fIlM DIenst Das Magazin für Kino und Filmkultur
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filmdienst 18 | 2015 kinotipp
der katholischen Filmkritik
22 giuseppe piccioni
38 45 years Andrew Haighs feinfühliges Drama spürt behutsam der Krise eines Ehepaares nach.
neu im kino + 38 47 46 40 41 39 45 41 48 45 47 45 47 36 43 45 50 49 42 37 48 47 44 41 47 41
ALLE STArTTErMInE 45 years 10.9. Barbecue 6.8. Engelbecken 3.9. Es ist schwer, ein Gott zu sein 3.9. French Women 3.9. Giovanni Segantini – Magie des Lichts 10.9. Gotthard Graubner – Farb-Raum-Körper 3.9. Hitman: Agent 47 27.8. How to Change the World 10.9. Hüter meines Bruders 3.9. I want to see the Manager 3.9. Im Reich der Affen 10.9. Die Kleinen und die Bösen 3.9. Knight of Cups 10.9. Königin der Wüste 3.9. Der Kuckuck und der Esel 3.9. Maidan 3.9. Private Revolutions 10.9. Ricki – Wie Familie so ist 3.9. Rot und Blau 10.9. Sprache: Sex 10.9. The Transporter Refueled 3.9. Therapie für einen Vampir 10.9. Vacation 20.8. Vilja und die Räuber 3.9. We Are your Friends 27.8.
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fernseh-tipps 56 In „Versicherungsvertreter 2“ kämpft sich ein früherer Star-Unternehmer ins Geschäft zurück. arte ehrt große Franzosen mit Claude Berri, Jean-Louis Trintignant und Simone Signoret.
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36 kino-kritiken: giovanni segantini
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inhalt kino
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10 familie & film
25 andrew haigh
34 magische momente
10 die rückkehr der familie
Lange herrschte im Arthouse-Kino ein negativer Blick auf Familien vor, etwa in Truffauts Klassiker „Sie küssten und sie schlugen ihn“. In den letzten Jahren findet jedoch eine behutsame Familien-rehabilitierung statt; ihre positiven Seiten werden neu entdeckt. Eine aktuelle Bestandsaufnahme des Unternehmens Familie im Kino. Von Marius Nobach
16 terrence malick & familie
Die Filme des Amerikaners kreisen immer wieder um die Sehnsucht nach Familienharmonie und den Wunsch nach universellem Aufgehobensein. Die realität seiner Figuren sieht oft anders aus. Eine Betrachtung von Malicks filmischen Familien-Bildern.
Die Sommer-Blockbuster zeigen wieder einmal, wie wenig regisseurinnen in Hollywood zu melden haben. nun aber erhalten sie rückendeckung gegen die Benachteiligung durch die Major Studios.
Von Julia Teichmann
Von Franz Everschor
+ Tobias Moretti als Luis Trenker
22 giuseppe piccioni
Der italienische regisseur vereint in seinen stillen Dramen wie aktuell „rot und Blau“ das Gespür für Atmosphäre mit sorgfältig gezeichneten Figuren. Hierzulande ist er noch zu entdecken. Von Lea Wagner
25 andrew haigh
Von Margret Köhler
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neuerscheinungen zu Alfred Hitchcock und der Wechselbeziehung von Film und Computerspiel.
Bei einer Ausstellung in Brühl sind Zeichnungen, Gemälde und Storyboards des US-regisseurs zu sehen. Ein Ausflug in die bizarre Welt von Burtons liebevoll gezeichneten, tragikomischen Monster-Helden. Von Felicitas Kleiner
32 locarno
Vom japanischen Fünfstünder bis zum schwarz-weißen israelischen Coming-ofAge-Drama: Das Schweizer Festival glänzte in diesem Jahr mit einer ungewöhnlichen Formen- und Genre-Vielfalt. Von Irene Genhart
34 magische momente
Der russe Alexander Sokurow entdeckt in seiner Version des „Faust“ in der Hölle auf Erden Momente der Hoffnung. Von Rainer Gansera
Von Jens Hinrichsen und Felicitas Kleiner
S i eg f r
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RUBRIKEn 3 EDITorIAL 4 InHALT 6 MAGAZIn 52 DVD/BLU-r AY 55 DVD-PErLEn 56 TV-TIPPS 66 ABCInEMA 67 VorSCHAU / IMPrESSUM
kracauer S
Fotos: TITEL: StudioCanal. S. 4/5: Piffl, Kairos, Tim Burton, MFA+, mindjazz, Arthaus.
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Von Rainer Gansera
In „45 Years“ zeichnet der Brite ein altes Ehepaar in der Krise. Ein Gespräch über Seelenlandschaften, die notwendigkeit weiblicher Perspektiven und tiefe Gefühle.
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27 e-mail aus hollywood
Der österreichische Schauspieler verkörpert historische Figuren und anspruchsvolle Charaktere ebenso glaubwürdig wie einen überkandidelten Vampir. Das Porträt eines Vielseitigen.
tip
Von Michael Pekler
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der autor sven von reden hat das siegfried-kracauer-stipendium gewonnen. der filmdienst veröffentlicht in den nächsten monaten immer wieder texte, die er im rahmen dieses stipendiums verfasst, beginnend mit der kritik zu »maidan« in dieser ausgabe. eine initiative zur förderung der filmkritik (s. 50).
