Formel-Woche 11/2013

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2013

11

14. August

Vette ls Me istermach er im Porträ t

Red Bull Content Pool

NEU

• F1-Sprösslinge und ihre Zukunftsaussichten • Rennanalysen britische F3 und andere Nachwuchsserien • Die F1-Halbzeitbilanz


Inhalt

2

Diet Formel-1 macht keine Sommerpause

or w r o

V

Auch wenn die Formel-1 sich derzeit in der verdienten Sommerpause befindet, ist sie ein zentraler Punkt in dieser Ausgabe von Formel-Woche. In ausfürhlichen Porträts stellen wir mit Nico Rosberg und Adrian Newey zwei Männer vor, die zu den besten ihrer Zunft gehören. Außerdem werfen wir einen Blick zurück auf die wichtigsten Themen der bisherigen Saison. Aber eigentlich macht die Formel-1 keine Sommerpause. Oder sollte man besser sagen, die Sommerpause beschränkt sich auf die Rennstecke? Denn aktuell brodelt wieder die Gerüchteküche. Manche wollen wissen, das Kimi Räikkönen zu Ferrari zurückkehrt. Damit tun sich neue Spekulationen auf. Wird er ander Seite von Fernando Alonso fahren oder kann der Spanier damit aus dem Vertrag mit der Scuderia treten und zu Red Bull wechseln? Auch um die beiden Sorgenkinder Sauber und Lotus machen sich in der Pause Viele Gedanken. Vielleicht sogar zu viele. Denn auch hier gab es in den vergangenen Tagen einige Spekulationen, dass die Rettung von Sauber nun doch geplatzt sei. Nur kurz darauf kam von den Schweizern das Dementi. Man sei angesichts der aktuellen Schilderungen förmlich dazu gezwungen gewesen, eine Stellungnahme zu verbreiten, hieß es darin. Über einen wird dagegen nicht diskutiert: Sebstian Vettel. Alles sieht nach Titelverteidigung Nummer drei aus, vertraglich ist er zunächst einmal an Red Bull gebunden und auch durch im Internet hinterläßt er anders als viele seiner Kollegen keine Fußabdrücke, die ihn zumindest für den Moment zum Thema machen könnten. Man könnte fast meinen, der Heppenheimer sitzt zu hause in der Schweiz und genießt den Urlaub. Daniel Geradtz Herausgeber Formel-Woche

©Red Bull Content Pool

Was die Saison bisher bot

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Angereichertes Wertpapierportfolio

8 12 15

Der Windmeister News

Motoren-Wechsel-Spiel: Es gab schon den Ferrari-Jaguar

16

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

19

Block: Räikkönen zu Red Bull macht Sinn

22


3

Inhalt

Vom Heimsieg-M채rchen und dem Singapur-Albtraum

27

Buller gibt die F체hrung ab

23 Picariello nicht zu stoppen 25 26 F-Renault UK: Middlehurst ist Meister Pro Mazda: Brabahm sicher sich den Titel 26 News

24


Formel-1 Halbzeitbilanz

4 Was die Saison bisher bot

Fotos: Pirelli Nach zehn von 19 WM-Läufen scheint alles beim alten zu sein. Sebastian Vettel führt wieder in der Meisterschaft. Wir werfen einen Blick auf die bisherige Saison. von Daniel Geradtz Was waren die Momente der ersten Saisonhälfte in der Formel-1? War es der Sieg on Nico Rosberg beim Monaco Grand Prix, der alles übertrahlte? Oder war es doch eher der Triumph von Kimi Räikkönen beim Saisonauftakt, der verdeutlichte, dass man den Finnen in diesem Jahr auf der Rechnung haben sollte?

Lewis Hamilton. Nur Red Bull konnte mehr Siege einfahren. Kein Wunder also, dass die Truppe rund um den neuen Motorsportchef Toto Wolff auf dem zweiten Platz in der Konstrukteurswertung liegt. Die Veränderungen im Team scheinen dem Leistungspotential gut getan zu haben.

Überraschungen

Mit großen Ambitionen hat der Mexikaner Sergio Pérez am Ende des letzten Jahres das Sauber-Team verlassen und Lewis Hamilton bei McLaren Mercedes beerbt. Allen voran ist natürlich der letztjährige Malaysia Grand Prix in Erinnerung geblieben, als Checo im Regen auf den zweiten Platz fuhr. Doch daran ist in diesem Jahr nicht zu denken. Pérez hat sich in der ersten Saisonhälfte eher einen Namen als Rüpel gemacht, der kompromisslos und übermotiviert überholt. Mehrere Kollisionen brachten ihm nicht unbedingt Sympathien ein. Nicht einmal vor seinem Teamkollegen Jenson Button macht er Halt. In Bahrain duellierten sie sich bis aufs Messer. Button flehte förmlich um Erlösung. Routinier Räikkönen schlug sogar vor, durch eine straffe Hand die Grenzen aufzuzeigen.

Der Überraschungsmann in dieser Saison ist Kimi Räikkönen. Der Finne fuhr zwar schon in seiner Comeback Saison im vergangenen Jahr beinahe so, als wäre er nie weg gewesen. Aber 2013 macht er dies in einer beeindruckenden Konstanz. Nach dem Sieg beim Saisonauftakt fuhr der Iceman in neun Rennen fünfmal auf den zweiten Platz. Nur Sebastian Vettel war unterm Strich erfolgreicher. Räikkönen ist zudem der einzige Pilot im Feld, der in allen zehn Rennen in die Punkt fuhr. In Monaco und Montreal punktete er mit den Plätzen zehn und neun zwar nur gering, aber auch die Zähler können am Ende des Jahre ausschlaggebend sein. Für ihn wird es aber vermutlich nur darum gehen, den zweiten Platz hinter Sebastian Vettel zu sichern. Mercedes ist das Team, das die Erwartungen in diesem Jahr übertroffen hat. Erstmals gehört man zur absoluten Spitze dazu und kann dauerhaft um Siege mitkämpfen. Bisher stehen drei Triumphe auf dem Konto. Zwei kommen von Nico Rosberg, einer von

Enttäuschungen

Abgeschlagen liegen Sauber und Williams auf den Positionen acht und neun in der Konstrukteurswertung. Beide sind Enttäuschungen und teilen ein unterschiedlichen Schicksal. Sauber steckt, wie hinlänglich bekannt ist, derzeit arg in finanziellen Nöten. Es fehlt das Geld an allen Ecken. Nicht

einmal den Saisonauftakt konnte Nico Hülkenberg bestreiten. Noch vor dem Start legte ein Problem mit dem Benzinkreislauf seinen C32 lahm. Teamkollege Esteban Gutiérrez kam als 13. ins Ziel, was nicht schlecht war für einen Neuling und unter den Umständen des Australien Grand Prix. Doch danach kam nicht mehr viel. Punkte konnte der Mexikaner noch nicht verbuchen und auch Hülkenberg tut sich schwer. Bisher steht ein achter Platz als bestes Resultat. Bei Williams ist die Situation ebenfalls schwierig. Auch hier setzt man auf die Kombination aus einem erfahrenen Piloten und einem Neuling. Erst beim vergangenen Rennen fuhr Pastor Maldonado die ersten Punkte für dieses Jahr ein. Valtteri Bottas hat noch immer null Zähler hinter seinem Namen stehen. Das Traditionsteam aus Grove zog bereits Konsequenzen und setzte Mike Coughlan vor die Tür. Sein Nachfolger als Technikchef ist Pat Symonds. Die Schwäche des Teams, das monierte Maldonado mehrfach, ist die Leistung in der Qualifikation. Jacques Villeneuve, der im Jahr 1997 mit Williams Weltmeister wurde, sieht das Problem allerdings an einer anderen Stelle. Seiner Meinung nach wird das Team nämlich keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen, solange man auf Bezahlfahrer setzt. Rennen Das beste Rennen des Jahres war bisher der Große Preis von Monaco. Nicht nur weil es einen Nico Rosberg


5 in Hochform zu bewundern gab. Der Deutsche sicherte sich Pole, schnellste Rennrunde und auch den Sieg. Ansonsten hatte das Wochenende dramatische Momente zu liefern. Angefangen mit einer Qualifikation unter wechselnden Bedingungen über ein spannendes Rennen, das mittels roter Flagge nach Rennhalbzeit noch einmal fast auf null zurückgesetzt wurde. In den letzten beiden Runden gab es einen Kimi Räikkönen zu beobachten, der sich von der 16. Position bis in die Top-10 nach vorne kämpfte. Reifen Die Reifen waren auch in diesem Jahr wieder das bestimmende Thema. Von neuen Konstruktionen, über Nachbesserungen und Teststkandal bis hin zum Reifenfiasko von Silverstone und dem Rückschritt zu alten Mischungen war alles dabei. Natürlich auch ein umfunktionierter Nachwuchstest. Doch die Frage ist, muss das alles sein? Müssen die Konstruktionen derart radikal sein, dass die kleinste Abweichung vom Standard in einem gefährlichen Reifenplatzer mündet? Nun wurde ein ganz genauer Spielraum definiert, an den sich die Teams während aller Sitzungen halten müs-

Formel-1 Halbzeitbilanz sen. Damit könne garantiert werden, dass die Reifen halten, sagt Pirelli Rennleiter Paul Hembery. Das System von zwei unterschiedlichen Reifenmischungen, die im Laufe eines Rennens benutzt werden müssen, hat man sich damals bei der Champcar Serie abgeschaut. Dort kam es nie zu Problemen. Auch in den ersten Jahren, damals war Bridgestone noch der Reifenhersteller, der alle Teams belieferte, ging man konservativ an die Sache heran. War das nicht ausreichend? Ausblick In der Gesamtwertung liegt Sebastian Vettel 38 Zähler vor Kimi Räikkönen und bestreitet in bester SchumacherManier nicht nur die aktuelle Saison, sondern jagd auch von Titel zu Titel. Und dieses Mal sieht wieder alles so aus, als könne Vettel sich die WM-Krone holen holen. Auch wenn Mercedes derzeit auf einem Zwischenhoch ist, ist der Abstand von Hamilton (48 Punkte Rückstand) und Nico Rosberg (88 Punkte Rückstand) zu groß, um aufgeholt werden zu können. Gleiches gilt bei den Konstrukteuren. Auch wenn Mark Webber in diesem

Jahr eine schwache Abschiedsvorstellung gibt, liegt er immer noch vor Rosberg und kann damit die Red Bull Truppe damit ganz vorne halten. Sein Cockpit, das am Ende des Jahren leer wird, ist derzeit heiß begehrt. Daniel Ricciardo werden derzeit die größten Chancen eingeräumt. Bei aller Euphorie muss aber auch noch einmal an das letzte Jahr erinnert werden. Damals lag Fernando Alonso nach der Sommerpause in der Gesamtwertung vorne, er hatte einen Vorsprung von 40 Punkten. Weltmeister wurde bekanntlich aber Sebastian Vettel, der mit einem Schlußspurt (vier Siege in Folge), das Blatt noch einmal wenden konnte. Hat Räikkönen also noch eine Chance? Wie es mit den beiden wackelnden Teams Lotus und Sauber weiter gehen wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. Bei Sauber, so scheint es jedenfalls, ist am Ende doch alles in trockenen Tüchern. Aber was ist mit Lotus? Bis wann kann das Team gerettet oder sogar verkauft werden? Wie wird nun die Planung für die kommende Saison angegangen? Dies sind alles Fragen, die im weiteren Verlauf der Saison beantwortet werden können.


