigen ist sie allemal. Kultfilme treten als Gegenwartsphänomen so vielschichtig auf wie nie zuvor. Wenn Kritiker oder Künstler wie John Waters ihr Verschwinden beklagen, dann auch, weil viele ehemalige Randerscheinungen längst kanonisiert sind, neue aber im blinden Fleck ihrer Wahrnehmung liegen. Sie existieren heute vor allem als Ideal weiter, als Aufforderung zur Suche nach neuen Wegen, nach noch nicht ausgetreten Pfaden, nach dem Vergnügen an allem, was nicht manierlich, ordentlich und klassisch schön ist. Über Don Featherstones Flamingos konnte man streiten. Doch nur weil sie heute weitgehend verschwunden sind, müssen sie kein Irrweg gewesen sein. x
Fotos: Dreamland/Asylum/Walt Disney/FD-Archiv/Fox/DCM/ComicCon New York
auf den spuren von Ed Wood: Trashfilme wie »sharknado« setzen auf den kultfaktor »so schlecht, dass es gut ist«
Kultfilme 2.0 kino
GLossAr
Film-Kult im »Fandom« Fan-Gemeinden, die sich zu »Midnight Movie«-Vorführungen in schmuddeligen Kinos treffen, mögen im Aussterben begriffen sein, dafür aber florieren andere Formen extremer Filmliebe. Wer schon einmal Opfer von »Fandomism« war, ein bekennender »Browncoat« ist oder das »Pairing« Tony Stark/Steve Rogers »shippt«, der muss hier nicht weiterlesen, denn er ist schon Teil eines »Fandoms«, einer via Internet vernetzten Gruppe leidenschaftlicher Fans. Wer aber bislang nur Bahnhof verstanden hat, für den ist es Zeit für Nachhilfe in den »Fandom«-Grundbegriffen.
CANoN: Was im Christentum die Bibel ist, ist im »Fandom« der erzählerische Rahmen, den das verehrte Objekt vorgibt. Diesen »Kanon« können Fans, die mittels eigener Geschichten, Videos etc. ein »Fandom« aktiv mitgestalten (siehe Fanfiction), freilich fröhlich missachten, denn es gibt keine Instanz, die über die Reinhaltung der Lehre wacht. »The Walking Dead«-Fanfictions, in denen die ZombieApokalypse nie stattgefunden hat? Warum nicht! CrossoVEr: Es kann nicht nur eines geben: Anders als bei einer Religion, erfordert der Kult um einen Film oder eine Serie keine Ausschließlichkeit. Zwar mag es auch hier »fundamentalistische« Anwandlungen geben, wenn z.B. Liebhaber eines »Fandom« Anhänger eines anderen schmähen (was man »Fandomism« nennt), grundsätzlich können »Fandom«Leidenschaften aber gut nebeneinander existieren oder sogar zu fiktionalen Kreuzungen von Erzähluniversen führen. Damit endlich jeder weiß, wer stärker ist: Batman oder Captain America.
und homosexuelle Liebschaften um die Figuren dichtet, von zarten Romanzen bis zur Hardcore-Pornografie. Als Väter dieser Spielart gelten Captain Kirk und Mr. Spock, deren Beziehung schon in Fanzines im vordigitalen Zeitalter eine unplatonische Wendung nahm. shiPPEr: Der Anhänger eines bestimmten »Fandom« oder einer Spielart von Fanfiction/Fanart innerhalb eines »Fandom«. So ist ein »Browncoat« ein Shipper von Joss Whedons vorzeitig abgesetzter, von Fans aber kultisch verehrter Fernsehserie »Firefly«, ein »Whovian« ein Shipper der Serie »Dr. Who«. Und Fans, die der Meinung sind, dass Aragorn aus »Herr der Ringe« viel besser zu der tapferen Eowyn statt zur blassen Elfe Arwen passen würde, shippen das »Pairing« Aragorn/Eowyn.
KULT
CoNVENTioNs: Ein Großteil der Aktivitäten innerhalb eines »Fandom« findet im Internet statt – aber nicht alle. Analoge Formen der kultischen Verehrung von Filmen, Büchern, Serien etc. haben zumindest im Fall der »Conventions« sogar an Bedeutung gewonnen – jener Treffen von Fan-Gruppen, bei denen man sich physisch an einen bestimmten Ort begibt, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, Neuigkeiten zu erfahren und Stars des jeweiligen »Fandom« live zu erleben. Erste Fan-Conventions gab es schon in den 1930er-Jahren (so die erste Science-Fiction-Convention »Worldcon«); zum wichtigen Teil der Fan-Kultur wurden sie in den 1970er- und 1980er-Jahren; die San Diego ComicCon, mittlerweile ein wichtiges Branchenereignis auch für Hollywood, wurde erstmals in den frühen 1970erJahren abgehalten. Ursprünglich ging es dabei ums nichtkommerzielle Zelebrieren einer gemeinsamen Leidenschaft, heute werden viele Conventions als einträgliches Event professionell aufgezogen.