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„Familie“ in den Filmen von Terrence Malick
Foto: Concorde
(wunsch-) bilder des aufgehobenseins
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In den Filmen von Terrence Malick spielen Familien eine große Rolle. Ihre zerbrochene Gestalt verkörpert eine vage Sehnsucht, welche die Sinnsuche des Einzelnen fragmentarisch illuminiert. Von Michael Pekler „Möchtest Du auch so ein Schwesterchen?“ Die junge Frau, die im Jardin du Luxembourg mit ihrer zehnjährigen Tochter an einem Kinderwagen vorbeiläuft, erwartet keine Antwort von ihrer Tochter. Denn in Wahrheit richtet sich ihre Frage an den neben ihr gehenden Mann – dessen Gesicht völlig ungerührt bleibt. Terrence Malicks „To the Wonder“ (2012) erzählt von einer Liebe, die daran zugrunde geht, dass die Erwartungen an sie unermesslich hoch sind. Das „Ich erwarte nichts“, das die zierliche Frau (olga Kurylenko) dem stämmigen Mann (Ben Affleck) anvertraut, der sie und ihre Tochter mit in seine Heimat nach oklahoma nimmt, ist Zeichen dieser bedingungslosen Hingabe. Sie könnte auch sagen: „Du wirst mich noch lieben lernen.“ Doch der Traum vom Glück zu dritt – oder gar zu viert – erfüllt sich nicht. Der Mann habe ihrer Tochter die namen von Wildblumen erklärt, erzählt die Frau, habe sie von der Schule abgeholt. Doch eine Familie sind die drei nicht geworden; Frau und Tochter werden nach Frankreich zurückkehren, das Mädchen gar die Mutter verlassen und bei ihrem – unsichtbar bleibenden – Vater wohnen. Die Filme von Terrence Malick sind in ihren Erzählungen und Bildern über Familie keineswegs pessimistisch. Sie sind es nur dann, wenn man Familie als Idylle verstehen möchte. Als eine Form von harmonischer ordnung, in der man sich aufgehoben fühlt und seinen Platz finden kann. Doch diese ordnung gibt es bei Malick nicht. Seine Filme handeln stets davon, was es bedeutet, sich an dieser Vorgabe abzuarbeiten und an ihr zugrunde zu gehen. Die Familie ist bei Malick ein Konstrukt, in das die Figuren ihre eigenen Vorstellungen projizieren und auf das sie reagieren; das ihnen jedoch noch mehr Trauer und Schmerz zufügt. Man könnte an dieser Stelle einen kleinen Parcours starten und mit dem ersten Bild von Malicks Debütfilm „Badlands“ (1973) beginnen. Dort sieht man zu Beginn eine junge Frau auf dem Bett ihres Mädchenzimmers sitzen. „Meine Mutter starb an Lungenent-
zündung, als ich noch ein Kind war“, hört man die Stimme von Holly (Sissy Spacek), die eine „kleine Fremde“ im Haus des Vaters geblieben ist. Gerade weil es die ersten Worte des Films sind, ist man versucht, das weitere Geschehen – Hollys Faszination für den Herumstreicher Kit (Martin Sheen), die Ermordung des Vaters, die Mordserie des Pärchens – vom frühen Tod der Mutter abzuleiten. Malick lässt eine solche Vermutung natürlich unbeantwortet; er liefert keine sozialpsychologische Erklärung für das Verhalten seiner Figuren. Doch die Störung des familiären Gleichgewichts ist eine erste Markierung. In „Days of Heaven“ (1978) geben sich die Liebenden Bill (richard Gere) und Abby (Brooke Adams) als Geschwister aus, um auf den Getreidefeldern in der „Glut des Südens“ (so der deutsche Verleihtitel) arbeiten zu dürfen. Ihre Inszenierung als Familie scheitert, weil ihr letztlich die heimliche Liebe im Wege steht. Malicks Filme erzählen zwar von der Suche nach einer Familie als Wunschbild; sie zeigen jedoch gleichzeitig, dass dieses Bild nur ein Teil des großen Ganzen ist, dem sich der sinnsuchende Mensch zu nähern versucht. Viel mehr als um ein klassisches Konzept von Familie geht es deshalb um eine Form des universellen Aufgehobenseins und darum, als Individuum den Weg dorthin zu erkennen – und gehen zu können. Dieser Weg, den jede(r) Einzelne vor sich hat und der in diesem Sinne einmalig ist, verlangt jedoch die Loslösung von Vorbildern. Das erklärt die omnipräsenz der – oft abwesenden – Vaterfiguren. So nimmt in „Der schmale Grat“ (1998) der Captain (Sean Penn) eine solche rolle für den in erster Linie gegen sich selbst kämpfenden Soldaten Witt (Jim Caviezel) ein. Sogar die Indianerprinzessin Pocahontas lässt in „The new World“ (2005) ihren Vater zurück, um mit einem weißen Mann eine Familie nach dessen westlicher Vorstellung zu gründen. Wo „Badlands“ mit dem Tod der Mutter beginnt, da endet „The new World“ mit einem solchem: „Mutter, jetzt weiß ich, wo du lebst“, flüstert die Stimme der Toten,