Formel-1 Halbzeitbilanz SIEGER

VET PKT

6

RAI PKT

ALO PKT

1

Australien

K. Räikkönen

3

15

1

25

2

18

2

Malaysia

S. Vettel

1

40

7

31

DNF

18

3

China

F. Alonso

4

52

2

49

1

43

4

Bahrain

S. Vettel

1

77

2

67

8

47

5

Spanien

F. Alonso

4

89

2

85

1

72

6

Monaco

N. Rosberg

2

107

10

86

7

78

7

Kanada

S. Vettel

1

132

9

88

2

96

8

Großbritannien

N. Rosberg

DNF

132

5

98

3

111

9

Deutschland

S. Vettel

1

157

2

116

4

123

10 Ungarn

L. Hamilton

3

172

2

134

5

133

11 Belgien

25. August

12 Italien

8. September

13 Singapur

22. September

14 Korea

6. Oktober

15 Japan

13. Oktober

16 Indien

27. Oktober

17 Abu Dhabi

3. November

18 USA

17. November

19 Brasilien

24. November

FAKTEN Pole-Positions

Ausfälle

L. Hamilton

4

J.-E. Vergne

4

K Räikkönen F. Bottas

1

N. Rosberg

3

E. Gutiérrez

3

K Räikkönen P. di Resta

1

S. Vettel

3

P. Maldonado

3

N. Hülkenberg

1

A. Sutil

3

K Räikkönen S. Pérez

1

J. Bianchi

2

K Räikkönen C. Pic

1

Schnellste Runden S. Vettel

3

R. Grosjean

2

K Räikkönen S. Vettel

1

M. Webber

3

F. Massa

2

K Räikkönen M. Webber

1

K. Räikkönen

1

D. Ricciardo

2

F. Alonso

1

N. Rosberg

2

E. Gutiérrez

1

F. Alonso

1

S. Pérez

1

V. Bottas

1


7

Formel-1 Halbzeitbilanz

Quali-Duelle S. Vettel

10-0

M. Webber

L. Hamilton

7-3

N. Rosberg

F. Massa

3-7

F. Alonso

K. Räikkönen

8-2

R. Grosjean

P. di Resta

5-5

A. Sutil

J. Button

6-4

S. Pérez

N. Hülkenberg

10-0

E. Gutiérrez

J.-E. Vergne

3-7

D. Ricciardo

V. Bottas

6-4

P. Maldonado

J. Bianchi

9-1

M. Chilton

G. van der Garde

3-7

C. Pic


Portrt Nico Rosberg

8

Angereichertes Wertpapierportfolio Fotos: Alastair Staley, Mercedes, GP2 Media Service Er kam mit 20 in die Formel 1, als Sohn eines Weltmeisters und mit Vorurteilen behaftet: „Britney!“ Dann setzten sie ihm Michael Schumacher vor die Nase, die personifizierte Motorsport-Dynastie. Der junge Mann hielt Stand, behauptete sich sogar, gewann einen Grand Prix. Schumacher nicht. Und doch man hat das Gefühl, dass Nico Rosberg erst 2013, in seiner achten Formel-1-Saison, vollends angekommen ist in der Wahrnehmung der Leute. Möglicherweise sind es die Spätfolgen von 13 Spiegeleiern und leeren Kühlschränken... von Johannes Mittermeier Vor kurzem machte ein Internet-Video die Runde. Das ist nichts Ungewöhnliches, wahrlich nicht, außer vielleicht wegen der Tatsache, dass es sich ausnahmsweise nicht um Katzen und deren Eigenarten drehte. In diesem Clip ist der Chinese Lang Lang zu sehen, genauer gesagt zu hören. Er tut das, was er so gut beherrscht wie kaum ein anderer, Klavier spielen nämlich, und die Melodie ist Fußball-Fans durchaus geläufig. Dann taucht Nico Rosberg auf, der Formel-1-Pilot. Er sitzt im Auto, braust durch die Kurven und trällert den Refrain zum „Stern des Südens“, der Vereinshymne des FC Bayern München - aus dem Cockpit, per Team-Radio. Und während der Star-Pianist nachher ein fast akzentfreies „mia san mia“ zum Besten gibt, jongliert der Rennfahrer mit dem Ball, gekonnt vom rechten auf den linken Fuß, zurrt seinen Fan-Schal fest und sagt: „Jungs, ich würde mich richtig freuen, wenn ihr dieses Jahr wieder voll auf der Überholspur bleibt!“ So wie Mercedes in der Formel-1, ist man geneigt, hinzuzufügen. Ein anderer, opulenter „Stern“. Zwar hat Nico Rosberg nicht gewonnen, zuletzt in Ungarn, er ist sogar ausgefallen, Motorschaden, shit happens. Dafür errang Lewis Hamilton seinen ersten Sieg im neuen Stall und verhalf der Silber-Truppe bei Halbzeit zum zweiten Gesamtrang. Das ist mehr oder weniger ein Riesenerfolg, unter

Berücksichtigung der Vorgeschichte ganz sicher eher mehr als weniger. Denn das Team wurde vor der Saison umgekrempelt. Aber Toto Wolff, der Sportdirektor, übt sich in vornehmer Zurückhaltung: „Wir müssen auf dem Boden bleiben. Wir sind der Underdog, der Außenseiter, noch immer in einer Konsolidierungsphase.“ Hört sich - um den Anfangsgedanken zu wahren - doch glatt nach Borussia Dortmund an. In Sachen Understatement geben und nehmen sich Wolff und BVB-Boss Watzke nicht viel. Sieg nach Punkten - aber kein K.o. Bayern-Anhänger Rosberg hat in diesem Jahr zwei Grand Prix gewonnen und stand dreimal auf der Pole Position. Quasi ein Mini-Triple. Hamilton, kein ausgewiesener Fußball-Fan, fuhr viermal die schnellste QualifyingRunde und in Budapest erstmals auf das oberste Treppchen. Hamilton hat 124 Punkte, Rosberg 84. Es ist die Bestandsaufnahme einer Wende zum Guten, die nicht zu erwarten war, schon gar nicht in dieser Schlagkraft nach drei Jahren im Niemandsland. Bedenkt man, wie aggressiv Red Bull auf die „Reifen-Affäre“ ansprang, den geheimen Mercedes-Test in Barcelona, verdeutlicht das vor allem eines: Sie schwäbisch-britische Connection wird endlich ernst genommen in der Formel-1 - als (fast) ebenbürtiger Rivale mit dem Potential, sich endgültig an der Spitze zu etablieren.

Für das Aushängeschild der Silberpfeil-Rückkehr kommen diese Entwicklungen ein paar Monate zu spät. „In Anbetracht dessen, wo wir die vergangene Saison beendet haben, ist es eine Überraschung, wo sie jetzt liegen. Ich freue mich für sie, aber davon konnte man nicht ausgehen“, erklärte Michael Schumacher vor kurzem. Drei Saisons versuchte er sich daran, mit Mercedes um Siege und Titel zu kämpfen. Er scheiterte, aus diversen Gründen, und hatte sich obendrein einem innerbetrieblichen Gegner zu erwehren, der ihn vor Probleme stellte wie keiner zuvor. Ob das nun an Schumachers fortgeschrittenem Alter lag, am störrischen Dienstfahrzeug oder doch an der Klasse Nico Rosbergs, ist müßig bis unmöglich zu erörtern. Für ordentliche Vergleichswerte hätte es dieselbe Konstellation in Schumachers Paradezeit gebraucht. Aber als der Champion zur Motorsport-Ikone avancierte, war der 16 Jahre jüngere Rosberg noch ein Teenager. Beim ersten Titel 1994 war er nicht einmal das. Roberg war gerade Neun. Zwischen 2010 und 2012 kumulierte sich unter dem Strich schlichtweg kein befriedigender Ertrag. Während Rosberg eigene Entbehrungen durch passive Freuden kompensieren konnte, teilweise jedenfalls, hatte Schumacher auch hier ein überschaubares Vergnügen - der Rekordweltmeister unterstützt bekanntlich den 1. FC Köln...


9 Aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Mercedes resultierten nackte Zahlen, die offenbar keiner Interpretation bedürfen: 142:72 Punkte in der Saison 2010, 89:76 (2011), 93:49 (2012). Ein astreiner Dreisatzsieg für Rosberg. „Ich habe Riesenrespekt vor Michaels Leistung, in dem Alter noch einmal zurückzukommen“, bekundet jedoch der Halb-Finne. „Für mich ist er auf einem enorm hohen Level gefahren, er war ein harter Gegner. Ich bin happy, dass ich den besten Fahrer aller Zeiten über drei Jahre schlagen konnte.“ Was Rosberg nicht sagt: Schumacher konnte ab Mitte 2011 im Renntrimm mithalten und seine Achillesferse, das Zeittraining, im vergangenen Jahr pari gestalten (10:10). Als Mercedes in der ersten Hälfte 2012 zum einzigen Mal konkurrenzfähig war, suchte Schumacher der Fehlerteufel heim. Allerdings bleibt ein Fakt unwidersprochen, Glück hin, Pech her: Das Duell Rosberg versus Schumacher endete mit einem Sieg nach Punkten für den vermeintlichen David. Ein klassischer Knockout war es nicht. (Keine) Nettigkeiten Ebenso wenig wurde Rosbergs öffentliches Profil in einem Ausmaß geschärft, das angemessen wäre, wenn man gegen einen siebenmaliger Titelträger besteht Könnte man wenigstens vermuten. Die Neigung, den Weltmeistersohn (Vater Keke holte 1982 den Titel) zu unterschätzen, hatte sich in sieben Jahren Formel-1 nie gelegt. Als er dort 2006 debütierte, mit 20 Jahren, galt er als schnell, aber naiv. Als er auf ihrem Laufsteg wie ein Schönling wirkte, wegen den sorgfältig gekämmten, blonden Haaren, machten sie „Britney“ aus ihm, in Anlehnung an die Pop-Sängerin. Und als er nun der Institution auf vier Rädern die Stirn bot, erklärte man sich das gemeinhin mit Schumachers abgeflauter Performance. Aber auch als diese sich im Laufe der Zeit regenerierte, behielt Rosberg die Nase vorne. Nico Rosberg und ein echter Racer? Aber nicht doch.

Portrt Nico Rosberg Zudem besaß der in Wiesbaden geborene Wahlmonegasse das zweifelhafte Talent, immer zur falschen Zeit im falschen Auto zu sitzen. So wie Jenson Button, der jahrelang von einem Mittelfeldteam zum nächsten tingelte und auf dem schlechtesten Weg war, sein Talent auf zwölften Plätzen zu verschleudern. Rosberg durfte sofort bei der Traditionsmarke Williams ins Lenkrad greifen, eigentlich ein Wahnsinn, dumm nur, dass die fetten Jahre des Rennstalls gerade vorbei waren. Vier Saisons, zwei Podestplätze, massig Stagnation. 2010 lockte die funkelnde Marke Mercedes, es lockte das Comeback der Silberpfeile, das amtierende Weltmeisterteam, „Superhirn“ Ross Brawn, die lebende Legende Michael Schumacher. Was nicht lockte, waren die sportlichen Gegenden, die er leidlich von Williams kannte. Doch das Stochern auf den mickrigen Punkterängen fand seine Sequenz. Nico Rosberg gewann einfach kein Rennen. Weil er nie die Möglichkeit dazu hatte. „Winless wonder“ spottete man einst über Button, und Rosberg wusste, dass er bald an diesem Status kratzen würde. Zu „nett“ für das Haifischbecken namens Formel-1-Business sei er, meinten viele. Das wiederum erinnerte an Heinz-Harald Frentzen, dem stets

der sensibelste Gasfuß bescheinigt wurde, aber auch ein ebensolches Gemüt. In Zweikämpfen zu zaghaft, kein Rückgrat, wenn es hart auf hart kommt - Schubladen sind rasch geöffnet und äußerst langsam zu verlassen. Als Rosberg in China 2012, just bei seinem 111. Auftritt in der Königsklasse, zum ersten Mal Pole Position und Rennsieg einfuhr, löste sich in seinem Rucksack ein Fach voller Steine. Er hatte ganze sechs Jahre warten müssen. Eine lange Zeit. Lang Lang sogar. Nun war der erste Schritt getan. Schumacher siegte nie im Mercedes. Seinen Platz nahm heuer Lewis Hamilton ein, von dem es heißt, er sei der schnellste Mann der Formel-1. Der Brite hat nach zehn von 20 Rennen die Nasenspitze vorne, aber Nico Rosberg bewegt sich faktisch auf demselben Level. Das hätte ihm nicht jeder zugetraut, und diese Umschreibung ist noch untertrieben. „Die Leute verstehen jetzt wahrscheinlich ein bisschen besser, wie gut Rosberg ist“, bemerkt da flugs Michael Schumacher. Bei allem Lob für den ehemaligen Kameraden - wenn Rosberg gegen die Granate Hamilton besteht, rückt das auch sein als misslungen bewertetes Comeback in ein anderes Licht... Die Öffentlichkeit ist eine Spielwiese für persönliche Interessen.


Portrt Nico Rosberg Hamilton und Rosberg kennen sich seit Kindestagen, waren Teamkollegen in der Kart-Serie, im Jahr 2000. Sie sind das, was man Freunde nennt. Oder? „Kommt auf die Situation an“, präzisiert der Deutsche. „Man muss den Kompromiss finden. Einerseits die Freundschaft, andererseits der harte Kampf auf der Rennstrecke, aber mit Respekt. Das haben wir bis jetzt sehr gut geschafft.“ Hamilton ergänzt: „Wir können natürlich nie die besten Freunde der Welt werden, es sei denn, er akzeptiert es, Zweiter zu sein.“ Die Freundschaft bleibt auf der Strecke Weil das natürlich nicht der Fall ist, verlagert sich der Vortrieb häufig in Antrieb, auch abseits der Piste. Rennfahrer stehen auf eine gewisse Weise permanent im Wettkampf, und wenn es nur der mit sich selber ist. „Wir sind beide schrecklich ehrgeizig“, sagt Hamilton, und beinahe beschleicht einen das Gefühl, dass er manchmal gerne das Bremspedal betätigen würde. Allein: Es klappt nicht. Früher, in der Jugend, sowieso nicht. Da wurde der Alltag zur Arena umfunktioniert: „Wer konnte mehr Pizzas essen? Oder mehr Spiegeleier? 13 Eier waren es mal zu Kartzeiten, ich habe gewon-

nen“, erzählt Rosberg und lacht los. Dabei steckt durchaus Ernst in dieser als locker getarnten Anekdote. Gewinnen. Es geht ums Gewinnen. Immer und immer wieder. Erster werden, besser sein, höher, schneller, weiter. Wie Getriebene. „Höher“ ist im Übrigen mehr als eine Floskel. Nico Rosberg und Lewis Hamilton wohnen in Monaco im selben Haus, der Deutsche ein Stockwerk über dem Engländer. Noch. Hamilton will umziehen, seinerseits ein Apartment über den Mercedes-Stallgefährten. Man mag das als Staffage abheften. Oder als inneren Zwang. Nachbarschaftskrach gibt es trotzdem keinen. „Wenn sein Kühlschrank leer ist, kommt er zu uns essen“, schmunzelt Rosberg, ehe Hamilton einwirft: „Ich versuche, ihn nicht zu oft zu stören. Aber mein Kühlschrank ist irgendwie immer leer...“ „Ich würde die gleiche Entscheidung wieder treffen“ Beim GP Malaysia, dem zweiten Lauf der Saison, wurde das Band zwischen den beiden 28-jährigen erstmalig strapaziert. Rosberg musste sich hin-

10 ter Hamilton anstellen, auf Geheiß des Teams, obwohl er klar hätte schneller fahren können, weil der Weltmeister von 2008 auf den Spritsparmodus angewiesen war. Rosberg gehorchte, zähneknirschend, und auch das erst nach intensivem Funkverkehr mit dem Team. Ergebnis: Rosberg wurde zerknirschter Vierter, Hamilton rollte als Dritter über die Ziellinie und auf das Podium. Es schien ihm selbst unangenehm zu sein, Mimik und Gestik vermittelten dieses Bild, doch freilich ist von ultimativen Seelendiagnosen abzuraten - in der Formel-1 hat Fassadendenken jederzeit Hochkonjunktur. Für etliche Außenstehende aber war die Mercedes-Hierarchie mit Hamiltons Bevorzugung manifestiert. Und die latenten Vorwürfe, der Rennfahrer Rosberg sei zu „nett“, hatten so viel neue Nahrung erhalten, dass manch einer akute Übersättigung beklagte. Bescheidenheit ist eine Zier... „Wenn ich zurückschaue“, sagt Nico Rosberg, „würde ich die gleiche Entscheidung wieder treffen. Das ist mein Weg, dazu stehe ich. Es war nicht schön, aber da muss man durch. Ich bin durch und am Ende stark rausgekommen.“


11 Man hat den Eindruck, dass Rosbergs Portfolio erst in diesem Jahr um gewichtige Wertpapiere angereichert wurde. Angefangen bei der Wahrnehmung als Top-Pilot, der nach Schumacher auch Hamilton fordert. Der Wert seiner Aktien ist gestiegen. Für die körperliche Konstitution, noch so eine Parallele zu Jenson Button, schindet er sich beim Triathlon, das schult Kondition und Koordination. Daneben das Übliche, Programm für Wettkampf-Typen, immer auf Achse, selten ruhig gestellt: Fußball, Tennis, Snowboard, Jetski. Bekannt sind die Szenen, wie er sich ballspielend auf aufwärmt. Und es gibt die anderen Aktivitäten, solche ohne den Drill und das Tempo, Schach, Fotografie, Karaoke, Lesen. Die Entdeckung der Langsamkeit, ein Entkommen der ewigen Hetzjagd. Rosberg würde es als den „richtigen Kompromiss“ bezeichnen.

