FILM Dienst Das Magazin für Kino und Filmkultur
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www.filmdienst.de 6. Juli 2017 € 5,50 | 70. Jahrgang
TW IN P EAKS D i e n e u e Sta f f e l d e r M yst e ry- S e r i e bereichert den erzählskosmos mit fa s z i n i e r e n d e n W e n d u n g e n
1 0 0 J a h r e UFA Mabuse, Metropolis und Marlene: J u b i l äu m e i n e s B i l d e r i m p e r i u m s
Luise heyer U n e r wa r t e t e V e r wa n d lu n g e n E i n e r J U n g e n s c h au s p i e l e r i n
Eberhard fechner D o ku m e n ta r i s c h e St e r n st u n d e n : D r e i s pät e F i l m e F e c h n e r s
iNhalt Die neUen KinOFilme Neu im KiNo
50 BegaBt - Die gleichung eines leBens
41 Das PuBertier
37 in this corner of the WorlD
KiNotipp
der katholischen Filmkritik
Berührendes Anime über den Alltag zweier Familien vor der Atombombe auf Hiroshima
42 Wilson
ferNseh-tipps 56 Sommer = Urlaub = Reise! Passend dazu heißt es bei arte am 10. und 17. Juli: „Auf nach Asien“. Eine reihe mit Spiel- und Dokumentarfilmen des Kontinents. Blutig wird es am „Krimisommer“-Tag auf 3sat (9.7.), leicht nostalgisch zum Auftakt der reihe „Sommerkino“ bei Super rTL mit rob reiners „Stand By me“.
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ein chanson für Dich
Fotos: TITEL: Sky Deutschland GmbH. S. 4/5: Fox, Constantin, Alamode, UFA, missing films, Capüelight
+ ALLE STArTTErmInE 49 Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner 13.7. 50 Begabt – Die Gleichung eines Lebens 13.7. 43 Berlin Falling 13.7. 45 Ein Chanson für Dich 6.7. 43 Cloclo und ich 13.7. 43 Dark Blood 13.7. 43 Dream Boat 13.7. 49 Der Duellist 6.7. 38 Die Erfindung der Wahrheit 6.7. 40 Fallen – Engelsnacht 13.7. 48 Girls’ Night Out 29.6. 47 Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin 6.7. 37 In this corner of the World 17.7. 46 Meine glückliche Familie 13.7. 36 Der Ornithologe 13.7. 49 Paris kann warten 13.7. 41 Das Pubertier 6.7. 43 Small Town Killers 6.7. 39 Space is the Place 6.7. 51 Transformers: The Last Knight 22.6. 43 Tubelight 23.6. 42 Wilson – Der Weltverbesserer 29.6. 44 Zum Verwechseln ähnlich 13.7.
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Zurück in twin peaks: David lynch
RUBRIKEN EDITOrIAL 3 InHALT 4 mAGAZIn 6 DVD-KLASSIK 34 DVD/BLU-rAY 50 TV-TIPPS 56 FILmKLISCHEES 66 VOrSCHAU / ImPrESSUm 67
KiNo
aKteure
filmKuNst
10 100 Jahre ufa
16 luise heYer
27 the ProMise
10 100 JAHRE UFA
16 LUISE HEYER
Das 1917 gegründete Unternehmen steht für deutsches Kino und seine Verknüpfung mit der deutschen Geschichte. Das Jubiläum ist ein Anlass, das Werden der Ufa und den Kanon ihrer großen Werke neu zu (über-) denken. Von rainer rother
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Hinter der Fassade einer nur scheinbar friedlichen Kleinstadt wird Düsteres sichtbar: David Lynch und mark Frost schrieben mit der mystery-Serie „Twin Peaks“ Fernsehgeschichte. nun gibt es eine dritte Staffel, einmal mehr ein Solitär des Fernsehens. Von lucas Barwenczik
mit „Westwind“ feierte die Schauspielerin 2011 ihr Spielfilmdebüt. Seitdem ist sie ein markantes Gesicht des deutschen Films. Ein neues Porträt in der „spielwütig“-reihe. Von alexandra Wach
22 FRAUEN DES IRANISCHEN KINOS Filmemacher haben es im Iran generell schwer, sich gegen staatliche Kontrolle zu behaupten. Um wie viel schwerer ist die Situation dann für Filmemacherinnen? Von amin farzanefar
26 IN MEMORIAM
Erinnerungen an Tankred Dorst, John G. Avildsen, Sonja Sutter, „Batman“ Adam West und Anita Pallenberg. Von rainer dick & ulrich kriest
21 FESTIVALS
rückblicke auf das Filmfest Emden sowie das FilmKunstFest Schwerin. Von michael ranze & ralf schenk
27 E-MAIL AUS HOLLYWOOD
Das Historiendrama „The Promise“ sorgt wegen seines Themas, dem Völkermord an den Armeniern, für Kontroversen. Von franz everschor
28 EBERHARD FECHNER
Er war ein meister in der Dokumentation von Lebensgeschichten, die Zeitgeschichte spiegeln. Schrittweise wird das Werk des Dokumentaristen nun auf DVD erschlossen. Von dietrich leder
27 SCHÄTZE IM SALZBERGWERK Eine Sonderausstellung über Kulturgut, das von 1943 bis 1945 im Grasleber Steinsalzwerk eingelagert wurde, bringt auch filmische Fundstücke ans Licht. Von rolf aurich
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DiE RÜCkkEHR Von „TWin PEAkS“ ALS inTEnSiVES ERLEbniS
IN DEN 1990ER-JAHREN SCHRIEBEN DAVID LYNCH UND MARK FROST MIT IHRER MYSTERY-SERIE UM DIE TITELGEBENDE KLEINSTADT FERNSEHGESCHICHTE. IM MAI DIESES JAHRES FEIERTE NUN EINE DRITTE STAFFEL PREMIERE UND GAB DEM ERZÄHLERISCHEN KOSMOS EINMAL MEHR EINEN FASZINIERENDEN NEUEN TWIST. VON LUCAS BARWENCZIK
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„TWIN peaKS“ kino Die Wunden waren zu tief, die Zeit hat nicht eine geheilt. Vor 27 Jahren begann „Twin Peaks“ mit einem kollektiven Trauma, das alles aus dem Gleichgewicht brachte: dem Mord an der jungen Laura Palmer. Ursprünglich wirkte die Kleinstadt, die der Serie ihren Namen gibt, noch merkwürdig in der Zeit erstarrt. Sie schien außerhalb der bekannten Geschichte zu bestehen, ein Ort, an dem alle Jahrzehnte von den 1940er- bis zu den 1990er-Jahren nebeneinander existierten. In den oftmals wie in einer Seifenoper gefilmten Schauplätzen, Americana-Konfektionsware wie eine kleine High School, ein Sägewerk oder ein Diner war ein Geist von idyllischer Routine zu spüren. Doch mit dem Mord verlor alles die Unschuld. Oder präziser: Die Illusion von Unschuld verschwand, und die allgegenwärtige Verderbtheit wurde sichtbar. Die Norman-Rockwell-Fassade sprang auf und gab den Blick auf eine düstere, fremdartige Wirklichkeit frei. Albtraum-Landschaften voller Blut, Schmerz, Angst und Verzweiflung, beherrscht von finsteren Mächten und Geisterwesen.