während der Ehemann und der kleine Sohn am Ende in die neue Welt zurückkehren. In keinem anderen Malick-Film wird der Einzelne innerhalb der Familie aber derart auf sich zurückgeworfen wie in „The Tree of Life“ (2011). Über der scheinbar unbeschwerten Kindheit dreier Brüder in einer texanischen Kleinstadt in den 1950erJahren liegt von Beginn an ein dunkler Schatten, wenn man zuvor wahrgenommen hat, wie die Mutter (Jessica Chastain) vom Tod eines ihrer mittlerweile erwachsenen Söhne erfährt. Mit dieser radikalen Gewissheit nehmen die Trauer, die Wut und die Frage nach dem Sinn des Leidens im wahrsten Sinn kosmische Dimensionen an – vom Urknall bis zur Geburt des Individuums. Die beiden Wege, die dem jungen Jack fortan offenstehen – jener der Gnade, den die Mutter verkörpert, oder jener der natürlichen Gewalt, für die der Vater (Brad Pitt) steht – lassen am Ende nur erkennen, dass der Einzelne auf seinen eigenen Weg verwiesen ist. Der erwachsene Jack (Sean Penn), der immer noch nicht über den Tod des Bruders hinweggekommen ist, wird deshalb im Epilog zu einem Heimkehrer: Die Familiengeschichte mit dem Baum vor dem Haus ist nicht der Ausgangspunkt, sondern sie erzählt von einer rückkehr. In „Knight of Cups“ (Kritik in dieser Ausgabe) schickt Malick einen Drehbuchautor (Christian Bale) durch einen Moloch wie Hollywood und eine Welt voller zerrütteter Beziehungen. Eine Familie ist hier soweit außer reichweite wie die Erlösung für den ritter der Kelche: nichts hat hier Bestand, weder die Ehe mit seiner nunmehrigen Ex-Frau (Cate Blanchett) noch die Liebe zu einer verheirateten Frau (natalie Portman), auch nicht die vom Selbstmord des Bruders überschattete Beziehung zu seinem Vater. Es gibt keine familiären Koordinaten mehr, keine Bindungen. Die wiederkehrende Fahrt durch einen hell erleuchteten Tunnel („From darkness to light ...“) gleicht einem Blindflug, bei dem alles, was Sicherheit geben hätte können, bereits weit hinter sich gelassen wurde. •
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filmkunst tim burton
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T s e d t l e W
Sie tummeln sich in kleinen, grotesken Schwärmen an den Wänden: Mothera, ein unförmiges, raupenartiges Ungetüm mit Wischmop-Beinen, Staubsauger- und Besen-Tentakeln, Lockenwicklern und Baby-Schwänzen. Eine junge Dame mit unheimlich vielen Augen (sollte sie je eine Brille brauchen, wird es schwierig werden!), und ein geisterhaftes Wesen mit einem Schädel, aus dem sowohl vorn als auch hinten lange, zahnbewehrte Schnauzen ragen. Der Hunch-Back-Packer von notre Dame, der Junge, „den seine Freunde den grässlichen Pinguin-Jungen
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nennen“, und „Motzilla the cheese monster“: Freaks, wohin man schaut, ein Gewimmel von Klauen und reißzähnen, Totenschädeln und Spinnenbeinen, Fangarmen und chimärischen Verwachsungen. Darunter auch alte Bekannte aus Burtons Filmen: Edward mit den Scherenhänden (und eine Vorform, ein Gärtner mit Gartenscheren-Hand in einer Skizze zum unverwirklichten Filmprojekt „Trick’n’Treat“), die Aliens aus „Mars Attacks“, die Herzkönigin aus „Alice im Wunderland“ und der wiederbelebte Köter aus „Frankenweenie“. „The World of Tim Burton“: eine Welt des Monströsen. Man könnte an H.P. Lovecraft denken, einen von Burtons Vorläufern in der amerikanischen Fantastik und ebenfalls ein großer Monster-Erfinder. Aber auch so etwas wie
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eine ausstellung
noch bis 3.1.2016
zeichnungen, gemälde, skulpturen, fotografien und storyboards des filmregisseurs. Eine Geisterbahnfahr
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Von Fe li
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Burtons genauer Gegenpol: Wo Lovecrafts Horror zutiefst xenophob ist, immer wieder das Grauen angesichts des Fremden und Andersartigen beschwört, umarmen es Burtons Fantasien voller Zuneigung. Burtons Horror: das ist die Monotonie, die Abstumpfung. Die Monster und die Freaks dagegen sind (tragische) Helden im Widerstand gegen das in Konvention Erstarrte und normierte. Sogar der Tod, das absolut Fremde und Andersartige, das einen aus allen routinen herausreißt, kann aus dieser Warte gesehen sympathisch wirken. Auf einem Gemälde, betitelt „Surrounded“ (1996), sieht man die Erde umzingelt von gigantischen außerirdischen Monstern mit weit aufgerissenen Mäulern. Die Erde, rund und blaugrün, wirkt ziemlich fade – die Aliens dagegen: clownsbunt, wild gemustert und fantastisch vielgestaltig. Ein frühes Bild: „Horror Movies“, entstanden um 1977 – da war der 1958 in Burbank in Kalifornien geborene Burton 19 Jahre alt –, eine Mischung aus Zeichnung, Filzstift-Farbe und Collage. Es zeigt, eingebunden in eine Mondrian-mäßige Struktur aus roten und weißen, schwarz umrandeten rechtecken, Porträts von Burtons Helden aus dem klassischen Horrorkino: das Phantom der oper, Dracula, Frankenstein-Monster, King Kong. Sie seien die emotionalsten Figuren der Filme, erklärt Burton im Pressegespräch zur Eröffnung der Ausstellung „The World of Tim Burton“ im Brühler Max Ernst Museum.