CosPLAyEr: Kurzform für »Costume Player« und der Ausdruck für Fans, die ihrer Leidenschaft frönen, indem sie sich aufwändig nach dem Vorbild »ihres« Films oder ähnlichem kostümieren. Oft und gerne gesehen im Rahmen von Conventions, die zum Teil Kostümwettbewerbe für das beste Outfit anbieten. FANFiCTioN: Wenn Fans sich nicht einfach nur aufs Verehren beschränken, sondern selbst aktiv werden und das geliebte Erzähluniversum ausbauen und fortschreiben. Das Spektrum reicht von Gedichten und kurzen Skizzen, die vertiefen, wie sich eine Figur in einer bestimmten Situation im Film fühlt, bis zu ausschweifenden Epen, die um eine unbedeutende Nebenfigur eine ganze eigene Story weben. Neben Texten gibt es auch »Fanart«, also Bilder, und »Fanvids«, also Videos.
TUMbLr, wATTPAD UND Co.: »Fandoms« brauchen digitale Plattformen, um sich zu vernetzen, und ihre Zahl ist Legion. Wichtig ist etwa tumblr als Blogging-Plattform (www.tumblr.com), mit der Nutzer alle möglichen Inhalte – Texte, Bilder, Videos, Chatlogs – in einem Blog veröffentlichen können. Darüber hinaus gibt es Seiten wie www.wattpad.com, www. fanfiction.net und www.fanfiktion.de, die sich als große Foren für Fanfiktion, Fanart etc. etabliert haben.
Cosplayer im sternenkrieg: Um »star Wars« gruppiert sich ein gewaltiges »Fandom«
sLAsh: Eine umfangreiche Untergattung der Fanfiction, die die Beziehungsgeflechte in Filmen, Serien etc. gegen den heterosexuellen Mainstream-Strich bürstet
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e-mail auS HollYWooD FilMkuNSt
Fotos: Warner Bros.
Sei vorsichtig in der Welt der Männer Frauen haben es immer noch schwer in der sonst allen Veränderungen so aufgeschlossenen amerikanischen Nation. Ein paar von ihnen konnten Fuß fassen in Politik, Industrie und Unterhaltung. Ihre Namen werden als leuchtende Beispiele für die fortschreitende Unterwanderung einer maskulinen Gesellschaft vorgezeigt, deren Auswüchse gerade in jüngster Zeit wieder die Schlagzeilen beherrschen. Mächtige Männer wie Roger Ailes, der Chairman von Fox News, und dessen Star-Moderator Bill O’Reilly verloren ihre Posten und die Bewunderung des Publikums wegen lange vertuschter Skandalgeschichten. Gegen den jahrzehntelangen Fernsehunterhalter Bill Cosby wurde gerade ein Verfahren wegen sexueller Belästigungen eingeleitet. Und an der Spitze des Staates steht ein Mann, der sich noch vor wenigen Jahren damit brüstete, er könne sich jede Frau gefügig machen. Genau die richtige Zeit für einen Film, in dem die Helden des Marvel- und DC-Universums mit einer Frau vertauscht werden, die ganz und gar »ihren Mann steht«, aber auch der aus Gewalt und Frauenmissachtung zusammengesetzten Welt das Idealbild einer Heroine entgegenhält, die für Gerechtigkeit, Frieden und – ganz ungewöhnlich in diesem Umfeld – für Liebe unter den Menschen eintritt.
»Wonder Woman« heißt der Film, und er stellt nicht nur eine Frau in den Mittelpunkt der Handlung, sondern wurde auch von einer Frau inszeniert. Nur ein einziges Wochenende brauchte »Wonder Woman« an den amerikanischen Kinokassen, um zum größten Erfolg einer Regisseurin im männerbeherrschten Hollywood-Geschäft zu werden. Und das passierte gerade mal eine Woche, nachdem Sofia Coppola das Filmfestival in Cannes mit dem Regiepreis (für »The Beguiled«) verlassen konnte – erst die zweite Regisseurin in der Geschichte der Festspiele und die erste seit 56 Jahren, der diese Auszeichnung zuteilwurde. »Sei vorsichtig in der Welt der Männer«, sagt die Mutter ihrer Tochter in »Wonder Woman«, als diese aus ihrer männerlosen Umgebung in die aus den Fugen geratene Welt des Ersten Weltkriegs aufbricht, um für ihre Ideale zu kämpfen. Patty Jenkins, die 45-jährige Regisseurin des Films, kann ein Lied davon singen. Obwohl als Tochter eines Kampfpiloten keineswegs zimperlich aufgewachsen, hat sie sich mühsam durchschlagen müssen, bis sie bei Warner Bros. endlich das Angebot bekam, einen der sonst ausschließlich Männern vorbehaltenen Eventfilme zu inszenieren. Dabei hatte sie schon vor mehr als einem Jahr-
Franz Everschor berichtet für FILMDIENST seit 1990 aus Hollywood
»Dass ›Wonder Woman‹ beim ganz jungen Publikum auf große Resonanz gestoßen ist, zeigt, dass Platz ist für die Abkehr von tief verwurzelten gesellschaftlichen Klischees.«
