Formel-Woche 04/2013

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2013

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26. Juni

NEU

Pirelli

Sanft e Strafe Merce für des-R eifent est

Die größten Teamskandale in der F1 Porträt des ersten Ferrari-Siegers José Froilán Gonzalez Analysen WSbR und IndyCar


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Über das Urteil des Reifentribunals

Die Richter waren also gnädig mit Mercedes. Kein WMAusschluss, keine große Geldstrafe. Eigentlich hat es niemanden hart getroffen, außer vielleicht Sam Bird. Der Brite, aktuell wieder in der GP2 unterwegs, darf nun nicht wie geplant mit dem W04 am Nachwuchstest teilnehmen, sondern muss sich mit Trockenübungen am Simulator zufrieden geben. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass Mercedes härter bestraft werden würde. Denn egal wie die Kompetenzen am Ende sind. Gibt ein ranghoher FIA-Mitarbeiter die Einwilligung für solche Testfahrten, dann sollte das Wort erst einmal Bestand haben. Fühlte sich am Ende vielleicht sogar die FIA ein bisschen schuldig und ließ Gnade vor Recht walten? Zudem zeichnete sich die Tendenz ab, als Niki Lauda offenbar an einer außergerichtlichen Einigung arbeitete, die nur durch Mercedes selbst blockiert wurde. Alle - so schien es jedenfalls - wollten das Thema so schnell wie möglich beendet haben mit der Weisheit, sich wahrlich nicht mit Ruhm beklckert zu haben. Nur Toto Wollf und Ross Brawn wollten es dem Vernehmen nach auf den Prozess ankommen lassen. Was das für die Zukunft heißt, ist schwer auszumachen. Sicherlich hätte man mit einem harten Urteil ein eindeutiges Statement für weitere Präzedenzfälle setzen können. Doch diese Gelegenheit wurde verpasst. Werden die Beteiligten dem Weltverband nun auf der Nase rumtanzen? Daniel Geradtz Herausgeber Formel-Woche Mercedes

Die Weltmacht des Motorsports: Großbritannien

In Fangios Schatten erster Ferrari-Sieger

Rennen im Rückspiegel: Großbritan-nien 2008 Mercedes-Reifentest: Strafe für Sam Bird

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Skandal im F1-Bezirk: Jenseits von Gut und Böse

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 Vandoorne dreht die Meisterschaft

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Moove mit dem 100. Start in der WSbR News

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Rowland boxt sich an die Spitze

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Welcher Andretti-Pilot wird Meisters?

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Der überlegte Weg weg vom Einheitschassis

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Die Weltmacht des Motorsports: Großbritannien Fotos: James Moy, LAT Auch wenn die Wiege des Grand-Prix-Sports in Frankreich liegt, fand der erste Lauf zur Formel-1-WM in Großbritannien statt. von Michael Zeitler Der Großbritannien Grand Prix wird für die meisten Teams ein Heimrennen. Force India ist sogar direkter Nachbar der Rennanlage auf dem ehemaligen Flugplatz in Silverstone. Nur drei Teams haben ihr Werk nicht in England: Ferrari und Toro Rosso operieren jeweils aus Italien (Maranello beziehungsweise Faenza), Sauber aus der Schweiz (Hinwill). Auch in den Statistiken ist Großbritannien inzwischen die Nummer eins. Doch das war nicht immer so. 1906 ging der erste Grand Prix über die Bühne: Im französischen Le Mans und mit neun Herstellern aus Frankreich, zwei aus Italien, einem aus Deutschland – aber keinem aus Großbritannien. Das erste britische Fahrzeug im Grand Prix war ein Austin 1908 beim Rennen in Frankreich. Die Franzosen waren die mächtigste Motorsport-Nation, hatten ihren Automobilverband in den gleichen Räumen untergebracht, in dem auch der Weltverband AIACR (heute FIA) beheimatet ist. Noch heute hat die FIA ihren Sitz in Paris. Der Fall der anderen Frankreich hat aber schon lange die Macht abgegeben. 2007 gab es den letzten Großen Preis von Frankreich, mit Renault gibt es nur noch einen französischen Motorhersteller in der Formel-1. Die meisten französischen Hersteller, die 1906 eigene Rennwagen in den Grand Prix schickten, existieren heute gar nicht mehr. Immerhin

hat Frankreich jetzt dank Romain Grosjean (Lotus Renault), Jean-Eric Vergne (Toro Rosso Ferrari), Jules Bianchi (Marussia Cosworth) und Charles Pic (Caterham Renault) wieder vier aktive Fahrer – aber auch da war Frankreich schon mal besser aufgestellt: Als es in den 70er und 80er Jahren viele Rennfahrerschulen und Nachwuchsförderprogramme in Frankreich gab, die herausragende Fahrer hervorgebracht haben. Wie den viermaligen F1-Weltmeister Alain Prost. Auch andere Nationen haben an Wert verloren. Italien hat keinen Fahrer mehr, auch die nationalen Meisterschaften stehen alles andere als gesund da, die italienische Formel-3 wurde in diesem Jahr sogar eingestampft! Als Hersteller ist seit Jahren nur noch Ferrari dabei, Lamborghini verabschiedete sich schon Mitte der 90er Jahre, hatte auch nie Spitzenqualität – und von Alfa Romeo, Lancia und Maserati fehlt schon seit Jahrzehnten jede Spur im GP-Sport.

aber dann kam der Zweite Weltkrieg und in der Folge das Rennverbot durch die Alliierten. Natürlich waren Marken wie Mercedes, Porsche oder BMW immer wieder sehr erfolgreich, natürlich stellt Deutschland mit Michael Schumacher den erfolgreichsten GP-Piloten aller Zeiten – aber kein einziges F1-Team kommt aus Deutschland. Sogar Mercedes wickelt ihren Werkseinsatz in – na klar! – Großbritannien ab! Chassis setzen sich durch

Die USA kocht längst ihr eigenes Süppchen. In den 30er Jahren trennten sich die IndyCar und die GP-Szene immer weiter auf. Dabei hat ein US-Amerikaner den Rennsport nicht erfunden, aber doch auch stark beeinflusst: Gordon Bennett Junior, ein Zeitungsverleger. Seine Stadt-zuStadt-Rennen waren die Vorläufer der heutigen GP-Läufe.

Was sind aber die Gründe für den Aufstieg Großbritanniens? Entscheidend hierfür ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier entwickelte sich in Großbritannien eine eigene Motorsportkultur: Es schossen kleine Privatteams wie Pilze aus dem Boden. Große Köpfe wie John Cooper, Colin Chapman oder Ken Tyrrell bauten eigene Rennchassis und führten die Teams als eigenständige Unternehmen. Über Jahrzehnte waren vorher Rennteams meistens direkt von den Automobilherstellern zusammengestellt worden – oder Privatfahrer kauften sich zumindest dort Rennwagen. Mit dem ERA hat Großbritannien in den 30er Jahren schon mal versucht, davon abzurücken, doch die Automobilhersteller in Deutschland und Italien pumpten zu viel Geld in den GP-Sport, als dass ERA wirklich erfolgreich werden konnte.

Deutschland war lange Spitze, in den 30er Jahren mit Mercedes Benz und Auto Union fast schon unschlagbar –

Die Rahmenbedingungen begünstigten die kleinen britischen Chassisschmieden: Die Wagen waren leichter,


 wendiger und kleiner – die Rennstrecken wurden ebenfalls immer enger, waren vermehrt abgesteckte Rundkurse, die reine Motorenleistungen immer weniger in den Vordergrund stellten. Gerade auch in Großbritannien gab es immer mehr solcher Rennstrecken und noch heute sind davon einige in einem sehr guten Zustand – was wichtig ist für nationale Meisterschaften und damit auch für

 die Motorsportkultur im Land. Möglich wurde all das natürlich auch dadurch, dass Großbritannien nach dem Krieg eine Weltmacht war und daher in Disziplinen wie Medizin, Wissenschaft und eben auch Sport immer besser wurde. Das merkten auch die anderen Nationen aus dem Vereinten Königreich. So war auch Neuseeland in den 60er Jahren mit Fahrern wie Chris Amon, Denny Hulme und Bruce

McLaren Spitze – Australien ebenso. Hier bildete sich ebenfalls eine eigene Motorsport-Kultur heraus, mit der auch für F1-Fahrer begehrte Tasmanien-Meisterschaft (sie war im Winter gut besucht). Und schließlich fand der Motorsport auch Anklang in der breiten Bevölkerung, weil unter anderem Tageszeitungen die Events sponserten und daher viel darüber berichteten. Das sorgte für Aufmerksamkeit.


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 In Fangios Schatten erster Ferrari-Sieger Fotos: Ferrari

Vor wenigen Tagen ist José-Froilán Gonzalez im Alter von 90 Jahren gestorben. Wir blicken zurück auf die Karriere des ersten Formel-1-Siegers für Ferrari von Michael Zeitler Es ist schon erstaunlich: Beinahe jeder F1-Fahrer will mal für das FerrariTeam GP-Rennen bestreiten. Ferrari, das ist ein Synonym für Mythos, für Legende, für Tradition, für Rennsportgeschichte. Ferrari, das ist aber auch das erfolgreichste F1-Team, jeder will zur Geschichte dieses geschichtsträchtigen F1-Rennstalls gehören. Aber keiner erinnert sich mehr an den Fahrer, der für Ferrari den ersten Sieg in der Fahrermeisterschaft holte: José-Froilán Gonzalez 1951 auf dem ehemaligen Militärflughafen in Silverstone.

José-Froilán Gonzalez gewann insgesamt sechs GP-Rennen, viele davon auch außerhalb der Fahrermeisterschaft. Sechs Siege zeigen: Hier war ein begabter Rennfahrer am Werk. Heute würde man Gonzalez wohl kaum mehr als einen Rennfahrer identifizieren: Er brachte 125 Kilogramm Kampfgewicht mit. Aber kein Übergewicht, sondern pure Muskelkraft. Wer über ihn gespottet hat, der hätte nur

meister und vor allem eine Legende wurde. Gonzalez gewann das erste Rennen in der Fahrermeisterschaft für Ferrari – aber gegen die fünf Titel von Fangio ist das nichts.

Der große Fangio

Beide waren Konkurrenten, aber noch viel mehr Freunde. Ohne Fangio wäre Gonzalez nicht so weit gekommen. Immer wieder griff ihm Fangio unter die Arme. Das vor allem in finanzieller Hinsicht, denn Gonzalez kam trotz einiger nationalen Erfolgen nicht auf die Beine. Und das obwohl schon sein Onkel Julio Perez einer der besten Rennfahrer seines Landes war und für Chevrolet einige Langstreckenrennen bestritt.

Ferrari kehrt am Wochenende an die Stätte dieses historischen Ortes zurück. Dann sollen Fernando Alonso und Felipe Massa in Gonzalez’ Siegesspuren folgen. Gonzalez begleitet sein ehemaliges Team vom Himmel aus – denn vor einigen Tagen ist er im Alter von 90 Jahren für immer eingeschlafen. Er war seit Jahren nicht mehr im besten Zustand, musste 2011 auch die Demofahrt in seinem Sieger-Ferrari zum 60. Jubiläum seines Triumphes absagen. Stattdessen fuhr Alonso damit – und gewann später den Großbritannien GP im 2011er Wagen. Nun verstarb Gonzalez an einer Erkrankung der Atemwege in Buenos Aires.

Die Rennkarriere von Gonzalez wurde aber noch von einem weiteren GP-Star mitbestimmt: Achille Varzi. Er war vor allem in den 30er Jahren ein Star, kehrte aber auch nach dem Zeiten Weltkrieg wieder in den Rennzirkus zurück. Dabei startete er auch in der argentinischen Temporada-Serie, die im europäischen Sommer ausgetragen wurde und daher einige Fahrer aus Europa anlockte. Varzi war überrascht vom Niveau der nationalen Fahrer und wollte sie nach Europa mitbringen. So entstand ein guter Kontakt von Varzi mit Gonzalez. Auch der argentinische Automobilverband professionalisierte das Projekt Motorsport. Man kaufte sich zwei

mal mit ihm schwimmen gehen müssen: Denn in dieser Disziplin gehörte er zu den besten in Argentinien. Zu den besten Rennfahrern sowieso. Seine Kraft war in jener Zeit noch wichtig, die GP-Monster schwerer zu bewegen. Doch Gonzalez stand auch immer wieder im Schatten von JuanManuel Fangio, seinem argentinischen Landsmann, der fünf Mal Welt-


 GP-Rennwagen von Maserati. Durch die Kontakte mit Varzi durfte man die Rennwagen aus einer Niederlassung von Varzi aus bei europäischen GP-Rennen einsetzen: Die Scuderia Varzi war geboren. Technischer Leiter wurde Varzis ehemaliger Mechaniker Amedeo Bignami. Gonzalez gab mit einem der Maserati beim Monaco GP sein Debüt in der Fahrermeisterschaft, wurde aber in den Massencrash in der Hafenschikane verwickelt. Auch bei Ferrari im Schatten Gonzalez wollte später die Unterstützung, die er von Fangio und Varzi erhalten hatte, zurückgeben. 2005 kümmerte er sich um seinen Landsmann Juan Cruz Alvarez, der es bis in

 die GP2 schaffte, aber nur in den Rennen von Spa-Francorchamps punktete und danach nicht mehr viel von sich hören ließ. Gonzalez stand allerdings nicht nur im Schatten von Fangio. Auch bei Ferrari war er nicht die Nummer eins, musste im Gegensatz zu seinen Teamkollegen Alberto Ascari und Luigi Villoresi mit einem älteren Ferrari 375 an den Start gehen. Gonzalez kümmerte das nicht: Er war froh, überhaupt für Ferrari antreten zu dürfen, denn er begann die Saison mit einem privat eingesetzten Talbot Lago. Und so schlecht war der Ferrari ja nicht, wie der Premierensieg 1951 zeigte. Das Rennen war ein Kampf Gonzalez gegen Fangio.