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ohne titel (creature series, 1998, tusche auf papier)
Und lässt damit einen Schlüsselbegriff fallen, der immer wieder kommt, wenn Burton über seine Arbeit und seine neigungen spricht: das Gefühl, das spontane Empfinden. Es ist sowohl der Motor, der Burtons Fantasie antreibt, als auch das, was ihn an anderen, seien es Monster oder Kollegen, anzieht. Was Burton z.B. an seinen Idolen wie Vincent Price oder Christopher Lee schätzt? Die Leidenschaftlichkeit, mit der sie sich in ihre Arbeit stürzten und für Dinge interessierten. Warum in seinen Werken, sowohl in den Filmen als auch in den Zeichnungen, immer wieder Hunde auftauchen? Er mag ihre ungefilterten, rückhaltlosen emotionalen reaktionen auf die Welt. Was er angehenden Filmemachern raten würde? „Do what you feel and hope for the best.“ Achim Sommer, der Leiter des Max Ernst Museums, charakterisiert Burton denn auch als Künstler, der „den unbewussten regungen“ raum gibt und dem Gefühl mehr vertraut als dem Intellekt – was Burton mit den „künstlerischen Strategien des Surrealismus“ verbinde: „Vor allem die Spontaneität im kreativen Prozess, wenn er seine Eingebungen unmittelbar zeichnerisch festhält, lässt an den von den Surrealisten geübten Automatismus im Sinne der Écriture automatique denken.“ In der Ausstellung, die die freie Kuratorin Jenny He zusammengestellt hat und die nach Stationen in Prag, Tokio und osaka nun in Deutschland zu sehen ist, ist diese Spontaneität nicht zuletzt in einer Sektion zu sehen, die „Around the
World“ betitelt ist. Sie umfasst zahlreiche Skizzen, die Burton auf reisen flüchtig auf diverse Hotel-notizzettel, Skizzenblöcke und Servietten gekritzelt hat: Da tummeln sich Eindrücke aus einer Pariser Bar neben Medusenkopf-Frauen und kleinen szenischen Irrwitzigkeiten wie „Wolfman needs a drink“ oder „Billy meets Bigfoot“. Solche Zeichnungen, von denen, wie die Kuratorin berichtet, mehrere Tausend existieren, sind sozusagen der Humus, aus dem Burtons Bildwelten erwachsen: Ein gewaltiges „reservoir an Ideen“, wie Achim Sommer diesen zeichnerischen Kosmos nennt. Und etwas für Burton sehr Persönliches, das eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, sondern nur Vorarbeit: „Das Ziel aller künstlerischen Gestaltung von Tim Burton ist der Film – das Medium, in dem seine Vorstellungen endgültig Form annehmen.“ „The World of Tim Burton“ lässt sich entsprechend als eine Art „Werkstattbesuch“ rezipieren, bei dem man nachvollziehen kann, wie Burton Figuren und Motive seiner Filme ausgeformt hat – oder auch mit ihnen schwanger ging, ohne dass es je zur „Geburt“ in einem Film kam: Eine der für Burton-Fans sicher interessantesten Sektionen zeigt Entwürfe zu Projekten, die nie realisiert oder aber ohne Einbeziehung von Burtons Ideen umgesetzt wurden (was bei seinen frühen Arbeiten als Zeichner für Walt Disney öfter der Fall war). Gleichzeitig öffnet die Schau aber auch den Blick für außerfilmische Kontexte. Zwei Sektionen – „Feiertage“ (die Burtons um Weihnachten und Halloween kreisende Arbeiten
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die ausstellung:
einflüSSe Hieronymus Bosch meets Alien Invasion: Um 1972-1974 malte Burton im Teenager-Alter dieses „Saucer and Aliens“ betitelte Gemälde (Öl und Acryl auf Leinwand).
beleuchtet) und „Das Karnevaleske“ (die der Verschränkung von Horror und Humor nachspürt) – laden z.B. dazu ein, Burtons Werk vor dem Hintergrund der „volkstümlichen“ Kultur zu betrachten: Motive und Strategien zur Durchbrechung der Alltagsroutine und ihrer ordnung konnte Burton sich dort abschauen. Am bemerkenswertes-
ohne TiTel Um 1982-1984 entstand diese Zeichnung (Tusche, Marker und Buntstift auf Papier) von zwei Figuren, die 1997 auch in Burtons Gedichtband „The Melancholy Death of Oyster Boy and Other Stories“ vorkommen sollten : Mummy Boy und Pin Cushion Queen.
The World of STainboy Diese Tusche-Aquarell-Zeichnung (2000) handelt von einer Burton’schen Außenseiter-Figur, die 1997 in „The Melancholy Death of Oyster Boy and Other Stories“ vorkam und der Burton 2000 eine aus sechs Episoden bestehende Mini-WebAnimationsserie widmete. Stainboy, mit Cape und „S“ wie „Superman“ auf der Brust, hat eine „Superkraft“, die leider wenig Anerkennung findet: „He can’t fly around tall buildings/or outrun a speeding train/the only talent he seems to have/is to leave a nasty stain.“
ten ist freilich der Kontext, den der Brühler Ausstellungsort vorgibt: Ein Saal des Hauses lässt grazile Monstren Burtons förmlich mit Skulpturen von Max Ernst flirten. Daran grenzen links und rechts Säle an, in denen man frühe Werke beider Künstler begutachten und vergleichen kann, wie sie im Experimentieren mit verschiedenen Techniken, im Absorbieren
verschiedener stilistischer Einflüsse ihre eigenen surrealen Bildwelten ausbildeten. Ein Zusammenprall, der offensichtlich nicht nur für Besucher inspirierend ist: Tim Burton selbst ließ sich bei der Begegnung mit den Werken von Max Ernst spontan zu einem Wandgemälde hinreißen, das nun im rahmen der Ausstellung bewundert werden kann. •
Fotos: S. 28/29: Max Ernst Museum Brühl des LVr / Julia reschucha, LVr-ZMB (Foto von Tim Burton); Tim Burton (Zeichnung). S. 30/31: Tim Burton
nach einer großen Ausstellung im new yorker MoMA 2009, an der die freie Kuratorin Jenny He mitwirkte, präsentiert sie zusammen it dem Max Ernst Museum in „The World of Tim Burton“ eine engere Auswahl seiner Werke. Gegliedert ist die Schau in mehrere Sektionen: „Einflüsse“ (frühe Arbeiten, wie Burtons Kinderbuchentwurf „The Giant Zlig“), „Unrealisierte Projekte“, „Polaroids“, „Filmcharaktere“, „Figurative Arbeiten“, „Around the World“, „Missverstandene Außenseiter“, „Das Karnevaleske“, „Feiertage“. Teil der Ausstellung ist auch ein kleiner Kinosaal, in dem man zwei frühe Filme Burtons bewundern kann: „Hansel und Gretel“ sowie „Vincent“. Burtons filmisches Werk kann man begleitend zur Ausstellung im Kölner Filmhaus (wieder-)entdecken. Selbst aktiv werden können junge und alte Ausstellungsbesucher in eine reihe von Workshops, u.a. zur Stop-Motion-Animation, die das Max Ernst Museum anbietet.
