Formel-Woche 35/2014

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3. September

GP2 FORMEL-3 EM FORMEL-1 Die Doppelarbeit des Hilmer-Teams

Das Gute am Mercedes-Duell

INDYCAR

Power erobert den Titel

Daimler

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Formel-1: Die Arbeit des F1-Wetterdienstes Nachwuchs: Die wichtigsten Ergebnisse des Wochenendes


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Erster Titelträger bereits gefunden

Es ist zwar erst Anfang September, doch die erste Meisterschaft ist bereits beendet. Nach 18 Saisonrennen steht der Australier Will Power als Meister der IndyCarSerie fest. Dem Fahrer aus Penske-Team reichte dazu beim Finale ein Neunter Platz. Erneut musste sich Hélio Castroneves nur mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Auch wenn die meisten anderen Serien noch ein paar Rennen auszutragen haben, wird es nun Woche um Woche neue Meister geben. Am kommenden Wochenende wird in der GP2 und GP3 zwar noch keine Entscheidung fallen, doch es kann für die derzeitigen Spitzenreiter Jolyon Palmer und Alex Lynn unter Umständen der Schritt in Richtung des Titels werden.

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Das Beste, was passieren konnte

Formel-1

Eine Woche später wird beim letzten Wochenende der britischen Formel-3 definitiv ein Meister feststehen. Zeitgleich geht der deutsche ATS-Formel-3-Cup auf dem Lausitzring an den Start. Markus Pommer kann dann zwar noch keine vorzeitige Titelentscheidung herbeiführen, aber dank seiner Dominanz gehen wohl die Wenigsten davon aus, dass der Lotus-Pilot am Ende noch durch seine Verfolger eingefangen wird.

Das Beste, was passieren konnte

Angelt sich Honda einen Topstar?

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In der Formel-1 ist theoretisch noch alles drin. Letztendlich gibt werden noch 200 Punkte verteilt, jeder hätte somit noch die Chance wenigstens Zweiter zu werden. Nico Rosberg ist dagegen mit seinen 220 Punkten am Ende im schlechtesten Fall auf Rang 13 zu finden.

Die Wettermacher

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Der Spätberufene

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20 Jahre nach Yannick Dalmas

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Daniel Geradtz Herausgeber Formel-Woche Chris Owens

FORMEL-WOCHE 35/2014

Inhalt

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Freifahrtschein für Rosberg und Hamilton

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Block: Fahrerrochade bei Caterham bietet Spannung Vorschau Italien GP

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GP2/GP3 Aus eins mach zwei in der GP2

Der IndyCar-Pokal ist vergeben

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IndyCar

von Daniel Geradtz in Sieg und ein zweiter Rang. Genau das sind die Resultate, die der Australier Will Power in den ersten beiden Rennen zur IndyCar Saison 2014 einfahren konnte und die ihn zumindest fßr den Augenblick an die Tabellenspitze bringen. Doch die Situation erinnert nur zu stark an den Saisonauftakt vor vier Jahren. Damals triumphierte Power gleich zwei Mal, nämlich in São Paulo und St. Petersburg. Am Ende hatte er nur denkbar knapp das Nachsehen gegen Ryan Hunter-Reay. Drei Punkte machten den Unterschied, bei einer Gesamtzahl von 468 zu 465 Zählern.

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Nach seinem Triumph beim Auftakt gab der Fahrer aus dem Penske-Team einen Einblick in seine Sichtweise. „Ich mĂśchte Rennen fahren, hart fahren und dabei Rennen gewinnen. Das ist das einzige, was fĂźr mich zählt. Ich denke nicht an die Punkte“, sagte er. „Ich mĂśchte die Meisterschaft und einzelne Rennen gewinnen. Hoffentlich passt beides zusammen!“ Ă„rger in den ersten Saisonrennen

Seit 2009 ist Power im Team von Roger Penske unterwegs. Nach einem Teilzeitjahr, bei dem er durchaus von sich ßberzeugen konnte, erhielt er fßr die Saison 2010 ein Stammcockpit. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist allen klar geworden, dass Power zur absoluten Spitzenklasse der Meisterschaft zählt. Bisher feierte der 33-Jährige 22 Laufsiege. DG

Das erste Mal an der Spitze? Nach seinem Sieg in Long Beach kĂśnnte der Brite Mike Conway zum ersten Mal ein Wort um die Gesamtwertung mitreden.

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Will Power aus Australien geht seit 2008 in der IndyCar-Meisterschaft an den Start. Zuvor bestritt er bereits zwei Saisons in der Champcar-Serie, wo er 2006 bester Rookie wurde. In der ersten Saison fuhr er fßr das KV-Team und konnte ein Saisonrennen fßr sich entscheiden. Doch das war eher den speziellen Umständen geschuldet: Nach der Zusammenlegung von IndyCar und Champcar fand das Rennen in Long Beach als Abschluss der ßbernommenen Serie statt. Die IndyCar-Teams waren nicht anwesend, da sie am gleichen Wochenende ein Rennen auf dem Ovalkurs im japanischen Motegi absolvierten.

Bei aller ausgesprochenen Entschlossenheit darf freilich nicht vergessen werden, dass sich Power in dieser Saison bisher keine Freunde gemacht hat. Weder sein Verhalten beim Restart in St. Petersburg, Power verlangsamte stark, wodurch es zu einer Kollision im hinteren Teil des Feldes kam, noch sein ManĂśver gegen Simon Pagenaud in Long Beach, das den Franzosen das Rennen kostete, haben sein Ansehen gestärkt. „Ich mag es nicht, Fahrer so aus dem Rennen zu reiĂ&#x;en“, gab er danach zu. Gleichzeitig suchte er die Schuld bei Pagenaud, obwohl er es war, der von hinten auffuhr. „Hätte er in den RĂźckspiegel gesehen, hätte er das sicherlich verhindern kĂśnnen.“ Pagenaud kĂźndigte jedenfalls Rache an. Darauf angesprochen, was er nun tun kĂśnne, um die Wogen zu glätten, spielte Power den Spielball seinem Kontrahenten und guten Freund zu. „Jetzt ist es an Simon gelegen.“ Power, der nach eigenen Aussagen nicht gerne im Rampenlicht steht, hat es genossen, dass er nicht das wichtigste Gesprächsthema in der Winterpause war. Alles dreht sich um das Comeback von Juan-Pablo Montoya und Jacques Villeneuve. Warum man hätte Ăźber Power reden sollen, zeigen seine Ergebnisse aus dem letzten Saisondrittel. Er gewann drei der letzten fĂźnf Rennen und war damit zumindest zum Schluss in einer besseren Verfassung als Titelträger Scott Dixon. Seine aktuelle Stärke fĂźhrt er allerdings nicht auf das Momentum zurĂźck, das er aus dem letzten Jahr mitbringt. „Am Ende ist es harte Arbeit. Wir haben ein gutes Auto, eine gute Strategie, gute Boxenstopps. Alles das sind Voraussetzungen, um gewinnen zu kĂśnnen.“ Genau das trifft er im Team von Roger Penske an und das bringt ihn in jenes Rampenlicht, in dem er nicht stehen will. Doch das muss er ertragen, wenn er Meister werden will.

Mehr zum Thema

von Daniel Geradtz ike Conway war bereits im Vorzimmer der Formel-1. Schon einen FuĂ&#x; hatte er in der TĂźr, bis ihm diese vor der Nase zugeschlagen wurde. Als Mitglied des Honda Nachwuchsprogramms hatte er gute Aussichten ins B-Team von Aguri Suzuki manĂśvriert zu werden. Doch dieser Fall trat nicht ein. Auch nachdem er 2007 und 2008 neben der GP2 als offizieller Testfahrer des Werksteams agierte, Ăśffnete sich der Weg in die KĂśnigsklasse nicht. Als die Japaner dann den Stecker zogen und sich aus dem teuren Oberhaus des Motorsports verabschiedeten, wurde eines fĂźr den damals bereits 25 Jahre alten Briten zur Gewissheit: Der Traum von der Formel-1 ist ausgeträumt. Conway suchte danach sein GlĂźck in den US-amerikanischen Formelrennen. Dort erlebte er beim Indy500 2010 den wohl schlimmsten Unfall seiner Karriere. Bei einem ZusammenstoĂ&#x; mit Ryan Hunter-Reay stieg der Dallara-Honda von Conway auf, Ăźberschlug sich und wurde heftig in den Sicherheitszaun geschleudert. Sein Rennjahr fand damit ein vorzeitiges Ende. Mehr als glĂźcklich konnte er sich schätzen, nach einem derart heftigen Unfall Ăźberhaupt wieder zurĂźck ins Renncockpit steigen zu dĂźrfen. Anders als viele andere kam Conway entschlossen zurĂźck und war stärker als zuvor. Kein Oval-Spezialist Zum ersten Mal gelang ihm 2011 ein IndyCar-Sieg, der allerdings lange auf eine Wiederholung wartete. Erst im letzten Jahr war es auf dem StraĂ&#x;enkurs von Detroit soweit. 2014 triumphierte er wie 2011 bereits in Long Beach. Das zeigt eine Sache ganz deutlich: Conway ist ein Rundkurs Spezialist. Noch nie stand er am Ende eines Rennens auf einem Oval auf dem Podest. Weil er nicht zu den komplettesten Fahrern gehĂśrt, ist es fĂźr Conway immer wieder schwer, ein Cockpit zu ergattern. „Nach der Saison 2012 war ich nicht sicher, ob ich jemals zurĂźckkommen wĂźrde“, gesteht er heute. „Ich konnte mir ein paar MĂśglichkeiten erarbeiten und schlieĂ&#x;lich auch in Detroit siegen. Dennoch wusste ich auch am Ende des letzten Jahres nicht, ob ich 2014 wieder am Start stehen wĂźrde.“ Conway befindet sich in diesem Jahr in einer besonderen Situation. Im Team von Ed Carpenter wird er nur die Rennen bestreiten, die nicht auf Ovalkursen ausgetragen werden. In den restlichen Läufen wird der Teamchef selbst an den Start gehen. Das schmälert Conways momentan intakte Titelchancen massiv, denn er wird bei sechs von 18 Rennen nicht an den Start gehen. Ohnehin bleibt abzuwarten, wie sich er weiterhin schlägt. Das Rennen in Long Beach ging er nur von 17. Startposition an. Ob er das wiederholen kann? „Im Barber Motorsports Park ist das Ăœberholen schwieriger als in Long Beach, aber dennoch ganz gut mĂśglich“, blickt Conway voraus. Der SchlĂźssel liegt also in einer guten Qualifikation.