zehnt einen Film gedreht, den Amerikas Star-Kritiker Roger Ebert als einen der besten der ganzen Dekade bezeichnete. Der Film heißt »Monster« und brachte Jenkins einen »Independent Spirit Award« und der Hauptdarstellerin Charlize Theron einen »Oscar« ein. Anschließend schrieb Jenkins Drehbücher, die keiner haben wollte, und arbeitete beim Fernsehen für Serien wie »Arrested Development« und »The Killing«. Für »Monster«, die Geschichte der Prostituierten und Massenmörderin Aileen Wuornos, hatte Jenkins ein Budget von 1,5 Mio. Dollar, für »Wonder Woman« 149 Mio. Dollar. Jenkins hat das viele Geld aber nicht allein in äußeren Aufwand und spektakuläre Action gesteckt, sondern in sorgfältig kalkulierte Szenen, die jenseits der äußeren Aufwändigkeit stets durchlässig sind für die (oft durchaus auch komische) Entwicklung von Charakteren und Gefühlen. Dass »Wonder Woman« in den USA gerade beim ganz jungen Publikum auf große Resonanz gestoßen ist, zeigt, dass auch im Universum der Comic-Filme Platz ist für die Postulierung von Idealen und die Abkehr von tief verwurzelten gesellschaftlichen Klischees. Die große Frage ist nur, ob Hollywood daraus etwas lernen wird. Franz Everschor
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Wonder Woman
Eine neue Superheldin erobert das DC-Universe Der Einstieg ins Leben eines Superhelden ist eine Kunst für sich. In Zack Snyders »Batman v Superman: Dawn of Justice« beschränkten sich die ersten Auftritte von Wonder Woman auf die einer Schönheit in atemberaubender Garderobe – was einen gänzlich falschen Eindruck erweckte. Auch im ersten eigenen Wonder-Woman-Film stellen sich Drehbuchautoren und Regie zunächst eher ungeschickt an: In einer Rahmenhandlung begegnet man einer jungen Frau, die im Louvre in Paris einer hochspezialisierten Arbeit nachgeht. Sie öffnet dabei ein Päckchen, das eine historische Fotoplatte enthält, auf der man sie in abenteuerlicher Kostümierung zwischen vier Männern erkennt. Damit beginnt eine geradezu episch angelegte Rückblende, die bis zum Finale vom Louvre keine Kenntnis mehr nimmt und in eine hellenistische Vergangenheit zurückführt, in der ein kleines Mädchen den von ihm
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verehrten Amazonen nacheifert. Jahre später ist das Kind zur stattlichen Diana herangewachsen, der Tochter der Amazonenkönigin auf der Insel Themyscira. In ihr schlummern Fähigkeiten, die weit über die der wehrhaften Kriegerinnen hinausreichen. Als sich der Schrecken des Ersten Weltkriegs über die Idylle der Amazonen senkt, entgehen Dianas geschultem Auge weder das über dem Meer abstürzende Jagdflugzeug noch das deutsche Kriegsschiff samt seiner wild um sich schießenden Besatzung, die den Piloten, aber auch die mit Pfeil und Bogen bewaffneten Amazonen niedermetzeln will. Unter großen Opfern besiegen Diana und der britische Pilot Steve Trevor die Deutschen, wobei sie sich zaghaft kennenlernen – und prompt ins kriegsgeschüttelte England des 20. Jahrhunderts katapultiert werden. Damit hat der Film endlich seinen eigentlichen Handlungsort
gefunden. Erst hier versteht Diana den Sinn einer Geschichte, die ihr einst ihre Mutter erzählte. Darin sind die Amazonen ein Volk, das als Freund der Menschen geschaffen wurde und ihnen gegen den Kriegsgott Ares beistehen sollte. Mit Hilfe des als »Godkiller« apostrophierten Schwerts soll Diana in den Wirren des Weltkriegs jene Person finden, die als Drahtzieher hinter allem Übel steckt und hinter deren Maske sich niemand anderer als Ares verbirgt. Zusammen mit dem Draufgänger Steve, dem treuen Orientalen Sameer, dem putzigen Schotten Charlie und dem Indianer The Chief will sie den deutschen General Ludendorff und seine Schergen stellen und richten. Dass dies selbst mit Superheldenkraft nicht ganz einfach ist, zumal insbesondere Ares viele Gesichter besitzt, entfaltet sich nach der umständlich langen Exposition in vertrauter »Indiana Jones«-Dramaturgie. Bei