Das beste Gonzalez-Jahr war 1954: Wieder gewann er mit Ferrari in Silverstone den Großbritannien GP. Dabei war der Argentinier gerade erst wieder von Maserati zur Scuderia Ferrari zurückgekehrt. Er schloss die F1Saison als Vizemeister ab und gewann gemeinsam mit Maurice Trintignant das 24-Stundenrennen von Le Mans. Aber das Jahr endete bitter: Mit einem schweren Trainingsunfall bei der RAC Tourist Trophy. Bei diesem Crash zog er sich mehrere Wirbelstauchungen und einen Schulterbruch zu. Von da an hatte Gonzalez angeblich zu viel Respekt vor dem Rennsport, er tauchte in der Formel-1 nur noch sporadisch auf, fuhr vor allem noch nationale Rennen, zog sich dann aber 1960 ganz vom aktiven Motorsport zurück.

F1 Statistik

Starts: 26 Siege: 2 Siegquote: 7,69 % Start-Ziel-Siege: 1 Podestplätze: 15 WM-Punkte: 77,643 Pole-Positions: 3 Schnellste Rennrunden: 6 Beste WM-Platzierung: 2. (1954) Führungskilometer: 1.634

 Der erste war Nuvolari Die heutigen F1-Statistiken vergessen ein halbes Jahrhundert GP-Sport. Erst 1950 wurden einige GP-Rennen zu einer Meisterschaft zusammengefasst, die sich heute F1-Weltmeisterschaft nennt. Der Rest fand wie alle anderen davor als freie GP-Rennen, als Einzelevents statt. Heute gibt es keine Nicht-WM-Rennen mehr. In den F1-Statistiken wird JoséFroilán Gonzalez’ Sieg 1951 in Silverstone als der erste Ferrari-Sieg geführt. Aber de facto gab es schon Ende der 40er Jahre die ersten GP-Siege eines Ferrari-Modells. Und den ersten Ferrari-GP-Sieg überhaupt gab es schon viel früher: 1933 beim Tunesien Grand Prix. Damals baute Ferrari selbst noch keine Rennwagen, sondern setzte die Boliden von Alfa Romeo ein. Ferrari operierte damals als Alfa-Romeo-Werksteam. Hintergrund war, dass Alfa Romeo finanziell arg in Schieflage geriet. Die Rennsportabteilung wurde ausgelagert – und von Enzo Ferraris Rennstall geleitet. Das Modell wurde erfolgreich, Ferrari blieb bis zum Zweiten Weltkrieg der Werksrennstall von Alfa Romeo und feierte schon in dieser Zeit viele Siege. Den ersten also in Tunesien 1933 – mit dem legendären Tazio Nuvolari am Steuer, dem vielleicht sogar besten GPFahrer, den es je gab. Der Italiener setzte sich damals allerdings nur denkbar knapp gegen seinen Teamkollegen Baconin Bozacchini durch: Mit nur 0,2 Sekunden! Das Foto-Finish war gewollt: Nuvolari führte ab Runde zwei das Rennen an, Bozacchini war zwar nie weit weg – griff aber nie an. Die Wetterbedingungen wurden ab Runde 25 kriminell, wegen eines kräftigen Gewittersturms. MZ


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Großbritannien GP - Mit Herz und Schwimmflügeln von Johannes Mittermeier

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enn das nasse Element seine Finger im Spiel hat, gerät der Motorsport meist zur amüsanten Realsatire. Die weltbesten Piloten verkörpern dann diese unfreiwillige Komik, indem sie wie blutige Anfänger von der Fahrbahn gleiten. Wer im Gegensatz dazu eine Minute vor der kastrierten Meute ins Trockene gelangt, muss schier Außergewöhnliches vollbracht haben. So wie ein farbiger Brite vor fünf Jahren. Der ehemalige Militärflughafen nordwestlich von London sendet das SOS-Signal: Land unter! Während die breite Mehrheit der Besatzung in der berüchtigten englischen Großwetterlage kräftig an Auftrieb verliert, darf der Tower erleichtert aufatmen. Das nationale Flieger-Ass schwebt dem Zielpunkt entgegen, als könnten ihm der peitschende Regen und die sich darunter aufschaukelnden Fluten nichts anhaben. Staunen und Raunen begleitet den Mann mit dem gelben Helm, der sich von all diesen Widrigkeiten nicht beeindrucken lässt - und am Ende der strahlendste Gewinner seit langem ist. Getragen von überschäumender Begeisterung, gerührt durch den Jubel der Massen: Die vollgepackten Tribünen gleichen einem Tollhaus. „Das war definitiv eines der härtesten Rennen, aber auch eines meiner Besten, und mit Abstand mein schönster Sieg, den ich jemals erlebt habe. Heute war es keine physische, sondern eine mentale Herausforderung. Als ich die letzte Runde begann, habe ich die Zuschauer gesehen, die aufgestanden sind, und ich habe einfach nur noch gebetet, gebetet und nochmals

gebetet und zu mir gesagt: Halt das Auto auf der Strecke, mach‘ jetzt keinen Blödsinn mehr. Man kann sich nicht vorstellen, was in mir vorging. Ich wollte Gas geben, ich wollte es einfach hinter mich bringen.“

Ein Everybody‘s Darling mit Abstrichen Es ist eine famose Fahrt, die der 23-jährige Lewis Hamilton an jenem 6. Juli 2008 bei prekärsten Bedingungen auf den Asphalt zaubert. Ständig wechselnde Umstände, keine Sicht, Rutscheinlagen wie auf Eis. Ein Husarenritt. Der junge Brite hatte bereits in seinem Debütjahr 2007 alle Kenner der Szene verblüfft und war im Stile eines Chart-Stürmers in die Hitparade geprescht - von null auf eins. Natürlich, im McLaren-Mercedes saß er sofort im stärksten Auto, und dennoch: Den WM-Titel als Rookie um die Winzigkeit eines mickrigen Pünktchens zu verpassen, regte zu verblüffender Folklore an. Großbritannien glaubte seinen neuen Renn-Helden gefunden zu haben, er war jung, er war smart und er hieß Hamilton. Dass dieser noch dazu der erste dunkelhäutige Formel-1-Pilot war (und bis heute ist), verlieh dem Ganzen sogar einen soziokulturellen Effekt. Es schien endlich alles zusammenzupassen. Doch der Fluch der guten Tat schraubte die Erwartungen in schwindelerregende Höhen - für die Saison 2008 erwartete die englische Öffentlichkeit nichts weniger als den Gewinn der Weltmeisterschaft. Aufgehoben wurde gemeinhin als aufgeschoben interpretiert. Die Zeit der Bestätigung war gekommen. Und jene der Reifeprüfung.

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Wie die Ansprüche, so die Fallhöhe: Gewaltig. Das bekommt Hamilton zu spüren. Als dem unerfahrenen Briten Anfang des Jahres einige Missgeschicke unterlaufen, bläst ihm erstmals Gegenwind um die Nase, besonders aus der kritischen Heimat. Er wird zu einem Everybody`s Darling mit Abstrichen, denn bei Lewis Hamilton sollte es immer ein Stück mehr, immer ein bisschen perfekter sein. Diesen Status hatte er sich selbst erarbeitet. Wohl oder übel. Mit diesem Gepäck, das schwer auf seinen schmalen Schultern lastet, reist der McLaren-Mann zum Grand Prix auf vertrautem Boden, dem altehrwürdigen Klassiker von Silverstone. Hamilton will es allen zeigen. Und feuert die erste Patrone prompt in die verkehrte Richtung. Ein Ausrutscher in den Dreck, Rang vier statt der Pole Position - die sich erstmalig McLaren-Kollege Heikki Kovalainen krallt. Ebenso pionierhaft pilotiert der Zweite, Mark Webber, seinen Red Bull in die vorderste Startreihe. Eine kleine Sensation, mausern sich die Österreicher bekanntlich erst im Folgejahr zum Top-Team. Felipe Massa und Robert Kubica, die beiden WM-Leader, klassifizieren sich hingegen bloß auf den Plätzen neun und zehn. Komplettiert wird die spannende Ausgangslage vom Wetterbericht. Für den Sonntag sagen die Meteorologen ergiebige Regenschauer voraus. Und tatsächlich: Sie sollten Recht behalten.

einen Kontakt mit Kovalainen nur um Millimeter. Webbers erster Start mit freier Sicht gestaltet sich demoralisierend. Der Australier rollt behäbig an, dreht sich und muss aufgrund seiner geringen Benzinmenge (was die eindrucksvolle Qualifying-Performance relativiert) bald zum Nachtanken abbiegen. Mehr als der wenig befriedigende zehnte Platz liegt für ihn nicht in Reichweite. Im fünften Umlauf bringt Hamilton die versammelte Menge zum Kochen. Am Ende der Hangar-Straight macht er mit seinem McLaren-Kollegen Kovalainen kurzen Prozess. Was danach folgt, erinnert in puncto Brillanz und Fahrzeugbeherrschung an ruhmreiche Größen der Historie. Hamilton setzt sich vom Feld ab, und er vollführt dies mit einer Geschwindigkeit, dass man den Zeitenmonitoren nicht glauben möchte. Mitunter driftet er fünf Sekunden pro Runde flotter durch die Gischt als seine Verfolger - was selbst den eigenen Ingenieuren nicht recht geheuer ist. Später offenbart Hamilton Ausschnitte eines regen Funkverkehrs: „Das Team sagte mir, dass es 40 Sekunden Vorsprung sind, 48 Sekunden, und so weiter. Und ich dachte nur: Was ist denn hier los!? Ich bin noch nicht einmal am Limit, sondern fahre eine Pace, bei der ich mich wohl fühle.

„Ich dachte nur: Was ist denn hier los!?“ Auch wenn der feuchte Nachschub beim Start-Showdown ausbleibt: Die Fahrbahn ist nass und alle Autos auf Intermediates ausgerüstet. Wie an einem imaginären Seil gezogen, beschleunigt Lokalmatador Hamilton äußerst rasant in die Rechtsbiegung und verpasst

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Aber ich wollte nicht verlangsamen, weil du in diesem Moment vielleicht die Konzentration verlierst. Deshalb meinte ich einfach: So mache ich weiter!“ Zuvor hatte sich keine derartige Dominanz angedeutet. Nachdem Kimi Raikkönen im inner-finnischen Duell Kovalainen passierte, sah es so aus, als ob der Ferrari-Mann eine ernsthafte Gefahr für Hamilton werden könne. Und wer weiß, was passiert wäre, hätten die Ferrari-Strategen nicht einen fatalen Strategiefehler begangen. Als der Regen wieder einsetzte und die ersten Stopps anstanden, ließen sie Kimi auf den gebrauchten Intermediate-Pneus, während McLaren bei Hamilton das einzig Sinnvolle tat und frische Reifen montierte. Alsbald verschwand der rote Renner aus den silbernen Rückspiegeln - Raikkönen kämpfte im Wortsinn mit stumpfen Waffen. Bis die Truppe aus Maranello ihren Fauxpas korrigiert hatte, war Hamilton längst über alle Berge.