Portrt Nico Rosberg Zwei Rennsiege stehen 2013 auf der Visitenkarte, in Monte Carlo („Ich bin hier aufgewachsen, hier zu Hause. Das ist etwas ganz Besonderes!“) und Silverstone, als er vom Reifen-Platzer Hamiltons profitierte. Monaco war Rosbergs Triumphator-Wochenende: Samstagabend holte der FC Bayern die Champions League (gegen Borussia Dortmund), Sonntagmittag gewann er sein persönliches Heimspiel (vor Red Bulls Sebastian Vettel). Die Präferenzen verschoben hat die gesteigerte sportliche Ernte jedoch nicht. „Ich habe nachgedacht, ob ich nach den Siegen ein glücklicherer Mensch bin. Da kann ich definitiv sagen, dass das absolut null ändert. Das ist auch eine wichtige Erkenntnis, dass die Zufriedenheit im Leben nicht von Siegen kommt. Natürlich sind das tolle Erlebnisse und Erinnerungen, aber für das Generelle macht es keinen Unterschied.“

Gleichwohl genießt er die urplötzliche Stärke seines Mercedes F1 W04: „Ich hatte nie zuvor ein Auto, mit dem ich zur Strecke kam und wusste, dass ich Pole Position fahren und Rennen gewinnen kann. Es ist etwas entspannter und nicht mehr so ein Krampf, wenn man nicht jedes Wochenende versuchen muss, Siebter statt Neunter zu werden.“ Momentan aber, betont Rosberg, denke er „wirklich nicht“ an die Weltmeisterschaft. „Es fehlt die Konstanz. Euphorisch wäre ich, wenn ich in Sebastian Vettels Lage wäre. Aber davon sind wir noch weit entfernt.“ Was Toto Wolff, siehe oben, beidhändig unterschreibt. Bescheidenheit ist eine Zier... Da hätten wir sie wieder, die Diskrepanz zwischen Borussia Dortmund und Bayern München. Never Ending Story.


Portrt Adrian Newey

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Der Windmeister

Fotos: Red Bull Content Pool, LAT, Bridgestone Er gilt als der hellste Kopf der Formel 1. Seine Autos haben mehr Titelgewonnen als Michael Schumacher. Und doch ist Adrian Newey so anders. Warum eigentlich? von Johannes Mittermeier Es kam ein bisschen ansatzlos. Sebastian Vettel verlängert seinen Red-BullVertrag bis 2015. Lockrufe von Ferrari oder Mercedes, sofern es sie jemals konkret gab, wurden vom Weltmeister nicht erwidert. Noch nicht? Vettel weiß, was er an Red Bull hat. Weil Vettel weiß, was sie ihm bieten können. Garantien und Erbhöfe gibt es nicht in der -1, aber Trends und Tendenzen. Der Red-Bull-Trend geht dahin, dass sie in naher Zukunft (ein) Vorreiter bleiben werden, dort, wo die Fluktuation am Intensivsten ist: An der absoluten Spitze. Man hat sich daran gewöhnt, die dunkelblauen Wagen als Maßstab des Optimums heranzuziehen. Sebastian Vettels momentane Entscheidung gegen den Mythos Ferrari, der vor einigen Jahrzehnten noch an Blasphemie gegrenzt hätte, ist durchaus verständlich. Dabei hätte nicht viel gefehlt, und der Deutsche wäre vermutlich ohne zu zögern in den feuerroten Overall geschlüpft. Theoretische Konstrukte, die sich auf die Vergangenheit berufen, sind unwiderlegbar. Der Konjunktiv als Kompagnon. Denn aus demselben Grund wäre Vettel heute womöglich nicht hoch dekorierter Triple-Champion, sondern vielleicht weiter auf der Suche nach dem großen Rennfahrer-Glück. Nein, der fatale Strategiefehler des Ferrari-Kommandostands in Abu Dhabi 2010, der Fernando Alonso aller Chancen beraubte, ist damit nicht gemeint. Ebenso wenig das Formtief, in das Lewis Hamilton 2011 abrutschte. Auch nicht

eine verquere Wendung im RegenRoulette von Brasilien 2012. Es geht um einen hageren, in sich gekehrten Briten, der die weltmeisterlichen Red Bull-Autos entworfen hat. Und fast wäre es dazu nicht gekommen. 1. Mai 1994, Imola. Ayrton Senna verliert den Grand Prix seines Lebens. Der Unglückswagen ist eine Konstruktion von Adrian Newey. Bis heute ist von einer gebrochenen Lenksäule die Rede, bis heute aber steht eine genaue Aufklärung des Dramas aus. Newey (und mit ihm Patrick Head) wurden gar wegen Totschlags angeklagt. Heftiger noch als die Ermittlungen der italienischen Staatsanwaltschaft treffen Newey seine Emotionen, deren Umgang und ihre Bewältigung. Die Schuldgefühle drohten ihn aufzufressen: „Ich war verantwortlich für dieses Auto, und Ayrton ist darin verunglückt. Das hat mich alles physisch verändert, es war wirklich schlimm. Die wenigen Haare, die ich noch hatte, fielen in der Zeit danach vollständig aus. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob ich wirklich weiter machen soll mit dem Racing. Will ich wirklich in etwas verwickelt sein, wo Menschen durch etwas sterben können, was ich entworfen habe?“ Mit Lorbeeren überhäuft Das Katastrophenwochenende von San Marino wurde für den Mann, den heute alle das „stille Genie“ nennen, zum unsichtbaren Beifahrer. Letztendlich blieb er der Formel-1 erhalten, ein Segen für diejenigen,

die ihm ihr von Titelehren gekröntes Dienstgerät maßgeblich zu verdanken haben. Von Nigel Mansell bis Sebastian Vettel. Newey ist der Einzige, der es schaffte, mit drei verschiedenen Teams zu triumphieren: Williams, McLaren, Red Bull. Entsprechend glorifiziert die sonst wenig auf Nächstenliebe ausgelegte Branche seine Taten. „Für mich ist es Fakt, dass Adrian Newey den Unterschied ausmacht, er ist einfach kreativer“, zollt beispielsweise Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali dem Red Bull-Rivalen Tribut. Der ehemalige BMW-Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen betrachtete Neweys Arbeitsweise früher skeptisch: „Ich hatte den Eindruck, dass er das Ganze sehr stark auf seine Person zuschneidet. Aber wenn ich sehe, welchen Weg Red Bull gegangen ist, muss ich sagen: Diese eine Person ist offensichtlich so gut, dass sie die Vorteile, die man durch ein starkes Team hat, noch übertrifft.“ Bei seinem österreichischen Arbeitgeber weiß man nur zu gut um den kleinen, aber feinen Unterschied, einen Newey unter Vertrag zu wissen. Deshalb war er - und nicht Sebastian Vettel - erster Ansprechpartner, als es nach dem Gewinn des zweiten Titel-Doubles 2011 an die Zukunftsplanung ging. Erst als die Tinte unter einem neuen Vertrag getrocknet war, wandte man sich dem Piloten zu. Ein Akt, der angesichts der Vettel-Mania, die sich im und um das Red Bull-Lager ausgebreitet hatte, keine Selbstverständlichkeit in sich barg.


13 Das vielleicht werthaltigste Kompliment kam von Christian Horner und entstammt einer Periode, in der die Uhren noch anders tickten. Michael Schumacher kämpfte um den WMTitel, das Red-Bull-Racing-Experiment war am Anlaufen. Dennoch sagte Teamchef Horner: „Müsste ich mich zwischen Schumacher und Newey entscheiden, würde ich jederzeit Adrian wählen.“ Was aber macht diesen Engländer so besonders, so einzigartig, so kostbar? Was steckt hinter der schüchternen Fassade? Was hat er, was andere TopIngenieure nicht haben? Wie ein Fremdkörper Von ihm werden wir es kaum erfahren. Es ist schon eine kleine Kunst, ihm überhaupt ein Wort entlocken zu können. Newey hasst Interviews und gibt das durch seine Körpersprache zu verstehen. Überheblichkeit ist das gewiss keine, mehr Selbstschutz. Er sucht nicht das Rampenlicht, es kommt zu ihm. Na und? In einem Business wie der Formel-1, in dem es vor Selbstdarstellern nur so wimmelt, stellen Werte wie Bescheidenheit und Zurückhaltung eine wohltuende Abwechslung dar. Nie würde es Newey in den Sinn kommen, eine Rolle auszufüllen, womit die breite Öffentlichkeit unter Umständen mehr zu kredenzen hätte als durch sein Dasein als Eigenbrötler. Manchmal scheint es, als wäre es Newey geradezu peinlich, was er alles im Kopf hat - und andere nicht. Dann redet er so leise, dass man glauben muss, er wäre jetzt am liebsten in seinem Büro hinter dem Zeichenbrett und dürfte neuen Ideen die Muße zukommen lassen, sich ungestört auszuleben. Ohne den zahlreichen Schaulustigen das Warum und Wieso erklären zu sollen. Seine Gedanken niemandem offenlegen und sich mit Entwürfen von Rennautos an das Optimum herantasten - das ist es, was für Adrian Newey dem Idealzustand allen Seins sehr nahe käme.

Portrt Adrian Newey Wenn Newey, 54, vor einem Rennen durch die Startaufstellung wandert, hat das wenig bis gar nichts vom Glitzer - und Glamour-Image der Formel-1. Wenn er so herumschleicht, bedächtigen Schrittes, mit seinem feinen Lächeln, die Arme meist vor dem Brustkorb verschränkt, Abweisung demonstrierend, dann ist er ein Fremdkörper in einer Scheinwelt, in der alles immer größer und schneller sein soll. Und wüsste man es nicht besser, wäre er gewiss der Letzte, von dem man annimmt, der Ursprung dieses Schnellsten zu sein. Der Schöpfer sozusagen. Techniker sind generell eine Spezies für sich, deren Naturell sich meist im scharfen Kontrast zum Zirkus-Bild ihrer Umgebung bewegt. Aber bei Newey ist die Diskrepanz am Extremsten. Er wirkt ja eher wie einer, der von irgendjemandem am falschen Ort ausgesetzt worden ist und jetzt hofft, bloß keinem im Weg zu stehen. Eine Karriere auf dem Reißbrett Vielleicht müssen Genies so sein. Sonst wären sie schließlich normal und würden sich nicht abheben. Seine Entwürfe schlagen in dieselbe Kerbe. In einer High-Tech-Branche bedient er sich seit mehr als drei Jahrzehnten klassischer Hilfsmittel. „Als ich in die Formel-1 kam, gab es keine Computer“, erinnert sich Newey.