allen Abenteuern helfen die polyglotten Sidekicks und ein wackerer englischer Strippenzieher namens Sir Patrick, vor allem aber die sich verfestigende Zuneigung zwischen Steve und Diana, die aus der Amazonen-Prinzessin endlich jene Wonder Woman macht, die den Göttern und allen anderen Bösewichtern ihre diadembewehrte Stirn bietet. Dass Diana im snobistischen England über weite Strecken so tun muss, als wäre sie eine ganz normale Heldin unter Helden, gehört zu den vielen Rätseln, die es in dem erstaunlich klassisch anmutenden FantasyAbenteuerfilm hinzunehmen gilt. Die angenehm altmodische Liebesgeschichte macht den Film indes ausgesprochen unterhaltsam. Auf sicherem Genre-Terrain gilt es, eine Prüfung nach der anderen zu bestehen, eine Giftgas produzierende Wissenschaftlerin und den Feind in den eigenen Reihen zu überwinden, bis Wonder Woman ihre verborgenen Superkräfte aufbieten kann, um Frieden zu schaffen. Nun erst wird »Wonder Woman« zu jenem spektakulären Superhelden-Film, den das DC-Extended Universe fordert, damit die Heroine in der Liga von Superman und Batman bestehen kann. Dass der Film diesen Potenz-Vergleich über weite Strecken gar nicht sucht, ist sein (vielleicht ungewolltes) Erfolgsgeheimnis; denn die Protagonistin wirkt mit ihren zutiefst menschlichen Emotionen, Bedürfnissen und einer fast schon pathetischen Sehnsucht nach Frieden und Harmonie eigentümlich geerdet. Angesichts der von Terrorängsten und einem unberechenbaren US-Präsidenten dominierten Zeitläufe besitzt die Friedensbotschaft der Prinzessin Diana fast schon etwas vom blumigen Widerstand der
Fotos S. 36–49: Jeweilige Filmverleihe
KritiKen nEUE FilmE
nEUE FilmE KritiKen »Hair«-Generation gegen Vietnam und Richard Nixon. Die sympathische, im Prinzip als Melodram erzählte Superhelden-Geschichte wird damit durchaus auch zum Politikum des Kinosommers 2017. Gespannt sein darf man auf den Film »Justice League«, in dem Regisseur Zack Snyder (der »Wonder Woman« produziert hat) die Amazone an der Seite von Batman, Superman, Aquaman und The Flash vorrangig als reine Superheldin agieren lässt. Das Staunen über diese interessante Figur könnte dann schnell wieder der Ernüchterung angesichts eines typischen Sequel-Blockbuster-Einerleis weichen. Jörg Gerle
BeWertung Der FiLmKommiSSion
Ein britischer Kampfpilot lockt die Prinzessin der Amazonen in den Ersten Weltkrieg, wo sie ihre Superkräfte entdeckt und gegen den Kriegsgott Ares antritt. Ein über weite Strecken als betont altmodisches Abenteuermelodram inszeniertes FantasySpektakel, das der Comic-Heroine Wonder Woman ein sympathisches Entree in die Welt des modernen Blockbuster-Kinos verschafft. Die durch ihre Emotionalität zur wahren Stärke findende Heldin wandelt sich in Begleitung eine Gruppe skurriler nebenfiguren zur Hoffnungsträgerin einer verzweifelten Welt, die sich nach Frieden sehnt. – Ab 16.
WonDer WomAn. Scope. 3D. USA 2017 regie: Patty Jenkins Darsteller: Gal Gadot (Diana/Wonder Woman), Chris Pine (Steve), Robin Wright (Generalin Antiope), Connie nielsen (Königin Hippolyta), David Thewlis Länge: 141 min. | Kinostart: 15.6.2017 Verleih: Warner Bros | FSK: ab 12; f FD-Kritik: 44 763
Dries
Porträt des belgischen modemachers »Fashion«, ist ein Wort, das Dries van Noten nicht mag. Wenn man dem belgischen Modedesigner dabei zusieht, wie er hochkonzentriert edle karierte Stoffe mit Leopardenprints an einem lebenden Modell collagiert, kommt einem der Begriff tatsächlich etwas vulgär vor. Dries van Noten wirkt eher wie ein Bildhauer bei der Arbeit an einer komplexen Skulptur. Er probiert Kombinationen, tritt ein Stück zurück, schaut, holt einen neuen Stoff, der das Gebilde in eine andere Anordnung bringt, überlegt, schaut, schichtet erneut, so lange, bis die fertige Form gefunden ist. Fashion bedeute, dass etwas nach sechs Monaten vorbei sei, sagt der Designer in dem Dokumentarfilm von Reiner Holzemer. Innerhalb des immer beschleunigteren Modebetriebs ist Dries van Noten eine Ausnahmefigur. Im Gegensatz zu den meisten Modehäusern, die von großen Luxuskonzernen aufgekauft wurden, ist er Besitzer seiner eigenen Marke. Er schaltet keine Anzeigen. Und entwirft weder Zwischenkollektionen, noch setzt er auf das wesentlich profitablere Accessoire-Segment. Dries van Noten steht für hohe Handwerkskunst, für leuchtende Farben, aufwendige Stickereien und Prints – und für Kleider, die mit der Trägerin wachsen, Teil ihres Charakters werden sollen. »Dries« begleitet den Modema-