Ausgabe 16/2014: Ein ausfßhrliches Porträt ßber Will Power

http://formel-woche. Zur Ausgabe de/ausgabe-13/

Auch auf dem Papier der Beste Mike Conway weiĂ&#x; wann es an der Zeit ist, sein Potential zu zeigen. Ob beim prestigeträchtigen Grand Prix von Monaco, wo er 2008 ein GP2-Rennen gewinnen konnte, oder beim traditionsreichen IndyCar-Lauf in Long Beach, den er kĂźrzlich zum zweiten Mal fĂźr sich entscheiden konnte. Auf StraĂ&#x;enkursen fĂźhlt er sich offenbar wohl. Doch das ist nicht alles in seinem jetzigen Betätigungsfeld der IndyCar. Nachdem er im vergangenen Jahr in der Meisterschaft allerdings nur wenige Rennen bestritt, entdeckte er die Sportwagen-Prototypen fĂźr sich. Erstmals nahm er daher an der WEC und dem berĂźhmten 24 Stundenrennen von Le Mans teil. Die LangstreckenWeltmeisterschaft bestritt er zusammen mit seinen beiden Teamkollegen Roman Rusinov und John Martin in einem LMP2-Boliden, es reichte zu vier Klassensiegen in acht Rennen. In diesem Jahr folgte die BefĂśrderung fĂźr den Briten. Er wurde als Test- und Ersatzfahrer in das Sportwagen-Programm von Toyota aufgenommen. DG

IndyCar Auch auf dem Papier der Beste

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Nachwuchs ATS F3-Cup, Britische Formel-3, ADAC-Formel-Masters 26 Formel-Ford, Japanische Formel-3

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Daniel Incandela

Aller guten Dinge sind drei Nachdem Will Power bereits drei Mal Vizemeister wurde, zählt er auch dieses Mal wieder zum Favoritenkreis in der IndyCar-Serie.

Chris Jones

Inhalt


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Daimler

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Teamduell bei Mercedes

Das Beste, was passieren konnte Titelthema In Spa kollidierten die Mercedes-Piloten. Obwohl es alle kommen sahen, ist der Sturm der Entrüstung groß. Tatsächlich aber hat Nico Rosberg nur so gehandelt, wie Lewis Hamilton es getan hätte. Nebenbei werden mehrere Kritikpunkte der aktuellen Formel 1 widerlegt. Ein Text von Johannes Mittermeier

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as Sommerloch war prall gefüllt. Die Formel-1 windete sich im Krisengerede der leisen Motoren und scheußlichen Optik, der fehlenden Spannung und einbrechenden Zuschauerzahlen. Ein mannigfaltiges Potpourrie. Das Problembild ergibt sich schließlich wegen der Fülle an potentiellen Punkten. Picken wir uns drei Aspekte heraus, um den Bogen zum Grand Prix von Spa zu schlagen, dem ersten Rennen nach den Fe-


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Teamduell bei Mercedes FORMEL-WOCHE 35 /2014

rien. Als da wären: Überholmanöver nur mit DRS. Fernsteuerung der Fahrer durch die Kommandostände. Und das leidige PR-Gedresche, das mit einer Stromlinienförmigkeit der Piloten einhergehe.

gerade jene, die eine flaue Formel-1 beklagten, nun die ersten sind, um den Ausbruch aus dem System zu kritisieren. Das ist die bittersüße Ironie an der Story mit dem Arbeitstitel „Frontflügel meets Hinterreifen“.

Der Unfall zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton, der in Wirklichkeit eine Berührung mit weitreichenden Konsequenzen war, konterkariert die Angriffsflächen der aufgeführten Argumente. Trotzdem scheint es, dass

Hamilton hätte Raum lassen können Die Fakten in Echtzeit: Rosberg verliert seine Pole-Positon durch einen schwachen Start an MercedesKollege/-Rivale Hamilton. In Runde

zwei reitet der deutsche WM-Spitzenreiter eine Attacke. Hamilton deckt die Innenbahn und lässt Rosberg außen verhungern, das ist die legitimste aller Verteidigungsmethoden. Am Kurvenscheitel ist der Brite (mindestens) eine halbe Wagenlänge vorn und wählt seine normale – enge – Linie. Hamilton hätte einen Meter Luft lassen können, aber dazu konnte ihn niemand zwingen. Da verhält es sich wie im Straßenverkehr: Der Hinter-


herfahrende hat Schuld. In diesem Fall der Auffahrende. Also Rosberg, dessen Frontflügelendplatte den linken Hinterreifen von Hamilton touchiert. Sein Rennen ist früh zerstört, während Rosberg den Flügel wechselt und es auf Rang zwei schafft. 18 Punkte für den Deutschen, ein Nuller für Hamilton. Image ist wie Sekundenkleber Der Aufschrei ist gewaltig. Auffällig oft schlägt er folgende Richtung ein: Rosberg hätte doch bis zur Freigabe von DRS zögern können, eine, maximal zwei Runden. Mit dem Geschwindigkeitsvorteil, so der Tenor, wäre es um ein Vielfaches leichter gewesen, Hamilton zu überholen. Rosberg relativiert: „Es ist hypothetisch zu behaupten, dass ich auch so lange warten könnte, bis ich DRS hätte einsetzen dürfen.“ Daimler

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Teamduell bei Mercedes

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Beschweren wir uns nicht ununterbrochen über fade DRS-Manöver, die dem Vordermann eine geringe Chance zur Verteidigung einräumen? Ja, das tun wir, sogar ziemlich gerne. Der ehemalige Formel-1-Pilot JuanPablo Montoya hat einen schlauen Vergleich angestellt. Überholen mit dem verstellbaren Heckflügel sei wie Picasso mit Photoshop.

Ein aufgedrücktes Image funktioniert wie Sekundenkleber. Es ist rasend schnell gestampft, aber nur unter höchsten Anstrengungen und Verbiegungen abstreifbar. Schauen wir uns die Fahrer der Gegenwart und deren Klischees an: Alonso ist der Politiker, Räikkönen der Iceman, dem alles egal sei, und Vettel gewinnt (gewann) nur dank seines Autos.

Rosberg sah seine Chance und ergriff die Initiative. Freilich drängt sich der starke Verdacht auf, dass er verdeutlichen wollte, welcher Racer in ihm steckt. Dazu passt dieser Kommentar: „Es hätte nur einen Ausweg gegeben. Den, dass ich von der Strecke fahre.“ Unausgesprochener Nachsatz: Das kam nie in Frage. Nicht nach den verlorenen Zweikämpfen in Bahrain und Budapest, nicht in der silbernen Gemengelage. Und schon gar nicht hinsichtlich der Außendarstellung.

Die Etikette klebte schon immer am Mann. Montoya war der ungezügelte Brutalo, Rubens Barrichello die ewige Nummer zwei, Heinz-Harald Frentzen galt als genial, aber sensibel. Und Rosberg ist der verwöhnte MonacoJüngling, viel zu lieb, viel zu soft, viel zu konturenlos für den PS-Zirkus, vor allem im Vergleich zu „Renntier“ Hamilton. Action? Keine Fernsteuerung? Check! Engel oder Bengel, diese Frage schwirrt nicht erst seit der zweiten Runde von Spa-Francorchamps über dem Weltmeister-Sohn. Noch so ein Anhängsel, das sich kaum abschütteln lässt. Außer, man wird selbst Champion. Das ist Rosbergs Mission 2014. Er hat das Auto dazu, erstmals in seiner Karriere. Jetzt stört der Feind im eigenen Stall. Don't get me wrong, sagt der Engländer. Es war klar Rosbergs Fehler in Spa, er agierte übermütig und überhastet. Genau das meint Hamilton, wenn er Rosberg damit zitiert, „etwas beweisen“ zu wollen. Womit wir zwei der drei Spiegelstriche abgegrast haben: Einerseits die bemängelte Action ohne DRS, weshalb man Rosbergs Versuch nur applaudieren kann. Dass die Sache mit dem fast schon symbolisch aufgeschlitzten Reifen endete? Der WMLeader riskierte und scheiterte, das ist allemal besser als zaghaftes Zurückstecken, auch wenn die Antriebsfeder mit Trotz gefärbt war.

In Blegien hat Nico Rosberg sein Image überarbeitet

Interessant ist die Überlegung, wie die Statements bei vertauschten Rollen ausgefallen wären; beim Jäger


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Teamduell bei Mercedes

Laudas Liebling Zum Zweiten kann in diesem Zusammenhang keine Rede von Marionetten sein. Rosberg handelte ohne Einfluss der Mercedes-Ingenieure, Fernsteuerung komplett ausgeschlossen. Für die Öffentlichkeit ließ Mercedes seine Piloten frei fahren, aber natürlich schimmert der silberne Lack nie leuchtender als bei souveränen Doppelsiegen. Im Umkehrschluss sind wir bei den Geschehnissen von Belgien angelangt. Wer das weiß, versteht die Eruption der Sternwarte. Als „absolut inakzeptabel“ bewerteten die Bosse die Kollision, vor allem Niki Lauda zog ungeschminkt vom Leder – contra Rosberg. In verständlichen Unmut mischte sich Polemik, doch wie voreingenommen Lauda pro Hamilton votiert, ist ohnehin eine bewährte Erscheinung. Völlig

losgelöst von der Spa-Causa. Laudas Liebling ist bekanntlich kein anderer als Hamilton. Der jedoch, wenig überraschend, ebenfalls altbekannte Muster anwandte. Daher lautet die Essenz: Rosberg hat einen Fehler gemacht. Hamilton auch. Welcher schwerwiegender wiegt, soll jeder für sich entscheiden. Nur so viel: Es ist das eine, bei Tempo 300 minimal zu überdrehen und es ist das andere, Worte als Waffen einzusetzen. Die Zweideutigkeit von „Absicht“ Die 38-minütige Krisensitzung nach dem Rennen artete in hitzigen Debatten und gegenseitigen Schuldzuweisungen aus. Dass wir davon verblüffend detailliert erfuhren, lag an Hamiltons Plauderlaune. Er verhielt sich, wie er sich immer verhält, wenn ihm Situationen nicht behagen: Mit Dackelblick und Schmolllippe. Auf direktem Dienstweg gelangten Mercedes-Interna an eigentlich unbefugtes Publikum, und das passierte, wie alles in der Formel-1, nicht ohne Hintergedanken. Hamilton kalkulierte exakt,

welche Lawine die Äußerungen von Rosberg lostreten würden. „Rosberg hat gesagt, er hat es mit Absicht gemacht. Er sagte, er hätte es vermeiden können. Ich war baff, als ich im Meeting zugehört habe. Er kam einfach da rein und sagte, dass das alles mein Fehler wäre.“ Absicht, soso. Diese Facette muss man dem WM-Zweiten lassen: Er ist listig. Dieselbe Formulierung wirkt bei anderer Interpretation nämlich harmlos. Rosberg weigerte sich schlicht, die Auslaufzone zu benutzen, er sträubte sich, seinem Dauerrivalen erneut den Vortritt zu gewähren. Nichts anderes beinhaltete die Vokabel „Absicht“. Aus Hamiltons Mund aber klang es wie ein vorsätzlich produzierter Unfall unter Teamkonkurrenten. Endgültig bizarr wird das Ganze, weil selbst diese Konstruktion gutgeheißen werden kann. PR-Phrasen? Profillosigkeit? Langeweile? Jetzt hat die Formel-1 ihre Kontroverse, fachgerecht serviert mit O-Tönen aus dem Mercedes-Motorhome. Es ist das Beste, was passieren konnte.