1980 war das, der Brite hatte gerade sein Studium der Aeronautik und Astronautik an der Universität Southampton als Luft - und Raumfahrtsingenieur mit höchster Auszeichnung abgeschlossen und sich dem Fittipaldi-Team angeschlossen. Wenig später führte sein Weg vom Renningenieur bei March in die Formel-2, wo sich die Wege mit dem Deutschen Christian Danner kreuzten. Allerdings nicht lange. „Ich kam 1982 zu March. Newey auch, als Frischling von der Uni“, erinnert sich der heutige RTL-Experte. „Ich hatte keine Ahnung, er hatte keine Ahnung. Ich habe ihn als Ingenieur gefeuert.“ Newey trocken: „Ich hätte das an seiner Stelle auch getan.“ Ein Glücksfall: Die folgenden vier Jahre arbeitete er in der IndyCar-Serie, ehe er Ende der 80er Jahre in der Formel-1 Fuß fasste, erneut für March. Als die unterfinanzierte Truppe plötzlich vorne mitmischen konnte, wurde die Szene auf den technischen Direktor aufmerksam. Damals wie heute unverändert: Seine Rennwagen zeichnet der introvertierte Engländer seit eh und je auf dem Papier. Mit Bleistift und Lineal. Was veraltet und überholt aussehen mag, ist tatsächlich die schlichte Übertragung der „Wer zahlt, schafft an“-Weisheit auf das Auto-Design. Wer Erfolg hat, muss seine Vorgehensweise nicht rechtfertigen. Und Newey hatte Erfolg. So viel, dass er 1990 den Sprung zu Williams


Portrt Adrian Newey schaffte, einer Marke voller Tradition. Dort begann der Ritt ins Renommee: Bis 1997 baute er Nigel Mansell, Alain Prost, Damon Hill und Jaques Villeneuve Weltmeister-Autos. Das tragische Senna-Ableben hätte um ein Haar alles verändert. Denn längst galt der wortkarge Mann als genialster Kopf der Formel-1. Besonders in seinem Spezialgebiet, der Aerodynamik, dem komplizierten Spiel mit der Luft, war und ist er Vertreter eines eigenen Levels. Eigentlich klingt das Prinzip denkbar simpel: Anpressdruck erhöhen und Widerstände verringern. Das will jeder. Aber kaum einer setzt es so gekonnt um wie Newey. „Mir ist relativ schnell aufgefallen, dass Rennwagen mehr mit Flugzeugen verwandt sind als mit Straßenautos“, erklärt er - das Studium hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Bei größeren Reglement-Umbrüchen, wie sie inflationäre Ausmaße angenommen haben, ist er seinen Design-Pendants für gewöhnlich mindestens einen Schritt voraus. Auch die Erklärung hierfür hört sich recht logisch an: „Ich genieße solche Regeländerungen. Sie erlauben dir, dich mit einem weißen Blatt Papier zurückzuziehen und vom ersten Moment an zu versuchen, die für diese

technischen Regularien bestmöglichen Lösungen zu finden - und wie sie dir zum Vorteil gereichen.“ Dass Red Bull just 2009, als sich die wichtigesten Reformen der jüngeren Vergangenheit zutrugen, zum Spitzen-Team avancierte, war kein Zufall. Viel hat damit zu tun, dass sie Newey haben, einen Meister darin, Grauzonen und Schlupflöcher zu finden. Der angeblasene Diffusor von 2011 ist da nur ein Beispiel von mehreren. Bei McLaren etwa, 1998, war es ganz ähnlich. Damals sorgte die sogenannte „Wunderbremse“ für Schlagzeilen und ratlose Gesichter bei der Konkurrenz. Es hat Züge vom Hase-undIgel-Spiel, denn die Ausgetricksten verfallen stets in dieselben Muster: Sie versuchen sich an einer Kopie des Corpus Delicti und legen parallel dazu vorsorglich Protest bei der FIA ein - dem in den meisten Fällen stattgegeben wird. Was die Frustrationstoleranz für innovative Designer verstärkt. Das Trachten nach der verlorenen Zeit Demzufolge müsste Adrian Newey längst eine schussfeste Hornhaut aufgebaut haben. Die Quelle an gewinnbringenden Einfällen versiegte nie in den vergangenen 20 Jahren, über 130 Grand-Prix-Siege und neun WM-Titel sprechen für sich. Ein Roboter aber ist er nicht. Manchmal hakt es selbst beim Besten seiner Zunft. „Dann“, sagt Newey, „verlasse ich einfach mein Büro. Es ist fast so, als entwickeln sich Dinge im Unterbewusstsein weiter. Ich habe oft schlaflose Nächte, wenn ich spät nach Hause komme. Die Zeit ist mein größter Feind.“ Die liebe Zeit. Immer und überall der begrenzende Faktor. Newey arbeitet in einem Sport, der nie still steht, gegen sie, um auf der Rennstrecke mit ihr im Bunde zu sein. Und wenn es nur im Moment des Sieges ist. Die Uhr als Herrscher über Sieg oder Niederlage, Triumph oder Tränen, Sekt oder Selters. Heute dein größter Freund, morgen der ärgste Feind. Sie agiert gnadenlos.

14 Newey fällt es nicht leicht, Geist und Gemüt schweifen zu lassen, wie er in einem seltenen Einblick gesteht: „Ich versuche, ein Leben außerhalb der Formel-1 zu haben und mir diese Zeit wirklich zu nehmen. Aber wenn ich das mache, fühle ich mich fast schon wieder schuldig, weil ich nichts arbeite. Natürlich gibt es auch den Druck, es dann gut zu machen - und wenn du das tust, stehst du wiederum unter Druck, das aufrecht zu erhalten.“ Aus dem er 1997 raus wollte. Zumindest aus dem Williams-Zirkel. Kein Geheimnis, dass er sich mit Frank Williams in die Haare gekriegt hatte, weil dieser ihm den Wunsch nach TeamAnteilen verweigerte. Newey zog die Konsequenzen und wechselte zum ambitionierten McLaren-Rennstall. Bis 2005 war er Angestellter in Woking, Mika Häkkinen errang seine beiden WM-Titel 1998 und 1999 mit Newey-Kreationen. Die kühle Atmosphäre im von Ron Dennis geführten und zur Erfolgsverdammnis getrimmten Unternehmen behagte dem sensiblen Engländer allerdings nie. Die Arroganz, das Geprotze, das bedingungslose Streben nach dem Superlativ Dennis‘scher Art beschnitt Neweys kleine große Gedankenwelt. Ein Ausnahmekönner wie er braucht Freiheiten. Neueinsteiger Red Bull gewährte ihm sie gerne, der McLarenAbschied kam einer Flucht gleich. Eine Anekdote zu seiner Kündigung beschreibt den Charakter des Adrian Newey dabei ziemlich gut. Er traute sich nicht, Dennis seinen Entschluss mitzuteilen und ging ins Kino, um Ablenkung zu finden. Kam heraus, ging noch einmal hinein und sah denselben Film letztendlich dreimal. Dann rang er sich zum Gespräch durch. Was man dazu wissen muss: Bereits Mitte 2001 war sich der Technik-Guru mit Red Bull-Vorgänger Jaguar so gut wie handelseinig - bis eine von Ron Dennis entsandte Heerschar von Anwälten sowie Neweys damalige Frau von der es hieß, sie würde alle Verträge ihres Mannes absegnen - ihn zum Bleiben „überreden“ konnten...


15 Die Ehe ist lange gescheitert, genau wie eine weitere, aber der Brite wirkt glücklicher denn je. Newey ergötzt sich am Leben, weil er weiß, dass es kaum besser sein könnte. Wenn er wollte, müsste er nie wieder auch nur einen Bleistiftstrich ziehen. Red Bull ist seine Virtuosität am Zeichenbrett jährlich an die acht Millionen Dollar wert. „Ich betrachte Red Bull als meine letzte Station in der Formel-1. Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich nicht wirklich mehr arbeiten muss, wenn ich nicht will. Der Grund, warum ich noch hier bin, ist, dass ich es einfach genieße.“ Sagte es und verbreitet Authentizität. Ein glücklicher Mensch Die Vereinigung von Design und Technik, von Kreativität, Intuition sowie Mathematik und Physik ist die immer neue Herausforderung, die es in Einklang zu bringen gilt. Newey liebt das, und besonders jene Feinziselierungen bis ins kleinste Detail, die später auf der Piste den entscheidenden Vorteil bedeuten. Eindeutig ist seine Relation zu Reglements-bedingten Mitbringseln wie den Stufennasen des Jahrgangs 2012 - eindeutig abstoßend. Solche Scheusale sind dem Ästheten Newey ein Gräuel, da mag die Form noch so sehr der Funktion

Probleme bei Sauber und Lotus? Die Presse berichtet meistens negativer, als die Sache wirklich ist. Aber es ist ja auch kein Geheimnis, dass viele F1-Teams finanziell nicht auf soliden Sockel stehen. Zuletzt hieß es, dass sich die Probleme bei Lotus und Sauber zuspitzen – mit einer jeweils ähnlichen Geschichte. Geplante Partnerschaften mit Investoren scheinen noch nicht vollzogen, obschon bereits verkündet. Bei Lotus handelt es sich um die Investorengruppe Infinity Racing, bei Sauber um drei russische Firmen. Lotus wird ein Schuldenberg von 120 Millionen

Portrt Adrian Newey folgen. Schnell muss es sein, klar, aber wenn es irgendwie geht, auch schön. Unter dieser Prämisse kann man sich ausmalen, wie wenig zugetan er dem hässlichem Höcker und der abgeschwächten 2013er Variante sein muss. Sowieso: Welche Räume es gäbe ohne die restriktiven Zwänge aller Vorschriften und Verordnungen! „Wenn wir das Regelbuch einmal beiseite legen würden“, schmunzelt Newey, „dann könnten unsere Autos verdammt schnell sein, sie könnten fahren wie sonst nur auf der Playstation.“ Das würde ihm gefallen, besonders, da er es für gar nicht abwegig hält: „Die Grenzen sind noch nicht erreicht. Der Fahrer kann noch höhere Geschwindigkeiten aushalten.“ Die Grenzen erreichen, das Limit ausloten: Mit dieser Denkweise passt er dann doch wunderbar in den Motorsport. Sogar als Pilot. Denn selbst in der knapp bemessenen Freizeit drehen sich die Räder. Oldtimer-Rennen sind seine Leidenschaft. Wobei es dabei schon vorkam, dass er seine Wagen in abstrakte Kunst verwandelte... Adrian Newey ist ein angenehmer Gegenpol im Milliardenspektakel Formel -1. Ruhig, höflich, adrett. Ge-

Euro nachgesagt. Bei Sauber soll die Lage sogar so dramatisch sein, dass das Ende noch vor dem kommenden Belgien GP drohen könnte. Dabei dürfte es sich aber in erster Linie um Panikmache handeln, obwohl die russischen Geldgeber Verzögerungen bestätigen. Russian Time mit Williams Das Russian-Time-Team vom russischen Geschäftsmann Igor Mazepa hat viele Pläne. Man will 2014 neben der GP2 auch in der GP3-Serie voll einsteigen. Ob das klappt, ist noch nicht sicher: Derzeit sind neun Teams

fragt, welches Auto er als seinen AllTime-Hero einschätze, erhält man als Antwort nicht etwa einen seiner etlichen Weltmeister-Boliden, sondern ein Modell des March-Rennstalls von 1988. Typisch Newey. Und alles nicht schlecht für einen, der im Alter von 16 Jahren von der Schule flog, weil er ausnahmsweise etwas betätigte, was er nicht beherrschte. Der neugierige Adrian drehte Mega-Boxen auf volle Lautstärke, woraufhin die Bleiverglasungen des Schulgebäudes zerbröselten - dummerweise vor den Augen des Direktors. Wo er ist, ist die Spitze. Teams, die er verließ, mussten danach meist um den Anschluss kämpfen. Wie beispielsweise Williams. Im Rückblick würde Sir Frank dem Star-Designer seine Teilhaberschaft wahrscheinlich mit Kusshand zugestehen. Auch wenn Gras über die Sache gewachsen ist, viel Gras, so ganz scheint der Rollstuhl-General den Abschied Neweys bis heute nicht verkraftet zu haben: „Adrian Newey hat immer noch ein großes Problem“, sagt Williams. „Es gibt ihn nur ein Mal.“ Newey, der aus der Shakespear-Stadt Stratford-upon-Avon stammt, hat inzwischen schon 30 Jahre im Formelsport auf dem Buckel.

fix bestätigt. Mazepas Langzeitziel ist die Formel-1. Schon jetzt hat er erste Kontakte geknüpft. Man wird mit dem Williams-Team kooperieren. Die Details der Kooperation sind noch nicht geklärt, es besteht aber die Möglichkeit eines russischen Fahrers bei Williams. Möglicherweise kehrt Vitaly Petrov zurück in die Königsklasse. Auch Sam Bird, einer der Russian-Time-Fahrer, wird nun mit Williams in Verbindung gebracht – weil er zudem Mercedes-Testfahrer ist und Mercedes 2014 Motoren an das britische Traditionsteam liefern wird. Das könnte das Aus für Bottas und Maldonado bedeuten. MZ


F1 Motoren

16 Motoren-WechselSpiel: Es gab schon den Ferrari-Jaguar! Fotos: Ferrari, Ron McQueeney, BMW, Ercolo Colombo, LAT

In der Formel-1 wechselten vor allem kleinere Teams häufig die Motorenlieferanten. Wer war wann mit welchem Motor am Start? von Michael Zeitler Williams zu Mercedes, McLaren zu Honda – jahrelange Partnerschaften werden nun beendet. In der neuen Turboära sollen neue Verbindungen Erfolge bringen. Das ist der Blick nach vorne – interessant ist aber auch der Blick zurück: Wer hat schon mal mit welchen Herstellern zusammengearbeitet? Einfach ist es natürlich beim Werksteam Ferrari. Seit dem ersten Auftritt in der Fahrermeisterschaft 1950 setzt Ferrari natürlich auf hauseigene Motoren. Das war aber auch schon anders: In der Anfangszeit des Teams in den 30er Jahren leitete Ferrari noch die Werkseinsätze von Alfa Romeo. Schon in dieser Phase gewann Ferrari einige GP-Rennen. Und auch später gab es interessante Experimente – wenn auch nicht vom Werksteam selbst. Aber beim Italien GP 1950 findet sich in der Startaufstellung auch der legendäre Ferrari Jaguar von Clemente Biondetti. Der Italiener war ein Bastler, wie es solche heute nicht mehr gibt. Der Wagen wurde aus Elementen von Fahrzeugen der Marken Maserati, Ferrari und eben Jaguar zusammengeschraubt. Das Ziel erreichte Biondetti wegen Motor-Aussetzer nicht. Beim Mercedes-Werksteam wird es komplizierter: Rechnet man alle Vorgängerteams durch, so war Mercedes früher ein Honda-Werksteam und hatte auch Honda-Motoren! Begonnen hatte alles 1968 als Tyrrell-Team und mit Motoren von Ford Cosworth.

