FURIOS 07 – Geld

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Furios Studentisches Campusmagazin an der Freien Universit채t Berlin

Geld

ist es das wert?

Kostenlos

07 DEZ 2011


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Editorial

Liebe Kommilitoninnen, liebe Kommilitonen,

Für die Optik sorgen: Kelsey Bass Kelsey is a graduate from the Cleveland Institute of Art. She has studied Illustration and enjoys the creative process.

Cora-Mae Gregorschewski studiert Biologie, malt leidenschaftlich gern und hat ihre Fotos aus FURIOS auch schon in der SZ und im TIP veröffentlicht.

Valerie Schönian studiert deutsche Philologie und Politikwissenschaften. Diese Produktion kostete sie viel Mate und Schokolade.

Filip Tuma studiert Sinologie und freut sich grad über einen Kaffee.

Sarah Ungan studiert Geschichte und Kultur des Vorderen Orients und fotografiert auch mal ganz gerne.

„that clinking, clanking sound, it makes the world go around...“, sangen Liza Minnelli und Joel Grey in „Cabaret“. Geld. Ein Wort liegt in der Luft. Seit Monaten fragt man sich, ob Geld die Welt wirklich in Bewegung bringt oder sie nicht doch eher hemmt. Doch es gab eine Zeit, bevor europäischen Staaten zugrunde gingen. Erinnert ihr euch? Geld war schon immer ein Thema, das jeden Menschen betrifft. Wenn die Suche in der Hosentasche auch ergebnislos verläuft: Niemand kann sich dem mächtigsten aller Tauschmittel entziehen. Matthias Bolsinger beschreibt, wie Geld zu dem wurde, was es ist und wie es unsere Lebenswelt regiert. Gemeinsam mit Margarethe Gallersdörfer sprach er auch mit einem, der sich mit dieser Herrschaft nicht abfinden will: Prof. Dr. Elmar Altvater. Der Veteran des OttoSuhr-Instituts findet deutliche Worte nicht nur für Exzellenzuniversität und den Umgang mit Bildungsstreikenden. Er fordert uns heraus, utopisch zu denken, solange der Kapitalismus die Oberhand über die Menschen und die Demokratie hat. Dabei ist es schon schwer genug, die Realität zu erfassen, die uns die Nachrichten zeigen. Doch wir lassen nichts unversucht: Vier Wissenschaftler der Freien Universität Berlin erklären aus der Perspektive ihres Faches, wie das Monster namens Krise das Licht der Welt erblicken und das Finanzsystem ins Wanken bringen konnte. Sehr wenig geredet hat hingegen Julian Niklas Pohl. Einen Tag lang hatte er ein anderes Problem: Wie behält man seine Würde, wenn man auf das Kleingeld seiner Mitmenschen angewiesen ist? Auch Hendrik Pauli hat sich auseinandergesetzt mit einer schlecht angesehenen Art, Geld zu verdienen. Was eine ehemalige Escortdame zu erzählen hat: Lest selbst! 1 000 000 000 000 € oder mehr ist die Rettung der europäischen Währung wert. 800 € im Monat hat das durchschnittliche FURIOS-Redaktionsmitglied zur Verfügung. 470 € geben die Deutschen durchschnittlich für Weihnachtsgeschenke aus. 0 € kostet dieses Heft. Wollt ihr mitdiskutieren? Uns eure Meinung sagen? Seid ihr auf der Suche nach aktuellen Meldungen, Reportagen, Kommentaren und Veranstaltungstipps rund um die FU? Uns gibt’s nicht nur gedruckt! Schaut regelmäßig vorbei auf www.furios-campus.de. Wir suchen Layouter, Grafiker, Fotografen, IT-Experten und natürlich Schreiberlinge. Interessiert? Die Redaktion trifft sich während des Semesters jeden Mittwoch um 18 Uhr in der Silberlaube, Habelschwerdter Allee 45, Raum J 24/22. Viel Spaß mit diesem Heft wünscht euch Eure FURIOS-Redaktion

Furios 07 Impressum Herausgeber: Freundeskreis Furios e.V. Chefredakteurin: Margarethe Gallersdörfer (V. i. S. d. P., Memhardstraße 8, 10178 Berlin) Ressortleitung Campus: Anchalee Rüland Ressortleitung Politik: Katharina Hilgenberg Ressortleitung Kultur: Eliese Berresheim Layout: Filip Tuma, Valerie Schönian

Furios 07/2011

Redaktionelle Mitarbeit an dieser Ausgabe: Eliese Berresheim, Matthias Bolsinger, Rebecca Ciesielski, Margarethe Gallersdörfer, Emilia Göhler, Fanny Gruhl, Kirstin MacLeod, Markus Mayr, Rani Nguyen, Hendrik Pauli, Julian Niklas Pohl, Florian Schmidt, Valerie Schönian, Johannes Schröder, Henrice Stöbesand, Catharina Tews Illustrationen: Kelsey Bass, Cora-Mae Gregorschewski, Hyacinthe Rigaud, Catharina Tews Fotografien: Cora-Mae Gregorschewski, Jan Gierkes Titelfoto: Sarah Ungan