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Daimler

Hamilton, der den Gejagten Rosberg torpediert. Der gemeine Rennfan hätte Hamiltons Kämpferherz gerühmt, seinen Willen, seine Leidenschaft. Und warum? Weil es Hamilton war. Image ist alles.


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Teamduell bei Mercedes

Freifahrtschein für Rosberg und Hamilton Nico Rosberg und Lewis Hamilton dürfen den Fans weiterhin einen spannenden und offenen Kampf um die WM liefern. Doch die Beteiligten bekleckerten sich in Spa nicht mit Ruhm. von Michael Zeitler as ist seit der Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim Belgien-GP passiert? Es gab direkt nach dem Rennen eine Teamsitzung mit hitzigen Diskussionen und wenigen Erkenntnissen. Am vergangenen Freitag tagten die Mercedes-F1-Bosse erneut mit beiden Fahrern. Am Ende gestand Rosberg die Schuld an der Kollision, Mercedes verhängte eine Disziplinarstrafe. Laut Daily Mail muss Rosberg einen sechsstelligen Betrag an karikative Zwecke spenden. Die Mercedes-Lenker im Hintergrund entschieden, dass die Fahrer weiterhin frei gegeneinander fahren dürfen.

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Was sich wie Friede, Freude, Eierkuchen anhört, ist nur ein kurzes Aufatmen in einem Krieg der Sterne, der die Fans fesselt. Natürlich hat Mercedes mit Abstand das beste Auto, aber weil das Team keine Nummer-1-Fahrerpolitik verfolgt, erleben die Fans einen packenden WM-Thriller. Hut ab von Mercedes, da darf der Aufsichts-

ratvorsitzende des Teams, Niki Lauda, auch gerne mal für sich selbst und das Team seine berühmte Kappe ziehen. Dennoch bekleckern sich derzeit alle Beteiligten nicht wirklich mit Ruhm. Rosberg – War es Absicht? Nico Rosberg zeigt Schwächen im Zweikampf. Sowohl in Ungarn, als auch in Belgien, machte er beim Überholen nicht wirklich eine gute Figur. Im Zweikampf mit Lewis Hamilton musste er stets voll in die Eisen steigen. Nur in Kanada drängte Rosberg Hamilton am Start ebenso bedingungslos und knallhart ab wie umgekehrt in Bahrain, Spanien oder Ungarn. Nur Rosbergs Zurückstecken verhinderte lange Zeit eine teaminterne Kollision. Vom Zurückstecken hat Rosberg die Nase voll. Deshalb tat er es in Belgien auch nicht. Und er erklärte es offenbar auch so in der Teambesprechung nach dem Rennen. Mit dem Resultat,

dass Hamilton an die Öffentlichkeit ging und erklärte, Rosberg hätte mit Absicht gehandelt. Mercedes-Sportchef Toto Wolff dementierte, es war keine Absicht, aber zwischen Absicht und Versehen gibt es noch einen Schritt: Einen Zusammenstoß in Kauf nehmen. Vielleicht hat Rosberg genau das gemacht. Doch mit etwas mehr Pech hätte sich Rosberg den Frontflügel abgefahren, aber Hamilton wäre nichts passiert. Das Risiko war also zu groß, um es zu kalkulieren. Die Rennkommissare sehen es ähnlich. Die Politik der selteneren Strafen kommt bei den Fans gut an. Jetzt müssen die Fahrer eben nicht mehr fürchten, dass sie wegen jeder Kleinigkeit gerügt werden. In Belgien bekam nur Kevin Magnussen wegen seines Verhaltens im Zweikampf mit Fernando Alonso eine Zeitstrafe von 20 Sekunden aufgebrummt. Eine Bestrafung von Rosberg kam laut Rennkommissar und Ex-Pilot Emanuele Pirro nie in Frage. Auch nicht nach


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Das Opfer der Kollision ist Hamilton. Der Brite hat jetzt 29 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Rosberg. Dementsprechend angefressen und wütend ist der als sensibel geltende Weltmeister von 2008. Doch Hamilton katapultierte sich selbst von der Opferrolle in die Täterposition. Zum wiederholten Male ging er nach der Teambesprechung mit Interna an die Öffentlichkeit, in dem er erklärte, Rosberg hätte bei der Besprechung von Absicht gesprochen. Wann immer sich Hamilton ungerecht behandelt fühlt, klagt er der Öffentlichkeit sein Leid. Das war schon beim Belgien-GP 2012 so, als er, damals noch in McLaren-Diensten, Telemetriedaten tweittere. Lauda – Bevorzugt er Hamilton?

Seine Motive sind logisch: Mercedes hat das dominierende Auto, aber die Fahrer nehmen sich durch ihr hartes Duell gegenseitig Punkte weg. Daniel Ricciardo konnte schon drei Rennen gewinnen, die Gefahr besteht, dass am Ende ein Dritter lacht, wenn sich beide Mercedes-Piloten weiterhin streiten. Kollisionen verschärfen die Situation noch mehr. Längst wird aber schon spekuliert, ob Lauda nicht zu sehr auf Hamiltons Seite steht. Zur Erinnerung: Lauda hält nicht nur zehn Prozent der Teamanteile bei Mercedes, sondern er kümmert sich als Aufsichtsratvorsitzender des Teams auch um die gro-

ßen Weichenstellungen. Eine Weiche, die er gestellt hat, war der Wechsel von Lewis Hamilton. Hamilton kostet dem Mercedes-Team auch wesentlich mehr Geld als Rosberg. Würde nun Rosberg den Titel holen, käme Lauda möglicherweise in Erklärungsnot. Brawn – Fehlt eine Leitfigur? Ross Brawn ist seit 2014 nicht mehr als Teamchef an Bord. Der Brite scheint der Mannschaft zu fehlen, denn seine ruhige Art war dafür verantwortlich, dass sich Hamilton perfekt ins Team eingliedern konnte. Hamilton soll kein einfacher Fahrer sein, hier ist Spitzenfingergefühl gefragt. Genau das soll eine der größten Stärken von Brawn gewesen sein. Paddy Lowe und Toto Wolff leiten nun zusammen die Geschicke des Rennstalls. Beide sind Rennfans, dennoch sprach Wolff nach dem letzten Rennen kurzfristig von einer möglichen Stallorder um weitere Kollisionen zu verhindern. Die Fans wird es freuen, dass sich Mercedes dennoch für die Fortführung des offenen Duells entschieden hat.

Mercedes AMG

Bei seinen Veröffentlichungen in Spa kommt aber hinzu, dass er anscheinend nicht ganz die Wahrheit erzählt hat. Wolff stellte die Tatsachen klar: Von Absicht war in der Teambesprechung offenbar nie die Rede. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass Hamilton öffentlich lügt. 2009 gab es beim Saisonauftakt in Australien wegen eines umstrittenen Manövers von Jarno Trulli die so genannte Lügenaffäre um Hamilton. Allerdings auch unterstützt von McLaren.

se Wahrheit, gemischt mit Wiener Schmäh gemocht. Lauda bringt es auf den Punkt, ohne Umschweife, ohne PR-gerechte Wortwahl. Nach dem Belgien-GP hat er Rosberg via RTL harsch kritisiert und damit die Welle der Diskussionen um Mercedes und die Kollision vielleicht sogar noch dramatisiert. Die Kollision könnte auch als normaler Rennunfall durchgehen. Doch Lauda hat mit seinen Äußerungen Öl ins Feuer gegossen.

Nun sollte man nicht gleich von Lügen sprechen, Hamilton hat die Rosberg-Aussagen im Eifer des Gefechts möglicherweise missinterpretiert. Trotzdem wird Mercedes mit Hamiltons Verhalten auch nicht unbedingt glücklich sein. Für die Fans ist das toll. Endlich lässt sich ein Fahrer nicht weichspülen und von PR-Experten vorkauen, was er zu sagen hat. Hamilton lässt seine Meinung und seine Emotionen gnadenlos und ungewaschen heraus. Zur Freude der Fans. Der dreimalige Weltmeister Niki Lauda wird für seine schonungslo-

Fehlt Ross Brawn als Leitfigur im Team?

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den Aussagen von Hamilton, Rosberg hätte ihm mit Absicht den Hinterreifen aufgeschlitzt. Dennoch geht der Unfall auf Rosbergs Kappe.

Teamduell bei Mercedes


10 Sollte Hamilton zu McLaren wechseln, dann würde bei Mercedes ein TopCockpit frei werden. Am wahrscheinlichsten würde das von Valtteri Bottas ausgefüllt werden. Der Finne hat zwar einen bestehenden Vertrag mit Williams, aber auch sehr gute Kontakte zu Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der immer noch Anteile am Williams-Team hält. Das frei werdende Cockpit bei Williams könnte dann Jenson Button bekleiden.

Honda

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Transferupdate

Angelt sich Honda einen Topstar? Honda buhlt um die Dienste von Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Sebastian Vettel. Aber wie groß sind die Chancen? von Michael Zeitler onda kehrt 2015 mit McLaren zurück in die Formel-1. Auf den ersten Blick würde der aktuelle Fahrer Jenson Button perfekt in die neue Ära passen. Der Brite mit einer japanischen Freundin war beim letzten F1-Projekt von Honda das Aushängeschild des Automobilherstellers. Doch Honda will nach einem Topstar greifen: Lewis Hamilton, Fernando Alonso oder Sebastian Vettel.

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Fangen wir mit Hamilton an. Der Brite steckt aktuell in einem zermürbenden WM-Kampf mit seinem Mercedes-Stallkollegen Nico Rosberg. Nun wird spekuliert: Sollte er verlieren, könnte er zu McLaren zurückkehren. Inzwischen hat dort auch wieder Ron Dennis das Sagen, also jener Mann, der Hamilton seit seiner Kindheit gefördert und in die Formel-1 gebracht hat. Bei McLaren-Honda wäre Hamil-

Der zweite McLaren-Honda-Wunschkandidat ist Fernando Alonso. Es wird sogar von einem Geheimtreffen mit Dennis berichtet. Und einer Offerte von 24 Millionen Euro jährlich. Ein Wechsel würde für Alonso durchaus Sinn machen. Bei Ferrari spricht man selbst von einem mehrere Jahre andauernden Prozess, bis man wieder an der Spitze ist. In Belgien äußerte sich der Spanier dennoch unmissverständlich: Sein Ferrari-Vertrag laufe noch zwei Jahre, eine Vertragsverlängerung sei ebenfalls denkbar. Insider wollen wissen, dass der Kontrakt aufgelöst werden kann, wenn Alonso am 1. September des Jahres mehr als 25 Punkte Rückstand auf den WM-Spitzenreiter hat. Das ist aktuell der Fall. Auch Vettel steht auf der Wunschliste

ton die unumstrittene Nummer eins. Doch es spricht auch vieles gegen einen Transfer, denn Hamilton hat nach wie vor alle Möglichkeiten, das WMDuell gegen Rosberg zu gewinnen. Nicht nur der Aufsichtsratvorsitzende des Mercedes-F1-Teams, Niki Lauda, glaubt, dass Hamilton zwei Zehntelsekunden pro Runde schneller als Rosberg ist. Der Deutsche agiert aber oft intelligenter als Hamilton. Bei McLaren erwartet Hamilton dagegen eine Wundertüte. Keiner weiß, wie stark der Honda-Motor wirklich ist. Auch die Chassis waren bei McLaren in den vergangenen Jahren nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit. Hamiltons Vertrag mit Mercedes soll jedenfalls eine Ausstiegsoption enthalten. Die könnte der Brite zücken, wenn er teamintern gegen Rosberg den Kürzeren zieht.