„Regenkönig“ Massa Für reichlich Action bürgt ein Deutscher: Nick Heidfeld. Mit feinem Gasfuß wühlt sich der als Regen-Spezialist profilierte BMW-Pilot nach vorn. Gleich zweimal schnappt er sich Konkurrenten im Doppelpack. In Runde 23 sind Timo Glock (Toyota) und Fernando Alonso (Renault) fällig, kurz darauf schlüpft der listige Mönchengladbacher durch eine Lücke zwischen den sich beharkenden Raikkönen und Kovalainen. Dadurch ist Heidfeld Zweiter, schon mit über einer halben Minute Rückstand auf den enteilten Hamilton. Weiter hinten türmen sich Fontänen zu Slapstick. Die immer heftiger niederprasselnden Regengüsse fordern den Fahren viel Talent ab. Einigen reicht ihres nicht aus. In erster Linie Felipe Massa, dessen Dreher und

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Pirouetten sich zum running gag entwickeln. Sechs Mal (!) rutscht der Brasilianer von der Piste, selbst auf den Geraden muss sich der WM-Führende den Launen der Laken beugen. Letztlich beendet er einen vermurksten Arbeitstag als Dreizehnter. Ob es ihn tröstet, dass andere unwesentlich besser abschneiden? In loser Folge aquaplanieren sich bunte Wagen in klatschnasse Wiesen und Sandbänke. Button, Piquet jr., Sutil, Fisichella, auch Raikkönen und Alonso kreiseln in wilden Bögen umher. Robert Kubica kostet sein Ausritt womöglich ein Podium. Und selbst Souverän Hamilton sieht sich einmal zu einem Wühlmarsch durch die Pfützen gezwungen, den er unversehrt übersteht. Nur einer hält sich aus allen Kuriositäten dieses extremen und extrem unterhaltsamen Großen Preises von England heraus. Routinier Rubens Barrichello trifft durchgehend die richtigen Entscheidungen, übertölpelt die Rivalen gegen Rennende auf vollwertigen Regenreifen und ergattert sich den letzten freien Platz auf dem Podest. Für das gebeutelte Honda-Team ist es der (einzige) Saison-Höhepunkt. „Einfach fantastisch“, jubiliert Barrichello, „ich konnte die Leute innen und außen überholen - das hatte etwas Magisches!“

Schluss mit Rennsport? Die Bühne aber ist für den Protagonisten schlechthin bereitet. Bevor der Vorhang fällt, rinnen Lewis Hamilton allerdings noch die Schweißperlen von der Stirn. Vielleicht so etwas wie ein Abklatsch von Lampenfieber. Für die Sonnenstrahlen, die sich passenderweise zum emotionalen Höhepunkt vereinzelt ihren Weg durch die Gewitterwolken bahnen, hat das Nationalidol keinen Blick. Dafür ist er ausschweifend mit seinen Nerven beschäftigt. Die letzte Runde bewältigt er beinahe im Schritttempo, später gesteht er: „Ich musste

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wirklich sehr, sehr vorsichtig und vernünftig sein. Stell dir vor, du hast eine Minute Vorsprung, kommst dann von der Strecke ab und gewinnst nicht. Da wäre alles aus gewesen, das wäre die peinlichste Story gewesen, die mir einfällt. Ich hätte auf der Stelle mit dem Rennsport aufhören müssen.“ Da Hamilton am kommenden Wochenende für das Mercedes-Werksteam ins Lenkrad greift, kann man auch ohne Vorkenntnis auf den 2008er Rennausgang schließen. Tatsächlich sieht der Brite vor fünf Jahren die Zielflagge. Als Erster, versteht sich. Heidfeld wird Zweiter, Barrichello Dritter, Raikkönen, Kovalainen, Alonso, Jarno Trulli (Toyota) und Kazuki Nakajima (Williams-Toyota) beschließen die Punkteränge. Hamiltons Triumphfahrt ist ein Meilenstein. In England küssen sie ihrem Formel 1-Hero die Füße. Und als der Beweihräucherte am Jahresende im wohl dramatischsten Finish der Geschichte seine erste WM einfährt, liegt die Heiligsprechung in naher Ferne. Gefühlt zumindest. Rein faktisch durchläuft der Brite anschließend so manches Tal und leidet speziell in

Ergebnis

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

Lewis Hamilton Nick Heidfeld Rubens Barrichello Kimi Räikkönen Heikki Kovalainen Fernando Alonso Jarno Trulli Kazuki Nakajima Nico Rosberg Mark Webber Sebastien Bourdais Timo Glock Felipe Massa

McLaren-Mercedes BMW Sauber Honda Ferrari McLaren-Mercedes Renault Toyota Williams-Toyota Williams-Toyota Red Bull-Renault STR-Ferrari Toyota Ferrari

der Pleiten-Saison 2011 vermehrt unter Liebesentzug. Mittlerweile ist Hamilton dabei, in einem neuen Umfeld erwachsen zu werden. Wie stilgerecht wäre da der erste Mercedes-Sieg in heimischen Gefilden... Wie die Chancen stehen? Wer weiß. Ein Blick gen Himmel kann jedenfalls gewiss nicht schaden. Fotos: Bridgestone

60 Runden +1:08,577 +1:22,273 +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +1 Runde +2 Runden

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Ausfälle Ralf Schumacher Robert Kubica Jenson Button Nelson Piquet jr. Giancarlo Fisichella Adrian Sutil Sebastian Vettel David Coulthard

Getriebe Dreher Dreher Dreher Dreher Dreher Dreher Dreher


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Mercedes-Reifentest: Strafe für Sam Bird Fotos: Alastair Staley/GP2 Series Media Service, Pirelli Das Urteil des FIA-Tribunals in der Testaffäre trifft Mercedes eigentlich nur marginal. Viel größere Auswirkungen hat es für Testfahrer Sam Bird, der beim Young-Drivers-Test zusehen muss. von Michael Zeitler Die Reaktion auf das Mercedes-Urteil war eindeutig: Man bekam eine sehr milde Strafe. Ein Zyniker bringt es auf den Punkt: „Der einzige, der wirklich bestraft wurde, hatte mit der Sache gar nichts zu tun: Sam Bird.“ Der Mercedes-Testfahrer wäre beim Nachwuchstest ans Steuer des F1Rennwagens geklettert, doch nun ist Mercedes vom Nachwuchstest ausgeschlossen worden. Die Reifentestaffäre noch einmal Schritt für Schritt: Was ist passiert? Von 15. bis 17. Mai dröhnte auf dem Kurs in Barcelona ein F1-Motor: Das Mercedes-Team blieb nach dem Spanien GP an Ort und Stelle und führte im Auftrag von Reifenlieferant Pirelli einen Test durch. Was genau getestet wurde, wusste angeblich nicht einmal Mercedes selbst. Hauptsächlich ging es wohl um Reifen für 2014, aber auch um Verbesserungen am Schwarzen Gold noch für die laufende Saison. Pirelli steht nämlich im Kreuzfeuer der Kritik: Besonders Red Bull und Mercedes beschweren sich über den schnellen Reifenverschleiß. Zudem verwendet Pirelli im Inneren seit diesem Jahr einen Kevlar- statt eines Stahlrings. Die Temperaturentwicklung im Reifen sorgt für seltsame Reifenschäden: Die Lauffläche löst sich quasi auf und hat schon für Schäden an den GPRennwagen gesorgt. All das wollte Pirelli verbessern – auch dazu sollte der Test dienen. Pirelli wählte Mercedes als Team aus, weil am Mercedes W04 der Reifenverschleiß besonders hoch

ist und man hier wohl am besten Erkenntnisse erlangen würde. Was ist das Problem? In Monaco bekamen die Konkurrenzteams Wind von diesem Test und zogen die Augenbrauen hoch – Red Bull sogar den Zeigefinger: Testfahrten sind doch während der Saison mit einem aktuellen F1-Flitzer verboten. Red Bull und Ferrari legten vor dem Rennen (das Mercedes sogar gewann) Protest ein. Die Rennkommissare um den Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen sahen aber keine Verbindung des Tests mit dem Monaco GP und überreichten die Angelegenheit an den Automobilweltverband FIA. Die prüften alle Informationen – und auch die eines anderen Reifentests mit Ferrari, kurz vor dem Spanien GP. Ferrari hatte mit Testfahrer Pedro de La Rosa und einem Wagen von 2011 Reifentests absolviert. Die FIA kam zum Schluss: Das ist rechtens, der Test von Mercedes allerdings nicht. Also überreichte die FIA den Fall an das neue unabhängige Tribunal. Was ist das Tribunal? Das Tribunal wurde 2010 von FIA-Präsident Jean Todt ins Leben gerufen und soll für mehr Unabhängigkeit in Streitfällen sorgen. Der Vorsitzende heißt Edwin Glasgow. Er bestimmte vier Richter für den Mercedes-Fall: Laurend Anselmi aus Monaco, Chris Harris aus der USA, Patrick Raedersdorf aus der Schweiz und Tony ScottAndrews aus Großbritannien. Es war

der erste Einsatz des Tribunals, daher wurde im Vorfeld durchaus mit einer gewissen Härte gerechnet, immerhin muss sich das Tribunal auch einen gewissen Respekt verschaffen. Andererseits wurde auch nicht mit einer zu hohen Strafe gerechnet. Immerhin steht die Zukunft von Mercedes in der Formel-1 auf dem Spiel und ein Ausstieg der Schwaben aus der Königsklasse des Motorsports würde den GP-Sport vor Schwierigkeiten stellen, gerade wegen der Einführung der neuen Turbomotoren für 2014. Renault und Ferrari könnten nicht alle restlichen Mercedes-Teams mit Motoren versorgen. Wie argumentierte die FIA? Das erstaunlichste im ganzen Prozess: Die Härte, mit der die FIA gegen Mercedes schoss. Der FIA-Anwalt Mark Howard wurde deutlich: Der Test war illegal und Mercedes hatte dadurch auch einen unfairen sportlichen Vorteil. Die Argumentation von Harris war folgende: Zwar hätten sich Mercedes-Teammanager Ron Meadows und Teamchef Ross Brawn am 2. Mai beim FIA-Delegierten Charlie Whiting nach der Möglichkeit eines solchen Tests erkundigt und Whiting hätte nach Absprache mit der FIARechtsabteilung in Person von Sebastien Bernard auch zugestimmt, dass eines solche Möglichkeit durch einen entsprechenden Vertrag von Pirelli mit der FIA gäbe. Doch sei ein solcher Test an Bedingungen geknüpft. Und die lauten: Alle Teams müssen von einem solchen Test informiert


 werden und die gleiche Möglichkeit erhalten, daran teilzunehmen. Das ist aber offensichtlich nicht passiert: Viele Teams zeigten sich in Monaco vom Mercedes-Test überrascht, wussten davon gar nichts. Es sei Aufgabe von Mercedes gewesen, sich zu vergewissern, ob die Bedingungen für einen solchen Test erfüllt waren. Die zweite Argumentation: Whitings Bestätigung einer solchen Testmöglichkeit sei nicht mit einer Testerlaubnis gleichzusetzen. Zudem sei Whiting nicht in der Position, Aussagen zu betätigen, die über dem Reglement stehen. Wie hat sich Mercedes verteidigt? Bei der Mercedes-Verteidigung ging es vor allem um Wortklaubereien. Beispielsweise verwies Mercedes (mit Anwalt Paul Harris, der 2009 bereits das Brawn-Team im Streit um die Doppel-Diffusor verteidigte) auf Artikel 22 des Sportlichen Reglements, bei dem auch eine Rolle spiele, von dem der Test durchgeführt wurde. Laut Mercedes sei Pirelli der Ausrichter des Tests gewesen, Mercedes gewissermaßen nur das Werkzeug. Das Argument hapert jedoch: Dann könnte jedes F1-Team eine Drittfirma gründen und im Auftrag dieser Firma F1-Testfahrten mit dem aktuellen Wagen durchführen. Zweitens erklärte Mercedes, man hätte sich genügend erkundigt. Zum ersten bei Whiting – dabei entkräftete man völlig zu recht das FIA-Argument, wonach Whiting keine Autorität in einer solchen Sache hätte. An den Rennwochenenden müsse Whiting noch viel schwerwiegendere Entscheidungen treffen und er sei in solchen Sachen ganz klar der Ansprechpartner der Teams. Zweitens hätte man sich auch bei Pirelli erkundigt, ob die von Whiting genannten Bedingungen erfüllt wurden. Die dritte Argumentation überzeugte keinen: Man habe bei dem Test nichts gelernt, ja nicht mal gewusst, welcher Reifen denn nun genau montiert war. Der vierte Punkt war ein Verweis auf den Ferrari-Test. Laut dem Reglement sei nicht nur ein F1-Test mit dem ak-

 tuellen Auto verboten, sondern auch ein Test mit einem Wagen, der im Großteil dem Reglement der vergangenen zwei Jahre entspricht und das sei beim Ferrari von 2011 sehr wohl der Fall. Die Argumentation von Mercedes fiel für viele Prozessbeobachter eher durchwachsen aus: Bei der Anklage mit dem Finger auf andere Zeigen ist nicht das beste Argument für die Verteidigung. Auch konnte Mercedes nicht wirklich entkräften, dass der Test nicht geheim war. Auf die Frage, wieso die Stammfahrer Nico Rosberg und Lewis Hamilton mit schwarzen Helmen unterwegs waren, wusste Mercedes keine wirklich gute Erklärung. Dies sei sicherlich ein Fehler gewesen… Was Mercedes aber im Nachhinein zu Gute gehalten wurde, war die Absicht der Tests: Man handelte gemäß Teamchef Ross Brawn auch unter dem Aspekt der Sicherheit. Denn die Laufflächenablösung bei den Pirelli-Reifen beschädigte beispielsweise beim Bahrain GP auch die Hinterradaufhängung von Lewis Hamiltons Mercedes. Wie verteidigte sich Pirelli? Pirelli-Anwältin Dominique Dumas sprach dem Tribunal jegliche Kompetenz ab, gegen Pirelli in diesem Prozess eine Strafe aushändigen zu können. Denn Pirelli sei Zulieferer,

nicht Mitbewerber. Dieses Argument wurde von FIA-Anwalt Howard sofort entkräftet: Auch ein Zulieferer muss sich an die Sportgesetzte des Sportsreglement halten. Zur Sache selbst kam von Pirelli wenig Neues. Man verwies darauf, dass man nach (!) dem Mercedes-Test auch alle anderen Teams eine solche Gelegenheit unterbreitete, sogar mit 16 möglichen Zeitpunkten. Schon im März 2012 hätte es außerdem die Anfrage zu einem solchen Test an alle Teams gegeben, Ferrari sei dem zwei Mal (2012 und 2013 vor Barcelona) und Mercedes einmal (2013 nach Barcelona) entgegengekommen, andere Teams nicht. Genau wie Mercedes argumentiert man deshalb, dass man daher nicht von einer verpassten Gelegenheit sprechen könne. Wie urteilte das Tribunal? Das Urteil erfolgte erst am Freitag, also am Tag nach der Anhörung. Und das lautete zusammengefasst so: Mercedes und Pirelli wurden verwarnt, Mercedes zudem vom Nachwuchstest ausgeschlossen, die Prozesskosten teilen sich alle drei Parteien (Mercedes, Pirelli, FIA). Das Strafmaß ist mild, der Ausschluss von den Nachwuchstestfahrten wurde sogar von Mercedes-Teamchef Ross Brawn selbst vorgeschlagen! Wieso das milde Ur-


 teil? Weil das Tribunal Mercedes zwar für schuldig hielt, ihnen aber erstens gute Absicht unterstellte und auch glaubte, dass Mercedes mit reinem Gewissen getestet habe. Demnach hätte man die Reaktion von Whiting durchaus als Testerlaubnis werten können. Pirelli wurde verwarnt, weil man bei diesem Test zu wenig Wert auf Transparenz legte. Die Reaktionen auf das Urteil? Die Strafe war mild. Schon vor der Urteilsverkündigung erklärte Red-BullTeamchef und Prozess-Beobachter Christian Horner auf den Brawn-Vorschlag, Mercedes vom Nachwuchstest auszuschließen: „Ich sehe darin keine wirkliche Strafe. Mercedes hat seinen Test bereits absolviert, noch dazu mit den Stammfahrern.“ Natürlich kann man sich jetzt darüber streiten, ob Mercedes beim Pirelli-Test wirklich so viel gelernt hat, wie die Teams beim