Doch diese Dunkelheit war nie allumfassend und erdrückend. „Twin Peaks“ war stets Chaos auf der Suche nach Equilibrium. Zwei Herzen schlagen in der Brust der Serie, sie wird bestimmt von verschiedenen Dualismen: zwischen Gut und Böse, „Black Lodge“ und „White Lodge“, Monster und Menschen. Stadt und Land, modernem Hyperkapitalismus und Traditionsbetrieben, schrulligem Humor und finsteren Abgründen. Diese Janusköpfigkeit verliehen der Serie wohl auch ihre grundverschiedenen Schöpfer, der klassische Erzähler und Weltenbauer Mark Frost und der schattenmalende David Lynch.
nEuER SCHRECkEn: Der Zahn Der ZeiT Die neue, nunmehr dritte Staffel ist anders. Ihr Wesen ist noch weiter aus dem Gleichgewicht geraten. Sie hat klar einen zentralen Autor: David Lynch hat bei jeder Folge Regie geführt, es ist seine persönliche Experimentierwerkstatt. Jahrzehnte seines
Schaffens, Musik, Malerei und Film fließen zu einem großen Ganzen zusammen. Konzepte wie klassische Plots und Chronologie hat er in den 1990er- Jahren überwunden – irgendwann zwischen „The Straight Story“ und „Lost Highway“. Heute erinnert Lynch an René Magritte: Interessiert an Räumen und Formen, an metafiktionalen Ideen und einer Einordnung des Künstlers im Werk, oft bizarr und sogar verstörend, dabei aber immer unterhaltsam und voller Liebe zur eigenen Kreation. Auf den ersten Blick ist alles düsterer geworden. Statt einer vollständigen Welt existieren nur noch im Nichts treibende Splitter. Twin Peaks ist nicht mehr der Hauptschauplatz, sondern eine Art Portal zu zahllosen anderen Welten. Erzählt wird vieles: von einer Rückkehr des buddhistischen New-Age-Agenten Dale Cooper (Kyle MacLachlan), den Aktivitäten des FBI, mysteriösen Mordfällen und trivialen Alltagserlebnissen. Jeder Mensch, jedes Objekt, ja, sogar jede Idee kann Ursprung einer neuen Geschichte werden. Figuren existieren in verschiedenen Versionen, Kyle McLachlans
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Fotos: Showtime Networks & Sky Atlantic/NFP
kino „TWIN peaKS“
Cooper etwa gibt es in drei Ausführungen: Gut, Böse und Dougie. Die Zeit ist das neue, anhaltende Trauma der Serie. Der ursprüngliche Fall ist längst aufgeklärt, viele Zuschauer verloren das Interesse, als der rein kriminalistische Teil der Geschichte abgeschlossen war. Den Einwohnern von Twin Peaks fällt es ungleich schwerer, mit der Vergangenheit abzuschließen. Im neuen Vorspann der Serie schwebt das bekannte Porträt von Laura Palmer wie ein Geist über der Stadt. Als es im Rahmen einer neuen Ermittlung achtlos auf einem Konferenztisch platziert wird, bricht Lauras ehemaliger Freund Bobby Briggs (Dana Ashbrook), mittlerweile Deputy bei der städtischen Polizei, hilflos zusammen. Seine Tränen scheinen jede Möglichkeit auf Heilung zu leugnen, schmelzen ein Vierteljahrhundert der Verarbeitung auf einen Moment zusammen. Die Falten und Alterserscheinungen, die die lange Pause allen zur Serie zurückkehrenden Darstellern in den Körper gemeißelt hat, wirken wie die unmittelbare Folge des einstigen Sündenfalls. Trauer manifestiert sich physisch. Mehrfach werden die Credits zu einer Art „In Memoriam“-Sektion – gedacht wird etwa dem im Januar 2017 verstorbenen Miguel Ferrer, der in der Serie den FBIForensiker Albert Rosenfield verkörperte. Der reale Schmerz des Alterns findet seine fiktionalen Entsprechungen.
Das Unbegreifliche bLEibT unbEgREiFLiCH In David Lynchs Filmen bleibt den Figuren selten Zeit zum Nachdenken. Sie durchleben die schwer greifbaren Ereignisse, sie reagieren, sind eher Getriebene als Akteure. Sie wollen die Albträume nicht verstehen, sondern nur, dass sie enden. Das ist, was „Twin Peaks“ besonders macht: Dadurch, dass die Charaktere dort mit dem Geschehen und der Welt interagieren können und das Unbegreifliche
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zu begreifen suchen, werden sie zu Abbildern des Lynch-Publikums. Verständlichkeit hat keinen hohen Stellenwert für den Regisseur, der sich in Interviews verschmitzt enigmatisch gibt und verschiedenen Veröffentlichungen von „Mullholland Drive“ eine Karte mit zehn völlig nutzlosen Hinweisen beigelegt hat. (Ablenkungsmanöver, wie so vieles in seinen Filmen.) Das erkennt man auch an der Rolle, die er für sich selbst auserkoren hat: FBI-Vizedirektor Gordon Cole ist schwerhörig – er kann die Welt von Twin Peaks kaum verstehen, im wahren Sinne des Wortes. Die ersten beiden Staffeln kommunizierten mit der Fernsehlandschaft ihrer Zeit, beschäftigten sich mit Soaps und episodischem Erzählen und kritisierten das Medium selbst. Der Spin-off-Film „Fire Walk With Me“ beginnt mit der Explosion eines Fernsehapparats. Die neue Staffel wirkt wie eine Antwort auf die Serienwelt, die in den 1990er-Jahren zu entstehen begann. „Twin Peaks“ ist heute „Quality TV“ und steht zugleich antithetisch zu großen Teilen der modernen Fernsehrezeption. Fan-Gemeinden von Serien wie „True Detective“, „Sherlock“ oder „Westworld“ betreiben wahrhafte Exegesen, in endlosen Diskussionen werden noch kleinste Details ausgewertet, um ihre Rätsel zu lösen und versteckte Wahrheiten zu offenbaren. Stellenweise gleicht es einem intellektuellen Krieg zwischen Showrunnern und Autoren einerseits, dem besonders engagierten Teil des Publikums, darunter auch Fachjournalisten, andererseits. David Lynch führt diesen Konflikt ad absurdum. Seine Bildwelten sind sicherlich nicht willkürlich, doch sie enthalten keine eindeutigen Antworten. Man kann zu ihrem Kern vorstoßen, doch sie auf diesen zu reduzieren, ist unmöglich. So, wie es unmöglich ist vorherzusagen, was als nächstes geschehen wird. „Twin Peaks“ stellt dem stellenweise sehr mechanischen Gegenwartsfernsehen eine idiosynkratische Unordnung gegenüber. Nichts ist glatt, mancher Effekt gewinnt den
Schrecken erst aus seiner Künstlichkeit. Es entsteht ein intensives Erlebnis, ein Rauschen und Wabern, das nie besinnungslos macht. In einen Moment flieht Agent Cooper durch eine Horrorwelt aus ruckelnden, unbeherrschten Zwielicht-Bildern, im nächsten Augenblick trägt er minutenlang eine Krawatte auf seinem Kopf und isst Pfannkuchen mit Ahornsirup. Es sind gleichermaßen denkende und fühlende Bilder, voll von Trauer, aber mit der Hoffnung auf Heilung. • „Twin Peaks“ – Staffel 3 USa 2017. produktion: Rancho Rosa partnership/Showtime Networks. Regie: David Lynch. Buch: Mark Frost, David Lynch. Kamera: peter Deming. Musik: angelo Badalamenti. Schnitt: Duwayne Dunham, David Lynch. Darsteller: Kyle MacLachlan (Dale Cooper), Sheryl Lee (Laura palmer), Mädchen amick (Shelly Johnson), Kimmy Robertson (Lucy Moran), Russ Tamblyn (Dr. Lawrence Jacoby), Dana ashbrook (Bobby Briggs), Ray Wise (Leland palmer), Grace Zabriskie (Sarah palmer). Die Serie (18 episoden) wird in den USa seit dem 21.5.2017 beim Kabelsender Showtime ausgestrahlt, in Deutschland startete sie einen Tag später bei Sky atlantic.