Ferrari-Rennleiter Marco Mattiacci will mit Fernando Alonso und Kimi Räikkönen weitermachen. Sollte Alonso aber zu McLaren wechseln, wäre Platz für den immer wieder überzeugenden Ferrari-Nachwuchsfahrer Jules Bianchi. Neben dem Marussia-Piloten wäre aber auch Nico Hülkenberg eine Option. Und der dritte McLaren-HondaWunschkandidat ist Sebastian Vettel. Der Weltmeister soll sich mit Red Bull verkracht haben. Außerdem würde McLaren am liebsten auch Adrian Newey mit an Bord holen. Doch Newey will kürzer treten und hat erst kürzlich seinen Vertrag mit Red Bull verlängert. Auch Vettel ist 2015 eigentlich an Red Bull gebunden. Sollte der Wechsel vollzogen werden, wäre Daniil Kvyat dessen logischer Ersatz.


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Transferupdate

Mercedes

Lewis Hamilton

Daniel Ricciardo

Red Bull Renault

Sebastian Vettel

Fernando Alonso

Ferrari

Kimi Räikkönen

Nico Rosberg

Valtteri Bottas

Williams Mercedes

Jenson Button

McLaren Honda

Nico Hülkenberg

Daniil Kvyat

Force India Mercedes

Toro Rosso Renault

Felipe Massa

Kevin Magnussen

Sergio Pérez

Max Verstappen

Pastor Maldonado

Lotus Mercedes

Romain Grosjean

Alexander Rossi

Marussia Ferrari

Jules Bianchi

Adrian Sutil

Carlos Sainz jr. bestätigte Fahrer

Sauber Ferrari

Caterham Renault unbestätigte Fahrer

Giedo van der Garde

Jolyon Palmer

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Mögliches Fahrerfeld 2015


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F1-Wetterdienst

Die Wettermacher Seit diesem Jahr ist die österreichische Firma Ubimet für die Wettervorhersage in der Formel-1 zuständig und setzt neue Maßstäbe bei der Präzision und Umfang der Vorhersage. von Daniel Geradtz s ist das Wetter, das oftmals die interessantesten Geschichten im Motorsport schreibt. Egal ob der Überraschungssieg von Damon Hill im Jordan beim Großen Preis von Belgien im Jahr 1998 oder Jenson Buttons erster Triumph in Ungarn 2006. In beiden Fällen war es der Regen, der als der große Gleichmacher angesehen wird, aber auch die Spreu vom Weizen trennt. Ein kleiner Fehler kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Fehler, die nicht nur im Cockpit gemacht werden, sondern auch an der Boxenmauer. Es geht im entscheidenden Maße auch um die Strategie. Zugegeben, in beiden Fällen war die Wetterlage eindeutig. Es gab nicht viel Raum zum Spekulieren.

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Doch oft ist eine genaue Wettervorhersage unabdingbar. Diese kommt seit diesem Jahr für alle Teams von Ubimet. Die Österreicher lösten vor der Saison Météo France ab, die zuvor für klare Verhältnisse sorgten. Ubimet erhielt nun aber einen umfangreiche-

ren Auftrag. Man entwickelte für die Königsklasse neue Technologien, um noch präzisere Vorhersagen treffen zu können. Man erhebt mehr Daten als der Vorgänger. Datenflut am Forme-1-Wochenende So teilt man erstmals bei der Vorhersage des Wetters die Strecke in mehrere Sektoren ein, um getrennt von einander geltende Aussagen treffen zu können. Denn wie man zuletzt in SpaFrancorchamps gesehen hat, kann durchaus die Situation entstehen, dass es an einem Punkt der Strecke regnet, an einem anderen dagegen nicht. Hinzu kommen Faktoren, die das Abtrocknen des Asphalts in unterschiedlichem Maße erlauben. Ubimet berücksichtigt nämlich auch die Intensität der Sonneneinstrahlung, um so auch die Streckentemperatur prognostizieren zu können. Die Daten, die während eines Formel1-Wochenendes erhoben werden,

nehmen beachtliche Ausmaße an. Zu etwa 7.200 einzelnen Radarbildern kommen 93 verschiedene Messwerte, die im Minutenakt aufgezeichnet werden. So entsteht pro Tag eine Datenmenge von etwa 25 Gigabyte. Bereits ab dem Dienstag vor dem Grand Prix beginnt der Wetterdienst mit der Aufzeichnung der relevanten Parameter. Schon mittwochs kann daher ein Wetterbericht erstellt werden, der bis zum Rennstart regelmäßig aktualisiert wird. Würde man die Daten jeder einzelnen Trainingssitzung ausdrucken, käme man jeweils auf einen Papierstapel von 140 Seiten. Doch die Arbeit beginnt nicht erst an der Strecke. Schon im Vorfeld haben die Mitarbeiter Wettermodelle für jede einzelne Strecke entwickelt, um so die anfallenden Daten richtig interpretieren zu können. Vor Ort sind zwei Meteorologen für diese Arbeit zuständig. Einer von ihnen ist Steffen Dietz. „Für die meteorologische Arbeit ist es sehr wichtig, das Wetter in der


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Noch während des laufenden Rennens beginnt die Crew mit dem Abbau der Anlagen. Neben dem Radar sind dies fünf Wetterstationen entlang der Strecke. Währenddessen werden die vorhandenen Daten jedoch weiterhin aufbereitet. Weil die Messanlagen bereits wenige Stunden nach der Zieldurchfahrt beim Automobilweltverband, der für den Transport verantwortlich ist, eingetroffen sein müssen, ist ein rasches Handeln erforderlich.

Eine von fünf Wetterstationen entlang der Strecke

Niederschlag als wichtigste Komponente

Die richtige Stelle für die Radaranlage zu finden, ist oft gar nicht so einfach. Es sollte eine exponierte Stelle sein, die aber im Umkreis von 15 Kilometern zum Fahrerlager liegt, sodass eine Funkverbindung aufgebaut werden kann. Das Radar kann um bis zu neun Meter ausgefahren werden und scannt mit zwölf Umdrehungen pro Minute die Umgebung nach Niederschlag ab. Dieser wird schließlich auf dem Computer sichtbar gemacht. Für die Öffentlichkeit ist gerade das Regenradar ein wichtiger Indikator, um das Wetter abzulesen. Denn ein Grad mehr oder weniger macht

Mit dem Streckenthermometer zeigt jederzeit die Asphaltemperatur

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Neben den gebündelten und interpretierten Daten bekommen die Rennställe auch das Rohmaterial zur Verfügung gestellt. Daraus können sie dann ihre eigenen Erkenntnisse ziehen, um so optimal mit Reifendruck, der Wahl der Reifenmischung und nicht zuletzt Größe der Kühleinlässe auf die äußeren Bedingungen aufgestellt zu sein. Die Daten können über das interne Informationssystem der FIA aufgerufen werden. Außerdem haben die Teams die Möglichkeit, die wichtigsten Werte wie Streckentemperatur, Luftdruck, Windverhältnisse, Sonneneinstrahlung oder Niederschlagswahrscheinlichkeit über die Applikation onTRACK, die eigens für die Formel-1 entwickelt wurde, mobil aufzurufen. Zudem werden die Teams über einen Live-Ticker auf dem Laufenden gehalten, in dem in kurzen Abständen immer wieder neue Einschätzungen der Wetterlage veröffentlicht werden.

Das Niederschlagsradar zeigt ein Abbild des umliegenden Regens

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Die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, die die Messinstrumente entlang der Strecke aufbauen und kalibrieren muss daher auch in dem eng gesteckten Zeitplan, der Wochenende für Wochenende vorgegeben wird, funktionieren. Um die Daten nicht nur erfassen, sondern auch aufzeichnen und verarbeiten zu können, sind neben mehreren Wetterstationen und einem -radar auch Funkmodems, Antennen und mehrere Server notwendig. „Techniker und Meteorologen arbeiten bei jedem Rennen sehr eng zusammen“, berichtet Dietz über die Arbeit. Aber nicht nur an der Strecke wird an der Vorhersage gearbeitet. Auch in der Wiener Zentrale haben die Mitarbeiter Zugriff auf die Daten und greifen so den Kollegen unter die Arme.

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jeweiligen Region zu verstehen, um exakte Vorhersagen liefern zu können“, weiß der Deutsche. Für ihn ist es daher unverzichtbar, dass er sich zu 100 Prozent auf die Technik verlassen kann.

F1-Wetterdienst


für den Betrachter keinen erkennbaren Unterschied. Regen dagegen sehr wohl. Nicht umsonst wünschen sich die Fans nicht selten Regenrennen. Was Ubimet auszeichnet, ist ein hohes Maß an Präzision und Zuverlässigkeit. „Mittels unserer Daten und Informationen treffen die Teams Entscheidungen, die Sieg oder Niederlage bedeuten. Auch wenn die Formel 1 ein Hochrisikosport ist, geht es vor allem um die Sicherheit der Fahrer“, sagt Geschäftsführer Michael Fassnauer. Um dies zu erreichen, reisen die Österreicher mit rund einer Tonne Equipment rund um den Globus. Doch auch in der modernen und komplexen Formel-1 sind es nicht nur die bloßen Daten, die die Entscheidungen der Teams ausmachen. in machen Situationen das Gespür und Gefühl der Fahrer aussagekräftiger, um beispielsweise herauszufinden, ob Regenreifen oder Slicks die bessere Wahl sind. Aber auch hier gibt es eine Entscheidungshilfe: Reifenausrüster Pirelli empfiehlt eine Rundenzeit als Schallgrenze, ab der der eine oder andere Reifentyp schneller sein sollte. Es ist noch gar nicht so lange her, dass es einheitlicher Wetterdienst UBIMET / Getty Images

