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DER BÖSE WOLF
Zum Autor
Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH, Bauträgersprecher Österreich, Lektor an der TU Wien und FH Wien.
Der böse Wolf
Kommentar: Hans Jörg Ulreich
Mit der Zahl der Presseaussendungen und Veröffentlichungen der AK Wien über explodierende Mieten am privaten Wiener Wohnungsmarkt steigen auch bei mir als Funktionär der Fachgruppe der Vermögens- und Immobilientreuhänder der Wirtschaftskammer die Anfragen von Medienvertretern zum Thema Preisentwicklung am privaten Wohnungsmarkt und der Frage nach leistbarem Wohnraum.
Auch Gentrifizierung ist natürlich ein großes Thema, denn offensichtlich ist die private Immobilienwirtschaft nicht nur ein schwindelerregender Preistreiber, sondern auch noch ein die Menschen mit wenigem Einkommen Vertreiber.
Manchmal werde ich sogar vor einem Interview im Vorbereitungsgespräch von den Redakteuren darauf hingewiesen, dass mein Part in der Story wohl der undankbarste sein wird. Es sei gar nicht möglich, als Branche gut auszusteigen, da in den Berichten gleichzeitig Alleinerzieher oder hart arbeitende Familienväter vorkämen, die sich keine angemessenen Wohnungen mehr leisten könnten.
Explodiert vor Zorn bin ich deswegen noch nicht, weil mir vollkommen bewusst ist, dass Journalisten es einfach nicht besser wissen können. Sie werden nahezu täglich seit Jahren immer von den gleichen Vorurteilen überschwemmt und ein Faktencheck ist aufgrund vieler fehlender oder unübersichtlicher Daten äußerst schwierig. Die vorgefassten Meinungen sitzen tief.
Ich habe durchaus Verständnis, aber verstehen kann ich es nicht. Die Tatsache, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist und Politik sowie Gesellschaft die Verantwortung haben, dass Menschen leistbar wohnen dürfen, ist auch für mich in keiner Weise strittig. Ich zahle Steuern und möchte, dass damit sozialer Wohnbau, der ökologisch und nachhaltig ist, finanziert wird.
Vermieter am Pranger
Nicht verstehen kann ich aber, dass das kleinste Segment am Mietmarkt, nämlich der private Immobilienmarkt, Schuld daran haben soll, dass Menschen mit wenig Einkommen über keinen angemessenen Wohnraum verfügen. Ich habe noch nie eine Sendung im Fernsehen gesehen oder einen Artikel darüber gelesen, in welchem Taxifahrer dafür verantwortlich gemacht werden, dass sich Zug- und U-Bahn-Tickets verteuern. Oder der Bionobelbäcker interviewt wird, weil durch seine viel teureren Semmeln der Brotpreis steigt. In allen anderen Bereichen wird jeder Journalist ausschließlich die Politik in die Pflicht nehmen und die Branchenvertreter nur nach ihrer Expertise fragen. Nicht so in unserem Metier. Immer sind wir es, die Schuld daran sind, dass Preise steigen, alte
Häuser der Abrissbirne zum Opfer fallen oder Eigenheime unleistbar werden.
Falsche Vorwürfe
Würde man die Vorwürfe gegen unsere Branche wirklich zu Ende denken, wären wir in Wahrheit mächtiger und gestaltender als jeder andere in diesem Land, ausgerüstet durch die Hoheitsgewalt der Wohnungsvergabe. Es folgt weiters der Fehlschluss, dass es in Österreich überhaupt kein Wohnungsproblem mehr geben würde, würde die vermeintlich böse private Immobilienwirtschaft nur endlich ihre Raubzüge beenden und sozial statt wirtschaftlich vermieten. Wir müssten – folgt man der Argumentation der Meinungsmacher – also als einzige Branche ganz gegen die unternehmerische Sorgfalt und ohne Gewinn wirtschaften.
Niemand, wirklich niemand, kann das meiner Meinung nach ernsthaft als logisch oder vernünftig betrachten. Trotzdem baut jede an mich gerichtete Frage auf diesen Irrsinn auf.
Wir sind zum Beispiel nicht für Gentrifizierung verantwortlich. Das Einzige, was wir vom Markt verdrängen, ist menschenunwürdiger, umweltverpestender Wohnraum. Und ja, es wäre notwendig und in Wien sogar möglich, jene Menschen, die in diesen Missständen in Kategorie Z Wohnungen gelebt haben und wenig bis kein Einkommen haben, in eine Sozialwohnung in unmittelbarer Nähe unterzubringen oder die Miete im Neubau entsprechend zu fördern.
Vergabe nicht sozial gerecht
Doch die Politik vergibt erstere nicht sozial gerecht und Wohnbeihilfe steht nur Menschen mit einem regelmäßigen Einkommen zu. Alle anderen erhalten in Summe zum Beispiel als Einzelperson 1.000 Euro für Wohnen und Leben in Wien. Damit wird es wirklich schwierig, eine Neubauwohnung mit 40 Quadratmeter monatlich zu bezahlen.
Solange es durch die Politik erlaubt ist, ohne jede Einkommensüberprüfung auf Lebzeiten sozialen Wohnraum zu besetzen und Gemeindebauten nicht nachverdichtet werden, solange werden wir in Wien Gentrifizierung haben.
Der Wolf, liebe Leser, und das hat sich jetzt gezeigt, sitzt nicht am privaten Wohnungsmarkt, er sitzt auch nicht im Detail – sondern mitten in den Versäumnissen der ach so großartigen öffentlichen Wohnbaupolitik. Und das auch noch zu Recht!
… bis zur Gebäudeautomation
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