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Nachwuchstest, wenn man ganz offen machen kann, was man will – und nicht nur im Auftrag eines Zulieferers Proberunden fährt. Deutlicher wurde Ferrari auf ihrer Homepage durch den anonymen Ferrari-Kolumnisten „Pferdeflüsterer“: „Es ist verwirrend zu sehen, dass die schuldige Partei nahezu ungeschoren davonkommt.“ Bei Mercedes ist man mit dem Urteil einigermaßen zufrieden. Vom Recht auf Berufung will man nicht Gebrauch machen. Die FIA hat angekündigt, die Testkontrollen zu verschärfen. Unter Fans und Fachleuten war die Reaktion recht einheitlich: Es war ein mildes Urteil. Wie geht es jetzt weiter? Ist die Sache damit abgehakt? Oder kommt es noch zu Nachbeben? Über einige solcher möglichen Nachbeben wurde im Vorfeld schon diskutiert. In Kanada hatte beispielsweise Mer-

cedes-Teamchef Ross Brawn die Verantwortung für diesen Test auf sich genommen. Schon lange wird über das mögliche Ende von Brawn bei Mercedes diskutiert, das mit der Ankunft von Paddy Lowe im Team nicht unwahrscheinlicher geworden ist. Will Mercedes Brawn also zum Bauernopfer machen? Muss er angesichts des milden Urteils jetzt aber gar nicht mehr zurücktreten? Im MercedesTeam herrschte jedenfalls Uneinigkeit. Denn Gerüchten zu Folge soll der Mercedes-F1-Aufsichtsratchef Niki Lauda in Kanada alles Erdenkliche unternommen haben, um für Mercedes eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Dies soll aber auch an Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gescheitert sein. Auch ein zweiter Mann wird als Bauernopfer gehandelt: FIARennleiter Charlie Whiting. Angeblich könnte der Brite von Giorgio Ascanelli abgelöst werden, der zuletzt als Technikchef bei Toro Rosso angestellt war.

 Im Quali viel schneller Beinahe bei jedem Grand Prix auf Pole, aber im Rennen geht’s für die Mercedes-Piloten dann wieder Stück für Stück zurück – weil die Reifen zu schnell verschleißen. Nun gab es in der Vergangenheit natürlich keine so derart rasant abbauenden Pneus, aber es gab auch schon Rennwagen, die auf eine Runde sehr schnell waren, im Rennen dann aber nicht mehr. Ein solches Beispiel ist der Lotus Renault aus der Saison 1986. Ayrton Senna, lange als Pole-König bekannt, fuhr reihenweise auf Pole, gewann aber kein Rennen. Was machte den Lotus im Quali damals so schnell? Die Unkenrufer sagen, ein möglicher Bodeneffekt, erreicht durch verbotene hydraulische Federn, die die Fahrzeughöhe absenkten (durch 16 Stahlbolzen). Doch die Rennkommissare wurden auf der Suche nach nicht regelkonformen Bauteilen nie fündig. Deswegen dürfte der Renault-Motor der Wahrheit schon näher kommen. Im Rennen war der Turbo-Renault zu durstig, im Quali mit erhöhten Ladedruck aber sehr leistungsstark. MZ

 Bremsen Hamilton die Bremsen Erst Michael Schumacher, dann Lewis Hamilton – Nico Rosberg hat als Stallgefährten bei Mercedes absolute TopStars. Doch gewinnen tut immer nur Rosberg. Dass der Deutsche gegen Hamilton so gut aussieht, überrascht einige. Doch Experten glauben: Hamilton wird stärker werden. Noch braucht er Eingewöhnungszeit. Das Problem liegt offenbar beim Bremsen. Hamiltons Stil: Aggressiv in die Kurve hineinbremsen, danach sanft mit dem Pedal spielen. F1-Teams nutzen unterschiedliche Bremshersteller. Bei McLaren gewann Hamilton die Bremsscheiben von Carbon Industries lieb, die andere Eigenschaften haben, als die Brembo-Scheiben, die Rosberg bei Mercedes verwendet. Hamilton benützt immer noch das Material von Carbon Industries, aber hier die Zangen kommen von Brembo. Das harmoniert noch nicht perfekt. MZ Das Duell in Zahlen (Hamilton/ Rosberg): Punkte: 77/57 Siege: 0/1 Poles: 1/3 Podestplätze: 3/1

Ausfälle: 0/2 Führungsrunden: 11/92


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 Skandal im F1-Bezirk: Jenseits von Gut und Böse

Fotos: Bridgestone Formel-Woche wirft einen Blick zurück auf die größten Skandale in der Geschichte der Königsklasse. Dabei sind die Reifen nicht das erste Mal der Auslöser der Diskussion. von Michael Zeitler Insgeheim reibt sich F1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone die Hände: So viel wie aktuell wurde in der Formel-1 schon lange nicht mehr diskutiert, die Serie ist in aller Munde – besser kann es für Ecclestone nicht laufen. Schlechte Presse ist nun mal oft besser als gar keine. Der Reifen-Testskandal von Mercedes reiht sich nahtlos in eine riesige Reihe von Skandalen im GP-Sport – und die meisten davon gab‘s in den letzten Jahren, weil die Formel-1 immer politischer wird. Und immer wieder tauchen als Protagonisten auch dieselben Namen auf. Reifen und Skandal – das kommt vielen bekannt vor. Nicht nur, weil für viele die schnell verschleißenden PirelliReifen ein sportlicher Skandal sind. Viele denken in diesem Zusammenhang an den USA GP 2005. Damals nutzte die Formel-1 ein Teilstück der Steilkurve im Indy-Oval, das aber einen neuen Streckenbelag bekam. Die Königsklasse des Motorsports befand sich auf dem Höhepunkt: Ein irrsinniges und vor allem sündhaftteures Wettrüsten zwischen Michelin und Bridgestone. In Indy kam es dann zum großen Knall – mit dem Trainingsunfall von Ralf Schumacher. Der Crash schreckte auf: Ein Jahr zuvor verletzte sich der Deutsche bei einem ähnlichen Unfall, auch dieses Mal musste er von Ersatzfahrer Ricardo Zonta vertreten werden. Doch er kam nie zum Einsatz. Denn eine Analyse ergab: Es war die Folge eines Reifenschadens – die Michelin-Pneus halten den Belastungen in der Steilkurve nicht stand!

Alle Michelin-Teams waren zum Rückzug gezwungen, denn man konnte sich auf keine Lösung einigen. Welche auch? Die Bridgestone-Teams waren das gesamte Jahr über gegen Michelin im Nachteil, jetzt sahen sie ihre Chance, ein Rennen zu gewinnen. Die Zuschauer in Indianapolis fühlten sich betrogen: Nach der Einführungsrunde kamen alle Michelin-Fahrer an die Box, nur sechs Auto nahmen das Rennen auf. Die Formel-1 wurde nun in der USA noch mehr verpönt. Das Geisterrennen in Indy Ein Oval stand schon mal im Zentrum eines Skandals: In Monza 1960. Damals war die Formel-1 noch längst nicht so straff organisiert wie heute. Die Veranstalter hatten viel mehr Freiheiten, beispielsweise bei Start- und Preisgeldern. In Monza trieb man die Freiheiten aber auf die Spitze. Der Hintergrund war eine sehr schlechte Saison von Ferrari, noch mit dem völlig überalterten Frontmotor-Prinzip. Die englischen Teams setzten bereits auf Heckmotoren und waren überlegen. Lediglich bei der Höchstgeschwindigkeit konnte Ferrari Schritt halten. Also rechneten die gefuchsten Veranstalter des Italien GP 1960: Würde man den Ovalkurs in Monza verwenden, würde Ferrari Vorteile haben. Die englischen Teams reagierten zornig: Lotus, Cooper und BRM blieben dem Rennen sogar fern – jetzt hatte Ferrari natürlich ein leichtes Spiel. Phil Hill gewann das Rennen und wurde damit zum ersten US-amerikanischen GP-Sieger seit Jimmy Murphy 1921

den Frankreich GP im Duesenberg gewinnen konnte. Die Lotterie in Tripolis Die größten Skandale sind aber immer die, wenn das Ergebnis manipuliert wird. So wie das bei StallorderAffären wie die von Ferrari 2002 beim Österreich GP der Fall ist. Oder wie es in Tripolis 1933 der Fall war: Der Grand Prix in Libyen war damals sehr begehrt – und doch wurde noch ein zusätzlicher Anreiz geschafft: Das Rennen wurde mit einer Lotterie verknüpft. Die Zuschauer durften für relativ wenig Geld ein Los erwerben. Darauf stand der Name eines Rennfahrers. Würde der gewinnen, gab es jede Menge Geld. Ein Zuschauer zog den Namen Achille Varzi. Der Italiener war einer der großen Stars der 30er Jahre, fuhr 1933 aber mit einem nicht ganz so konkurrenzfähigen Bugatti. Der Zuschauer wollte seinem Glück nachhelfen und bestach Varzi: Würde er dafür sorgen, dass er gewinnen würde, würde er einen Teil des Gewinns bekommen. Der Sage nach soll Varzi daraufhin die Favoriten auch mit finanziellen Zugeständnissen überzeugt haben, dass es an diesem Tag nur einen Gewinner geben könne: Varzi. Das Ergebnis wurde also im Vorfeld festgelegt – wenn die Sage stimmt, denn es gibt viele Zweifel an der Richtigkeit des Skandals. Der mit Abstand größte GP-Skandal: Singapur 2008. Erst ein Jahr später wurde aufgedeckt: Fernando Alonsos Sieg war ein Betrug. Alles begann, als


 sich Renault von Nelson Piquet Junior trennte – zu wechselhaft waren die Leistungen des Brasilianers. Sein Vater, der dreimalige F1-Weltmeister Nelson Piquet, soll dann die FIA von Manipulationen in Singapur unterrichtet haben. Konkret ging es darum, dass Piquet Junior seinen RenaultBoliden gezielt in die Mauer steuerte und damit bewusst eine Safety-CarPhase auslöste. Die Strategie von Alonso wurde darauf angepasst: Man holte ihn schon früh an die Box, während des Safety-Cars wurde das Feld zusammen geschoben – nachgetankt werden durfte in den ersten Runden dabei nicht. Als die Strecke wieder freigegeben wurde und auch alle anderen Fahrer nachtankten, war Alonso plötzlich an der Spitze und gewann das Rennen. Crashgate in Singapur Auf die Idee ist der damalige Chefingenieur Pat Symonds gekommen, denn bereits beim Deutschland GP 2008 schaffte es Piquet Junior durch

die Safety-Car-Phase auf Rang zwei. Symonds und Renault-Teamchef Flavio Briatore (er beteuert bis heute seine Unschuld) haben Piquet jr. daraufhin die Idee des gezielten Unfalls näher gebracht und mit Vertragsverhandlungen unter Druck gesetzt. Nach dem Aufkommen der Vorwürfe wurde eine hässliche Schlammschlacht losgetreten: Briatore warf Piquet Senior Erpressung vor, Piquet Junior ein Zusammenleben mit einem älteren Mann. Die FIA schaltete ein Ermittlungskommando ein. Bei der Befragung von Symonds blieb dieser stumm, wollte eine Aussagen bewusst nicht kommentieren und schon deutete sich an: An dieser Geschichte war offenbar mehr dran. Mittels Telemetrie-Daten versuchte Piquet jr. die Vorwürfe zu untermauern. Tatsächlich wurden Briatore und Symonds für schuldig befunden. Beide durften danach einige Jahre nicht mehr in der Formel-1 arbeiten, Symonds ist seit dem Ablauf seiner Sperre im Jahr 2012 aber als Marussia-Tech-

 nikchef wieder regulär in der Könisgklasse vertreten. Dabei war das Team erst zwei Jahre in einen Skandal verstrickt: Den um die Massedämpfer. Seit 2005 setzte Renault, aber auch viele andere Teams einen so genannten Schwingungstilger in den Aufhängungen ein, der den Nickbewegungen des Autos entgegenwirkte. Bei jeder technischen Abnahme wurden die Boliden für legal empfunden – doch mitten in der Saison 2006 änderte sich alles: Die FIA erklärte die Massedämpfer für ein bewegliches aerodynamisches Hilfsmittel – und wurde daher verbannt. Der eigentliche Skandal: Wollte die FIA damit die WM 2006 spannender machen? Denn Renault konnte den Effekt des Massedämpfers besser nutzen als Konkurrent Ferrari. Natürlich kann dieser Vorwurf nicht bewiesen werden, aber: Wieso war der Massedämpfer einige Monate legal, danach aber nicht mehr? Am Ende änderte das bekanntlich wenig. Alonso wurde zum zweiten Mal Weltmeister.