Am 14.9. startet im kino der Dokumentarfilm „DAViD LYnCH: THE ART LiFE“. (USa/Dänemark 2016. Regie: Jon Nguyen, Rick Barnes, Olivia Neergaard-Holm), eine visuelle Reise zu den künstlerischen Wurzeln und prägenden phasen von David Lynch, die durch idyllische Kindheitsjahre in einer US-amerikanischen Kleinstadt und in die düsteren Straßen von philadelphia führt. Dabei beschreibt Lynch Stationen seines Lebens, die maßgeblich zu seiner entwicklung zu einem der rätselhaftesten Regisseure des zeitgenössischen Kinos beigetragen haben.
filmkunst EBERHARD FECHNER
WiE auS EinEr anDErEn ZEit: ÜbEr DiE LE t Z tEn
chorGesanG VErSc Keiner beherrschte so wie er die Kunst, Zeitgeschichte quasi mit der Kamera „aufzuschreiben“: Eberhard Fechner (1926-1992) rekonstruierte minutiös individuelles Leben, um es in ein erhellendes Verhältnis mit „großer“ Geschichte zu setzen. Geduldig hörte er dabei den Menschen zu und fragte im richtigen Moment nach, um aus ihren Erinnerungen längst Verdrängtes, Verborgenes und auch Widersprüchliches hervorzulocken. Fechners dokumentarisches Werk zählt zu den Sternstunden des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Schrittweise wird dieser filmische Schatz nun auf DVD wiederentdeckt. Von Dietrich Leder
XXI.XX XXGeGen das VerGessenXX Zu den Schwächen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gehört, dass es seine eigene Programmgeschichte kaum kennt. In den vielen Programmen, die ARD und ZDF bewirtschaften, kommt sie kaum vor. Wenn etwas wiederholt wird, dann stammt es aus den letzten Jahren. Aber was ist mit frühen Fernsehfilmen, Mehrteilern und Serien? Die Erinnerung an sie ist in den Anstalten selbst verblasst, sodass auch dort manche glauben, das lineare Erzählen sei beispielsweise eine Erfindung der US-Serien des letzten Jahrzehnts. Auf dem Sektor des Dokumentarfilms kämpft gegen das Vergessen seit einigen Jahren mit großem Elan das DVD-Label absolutMEDIEN an, das verdienstvoll bedeutsame Dokumentarfilme, an denen öffentlich-rechtliche Anstalten beteiligt waren, wiederveröffentlicht. Legendär die Bereitstellung des Werks von Claude Lanzmann auf diesem Label, zuletzt mit einer technisch besser aufbereiteten Fassung von „Shoah“. Verdienstvoll auch die Wiederveröffentlichung der Filme von Marcel
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Ophüls, von denen zuletzt „Novembertage“ und „Die Geschichte der Kriegsberichterstattung“ erschienen. Ebenso bedeutsam die Reihe „Große Dokumentaristen“, in der DVD-Boxen der Filme von Harun Farocki, Hans Dieter Grabe, Volker Koepp, Gerd Kroske, Peter Nestler, Helga Reidemeister und Klaus Wildenhahn erschienen sind. Sie enthalten viele bahnbrechende Arbeiten des deutschen Dokumentarfilms, die lange Zeit nur als 16mm-Kopie erhältlich waren – und dann meist gar nicht mehr.
XXII.XX XXPolItIsche dramaturGIenXX Zu diesen bahnbrechenden Werken zählen ohne Zweifel die Dokumentarfilme von Eberhard Fechner. Kurz hintereinander sind nun seine letzten Arbeiten „Der Prozess“, „Im Damenstift“ und „La Paloma“ auf DVD erschienen; alle drei Filme wurden in Zusammenarbeit mit den Sendern NDR und WDR in guter Qualität auf DVD transferiert. Auch wenn es an Begleitmaterial mangelt – nur zu „Der Prozess“ gibt es ein zwölfseitiges Booklet –, geben diese zwischen 1984 und 1989 entstandenen Film, einen
guten Einblick in die filmische Praxis des Regisseurs. Eberhard Fechner begann seine Karriere als Filmregisseur, als er von der eines Schauspielers Abschied genommen hatte. Nach dem Krieg hatte er Schauspiel studiert und in den 1950er-Jahren an einigen städtischen Theatern fest gearbeitet. Vor dem dortigen Routinebetrieb floh er 1961 nach Italien, um bei Giorgio Strehler in Mailand ein Theater zu erleben, das politischer war und zugleich demokratischer, da es die Schauspieler an der Entwicklung der jeweiligen Inszenierung stärker beteiligte. Die Jahre bei Strehler schärften sein Bewusstsein, was das Theater sein könne, aber das half ihm in Deutschland nicht. Im Stadttheaterbetrieb eckte er – das weiß man dank der präzisen Fechner-Biografie von Egon Netenjakob – mit seinem Selbstbewusstsein nur noch an. Unterschlupf fand Fechner beim NDR in Hamburg, wo Egon Monk seit 1960 eine Fernsehfilmabteilung aufgebaut hatte, die vieles von dem in die Tat umsetzte, was Fechner bei Strehler gefallen hatte. Eine – an Brecht geschulte – politische Dramaturgie, ein gemeinsames Erarbeiten von Themen und Stoffen, das Zusammenspiel aus dramatischen und komödiantischen Stoffen. Unter Monks Regie spielte 1965 Fechner beispielsweise einen Funktionshäftling im ersten deutschen Fernsehspiel, das vom Leben und Sterben in einem deutschen Konzentrationslager handelte: „Ein Tag“ nach einem Drehbuch von Gunter R. Lys. Monk, der viele Talente förderte, ermöglichte 1968 Eberhard Fechner, seinen ersten Film zu inszenieren: „Vier Stunden von Elbe 1“. Eine realistisch erzählte Geschichte nach einem Drehbuch von Helga Feddersen um Seemannsfrauen, die auf die Rückkehr ihrer Männer von ihren Reisen warten. Es folgten weitere Fernsehfilme, die meist ebenso auf gut recherchierten Drehbüchern basierten. In einer Produktionspause bot ihm der NDR-Redakteur Hans Brecht 1969 an,
EBERHARD FECHNER filmkunst
DrEi DoKuMEntarFiLME Von EbErharD FEchnEr
hWunDEnEr Welten
Eberhard fechner während der Dreharbeiten zu »Der Prozess«
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filmkunst EBERHARD FECHNER
»Der Prozess«
einen ersten Dokumentarfilm zu realisieren – über die Selbsttötung eines Menschen. In „Nachrede auf Klara Heydebreck“ rekonstruierte Fechner das Leben einer 72-jährigen Berlinerin, die sich kurz vor Drehbeginn das Leben genommen hatte. Dieser Film fiel durch eine besondere Montageform auf. Fechner schnitt die Aussagen einiger der Menschen, die Klara Heydebreck gekannt hatten, hart aneinander. Wenn es sich um dieselben Tatbestände oder um dieselben Augenblicke handelte, wechselten die Aussagen sogar innerhalb eines Satzes. Der erste beschrieb etwas, was der nächste dann fortsetzte und ergänzte. Es entstand eine Art von chorischem Sprechen, das die Stimmen aber nicht bündelt, sondern hinter einander setzt. Dieses Verfahren verfeinerte Fechner in seinen nachfolgenden Filmen, von denen der Zweiteiler „Die Comedian Harmonists“ (1976) sicher der bekannteste ist. (Leider ist die DVD dieser Produktion, der ein gleichnamiger Spielfilm erzählerisch fast alles verdankt, seit einigen Jahren vergriffen.)