Lektorat: Carolin Benack, Clara Herrmann Inserate: Michael Wingens – inserate@furios-campus.de  www.furios-campus.de  redaktion@furios-campus.de Jeder Autor ist im Sinne des Pressegesetzes für den Inhalt seines Artikels selbst verantwortlich. Die in den Artikeln vertretenen Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Ansicht der Redaktion wider. Gemäß dem Urheberrecht liegen die Rechte an den einzelnen Werken bei den jeweiligen Autoren.

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INHALT

Campus

Inhalt 07

In der Parallelwelt 16 Eine Escortdame spricht über den etwas anderen Studentenjob Stille Panik 18 Die Studienberatung der Freien Universität kümmert sich um Studierende, für die der Druck zu groß wird Joint Venture mit den Russen 19 Die Dahlemer „Ruine der Künste“ ist selbst ein Kunstwerk

Titelthema: GELD

Stipendien? Spenden! 20

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Stipendiaten der Studienstiftung des Deutschen Volkes teilen ihr Büchergeld mit sozialen Projekten

Geld ist mehr als nur Münzen und Scheine. Es beherrscht unsere Gesellschaft und hat sich zwischen die Menschen gedrängt. Ein Essay

Monat vs. Kontostand 21

Der Stumme Regent

»Wir leben in einem Paradox« 8 Elmar Altvater im Gespräch über Krise, Widerstand und Alternativen zum Kapitalismus Krisensitzung 10 Euro, Finanzmärkte, Staaten: Alles ist ins Wanken geraten. Warum nicht mal an unserer Uni nachfragen? Vier FU-Experten sprechen über schwierige Zeiten Keiner sieht mich 12 Wie es ist, überhaupt kein Geld zu haben, wollte Julian Niklas Pohl herausfinden. Er hat versucht, in Berlin zu betteln. Ein Erfahrungsbericht

Eine Studentin schaut sich beim Geldausgeben auf die Finger

Politik Unfrisiert, aber lernfähig 22 Die aktiven Mitglieder der Piraten-Hochschulgruppe an der FU sind in die Kommunalpolitik aufgerückt Der Blick durch die Kuppel 24 Zwei Praktikantinnen erzählen Anekdoten aus dem Deutschen Bundestag Deutschlands neue Stipendiaten 26 Seit diesem Semester haben auch FU-Studierende Chancen auf ein Deutschland-Stipendium Tränengas über Athen 27 Eine Erasmus-Studentin über ihre Eindrücke aus einer Stadt im Aufruhr

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12

Ansonsten unsichtbar


8

Kritik kennt keinen Ruhestand

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– GE RM AN

Kultur

Y‘ S OL DE ST

CI NE M

4 aus 40 000 14 Eine Stadt auf die Ohren 28 Zwei Leipziger Studierende haben großen Erfolg mit Reisehörspielen für Kinder Die Internationale: 30 Ein Student erzählt von seinen Erfahrungen am Goethe-Institut in Togo Wer kennt den grünen Mann? 31

CODEN

AM

Über eine neue Webseite wollen zwei FU-Studenten Kommunalpolitiker und Bürger zusammenbringen Mal wieder ein Buch lesen? 32 „Little Hands Clapping“ von Dan Rhodes und „Guttenbergs Fall“ von Roland Preuß und Tanjev Schultz Warenfetisch 33

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Auch diesen Winter bleibt uns der Anblick von Uggboots nicht erspart Veranstaltungskalender 34

27

»Eine Vertraute auf Zeit, die ihre kleinen

Geheimnisse teilt. Das wollten die Männer.«

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Titelthema: Geld

DER STUMME REGENT

Geld ist mehr als nur Münzen und Scheine. Es beherrscht unsere Gesellschaft und hat sich zwischen die Menschen gedrängt. Ein Essay von MATTHIAS BOLSINGER. Illustration von Hyacinthe Rigaud

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ie U-Bahn zur Uni rauscht in den Bahnhof, ich nehme gleich drei Stufen auf einmal. Meine Eile ist den jungen Menschen in grünen Jacken von der Tierschutzorganisation völlig egal, sie würden mich am liebsten mit der Harpune einfangen, wenn das nicht irgendwie ihrer friedlichen Außenwirkung widersprechen würde. Pech, dass ein Mädchen in Grün mir irgendwie den Weg abschneiden konnte. Ich halte ein Flugblatt in der Hand, die Bahn fährt ohne mich. Während ich ihr mit halber Aufmerksamkeit zuhöre, überkommt mich eine nur allzu bekannte Ahnung: Hier geht es nicht um vom Aussterben bedrohte Tiere, schon gar nicht um mich. Es geht ums Geld. Es geht immer ums Geld. Warum? 6

„C.R.E.A.M. – Cash rules everything around me“, rappten die Jungs vom Wu-Tang Clan. Ja, „Geld regiert die Welt“, doch auf subtile Weise: als Mittel zum Zweck für den Menschen. Denn Geld allein straft nicht, Geld befiehlt nicht, Geld redet nicht einmal. Geld ist ein stummer Regent. Zeit, genauer zu betrachten, wer da das Zepter schwingt.