 Die Tyrrell-Tankaffäre Indy 2005, Massedämpfer 2006, Singapur 2008 – und die Spionageaffäre 2007. Noch nie wurde eine höhere Strafe ausgesprochen als im wohl undurchsichtigsten F1-Krimi 2007: 100 Millionen US-Dollar Strafe gegen das McLaren-Team, weil man Unterlagen von Ferrari verwendete. Dazu wurde das McLaren-Team aus der Konstrukteurs-Wertung ausgeschlossen, durfte aber noch mitfahren. Davon kann das Tyrrell-Team ein Liedchen singen: 1984 wurde die Mannschaft von Ken Tyrrell aus der WM ausgeschlossen. Der Hintergrund: Viele Teams verwendeten Zusatz-Wassertanks, die offiziell zur Kühlung der Bremsen gedacht waren – aber in Wahrheit wohl dazu dienten, das Mindestgewicht von 540 Kilogramm zu erreichen. Auch der Tyrrell Ford Cosworth soll 60 Kilogramm zu leicht gewesen sein und nur deshalb nicht durch die technische Abnahme gefallen zu sein, weil man die Wassertanks beim letzten Stopp auffüllte. Nur: Die Wassertanks hatten kein sauberes Quellwasser als Inhalt. Sondern

 erstens eine dunkle Flüssigkeit, möglicherweise Methanol. Durch Pumpen in den Wassertanks soll diese Flüssigkeit in den Lufteinlassfilter gebracht worden sein und da unter anderem die Oktanzahl erhöht haben. Das ermöglichte schnellere Höchstgeschwindigkeiten. Und zweitens waren Bleikügelchen in den Wassertanks. Tyrrell argumentierte, die Bleikugeln seien als Ballast schon vor dem Rennen in den Tanks gewesen. Die FISA aber folgte dieser Argumentation nicht – und schloss Tyrrell aus der WM aus. Einigen Gerüchten zu Folge wartete man nur auf einen Fehler von Tyrrell, denn Ken Tyrrell wurde 1984 zu einem unangenehmen Gegenspieler der FISA. Denn Tyrrell blockierte wie ein Hardliner das Verbot der SaugerMotoren. Denn für kleine Teams wie Tyrrell waren die Turbo-Motoren viel zu teuer. Mit dem Ausschluss aus der WM hatte die FISA nun einen Gegner weniger – und den härtesten! 2005 wurde das Tyrrell-Nachfolgerteam BAR für zwei Rennen gesperrt – ebenfalls wegen Unregelmäßigkeiten bei den Tanks. Man verwendete

Zusatztanks, wohl auch um während des Rennens unter dem Gewichtslimit zu fahren. Das Benetton-Jahr 1994 Die gesamte Benetton-Saison 1994 war eine Hintereinander-Reihung von Skandalen. Michael Schumacher wurde für zwei Rennen gesperrt, weil er die Schwarze Flagge missachtete, Jos Verstappens Benetton Ford ging in Hockenheim in Flammen auf, angeblich weil man die Durchflussbegrenzer in der Tankanlage entfernt hatte, und die WM sicherte sich Schumacher durch eine Kollision mit Damon Hill. Dazu gab es Vorwürfe von illegaler Traktionskontrolle, denn eine entsprechende Einrichtung wurde in den Wagen auch gefunden. Nur argumentierte Benetton, man würde diese nicht benutzen, sie sei noch vom Vorjahr, als die Traktionskontrolle noch gestattet war. Und all das ist nur die Spitze des Eisbergs. Verschwörungstheoretiker glauben: Wenn die Formel-1 durch den Unfalltod von Ayrton Senna damals nicht Kopf gestanden wäre, dann hätte Benetton 1994 weniger Grund zum Feiern gehabt.

 Die Bedingungen des Michelin-Comebacks Viele fragen sich: Was wäre eigentlich passiert, wenn Pirelli aufgrund des Reifentests mit Mercedes härter bestraft worden wäre und dann daraufhin die Formel-1 verlassen hätte? So ganz zufrieden ist Pirelli jedenfalls nicht mehr: Ständig wird über die Reifen geschimpft, noch immer gibt es keinen Vertrag für 2014 – obwohl Pirelli ja will. Wenn man Pirelli vergrault, was dann? Stünde die Formel-1 dann ohne Reifenhersteller da? Nicht unbedingt. Am Rande des 24-Stundenrennens von Le Mans war aus Michelin-Kreisen zu hören: Man würde liebend gerne wieder in die Formel-1 zurückkehren, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Diese sind: Erstens Reifen, die nicht nach sieben Runden in die Knie gehen. Dass das viel besser geht, hat man in Le Mans gesehen: Da hielten die Reifen mehrere Stunden – und trotzdem waren die LMP1-Sportwagen über 300 km/h schnell… Zweitens würde man gerne 18-Zoll- statt 13-Zoll-Reifen haben. Das sei einfach seriennäher. Die Formel-1 hat also einen Notnagel. MZ


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 Die Chronologie 2006 endete die Ära Michael Schumacher bei Ferrari. Und mit Schumacher ging auch Ross Brawn in die Rente, Chefstratege, Technikdirektor. Hoffnungen auf die Nachfolge machte sich vor allem Nigel Stepney. Doch der Brite bekam den Job nicht – und zog seine Konsequenzen: Er verhandelte mit Honda über einen Wechsel und begann Ferrari konsequent zu schaden. Der Stein kam ins Rollen, als Ferrari in den Tanks der Wagen beim Monaco GP Waschpulver entdeckt hatte. Das sorgt dafür, dass das Benzin schäumt – und das wiederum zu einem technischen Defekt des Motors. Das gleiche weiße Pulver wurde auch in den Hosen von Nigel Stepney gefunden. Jetzt leitete Ferrari eine Untersuchung ein. Parallel dazu meldete sich ein Copyshop-Mitarbeiter. Trudy Choughlan, die Ehefrau von McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan, hat verdächtige Unterlagen mit Ferrari-Logo einscannen und kopieren lassen. Ein Dosier von 780 Seiten mit wertvollen Informationen über Flügelflexibilitäten, Rennstrategien, aerodynamische Balance, Reifenfüllung und Bremssystem. Coughlan hatte diese Unterlagen von Nigel Stepney erhalten. Erster Prozess ohne Strafe Nun schaltete sich auch die FIA wegen des Verdachts der Spionage ein. Angeblich hat McLaren selbst bei der FIA um Untersuchung gebeten, um aufzuzeigen: Nur Coughlan war im Besitz der Ferrari-Dokumente. Zwar hätte Coughlan diese Dokumente auch anderen Teammitgliedern gezeigt, doch alle hätten ihm nur zu einem geraten: Das Material zu vernichten. Am 26. Juli 2007 wurde McLaren auch tatsächlich freigesprochen. Die

FIA konnte nicht nachweisen, dass die Daten wirklich Verwendung fanden, sondern ging davon aus, dass es sich hierbei um ein Einzeldelikt handelte. Davon gibt es ja immer wieder welche. So wurden zu jener Zeit auch gerade die zwei Ferrari-Techniker Angelo Santini und Mauro Iacconi für schuldig gefunden, geheime Dokumente 2003 mit zu Toyota genommen zu haben. Ferrari und auch der italienische Automobilverband gaben sich mit diesem McLaren-Freispruch nicht zufrieden. Für 13. September wurde eine Berufungsverhandlung angesetzt, bei der auch Ferrari eigene Beweise vorbringen durfte. Diese Berufungsverhandlung gab es dann nicht mehr – sondern eine zweite Sitzung. Denn die Beweislage hatte sich geändert. Alonsos Rolle Hintergrund war eine teaminterne Eskalierung zwischen Fernando Alonso und Lewis Hamilton. Der Doppelweltmeister Alonso hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Rookie Hamilton derart stark sein würde. Als klar wurde, dass Hamilton Alonso das Leben schwer machte und die Situation im Ungarn-Quali (Alonso blockierte Hamilton in der Box, sodass er keine schnelle Runde mehr fahren konnte) aus dem Ruder lief, forderte Alonso von McLaren-Chef Ron Dennis einen Nummer-1-Status und erpresste ihn mit Wissen über die Ferrari-Dokumente. Zwischen Dennis und Alonso kam es nun zum großen Zerwürfnis. Gemäß Dennis haben beide über fünf Wochen kein Wort mehr miteinander gewechselt. Dennis hatte sich nun bei der FIA selbst angezeigt und weitere Untersuchungen ergaben: Coughlan war kein Einzeltäter, sondern die Informationen der Ferrari-Dokumente wurden tatsächlich verwendet. Der Beweis: Ein reger E-Mail-Verkehr zwi-

schen Alonso, Coughlan und McLaren-Testfahrer Pedro de La Rosa, die offen über Gewichtsverteilungen und andere Ferrari-Geheimnisse aus diesen Unterlagen plauderten. Die FIA konnte nicht nachweisen, dass McLaren wirklich Teile von Ferrari kopiert habe, aber es gab einen systematischen Fluss von vertraulichen Informationen. Diese Infos hätten – und das geht aus den Mails durchaus hervor (so wurden beispielsweise Gase getestet, die Ferrari in die Reifen gefüllt hat) – aber das Verhalten von Coughlan beeinflusst und schon daher entstand ein technischer Vorteil. So konnte beispielsweise auch belegt werden, dass Stepney Coughlan die Rennstrategie von Ferrari beim Australien GP verraten hatte. Insgesamt hätte es 288 SMS und 35 Anrufe von Stepney an Coughlan gegeben, vorzugsweise während Testfahrten und an Rennwochenenden. McLaren wurde daraufhin aus der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft ausgeschlossen und zu einer Geldstrafe von 100 (in Worten: Hundert!) Millionen Dollar verurteilt. Wobei McLaren nicht die volle Summe zahlen musste, denn die Strafe war abzüglich der Summe, die McLaren für ihren Platz in der Konstrukteurswertung (Rang zwei) bekommen hätte. Damit fiel wohl rund die Hälfte weg. McLaren akzeptierte die Strafe und ging nicht in Berufung. Gerüchten zu Folge gab es hinter den Kulissen aber auch noch weitere Vereinbarungen. Etwa, dass man den WM-Titel 2007 nicht gewinnen durften. Der Beleg für Verschwörungstheoretiker war der skurrile Ausfall von Hamilton bei der Einfahrt in die Boxengasse beim China Grand Prix, als er seinen McLaren Mercedes im Kiebsbett parkte. Hamilton verspielte bei zwei ausstehenden Rennen und noch 20 zu verteilenden Punkten einen sicheren 17-Punkte-Vorsprung.