XXIII.XX XXherausraGendes dokument: XX XX„der Prozess“XX Zu einem Höhepunkt kommt dieses Verfahren in „Der Prozess“. Hier hält Fechner Geschichten um das lange Zeit längste Strafverfahren fest, das gegen nationalsozialistische Gewalttäter auf
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»im Damenstift – Wir die fräulein vom schloss«
deutschem Boden stattfand: den nach dem Ort des Vernichtungslagers benannte „Majdanek-Prozess“, der von 1975 bis 1981 in Düsseldorf stattfand. Da man in Deutschland nicht im Gerichtssaal selbst filmen darf, befragte Fechner die ProzessBeteiligten seit Frühjahr 1978 außerhalb des Saals, in Nebenzimmern, in Hotels und in Kanzleien. Viele der Angeklagten, Zeugen, Sachverständige, aber auch die Staatsanwälte, die Verteidiger und den Vorsitzenden Richter. Bedingung dafür war, dass der Film erst dann ausgestrahlt werden durfte, nachdem das Urteil in letzter Instanz bestätigt worden war. So konnte „Der Prozess“ erst drei Jahr nach Prozessende vom NDR gezeigt werden, allerdings nicht, wie von Fechner gewünscht, im Ersten Programm, sondern in den Dritten Programmen, die ihn fast zeitgleich programmierten. Der dreiteilige Film folgt zwar der Zeitlogik des Prozesses, aber zugleich rekonstruiert er, wie in Majdanek gemordet wurde – systematisch, ohne Skrupel, latent oder offen sadistisch. Er bedient sich dabei fotografischer Dokumente, die Fechner in Archiven entdeckt hat, verwendet auch den Film, den eine Abteilung der Roten Armee bei der Befreiung des Lagers 1944 aufgenommen hatte. Der polnische Dokumentarist und Dokumentarfilmlehrer Jerzy Bossak, der an der Herstellung dieses ersten Dokuments der Nazi-Massenmorde beteiligt war, ist einer der Sachverständigen von Fechners Films. Mit den Details von Majdanek zeich-
net Fechner so ein Bild des Vernichtungsfeldzugs, den Nazi-Deutschland gegen die europäischen Juden, gegen Polen und Russen betrieb. Darüber hinaus hält er fest, wie unzureichend die juristische Aufarbeitung dieses Massenmords war. Der Majdanek-Prozess findet viel zu spät statt. Zeugen können sich im Abstand von mehr als 30 Jahren nicht mehr präzise an Täter und Tatumstände erinnern, was dann zu milderen Strafen für die Angeklagten führt. Während diese im Prozess bis auf wenige Momente durchgehend schwiegen, äußerten sie sich vor Fechners Kamera. Sie gestehen dort nicht zwar nicht direkt Verbrechen, aber ihre rassistische, durchgehend antisemitische Gesinnung schimmert immer wieder auf. Ebenso ihre Selbstgerechtigkeit, nach der sie, die Täter, sich als die Opfer der Weltgeschichte stilisieren. Der Richter deutet an, dass das Urteil in Kenntnis dieser Aussagen anders ausgefallen wäre. „Der Prozess“ zählt zu den wichtigsten Dokumentarfilmen über die Nazi-Zeit. Er ist den Filmen von Claude Lanzmann oder Marcel Ophüls durchaus an die Seite zu stellen. Zugleich ist er ein Film über die Bundesrepublik Deutschland Ende der 1970er-Jahre, in der die HolocaustLeugner vor dem Gericht aufmarschierten, in der Freundeskreise die Angeklagte unterstützten, Strafverteidiger Zeugen unter Druck setzen, in der aber auch Journalisten wie Heiner Liechtenstein (WDR) weiterhin mit großer Energie versuchen,
Fotos: absolut MEDIEN
EBERHARD FECHNER filmkunst
»la Paloma«
die Erinnerung an die Verbrechen wach zu halten.
XXIV.XX XXPrIVate GeschIchten,XX XXleIse PolItIsch aufGeladenXX Verglichen damit, entbehren „Im Damenstift“ und „La Paloma“ der großen thematischen Wucht. Beide Dokumentarfilme erzählen eher private Geschichten, und sie erzählen sie eher leise als politisch aufgeladen. Man kann sie dennoch mühelos dem großen Projekt einer Geschichte des 20. Jahrhunderts in Filmen zurechnen, als die Fechner seine Arbeit selbst angesehen hat. „Im Damenstift“ (1984) stellt ältere Frauen vor, die als Adelige in einer Welt aufwuchsen, als ihre Abkunft noch von großer Bedeutung war. Nun leben sie, die katholischen Glaubens sind, unverheiratet blieben und mittellos wurden, dank einer Stiftung Mitte der 1980er-Jahre in einem Schloss in der Nähe von Köln. Manches verbindet die stets fein gekleideten Gräfinnen, Baroninnen und Freifrauen vor der Kamera, vor allem die Erinnerung an eine Vergangenheit, die eine feste Struktur und Ordnung hatte. Ihr Gespür für Hierarchien, ausgeprägt im Regelwerk des deutschen Adels mit seinen zahlreichen Abstufungen, lässt sie im Stift nicht als ein Kollektiv erscheinen. Manche sehen auf andere herab, andere separieren sich bewusst, um dann wieder das Ideal ihrer Gemeinschaft zu beschwören.
Anders als in seinen anderen Filmen verlegt Fechner hier manche Aussage ins Off, um statt der Aufnahmen der Sprechenden Ansichten des Schlosses und seiner prächtigen Parklandschaft zu zeigen. So waltet eine gewisse melancholische Gelassenheit, auch weil die Damen durchaus selbstbewusst von ihrem Alter sprechen und ihre gesellschaftlichen Bedeutungsverluste ohne großes Klagen ertragen. Man hört und sieht ihnen gerne zu. Ähnlich geht es einem mit den Seeleuten, die Fechner in „La Paloma“ (1988) vor seiner Kamera versammelte. Wieder entsteht ein Chorgesang, der von einer verschwundenen Welt erzählt. Diesmal geht es um die Seeschifffahrt, wie sie um die Jahrhundertwende den Welthandel beschleunigte. Es berichten Kapitäne, Schiffsköche und Heizer, Segelmacher und Ingenieure. Sie erzählen von den ersten Erfahrungen auf großen Segelschiffen, den Veränderungen durch die Motorisierung, den Erfahrungen auf den langen Wegstrecken von Kontinent zu Kontinent, auf denen die Qualität der Nahrung von Tag zu Tag abnahm, von der Hierarchie an Bord, von den Dramen auf hoher und stürmischer See, aber auch von der Langeweile, die sich einststellte, wenn man Tage lang nur den Ozean um sich sah. Auch hier geht es um eine versunkene Welt, denn das, was Fechners Zeitzeugen darlegen, hat mit der Container-Schifffahrt, wie es sie seit den 1960er-Jahren gibt, kaum noch etwas zu tun. Auch hier herrscht eine gewisse Melancholie vor, auch wenn
die Erzählungen einer Heiterkeit und Komik nicht entbehren. Auch hier begegnet man der Zeitgeschichte als kollektiver Lebensgeschichte.