cher, der sich dem öffentlichen Blick bisher weitgehend entzogen hat, ein Jahr lang mit der Kamera. Dabei nimmt sich Holzemer mit eigenen künstlerischen Ambitionen zurück; seine Inszenierung ist unaufdringlich und im Verzicht auf jegliche Fashion-Hysterie angenehm nüchtern (umso unpassender wirkt die joviale Anrede mit dem bloßen Vornamen im Titel des Films). Vielleicht liegt es auch an van Notens schüchternem Wesen, das so gar nicht zum vorherrschenden Bild einer von Exzentrik und Spektakelwerten bestimmten Modewelt passen mag. Jedenfalls steht bei Holzemer eindeutig die Arbeit im Vordergrund und nicht der Kult um die Person, die Designerporträts oft auszeichnet. Von einer Cliffhangerartigen Dramaturgie, die etwa »Dior und ich« und FashionFormate wie die arte-Dokumentationsreihe »Vor der Show« auszeichnet, wurde ebenso Abstand genommen wie vom aufgeregten Einfangen emotionaler Stimmungen. Stattdessen sieht man van Noten vor allem bei der Tätigkeit, die ihn am meisten auszeichnet: der Beschäftigung mit Stoffen, mit Mustern, Texturen und Applikationen. Dries van Noten ist der bekannteste Vertreter der »Antwerp Six« – einer Gruppe von Designern, die 1980/1981 an der Royal Academy of Fine Arts in
Antwerpen ihren Abschluss machten und 1986 erstmals ihre Kollektionen in London präsentierten. Der Film ermöglicht neben dem Blick auf die Entstehung aktueller Kollektionen auch erhellende und mitunter selbstkritische Revisionen vergangener Mode. Wie in einem DVDAudiokommentar erläutert der Designer Hintergründe, Konzepte und Referenzen früherer Kollektionen sowie ihre Rezeption bei Presse und Kundschaft. So erzählt er etwa, wie er für die erfolgreiche Kollektion »Flowers« die fertigen Kleidungsstücke in die Waschmaschine steckte, damit sie einen zerknitterten, alltagstauglichen Look bekamen. Eine von Francis Bacon inspirierte Kollektion wurde hingegen von der berühmten Modekritikerin Suzy Menkes mit dem schönen Farbwort »verfaulte Garnele« geschmäht. Esther Buss
BeWertung Der FiLmKommiSSion
Dokumentarisches Porträt des belgischen modedesigners Dries van noten, das weder die Persönlichkeit des Schneiders noch das von ihm geführte modehaus ins Zentrum rückt, sondern den künstlerischen Schaffensprozess sowie die kreative Beschäftigung mit Stoffen, mustern, Texturen und Applikationen. Unaufdringlich und ohne effektvolle dramaturgische Zuspitzungen geht der Film damit wohltuend auf Distanz zum schnelllebigen modebetrieb und würdigt angemessen einen Kreativen, dessen Kleider über die Jahre mit ihren Trägerinnen wachsen sollen. – Ab 14.
DrieS. Deutschland/Belgien 2017 regie: Reiner Holzemer Länge: 93 min. | Kinostart: 8.6.2017 Verleih: Prokino | FSK: ab 0; f FD-Kritik: 44 764
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neue filme DVD / Blu–ray / InTErnET
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taboo – staffel 1
Tom Hardy als geheimnisvoller Fremder im England der Kolonialzeit
Die erste Staffel der von Schauspieler Tom Hardy, dessen Vater Chips Hardy und Drehbuchautor Steven Knight kreierten BBC-Serie hat ihren ganz eigenen Geschmack. Obwohl viele der Zutaten wohlbekannt sind, ergibt ihr neuer Mix eine exotische Kreation, die sich langsam entfaltet und auf ein fulminantes Finale zuläuft. London, 1814, die Regency-Ära: eine durch den Kolonialhandel reiche, bunte, internationale Gesellschaft, oberflächlich konventionell, extravagant und dekadent wie die Person ihres Monarchen (schön spleenig: Mark Gatiss). Im Gleichgewicht der Kräfte belauern sich die Krone und die East India Company (eine Art Amazon jener Zeit), deren »CEO« alle Kultiviertheit, aber auch alle Skrupellosigkeit unkontrollierter Machtanhäufung vorführt (ein Schreibtischtäter: Jonathan Pryce). In starkem Kontrast: ein einsamer Streiter mit einem dunklen Geheimnis, Afrika-Heimkehrer, halber Wilder, dessen neu geschärfte Instinkte ihn im Dschungel der frühmodernen Großstadt retten müssen. In einer Art Charonsfahrt gelangt James Delaney (Tom Hardy) in seine alte Heimat, um das väterliche Erbe anzutreten, welches ihm bald das eigennützige Interesse aller Parteien, inklusive amerikanischer Agenten, zuzieht. Es entfalten sich eine zünftige Schatzsuche und ein kleiner Handelskrieg, und während Delaney treue Gefolgsleute versammelt, um
dem Establishment die Stirn zu bieten, enthüllen sich Folge für Folge, teilweise in fantastisch halluzinierten Flashbacks, die Rätsel seiner Herkunft, Wesensart und zukünftigen Pläne. Vorherrschende Stimmung ist dabei die einer grau-schwarzen Düsternis über den schlammigen Untiefen des Themse-Ufers, selten erhellt durch mondäne Salonszenen. Die Lichtregie vermag es zusammen mit der Animation der imaginären Stadtsilhouette, Orte ins Magisch-Ungefähre zu verunklären und so den Eindruck einer Seelenlandschaft als »Waste Land« hervorzurufen. Dem entspricht die permanente Schlaflosigkeit Delaneys, dem seine gebändigte Energie aus anderen Quellen zuwachsen muss, möchte