17 Jahre lief diese Partnerschaft, dann gab es eine kurze Liaison mit Renault 1985 und ’86. Das Werksteam hatte sich damals gerade zurückgezogen und nur noch Motoren geliefert – einige davon kamen eben zu Tyrrell. Es folgten wieder vier Saisons mit Ford Cosworth, ehe Tyrrell experimentierte: 1991 mit Honda, ’92 mit der Motorenschmiede des Schweizers Mario Illien (Ilmor baute später ja auch die Mercedes-Motoren in der F1), ab 1993 dann mit Yamaha. Doch die Japaner bauten nie wirklich einen starken Motor und verabschiedeten sich 1997. Vom Honda- zum Mercedes-Werksteam 1997 kehrte Tyrrell daher wieder zu Ford zurück, 1999 setzte man zwischenzeitlich (aus Tyrrell wurde jetzt BAR) auf die Supertec-Lösung (alte Renault-Motoren), ab 2000 gab es dann die Partnerschaft mit Honda, die darin gipfelte, dass Honda das Team kaufte. Nach dem Rückzug Ende 2008 erklärte sich Mercedes bereit, die Motoren an das Brawn-Team zu liefern – man wurde Weltmeister! Mercedes übernahm das Team schließlich und führt es bis heute – selbstverständlich mit eigenen Motoren. Dabei lieferte Mercedes jahrelang Motoren an McLaren, seit 1995! Das ist die bisher längste Partnerschaft, die McLaren je hatte. Die zweitlängste: Mit Ford Cosworth von 1968 bis ’83 – aber da fuhr ja beinahe jedes Team mit diesen Motoren. Zuvor experimentierte McLaren auch mit Serenissima (1966) und BRM (1967/’68).

Erst Mitte der 80er Jahre kehrte mehr Professionalität bei McLaren ein, nachdem Ron Dennis das Team übernahm. Er suchte immer nach Partnerschaften, die über die Lieferung der Motoren hinausgeht. Das sollte der Schlüssel zum Erfolg sein und diese Mentalität setzt sich bis heute fort. 2015 wird McLaren ja mit HondaMotoren an den Start gehen und die Japaner werden McLaren werksseitig unterstützen. Bei Mercedes wäre das nicht mehr der Fall. Hier bestünde die Gefahr, dass Mercedes das Werksteam mehr und die Kundenteams wie McLaren weniger unterstützen, während man bei Honda unabhängig von weiteren Kunden zunächst mal die Nummer eins wäre. Mit Honda war McLaren von 1988 bis ’92 schon sehr erfolgreich. Honda war damals Nachfolger von Porsche, die mit Geldern von TAG die Turbomotoren von 1983 bis ’87 für McLaren bauten. Nach dem Ausstieg von Honda 1992 suchte McLaren jahrelang einen neuen Partner. Erst liebäugelte man mit Chrysler. Ayrton Senna absolvierte 1993 sogar Testfahrten mit einem von Lamborghini gebauten Motor. 1993 war für McLaren ein Übergangsjahr mit Ford, 1994 spannte man dann aber statt mit Chrysler mit Peugeot zusammen. Die Franzosen wollten unter der Leitung des heutigen FIAPräsidenten Jean Todt eigentlich ein eigenes Werksteam aufziehen. Die Ehe mit McLaren trug keine Früchte, schon nach einem Jahr trennte man sich und McLaren wechselte zu Mercedes.


17 Auch für Force India ist die Mercedes-Zusammenarbeit die längste mit einem Motorhersteller in der Teamgeschichte – die 1991 als Jordan begann, und mit Motoren von Ford. 1992 wechselte man auf Yamaha, von 1993 bis ’95 fuhr man mit den Motoren des ehemaligen F1-Piloten Brian Hart. Der Durchbruch sollte 1996 mit Peugeot glücken. McLaren trennte sich von den Franzosen und Jordan wurde der neue Partner. Kleine Teams mit vielen Partnern Man sah in Peugeot viel Potenzial und tatsächlich wurde Jordan auch immer besser, aber dann holte der viermalige F1-Weltmeister Alain Prost Peugeot ins von Ligier gekaufte Team und Jordan musste 1998 auf MugenHonda-Motoren umsteigen, Aggregate von der Honda-Tochterfirma Mugen. Man buhlte sogar um die Gunst von Honda selbst, lange Zeit war es nicht sicher, ob Honda bei BAR oder Jordan einsteigen würde, denn beide Teams belieferte man von 2000 bis ’02 mit Triebwerken. Die Entscheidung fiel zugunsten von BAR und Jordan wechselte 2003 zu Ford. 2005 und ’06 bezog man Motoren von Toyota, danach zwei Jahre von Ferrari – seither von Mercedes. Der erste Mercedes-Partner: Sauber. Mit dem Schweizer Rennstall holte Mercedes schon Erfolge in der Sportwagen-WM. Beim F1-Einstieg von Sauber 1993 zierte sich Mercedes aber noch etwas, man lief die Motoren unter dem Namen des Konstrukteurs laufen: Ilmor. 1994 hießen die Motoren im Heck der Sauber-Renn-

Auf heimischem Boden: Jacques Villeneuve 2006 im Sauber

F1 Motoren wagen dann auch Mercedes, doch dann wollte Mercedes den schnellen Erfolg und man wechselte zu McLaren. Sauber fuhr übergangsweise mit Ford, von 1997 bis 2005 dann mit Ferrari. Bezahlt wurden die Motoren von der malaysischen Mineralölgesellschaft Petronas, so wurden die Aggregate schließlich auch getauft. 2006 übernahm BMW das Team, daher gab es natürlich auch die Motoren aus Bayern. Ende 2009 zog sich BMW zurück, Sauber wurde wieder Besitzer und belebte die alte Ehe mit Ferrari wieder. Seitdem dürfen die Motoren auch unter dem Original Label genannt werden. Auch das aktuelle WM-Team Red Bull fuhr 2006 mit Ferrari-Motoren. Zuvor war man seit dem Einstieg 1997 (als Stewart) mit Ford Cosworth am Start. Ford besaß auch Anteile am Team, die Mannschaft nannte sich daher von 2000 an bis zur Red-Bull-Übernahme 2005 Jaguar. Seit 2007 arbeitet Red Bull mit Renault zusammen, denn diese Motoren passten besser zum Konstruktionsstil von Adrian Newey: Sie sind zwar nicht ganz so leistungsstark, aber dafür handlicher im Umgang. Sie brauchen weniger Benzin und Kühlung. Toro Rosso wird jetzt dem Mutterteam folgen. Mit Renault hat Toro Rosso auch als Vorgänger Minardi nie zusammengearbeitet. Minardi begann 1985 mit Motoren von Motori Moderni, nachdem Verhandlungen mit Alfa Romeo zu keinem Ergebnis gekommen sind. Übergangsweise fuhr man mit Ford-Cosworth-Triebwerken, aber Minardi suchte nach neuen Partnern. 1989 testete man einen Motor von Subaru auf Basis eines alten MotoriModerni-Motors. Die Japaner spannten dann aber mit Coloni zusammen. Am Ziel aller Träume wähnte sich Giancarlo Minardi, als er 1991 Motoren von Ferrari bekam. Doch die waren viel zu teuer – und so wurde aus dem Traum ein Alptraum. Schon nach einem Jahr wurde der Vertrag gelöst, stattdessen legte sich Minardi – auch nur für ein Jahr – mit Lamborghini ins

Der Rote Bulle war zuvor eine Raubkatze: Das Jaguar-Team Bett. Es folgten Partnerschaften mit Ford Cosworth, Hart und Asiatech. Im ersten Toro Rosso Jahr 2006 setzte man übrigens wieRed Bull auf Cosworth-Aggregate. Kein Wunder, denn bei der Fahrzsugkonzeption griff man zu großen Teilen auf die Daten des RB1 zurück. Seit 2007 schlummern aber Ferrari-Motoren im Heck. Auf Ferrari setzte das Williams-Team noch nie. Dafür auf Ford (bis 1983) und auf Honda. Die Japaner waren der Williams-Partner bis 1987, dann schnappte McLaren Honda weg. Williams musste 1988 ein Übergangsjahr mit Judd einlegen, ehe die erfolgreiche Liaison mit Renault begann, die mehrere WM-Titel zur Folge hatte. Ende 1997 zog sich Renault zurück, die Motoren wurden unter Namen wie Mécachrome und Supertec aber unter anderem bei Williams weiter eingesetzt. Die letzte große WilliamsPartnerschaft BMW kam nie zu einem großen Erfolg. Man kam zwar rasch auf Touren (Ralf Schumacher sicherte sich beim ersten Rennen Rang drei), doch der Sieg folgte erst in der zweiten Saison. Ende 2005 trennten sich beide Parteien nach Streitereien über eine Teamübernahme. Williams fuhr seither mit Motoren von Ford Cosworth, Toyota und wieder Renault, aber inzwischen hat man an alte, erfolgreiche Tage nicht mehr anknüpfen können.


F1 Motoren Auch Lotus fährt mit Renault-Motoren – und das schon seit 2001. Eigentlich sogar schon seit 1995, wenn man die Supertec-Motoren dazurechnet. Und man muss dann natürlich auch die Lotus-Vorgängerteams aus Enstone dazurechnen, die bis in die 80er Jahre unter Toleman, Benetton und eben dem Renault-Werk agierten. Der erste Partner 1981 war Hart, 1986 dann übergangsweise BMW, von 1987 bis

18 ’94 die günstige Ford-Alternative. Verhandelt wurde auch mit Jaguar. Die neuesten Teams Caterham und Marussia fuhren in den ersten Jahren mit Cosworth-Motoren (Marussia bis heute). Das soll ja Gerüchten zu Folge auch eine Bedingung gewesen sein, an die eine Zulassung in der F1WM geknüpft war. Der Hintergrund war, dass die FIA unbedingt einen

unabhängigen Motorenhersteller an Bord haben wollte – als Druckmittel im Machtkampf mit den Werken. Caterham hat sich von Cosworth schon gelöst und fährt jetzt im zweiten Jahr mit Renault-Power. Nachdem Marussia ebenfalls bekannt gegeben hat, dass man nicht mehr auf die Motoren aus England setzt, entschied sich die Traditionsfirma keine Motoren für das 2014er Regelwerk zu bauen.

Auch Williams arbeitete schon mit Honda zusammen, wie hier mit Keke Rosberg 1984

Zum Motorentransfermarkt Die Formel-1 steht vor einer Revolution: Das Comeback der Turbo-Motoren 2014, so ökologisch wie noch nie, aber so stark wie jetzt. Mit dem Wechsel des Motoren-Formats suchen sich immer mehr Teams auch neue Motorenpartner. Das hängt vor allem mit den Kosten zusammen. Renault wird für die Turbomotoren mehr als 20 Millionen Euro pro Jahr verlangen, deswegen wechselt das traditionelle Williams-Team zu Mercedes. Diesen Deal hat der neue Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff eingefädelt, der ja noch immer 16% der Teamanteile an Williams hält. Einen anderen Weg geht Toro Rosso: Die Italiener wechseln von Ferrari auf Renault-Power. Unterm Strich wird man sich dadurch sogar Geld sparen, denn jetzt kann Toro Rosso auf den Bau eines eigenen Getriebes verzichten. Man hat nämlich jetzt den gleichen Motor im Heck wie das Mutterteam Red Bull – und kann daher den kompletten Antriebsstrang von Red Bull beziehen. Auch Caterham bleibt bei Renault – weil man mit den Franzosen sogar eine Partnerschaft im Automobilsektor hat. Gemeinsam besitzt man die Alpine-Marke und gemeinsam soll in Kürze ein Caterham-Straßenwagen entwickelt werden. Red Bull bleibt aus ähnlichen Gründen bei Renault: Hier gibt es eine Partnerschaft mit der Nissan-Edelmarke Infiniti und Nissan gehört zur Renault-Gruppe. Es wird erwartet, dass auch Lotus bei Renault bleibt. Ferrari wird den verlorenen Kunden (Toro Rosso) durch eine Lieferung an Marussia ausgleichen. Bei Marussia sitzt 2013 bereits der Ferrari-Junior Jules Bianchi am Steuer. Sauber bleibt als Partner wohl auch erhalten – das Werksteam ja sowieso. Mercedes gewinnt Williams, verliert aber ab 2015 McLaren (an Honda). Honda wird entgegen ersten Erwartungen vorerst nur McLaren mit Lotus beliefern. Damit dürfte Sauber bei Ferrari und Lotus bei Renault bleiben. Force India hat den Kontrakt mit Mercedes schon verlängert. MZ


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F1 Nachwuchs Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Fotos: DPPI, Jürgen Tap, Alastair Staley, Thomas Suer Nico Rosberg könnte nicht der einzige Sohn eines ehemaligen Forme-1-Piloten sein, der es bis in die Königsklasse schaafft. Wir werfen einen Blick auf den Nachwuchs berühmter Fahrer. von Michael Zeitler Türöffner oder erhöhter Druck? Hilft es Nachwuchsfahrern, wenn der Vater sich in die Geschichtsbücher der Formel-1 gefahren hat? Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte. Ein bekannter Name lockt Sponsoren an – und das ist nun mal eine Grundvoraussetzung, um in der Karriereleiter hinaufzuklettern. Das zweite wichtigste Kriterium kann, aber muss nicht in die Wiege gelegt werden: Talent. Oftmals sind es die Erfolge der

Väter, an denen man die F1-Sprösslinge misst. Das baut Druck auf, doch auf der anderen Seite: Rennfahrer müssen immer an den allerbesten gemessen werden. Mit Nico Rosberg gibt es derzeit einen Fahrer im Feld, dessen Vater schon in der Formel-1 unterwegs war: Keke Rosberg wurde 1982 sogar F1-Weltmeister. Das fehlt Nico noch, aber der Deutsche holte immerhin schon drei GP-Siege. In Monaco sind die

Rosbergs jetzt das erste Vater-SohnGespann, die jeweils den LeitplankenKlassiker gewinnen konnten. Bekommt Rosberg aber bald Gesellschaft? In den wichtigsten Nachwuchsserien finden sich derzeit neun Talente, deren Väter schon GP-Rennen auf dem Buckel haben. Welche davon haben Potenzial zu einer großartigen Karriere (grün)? Welche eher nicht (rot)? Und welche stehen dazwischen (Gelb)?