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Vandoorne dreht die Meisterschaft Fotos: Gregory Lenorman/DPPI Beim zweiten Gaststpiel der Formel-Renault-3,5 führt kein Weg an Stoffel Vandoorne vorbei. von Michael Zeitler Wenn McLaren in der Formel-1 schon nichts zu lachen hat, dann kann man sich wenigstens darüber freuen, dass zwei McLaren-Junioren derzeit die 3,5-Literklasse der Renault-WorldSeries anführen – neben der GP2 das zweite F1-Vorzimmer. Wer diese Serie gewinnt, der hat das Talent, um in der Formel-1 für Furore zu sorgen. Das Duell der beiden McLaren-Junioren hat sich nach dem Rennwochenende in Moskau weiter zugespitzt. Beide trennen nur drei Punkte, jetzt aber hat Stoffel Vandoorne dem Dänen Kevin Magnussen die Führung abgerungen. Dabei fährt Magnussen, dessen Vater Jan Magnussen 1995 einen F1-Lauf für McLaren absolviert hat, bereits in seiner zweiten Saison, Vandoorne aber erst in seiner ersten. Vandoorne wie Frijns Immer wieder wird Vandoorne mit Robin Frijns verglichen. Frijns, das ist der aktuelle F1-Testfahrer bei Sauber – und ein absoluter Rohdiamant. Sowohl Frijns, als auch Vandoorne, gewannen den Zweiliter-Eurocup in der Formel-Renault, stiegen dann mit Fortec in die WSbR auf und fahren dort auf Anhieb um den Titel mit. Frijns wurde 2012 Meister, Vandoorne vielleicht in diesem Jahr. Was Frijns aber nie schaffte: Ein Rennwochenende so zu dominieren, wie Vandoorne in Moskau: Zwei Siege, zwei Poles, zwei Mal die Schnellste

Rennrunde (dazu der einzige Fahrer, der den Kurs unter 1:22 Minuten umrundete). Besser geht es nicht! Was war der Schlüssel zu diesem Erfolg? Vandoorne zuckt mit den Achseln: „Unser Wochenende begann nicht gut. Wir hatten Probleme und haben dann nochmal ganz genau nachgedacht, was wir besser machen können.“ Das hat jedenfalls super geklappt: Vandoorne fuhr in Moskau in seiner eigenen Liga. Verfolger gebremst Ein bisschen Glück hatte Vandoorne (er kommt jetzt auf vier Siege) aber auch. Denn die beiden ärgsten Verfolger hatten in Moskau alles andere als ein perfektes Wochenende. Antonio Felix da Costa holte sich am Samstag zwar Platz drei, aber schon hier hatte der Red-Bull-Junior, der als der große Titelfavorit galt, Probleme mit dem Auspuff. Am Sonntag schied Da Costa aus, musste vorher schon wegen eines Kollisionsschadens an die Box

und sich die Nase wechseln. Auch Kevin Magnussen blieb einmal punktlos und wurde einmal Zweiter. Dabei wäre beim Dänen mehr drin gewesen: Für den Samstag-Lauf qualifizierte sich für Startplatz drei. Allerdings soll der 20-Jährige im Qualifying mehrere Konkurrenten behindert haben. Daraufhin wurden ihm die zwei schnellsten Zeiten gestrichen, die Rückversetzung auf Startplatz 17 war die Folge. Obwohl nach dem Rennen 2012 noch einige Veränderungen an der Strecke vorgenommen wurden, hat auch das Wochenende 2013 gezeigt: Überholen ist auf der Strecke in der Nähe der russischen Hauptstadt Moskau quasi unmöglich. Damit waren Magnussen natürlich die Hände gebunden. Er kam noch bis auf Rang elf nach vorne. Was drin gewesen wäre, zeigte er in Rennen zwei: Von Startplatz drei rang er am Start bereits Will Stevens nieder und wurde Zweiter. Gegen Vandoorne war aber auch der DAMS-Fahrer aussichtslos. Stevens holte mit 27 Punkten sogar noch mehr als Magnussen und Da Costa, aber das waren auch nur circa halb so viele wie Vandoorne. Stevens bleibt damit wie der Schweizer Nico Müller in einer Verfolgerposition, aber nicht direkt im Titelkampf. Das Draco-Team, für das Müller fährt, war in Moskau wie schon im Vorjahr stark. Sowohl Nico Müller, wie auch sein Teamkollege André Negrão kamen in beiden Rennen in die Punkte. Nur das Fortec-Team holte mehr Punkte als Draco (58:34).

 Die letzten zehn Doppel-Sieger Donington 2006: Alx Danielsson (Comtec) Monza 2008: Giedo van der Garde (P1) Barcelona 2009: Marcos Martínez (Pons) Le Mans 2009: Bertrand Baguette (Draco) Aragon 2009: Bertrand Baguette (Draco) Brünn 2010: Esteban Guerrieri (ISR) Budapest 2011: Jean-Eric Vergne (Carlin) Silverstone 2011: Robert Wickens (Carlin) Barcelona 2012: Antonio Felix da Costa (Arden Caterham) Moskau 2013: Stoffel Vandoorne (Fortec)


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

 1. Rennen in Moskau 1. Stoffel Vandoorne 2. Antonio Félix da Costa 3. Nigel Melker 4. Will Stevens 5. Williams Buller 6. André Negrão 7. Nico Müller 8. Marlon Stockinger 9. Oliver Webb 10. Marco Sørensen 11. Kevin Magnussen 12. Arthur Pic 13. Norman Nato 14. Matias Laine 15. Carlos Huertas 16. Mikhail Aleshin 17. Daniil Move 18. Pietro Fantin 19. Yann Cunha 20. Mihai Marinescu 21. Zoel Amberg 22. Christopher Zanella 23. Jazeman Jaafar 24. Lucas Foresti 25. Nikolay Martsenko 26. Sergey Sirotkin

2. Rennen in Moskau Fortec Arden Tech 1 P1 Zeta Draco Draco Lotus Fortec Lotus DAMS AV DAMS P1 Carlin Tech 1 Comtec Arden AV Zeta Pons ISR Carlin Comtec Pons ISR

33 Runden +6,734 +10,050 +10,867 +34,929 +35,180 +35,934 +36,731 +38,450 +39,353 +40,809 +41,367 +43,501 +43,917 +57,942 +1:15,374 +1:15,581 +1:16,535 +1:17,163 +1:18,529 +1 Runde +1Runde +6 Runden +12 Runden +12 Runden +33 Runden

Pole-Position: Stoffel Vandoorne Schnellste Rennrunde: Stoffel Vandoorne 1:20,283 Führung: Stoffel Vandoorne (Runde 1-33)

Fahrerwertung 1. Stoffel Vandorne (BEL) 136 2. Kevin Magnussen (DEN) 133 3. Antonio Félix da Costa (POR) 89 4. Will Stevens (GBR) 81 5. Nico Müller (SUI) 73 6. Nigel Melker (NED) 64 7. Arthur Pic (FRA) 48 8. Sergey Sirotkin (RUS) 34 9. Marco Sørensen (DEN) 33 10. Carlos Huertas (COL) 26 11. André Negrão (BRA) 26 12. Christopher Zanella (SUI) 25 13. Oliver Webb (GBR) 24

1. Stoffel Vandoorne 2. Kevin Magnussen 3. Will Stevens 4. Nico Müller 5. Mikhail Alsehin 6. André Negrão 7. Oliver Webb 8. Pietro Fantin 9. Daniil Move 10. Norman Nato 11. Sergey Sirotkin 12. Marlon Stockinher 13. Jazeman Jaafar 14. Nikolay Martsenko 15. Nigel Melker 16. Arthur Pic 17. Marco Sørensen 18. Mihai Marinescu 19. Carlous Huertas 20. William Buller 21. Matias Laine 22. Zoel Amberg 23. Christopher Zanelle 24. Antonio Félix da Costa 25. Yvann Cunha Lucas Foresti

Fortec DAMS P1 Draco Tech 1 Draco Fortec Arden Comtec DAMS ISR Lotus Carlin Pons Tech 1 AV Lotus Zeta Carlin Zeta P1 Pons ISR Arden AV Comtec

33 Runden +11,788 +14,008 +22,011 +33,657 +35,285 +43,195 +44,007 +48,246 +49,851 +50,407 +51,487 +54,239 +1:02,894 +1:03,271 +1:03,921 +1:04,360 +1:05,384 +1:07,904 +1:10,417 +1:11,772 +1:13,724 +1:31,017 +20 Runden +30 Runden DNS

Pole-Position: Stoffel Vandoorne Schnellste Rennrunde: Stoffel Vandoorne 1:20,025 Führung: Stoffel Vandoorne (Runde 1-33)

14. Jazeman Jaafar (MAL) 15. Norman Nato (FRA) 16. Mikhail Aleshin (RUS) 17. Nokolay Martsenko (RUS) 18. William Buller (GBR) 19. Pietro Fantin (BRA) 20. Carlos Sainz (ESP) 21. Daniil Move (RUS) 22. Mihai Marinescu (ROM) 23. Marlon Sockinger (PHI) 24. Matias Laine (FIN)

23 20 15 14 10 10 8 6 5 4 2

Teamwertung 1. Fortec 2. DAMS 3. Arden 4. Draco 5. P1 6. Tech 1 7. ISR 8. Carlin 9. AV 10. Lotus 11. Zeta 12 Pons 13. Comtec

160 153 99 99 83 79 59 49 48 37 23 14 6




 Move mit dem 100. Start in der WSbR Fotos: Gregory Lenormand, Florent Gooden/DPPI

Daniil Move feierte am vergangenen Woche seinen 100. Start in der Formel-Renault 3,5. Er ist der erste Pilot, der die magisch Grenze überschreiten konnte. von Michael Zeitler Immerhin zwei Punkte beim Jubiläum: 100 Rennen in der Renault-WorldSeries für Daniil Move. Mit den zwei Punkten kann der 27-Jährige zufrieden sein, denn für Move sind Platzierungen unter den besten zehn nicht selbstverständlich, eher im Gegenteil. Derzeit liegt er mit sechs Punkten auf Rang 21 in der Tabelle. Dass Move sein Jubiläum ausgerechnet in Moskau feierte, ist fast schon mehr als Zufall: Denn die russischen Fahrer sind besonders gerne und lange in dieser Meisterschaft unterwegs. In der ewigen Bestenliste sind unter den erfahrendsten fünf Fahrer drei Russen, Daniil Move mit 100 Rennen natürlich an der Spitze. Es wären sogar schon 101 Rennen, wenn er sich 2007 in Monaco für Interwetten hätte qualifizieren können. Die nimmersatten Russen Mit 96 Rennen ist Mikhail Aleshin aber fast genauso erfahren. 2010 holte sich

Aleshin sogar schon den Titel mit dem Carlin-Team. Seitdem stagniert seine Karriere: Für eine volle GP2-Saison reichte ihm im Anschluss an den Titelgewinn das Geld nicht, also kehrte er wieder in die Renault-World-Series zurück, 2013 beim Topteam Tech-1. Aber so recht in Fahrt kommt er nicht mehr. Am Sonntag wurde er in Moskau immerhin Fünfter – das beste Saisonresultat für Aleshin. Renault ist in Russland einer der bekanntesten Automobilhersteller. Die Franzosen waren es ja auch, die 2010 mit Vitaly Petrov den ersten Russen in die Formel-1 brachten. Jetzt fährt die Renault-World-Series in Moskau, obschon die Strecke dort weder für Überholmanöver gut ist, noch wirklich interessant ist. Aber der Markt in Russland ist groß. Und davon will die Renault-World-Series profitieren, auch wenn es nach dem Aus für RFR 2013 kein russisches Team mehr gibt. Aber es fahren vier Fahrer aus Russland mit – der viel versprechendste ist ganz gewiss Sergey Sirotkin, derzeit

 Die Fahrer mit den meisten Rennen 1. Daniil Move (RUS) 100 2. Mikhail Aleshin (RUS) 96 3. Jean-Christopher Ravier (FRA) 72 4. Angel Burgueño (ESP) 61 5. Anton Nebylitskiy (RUS) 58 6. Fairuz Fauzy (MAL) 57 7. Pasquale Di Sabatino (ITA) 55 8. Sten Pentus (EST) 53 9. Narain Karthikeyan (IND) 52 9. Miguel Molina (ESP) 52

Gesamt-Achter. Letztes Jahr wurde der erst 17-.Jährige starker Dritter. Aus Move wird wohl kein Meister mehr. Seit 2007 ist er in der Meisterschaft unterwegs. Zum Vergleich: Das ist genauso lang, wie Lewis Hamilton inzwischen Formel-1 fährt! Move kam 2007 mit Interwetten in die Serie, nachdem Carlos Iaconelli überraschend nicht angetreten ist. Zuvor durchlief Move einige Nachwuchsserien in Russland, die inzwischen aber nicht mehr existieren. 2004 wurde er hinter Sergey Afanasiev beispielsweise Vizemeister in der Formel-RUS, mit identischen Chassis (sogar Setup war für alle Fahrer gleich) von AKKC und Motoren von Alfa Romeo. 2006 und 2007 fuhr Move in der Formel-Master, 2007 aber dann parallel schon in der Renault-World-Series. Vielleicht kam das für den heute 27-Jährigen zu früh, aber andererseits war die Meisterschaft damals noch nicht so stark wie jetzt. Inzwischen ist sie mit der GP2 gleichwertig und damit ein F1-Vorzimmer. Sportwagen statt F1 Ob Move einmal in die Formel-1 aufsteigen wird, bleibt abzuwarten. Bisher waren die Resultate dafür zu schwach. Zwei Mal wurde er Gesamt-10.: 2009 und 2011 jeweils für das P1-Team. Eigentlich war geplant, dass Move 2009 für das Tech-1-Team fahren solle, doch dann wechselte der Russe vor der Saison doch noch zu P1, die mit Giedo van der Garde im


 Jahr zuvor den Meister gestellt haben. Move fuhr seine 100 Rennen für Interwetten, KTR, P1, Mofaz und Comtec. Dass Move 2013 bei Comtec verpflichtet wurde, verdankt er auch der russischen Bank SMP. Sie hat ein breites Motorsport-Förderprogramm begonnen und sponsert Rennteams in den verschiedensten Rennserien. Darunter eben das Comtec-Team in der Renault-World-Series. Das ComtecTeam ist derzeit nur Letzter. Man hat-

te sich mehr erwartet, vor allem weil inzwischen Roly Vincini im Team arbeitet. Er war in der Formel-1 bereits Mechaniker bei Lotus und Brabham, war aber vor allem Gründer des P1Teams und gewann mit Van der Garde 2008 daher schon den Titel in der Renault-World-Series. Geht es nach dem ehemaligen F1Testfahrer Sergey Zlobin (2002 für Minardi), dann hat er für seinen Landsmann Move bereits Pläne für

 die Zukunft. Zlobin will mit Move und Aleshin in einem mit Ferrari-Hilfe gebauten LMP2-Sportwagen in der Sportwagen-WM antreten. Bereits 2013 fuhr Zlobin mit Move in einem GT3-Ferrari in der Blancpain-Sportwagenmeisterschaft ein Rennen. Das einsetzende Team ist Russian Bears Motorsport, die sich auch schon um die WTCC-Einsätze von Lada verantwortlich zeigten, ebenfalls von SMP unterstützt werden – und auch das LMP2-Projekt leiten sollen.

