Urban Codes Hubert Blanz
The Fifth Face, 02, 2012 C-Print, Diasec auf Dibond, 117 * 135 cm
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Hubert Blanz ist der Science Fiction Autor der öster-
Sprachenversammeln würde. Am Ende diesesphan-
reichischen Fotografie. Die ersten Digital Surroundings
tastischen Entwurfs hat er sich auf eine Gegenmei-
waren schon 2001 im früher als Volpinum geführten
nung besonnen, die zu bedenken gab, dass anstelle
Foto-Raum zu sehen. Leiterplatten simulierten damals
einer unendlichen Folge von Räumen auch „ein Buch
die Satellitenblicke auf mögliche Großstädte, elek-
aus einer unendlichen Zahl an unendlich dünnen Blät-
tronische Bauteile ersetzten die realen Baukörper
tern“ 2 alles erfassen könnte, das jemals geschrieben
und Hubschrauber knatterten durch die Luft. Seither
wurde. 3 Auf die Fotografie übertragen liegen auch bei
baut Hubert Blanz an einem hyperrealen Universum:
Hubert Blanz oft hunderte freigestellte Einzelbilder
Trabantenstädte aus Polystyrol (Frigolite Elemente),
Schicht für Schicht übereinander und kulminieren so
deren karges Umland den Eindruck verstärkte, dass
zu virtuellen Territorien mit einem höchstmöglichen
längst jedes Leben aus ihnen getilgt sein müsse, oder
Grad an Intensität. Sie sind so dicht gepackt, dass die
auf unüberschaubar vielen Ebenen geschichtete Flug-
Explosion nicht weit scheint und formal auch etwa bei
hafenpisten oder auf ebenso vielen Etagen geführte
Virgina Sun eintritt.
Autobahnkreuzungen, die auf eine senkrechte Stadt-
Eine gewisse Unrast ist allgegenwärtig, wenn
anlage schließen lassen, wie die von Zion, der Stadt
Hubert Blanz über Wochen sämtliche Autobahnbrü-
der Widerstandskämpfer in The Matrix 1.
cken Wiens fotografiert oder über drei Monate hinweg
Aus dem Netz und aus der Digitalkamera – die
die Straßen Manhattans vom Finanzdistrikt bis zur
Vorgehensweise, Fotos zu akkumulieren, scheint die
115. Straße Haus für Haus abschreitet 4, um die steilen
logische Konsequenz aus einem unbeschränkt zur
Blicke hinauf, entlang der Wolkenkratzerfassaden, zu
Verfügung stehenden Bildarchiv zu sein. Angesichts
sammeln. Oder zuletzt Chicago: Die Gitterstruktur
der ähnlich überwältigenden Menge an Büchern hat
der Stahlskelettbauten, die Fensterteilungen – der
Jorge Luis Borges 1941 die totale Bibliothek skiz-
unermüdliche Blick sammelt die strukturellen Module
ziert, die alle jemals veröffentlichten Bücher in allen
der Stadt, die Raster, die über ihr liegen, die Urban
Codes, die bei Nacht von den beleuchteten Büroräu-
Blanz verarbeitet, reflektiert jene Systeme, die dem
men ausgeschickt werden. Für The Fifth Face (2012)
Mensch als Refugium geboten werden, die sein Leben
greift Hubert Blanz den Blick von oben auf, wie er
organisieren. Aber alles ist menschenleer, obwohl für
uns von Satellitenaufnahmen mittlerweile geläufig ist:
eine Masse an Menschen ausgerichtet. Und im Roman
Es entsteht eine digitale Collage aus Dachansichten
würde an dieser Stelle die Absicht der Systemüber
vom Willis-Tower 5 und dem John-Hancock-Center
wacher offen gelegt werden: „Abigail, du weißt genau,
aus fotografiert. Währenddessen ist der nächste
dass alle Probleme der Menschheit darauf hinweisen,
ungewöhnliche Blick auf eine wieder andere Metro-
dass es zu viele Körper gibt, die alle möglichen Bedürf-
pole, diesmal London, bereits in Planung, nämlich
nisse entwickeln. Jede Rationalisierung auf diesem
„die Großstadt von hinten“ mit den fensterlosen
Gebiet ist also zu begrüßen.“ 6
