ImmoFokus Winter 2020

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Frech gesagt

„Wuselst Du noch oder digitalisierst Du schon?“ „Wir revolutionieren mit unserem Produkt den Immobilienmarkt“. ist wohl zweifelsohne der Satz, den ich in den vergangenen zwölf Jahren von ambitionierten Gründern am meisten gehört habe. Auf die Frage hin, wer die angebotene Leistung in Anspruch nehmen soll und wer sogar bereit ist, dafür zu zahlen, verstummten die Gesprächspartner hingegen sehr oft. Kolumne: Anita Körbler

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as macht es für mich so spannend, strategischer Sparringpartner für Softwareentwickler, Datenexperten, potenzielle User bzw. deren Marketer zu sein. Die „Übersetzungsarbeit“ zwischen den unterschiedlichen StakeholderGruppen zu leisten, zählt seit Jahren zu den absoluten Lieblingsthemen in meinem beruflichen Wirkungsbereich.

Probieren oder digitalisieren? Dieses besondere Jahr 2020 hat uns wohl allen mehr denn je gezeigt, in welchem Status quo der Automatisierung sich unsere Branchenteilnehmer befinden: Wir sehen Firmen, für die das Thema Digitalisierung ein papierloses Büro inkl. Versand von PDF-Schriftstücken bedeutet. Wir sehen Betriebe, die ihre Kundendaten analysieren wollen, die Ergebnisse jedoch nicht effektiv verwertet werden. Wir sehen ebenso Unternehmen, die sinnvoll Leistungen in automatisierte Alternativen lenken, um ihre Mitarbeiter optimaler in deren Kernbereichen einsetzen zu können. Unternehmerische Selbst- und Fremdbilder divergieren im Hinblick auf progressive Entwicklung oft immens, was sich nicht selten auch auf den Bereich des Employer Branding auswirkt: Der Generation der Digital Natives muss man als Arbeitge-

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ber schon auch einen gewissen technischen Standard bieten, um Anreize zu schaffen. Das muss auch den Konservativsten unter uns klar werden.

„Auto­ matisierungs­ gegner standen plötzlich vor der Heraus­forderung, wie ihr Business weiter­laufen kann.“ Wenn uns COVID-19 etwas gelehrt hat, dann wohl, dass viele Abläufe in der Not reduziert bzw. ausgelagert werden können. Auch die absoluten Automatisierungsgegner standen plötzlich vor der Herausforderung, wie und wodurch ihr Business trotzdem weiterlaufen kann. So mancher hat seine allererste

Videokonferenz-Erfahrung gemacht und festgestellt, dass es ungewohnt ist, wenn man von seinem eigenen Bild abgelenkt wird, weil man sich plötzlich selbst beim Sprechen sieht und dabei so manche Eitelkeiten erweckt werden. Gleichzeitig kann es herrlich sein, dass Termine, die für eine Stunde anberaumt worden sind, auch wirklich binnen 60 Minuten durchgeführt werden. Betrachten wir grundsätzlich die gesamte Home-Office-Causa: Es ist schon interessant, wie viele Führungskräfte nach wie vor skeptisch sind, ob ihre Mitarbeiter auch von zuhause aus ihre Leistung erbringen (können) – obwohl ergebnisorientierte Messungen implizieren, dass in manchen Bereichen sogar an Effizienz in der Arbeitsweise gewonnen und dies von vielen Mitarbeitern als Zugewinn an Lebensqualität gewertet wird.

Digital oder (zu) normal? Unterschiedliche Ansprechgruppen – unterschiedliche (Fort-)Schritte. Natürlich musste man sich etwa als Makler mit Alternativen zu den nicht erlaubten Besichtigungsterminen auseinandersetzen. Natürlich sind viele an ihre Grenzen gegangen, weil das Digital-Know-how in kürzester Zeit angeeignet werden musste. Natürlich gibt es nach wie vor Verweigerer, die meinen, dass digitale Möglichkeiten ihnen


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