News aus der World-Series-by-Renault Wer darf für Red Bull testen? Das Rennwochenende in Moskau markierte die Saisonhalbzeit. Wer jetzt die Meisterschaft anführt, der sollte eigentlich einen F1-Test für Red Bull bekommen. Eigentlich müsste Stoffel Vandoorne jetzt bei den Nachwuchstestfahrten in Silverstone Mitte Juli für das Red-Bull-Team testen dürfen. Es ist unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird: Vandoorne ist McLaren-Junior. Der zweitplatzierte Kevin Magnussen ebenfalls, auch er wird daher kaum zum Zug kommen. Dritter ist Antonio Felix da Costa. Der Portugiese ist Red-Bull-Junior und wäre in Silverstone ohnehin zum Einsatz gekommen. Jetzt hofft insgeheim Will Stevens, der aktuell Gesamt-Vierte, auf den Red-Bull-Test. Am wahrscheinlichsten aber ist, dass Da Costa in Silverstone alle drei Tage im Red Bull Renault sitzen wird. Foresti muss passen Die Schrecksekunde in Moskau: Ein übler Crash von Lucas Foresti. Nikolay Martsenko schickte den Brasilianer in einen Überschlag. Kopfüber holperte der Dallara Zytek durch das Kiesbett. Martsenko sprang aus dem Wagen und lief sofort zum liegen gebliebenen Wrack von Foresti. Mit seiner Hilfe konnte Foresti auch aus dem Auto hervorschlüpfen, hielt sich

danach aber am Arm fest. Die Verletzung entpuppte sich Gott sei Dank nicht als dramatisch – trotzdem war er am Sonntag nicht am Start. Das lag aber daran, dass trotz des unermüdlichen Einsatzes der ComtecMannschaft das Chassis nicht rechtzeitig repariert werden konnte. Für die Rennen in Österreich in einem Monat sollte der Zögling von Ex-F1Pilot Roberto Moreno aber wieder einsatzbereit sein. Buller für Zeta Das Zeta-Team ist 2013 neu in der WSbR. Es ist das Nachfolgerteam von BVM-Target und folgt deren Philosophie: Man wechselt permanent zumindest den Fahrer für das zweite Cockpit. Diese Fahrer kamen 2013 für Zeta schon zum Zug: Mihai Marinescu, Emmanuel Piget, Mathéo Tuscher, Nick Yelloly und Carlos Sainz jr. In Moskau kam der sechste Fahrer zum Zug: William Buller. Der Brite konnte vollends überzeugen, wurde im Samstagrennen Fünfter. Weitere Einsätze sind aber vorerst nicht geplant, angeblich könnte Sainz Junior wieder ins Cockpit zurückkehren. Buller fährt 2013 die F3Europameisterschaft, hat dort das Three-Bond-Team verlassen, nachdem sich der Nissan-Motor als nicht so stark entpuppte, wie nach den

Testfahrten vermutet wurde. Das Cockpit von Buller wird jetzt wieder Alexander Sims übernehmen, der in den vergangenen Jahren immer wieder in der F3-EM unterwegs war und letztes Jahr mit dem Dallara Nissan bei Gaststarts bereits siegreich war. Buller fährt stattdessen mit dem Fortec-Team weiter, für das er derzeit auch die Tabelle in der britischen F3Meisterschaft anführt. MZ

William Buller begutachtet seinen neuen Arbeitsplatz: Das Zeta-Cockpit. Foto: Florent Gooden/DPPI






Rowland boxt sich an die Spitze Fotos: Gregory Lenormand, Florent Gooden/DPPI Mit einem zweiten Rang und dem Sieg beim zweiten Rennen katapultiert sich der Brite Oliver Rowland vom vierten Rang an die Meisterschaftsspitze im Formel Renault 2.0 Eurocup. von Michael Zeitler Die Augen sind auf den Zweiliter-Europacup der Formel-Renault gerichtet. Mehr denn je, seit die vergangenen zwei Champions Robin Frijns und Stoffel Vandoorne auf Anhieb die große 3,5-Liter-Klasse der Renault-WorldSeries auf den Kopf stellten. Wer im Eurocup Meister wird, der wird 2014 in der Renault-World-Series landen, schon alleine deswegen, weil es dann von Renault Sport einen Scheck von einer halben Million Euro gibt. Nach dem Rennwochenende in Moskau ist Oliver Rowland auf Titelkurs. So richtig dominant war er aber nicht. Der Brite muss eigentlich mehr zeigen, denn seit 2010 fährt er schon mit den Zweiliter-Rennwagen von Barazi Epsilon. Letztes Jahr wurde er mit Fortec Gesamt-Dritter, jetzt ist er zu Manor MP gewechselt, dem MeisterRennstall von 1994. Im ersten Rennen kam Rowland nur als Zweiter ins Ziel. Pierre Gasley war unschlagbar, was Rowland auch anerkannte: „Heute war es schwer sein Tempo mitzugehen, sowohl im Quali, wie auch im Rennen.“ Das änderte sich am Sonntag: Esteban Ocon sicherte sich zwar die Pole, aber Gasley und Rowland kamen besser vom Fleck. Es kam zu einer Kollision, Gasley schied aus, Rowland lag nun an der Spitze. Der Fehler lag bei Gasley. Eine Siegesfahrt par excellence folgte nicht: Ocon folgte Rowland wie sein eigener Schatten. Zu einem Angriff

kam es nicht – der Strecke, auf der nur sehr schwer überholt werden kann, sei Dank. Wobei die Fahrer des Eurocup am Samstag durchaus zeigten, dass man hier fighten kann. Zumindest mit den kleinen Rennwagen. Drei setzen sich ab Mit dem Sieg und dem zweiten Platz holte Rowland 43 Punkte. In der Gesamtwertung läuft alles auf einen Dreikampf mit Gasley und Ocon hinaus. Matthieu Vaxivière begann mit zwei Siegen zwar auf beeindruckende

Art und Weise die Saison, kann jetzt an diese Leistungen aber nicht mehr anknüpfen. Der einzige Deutsche im Feld fehlte in Moskau: Stefan Wackerbauer, derzeit Gesamt-17. Das Interwetten-Team aus Österreich trat nur mit einem Wagen in Moskau an (am Steuer: Der Lokalmatador Konstantin Tereschenko). Einen weiteren Fahrerwechsel gab es bei RC: Der Russe Roman Mavlanov durfte sein Heimrennen bestreiten. Er wurde einmal 29. Bester Russe war Egor Orudzhev (einmal Siebter).

 1. Rennen Moskau 1. Pierre Gasley (Tech-1) 2. Oliver Rowland (Manor MP) 3. Steijn Schothorst (Josef Kaufmann) 4. Esteban Ocon (ART) 5. Luca Ghiotto (Prema Power) 6. Bruno Bonifacio (Prema Power) 7. Matthieu Vaxivière (Tech-1) 8. Alexander Albon (KTR) 9. Mikko Pakari (Fortec) 10. Nyck de Vries (Koiranen)

2. Rennen Moskau 1. Oliver Rowland (Manor MP) 2. Esteban Ocon (ART) 3. Ignazio D’Agosto (KTR) 4. Oscar Tunjo (Josef Kaufmann) 5. Jake Dennis (Fortec) 6. Mikko Pakari (Fortec) 7. Egor Orudzhev (Tech-1) 8. Bruno Bonifacio (Prema Power) 9. Luca Ghiotto (Prema Power) 10. Ed Jones (Fortec)

Fahrerwertung 1. Oliver Rowland (GBR) 2. Pierre Gasley (FRA) 3. Esteban Ocon (FRA) 4. Matthieu Vaxivière (FRA) 5. Oscar Tunjo (COL) 6. Jake Dennis (GBR) 7. Luca Ghiotto (ITA) 8. Egor Orudzhev (RUS) 9. Bruno Bonifacio (BRA) 10. Steijn Schothorst (NED)

Teamwertung 1. Tech-1 2. Manor MP 3. ART 4. Josef Kaufmann 5. Fortec 6. Prema Power 7. KTR 8. ARTA 9. Koiranen 10. Interwetten 4

84 78 70 57 53 52 37 30 27 23

165 84 82 76 69 64 23 23 15




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Welcher AndrettiPilot wird Meister? Fotos: Chris Jones Ein Doppelsieg von James Hinchcliffe und Ryan Hunter Reay in Iowa lässt keinen Zweifel mehr daran aufkommen, dass es Andretti Fahrer am Ende in der Meisterschaft vorne liegen wird. von Michael Zeitler „Es lag alles am Team. Ich kann nicht glauben, dass ich das ganze Rennen dominiert habe“, das waren die Worte des Siegers vom Rennen im IowaOval, James Hinchcliffe. Der Kanadier gewann sein drittes Saisonrennen, für das Andretti-Team war es sogar Sieg Nummer fünf in diesem Jahr. Seit 2012 das neue Dallara-Chassis kam, ist die Mannschaft von Michael Andretti das IndyCar-Topteam schlechthin. Beinahe jeder Fahrer, der in den Dallara Chevrolet steigt, fährt vorne mit. Ein Beispiel war der sensationelle zweite Platz von Rookie Carlos Muñoz beim Indy-500. Der Kolumbianer zeigte sich hinterher sogar enttäuscht: Er wollte den Sieg! Castroneves noch vorn In der Gesamtwertung sind drei Andretti-Piloten unter den besten vier. Nur der so genannte Spiderman Hélio Castroneves kann sich derzeit noch an der Spitze halten. Um gerade mal neun Punkte – jene neun Punkte, die Castroneves in Iowa für die Pole-Position bekam. Denn dieses Mal wurde mal wieder ein extravagantes QualiFormat angewendet: Erst gab’s ein Einzelzeitfahren – mit einem Rundenrekord von Penske-Pilot Castroneves. Dann drei Quali-Rennen, in denen sich am Ende ebenfalls Castroneves durchsetzte. Mit Will Power qualifizierten sich sogar zwei Penske-Fahrer in der Ersten Startreihe. Nur war das Setup wohl

zu sehr auf Quali ausgelegt, zu wenig auf das Rennen. Castroneves musste ohnehin von Startplatz elf losbrausen, weil sein Chevrolet-Motor außerplanmäßig gewechselt werden musste. Power verlor schon zu Beginn des Rennens die Führung an Hinchcliffe. Der gab sie daraufhin nicht mehr ab. Mit dem Sieg liegt Hinchcliffe auf Rang vier in der Tabelle. Bester Andretti-Pilot ist Titelverteidiger Ryan Hunter-Reay. Wie schon 2012 feierte er vor einer Woche in Milwaukee den ersten Saisonsieg – und jetzt ist der US-Amerikaner wieder der heißeste Titelfavorit. Auch in Iowa war HunterReay der Fahrer des Rennens. Durch einen kleinen Fehler (er streifte sich die Frontflügelendplatten am Heck von Graham Rahal ab) fiel Hunter-Reay auf Rang 21 zurück. Doch er machte Platz für Platz wieder gut – erst auf Rang zwei endete die Aufholjagd. Er schloss noch zu Hinchcliffe auf, kam aber nicht mehr vorbei. Andretti-Trio lauert Das zeigt: Hunter-Reay ist nach wie vor das beste Pferd im Andretti-Stall. Michael Andretti würde sicherlich auch einen Titelgewinn seines Sohnes Marcos begrüßen. Doch der USAmerikaner büßte weiter an Boden ein, wurde in Iowa nur Neunter und liegt derzeit auf Rang drei in der Tabelle. Aufgeben muss er noch nicht: Noch nie waren die Voraussetzungen zum Titelgewinn so gut wie dieses Jahr. Marco Andretti würde dann auch Geschichte schreiben: Noch nie

wurden drei Generationen einer Familie jeweils mindestens einmal Meister. Marcos Großvater Mario Andretti holte sich 1965, ’66 (jeweils für Dean Racing in einem Brawner Hawk Ford), ’69 (für STP in einem Brawner Hawk Ford) und 1984 (für Newman Haas in einem Lola Ford) den Titel und Marcos Vater Michael 1984 (für Newman Haas in einem Lola Chevrolet). Die einzige Familie, die bisher drei IndyCar-Meister stellt, ist die Unser-Dynastie mit Bobby Unser, Al Unser Senior und Al Unser Junior. Was macht das Andretti-Team so stark? Erstens natürlich setzt man am meisten Fahrzeuge ein. Dadurch sammelt man mehr Daten, versteht den Dallara Chevrolet besser und arbeitete daher auch treffendere Setups heraus. Zum anderen zeigte sich in Iowa eines wieder deutlich: Gerade in den Ovalen hat Chevrolet gegenüber Honda einen gravierenden Leistungsvorteil. Das schwächt das GanassiTeam, aber nicht das Penske-Team. Denn das fährt wie Andretti mit Chevrolet. Generell zeigt die Saison: Die Chassis sind gut zu handhaben, auch kleinere Teams haben gute Siegchancen. Das schwächt die Übermacht des großen Penske-Teams. Andererseits: Zwar hat Penske bisher nur ein Rennen gewonnen, aber Castroneves führt die Tabelle an. Der Routinier, der bereits seit der Saison 2000 (!) für den Stall von Roger Penske fährt, will endlich seinen ersten IndyCar-Titel gewinnen. Bisher war ihm das noch nicht gelungen.