Stirnwänden sämtlicher Londoner Boroughs. Fiction überzeichnet immer: Die denkbaren Entwick-
Ruth Horak
lungen der Zukunft, die fortschreitende Metropolisierung, die Überwachungsinstanzen, die gesamtheitliche Aufzeichnung unserer Lebensgewohnheiten etc. sind immer vage, aber doch an der Gegenwart orientiert und vom Jetzt abgeleitet, angeregt von der Verfolgung unserer Interessen im Netz, von einem Leben vor dem Rechner, auf Flugplätzen, in Gängen, in Liften zwischen den Stockwerken, in Bürogebäuden bei Nacht, gesehen aus der Sicht von Satelliten oder Landkarten, die Städte auf ihre Aufsichten und Straßennamen reduzieren. Alles Material, das Hubert
1 The Matrix, 1999, Regie: Wachowski-Geschwister. 2 Jorge Luis Borges, Die Bibliothek von Babel. In: Fiktionen Erzählungen 1939–1944, Fischer Taschenbuch Verlag 1992, S. 76. 3 2002 haben sich Sergey Brin und Larry Page gefragt, wie lange es wohl dauernd würde, alle Bücher dieser Welt zu scannen – 2012 konnte googlebooks angeblich die 20 Millionen Marke überschreiten. 4 Siehe dazu Helmut Weihsmann, Verloren im Zwischenraum. In: Hubert Blanz, Slideshow, SpringerWienNewYork, 2009, S. 84. 5 vormals Sears-Tower. 6 David G. Compton, Das elektrische Krokodil, Heyne Verlag, München 1982 (engl. Originalausgabe 1970), S. 52.
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Urban Codes, 01, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, 137 * 177 cm
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Urban Codes, 10_065, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, 42 * 61 cm nachfolgende Doppelseiten: Urban Codes, Kombi 5 und Kombi 4, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, je 29 * 42 cm
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Homeseekers — A City from Behind, Ausschnitt, 2013
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Homeseekers, 28-016, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, 61 * 42 cm Homeseekers, Triptychon, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, je 42 x 29 cm
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Homeseekers, 35-007, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, 42 * 61 cm Homeseekers, Triptychon, 2013 C-Print auf Dibond, Acrylglas gerahmt, je 42 * 29 cm
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vorgehende Doppelseiten: Four Elevators, 057, 2006 Silbergelatine-Print auf Aluminium, Guggenheim-Leiste, 80 * 186 cm Four Elevators, 084, 2006 Silbergelatine-Print auf Aluminium, Guggenheim-Leiste, 80 * 135 cm
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X-Plantation, 04, 2008 C-Print, Diasec auf Dibond, 100 * 150 cm
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Roadshow, 02, 2007 C-Print, Diasec auf Dibond, 80 * 120 cm
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Vergina Sun, 2007 Audio-/Videoinstallation, Skopje, Mazedonien Vergina Sun, 03, 2007 C-Print, Diasec auf Dibond, 120 * 160 cm
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public tracks, 02, 2010 C-Print, Diasec auf Dibond, 147 * 189 cm nachfolgende Doppelseite: public tracks, 03, Ausschnitt, 2010 C-Print, Diasec auf Dibond, 147 * 189 cm
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vorgehende Doppelseite: frigolite elemente 47n51, 16e27, 2004 Silbergelatine-Print auf Dibond, 85 * 250 cm The Fifth Face, 01, 2010 C-Print, Diasec auf Dibond, 117 * 135 cm
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Hubert Blanz geboren 1969 in Hindelang, Deutschland studierte 1993–1999 an der Universität für angewandte Kunst in Wien lebt und arbeitet in Wien