XXV.XX XXVerdränGte leIstunGenXX Eberhard Fechners Filme wirken heute selbst wie aus einer anderen Zeit. Welcher Sender – wie der NDR Fechner Ende 1979 – erlaubte heute noch einem Regisseur, sich vier Jahre lange ausschließlich einem Prozess zu widmen und dann über zwei Jahre einen solchen monumentalen Film zu schneiden? Vielleicht werden die großen Leistungen der Geschichte des öffentlichrechtlichen Fernsehens ja auch deshalb verdrängt, weil sie seine Schwächen der Gegenwart aufzeigten. •
„Der Prozess“. Dt. 1975-1984. Teil 1: Anklage Teil 2: Beweisaufnahme Teil 3: Urteile Regie und Buch: Eberhard Fechner. 270 Min. „im Damenstift – Wir die fräulein vom schloss“. Dt. 1984. Regie und Buch: Eberhard Fechner. 90 Min. „la Paloma“. Dt. 1989. Regie und Buch: Eberhard Fechner. 180 Min. DVD-Anbieter: absolutMEDIEN Internet: www.eberhardfechner.de www.absolutmedien.de
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Der Ornithologe Mythische Fabel über Transformation
Seit seinem Debütfilm „O Fantasma“ (2000), in dem sich ein homosexueller Müllarbeiter über verschiedene Stadien des animalischen, fetischhaften und dinghaften Begehrens in ein anorganisches LatexWesen verwandelte, erzählt der portugiesische Filmemacher João Pedro Rodrigues von den Wundern der Transformation. In „Der Ornithologe“ ist die wundersame Verwandlung religiös bzw. mythengeschichtlich verankert. Der Film ist eine queere Variation auf die Geschichte des Heiligen Antonius, ein Mythos, der in der portugiesischen Kultur und Gesellschaft von großer Bedeutung ist. Schon seit langem beschäftigt sich Rodriguez mit der Legende der Antonius-Figur, unter anderem im Kurzfilm „Morning of Saint Anthony’s Day“ (2012). Über den portugiesischen Franziskanermönch, Theologen, Prediger des 13. Jahrhunderts (und Schutzpatron der Reisenden) ist überliefert, dass er auf einer Pilgerfahrt mit seinem Boot von der stürmischer See erfasst und an die Küste Sizilien getrieben wurde. Auch soll ihm eines Nachts das Jesuskind in seinen Armen erschienen sein. Die Legende sagt weiterhin, dass er mit den Fischen sprach. Zunächst aber weist nichts auf
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eine Heiligengeschichte hin. Rodrigues situiert die Geschichte in der Gegenwart, Hauptfigur ist Fernando, ein schwuler Ornithologe, der auf der Suche nach seltenen Schwarzstörchen mit seinem Kajak auf einem abgelegenen Fluss unterwegs ist. Der Film beginnt als imposanter Naturfilm in prächtigem CinemaScope, aber auch als kleine Abhandlung über die Schaulust. So teilt man mit Fernando den Blick durch sein Fernglas, eine Analogie zur filmischen Apparatur, und betrachtet in stiller Komplizenschaft verschiedene Vögel aus nächster Nähe im Wasser, beim Flug oder beim Balzen. Doch der scheinbar neutrale Wissenschaftsblick hat einen voyeuristischen Touch: „20. Juni, 10.30 Uhr. Die Steinadlerküken haben ihr Nest am Teufelsberg verlassen, aber sie bleiben in der Umgebung“, hält Fernando auf seinem Diktiergerät fest. Der Naturfilm gerät bald aus dem Gleichgewicht. Buchstäbliche Vogelperspektiven erschüttern Fernandos Blickautorität, zudem transformiert sich der Film nach einer wilden Passage durch lebensgefährliche Stromschnellen in einen Abenteuerfilm. Doch auch dieser rutscht bald aus seinem Rahmen, um sich nach einem kurzen Flirt mit dem Western-Genre in eine
religiös-mystische Fabel zu verwandeln. Erzählt wird in Form eines mit surrealen Begegnungen durchmischten Stationendramas. Auf seiner Reise trifft Fernando Figuren, die mal mehr, mal weniger von dieser Welt sind. Etwa Lin und Fei, zwei lesbische Pilgerinnen aus China, die sich auf dem Jakobsweg verlaufen haben. Oder pinkelnde Waldgeister, Latein sprechende Amazonen und ein taubstummer Hirte mit Lockenmähne, der einem Film von Pasolini entsprungen scheint. Mit dem schönen Hirten, der auf den Namen Jesus hört, genießt er ein süßes sexuelles Glück am Flussufer. Wenig später aber ist Jesus tot, tritt jedoch in Gestalt eines Doppelgängers erneut in Erscheinung. Fernando, der anfangs alles Metaphysische als Humbug abgetan hat, muss einsehen: „Die Chinesinnen hatten Recht, hier geht etwas Seltsames vor.“ „Der Ornithologe“ ist die hinreißende Geschichte einer heidnisch-religiösen wie sexuellen Initiation, einer kathartischen Ich-Findung – von Fernando zu Antonio. Dieser Prozess hat etwas zutiefst Lustvolles: eine Katharsis durch Vermischung, nicht durch Reduktion oder Reinigung. Der Regisseur, der früher selbst Ornithologe
werden wollte und Spuren seiner Autobiografie in den Film webt, mixt Märtyrer-, Auferstehungsund Doppelgänger-Motive mit zärtlich-blasphemischen Gesten. Dabei geht es nicht um die Dekonstruktion oder Diskreditierung des einen durch das andere. Die erotisch-sexuellen Subtexte, etwa sado-masochistische Lust, sind in den Mythen und Ikonografien ohnehin schon angelegt, etwa im Motiv des Heiligen Sebastian (eine schwule Ikone), in dessen Pose sich Fernando in Gefangenschaft der Chinesinnen wiederfindet. João Pedro Rodrigues lässt das Mythenmaterial auf seinem fantastischen Komposthaufen ungehemmt wachsen und gedeihen. Was daraus hervorgeht, ist bizarr, komisch und schön. Esther Buss Bewertung der Filmkommission
Ein Ornithologe gerät auf der Suche nach seltenen Schwarzstörchen mit seinem Kajak in gefährliche Stromschnellen. Nach seiner Rettung durch zwei chinesische Pilgerinnen kommt er immer mehr vom Weg ab und erlebt bizarre Begegnungen, die ihn zu einem anderen Menschen werden lassen. Der portugiesische Filmemacher João Pedro Rodrigues variiert die Legende des heiligen Antonius in Form eines surrealen Stationendramas mit queeren Motiven. Der lustvoll fabulierende Film mixt Märtyrer-, Auferstehungs- und Doppelgänger-Motive und feiert die wundersamen Kräfte der Transformation. – Sehenswert.