„The Last of Its Kind“, 1994 (Acryl auf Leinwand)
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schwanger wird, aber abtreibt. Schönheit ist hier überall. Aber sie wird nie ausgestellt, nicht konsumhaft inszeniert, sondern beiläufig vorbeigleitend wahrgenommen. Die Unfähigkeit, dieser Schönheit gerecht zu werden, ist das Thema des Films. Malicks schlafwandlerische gleitende monologisierende Filmsprache hat in der Scheinwelt der Traumfabrik, zwischen Sonnenlicht und noir-Stimmung, Euphorie und Depression ihren passenden Gegenstand gefunden. Das letzte Kapitel trägt den namen „Freiheit“. Der Kunst nutzt es, wenn einer frei ist. Rüdiger Suchsland
bewertung der filmkommission
knight of cups Schwebende Sinn-Meditationen von Terrence Malick gleich ein Pilger ist, im fremden Land, beseelt von einer Mission und zugleich erfüllt von Melancholie. Ein Schlafwandler, der immer wieder neue Träume hat, aber auch auf der Suche nach dem Sinn im Leben und damit Prototyp von uns allen ist. Malicks Denk- und Sehstil ist assoziativ. Seinem Kino als Bewusstseinsstrom genügen kurze Andeutungen für Handlungselemente, für die andere einen ganzen Film brauchen: ein Vaterkonflikt, der Selbstmord des Bruders, ricks Unerfülltheit in Arbeit und Ehe. Malick erzählt von der Vergänglichkeit unserer Welt, von der inneren Leere der modernen Hofgesellschaften. Und von der Verdammnis, die einen im Alter ereilt, wenn die Stücke des eigenen Lebens sich zusammenfügen.
Demgegenüber steht sinnliche Gewissheit: die der grandiosen Architektur von Los Angeles, die ein eigener Hauptdarsteller ist. Und die der natur: Körper, Wasser, Tiere. Der unmittelbaren Allpräsenz des Spirituellen in der Welt. Malick begann als Philosoph. In seinem siebten Film lehnt er sich an die Dramaturgie von Hegels „Phänomenologie des Geistes“ an. Die Hauptfigur durchläuft stellvertretend für uns diverse Erkenntnisstufen. Diese Evolution des Wissens und des Selbstbewusstseins materialisiert sich in den Frauen, denen rick begegnet und die er liebt: Helen (Freida Pinto), seine Ex-Frau (Cate Blanchett), vor allem aber seine große Liebe Elizabeth (natalie Portman), die verheiratet ist, von ihm
ein drehbuchautor empfindet immer mehr abstand zum glamour hollywoods. gelangweilt lässt er auf partys oder am strand des pazifiks wichtige momente seines lebens revue passieren. in einem schwebend-gleitenden strom aus assoziationen, off-kommentaren, musikstücken und handlungsfragmenten entfaltet das polyphone drama eine universale sinnsuche, die um die unfähigkeit kreist, der schönheit des daseins gerecht zu werden. der tiefen melancholie angesichts eines entleerten lebens stehen dabei die sinnliche gewissheit der grandiosen architektur von los angeles sowie die vor allem in der natur empfundene allpräsenz einer spirituellen macht gegenüber. – sehenswert ab 14.
knight of cups. scope. usa 2015 regie: terrence malick darsteller: christian bale (rick), cate blanchett (nancy), natalie portman (eli-zabeth), brian dennehy (Joseph) länge: 118 min. | kinostart: 10.9.2015 Verleih: studiocanal | fsk: ab 6; f
Fotos S. 36-51: Jeweilige Filmverleihe.