Kevin Magnussen (DEN) Wie der Vater, so der Sohn – und zwar durch und durch. Schon Jan Magnussen war McLaren-Junior, Sohnemann Kevin ist das jetzt auch. Beide gelten als sehr talentiert, aber zumindest Jan Magnussen konnte bis auf wenige Einsätze für McLaren und Stewart daraus nicht wirklich was machen. Gerade als er beim Kanada GP 1998 im Stewart Ford seinen ersten WM-Punkt einfuhr, wurde er gegen Jos Verstappen ausgewechselt. Der Däne ist heute noch immer bei den Sportwagen aktiv. Kevin Magnussen fährt indes in der Renault-World-Series und damit auf der letzten Stufe vor der Formel-1. Hier hat jeder eine Dominanz von Red-Bull-Junior Antonio da Costa erwartet – und jetzt führt Magnussen! Mit dem DAMS-Team hat er einen erfahrenen Rennstall hinter sich, der schon mehrmals die GP2-Meisterschaft gewinnen konnte. Magnussen überzeugt auf ganzer Linie, nachdem er letztes Jahr mit Carlin unter den Erwartungen blieb. Das lag auch an zahlreichen technischen Problemen. Deswegen hegt Magnussen auch keine Missgunst: Die Saison 2012 habe ihm geholfen. „Ich bin die Saison noch mal genau durch gegangen und habe deswegen viel gelernt. Das macht mich jetzt stärker.“

Louis Deltraz (SUI) Louis Delétraz muss die Familienehre retten: Denn sein Vater Jean-Denis Delétraz ist nicht unbedingt als der beste F1-Fahrer in die Geschichte eingegangen, um es höflich zu formulieren. Eher im Gegenteil. Heute wird viel über Bezahlfahrer geschimpft, aber heute haben auch die Bezahlfahrer ein gewisses Niveau. Das war zu Beginn der 90er Jahre noch anders. Delétraz fuhr 1994 und 1995 seine wenigen Rennen für Larrousse und Pacific gewiss nicht, weil er ein Überflieger war. Beim Debüt in Australien 1994 war er schon zehn Mal überrundet, als er in Runde 57 aufgefallen ist. Alleine in den ersten neun Runden verlor er 80 Sekunden auf die Spitze! In Portugal 1995 würgte er den Motor ab, als er die Bergauf-Schikane passieren wollte – er war schlicht zu langsam! Zudem gab es 1995 Ärger, als einige verärgerte Teammitglieder des einstigen F3000-Teams First Geld einforderte, das ihnen Delétraz nach der Teamübernahme 1991 angeblich schuldete. Louis jedenfalls ist auf einem guten Weg es viel besser zu machen. Er fährt in der Zweiliterklasse der Formel-Renault für das Team des Deutschen Josef Kaufmann und sicherte sich bereits viel versprechende Ergebnisse. Nächster Schritt: Noch ein Jahr Formel-Renault oder F3.


F1 Motoren

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Jules Gounon (FRA) Er ist noch relativ frisch im Formel-Sport: Jules Gounon fährt gerade mal die französische Formel-4, eine EinsteigerFormel-Rennserie. Von hier dürfte der nächste Schritt die Zweiliterklasse der Formel-Renault sein. Darauf läuft alles hinaus, denn in der Formel-4 ist Gounon einer der Klassenbesten, gewann auch schon ein Rennen. Die Meisterschaft ist umkämpft und gilt als stark, soll ja bald auch unter der Obhut des Automobilweltverbandes FIA gestellt werden. Hier sind die Fahrer auf die Arbeit mit den Ingenieuren beschränkt: Einsatzteams gibt es nicht. Gounons Vater, JeanMarc, ist nur den eingefleischten Fans ein Begriff. Das könnte natürlich auch in Zusammenhang mit seinen eher dürftigen Leistungen stehen. Der Franzose gewann 1992 mit DAMS ein F3000-Rennen und sollte daraufhin mit March in die Formel-1 aufsteigen. Aber der Rennstall verschwand und so debütierte Gounon erst im Laufe der Saison 1993, als sich Christian Fittipaldi mit Minardi überwarf. Auch 1994 hätte Gounon fast ein Langzeit-Cockpit bekommen, stand bei Arrows hoch im Kurs. Doch er fiel zwischen Stuhl und Bank und fuhr nur ein paar Rennen für Simtek. Insgesamt fuhr Gounon neun F1-Rennen. Im Sportwagen war er erfolgreicher. 1997 gewann er die 24 Stunden von Le Mans.

Conor Daly (USA) m Winter klagte Conor Daly noch über mangelnde Sponsorenunterstützung. Der US-Amerikaner wusste nicht, in welcher Rennserie er fahren könne – jetzt fuhr er 2013 schon fast überall, nur nicht da, wo er 2013 eigentlich fahren wollte: In der Renault-World-Series. Dafür schnupperte er mit Hilmer in Malaysia in die GP2-Serie, fuhr für das Team des legendären AJ Foyt das Indy-500, testet für das Force-India-Team auch in der Formel-1 – und fährt hauptsächlich mit ART erneut in der GP3. Dort zählt er auch aufgrund seiner Erfahrung zum engeren Favoritenkreis. Sein Vater Derek Daly war lange in der Formel-1 – bis er 1982 bei Williams neben Keke Rosberg, der dann ja auch Weltmeister wurde, unter ging. Daly ging daraufhin in die IndyCar.

Aurlien Panis (FRA) Er ist der letzte F1-Sieger aus Frankreich: Olivier Panis (Monaco 1996 im Ligier Mugen Honda). Die Karriere des Franzosen fußte auch auf Sponsorengelder des Transportunternehmens der Familie Pic. Längst hat es sich Panis auf die Fahne geschrieben, sich zu revanchieren: Er managt Charles Pic. Dieses Jahr hat Panis Pic bei Caterham parken können – und diese Kontakte hat er jetzt genutzt: Sein Sohn Aurelién Panis ist in den Nachwuchskader von Caterham aufgenommen worden. Panis Junior fährt in seiner zweiten Saison in der Zweiliterklasse der Formel-Renault für das RC-Team. Panis reißt keine Bäume aus, zeigt aber doch gute Ansätze. Der 18-Jährige wird aber 2014 noch mal nachsitzen müssen in der Formel-Renault und eine weitere Saison bestreiten.

Pietro Fittipaldi (BRA) Emerson und Wilson Fittipaldi gelten heute als Art Türöffner für brasilianische Stars wie Ayrton Senna oder Nelson Piquet nach Europa. Zunächst bastelten die beiden in den nationalen Serien, legten eigene Formel-Vee-Fahrzeuge auf Kiel. Dann zeigten sie Mut, gingen nach Europa. Emerson Fittipaldi wurde zwei Mal Weltmeister, 1972 für Lotus, 1974 für McLaren. Sein Bruder Wilson etablierte ein eigenes F1-Team. Sein Sohn Christian Fittipaldi fuhr von 1992 bis ’94 für Arrows und Minardi in der Formel-1. Pietro Fittipaldi ist der Enkel von Emerson. Der Brasilianer ist in Miami geboren und fährt in diesem Jahr seine erste Saison im Formel-Sport. Er fährt in der britischen Formel-4, gewann dort zuletzt sein erstes Rennen, sowie in der britischen Formel-Renault.

Kevin Magnussen

Conor Daly

Aurélien Panis


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F1 Nachwuchs

Johnny Cecotto jr. (VEZ) Gerade die Fahrer, die auf der Karriereleiter schon am weitesten sind, sind die, auf die man am wenigsten setzen sollte. Zum Beispiel Johnny Cecotto jr. Sein gleichnamiger Vater war der letzte venezuelanische F1-Fahrer vor Pastor Maldonado. 1983 und 1984 fuhr er 18 WM-Rennen für Theodore und Toleman. Ein übler Crash mit Beinbrüchen beendete die F1-Laufbahn des ehemaligen Motorradfahrers. Sein Sohn fährt mit dem Arden-Team der Familie Horner in der GP2-Serie. Dort fällt er immer wieder als Pisten-Rowdy auf, verwechselt Rennsport mit Auto-Scooter. Zuletzt wurde er in Monaco sogar gesperrt, nachdem er im Hauptrennen einen Massencrash provozierte. Immer wieder lässt der 23-Jährige aber auch sein Speed aufblitzen – unter anderem mit der Pole-Position in Monaco

Jolyon Palmer (GBR) In der GP2 muss sich Jolyon Palmer jetzt so richtig durchbeißen. Denn davor war der Brite in Serien wie der FormelAudi-Palmer oder der Formel-2 unterwegs, die von seinem Vater Jonathan Palmer organisiert wurden. Palmer Senior ist wohl der schnellste Zahnarzt der Welt, fuhr zwischen 1983 und ’89 für Williams, RAM, Zakspeed und Tyrrell 83 F1Rennen. Mit Tyrrell wurde er auch Meister der Wertung für Saugermotoren, denn diese Aggregate hatten gegen die Turbo-Motoren keine Chance. Jolyon Palmer will es jetzt seinem Vater nach machen. Der erste Schritt wäre ein Titel im F1-Vorzimmer, so wie Jonathan Palmer ’83 die F2-EM gewonnen hat. Palmer fährt derzeit für das Carlin-Team, muss sich dort aber seinem Teamkollegen Felipe Nasr (ehemaliger britischer F3-Meister) beugen.

Eddie Cheever jr. (ITA) Er hat schon was geschafft, was für seinen Vater immer ein Traum war: Einen F1-Test für Ferrari. Dabei war Eddie Cheever Senior 1977 sogar schon unter Ferrari-Vertrag. Als dann aber Gilles Villeneuve als zweiter Fahrer andockte, wollte Cheever aus dem Kontrakt aussteigen. „Der größte Fehler meines Lebens“, hat der US-Amerikaner einmal gesagt. So fuhr er 132 F1-Rennen für Hesketh, Osella, Tyrrell, Ligier, Renault, Alfa Romeo, Haas und Arrows. Cheever jr. bekam im November 2012 die Testmöglichkeit für Ferrari durch sein hervorragendes Abschneiden in der italienischen Formel-3. Doch die Serie dort war nicht so stark besetzt. Cheever stieg gemeinsam mit Prema Power in die F3-EM auf, doch hier weht dem Italiener schon ein anderer Wind entgegen. Hier gehört er nicht zu den besten zehn.

Johnny Cecotto jr.

Jolyon Palmer

Eddie Cheever jr.

Kein Rekord in Liga zwei Auch wenn Conor Daly nur zwei Rennen in der aktuellen GP2-Meisterschaft bestritt, so tauchen in der Fahrerwertung doch drei F1-Sprösslinge auf. Ein Rekord ist das freilich nicht: Schon 2005 waren drei F1-Zöglinge unterwegs, sogar drei Weltmeistersöhne! Nico Rosberg (Vater Keke wurde 1982 Weltmeister) sicherte sich mit ART sogar den Titel, dazu kamen Nelson Piquet jr. (sein gleichnamiger Vater wurde 1981/‘83/’87 Champion) für das Team seines Vaters, sowie Mathias Lauda (Vater Niki Lauda wurde 1974/‘76/’84 Meister), der für Coloni fuhr. Gleich vier F1-Windelkinder waren 1991 in der GP2-Vorgängerserie Formel-3000 am Start: Paul Stewart (Vater Jackie, drei Mal Weltmeister) fuhr für sein eigenes Team, David Brabham (Vater Jack Brabham, ebenfalls drei Mal Meister) für Roni, Damon Hill (Vater Graham Hill war ebenfalls ein F1-Champion) für Jordan, sowie Christian Fittipaldi (sein Vater Wilson Fittipaldi hatte auch einen eigenen F1-Rennstall) für Pacific. MZ