O ORNITÒLOGO Portugal/Frankreich/Brasilien 2016 Regie: João Pedro Rodrigues Darsteller: Paul Hamy (Fernando), Xelo Cagiao (Jesus), João Pedro Rodrigues (Antonius), Han Wen (Fei) Länge: 118 Min. | Kinostart: 13.7.2017 Verleih: Salzgeber | FSK: ab 16; f FD-Kritik: 44 789
NEUE FILME KRITIKeN
In this Corner of the world Betörendes anime über die Zeit vor der atombombe auf hiroshima „Es ist mal so und mal so, aber alles in allem gar nicht so schlecht, ein Kind zu sein.“ Als das Mädchen Suzu dies feststellt, ist die Welt noch in Ordnung. Japan bereitet sich Mitte der 1930er-Jahre zwar insgeheim schon auf den großen Krieg vor, doch im nahe Hiroshima gelegenen Ort Eba geht das Leben noch seinen beschaulichen Gang. Suzu, Tochter eines Algensammlers, lebt mit ihren Eltern, zwei Geschwistern und ihrer fürsorglichen Oma zusammen und gibt sich in den langen Tagen des Sommers ganz ihren Tagträumen über abenteuerliche Wesen hin, von denen sie auch mit 19 Jahren nicht lassen möchte. Da sie fast erwachsen ist, wäre es nun bald Zeit, eine Ehe einzugehen und ihre Familie hinter sich zu lassen. Ihren Ehemann Shūsaku lernt Suzu erst zur Hochzeit richtig kennen. Er lebt mit seiner Mutter San, seiner Schwester Keiko und deren kleiner Tochter Harumi in den Hügeln der verschlafenen Hafenstadt Kure, ebenfalls nicht weit von Hiroshima entfernt. Für Suzu ist es hart, ihre Familie zu verlassen und mit einer anderen eine neue Gemeinschaft zu bilden. Doch wozu besitzt sie all ihre Tagträume und überdies die Gabe, ihre Umgebung in poetischen Zeichnungen zu verewigen? Suzu macht das Beste aus ihrer Lage, auch wenn sie das Heimweh plagt und die Versorgung mit Lebensmittel zu Beginn des Jahres 1944 immer schwieriger wird. Während anderswo der Zweite Weltkrieg tobt, rücken in Kure alle enger zusammen und teilen sich das Wenige, das sie zum Leben haben, noch etwas sorgfältiger ein. Shūsaku ist
ein guter Ehemann und muss im Gegensatz zu Suzus Bruder die Stadt nicht auf einem Kriegsschiff verlassen. Doch die feindlichen Fliegerstaffeln bringen den Krieg immer näher. Monat für Monat nehmen die Bombardierungen zu, denn Kure ist ein wichtiger Hafen für die japanische Armee. So dringen Leid und Tod allmählich in die Gegend ein, während der heiße Sommer 1945 über dem Land liegt. Die Manga-Zeichnerin Fumiyo Kōno, geboren 1968 in Hiroshima, kennt die schrecklichen Kriegsjahre nur aus Geschichten und als Lehrstoff der Schule. Doch für die Menschen in ihrer Heimatstadt hat sie sich schon immer interessiert und ihre Geschichten auch in Mangas verarbeitet. Ihr dreibändiges Werk „Kono Sekai no Katasumi ni“ („In this Corner of the World“) entstand zwischen 2007 und 2009 und beschreibt anhand der Hauptfigur Suzu das Trauma eines Landes zwischen HurraPatriotismus, bedingungsloser Ergebenheit und dem Wahnsinn menschlicher Zerstörungswut,
die selbst den letzten beschaulichen Winkel der Erde erreicht. Der Animationsfilmregisseur Sunao Katabuchi hat sein Handwerk in den 1980er-Jahren an der Seite von Hayao Miyazaki gelernt. Sein dritter Langfilm „In this Corner of the World“ entstand ganz im Geiste seines Lehrers und erweckt den mitunter groben Federstrich Kōnos, von dem man am Ende des Abspanns eine Kostprobe zu sehen bekommt, in einer pastellenen, fast impressionistischen Art zum Leben. Dieser Stil ist weit von der computeranimierten Perfektion Hollywoods entfernt, berührt aber umso nachhaltiger. Es geschieht nicht viel in diesem Film, der Tableaus vom Leben am Stadtrand versammelt, Alltagsszenen im Zeichen der Armut und der Allgegenwart einer tödlichen Kriegsbedrohung. Gerade dieser beiläufige Realismus, die genau beobachteten Details angesichts des Widersinns einer nichts in Frage stellenden Gesellschaft, bewegt und irritiert. Es verlangt eines gewissen Vorwissens, um die geschichtlichen Zusammenhän-
ge einzuordnen, aber auch um die Spannungskurve des Films nachzuvollziehen, die durch Datumseinblendungen strukturiert wird und unbarmherzig bis zum 6. August 1945 fortschreitet. Das atomare Inferno von Hiroshima findet dann fast beiläufig statt, manifestiert sich aber umso eindringlicher in den Panoramen der zerstörten Stadt und den lethargisch-leeren Kinderaugen. Darin erzielt der Film eine ähnlich niederschmetternde Intensität wie „Die letzten Glühwürmchen“ (1988) von Isao Takahata, der ebenfalls die Absurdität der Bombe thematisiert, auch wenn bei Katabuchi ein wenig mehr Hoffnung in die totale Verwüstung fließt. Es gibt wenige Filme, die wie „In this Corner oft he World“ in gleichem Maße bestürzen und aufrichten, sodass sich Tränen der Trauer und Wut mit denen der Zuversicht mischen. Jörg gerle
BeweRTuNG DeR FILmKOmmISSION
Außergewöhnlich intensiver Animationsfilm, der am Beispiel zweier Familien in Hiroshima und Umgebung die Kriegsmonate der Jahre 1944 und 1945 mit all ihren Entbehrungen, aber auch ihren verhaltenen Freuden verlebendigt. In meisterlicher Weise übersetzt er die Manga-Vorlage in bewegtbewegende Bilder voller impressionistischer Poesie, ohne dadurch das Grauen des Krieges je zu beschönigen. Der intensive poetische Realismus findet eine perfekte Balance, um zugleich zu bestürzen und aufzurichten. – Sehenswert ab 14.
KONO SeKAI NO KATASumI NI. Japan 2016 Regie: Sunao Katabuchi Länge: 130 Min. | Kinostart: 17.7.2017 Verleih: Universum Anime | FSK: ab 12 FD-Kritik: 44 790
Filmdienst 14 | 2017
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krItIken
Ai-un dokumentation über den Jesuiten und Zen-Meister Hugo Makibi enomiya-lassalle „Ich muss zum Nichts gehen“, hat der Jesuitenpater Hugo Lassalle (1898-1990) an einer entscheidenden Weggabelung seines Lebens beherzt formuliert. In diesem „Nichts“ klingt zwar auch seine Erfahrung mit der buddhistischen Zen-Meditation an, der er sich zu diesem Zeitpunkt schon lange Jahre intensiv widmete; doch das vielschichtige Filmporträt über den hochaufgeschossenen Jesuiten lässt keinen Zweifel daran, dass sich der Satz auch auf den Widerstand der katholischen Kirche bezieht, die seinem großen Lebensexperiment lange skeptisch-ablehnend gegenüberstand. Erst das Zweite Vatikanische Konzil und die gesellschaftliche Aufbruchstimmung öffneten Lassalle die Türen und ließen ihn zum Wegbereiter eines christlich interpretierten Zen in Europa und der USA werden. Der Dokumentarfilm von Christof Wolf zeichnet nun nicht nur die außergewöhnliche Biografie des Jesuiten nach, der 1929 als christlicher Missionar nach Japan geschickt wurde, in Hiroshima den Abwurf der
Atombombe überlebte und dort zunächst eine Kirche baute, ehe er sich ganz der Mystik des Zen widmete. Vielmehr setzt er Lassalles Leben und Werk in vielfältige Bezüge zur Zeit- und Kulturgeschichte und ihrer für Europäer nicht immer leicht zugänglichen Kontexte. Was es mit dem Zen und dem „Nichts“ auf sich hat, skizziert der meditative Film eingangs in einer ungewöhnlichen Ouvertüre als animierte Sequenz über die zehn „Ochsenbilder“, eine bekannte Zen-Fabel über einen Ochsen und seinen Hirten. Eine Kinderstimme rezitiert im Versmaß die Parabel vom Suchen und Finden des Tiers, das als Metapher fürs eigene Selbst gilt, während der Bilderzyklus in zehn Tusche-Animationen auf der Leinwand traumhaft zum Leben erwacht. Auch darin ist von einer Art „Nichts“ die Rede, nur dass „Die vollkommene Vergessenheit von Ochs und Hirte“ im achten Bild nicht das Ende markiert, sondern in eine Daseinsweise mündet, die im Buddhismus als „Erleuchtung“ umschrieben wird.