man ihn nicht gar für einen Zombie halten. Tom Hardy verfügt auch in dieser Rolle über enorme physische Präsenz, er füllt jede Szene unmittelbar, etliche Close-ups auf seine zumeist unbewegte Miene heben ihn zusätzlich heraus und präsentieren ihn als einen jener Schauspieler in der Nachfolge des großen Steve McQueen, die mit einem Minimum an Text und Aktion ein Maximum an dramatischer Wirkung erzielen. Nicht ganz auf dieser Höhe bewegen sich die Drehbücher. Sie verlassen sich zum actionreichen Staffelfinale hin sehr auf konventionelle Wendungen des Abenteuerfilms. Gut gelingen aber die Zeichnung des gesellschaftlichen Panoramas sowie die Entfaltung der sozialgeschichtlichen
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Implikationen der Handlung – diskrete Verweise auf heutige Verhältnisse inklusive. Die Figur des James Delaney ist dabei schillernd-synkretistisch in ihrer Herkunft aus einem Melting Pot der Rassen, aber auch Einstellungen und Handlungsweisen – und damit für die damalige Epoche hochmodern. Es beeindruckt seine Vorurteilslosigkeit gegenüber den Außenseitern der Gesellschaft, allerdings kann er sich solche Vorurteile am Beginn seines Feldzugs in die Neue Welt auch kaum leisten. Ein abschließendes Urteil zur Serie fällt schwer, da die erste Staffel ersichtlich als Teil mindestens eines Diptychons angelegt ist und ihre Raison d’Être im weiteren Verlauf enthüllen und erfüllen muss. Vorspeise und erster Gang sind in ihrem neuartigen Blick auf das englisch-amerikanische Verhältnis zu Zeiten des Hochkolonialismus und darüber hinaus bereits höchst anregend und machen Appetit auf mehr. – Ab 16. Karsten Essen
showrunner: Tom Hardy, Chips Hardy, Steven Knight Darsteller: Tom Hardy, Franka Potente, Jonathan Pryce, Oona Chaplin, Michael Kelly länge: 450 Min. | fsk: ab 16 Anbieter: Concorde (DVD/BD) fD-kritik: 44 783
Fotos S. 50–55: Jeweilge Anbieter
tABoo Großbritannien 2017
KRITIKEN FERNSEH-TIPPS
18.30 – 19.00 3sat kinokino extra: Die bayerische Traumfabrik 50 Jahre Hochschule für Fernsehen und Film München 20.15 – 21.35 3sat Mittsommernachtstango R: Viviane Blumenschein Betörendes Road Movie aus Finnland Deutschland 2016 Ab 12 20.15 – 21.45 SUPER RTL Johan und der Federkönig R: Esben Toft Jacobsen Hintersinniger Animationsfilm S, Dk 2014 Sehenswert ab 8 20.15 – 22.00 zdf_neo Lachsfischen im Jemen R: Lasse Hallström Unterhaltsame romantische Komödie Großbritannien 2011 Ab 14 20.30 – 22.40 Servus TV Spuren R: John Curran Kamelführerin durchquert Australien Australien 2013 Ab 14 22.00 – 23.30 One Die Farbe des Ozeans R: Maggie Peren Flüchtlingsdrama aus drei Perspektiven Deutschland/Spanien 2011 Ab 14
24. Juni, 20.15 – 21.45
Johan und der Federkönig
SO
SAMSTAG 24. JUNI 22.40 – 00.45 Servus TV Taxi Driver R: Martin Scorsese New Yorker Einzelgänger verfällt Wahn USA 1976 Sehenswert 23.30 – 01.40 One Sonny Boy R: Maria Peters Eine Liebe in dunkler Zeit Niederlande 2011 Sehenswert ab 14 23.30 – 01.30 ZDF Basic Instinct R: Paul Verhoeven Thriller mit Michael Douglas & Sharon Stone USA 1991 Ab 16 00.35 – 02.00 Das Erste Männer, die auf Ziegen starren R: Grant Heslov Aberwitzige Antikriegsfarce USA/GB 2009 Sehenswert ab 14 00.55 – 01.50 Kurzschluss – Das Magazin Schwerpunkt Fahrrad
arte
01.30 – 03.40 rbb Fernsehen Open Range - Weites Land R: Kevin Costner Melancholischer Spätwestern USA 2003 Sehenswert ab 14
24. Juni, 00.55 – 01.50
arte
Kurzschluss: Fahrrad
Am 12.6.1817 unternahm der Erfinder Karl von Drais die erste Probefahrt mit seiner »Laufmaschine«, die zum Vorbild für das heutige Fahrrad wurde. Dieses kann 200 Jahre später auf eine bemerkenswerte Geschichte zurückblicken, wie sich derzeit auch in zahlreichen Ausstellungen (vgl. S. 9) nachvollziehen lässt. Im Film debütierte das Fahrrad bereits 1895 inmitten der Fabrikarbeiter im Pionierwerk der Brüder Lumière und hat sich bis heute als dankbares Requisit in Lang- und Kurzfilmen erhalten. »Kurzschluss« demonstriert das mit einigen schönen neueren Beispielen wie dem estnischen Animationsfilm »Velodrool« über einen nikotinsüchtigen Radler, der seine Runden in einem buchstäblichen Teufelskreis dreht, oder dem mittels Glasmalerei-Technik realisierten belgischen Film »Tour«. Außerdem zeigt die Sendung den Klassiker »Die Schule der Briefträger« von Jacques Tati (1947 zu seinem Spielfilm »Tatis Schützenfest« ausgebaut) und nimmt sich des Phänomens der Fahrradfilmfestivals an.