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F1-Wetterdienst

14 engagiert wurde, um die Verhältnisse für alle Teams vorherzusagen. Bis vor etwa zehn Jahren sorgte noch jedes Team für seine eigene Prognose. Doch im Zuge der Sparmaßnahmen entschieden sich die Rennställe für einen einheitlichen Dienstleister, der von Bernie Ecclestone und den Organisatoren ausgewählt wurde und den Zuschlag erhalten hat. Ubimet hat sich mit einem umfangreicheren Angebot beworben und so Météo France abgelöst. Formel-1 als neue Herausforderung Zusammengefasst ist die Dienstleistung in einem Paket, das durch das Formula One Management (FOM) für die Teams bereitgestellt wird. Es lässt sich nicht genau beziffern, wie teuer der Wetterdienst letztendlich für die Teams ist. Aus dem Jahr 2010 wird eine Summe von 750.000 Euro kolportiert, die das gesamte Dienstleistungspaket gekostet haben soll. Darin enthalten unter anderem auch die GPS-Technik, die das Verfolgen der Boliden in Echtzeit auf der Strecke ermöglicht. Bei Ubimet handelt es sich um ein verhältnismäßig junges Unternehmen. Erst im Jahr 2004 wurde es durch Mi-

chael Fassnauer und Manfred Spatzierer, die nach wie vor an der Spitze stehen, gegründet. 2012 stieg Red Bull als Mitgesellschafter in die GmbH ein. Ubimet war einst exklusiver Dienstleister von Felix Baumgartners Stratosphären-Sprung, bei dem jede Windregung wichtig war und der nicht zuletzt wegen des Wetters mehrfach verschoben wurde. In der zehnjährigen Geschichte hat Ubimet ein enormes Wachstum hingelegt. 2011 expandierte man erstmals mit einer Niederlassung außerhalb Europas. Für das aktuelle Jahr hat man geplant, 150 neue Arbeitsstellen zu schaffen. Seit der Gründung konnte man zahlreiche Kunden aus verschiedenen Branchen gewinnen. Diese erfordern ganz anderes Know-How als die Formel-1. Während für Großkunden wie Zeitungen, Fernsehsender oder Verkehrsunternehmen die Gesamtwetterlage eines großen Gebiets wichtig ist, mann für die Königsklasse nur ein kleiner Raum betrachtet werden. Hier ist eine insgesamt hohe Auflösung erforderlich, um für den nur wenige Quadratmeter großen Bereich eine Vorhersage treffen zu können, die in unterschiedliche Sektoren differen-


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F1-Wetterdienst

Beim kommenden F1-Lauf in Monza wartet auf die Meteorologen von Ubimet eine vermeintlich einfachere Aufgabe als zuletzt in Belgien. In den Ardennen können sich aufgrund der Topografie Regenschauer verhältnismäßig einfach entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit darauf ist in Italien geringer. Das letzte Regenrennen im königlichen Park fand 2008 statt, als Sebastian Vettel im Toro Rosso zu seinem ersten Grand-Prix-Erfolg fuhr. Leichte Aufgabe in Abu Dhabi Noch einfacher wird es für die Meteorologen wohl nur noch beim Saisonfinale in Abu Dhabi, wo sich der durchschnittliche Niederschlag im November auf nicht einmal einen halben Millimeter pro Monat anhäuft. Zum Vergleich: Beim vorletzten Rennen in São Paulo sind es 15 Zentimeter. Doch eine Sache kann Steffen Dietz mit seinen Kollegen nicht ändern. Es ist das Wetter selbst. Sie können die Beteiligten maximal auf die bevorstehenden Bedingungen einschießen. Doch wenn der Niederschlag erst einmal so groß ist, dass die Bedingungen als unfahrbar eingestuft sind, können auch die Meteorologen nicht mehr viel anrichten. Und auch die FIA verlässt sich in solchen Fällen nicht nur auf die blanken Zahlen. Immer wieder schickt die Rennleitung das Safety-Car auf die Strecke, um sich vom aktuellen Zustand zu überzeugen und dann eine Entscheidung zu treffen.

Trotz blauem Himmel entstehen in Spa-Francorchmaps schnell Regenschauer

Regen in der Formel-1 Früher war der Unterschied zwischen einem F1-Boliden mit Regen- oder Trockenabstimmung größer als es heute der Fall ist. Schon alleine die Unwägbarkeit zwischen dem Wetter in der Qualifikation am Samstag und jenem am Sonntag sorgt dafür. Denn durch die Parc-Fermé-Regel darf das Auto nach dem Qualifying nur noch minimal verändert werden. Sollte also unklar sein, ob am Renntag die gleichen Wetterverhältnisse herrschen, geht die Entscheidung eher auf eine Kompromisslösung als auf eine klare Tendenz in die eine oder andere Richtung. Was angepasst werden darf, ist die Kühlluftzufuhr und in einem bestimmten Ausmaß die Einstellung der Flügel. Bei Regen ist wegen des fehlenden Grips mehr Abtrieb erforderlich. Früher sind die Piloten oft den Weg gegangen, die Federn und den Stabilisator weicher einzustellen, dazu die Bodenfreiheit zu erhöhen. Dadurch soll das Aufschwimmen verhindert werden. In den modernen Zeiten, in denen die Leistung auch von elektronischen Komponenten abhängt, wird auch das Motormapping angepasst. Gaststöße werden sanfter umgesetzt, damit die freie Entfaltung der Leistung nicht zum Durchdrehen der Räder führt und das Fahrzeug übersteuert. DG

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Pirelli

ziert wird. Das eigens für diesen Zweck entwickelte Modell mit dem Namen „Race“ ermöglicht so mit einer Auflösung von 100 Metern sehr präzise Vorhersagen.


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Caterham

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Portrt Andr Lotterer

Der Spätberufene In Spa-Francorchamps gab André Lotterer sein musste bei seinem Heimrennen zusehen wie Irvine dann Debüt in der Formel-1. Sein Wunsch nach der beachtlicher Siebter wurde. Königsklasse schien eigentlich ausgeträumt. von Daniel Geradtz ann stand er doch noch in der Startaufstellung eines Formel-1-Rennens. Darauf hatte wohl selbst André Lotterer nicht mehr gehofft. Vor mehr als zehn Jahren war der Duisburger schon einmal kurz davor, in der Königsklasse an den Start gehen zu dürfen. Doch damals kam es anders: Lotterer bestritt im Jahr 2000 die britische Formel-3-Meisterschaft im Jaguar-Junior-Team. Obwohl er schlechter als sein Teamkollege James Courtney abschnitt, war es Lotterer, der ins Formel-1-Programm der britischen Traditionsmarke aufstieg. Als Test- und Ersatzfahrer stand er 2001 und 2002 parat, falls einer der Stammfahrer nicht würde teilnehmen können.

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Genau das wäre 2001 fast der Fall gewesen. Am Nürburgring war Eddie Irvine nach einer Kollision mit Nick Heidfeld beim vorherigen Rennen in Kanada nicht ganz auskuriert. Das Training am Freitag bereitete ihm Schwierigkeiten, Lotterer war knapp vor seinem Debüt in der Königsklasse wie nie zuvor. Doch der Nordire fing sich, konnte das restliche Rennwochenende wie gewohnt bestreiten. Lotterer

Danach zog es Lotterer weg aus Europa. Zunächst in die USA, später fand er in Japan eine neue Heimat. Gewissermaßen sein drittes zu Hause, nachdem er in Deutschland geboren wurde und in Belgien aufwuchs. Im Land der aufgehenden Sonne erzielte er einige Erfolge. In der SuperGT-Meisterschaft holte er sich 2006 und 2009 den Titel, im Jahr 2011 folgte der Gewinn in der heutigen SuperFormula-Serie. Lotterer bestreitet auch aktuell noch ein Mischprogramm aus Sportwagen- und Formelrennen. Das war einer seiner Pluspunkte für den F1-Zuschlag. Zweiter Einsatz in Suzuka? Neben finanziellen Aspekten spielte freilich auch die Erfahrung eine entscheidende Rolle. Lotterer hat in diesem Jahr die beiden bedeutenden Langstrecken-Rennen in Spa bestritten. Die Auswahl an Piloten mit derartiger Streckenkenntnis, Erfahrung und Geschwindigkeit war begrenzt. Dass die Wahl auf den 32-Jährigen fiel, war überraschend, aber auch logisch. Die Erfahrung könnte auch in Suzuka wieder jener Faktor sein, der Lotterer zu einem Einsatz verhelfen könnte. Durch die Zeit in Japan kennt er jeden Winkel der Strecke.


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Portrt Andr Lotterer

Insgesamt absolvierte Lotterer nur zwei Runden oder 14 Kilometer. Damit rangiert er auf Rang zehn der F1-Piloten, die am wenigsten F1Kilometer absolvierten. Gar keine ganze F1-Runde absolvierten unter anderem: Miguel Angel Guerra 1981 beim Imola-GP (Osella Ford), Ernst Loof 1953 beim DeutschlandGP (Veritas Meteor), sowie Bob Said beim USA-GP 1959 (Connaught). Der letzte Fahrer, den dieses Schicksal ereilte war Marco Apicella 1993 in Italien, als er für den JordanRennstall antrat. Bridgestone In der Formel-Nippon sicherte sich André Lotterer 2011 den Titel

Audi Noch vor wenigen Wochen bestritt André Lotterer die 24 Stunden von Spa für Audi

Bei den wenigsten der 744 F1-Piloten kam das Debüt so überraschend wie bei Lotterer. Noch beeindruckender waren in den Augen vieler Experten seine Leistungen. Aus dem Stand heraus besiegte er in der Qualifikation seinen Teamkollegen Marcus Ericsson. Gewiss ist der Schwede kein neuer Sebastian Vettel, aber er ist immerhin Rennsieger in der GP2 und fährt immerhin schon seit einer halben Saison für Caterham. Wahre Experten unterschätzen Lotterer nicht. Der 32-Jährige ist mehrfacher Sieger der 24 Stunden von Le Mans und er fährt in der Super-Formula-Serie. Die Dallara-Rennwagen dort sind richtig schnell, bieten viel Grip und waren daher letztes Jahr in der schnellen Degner-Kurve in Suzuka um zehn bis 15 km/h schneller als die F1-Boliden. In der Super-Formula gehört er zu den besten Piloten, gewann 2011 auch die Meisterschaft. MZ

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Nur 14 Kilometer F1-Erfahrung Mit André Lotterer gab es in Spa erstmals seit dem Finale 2012 in Brasilien wieder fünf Deutsche am Start eines F1-Rennens. Damals fuhren Sebastian Vettel für Red Bull, Nico Rosberg und Michael Schumacher für Mercedes, Nico Hülkenberg für Force India und Timo Glock für Marussia. Lotterer ist insgesamt der 744. F1-Pilot und Nummer 324, der bei seinem ersten Einsatz ausgefallen ist.


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Audi

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Le-Mans-Sieger in der F1

Le-Mans-Sieger in der F1 1975 Jacky Ickx Lotus 1976 Jacky Ickx Ensign 1978 Didier Pironi Renault 1991 Bertrand Gachot Jordan 1991 Johnny Herbert Lotus 1994 Yannick Dalmas Larrousse 2014 André Lotterer Caterham

20 Jahre nach Yannick Dalmas Einen aktuellen Le-Mans-Sieger am Start eines F1-Rennens gab es vor André Lotterer letztmals 1994 mit Yannick Dalmas. von Michael Zeitler as F1-Debüt von André Lotterer war überraschend, aber es war verdient. In diesem Jahr gewann der Deutsche zum dritten Mal die 24 Stunden von Le Mans. Damit war beim Belgien-GP erstmals seit 20 Jahren wieder ein amtierender LeMans-Sieger am Start eines Rennens. 1994 bestritt Yannick Dalmas ein paar Rennen für das Larrousse-Team.