Von den ersten Sekunden an wirft einen dieser Film in unsicheres Gelände: Ein Mann in der Wüste, ein Einsiedler. Moses? oder ein Kreuzritter? Darauf folgt ein Blick aus dem Weltraum auf die Erde. Kein Mensch kann so blicken, sondern nur ein Schöpfer – ein Gott möglicherweise. oder ein Satellit, die künstliche Erweiterung des Menschenauges. Das Erhabene und das Technische, Erscheinung und übersinnliche Welt liegen immer wieder nahe zusammen bei Terrence Malick. Ein göttlicher oder gottgleicher Erzähler setzt ein. Zur Fabel, die biblische Motive mit Elementen aus den Kreuzzügen mischt, sieht man einen Mann im Hier und Heute. Am Strand, in Luxusappartements, mit schönen Frauen. Aus dem off erklingt seine Stimme. Später sind auch noch weitere Erzähler zu hören. Der Titel bezeichnet eine Figur des mittelalterlichen „Marseiller Tarot“-Kartenspiels. Dieser „ritter der Kelche“ ist ein Künstler, ein Abenteurer, ein romantiker. Die Karte steht für offenheit, für Gelegenheiten, für Möglichkeitssinn. Im Laufe des Films deckt Malick immer neue Schicksalskarten seiner Figuren auf, acht Kapitel, die nach den anderen Tarot-Blättern benannt sind, „Der Gehenkte“, „Der Turm“, „Die Hohepriesterin“ oder „Der Tod“. Das alles geschieht in Malicks fesselnd-einmaligem Stil: fast ohne Dialoge, stattdessen mit inneren Monologen aus dem off. Analog dazu agiert die Kamera von Emmanuel Lubezki: Sie vermeidet arrangierte Einstellungen, schwebt, tänzelt, driftet, kreist, blickt, wie Menschen blicken. In diesem Fall wie ein Mann: wie rick, der von Christian Bale verkörperte Protagonist. Ein Drehbuchautor, reich, erfolgreich. Er ist ganz offensichtlich jener ritter, der zu-
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noch steckt der neue LateinLehrer Prezioso voller Ideale. Während sich sein ergrauter Kollege, der Kunsthistoriker Fiorito, ein Spezialist für die Klassik und romantik, morgens mit stoischer Würde einen Weg durch die Menge bahnt, schwimmt Prezioso im Strom der Schüler mit. Der neue tritt seine Stelle als Gleicher unter Gleichen an. Demokratie und Transparenz heißen seine Erziehungsmaximen, während er es mit ordnung und Struktur nicht allzu genau nimmt. Denn er will seine Schüler zuallererst zu kritischen Denkern erziehen. Das „schnörkelige“ Gebaren seines Kollegen Fiorito befremdet ihn. Der spielt schon lange nicht mehr mit; die Schüler hält der universal Gebildete für stumpfe Gesellen, denen er „nichts“ vermitteln kann. obwohl Prezioso fest daran glaubt, dass sein Erziehungsstil der richtige, weil der modernere, ist, wird er jedoch bald eines Besseren belehrt. Der italienische regisseur Giuseppe Piccioni hat nach der literarischen Vorlage von Marco Lodoli eine Parabel über die Institution Schule in Italien gedreht. Die namen der Figuren sind sprechend. Und der Titel des Films eröffnet raum für die Assoziation. Explizit bezieht er sich auf einen rot und blau schreibenden Stift, anhand dessen Prezioso klar wird, dass die rollen eben doch nicht gleich verteilt sind, da ihm als Lehrer die folgenschwere Beurteilung des Schülers obliegt. Unwillkürlich muss man aber auch an Stendhals roman „rot und Schwarz“ (1830) denken. Wie der literarische Text wendet sich der Film gegen eine nutzenund aufstiegsorientierte, seelenlose Bildung. Doch anders als Stendhal gibt sich Piccioni idealistisch, beschwört das Gute und Schöne. Der Lehrer Fiorito, der das Geschehen aus dem off
rot und blau Feinfühliges Schul-Drama
kommentiert, fasst wieder Mut, als ihn eine ehemalige Schülerin aufsucht. Er besinnt sich auf seinen erzieherischen Anspruch. Damit wird die Farbe Blau zu einem Symbol der Sehnsucht. Sie lässt sich ebenso mit der „blauen Blume“ der romantik verbinden, einer Strömung, die Gegensätze zusammendachte, wie den Geist mit Herz und Leidenschaft. Allerdings weiß der Filmemacher sehr wohl darum, dass sein versöhnlicher Ton trügt. Er bricht die Illusion ganz im Zeichen der romantischen Ironie, etwa durch die Sicht auf seine Figuren und deren zuweilen lächerliches Auftreten. Knapp und treffend spürt die Kamera bezeichnende Momente des Schulalltags auf, nähert sich ihnen, fängt das widersprüchliche Verhalten der Lehrer ein, ihr Wechselspiel von nähe und Distanz, und entfernt sich wieder, wobei manches auch recht plakativ wirkt. Die ins Bild gesetzten Probleme und Konflikte gleichen denen an deutschen Schulen. Täglich sehen sich
Prezioso und Fiorito mit Schülern konfrontiert, die lustlos zum Unterricht erscheinen und pausenlos stören. nichts zu wissen, finden sie „cool“. oder sie lernen wie der Schüler Adam den Stoff nur auswendig; Werte wie Autonomie und Humanität sagen ihnen nichts. Ihre rebellion gründet oft darin, dass sie komplett mit ihrer eigenen, schwierigen Lage beschäftigt sind. Da sich die überforderten Eltern aus ihrer Verantwortung stehlen, soll die Schule immer mehr in die Fürsorge der Kinder investieren. Doch es mangelt an Geld; selbst saubere, mit dem notwendigsten ausgestattete Toiletten werfen Probleme auf. An die dauerhafte Beschäftigung eines Sozialarbeiters ist erst gar nicht zu denken. Die Knappheit der Güter ist ein Aspekt des zentralen Problems, für das der Film stimmige Bilder erfindet. Denn bei der Bildung geht es auch darum, „drinnen“ oder „draußen“ zu sein. Bekommt der Schüler Anteil am sozio-kulturellen reichtum einer Gesellschaft oder bleibt ihm dieser verschlossen? Lernt er, sich innerlich zu steuern, oder wird er außengesteuert? Die Direktorin sorgt dafür, dass das, was herausfällt, ein Schüler, ja selbst ein Fußball, wieder nach drinnen geschafft wird. Dies aus der Angst heraus, dass ein
Mensch ganz aussteigen könnte, wenn sein Inneres leer ist. So wie es der berufs- und lebensüberdrüssige Fiorito anfangs vorhat, der auf das Fensterbrett klettert, um sich in die Tiefe zu stürzen. Aber Piccioni ist weder Marco Bellocchio noch Luchino Visconti noch Paolo Sorrentino. Er rückt der Institution nicht zu Leibe, er malt nicht episch breit, er gibt sich nicht radikal dem „nichts“ anheim. Als sich der Lehrer gerade aus dem Fenster hinausstürzen will, hindert ihn ein heranfahrendes Baustellenfahrzeug daran. Am Ende ist ein abgezirkelter, hübscher kleiner Grünstreifen entstanden, auf dem anmutig zwei Bäumchen stehen. Heidi Strobel
bewertung der filmkommission
ein junger aushilfslehrer tritt voller elan eine neue stelle in rom an, stößt mit seinem idealismus jedoch schnell an grenzen, da lustlose schüler das unterrichten schwermachen. sein kollege, ein betagter kunsthistoriker, hat längst resigniert und sich dem pädagogischen Zynismus ergeben. in kurzen, verdichteten szenen fängt der film treffsicher, aber bisweilen auch plakativ zentrale probleme und konflikte des modernen schulalltags (nicht nur) in italien ein. aufgrund der Zeichnung seiner figuren und der versöhnlichen haltung gelingt es der inszenierung jedoch nicht immer, die institution schule, das leiden an ihr sowie sinn und wert von bildung tiefgreifend zu durchdringen. – ab 14.