SUPER RTL
Ein bemerkenswerter Kinderfilm aus Dänemark, der auch für Erwachsene interessant ist, weil er sich in Form eines spannend-vergnüglichen Abenteuers mit einem existenziellen Thema befasst: mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Nicht lange nach dem Umzug ins neue Haus erkrankt die Mutter des kleinen Hasen Johan; eines Nachts holt sie der sogenannte »Federkönig« mit seinen riesigen blauen Schwingen in sein Reich. Johan erhascht gerade noch einen Blick auf ihn, bevor er am Nachthimmel mit der geliebten Mama verschwindet. Seitdem fürchtet sich sein Vater davor, dass der Federkönig auch Johan zu sich nehmen könnte. Nur auf einem Schiff mitten auf dem Ozean fühlt er sich sicher, denn der Federkönig, so weiß er, hasst das Wasser. Johan aber sehnt die Begegnung mit dem Federkönig geradezu herbei, denn er ist fest entschlossen, sich seine Mutter zurückzuholen. Seine klare, eher ruhige Erzählweise und die kindgerechte, fantasievolle Weise, wie hier mythologische Gestalten und Todes- und Jenseitsvorstellungen ein neues Gewand bekommen, macht den kleinen Animationsfilm zum großen Erlebnis.
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SONNTAG 25. JUNI
11.45 – 12.30 Abgedreht! – Magazin Yves Montand
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14.45 – 16.25 3sat Remember Me – Lebe den Augenblick R: Allen Coulter Liebes- und Familiendrama USA 2009 Ab 14 16.20 – 18.35 TELE 5 Rat mal, wer zum Essen kommt R: Stanley Kramer Komödienklassiker um unverhofften Schwiegersohn USA 1967 Ab 14 20.15 – 22.50 Alamo R: John Wayne Aufwändiges Westernepos USA 1960
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Ab 16
20.15 – 23.25 Disney Channel In 80 Tagen um die Welt R: Michael Anderson Fesselnde Abenteuerschau voller Gaststars USA 1956 Sehenswert ab 12 20.15 – 22.25 ProSieben Who Am I – Kein System ist sicher R: Baran bo Odar Thriller um anarchistische Hackergruppe Deutschland 2014 Ab 14 20.15 – 22.35 RTL II Jungfrau (40), männlich, sucht … R: Judd Apatow Komödie mit Steve Carell & Catherine Keener USA 2005 Ab 14 20.15 – 22.50 TELE 5 Donnie Brasco R: Mike Newell Ermittler erschleicht sich Vertrauen von Mafioso USA 1996 Ab 16 22.50 – 00.10 arte Buffalo Bill im wilden Osten R: Vincent Froehly Annäherung an die Wild-West-Legende Frankreich/Dt. 2012 Ab 14 00.00 – 01.35 mdr Lost in Translation R: Sofia Coppola Tragikomödie über Flüchtigkeit des Seins USA/Japan 2003 Sehenswert ab 16
Fotos S. 56 – 65: Jeweilige Sender.
SA
FERNSEH-TIPPS KRITIKEN 25. Juni, 20.15 – 22.50
arte
Alamo
ERSTAUSSTRAHLUNG: 25. Juni, 20.15 – 22.25
ProSieben
Who Am I – Kein System ist sicher
Der 1978 geborene Regisseur Baran bo Odar hat ein gutes Händchen für Thriller-Stoffe bewiesen. Mit »Sleepless« (erscheint im Juli auf DVD/BD) hat er 2017 sein Hollywood-Debüt gegeben, und im Winter 2017 startet seine Netflix-Krimiserie »Dark«. ProSieben zeigt seinen Cyber-Thriller »Who Am I«, mit dem er 2015 Aufsehen erregte: Ein schüchterner Pizza-Bote (Tom Schilling) mit außergewöhnlichen Programmierfähigkeiten wird darin von einer anarchistischen Hackergruppe rekrutiert, die durch eine Reihe subversiver Streiche zwischen die Fronten von Europol und schwerkriminellen Konkurrenz-Hackern gerät. Der Film überzeugt vor allem deshalb, weil Baran bo Odar sehr kreativ versucht, bildgestalterische und erzählerische Ausdrucksformen für die virtuelle Welt zu finden. Ein weiteres, früheres Werk des Filmemachers gibt es dann am 28. Juni (22.25– 00.15) bei 3sat zu sehen: »Das letzte Schweigen« ist ebenfalls ein Thriller. Es geht um einen gutsituierten Familienvater, der von einem Sexualverbrechen eingeholt wird, an dem er einst als passiver Mittäter beteiligt war. Ein neuer Mord setzt die Polizei auf die Fährte der damaligen Täter.