D

Die Le-Mans-Erfahrung hat Lotterer geholfen: Seinen ersten Sieg dort 2011 fuhr er dank seines extrem spritsparenden Fahrstils heraus. Nach einem Plattfuß musste sein Audi früher als geplant zum letzten Mal an die Box. Um das Rennen ohne weiteren Halt zu beenden, musste Lotterer – ohne viel Zeit zu verlieren – Treibstoff sparen. Am Ende des Rennens hatte sein Sieger-Audi gerade noch 1,2 Liter Diesel im Tank! Effizient fahren ist nicht erst seit den neuen Turbo-Motoren 2014 auch in der Formel-1 ein großes Thema.

In Le Mans reiften auch die Beziehungen zu Dr. Colin Kolles, der bei Caterham offiziell nur Berater ist, im Hintergrund aber wichtige Fäden zieht. Lotterer hat keinen Hehl daraus gemacht, dass der entscheidende Anruf von Kolles kam. Im Team des Deutsch-Rumänen gab Lotterer 2009 sein Le-Mans-Debüt. Damals setzte Kolles Kundenrennwagen von Audi ein. Lotterer kam in letzter Sekunde noch zum Einsatz, als er mit Geld aus Japan Andrew Meyrick ersetzt hat. Meisterteam Joest Lotterer wusste schon 2009 zu brillieren: Sein Teamkollege Narain Karthikeyan verstauchte sich beim Sprung von der Boxenmauer den Knöchel, deswegen hatte der Deutsche nur noch eine Ablösung für die 24 Stunden: Charles Zwolsman aus der Niederlande, dessen Vater ebenfalls Rennfahrer war, dann aber wegen Drogenhandels ins Gefängnis musste.

Lotterer und Zwolfsman absolvierten das Rennen wie die Helden von früher nur zu zweit. Eine Parallele mit Dalmas gibt es ebenfalls: Beide fuhren ihren Sieg in Le Mans mit dem Team des Deutschen Reinhold Joest heraus. Joest Racing ist inzwischen das erfolgreichste Le-Mans-Team, gewann mit Porsche, Bentley und Audi den Langstreckenklassiker. Dalmas siegte 1994 gemeinsam mit Hurley Haywood und Mauro Baldi auf einem Porsche. Der Franzose und viermalige LeMans-Sieger fuhr 24 WM-Rennen in der Formel-1 für Larrousse und AGS, bei 25 weiteren Einsätzen konnte er sich nicht qualifizieren. Lange Zeit galt er als große französische Nachwuchshoffnung, aber 1988 kam der Einbruch als er an der oft tödlich verlaufenden Infektionskrankheit Legionellose erkrankte. 2002 startete er zum letzten Mal in Le Mans.


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Block

In Belgien durfte André Lotterer ran, wer in Italien am Steuer des zweiten Caterham Renault sitzen wird, ist noch unklar. Dem Vernehmen nach wird es mit Roberto Merhi ein Spanier. Vor drei Jahren wurde er F3-Europameister, dann war er in der DTM oftmals mit haarigen Aktionen unterwegs und ist nun in der Formel-Renault. Merhi soll für zwei Rennen 300.000 Euro bieten, finanziert von russischen Sponsoren. Noch ist sein Einsatz aber nicht sicher. Er wartet noch auf die FIASuperlizenz. Genau daran ist das F1-Debüt vieler Fahrer gescheitert oder zumindest verschoben worden. In den letzten 25 Jahren fielen unter anderem darunter: Marco Greco 1990 bei EuroBrun, Michael Andretti 1990 bei Brabham, Akihiko Nakaya 1992 bei Brabham, Oliver Gavin 1994 bei Pacific, Katsumi Yamamoto und Paulo Carcasci 1995 bei Pacific. Viele betrachten die Fahrerrochade bei Caterham als negativ. Natürlich ist Kamui Kobayashi beliebt, aber der Japaner fährt mit dem Wagen auch nur hinterher. Ihm sind die Hände genauso gebunden, wie denjenigen, die jetzt zum Zug kommen. Nur, dass die Fahrer nun wenigstens mal eine Chance bekommen, sich in der Formel-1 zu beweisen. André Lotterer ist das geglückt, vielleicht auch Roberto Merhi. Endlich kommen auch wieder neue Fahrer dran. Sollte Merhi den Zuschlag bekommen, dann haben dieses Jahr schon drei Fahrer für Caterham ihr Debüt gegeben, das gab es letztmals 2006 bei Super Aguri mit Yuji Ide, Franck Montagny und Sakon Yamamoto. Gleich vier Debütanten im gleichen Rennstall gab es zuletzt 1975 bei Williams. Vielleicht bekommen auch noch andere Fahrer ihre Chance, gut wäre Testfahrer Robin Frijns, dessen Manager Gerüchte dementierte, wonach er das Team verlassen und bei Russian Time 2015 in der GP2 fahren werde. Michael Zeitler

Wer darf nach André Lotterer im Cat erham sein F1-Debüt feiern? ©Caterham

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Fahrerrochade bei Caterham bietet Spannung


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Strafen McLaren

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Vorschau Italien GP

Strafpunkte für Vergehen Jules Bianchi Pastor Maldonado Kevin Magnussen 4Valtteri Bottas Adrian Sutil Marcus Ericcson Jean-Eric Vergne

4 4 2 2 2 1

Nur der Däne Kevin Magnussen erhielt in Spa Strafpunkte für einen Verstoß gegen das Sportliche Regelwerk. Der McLaren-Fahrer verteidigte sich nach dem Empfinden der Rennkommissare zu hart gegen Fernando Alonso, als er ihn im Zweikampfvon der Strecke drängte.

+2

Verwendete Antriebselemente

ICE TC MGU-K MGU-H ES CE Sebastian Vettel Red Bull Renault 5 4 4 4 2 4 Daniel Ricciardo Red Bull Renault 4 3 4 3 2 3 Lewis Hamilton Mercedes 4 4 4 4 3 3 Nico Rosberg Mercedes 4 4 4 4 3 3 Fernando Alonso Ferrari 4 3 3 3 3 5 Kimi Räikkönen Ferrari 4 3 3 4 4 4 Romain Grosjean Lotus Renault 4 5 4 4 3 4 Pastor Maldonado Lotus Renault 5 5 5 5 4 4 Jenson Button McLaren Mercedes 4 4 4 4 3 4 Kevin Magnussen McLaren Mercedes 4 4 4 4 3 3 Nico Hülkenberg Force India Mercedes 4 4 4 4 3 3 Sergio Pérez Force India Mercedes 4 4 4 4 3 3 Adrian Sutil Sauber Ferrari 4 4 4 4 4 4 Esteban Gutiérrez Sauber Ferrari 4 4 4 4 3 5 Jean-Eric Vergne Toro Rosso Renault 4 4 5 4 3 3 Daniil Kvyat Toro Rosso Renault 5 4 5 3 2 2 Felipe Massa Williams Mercedes 4 4 4 4 2 3 Valtteri Bottas Williams Mercedes 4 4 4 4 3 3 Jules Bianchi Marussia Ferrari 5 5 4 5 3 4 Max Chilton Marussia Ferrari 4 4 4 4 3 4 André Lotterer Caterham Renault 4 4 3 4 3 5 Marcus Ericsson Caterham Renault 4 4 3 3 2 3 ICE = Verbrennungsmotor – TC = Turbolader – MGU-K = Generator Kinetische Energie MGU-H = Generator Thermische Energie – ES = Energiespeicher – CE = Elektronische Kontrolleinheit


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Vorschau Italien GP

4 2,6 165

5

5 1,7

DRS

200

DRS

7

6

Gang G-Kraft

Schlüsselfaktoren 4

326

2 ··

8 0,2 330

3

8

2

295

Daten:

3 3,0 141

• Hochgeschwindigkeitsstrecke • harte Bremspunkte • modifizierte letzte Kurve

8 1,5

8 2,7

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13 Autodromo Nazionale Monza

Geschwindigkeit

5,783 km 53

9

8 0,3 333

10

DRS 11

1 MEDIUM HARD

3 2,3 80

DRS

S ···

4 2,9 190

Benzinverbrauch: 2,47 kg/Runde Reifenverschleiß Bremsverschleiß Zeitverlust: 0,32 Sekunden/10 kg Abtriebslevel Vollgasanteil: 70% Gangwechsel: 41 Höchgeschwindigkeit: 330 km/h Zeitplan 1. Bremspunkt: 800 Meter Rundenrekord: 1:21,046 R. Barrichello Fr. 05.09. 1. freies Training 10:00 1 Sebastian Vettel (Red Bull) 2 Fernando Alonso (Ferrari) 3 Mark Webber (Red Bull) 4 Felipe Massa (Ferrari) 5 Nico Hülkenberg (Sauber) 6 Nico Rosberg (Mercedes) 7 Daniel Ricciardo (Toro Rosso) 8 Romain Grosjean (Lotus) 9 Lewis Hamilton (Mercedes) 10 Jenson Button (McLaren)

53 Runden +5,467 +6,350 +9,361 +10,355 +10,999 +32,329 +33,130 +33,527 +38,327

2. freies Training 14:00

Sa. 06.09. 3. freies Training 11:00 Qualifikation 14:00

So. 07.09. Rennen 14:00

© Geradtz/Formel Woche


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Sam Bloxham/GP3

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Force-India-Nachwuchsteam

Aus eins mach zwei Seit dieser Saison schickt das Hilmer-Team nicht nur in der GP2, sondern auch in der GP3 seine Boliden an den Start. von Daniel Geradtz s ist eine alte Tradition im Motorsport, dass Rennställe aus den oberen Kategorien bereits im Nachwuchsbereich aktiv sind, um dort junge Fahrer an höhere Aufgaben heranzuführen. Aktuell haben viele Formel-1-Teams ein eigenes Förderprogramm, das bereits im Bereich der nationalen Einsteigerklassen greift. Im Jahr 2011 begann auch Force India damit, gezielt nach Talenten zu suchen. Das Team hat seine Wurzeln in Indien und beschränkt seine eigene Suche ausschließlich auf den heimischen Markt. In dieser Saison hat sich das Profil geändert. Durch die Kooperation mit Hilmer Motorsport ist man nun auch in der GP2- und GP3-Serie aktiv, also im direkten Unterbau der Formel-1.

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2013 stieg Hilmer fulminant in die GP2 ein. Man übernahm die Fahrzeuge von Ocean Racing Technology aus Portugal und war damit vom Start

weg schnell unterwegs. Obwohl des Team erst recht kurzfristig zusammengestellt wurde, war man erfolgreicher als der Vorgänger. Zu Saisonmitte standen die Piloten regelmäßig auf dem Podest und fuhren mehrere Siege ein. Zufriedenstellendes GP3-Debüt In diesem Winter expandierte der Rennstall dann wieder unverhofft. Nachdem sich das von Timo Ruumpfkeil geführte Russian-Time-Team kurzfristig aus der GP3 zurückzog, nahm Hilmer den freien Platz ein. „Das GP3-Team war eigentlich eine logische Entscheidung, weil wir die Durchgängigkeit von unten herauf haben wollten und dort in Zukunft schon ein paar Fahrer für die GP2 selektieren können“, sagt Teamchef Franz Hilmer zu diesem Schritt. Gleichzeitig wurde man offizieller Partner von Force India.