il rosso e il blu. scope. italien 2012 regie: giuseppe piccioni darsteller: margherita buy (giuliana), riccardo scamarcio (prof. giovanni prezioso), roberto herlitzka (prof. fiorito), silvia d’amico (angela mordini) länge: 98 min. | kinostart: 10.9.2015 Verleih: kairos | fd-kritik: 43 292
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kritiken fernseh-tipps samstag 5. september
07.10-08.50 mdr carlitos großer traum r: Jesús del cerro waisenjunge kämpft für fußballerkarriere spanien 2008 sehenswert ab 10
21.40-23.20 br fernsehen die spiegel-affäre r: roland suso richter die fehde zwischen strauß und augstein deutschland 2014 ab 14
12.10-13.55 servus tv miss austen regrets r: Jeremy lovering liebevolles porträt von Jane austen gb/usa 2008 ab 14
22.00-23.55 servus tv kramer gegen kramer r: robert benton trennungsdrama mit meryl streep und dustin hoffman usa 1979 ab 16
18.10-18.45 br fernsehen hier strauß – d.a. pennebaker meets f.J.s. r: d.a. pennebaker „direct cinema“-porträt von franz Josef strauß usa 1965
22.10-23.50 zdf_neo operation: kingdom r: peter berg cia-agenten untersuchen anschlag in riad usa 2007 ab 16
20.15-21.45 einsfestival das leben ist nichts für feiglinge r: andré erkau sensibler film über trauerprozesse deutschland 2012 sehenswert ab 14
23.30-00.55 rbb fernsehen darf ich sie zur mutter machen? r: ralf gregan sketchartige daseinsbetrachtung brd 1968 ab 16
20.15-22.00 servus tv eine leiche zum dessert r: robert moore pointierte kriminalkomödie usa 1975 sehenswert
01.35-03.15 zdf_neo brick r: rian Johnson schüler-ermittlung im „film noir“-stil usa 2006 ab 16
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brick regisseur rian Johnson ist spätestens seit „looper“ einem breiteren publikum bekannt. schon sein langfilmdebüt „brick“ (2006) zeigte, dass man es hier mit einem stilistisch eigenwilligen filmemacher zu tun hat, der genremuster spannend variiert und in neue Zusammenhänge bringt: mit Joseph gordon-levitt in der hauptrolle besetzt, mischt der film elemente des highschool-dramas mit einem krimi-plot zu einer art „teen noir“.
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»chuzpe - klops braucht der mensch!«
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didi hallervorden wird 80 „didi“ hallervorden, der heute 80 Jahre alt wird, war nicht immer auf die „palim palim“-rolle reduziert, mit er sich mit schelmischem irrsinnslächeln durch die untiefen der „nonstop nonsens“-serie kalauerte. an seine herkunft als politischer kabarettist erinnert noch hallervordens debüt als filmschauspieler in der satirischen komödie „darf ich sie zur mutter machen?“ (23.30-00.55, rbb fernsehen), in der er mit burlesker unverfrorenheit nach einer neuen partnerin und mutter für seinen sohn sucht. wie vielfältig und nuanciert der schauspieler auch reife figuren entwickeln kann, demonstrierte hallervorden neuerdings in „chuzpe – klops braucht der mensch!“ (20.15-21.45, das erste); arte zeigt hallervordens glanzvolles ,comeback‘ als ernsthafter schauspieler, „sein letztes rennen“, allerdings erst am 25.9. (20.15-22.00); dafür zeichnet cornelia Quast am 5.9. in ihrem feature „dieter hallervorden – ein mann mit humor und tiefgang“ (21.45-23.15, das erste) ausführlich die wechselhaften stationen seiner karriere nach; am 6.9. läuft mit „didi und die rache der enterbten“ (11.00-12.30, mdr) eine jener klamotten, die hallervorden für Jahrzehnte zum inbegriff des grenzdebilen kalauer-Jägers machten. 5. september
br fernsehen
franz Josef strauß an den 100. geburtstag des bayerischen politikers franz Josef strauß (19151988) erinnert br fernsehen mit drei sehr unterschiedlichen filmen, angefangen beim „direct cinema“-klassiker „hier strauß – d.a. pennebaker meets f.J.s.“ (18.1018.45), der einen arbeitstag des damals 49-jährigen bundestagsabgeordneten im herbst 1965 protokolliert. ohne dass den gesprochenen worten besondere bedeutung zugemessen wäre, erschließen sich allein durch das verhalten und die ausdrucksweise von strauß sowie der ihn umgebenden menschen die grundzüge seiner machtpolitik. „meine ankündigung, einen film über strauß zu machen, provozierte wildes gelächter“, erinnerte sich pennebaker in seiner autobiografie. „das projekt schien eine absurde idee zu sein. man nahm strauß entweder nicht ernst oder hielt ihn für einen üblen charakter, eine person jedenfalls, die man nicht leiden kann. das interessiert mich. solche menschen bekommen ein bestimmtes raster übergestülpt, aus dem sie nicht mehr herauskönnen. was franz Josef strauß anging: ich war entschlossen, ihn sympathisch zu finden.“ um 20.15 rekonstruiert erica von moeller in „der primus – franz Josef strauß“ die politische biografie des langjährigen csu-vorsitzenden. ab 21.40 zeichnet roland suso richter „die spiegel-affäre“ als doku-drama nach, um deren hintergründe es auch in der doku „bedingt abwehrbereit“ (23.20-00.05) geht. Fotos S. 56 – 65: Jeweilige Sender.