Block

22 Räikkönen zu Red Bull macht Sinn

Daniel Ricciardo oder Kimi Räikkönen – wer bekommt das Cockpit von Mark Webber bei Red Bull? Die Zeichen stehen gut für Ricciardo. Die Gründe dafür haben wir in den vergangenen Ausgaben bereits mehrmals erläutert. Man kann sie so zusammenfassen: Ricciardo kommt aus dem hauseigenen Nachwuchsprogramm und Nachwuchsteam – und das Team ist auf Sebastian Vettel fokussiert. Da wäre eine solide und schnelle Nummer zwei wie Ricciardo vielleicht besser als ein weiterer Starpilot wie Räikkönen. Aber es gibt eben auch Gründe, die für einen Wechsel von Räikkönen zu Red Bull sprechen. Für Räikkönen macht es sowieso Sinn, selbst wenn Vettel bei Red Bull der Platzhirsch sein soll. Ein Wechsel zu Ferrari wäre da nicht anders, nur heißt dort der Platzhirsch eben Fernando Alonso – und ist auch offiziell klar die Nummer eins. Ein Wechsel zu einem anderen Team macht kaum Sinn. Ein Verbleib bei Lotus ist ein Risiko: Das Team scheint finanziell nicht auf Rosen gebettet sein. Gut möglich, dass man jetzt bei der teuren Umstellung auf die Turbomotoren für 2014 zurückfällt. Bei Red Bull hätte Räikkönen auf jeden Fall ein starkes Cockpit und auch Webber hat sich immer wieder gegen Vettel behaupten können – dann kann das Räikkönen erst Recht. Auch für Red Bull würde die Verpflichtung von Räikkönen Sinn ergeben. Natürlich gibt es in der Geschichte zahlreiche Negativbeispiele für zwei gleichstarke Fahrer im Team. Williams 1982, Williams 1986 oder McLaren 2007 verloren den Titel, weil sich die Fahrer gegenseitig besiegten und gegenseitig die Punkte wegnahmen. Aber es gibt auch Positivbeispiele, die aber nie erwähnt werden. ©Red Bull Content Pool Wenn Mark Webber 2010 im Finale keine WM-Chancen mehr gehabt hätte, dann hätte der Weltmeister Fernando Alonso geheißen. Damals reagierte Ferrari auf den frühen Boxenstopp von Webber – ein Fehler, der den Titel kostete und Vettel zum Weltmeister machte. Das geht nur, wenn man zwei Eisen im Titelrennen hat. Das muss Red Bull daraus gelernt haben. Michael Zeitler


23 IndyCar: Hirakawa mit Debüt? Gerüchten zu Folge soll Ryo Hirakawa bei Dale Coyne in Sonoma sein IndyCar-Debüt geben. Der Japaner steht mit dem Rennstall schon seit Wochen in Kontakt. Eigentlich war bisher nur von einer Testmöglichkeit die Rede, weil das Sonoma-Wochenende mit dem Super-Formula-Lauf in Südkorea kollidiert wäre. Aber das Rennen wurde jetzt abgesagt, ein Ersatz bislang nicht gefunden. Hirakawa liegt in der japanischen Meisterschaft derzeit auf Rang elf, im Vorjahr holte er sich den Titel in der japanischen Formel-3. AJ Allmendinger wird ebenfalls noch ein IndyCar-Rennen in dieser Saison fahren: Wieder einen dritten Boliden von Penske, beim Saisonfinale in Fontana. Darüber hinaus wurde bekannt, dass beide Motorenhersteller 2014 mit einem Twin-Turbo fahren müssen. Honda verwendete bisher nur einen Turbocharger und ist von der Leistung den Chevys unterlegen. 2014 soll mit der Regeländerung mehr Chancengleichheit bestehen. Indes gibt es auch die ersten Gerüchte über die Fahrerbesetzungen für 2014: Tony Kanaan wird mit einem Cockpit bei Ganassi in Verbindung gebracht. Beim Grand-Am-Lauf in Indianapolis wird er bereits einen Riley BMW für Ganassi bestreiten. Zudem standen Kanaan und Ganassi schon 2008 in Kontakt. Auto GP: Neue Fahrer und neue Teams In der Auto GP stehen einige Fahrer- und Teamwechsel an, sowohl für das Rennwochenende am Nürburgring, wie auch für die Saison 2014. Am Nürburgring wird erstmals das Comtec-Team mit von der Partie sein. Der britische Rennstall aus der Renault-World-Series wird mit dem Venezuelaner Roberto La Rocca antreten, der mit mittelmäßigen Erfolg in der spanischen und brasilianischen Formel-3 unterwegs war. Unterstützt wird Comtec dabei vom bestehenden Virtuosi-Team. Beide haben sich bereits in der Fahrerentwicklung zusammengetan. Tamás

International News Pál Kiss wird darüber hinaus von Zele zu Ibiza wechseln und dort den Italiener Francesco Dracone ersetzen. Bei MLR71 wird es wieder einen zweiten Boliden im Einsatz geben: Michela Cerruti aus Italien wird darin Platz nehmen. Die Italienerin fuhr in dieser Saison bereits in der F3-EM und bei verschiedenen GT-Rennen. Für die kommende Saison will außerdem das Fortec-Team zusteigen. Mick Kouros, der für Fortec bereits die F3Meisterschaft leitete, wird das Projekt leiten. Eigentlich wollte Fortec in der Renault-World-Series ein zweites Team einsetzen, aber das ist nicht erlaubt. Die GP2 ist dem Team von Richard Dutton zu teuer. Die Auto-GPSerie wäre die sechste Formel-Serie, in der sich Fortec engagiert: RenaultWorld-Series, F3-EM (plus britische F3), Renault-2.0 (Eurocup und NEC, dort sogar mit zwei Teams), britische Formel-Renault und auch ein Team für die neue Formel-Renault-1,6-Liter-Meisterschaft ist in Planung.

Britische F3: Jaafar mit Comeback Die britische Formel-3 hat einen prominenten Rückkehrer: Jazeman Jaafar. Der Malaye ist mit Carlin jahrelang in der Meisterschaft unterwegs gewesen und fährt jetzt im selben Stall in der Renault-World-Series. Jaafar will aber gerne auch beim F3GP in Macao starten – dafür ist aber der Start bei mindestens einem F3Rennen in der Saison notwendig. Das holt er jetzt mit Carlin in der britischen Formel-3 nach. Es gibt noch einen weiteren Neuzugang: Carlin setzt auch einen Dallara VW für Zhi Cong Li ein. Der 19-jährige Chinese fährt seit zwei Jahren in Asien in verschiedenen Sportwagen-Serien. Am aussichtsreichsten ist er derzeit in der asiatischen GT3-Meisterschaft unterwegs, wo er mit seinem Porsche auf Rang vier liegt. Die Pläne der britischen F3-Organisation für 2014, wieder eine nationale Meisterschaft zu werden, scheint zu funktionieren. Das erste Team, das Interesse zeigt, 2014 zuzustoßen, ist das schwedische Performance-Team. Die Mannschaft war auch zu Beginn der Saison mit John Bryant-Meisner mit von der Partie, aber weil die deutschen F3-Boliden wegen des Pushto-Pass-Systems zu leistungsstark sind, wurden sie von der restlichen Saison verbannt. F4 aus britischer Formel-Ford Gerhard Berger will die Struktur im Formel-Sport vereinfachen. Nach der F3-EM will er nun die Formel-4 auf die Beine stellen, eine FormelEinsteigerklasse. Doch die ersten Kritiken werden laut: Einige finden die Preise für die Meisterschaft utopisch (so billig würde es nicht gehen), andere finden eine Einführung der Serie 2015 sinnvoller als schon im kommenden Jahr. Vor allem Ford, denn der Autohersteller würde gerne die F4 auf der Basis der aktuellen britischen Formel-Ford aufbauen. Mygale baut dort die Chassis – und soll auch die F4-Boliden auf Kiel legen. Derzeit gibt es schon nationale Meisterschaften. MZ


Britische F3 Brands Hatch

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Buller gibt die Führung ab

Fotos: SRO Beim vorletzten Rennwochenende der britischen Formel-3 Meisterschaft in Brands Hatch musste William Muller die Spitzenposition in der Gesamtwertung an Jordan King abgeben. von Daniel Geradtz Er kam, sah und siegte. Der Malaye Jazeman Jaafar, der am vergangenen Wochenende sein Comeback in der britischen Formel-3 Meisterschaft feierte, ließ die versammelte Konkurrenz ganz schön alt aussehen.Von der Pole-Position aus gewann er den ersten und dritten Lauf in Brands Hatch. einzig in Rennen zwei musste er sich mit Rang drei begnügen. Es konnte Felipe Guimarães aus Brasilien seinen ersten Triumph feiern. Jaafar ließ keine Zweifel aufkommen, dass er bei seinem Gaststart große Ambitionen hatte. Von der Pole-Position aus behielt er die Führung und behielt die Konkurrenz hinter sich im Grff. „Es ist absolut überwältigend, wieder in der Formel-3 zu sein. Es war schon immer etwas besonderes für mich gewesen, in Brands Hatch fahren zu können“, wusste Jaafar anschließend zu berichten. Aber auch Guimarães war angesichts seines Erfolgs überglücklich. „Ich habe im Auto fast gebetet, um diesen ersten Sieg nach hause fahren zu können“, gestand er. Dabei hatte er ein vermeintlich einfaches Los. Denn Pole-Setterin Tatiana Calderón kam nur mäßig gut weg. Von hinten schoss zwar William Buller am Brasilianer vorbei, der dessen Losfahren entpuppte sich wie schon im ersten Rennen als Frühstart. Nachdem der bis dahin Meisterschaftsführende eine Durchfahrtsstrafe antrat, fiel Guimarães somit die Führung zu, die er „nur“ noch über die Zeit retten musste. Antonio

Giovinazzi konnte zwar die Lücke, die sich öffnete, als er hinter Jann Mardenborough fest steckte, wieder schließen, doch er kam am Ende nur bis auf drei Sekunden an den Führenden heran. Mardenbourough verlor die Position nach einem Fahrfehler. Rückschlag für Buller Buller erlebte derweil ein Wochenende zum Vergessen. Nach den Fehlern zu Beginn der ersten beiden Rennen, folgte in Lauf zwei noch eine weitere Strafe. Die Rennleitng befand, dass er die Strecke verlassen habe. Nach-

her konnten ihn Videoaufnahmen allerdings entlasten, die Rennleitung nahm die Strafe zurück. Im dritten Lauf sah er nach einer Kollision mit Giovinazzi nicht einmal die Zielflagge. Weil Jordan King gleichzeitig konstant punktete, hat sich das Kräfteverhältnis in der Gesamtwertung verschoben. Vor den abschließenden Rennen auf dem Nürburgring liegt er nun mit einem Vorsprung von drei Zählern auf Meisterschaftskurs. Der Carlin-Pilot holte damit an nur einem Wochenende den gesamten Rückstand auf, der zuvor noch 21 Punkte betrug.

Ergebnisse 1. Lauf in Brands Hatch 1. Jazeman Jaafar (Carlin) 2. Jordan King (Carlin) 3. Antonio Giovinazzi (Double R) 4. Nicholas Latifi (Carlin) 5. Jann Mardenborough (Carlin) 6. William Buller (Fortec) 7. Felipe Guimarães (Fortec) 8. Tatiana Calderón (Double R) 9. Sun Zheng (CF) 10. Cameron Twynham (West-Tec)

2. Lauf in Brands Hatch 1. Felipe Guimarães (Fortec) 2. Antonio Giovinazzi (Double R) 3. Jazeman Jaafar (Carlin) 4. William Buller (Fortec) 5. Jordan King (Carlin) 6 Jann Mardenborough (Carlin) 7. Nicholas Latifi (Carlin) 8. Sean Gelael (Double R) 9. Tatiana Calderón (Double R) 10. Ed Jones (West-Tec)

3. Lauf in Brands Hatch 1. Jazeman Jaafar (Carlin) 2. Jordan King (Carlin) 3. Nicholas Lafiti (Carlin) 4. Felipe Guimarães (Fortec) 5. Jann Mardenborough (Carlin) 6. Sean Gelael (Double R) 7. Tatiana Calderón (Double R) 8. Ed Jones (West-Tec) 9. Cameron Twynham (West-Tec) 10. Peter Zhi Cong Li (Carlin)

Fahrerwertung 1. Jordan King (GBR) 2. William Buller (GBR) 3. Antonio Giovinazzi (ITA) 4. Felipe Guimarães (BRA) 5. Nicholas Latifi (CAN) 6. Sean Gelael (INA) 7. Jann Mardenborough (GBR) 8. Tatiana Calderón (COL) 9. Jazeman Jaafar (MAL) 10. Félix Serrallés (PUR)

118 115 97 75 68 66 65 59 58 15


25 Formel-Masters Red Bull Ring Picariello nicht zu stoppen Fotos: ADAC Motorsport Auch am Red Bull Ring war Alessio Picariello wieder das Maß der Dinge und baute mit zwei weiteren Siegen die Führung in der Meisterschaft aus. von Daniel Geradtz Nur eine Woche nach den Rennen auf dem Nürburgring war die ADAC Formel Masters auf dem Red Bull Ring in Österreich am Start. Dort zeigte sich das gleiche Bild wie ztuletzt in der Eifel: Der Meisterschaftsführende Alessio Picariello gewann wieder zwei Rennen und konnte damit den Vorsprung weiter ausbauen. Der Weg zu beiden Siegen war für den Belgier verhältnismäßig einfach. Von der zweiten Position aus ging er ins Rennen und zatte somit nur jeweils einen Kontrahenten zu überho-

len. Es war Maximilian Günther, der in der dritten Runde am Samstag seine Führung abgeben musste. Günther rutschte anschließend noch auf die vierte Position ab. Wiederholung in Lauf zwei Etwas mehr Gegenwehr erfuhr Picariello beim zweiten Rennen am Sonntagmorgen. Doch nur durch einen fehler Günthers übernahm Picariello in der fünften Runde die Führung. Aber auch danach konnte er sich seines Sieges noch nicht sicher sein. Günther saß ihm bis zum Ziel im Na-

Ergebnisse 1. Lauf auf dem Red Bull Ring 1. Alessio Picariello (ADAC Berlin) 2. Jason Kremer (Schiller) 3. Nicolas Beer (Neuhauser) 4. Maximilian Günther (ADAC Berlin) 5. Stefan Riener (Neuhauser) 6. Indy Dontje (Lotus) 7. Marvin Dienst (Neuhauser) 8. Kim Luis Schramm (ADAC Berlin) 9. Callan O‘Keefe (Lotus) 10. Benedikt Gentgen (JBR)