26. Juni, 00.50 – 02.05
Besessen
arte
In Deutschland denkt man bei einem Dschinn primär an den märchenhaften Geist aus Aladins Wunderlampe oder vielleicht noch an die US-Fernsehserie »Bezaubernde Jeannie«. In der arabischen Welt ist der Glaube an Geister hingegen ganz anders verwurzelt. Der Dokumentarfilm der jordanischen Filmemacherin Dalia Al Kury geht dem Schicksal eines vierjährigen Mädchens nach, das von seinem Vater getötet wurde, weil er sein Kind für besessen hielt. Bei den Nachforschungen kommt die Regisseurin einer obskuren Parallelwelt voller Rituale und Exorzismen auf die Spur. Begegnungen mit Teufelsaustreibern, Besessenen und Gläubigen decken Widersprüche innerhalb der islamischen Welt auf, zwingen die Filmemacherin aber auch, sich ihren eigenen Ängsten und Dämonen zu stellen. Der visuell sehr ausgefeilte Film offenbart obskure Seiten des Islam und seiner Alltagskultur, deckt aber auch kollektive Muster einer von Tabus dominierten Gesellschaft auf. Insbesondere die Gespräche der Filmemacherin mit ihrer eigenen Mutter zeigen, wie eng Religion, Ritual und der Wunsch nach Spiritualität miteinander verflochten sind – nicht nur in der arabischen Welt.
John Waynes einzige Regiearbeit war eine wahre Herzensangelegenheit für den Hollywoodrecken. Von Mitte der 1940er-Jahre an bemühte sich Wayne um die Finanzierung für einen Film über die Schlacht von Alamo, bei der sich 1836 nach der Unabhängigkeitserklärung der seinerzeit mexikanischen Provinz Texas 185 Rebellen gegen die massive Übermacht der mexikanischen Armee stellten. Unter Einsatz seines eigenen Vermögens gelang ihm schließlich die Umsetzung seines Wunschprojekts, das Wayne selbstsicher zum Epos aufblies: Fast drei Stunden lang folgt der Film den Vorbereitungen zu der Schlacht, rückt die diversen, bis heute in den USA legendenhaft verklärten Teilnehmer (u.a. Wayne als Davy Crockett und Richard Widmark als Jim Bowie) in patriotisches Licht und geizt nicht mit pathetischen Reden zu Schlagworten wie Freiheit und Republik. Diffus bleiben daneben die historischen Hintergründe, die Sicht der Mexikaner wird so gut wie ausgespart. Dennoch ist »Alamo« ein herausragender Western, nicht zuletzt weil Wayne gekonnt aus seiner langen Erfahrung schöpft und sich in puncto Aufwand, Tempo, Gefühl und Humor speziell die häufige Zusammenarbeit mit John Ford deutlich bemerkbar macht.
26. Juni, 23.05 – 00.55
Akte Kajínek
mdr
In Tschechien kennt jedes Kind Jiří Kajínek, einen wegen eines Doppelmordes verurteilen Mann, den die meisten seiner Landsleute jedoch für unschuldig halten. Der Kriminalfilm von Petr Jákl rollt den komplexen Fall auf, der die Züge eines echten Justizskandals trägt. Nach der Auflösung der Tschechoslowakei nisteten sich an vielen Orten des ehemaligen Staatsgebildes Korruption und die organisierte Kriminalität ein. Als 1993 zwei Gangster auf offener Straße erschossen wurden, befand ein Gericht Kajínek für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Sieben Jahre später interessiert sich eine junge Anwältin für den Fall und fördert eine wachsende Zahl von Ungereimtheiten zu Tage, deren Spuren auch auf dubiose Netzwerke innerhalb der Polizei hindeuten. Während sich die Anwältin auf den damaligen Polizeichef konzentriert, gelingt Kajinek ein Ausbruchsversuch; er will seine Unschuld auf eigene Faust beweisen. Ein spannender Verschwörungsthriller auf handwerklich hohem Niveau.
MO
MONTAG 26. JUNI
20.15 – 22.45 arte Amistad R: Steven Spielberg Rekonstruktion eines historischen Prozesses USA 1997 Sehenswert ab 16 21.50 – 23.50 kabeleins Drop Zone R: John Badham Effektvoll inszenierte Action mit Wesley Snipes USA 1994 Ab 16 22.25 – 23.50 3sat Future Baby – Wie weit wollen wir gehen R: Maria Arlamovsky Doku über künstliche Befruchtung Österreich 2015 Ab 14 22.45 – 00.50 arte Wer die Nachtigall stört R: Robert Mulligan Feinfühlige Romanverfilmung USA 1962 Sehenswert ab 14 23.05 – 00.55 mdr Akte Kajínek R: Petr Jáki Dichter Krimi im »Film noir«-Stil Tschechien 2010 Ab 16 23.15 – 01.25 hr fernsehen Don – The King is back R: Farhan Akhtar Schwungvoller Actionfilm Indien/Dt. 2011 Ab 12 23.40 – 01.15 WDR Fernsehen 27. Deutscher Kamerapreis Zusammenschnitt der Preisverleihung 00.15 – 01.40 ZDF Das System – alles verstehen heißt alles verzeihen R: Marc Bauder Kleinkrimineller bandelt mit Ex-Stasi-Leuten an Deutschland 2010 Ab 16 00.50 – 02.05 arte Besessen R: Dalia Al Kury Doku über den Dschinn-Glauben Dt./Jordanien 2014 Ab 16 01.00 – 02.40 Exit – Lauf um dein Leben R: Peter Lindmark Spannender Actionthriller Schweden 2006
mdr
Ab 16
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