Nach der ersten Saisonhälfte in der GP3 fällt das Fazit von Teambesitzer Hilmer durchaus positiv aus: „Man muss bedenken, dass wir erst sehr spät eingestiegen sind und die Autos nicht im optimalen Zustand waren.“ Die ersten Testtage vor der Saison musste man auslassen, erst später griff das Team in die Vorbereitungen ein. Damit fehlten wichtige Erkenntnisse. Auch die Wahl der Fahrer war wegen des späten Zeitpunkts nicht einfach. Nach der Auflösung der Verträge kamen jene Piloten, die eigentlich für Russian Time hätten starten sollen, schnell woanders unter. Hilmer griff dann auf eine bekannte Größe im Team zurück. Riccardo Agostini bestritt 2013 bereits einen GP2-Test. Hilmer wusste, dass der Italiener für regelmäßige Resultate in den Punkten gut sein würde. Auch die Mannschaft darum herum wurde maßgeblich aus erfahrenen Leuten


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Enttäuschung zu Jahresbeginn „Wir können die Uhr nicht zurückdrehen. Aber wäre es schon in Bahrain besser gelaufen, wäre es für alle einfacher geworden“, ist sich Hilmer heute sicher. Zuletzt in Belgien ging Abt zwar von der Pole aus ins Rennen, kam aber nur als Fünfter in ziel. Unter anderem weil er gegen den Meisterschaftsführenden Jolyon Palmer in einem Duell eine Position verlor, das viele Beobachter als nicht fair beschrieben. Auch wenn der Teamchef nach der guten Ausgangsposition mehr erhofft hatte, sieht er in dem Ergebnis durchaus das Positive. „Insgesamt hat die Pace gestimmt. Das zeigt uns, dass das Auto gut ist und Daniel weiß auch, dass er gut dabei ist.“ Ob der Deutsche auch im kommenden Jahr wieder für das Team am

F1-Testfahrt in Sicht In den fünf Cockpits, die das Team in der aktuellen Saison anzubieten hat, sitzen mit Abt und Sebastian Balthasar unter anderem zwei Deutsche. Auch Jon Lancaster aus Großbritannien, der im vergangenen Jahr die ersten Siege für das Team in der GP2 eingefahren hat, ist wieder im Einsatz. Immerhin sind derzeit die Aussichten auf ein zweites GP3-Jahr für Balthasar nicht schlecht. Einen Vorteil auf einen Vertrag in der Formel-1 haben die Hilmer-Fahrer nicht automatisch. „Bei Force India haben grundsätzlich alle Fahrer, die Möglichkeit unterzukommen. Wer sich aber bei uns gut schlägt, könnte

aber unter Umständen eine Formel1-Testfahrt bekommen und steigert damit seine Chancen“, erklärt der Teamchef. Ein glatter Durchmarsch in die Königsklasse, wie man ihn oft bei den Fahrern aus dem Red-BullProgramm sieht, ist somit nicht automatisch vorprogrammiert. Schon 2015 könnte sich die Zusammenarbeit zwischen dem bayerischen Rennstall und Force India auszuzahlen. Es wäre nicht nur denkbar, dass beispielsweise Riccardo Agostini in die GP2 aufsteigen kann, sondern auch Daniel Abt trauen viele eine erfolgreiche Karriere zu. Das hat er nicht zuletzt in den deutschen Nachwuchsklassen gezeigt. Abt, der aus einer wahren Rennsportdynastie kommt, hat allerdings auch Kontakte zu Colin Kolles, der seit einigen Wochen bei Caterham involviert ist. Kolles setzte nämlich einst als Privatteam in der DTM jene Fahrzeuge ein, die zuvor von Abt Sportsline aufgebaut wurden. Auch wenn der 21-Jährige kein offizieller Red-Bull-Junior ist, hätte er durch die Österreicher einen potentiellen Sponsor, der ihm den Einstieg in die Formel-1 erheblich erleichtern könnte.

Sam Bloxham/GP2

In der GP2 durchlebte Hilmer nach dem erfolgreichen Debüt im vergangenen Jahr nun eine durchwachsene erste Saisonhälfte. Nur wenige Male holten Daniel Abt oder Jon Lancaster Punkte. Nach zuletzt fünf Ergebnissen unter den besten Acht sieht Teamchef Hilmer aber einen Aufwärtstrend: „Daniel und das Team hatten nach den ersten Rennen eine Menge Druck auszuhalten. Wir mussten uns gemeinsam zurückkämpfen und sind dabei derzeit auf einem guten Weg.“ Was der Deutsche anspricht, das ist eine Verkettung ungünstiger Umstände, die das Team während der ersten Rennen verfolgten. In Bahrain hatte Abt den Sieg vor Augen, in Barcelona und Monaco wurde er unverschuldet in Kollisionen verwickelt.

Steuer sitzen wird, ist noch nicht klar. Es gebe derzeit zwar bereits die ersten Verhandlungen mit den Piloten, spruchreif sei aber noch nichts. Außerdem stellt Franz Hilmer bei der Wahl seiner Piloten klar: „Es gibt keine Verpflichtung, von Force India vorgeschlagene Fahrer unter Vertrag zu nehmen. Es sind vielmehr Empfehlungen.“ Am Ende ist es nicht zuletzt eine Frage des Budgets.

Daniel Abt sorgte zuletzt für einen Aufwärtstrend des Hilmer-Teams

FORMEL-WOCHE 35 /2014

rekrutiert: Nachdem das GP2-Team um zwei Ingenieure erweitert wurde, wurden zwei der vorherigen Mitarbeiter für das GP3-Projekt abgestellt. Der Brite Nick Wasyliw erhielt schließlich die Aufgabe, sich maßgeblich um die Aufbauarbeit im Team zu kümmern. Weil es die Lage auf dem Arbeitsmarkt erlaubte, war es verhältnismäßig einfach, die im Reglement festgelegte Anzahl von maximal zwölf Stellen pro Team, mit guten Kräften zu besetzen.

Force-India-Nachwuchsteam


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Chris Jones

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IndyCar in Fontana

Der andere Gegner war Ovalspezialist Ed Carpenter. Der US-Amerikaner wurde Dritter. Zum Schluss waren es auch noch die beiden Ganassi-Piloten Scott Dixon und Tony Kanaan. Ganassi kam 2014 erst spät in Topform, aber von den letzten vier Rennen gewann man drei. Zwei durch Dixon und eines, nämlich das Finale am Wochenende, durch Tony Kanaan. Der Brasilianer kehrte damit wieder auf die Siegerallee zurück, nachdem er dieses Jahr vor allem auf Ovalen immer wieder am Sieg schnupperte. Castroneves fiel am Ende noch weit zurück. Beim Boxenstopp überfuhr er die weiße Linie, das hagelte eine Durchfahrtsstrafe, wodurch er sogar aus der Führungsrunde fiel. Noch im Qualifying bewies er mit der PolePosition Kampfstärke, wie im letzten Jahr blieb dem so genannten Spiderman am Ende aber doch nur Platz zwei in der Meisterschaft.

Auch auf dem Papier der Beste

Neue Strecken für 2015

Will Power sichert sich mit Platz neun den Titel in der IndyCar. Eine Schrecksekunde gab es im AbHélio Castroneves verspielt Pole-Position. Tony Kanaan gewinnt schlusstraining, als sich Mikhail Aleshin drehte und mit Charlie Kimball zudas Rennen in Fontana. von Michael Zeitler r ist nicht der beliebteste Fahrer im IndyCar-Feld, ganz im Gegenteil. Das hat sich Will Power durch teils stümperhaften Aktionen auf der Strecke zum Teil auch selbst zuzuschreiben. Aber objektiv betrachtet ist der Australier wohl der Beste und hat mit dem Penske-Rennstall das größte und erfolgreichste IndyCarTeam hinter sich.

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Richtig gut ist Power vor allem seit der zweiten Saisonhälfte 2013. Nun ist Power nämlich auch auf den Ovalstrecken richtig stark. Hier hat er schon drei Mal die Meisterschaft verloren, dieses Jahr wurde seine neue Särke noch wichtiger, denn bei einigen Rennen gab es aufgrund der langen Distanz gleich doppelte Punkte. So auch beim Saisonfinale in Fontana am Samstagabend. Und prompt schuf

das Qualifying auch noch die besten Voraussetzungen für einen wahren Final-Thriller: Hélio Castroneves auf der Pole-Position, Teamkollege und Titelrivale Will Power nur auf dem vorletzten Platz! Wie erwartet arbeitete sich der Australier sich im Dallara Chevrolet nach vorne, während Castroneves lange um die Spitze kämpfte, aber durchaus auch einige Gegner um den Sieg hatte.

sammenstieß. Dabei stieg sein Bolide auf und katapultierte sich in die Fangzäune. Der Russe musste mit Rippenbrüchen, Brustverletzungen, einem gebrochenes rechtes Schlüsselbein und einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus gebracht werden. Teamchef Sam Schmidt nannte keinen Ersatzfahrer, sondern konzentrierte sich auf den Wagen von Simon Pagenaud. Der Franzose war mathematisch noch im Titelrennen, doch wie schon in den letzten Rennen fuhr Pagenaud nur unter ferner liefen.

Das war zum einen der dritte Mann im Penske-Fahrzeug Juan-Pablo Montoya. Der Kolumbianer absolvierte die meisten Führungsrunden, am Ende landete er auch wegen technischer Probleme auf Rang vier. Auf derselben Position schloss er seine Comeback-Saison ab. Es war eine beeindruckende Leistung des charismatischen Meisters der Saison 1999. Das Highlight war der Sieg in Pocono.

Nun beginnt eine lange Winterpause für die IndyCar-Szene. Im Februar soll es mit Rennen in Dubai und Brasilien wieder losgehen. Der Lauf in Houston wird 2015 definitiv nicht mehr im Kalender stehen, wahrscheinlich trifft das auch auf Toronto zu. Dafür ist der neue Kurs in New Orleans offiziell bestätigt worden und erstmals seit 1978 könnte im kanadischen Mosport gefahren werden.