Im Lauf der filmischen Biografie tauchen diese Bilder immer wieder auf und reichern sich mit Lassalles Lebensstationen an, seinen Traumata wie dem frühen Tod des Bruders oder der Katastrophe von Hiroshima, den Anfechtungen und Niederlagen, aber auch den stillen Erfolgen, die den Jesuiten im Alter zum Türöffner für eine christlich inspirierte Lesweise des Zen-Buddhismus werden ließen. Der Film räumt auch Schülern wie der Psychologin und Zen-Meisterin Anna Gamma, dem Benediktiner Willigis Jäger sowie dem Religionswissenschaftler Michael von Brück ausführlich Platz ein, die Lassalles Vermächtnis des interreligiösen Dialogs weiterführen. Das ist überaus informativ und bindet sein Lebenswerk in eine theologisch-philosophische Auseinandersetzung ein. Insbesondere Michael von Brück arbeitet den intellektuellen Background Lassalles heraus, der im Studium der christlichen Mystik bei Johannes vom Kreuz oder Meister Eckhart auf Parallelen zur „begriffslosen“ Erfahrungswelt der Zen-Meditation stieß; die Vorstellung einer „unio mystica“ mit Gott oder einer „coincidentia oppositorum“, des Zusammenfalls der Gegensätze, legten sich für eine Zen-Interpretation wie von selbst nahe. Durch die kunstvolle filmische Gestaltung, die in gewisser Weise selbst dem „Ochsenpfad“
folgt und aus der (Über-)Fülle der Aktualitäten in die Ruhe und „Leere“ einfacher Landschaften führt, gelingt dem Film ein lebendiges, multiperspektivisches und überdies äußerst anschlussreiches Bild des hageren Jesuiten, dessen körperliche Gestalt die lebenslange Praxis der Zen-Meditation eindrucksvoll widerspiegelt. Nachdrücklich unterstreicht der Film das Exemplarische des Brückenschlags von Lassalle, der vorgemacht hat, wie Kulturen sich begegnen können: indem sich Menschen radikal auf das Andere einlassen, ohne darüber ihre eigene Identität preiszugeben. Der Doppelname Hugo Makibi Enomiya-Lassalle, den der Jesuit bei seiner Einbürgerung in Japan annahm, bringt das auf seine Weise zum Ausdruck. Sein Lehrer Yamada Koun Roshi, der ihn 1978 als ersten katholischen Priester in den Rang eines ZenLehrers aufnahm, verlieh ihm jedoch einen anderen Namen: „Ai-un“, Wolke der Liebe. Die DVD-Edition enthält neben einem Audiokommentar des Regisseurs und seines Cutters Uwe Wrobel auch drei zeitgeschichtlich höchst interessante Kurzdokumentationen über Lassalle aus den Jahren 19711985. – Sehenswert ab 14. Josef Lederle
AI-Un Deutschland 2017 regie: Christof Wolf Länge: 110 Min | FSk: ab 6 Anbieter: Loyola Prod. | FD-kritik: 44 812
Filmdienst 14 | 2017
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KRITIKEN FERNSEH-TIPPS
SA
SAMSTAG 8. Juli
20.15-01.05 arte O.J. Simpson: Made in America R: Ezra Edelman Abschluss der Dokumentarreihe USA 2016 Ab 16
20.15-21.45 Das Erste Harter Brocken R: Stephan Wagner Atmosphärisch dichter Provinzkrimi Deutschland 2014 Ab 16 20.15-21.30 mdr Die Olsenbande R: Erik Balling Auftakt der Krimi-Klamauk-Reihe Dänemark 1968 Ab 14 20.15-22.50 Servus TV Die glorreichen Sieben R: John Sturges Herausragender Ensemble-Western USA 1960 Ab 16 20.15-22.05 VOX Ralph reicht’s R: Rich Moore Animationskomödie um Videospielbösewicht USA 2012 Sehenswert ab 10 20.15-22.00 Love Is All You Need R: Susanne Bier Romantische Komödie an der Amalfi-Küste Dänemark 2012
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Ab 12
00.55-02.25 mdr OSS 117 – Der Spion, der sich liebte R: Michel Hazanavicius Gediegene James-Bond-Parodie Frankreich 2006 Ab 14
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8. Juli, 20.15-22.05
VOX
Ralph reicht’s Seit drei Jahrzehnten schlägt „Randale Ralph“ alles kurz und klein; er demoliert Häuser und erschreckt deren Bewohner. Das ist seine Funktion im Computerspiel „Fix it – Felix Jr.“; den Ruhm kassiert der Held Felix Jr., der Ralphs Schäden wieder in Ordnung bringt. Der Job als Bösewicht empört Ralph aber schon lang. Eines Tages platzt dem Demolierer der Kragen. Er steigt aus und schaut sich nach Alternativen in den virtuellen Welten anderer Konsolen um. Die Folgen sind enorm: „Fix it – Felix Jr.“ funktioniert nicht mehr, und auch der Kosmos der anderen Games wird wild durcheinandergewirbelt. Das farbenprächtige 3D-Animationsabenteuer aus dem Hause Disney ist ein temporeicher Spaß mit liebevoll gezeichneten Charakteren und jeder Menge vergnüglicher Gags. Der tapsige Muskelprotz Ralph erweist sich dabei als echter Held, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Viele Anspielungen auf die Welt der Videospiele zielen aufs erwachsene Publikum, für die Jüngeren wird durch die liebevoll gestaltete Handlung und echte Charaktere aber ebenso gesorgt. Ein pointierter, souverän inszenierter Trickfilm für die ganze Familie, der visuell wie dramaturgisch die Gelegenheit nutzt, die Game-Dramaturgie aufzuspießen.
Ihr Erfolg als Filmhelden verhält sich diametral zu ihrem Geschick als Gauner: Während die Truppe um Egon Olsen (Ove Sprogøe) in den 14 Filmen, die zwischen 1968 und 1998 entstanden, immer wieder daran scheiterte, endlich das ganz große Ding zu drehen, schaffte sie es bestens, mit ihrer Slapstick-Komik die Lachmuskeln der Kinobesucher zu reizen. Die von Erik Balling und Henning Bahs geschriebenen, bis auf den letzten „Nachzügler“ („Der wirklich allerletzte Streich der Olsenbande“, 1998) von Balling inszenierten Filme um das chaotische Quartett genießen in ihrer Heimat Dänemark bis heute Kultstatus. Deutsche Fans der liebenswerten Ganoven können sich ab 8. Juli beim mdr noch einmal in deren amüsante Coups verwickeln lassen. Den Anfang der umfangreichen „Olsenbande“-Reihe macht das Original aus dem Jahr 1968, in dem ausgerechnet die Olsenbande angeheuert wird, um die Kronjuwelen des dänischen Königshauses zu bewachen.