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14.00-15.30 rbb fernsehen der fuchs und das mädchen r: luc Jacquet eine menschlich-tierische freundschaft frankreich 2007 sehenswert ab 8 14.50-16.35 das erste albert schweitzer – ein leben für afrika r: gavin millar aus dem leben des arztes und theologen deutschland/südafrika 2009 ab 14 20.15-22.45 7maXX world trade center r: oliver stone drama um den terroranschlag am 11.9.2001 usa 2006 ab 16 20.15-22.45 die drei tage des condor r: sydney pollack intelligenter polit-thriller usa 1975
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22.00-00.25 br fernsehen gefahr und begierde r: ang lee elegisches weltkriegsund liebesdrama usa/hongkong 2007sehenswert ab 16 00.35-02.23 das erste halt auf freier strecke r: andreas dresen eindringliche abbildung eines sterbeprozesses deutschland 2011 sehenswert ab 16 01.00-02.30 hr fernsehen sommer 1939 r: mathias haentjes, nina koshofer der alltag in europa kurz vor kriegsausbruch deutschland 2009 ab 16
arte
soirée Jean-louis trintignant der 1930 geborene franzose Jean-louis trintignant gehörte mit seinen kantigen gesichtszügen und seinen oft basiliskenhaft dunklen augen über Jahrzehnte zu den einprägsamsten schauspielern europas. mitunter wurde er allerdings auch als recht unscheinbarer Zeitgenosse besetzt, so in michel devilles satire „das wilde schaf“ von 1973 (20.15-21.55), in dem sich trintignant als kleiner bankangestellter von einem zynischen freund zur radikalen veränderung seines lebenswandels überreden lässt. im anschluss läuft das porträt „Jean-louis trintignant – warum ich lebe“ (21.55-23.15), in dem der als extrem zurückhaltend bekannte darsteller nach dem rückzug aus dem filmgeschäft im gespräch mit dem befreundeten regisseur serge korber bemerkenswert offen auf seine arbeit zurückblickte. 6. september, 07.00-01.05
20.15-21.50 zdf.kultur deckname pirat r: eric asch porträt eines doppelagenten deutschland 2013 ab 14
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Das Kino? Das ist für mich Leben und Spiritualität pur. Weil ich dort tief angerührt werden kann und Momente erlebe, in denen ich voll da bin – und ganz weg. PIERRE STUTZ
3sat
thementag: „film ab, schweiz“ einen ganzen tag lang geht 3sat in die berge und beleuchtet das filmschaffen in der schweiz. unter den gezeigten werken befinden sich zahlreiche klassiker des eidgenössischen kinos, etwa die satire „die schweizermacher“ über den ultimativen einbürgerungstest, der größte publikumserfolg in der schweiz. aus der jüngeren Zeit stechen vor allem die dorfkomödie „die herbstzeitlosen“ und der mystery-thriller „marmorera“ hervor, drei weitere neuere werke laufen am 8. und 9.9. alle Termine am 6.9.: 07.00-08.50 gilberte de courgenay (1941) 08.50-10.40 schneewittchen und die sieben gaukler (1962) 10.40-12.20 uli, der knecht (1954) 12.20-14.05 uli, der pächter (1955) 14.05-15.40 palace hotel (1952) 15.40-17.10 die herbstzeitlosen (2006) 17.10-18.45 heidi (1952) 18.45-20.15 heidi und peter (1955) 20.15-21.35 der große kater (2009) 21.35-23.15 die schweizermacher (1978) 23.15-01.05 marmorera (2006) 8.9., 20.15-21.45 ziellos (2014) 8.9., 22.25-00.55 das alte haus (2012) 9.9., 22.25-23.55 sister (aka „winterdieb“) (2012)
In jedem Menschen liegt eine unerschöpfliche, göttliche Kraftquelle verborgen, davon ist Pierre Stutz überzeugt. Anhand von 50 Kinofilmgeschichten zeigt der spirituelle Lehrer und BestsellerAutor in seinem neuen Buch, wie Menschen zu ihren Wurzeln und neuer Stärke im Leben gefunden haben. Ein spannend erzählter Weg zu Achtsamkeit und zur eigenen Spiritualität.
Pierre Stutz Geh hinein in deine Kraft 50 Film-Momente fürs Leben 208 Seiten · Gebunden mit Schutzumschlag ISBN 978-3-451-34219-6 € 19,99 [D]
»die herbstzeitlosen«
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