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IndyCar in Fontana

Fontana

1. Tony Kanaan Ganassi 2. Scott Dixon Ganassi 3. Ed Carpenter Carpenter 4. Juan-Pablo Montoya Penske 5. James Hinchcliffe Andretti 6. Takuma Sato AJ Foyt 7. Ryan Briscoe Ganassi 8. Carlos Muñoz Andretti 9. Will Power Penske 10. Josef Newgarden Sarah Fisher Hartman 11. Marco Andretti Andretti 12. Charlie Kimball Ganassi 13. Justin Wilson Dale Coyne 14. Hélio Castroneves Penske 15. Jack Hawksworth Herta 16. Ryan Hunter-Reay Andretti 17. Sebastián Saavedra KV/AFS 18. Sébastien Bourdais KV 19. Graham Rahal Rahal Letterman Lanigan 20. Simon Pagenaud Schmidt Peterson 21. Carlos Huertas Dale Coyne 22. Mikhail Aleshin Schmidt Peterson/SMP Schnellste Runde: Will Power 32,879

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250 Runden +3,675 +7,305 +7,923 +11,885 +12,688 +16,511 +23,280 +28,345 +32,185 +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +2 Runden +2 Runden +5 Runden +6 Runden +7 Runden +229 Runden nicht gestartet

Gesamtwertung 1. Wll Power (AUS) 2. Hélio Castroneves (BRA) 3. Scott Dixon (NZL) 4. Juan-Pablo Montoya (COL) 5. Simon Pagenaud (FRA) 6. Ryan Hunter-Reay (USA) 7. Tony Kanaan (BRA) 8. Carlos Muñoz (COL) 9. Marco Andretti (USA)

671 609 604 586 565 563 544 483 463

10. Sébastien Bourdais (FRA) 11. Ryan Briscoe (AUS) 12. James Hinchcliffe (CAN) 13. Josef Newgarden (USA) 14. Charlie Kimball (USA) 15. Justin Wilson (GBR) 16. Mikhail Aleshin (RUS) 17. Jack Hawksworth (GBR) 18. Takuma Sato (JAP)

461 461 456 406 402 395 372 366 350

19. Graham Rahal (USA) 20. Carlos Huertas (COL) 21. Sebastián Saavedra (COL) 22. Ed Carpenter (USA) 23. Mike Conway (GBR) 24. Oriol Servià (ESP) 25. Kurt Busch (USA) 26. JR Hildebrand (USA) 27. Sage Karam (USA)

345 314 291 262 252 88 80 66 57

Die Top-3 in der Gesamtwertung

FORMEL-WOCHE 35 /2014

Sam Bloxham/GP2

Ergebnisse 18. Rennen

Chris Jones

Chris Jones

Chris Owens


ATS F3-Cup: Pommer baut Führung weiter aus Auch nach der etwas mehr als zwei Monate dauernden Sommerpause ist Markus Pommer der Mann, den es im ATS-Formel-3-Cup zu schlagen gilt. Am Nürburgring strich der Fahrer aus dem Lotus-Team wieder die meisten Zähler ein und baute damit seinen Vorsprung auf Nabil Jeffri aus. Der Malaie liegt nun 86 Punkte hinter Pommer. Zwei Mal ging der Deutsche von der Pole-Position aus ins Rennen und in beiden Fällen stand er als strahlender Sieger ganz oben auf dem Podest. Im ersten Rennen musste Pommer die Führung jedoch für einige Momente abgeben. Danach stellte aber sich heraus, dass der zwischenzeitliche Spitzenreiter Weiron Tan einen Frühstart absolviert hatte. Tan wurde bestraft, Pommer rutschte wieder auf den ersten Platz nach vorne. Auf dem Weg zu seinem möglichen ersten Sieg ereilte Tan im zweiten Rennen das gleiche Schicksal. Weil auch der Russe Nikita Zlobin über sich selber stolperte, kam schließlich Nicolai Sylvest zu seinem ersten Sieg in der Serie. DG Britische Formel-3: Gaststarter Ferrucci siegt Wie schon mehrfach in diesem Jahr, stahl auch am vergangenen Wochenende ein Gaststarter den arrivierten Piloten in der britischen Formel-3 die Aufmerksamkeit. Der US-Amerikaner Santino Ferrucci siegte in zwei der drei Rennen und stand zudem mit dem dritten Platz ein weiteres Mal auf dem Podest. Ferrucci erhielt für seine Mühen aber keine Punkte. Stattdessen setzte sich Spitzenreiter Martin Cao weiterhin von Matt Rao ab. Cao fielen letztlich die beiden Siege von Ferrucci zu, sodass er mit drei Triumphen und den Zusatzzählern für zwei schnellste Runden mit 64 Punkten aus Brands Hatch abreiste. In der Meisterschaft liegt er vor dem Finale 15 Zähler vor Rao. DG

26 ADAC Motorsport

FORMEL-WOCHE 35/2014

Nachwuchs

Jensen in der Eifel stark Mikkel Jensen siegt am Nürburgring zwei Mal und setzt sich damit in der Gesamtwertung des ADAC-Formel-Masters ab. von Daniel Geradtz ls Gesamtführender kam Mikkel Jensen an den Nürburgring, mit einem noch größeren Vorsprung reiste der Däne wieder ab. Im Kampf um die Gesamtwertung konnte er sich weiter an der Spitze gegen Maximilian Günther behaupten. Doch ganz so einfach waren die beiden Triumphe für Jensen nicht. Trotz seiner Pole-Position musste er seine Führung in der Anfangsphase des ersten Rennens abgeben. Joel Eriksson lag für einige Runden an der Spitze. Doch Jensen blieb auf Tuchfühlung. Im sechsten Umlauf kam es zum Schlagabtausch, bei dem Eriksson nicht nur den ersten Platz verlor, sondern sich auch Marvin Dienst geschlagen geben musste. Ab diesem Zeitpunkt waren die Plätze an der Spitze bezogen.

A

Dienst sicherte sich schließlich den Sieg im zweiten Wertungslauf. Jensen ging zwar erneut von der besten Position aus ins Rennen, kam aber bei nassen Bedingungen in der fünften

Runde von der Bahn ab und rutschte weit nach hinten. Danach lag Dienst vorne, hatte mit seinem Teamkollegen Maximilian Günther aber einen starken Gegner im Nacken setzen. Später wurde Günther von Ralph Boschung auf den dritten Rang verdrängt. Jensen siegt nach Kollision Im letzten Rennen war schließlich wieder die Zeit von Jensen gekommen. Von der zweiten Position aus losfahrend, erlebte er zunächst aber einen herben Dämpfer: Im Zweikampf mit Fabian Schiller kam es zu einer Kollision, die den Fahrer aus dem Neuhauser-Rennstall auf die dritte Position zurückwarf. Wegen des Zwischenfalls kam das Safety-Car auf die Strecke. Nach der erneuten Freigabe des Rennens ließ sich Jensen allerdings nicht zwei Mal bitten, eine vielversprechende Aufholjagd zu starten. Zuerst


27

Nachwuchs Einen Rang dahinter kam Marvin Dienst ins Ziel, der in der Eifel so viele Zähler einfuhr, wie kein anderer. Dank seiner 50 Zähler konnte der Fahrer aus dem Mücke-Team 21 Punkte auf den Zweiplatzierten Günther aufholen. Der Rückstand beträgt damit nur noch 30 Punkte. Günther hat seinerseits einen Rückstand von 71 Punkten auf Spitzenreiter Jensen. Dieser kann schon am Sachsenring vorzeitig zum Meister gekürt werden, wenn er vier Punkte mehr holt als Günther.

Ergebnisse 1. Lauf am Nürburgring 1. Mikkel Jensen (Neuhauser) 2. Marvin Dienst (Mücke) 3. Joel Eriksson (Lotus) 4. Tim Zimmermann (Neuhauser) 5. Dennis Marschall (Lotus) 6. Fabian Schiller (Schiller) 7. Maximilian Günther (Mücke) 8. Kim Luis Schramm (Mücke) 9. Igor Walilko (JBR) 10. Luis-Enrique Breuer (Lotus)

2. Lauf am Nürburgring 1. Marvin Dienst (Mücke) 2. Ralph Boschung (Lotus) 3. Maximilian Günther (Mücke) 4. Joel Eriksson (Lotus) 5. Tim Zimmermann (Neuhauser) 6. Fabian Schiller (Schiller) 7. Mikkel Jensen (Neuhauser) 8. Igor Walilko (JBR) 9. Kim Luis Schramm (Mücke) 10. Luis-Enrique Breuer (Lotus)

3. Lauf am Nürburgring 1. Mikkel Jensen (Neuhauser) 2. Tim Zimmermann ( Neuhauser) 3. Maximilian Günther (Mücke) 4. Marvin Dienst (Mücke) 5. Luis-Enrique Breuer (Lotus) 6. Joel Eriksson (Lotus) 7. Kim Luis Schramm (Mücke) 8. Nico Menzel (Schiller) 9. David Kolkmann (JBR) 10. Dennis Marschall (Lotus)

Fahrerwertung 1. Mikkel Jensen (DEN) 2. Maximilian Günther (GER) 3. Marvin Dienst (GER) 4. Tim Zimmermann (GER) 5. Ralph Boschung (SUI) 6. Fabian Schiller (GER) 7. Joel Eriksson (SWE) 8. Kim Luis Schramm (GER) 9. Dennis Marschall (GER) 10. Philip Hamprecht (GER)

272 201 171 158 145 132 124 110 96 60 ADAC Motorsport

Marvin Dienst sammelte am Nürburgring die meisten Punkte

Formel-Renault NEC: Verkürztes Wochenende dreht Verhältnisse Heftiger Regen brachte bei der sechsten Saisonstation der FormelRenault NEC in Most den Zeitplan durcheinander. Nachdem bereits ein Rennen von Samstag auf Sonntagmorgen verschoben werden musste, war es auch am neuen Termin zu nass, um den Lauf durchzuführen. Erst am Nachmittag wurde wieder gefahren und das dritte Rennen damit abgesagt. In der Gesamtwertung, vormals lagen die ersten drei innerhalb von nur vier Zählern, hat sich das Kräfteverhältnis umgedreht. Nun führt der Brite Ben Barnicoat das Championat an. Mit einem Rückstand von zwölf Punkten folgt Louis Delétraz. Barnicoat sicherte sich den Sieg im ersten Lauf, nachdem er die Führung von Pole-Mann Alexander Albon übernommen hatte. Für ihn war es der zweite Erfolg in diesem Jahr. Mit Rang zwei stand Albon das erste Mal überhaupt auf dem Podest. Und das sollte noch nicht alles gewesen sein: Am Sonntag ließ er im Regen den ersten Sieg folgen. Viel Zeit blieb ihm nicht, um die entscheidenden Plätze gutzumachen. Wegen des Wetters fand der Start hinter dem Safety-Car statt und auch während des Rennens neutralisierte die Rennleitung das Geschehen für einige Runden. Spitzenreiter Barnicoat wurde am Ende Siebter. DG Britische Formel-Renault: Fittipaldi setzt Serie fort Auch in Snetterton hat der Brasilianer Pietro Fittipaldi seine beeindruckende Serie in der britischen Formel-Renault fortgesetzt und den inzwischen achten Sieg in Folge eingefahren. Mit drei weiteren Triumphen kommt er damit auf deren neun über den gesamten Jahresverlauf. In der Gesamtwertung setzte er sich weiter von seinem Teamkollegen Matteo Ferrer ab, der einen Rückstand von 70 Punkten hat. DG

FORMEL-WOCHE 35 /2014

sicherte er sich im Duell mit Tim Zimmermann den zweiten Platz, dann überholte er auch noch Spitzenreiter Igor Walilko, der von der Pole-Position gestartet war. Jensen wurde das Leben letztlich auch durch eine Entscheidung der Rennleitung vereinfacht. Weil Walilko beim Start nicht korrekt positioniert war, musste er zur Durchfahrtsstrafe antreten. Zimmermann erbete damit den zweiten Platz, Dritter wurde Maximilian Günther.


Impressum Herausgeber: Daniel Geradtz Chefredakteur: Michael Zeitler Redaktion: Johannes Mittermeier Rebecca Friese Layout: Daniel Geradtz Michael Zeitler


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