2. Lauf auf dem Red Bull Ring 1. Alessio Picariello (ADAC Berlin) 2. Maximilian Günther (ADAC Berlin) 3. Jason Kremer (Schiller) 4. Mikkel Jensen (Lotus) 5. Indy Dontje (Lotus) 6. Beitske Visser (Lotus) 7. Kim Luis Schramm (ADAC Berlin) 8. Fabian Schiller (Schiller) 9. Stefan Riener (Neuhauser) 10. Nicolas Beer (Neuhauser)

3. Lauf auf dem Red Bull Ring 1. Indy Dontje (Lotus) 2. Kim Luis Schramm (ADAC Berlin) 3. Maximilian Günther (ADAC Berlin) 4. Nicolas Beer (Neuhauser) 5. Fabian Schiller (Schiller) 6. Marvin Dienst (Neuhauser) 7. Stefan Riener (Neuhauser) 8. Ralph Boschung (KUG) 9. Jason Kremer (Schiller) 10. Callan O‘Keeffe (Lotus)

Fahrerwertung 1. Alessio Picariello (BEL) 2. Maximilian Günther (GER) 3. Nicolas Beer (DEN) 4. Jason Kremer (GER) 5. Indy Dontje (NED) 6. Hendrik Grapp (GER) 7. Marvin Dienst (GER) 8. Mikkel Jensen (DEN) 9. Beitske Visser (NED) 10. Ralph Boschung (SUI)

cken, zum Überholen reichte es aber nicht mehr. Das abschließende Rennen am Sonntagnachmnittag wurde nach einer Kollision zwei Minuten vor dem eigentlichen Rennende abgebrochen. Dass es zu einem Unfall kommen würde, war fast schon vorprogrammiert. Seit einigen Runden kämpften nicht weniger als neun Piloten um den dritten Rang. Was Günther dann aber aus dem Rennen war, war eine Kettenreaktion, ausgelöst von Beitske Visser. Die Niederländerin stieß zunächst mit Kim Luis Schramm zusammen, der im dichten Feld nicht ausweichen konnte und damit seinen Kontrahenten ins Kiesbett schickte. Dabei hatte er allerdings Glück im Unglück: Durch den Abbruch galten die Stände der vorherigen Runde, was für den 16-Jährigen der dritte Rang bedeutete. Für Visser gab es nachträglich eine Strafe, sie bis an das Ende des Feldes zurückwarf.

Auch Alessio Picariello musste nach einem Unfall vorzeitig aufgeben. Insgesamt ist er dennoch mit dem Verlauf des Wochenendes zufrieden. „Ich gewann zwei Rennen und baute die Führung in der Meisterschaft aus“, 252 meinte der Belgier danach. 162 146 Das Rennen gewann Indy Dontje, der 141 gar nicht so recht wusste, was um ihn 120 herum passierte. „Erst als ich meine 101 Mechaniker an der Boxenmauer ju97 beln sah, wusste ich, dass ich gewon60 nen hatte“, meinte er über die eher 56 ungewöhnlichen Situation des Ren54 nabbruchs.


Nachwuchs Pro Mazda: Brabahm sicher sich den Titel Mit einem Vorsprung von 80 Punkten auf seinen Verfolger Diego Ferreira steht Matthew Brabham nach dem Wochenende im kanadischen TroisRivières als Meister in der Pro Mazda Meisterschaft fest. Der Australier setzt seine überlegene Fahrt auch auf dem Stadtkurs fort und siegte in beiden Läufen. Nun hat er elf Triumphe aus 14 Rennen auf seinem Konto stehen. Beide Rennen gewann er von der Pole-Position. „Ich hätte am Anfang der Saison nicht vorhersagen können,

26 dass es ein solch leichtes Spiel für mich werden würde“, war der Mann aus der berühmten Rennsportfamilie nach dem Wochenende überglücklich. Gleichzeitig warf er ein, dass er sich in den USA, wo er in diesem Jahr zum ersten Mal Rennen fuhr, glücklich fühle und einen weiteren Verbleibt bevorzugen würde. „Die Indy-Lights sind mein nächstes Ziel.“ Das Podest war mit Diego Ferreira und Juan Piedrahita in beiden Läufen identisch besetzt. Ferreira konnte vor dem letzten Wochenende dank der zweiten Plätze den Vize-Titel nahezu sichern. DG

©Pro Mazda

Ergebnisse 1. Lauf in Trois-Rivières 1. Matthew Brabham (Andretti) 2. Diego Ferreira (Juncos) 3. Juan Piedrahita (JDC) 4. Scott Anderson (Juncos) 5. Spencer Pigot (Pelfrey) 6. Shelby Blackstock (Andretti) 7. Lloyd Read (JDC) 8. Stefan Rzadzinski (Pelfrey) 9. Julia Ballario (Juncos) 10. Kyle Kaiser (World Speed) F-Renault UK: Middlehurst ist Meister Nach 14 Meisterschaftsläufen steht Chris Middlehurst als Titelträger in der britischen Formel-Renault festDer 18-Jährige konnte mit drei weiteren Podestplatzierungen, inzwischen sind es 13 an der Zahl, den nötigen Vorsprung konservieren, obwohl sein direkter Verfolger Weiron Tan zwei der drei Rennen für sich entscheidete. „In der Zukunft würde ich gerne in die europäische FormelRenault gehen oder etwas vergleichbares machen. Doch das hängt alles von meinem Budget ab“, warf Middlehurst einen Blick auf die kommende Rennsaison. Den abschließenden Lauf in Rockingham gewann der Chinese Honwei Cao. Er stoppte damit die Siegesserie von Tan, der fünfmal hintereinander gewinnen konnte. Für Cao war es der erste Triumph in der Meisterschaft, die in Silverstone ihr Saisonfinale abhalten wird. DG

2. Lauf in Trois-Rivières 1. Matthew Brabham (Andretti) 2. Diego Ferreira (Juncos) 3. Juan Piedrahita (JDC) 4. Scott Anderson (Juncos) 5. Spencer Pigot (Pelfrey) 6. Zack Meyer (JDC) 7. Julia Ballario (Juncos) 8. Bobby Eberle (World Speed) 9. Jay Horak (AutoEnginuity) 10. Lloyd Reas (JDC)

Fahrerwertung 1. Matthew Brabham (AUS) 2. Diego Ferreira (VEZ) 3. Shelby Blackstock (USA) 4. Spencer Pigot (USA) 5. Scott Anderson (USA) 6. Zack Meyer (CAN) 7. Kyle Kaiser (USA) 8. Lloyd Read (GBR) 9. Juan Piedrahita (COL) 10. Petri Suvanto (FIN)

401 321 263 255 216 190 183 177 152 57

Ergebnisse 1. Lauf in Rockingham 1. Weiron Tan (Fortec) 2. Chris Middlehurst (MGR) 3. Hongwei Cao (Fortec) 4. Jake Cook (Hillspeed) 5. Matias Galetto (MTech) 6. Jorge Cevallos (MGR) 7. Pietro Fittipaldi (Jamun) 8. Hongli Yee (Fortec) 9. Tom Oliphant (MGR) 10. Matthew Rao (Hillspeed)

2. Lauf in Rockingham 1. Weiron Tan (Fortec) 2. Sam MacLeod (Fortec) 3. Chris Middlehurst (MGR) 4. Hongwei Cao (Fortec) 5. Wei Fung Thong (Fortec) 6. Jake Cook (Hillspeed) 7. Jorge Cevallos (MGR) 8. Hingli Yee (Fortec) 9. Tom Oliphant (MGR) 10. Matthew Rao (Hillspeed)

3. Lauf in Rockingham 1. Hongwei Cao (Fortec) 2. Chris Middlehurst (MGR) 3. Jorge Cevallos (MGR) 4. Joe Ghanem (MTech) 5. Matteo Ferrer (MGR) 6. Petro Fittipaldi (Jamun) 7. Tom Oliphant (MGR) 8. Diego Menchaca (Jamun) 9. Shahan Sarkissian (MTech) 10. Atte Lehtonen (SWB)

Fahrerwertung 1. Chris Middlehurst (GBR) 2. Weiron Tan (MAL) 3. Jorge Cevallos (MEX) 4. Jake Cook (GBR) 5. Hoingwei Cao (CHN) 6. Joe Ghanem (LIB) 7. Henrique Baptista (BRA) 8. Matias Galetto (ARG) 9. Sam MacLeod (GBR) 10. Tom Oliphant (GBR)

408 297 265 262 249 166 158 141 141 135


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Portt Luca Filippi Vom HeimsiegMärchen und dem Singapur-Albtraum

Fotos: Alastair Staley, Glenn Dunbar/ GP2 Series Media Service. Nach mehreren Jahren in der GP2 geht der Italiener Luca Filippi nun in die USA und fährt IndyCar. Wir blicken zurück auf seine bisherige Karriere. von Daniel Geradtz Was sich am Ende der letztjährigen GP2-Saison zugetragen hat, grenzt schon fast an ein Märchen, wie es in der Fiktion gar nicht tragischer hätte enden können. Es kehrt mit Luca Filippi ein Fahrer in die GP2 zurück, der für vereinzelte Siege gut ist. Er geht für ein Team an den Start, das eigentlich schon verloren hat. Nach internen Zerwürfnissen mit der Organisation wurde die Coloni-Mannschaft aus der Teamwertung disqualifiziert und gemeinsam kam man zu dem Entschluss, dass man die Serie am Ende des Jahres verlassen würde. Eigentlich ging es für Coloni und Filippi um nichts mehr. Doch ausgerechnet beim Heimrennen in Monza tauchte Filippi auf.

von Ausfällen und Nullrunden. Der nächste Sieg ließ bis Ende 2009 auf sich warten. Es schien fast wie vom Schicksal bestimmt zu sein. Während es zuvor das erste Saisonrennen war, war es nun das Allerletzte. Nachdem der Italiener in der Saison 2010 nur fünf Meisterschaftsrunden bestritt, folgte darauf das Jahr der Entscheidung. Es hätte der Griff nach dem Titel werden können, wäre da nicht die erste Saisonhälfte gewesen. Filippi war im nach 2007, 2009 und 2010 im vierten Jahr für das Super Nova-Team von David Sears am Start.

Filippi kommt spät auf Touren

Doch alles, was von der ersten Saisonhälfte blieb war Ernüchterung. In zehn Rennen kam Filippi nur zweimal in die Punkte. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Es folgte die Rückkehr zu Enzo Coloni. Dort passte alles. Sieg und Rang drei auf dem Nürburgring, zwei weiterer Triumphe in Spa und Monza sollten folgen. Nur einmal kam er nicht ins Ziel, ansonsten gab es immer Zähler. Filippi war der Mann der zweiten Saisonhälfte. Hinter dem Meister Romain Grosjean wurde er Zweiter in der Gesamtwertung. Vor dem Wechsel war er dort Dreizehnter.

Filippi musste lange auf den ersten Sieg warten. Erst zu Beginn der zweiten Saison war es soweit. Der Triumph im Hauptrennen von Bahrain, was gleichzeitig der Saisonauftakt war, ließen die Erwartungen steigen. Es folgte dann aber ein ständiges Auf und Ab. Neben einigen Podestplatzierungen gab es ebenso eine ganze Reihe

Auch ein Jahr später konnte Filippi seine Qualitäten unter Beweis stellen und das sogar noch ein Stück eindrucksvoller. Zu Saisonbeginn stand er ohne Cockpit dar. Auch die gewöhnliche Rotation im Laufe des Jahres sollte ihn noch nicht in die GP2 zurückbringen. Erst beim vorletzten Wochenenden dockte er erneut bei

Filippi hat bereits seit 2006 GP2 Erfahrung. Damals ging er für Fisischella Motorsport an den Start. Das Team des ehemaligen Formel-1 Piloten ist aus Coloni hervorgegangen und 2009 wieder zu Coloni geworden. De facto war Gründer Enzo Coloni auch in der Zwischenzeit als wichtiger Bestandteil an Bord.

Coloni an und ersetzte Stefano Coletti, der nach durchwachsenen Ergebnissen zu Rapax abgewandert war. Damit zurück zum Anfang: Wieder war ausgerechnet das Heimrennen von Monza jener Ort, an dem sich alles abspielte. Coletti fuhr im Hauptrennen zum Sieg. Er schaffte es binnen weniger Tage von null auf hundert. Nur kurz darauf in Singapur sah es wieder nach einem Triumph aus. Filippi fuhr auf die Pole-Position, wurde im ersten Rennen aber zum Opfer einer Kollision, die das Aus bedeutete. Sogar das endgültige Saisonaus, denn der Bolide konnte bis zum zweiten Rennen nicht mehr repariert werden. Neue Wege beschreiten In diesem Jahr hat sich der Italiener auf den Sportwagen konzentriert – zumindest bis jetzt. In der GT Open geht er gemeinsam mit Andrea Montermini an den Start und liegt dort auf dem zweiten Rang in der Gesamtwertung. Doch vor wenigen Wochen riefen neue Aufgaben. Filippi sollte in der IndyCar Meisterschaft den kanadischen Routenier Alex Tagliani ersetzen und für das Barracuds Team an den Start gehen. Der 28-Jährige tat sich bei seinem ersten Rennen auf der Piste von Mid-Ohio schwer, kam nur als Letzter der gewerteten ins Ziel. Im Laufe der Saison wird er aber noch weitere Chancen erhalten. Die beiden Stadtrennen in Houston und Baltimore wird er im Team des IndyLights Champions von 1993 Bryan Herta bestreiten.


Impressum Herausgeber: Daniel Geradtz Chefredakteur: Michael Zeitler Redaktion: Johannes Mittermeier Alexander Millauer Layout: Daniel Geradtz Michael Zeitler


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