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

 10. Saisonlauf 1. James Hinchcliffe Andretti 2. Ryan Hunter-Reay Andretti 3. Tony Kanaan KV 4. Ed Carpenter Ed Carpenter 5. Graham Rahall Rahall Letterman Lanigan 6. Simon Pagenaud Schmidt Peterson Hamilton 7. Oriol Servia Panther 8. Helio Castroneves Penske 9. Marco Andretti Andretti 10. EJ Viso Andretti 11. Justin Wilson Dale Coyne 12. Charlie Kimball Chip Ganassi 13. Tristan Vautier Schmidt Peterson Hamilton 14. Sébastien Bourdais Dragon 15. Josef Newgarden Sarah Fisher Hartman 16. Scott Dixon Chip Ganassi 17. Will Power Penske 18. James Jakes Rahal Letterman Lanigan 19. Sebastián Saavedrea Dragon 20. Dario Franchitti Chip Ganassi 21. Simona de Silvestro KV 22. Ana Beatriz Dale Coyne 23. Takuma Sato Foyt 24. Alex Tagliani Barracuda Schnellste Rennrunde: Ed Carpenter 17,9744 Sekunden Gesamtwertung 1. Hélio Castroneves (BRA) 2. Ryan Hunter-Reay (USA) 3. Marco Andretti (USA) 4. James Hinchcliffe (CAN) 5. Tony Kanaan (BRA) 6. Simon Pagenaud (FRA) 7. Scott Dixon (NZL) 8. Takuma Sato (JPN) 9. Justin Wilson (GBR) 10. Will Power (AUS) 11. Ernesto Viso (VEN) 12. Dario Franchitti (GBR)

332 323 277 266 253 241 240 233 226 209 203 202

Die Top-3 in der Gesamtwertung

13. Charlie Kimball (USA) 14. Ed Carpenter (USA) 15. Josef Newgarden (USA) 16. Graham Rahal (USA) 17. James Jakes (GBR) 18. Simona de Silvestro (SUI) 19. Oriol Servià (ESP) 20. Tristan Vautier (FRA) 21. Sébastien Bourdais (FRA) 22. Alex Tagliani (CAN) 23. Sebastián Saavedra (COL) 24. Mike Conway (GBR)

Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara Honda Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara honda Dallara Honda Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara Honda Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara Chevrolet Dallara Honda Dallara Honda Dallara Honda

193 192 182 181 172 152 151 147 133 117 116 97

250 Runden +1,500 +1,689 +2,760 +3,020 +6,665 +9,700 +10,685 +12,713 +17,615 +1 Runde +1 Runde +2 Runden +2 Runden +2 Runden +3 Runden +3 Runden +3 Runden +3 Runden +4 Runden +7 Runden +67 Runden +88 Runden +111 Runden

25. JR Hildebrand (USA) 26. Ana Beatriz (BRA) 27. AJ Allmendinger (USA) 28. Ryan Briscoe (AUS) 29. Carlos Muñoz (COL) 30. Pippa Mann (GBR) 31. Conor Daly (USA) 32. Townsend Bell (USA) 33. Katherine Legge (GBR) 34. Buddy Lazier (USA) 35. Michel Jourdain jr. (MEX)

79 72 65 63 54 14 11 10 8 8 0






Der überlegte Weg weg vom Einheitschassis Fotos: Chris Jones, Bret Kelley Die IndyCar-Organisatoren schlagen für die Zukunft einen neuen Weg ein: Die Einheitschassis sollen durch individuelle Teile modifiziert werden dürfen. von Michael Zeitler Der erste Schritt war der Schritt weg von den Einheitsmotoren von Honda. Zwar ist mit Chevrolet nur ein ernsthafter Gegner gekommen – aber Chevrolet und Honda bieten sich einen packenden Kampf um den IndyCarTitel, derzeit mit Vorteilen für Chevrolet. Der zweite Schritt sollte mit dem ersten eigentlich einhergehen: Die Teams sollten die Möglichkeit erhalten, eigene Aerodynamik-Pakete zu entwickeln – oder von externen Firmen einkaufen. Die Kosten sollten im Zaum gehalten werden, in dem die Basis eben das jetzige Modell von Dallara bleibt. Doch die IndyCarTeams nagen wie fast alle Rennställe in den verschiedensten Serien am Hungertuch. Gerade die kleinen Teamchefs haben sich gegen die so genannten Aerodynamik-Kids ausgesprochen. Sie beharren auch nach wir vor auf ihrem Standpunkt. Doch die großen Teams wie Penske und Ganassi würden gerne Eigenentwicklungen vorantreiben. Und die IndyCar-Vermarkter wollen mehr Technikvielfalt schon alleine deshalb, weil die IndyCar weiter an Beliebtheit schrumpft. Die Einschaltquoten auch des diesjährigen Indy-500 sind ein Trauerspiel – trotz eines Rekord-Rennens mit 68 Führungswechseln, so schnelle Durchschnittszeit wie nie und einem populären Sieger: Tony Kanaan. Diese Tatsache entkräftigt auch ein wichtiges Argument gegen die Ein-

führung dieser Aerodynamik-Kids: Das IndyCar-Racing ist so packend wie selten zuvor. Es besteht inzwischen nahezu Chancengleichheit. Die kleinen Teams können die großen Rennställe wie Penske, Ganassi und Andretti immer mehr herausfordern. Zu den Siegern des Jahres 2013 gehören auch Teams wie Foyt (mit Takuma Sato), Dale Coyne (mit Mike Conway) und Sam Schmidt (mit Simon Pagenaud). Argumente pro und contra Die IndyCar-Vermarkter glauben: Mit Aerodynamik-Kids können auch externe Firmen angelockt werden und sich im Sport engagieren. Tatsächlich gab es ja nach dem Aufkommen der Idee solcher Aerodynamik-Kids großes Interesse von Konstruktionsfirmen wie ORECA. Es könnte sich also lohnen. Von den aktuellen IndyCar-Teams haben einige auch schon Erfahrungen mit der Konstruktion ganzer IndyCar-Rennwagen, als die Vielfalt noch gänzlich gegeben war. Foyt zum Beispiel ließ die CoyoteRennwagen entwickeln, Penske baute jahrelang Chassis und selbst Dale Coyne baute 1986 mit dem DC-1 einen eigenen IndyCar-Boliden! Die Kosten dürften sich im Rahmen halten. Alle Teams, die keine Updates selbst entwickeln oder von Fremdfirmen einkaufen wollen, würden Updates von Dallara bekommen. Für einen kleinen, aber erschwinglichen Aufpreis. Auch werden nur

einzelne Teile des Bolidens für die Eigenentwicklung frei gegeben. Das von Ex-Teambesitzer Derrick Walker entwickelte Konzept sieht Freiräume im Bereich des Motorenumfelds, der Seitenluftleitbleche, den Endplatten von Front- und Heckflügel vor. Die Aerodynamik-Kids sollen auch erst 2015 kommen, denn bis zum nächsten Jahr soll Dallara erst ein Update bringen, das mehr Sicherheit garantiert: Der vordere Teil des Unterbodens soll bearbeitet werden, so dass die Gefahr des Aufsteigens der Wagen noch mehr reduziert wird. Walker erfahren Walker beschäftigt sich derzeit ausführlich mit dem Konzept. Mit der Verpflichtung des Briten ist den IndyCar-Chefs ein Coup gelungen. Walker war schon F1-Mechaniker bei Brabham, er kennt vor allem aber in der IndyCar alle Seiten: Er war jahrelang im Management des großen PenskeTeams, er hatte jahrelang einen eigenen Rennstall und er arbeitete zuletzt für das kleine Team von Ed Carpenter. Walkers Entwurf ist langfristig angelegt, hat die Sicherheit und die Kosten im Auge. Bis über 20 Jahre hinaus reicht der Plan. So könnte es 2019 zu einer neuen Motoren-Formel und gänzlich neuen Chassis kommen. Zehn Jahre nach dem Bau der aktuellen IndyCar-Generation. Die Stellung der IndyCar würde durch Aerodynamik-Kids auch wieder aufgewertet werden. Längst kommt man


 an alte Zeiten nicht mehr heran, als vor 20 Jahren F1-Weltmeister wie Nigel Mansell der Formel-1 den Rücken kehrten und lieber zu den IndyCars wechselten. Aber die IndyCar würde sich mit der Lockerung der Einheitschassis-Regelung wieder von anderen Rennserien absetzen. Die meisten Formel-Serien fahren heute mit Einheitschassis, meistens sogar mit Einheitsmotoren. Damit geht ein großes Stück DNA des Motorsports verloren: Der Wettbewerb auch auf Seiten der Technik. Selbst die Formel-1-Wagen ähneln sich immer mehr. Die IndyCar könn-

 te genau gegensätzlich zur Formel-1 operieren: Hier werden sich die Fahrzeuge durch die unterschiedlichen Aerodynamik-Entwicklungen stärker von einander unterscheiden, dafür ist die Basis des Wagens gleich – und die Kosten damit auch relativ gering. In der Formel-1 sind einige Teile des Wagens vorgeschrieben, die eigens konstruiert werden müssen. Das betrifft vor allem auch die Basis des Wagens. Die Anbauten könnten dagegen eingekauft werden – also genau gegensätzlich zum IndyCar-Weg. Das Budget in der Formel-1 ist nicht zuletzt deswegen um ein zehnfaches höher als im US-amerikanischen For-

mel-1-Pendant. Man kann nur hoffen, dass auch andere Rennserien die starken Technikbeschränkungen wieder etwas lockern. Doch dieser Weg wird speziell in Europa noch sehr lange dauern (wenn überhaupt). Das erste Ziel in den Nachwuchsserien wird erst einmal sein, die Kosten wieder zu zügeln – denn die ufern selbst mit Einheitschassis gerade im Nachwuchs-Bereich immer weiter aus. Die Freigabe von eigenen Entwicklungen (die große Nachwuchsteams wie Carlin und ART sicherlich begrüßen würden) wäre das falsche Signal. Und auch in der IndyCar wird darüber noch eifrig diskutiert werden.

 Es ist schon irgendwie erstaunlich, wie Rennsport-Veteranen ihre eigene Geschichte vergessen. In der Formel-1 wettert Frank Williams gegen Kundenchassis, obschon sein Rennstall zu Beginn nur überhaupt entstehen konnte, weil er Chassis von Brabham, March oder Iso Marlboro einkaufte. Genauso Dale Coyne in der IndyCar: Er baute 1986 ein eigenes Chassis, ist jetzt aber strikt gegen die Aerodynamik-Kids. Beiden mag man zugute halten, sie erkennen vielleicht einfach nur, dass sich die Zeiten geändert haben. Als Frank Williams mit der Formel-1 Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre anfingen, kauften Privatfahrer oder Privatteams nur selten ganze Autos, sondern Chassis von Team X, Motor von Hersteller Y. Da gab es dann auch Kombinationen wie einen Cooper Ferrari, obschon das Cooper-Team selbst nie mit Ferrari zusammenarbeitete. Heute würden Teams einfach komplette F1-Fahrzeuge kaufen, also nicht mehr einen Motor von Mercedes und ein Chassis bei Red Bull. Das wäre freilich eigenständigen Konstrukteuren gegenüber etwas unfair. Auch Dale Coyne weiß wovon er spricht. Jahrelang operierte er am Rande des finanziellen Abgrunds. Er konnte sich oft nur über Wasser halten, weil er Bezahlfahrer wie Milka Duno, Tarso Marques, Gaston Mazzacane oder Alex Yoong verpflichtete. Dale Coyne Racing war ein chronisches Hinterbänklerteam, das aber auch jungen Talenten wie Paul Tracy 1991 die ersten Gehschritte in der IndyCar ermöglichte. Und das sich inzwischen etabliert hat und sogar die Topteams ärgern kann. 25 Jahre hat es gedauert, bis Dale Coyne als Teambesitzer den ersten Sieg bejubeln durfte: In Texas 2009 gewann Justin Wilson, der ehemalige Jaguar-F1-Pilot. Inzwischen kamen zwei Siege hinzu, einer von Wilson, einer von Mike Conway. Dale Coyne war selbst Rennfahrer, fuhr von 1984 bis ’91 ein paar Rennen, immer für sein eigenes Team. Seine beste Platzierung war Rang zwölf in Sanair 1986. Für das Indy-500 konnte er sich nie qualifizieren. Also wechselte er auf die andere Seite der Boxenmauer, wurde Teamchef und zog zusammen mit Walten Prayton ein eigenes Team auf. Prayton, einer der erfolgreichsten Football-Spieler aller Zeiten, blieb bis zu seinem überraschend frühen Tod 1999 (er war erst 45 Jahre alt, als er einem Krebsleiden erlag) als Teilhaber an Bord. Schon mehrere deutsche Fahrer standen in Diensten von Dale Coyne: Christian Danner 1997, Michael Krumm 2001, André Lotterer 2002 und Andreas Wirth 2006. Von den aktuellen Fahrern waren schon Michel Jourdain jr. (1997-’99), Katherine Legge (2007), Sébastien Bourdais (2011), Justin Wilson (2009/’12/’13), Ana Beatriz (2013) und Pippa Mann (2013) für Dale Coyne am Start. Foto: Ron McQueeney



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