Ausstellungen/Projekte (Auswahl) 2013 Urban Codes, Foto-Raum, Wien (Solo) Homeseekers, Austrian Cultural Forum, London (Solo) 2012 Keine Zeit. Zeitphänomene. Phänomene der Zeit, G.A.S-station, Berlin 2011 Un Mundo Audaz, Fundación Antonio Pérez, Cuenca, Spanien Public Works, Museum of Contemporary Photography (MoCP), Chicago Mutations III. Public Images – Private Views, Carré Rotondes, Luxembourg La Ville Fertile, Institut francais d‘architecture, Cité de l‘architecture et du patrimoine, Paris Schöne Neue Welt. Neue Konzepte in der österreichischen Fotografie, Museum der Moderne Salzburg 2010 Mutations III. Public Images – Private Views, MUSA Museum auf Abruf, Wien Ringturm.Kunst – Sammlung Vienna Insurance Group, Leopold Museum, Wien Brave New World. New image concepts in Austrian photography, Austrian Cultural Forum, London Identität II: Identitätsstiftung, Fotogalerie Wien Blickwechsel – Österreichische Fotografie heute, WestLicht, Wien New Frontiers – Experimental Tendencies in Architecture, Design Factory, Bratislava The Art of Speculation, Kunstverein Wolfsburg 2009 Kardinal-König-Kunstpreis, Kunstraum St. Virgil, Salzburg Zeitgenössische Fotografie. Neue Positionen aus Österreich, Museum ModernerKunst Kärnten, Klagenfurt Evo Evo!, Künstlerhaus, Wien X-Plantation, Galerie Momentum, Wien (Solo) Integrative Tendenzen, Gondel Filmkunsttheater, Bremen God: The Fossil Record, NÖ Dokumentationszentrum für Moderne Kunst, Stadtmuseum, St. Pölten Spotlight, Museum der Moderne Salzburg 38
2008 Zeitraumzeit, Künstlerhaus, Wien Dialog Mit Wien II / Dialogos Con Viena II, Centro de Extensión, La Factoria, Santiago de Chile 2007 Un Space, MAK-Gegenwartskunstdepot Gefechtsturm Arenbergpark, Wien North-West By South-East, Mala Stanica, Nationalgalerie der Republik Mazedonien, Skopje Fresh Trips, Festival of contemporary art aspects, Kunstraum Innsbruck 21 Positions, Austrian Cultural Forum, New York Räumliche Visionen, Fotogalerie Wien 2006 Europäische Zeitgenössische Kunst, Berlaymont Gebäude, Brüssel Simultan, Museum der Moderne Salzburg 2005 Level Five, O.K spektral, O.K Centrum für Gegenwartskunst, Linz (Solo) Spaciously, Österreichisches Kulturforum, Warschau A Room Of My Own, Hofmobiliendepot Möbel Museum, Wien Aus 9, Galerie HS Steineck, Wien 2004 Blanzscape, Galerie Lindner, Wien (Solo) 2003 Junge Wiener Kunst, Walter Storms Galerie, München Conflicts / Resolution, Essl Museum – Kunst der Gegenwart, Klosterneuburg Geospaces, Projektraum, Kunstraum Innsbruck (Solo) Artists From Galerie Lindner, Vienna, Sonja Roesch Gallery, Houston, Texas 2002 Von Anfang an ... , Künstlerhaus, Salzburg Wahrscheinlichkeiten, Kunstraum Dornbirn Transcommunication – Performance, dietheater Künstlerhaus, Wien 2001 Sieben, Kunstsammlung Volpinum, Wien 18. Römerquelle Kunstwettbewerb, WestLicht, Wien Moving Out, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig (MUMOK), Wien 18. Römerquelle Kunstwettbewerb, Galerie der Stadt Wels 2000 Palmen und Platinen, Galerie Lindner, Wien 1999 Lebensstrom, Haus Konstruktiv, Zürich
Theresiengasse 25, 1180 Wien geöffnet Mo, Mi, Fr 10 – 13 Uhr, Do 16– 19 Uhr und nach Vereinbarung +43 (0) 676 517 5741 www.foto-raum.at
Diese Publikation erscheint im Rahmen der Ausstellung
Urban Codes Hubert Blanz 24. April bis 31. Juli 2013
Leitung: Andra Spallart Organisation: Marie-Therese Hochwartner, Monika Ottwald Grafik und Technik: Christoph Fuchs Lektorat: Silvia Gadringer © 2013 beim Künstler und der Autorin
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