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Kurzschluss: Überleben Mit dem, was man unter „Survival-Filmen“ versteht, haben die Kurzfilme der aktuellen „Kurzschluss“-Ausgabe nichts zu tun; doch auch hier geht es um Protagonisten, die auf die ein oder andere Weise mit extremen, Existenz erschütternden Ereignissen fertig werden müssen. Für den elfjährigen Helden in „Mein letzter Sommer“ von Paul-Claude Demers (Kanada, 2016) geschieht dies durch den Kontakt zu einer seiner gleichaltrigen Ferienfreundin, die ein dunkles Geheimnis hütet. Der Animationsfilm „No-go zone“ der belgischen Künstler Atelier Collectif handelt hingegen von einem Mann, der sich nach dem Reaktorunglück von Fukushima der Evakuierung widersetzt hat und in der verseuchten Zone geblieben ist. In „Mare Nostrum“ von Anas Khalaf und Rana Kazkaz (Frankreich 2016) schimmert hinter der schockierenden Tat eines Vaters ein Flüchtlingsschicksal auf. Und auch der im Anschluss gezeigte Film „Selbst der Wind scheint zu weinen“ (01.55-02.50) von Jean-Gabriel Périot kreist um Traumata der Vergangenheit – die Bombardierung Hiroshimas.
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„Mare Nostrum“ (l.), „Mein letzter Sommer“ (r.) Filmdienst 14 | 2017
mdr
Die Olsenbande
8. Juli, 01.05-01.55
00.45-02.00 Das Erste Der Gott des Gemetzels R: Roman Polanski Komisch-entlarvendes Kammerspiel Frankreich 2011 Sehenswert ab 16
01.05-01.55 Kurzschluss – Das Magazin Schwerpunkt Überleben
8. Juli, 20.15-21.30
SO
SONNTAG 9. Juli
11.40-12.25 Abgedreht! – Magazin Montmartre
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13.00-14.45 Wachtmeister Studer R: Leopold Lindtberg Krimi nach einem Roman von Friedrich Glauser Schweiz 1939
3sat
Ab 14
13.35-15.10One Love Birds – Ente gut, alles gut! R: Paul Murphy Bauunternehmer findet Ente und Liebe Neuseeland 2011 Ab 12 14.35-16.00 ZDF Der rosarote Panther R: Shawn Levy Remake des Blake-Edwards-Klassikers USA 2005 Ab 12 16.35-18.40 3sat Mord im Orient-Express R: Sidney Lumet Brillante Agatha-Christie-Verfilmung USA 1974 Ab 14 16.45-18.15 Das Erste Pampa Blues R: Kai Wessel Ausgezeichnete Provinzkomödie Deutschland 2015 Sehenswert ab 14 18.40-20.15 3sat Es geschah am hellichten Tag R: Ladislao Vajda Krimiklassiker mit Heinz Rühmann & Gert Fröbe Deutschland 1958 Ab 14 20.15-21.50 arte Über den Todespass R: Anthony Mann Trapper kämpft gegen korrupten Richter USA 1954 Ab 14 20.15-22.55 ProSieben Jack Reacher R: Christopher McQuarrie Actionthriller nach Lee Child USA 2012 Ab 16
20.15-22.00 3sat M – Eine Stadt sucht einen Mörder R: Fritz Lang Ein Meisterwerk des Weimarer Kinos Deutschland 1931 Sehenswert ab 16 20.15-21.40 Disney Channel Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei R: Wolfgang Reitherman Fantasievolles Zeichentrickabenteuer USA 1977 Ab 6 20.15-22.50 Der weiße Hai R: Steven Spielberg Stilbildender Tierhorror USA 1974
RTL II
Ab 16
20.15-22.45 SAT.1 Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger R: Ang Lee Bildgewaltiges Abenteuer USA 2012 Sehenswert ab 14 20.15-22.05 TELE 5 Stand Up Guys R: Fisher Stevens Melancholischer Gangsterfilm USA 2012 Ab 14 22.05-00.55 Twin Peaks – Der Film R: David Lynch Die Vorgeschichte zur Serie USA 1992
TELE 5
Ab 16
22.45-01.05 SAT.1 Slumdog Millionär Bewegte Lebensgeschichte eines indischen Jungen R: Danny Boyle GB 2008 Sehenswert ab 14 23.35-01.28 Das Erste So viele Jahre liebe ich dich R: Philippe Claudel Psychologisch dichtes Schwesterndrama Frankreich 2007 Sehenswert ab 16
9. Juli, 01.45-03.10
mdr
Die Mauern von Malapaga Der Plot von Réne Cléments Drama, für das er 1949 mit einem Regiepreis in Cannes und einem „Oscar“ für den besten fremdsprachigen Film geehrt wurde, erinnert an Marcel Carnés Klassiker „Hafen im Nebel“, schon weil auch hier Jean Gabin die Hauptrolle spielt. Einmal mehr verkörpert er einen Mann auf der Flucht, der in einem Hafenviertel eine Frau kennen- und lieben lernt, ohne dass die Affäre eine Chance auf Dauer hat, weil der Arm der Obrigkeit sich nach dem Mann ausstreckt. Als von der Polizei Gejagter trifft Gabin in dem in Genua angesiedelten Drama auf die schöne Isa Miranda. Der mit großem Einfühlungsvermögen inszenierte neo-veristische Film lässt die beiden Stars zu Höchstform auflaufen.
9. Juli, 22.05-00.55
TELE 5
Twin Peaks – Der Film David Lynchs 1992 enstandenedes Kino-Prequel zur gleichnamigen TV-Serie erzählt die letzten Tage im Leben des ermordeten Teenagers Laura Palmer (Sheryl Lee). Während die Serie durch logische Sprünge und den weitgehenden Verzicht auf kriminalistische Aufklärung nur assoziativ zu erfassen ist, trägt Lynch hier logische Zusammenhänge und psychologische Erklärungsversuche nach: Er offenbart das Labyrinth struktureller und sexueller Gewalt, das sich hinter der Fassade bürgerlicher Wohlanständigkeit verbirgt.
9. Juli, 16.35-18.40
3sat
Krimisommer Wer den sommerlichen Temperaturen gerne einen kalten Schauder entgegenhalten möchte, ist beim „Krimisommer“-Tag auf 3sat bestens aufgehoben, wo bis nach Mitternacht ein perfides Verbrechen das nächste jagt. Neben Fritz Langs Klassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, in dem Peter Lorre zur Primetime als Kindermörder von der Polizei wie auch vom Verbrechersyndikat gejagt wird, stehen gleich zwei Agatha-Christie-Verfilmungen um den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot im Programm („Das Böse unter der Sonne“ & „Mord im Orient-Express“). 13.00 „Wachtmeister Studer“ (Schweiz, 1939) 14.45 „Das Böse unter der Sonne“ (Großbritannien 1981) 16.35 „Mord im Orient-Express“ (USA 1974) 18.40 „Es geschah am hellichten Tag“ (Deutschland, 1958) 20.15 „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (Deutschland, 1931) 22.00 „Broken City – Stadt des Verbrechens“ (USA 2013) 23.40 „ 22 Kugeln – Die Rache des Profis“ (Frankreich 2010)
Filmdienst 14 | 2017
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