Sind Menschen unter sich, tauschen sie. Das war schon in der Steinzeit so. Wurde einst noch Gegenstand gegen Gegenstand getauscht, vermittelt heute eine Geldware das Geschäft. In der frühen Bronzezeit wurden ringförmige Kupferbarren gehandelt, noch Furios 07/2011


Titelthema: Geld

vor Christi Geburt verwendeten die Kelten schwere, vierkantige Eisenbarren. Bis zum Mittelalter hatten sich dann nahezu auf dem ganzen europäischen Kontinent Münzsysteme entwickelt. Den jeweiligen Materialien, wie Gold, Silber oder Bronze, kam in ihrer Eigenschaft als Geld zusätzlich ein stofflicher Wert zu. Heute besitzt das Geld einen vom Staat garantierten, aber fiktiven Wert. Es fungiert als eine Ware, auf die sich alle anderen Waren beziehen können und die sich mit allen tauschen lässt. Dass eine solche Geldware strukturell notwendig ist, zeigt sich auch in Zeiten, in denen das Geld seinen Wert verliert: beispielsweise im Deutschland der Nachkriegszeit, als ein reger Handel mit Zigaretten, Schnaps und sogar Nylonstrümpfen aufkam. Der Nachteil: solche Waren sind endlich. So wie Äpfel, Bier oder Milch können sie verderben und wertlos werden. Geld konserviert. Diese Fähigkeit, Wert in einer ewigen Form zu bewahren, erkannte schon John Locke. Dass sich letztendlich die edlen Metalle als Geldwaren durchsetzten, hatte pragmatische Gründe: Nur wenige Materialien erwiesen sich als so exakt teilbar, homogen und widerstandsfähig.

Mit der aufkommenden industriellen Revolution und dem Siegeszug der kapitalistischen Marktwirtschaft wurde das Geld endgültig systemrelevant: Es vermittelt den Austausch von Gütern in einer umfassend zur Ware gewordenen Welt und hält, gleich dem Blut, den ökonomischen Kreislauf am Leben. Die Volkswirtschaftslehre sieht die Funktion des Geldes in der eines Tauschmittels, einer Recheneinheit und eines Wertaufbewahrungsmittels. „Money is what money does“, sagte Wirtschaftsnobelpreisträger John R. Hicks – eine rein funktionale Definition. Demnach ist Geld eben das, was als Geld fungiert, ein Ding, ebenso nützlich wie banal wie das Schmieröl für die Fahrradkette. Doch diese Definition wird dem Geld bei Weitem nicht gerecht. Ein Berliner U-Bahnhof am Mittag: Ein Mädchen bietet einem bettelnden Obdachlosen freundlich die Hälfte ihres Böreks an. Das war ein Fehler. Gekränkt brüllt der Mann: „Bin ich etwa dein Hund!?“ Was ist die obskure Qualität des Geldes, die ein paar Cent in der Hand wertvoller machen als Nahrung, die uns im Gegensatz zu Kupfermünzen wirklich am Leben erhält?

Fjodor Dostojewski bringt es in Aufzeichnungen aus einem Totenhaus auf den Punkt. Geld, so Dostojewski, sei „geprägte Freiheit“. Es ist kein bloßes Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen. Mit ihren hart erarbeiteten Münzen und Scheinen zieht die Menschheit los, um alle Stolpersteine aus dem Weg zu kaufen: Geld als Schrankenöffner zur Selbstverwirklichung. Was Freiheit bringt, kann doch nicht schaden! Doch diese Freiheit ist nur Wenigen vergönnt. Ansonsten verblendet sie alle, die ihre Verwirklichung darin sehen, möglichst viel davon anzuhäufen. „Gold ist ein wunderbares Ding! Wer dasselbe besitzt, ist Herr von allem, was er wünscht“, schrieb Kolumbus aus Jamaika und war sich sicher, es könne sogar Seelen ins Paradies bringen. Gold, eine damals populäre Geldware, ließ durch seinen Glanz und seine universelle Gültigkeit im Menschen der westlichen Welt die Illusion aufkeimen, es sei von Natur aus wert-voll – ein folgenschwerer Irrtum. Geld wurde zum Götzen und zum stummen Regenten der Welt. Obwohl der Regent still auf seinem Thron sitzt, ist seine Botschaft deutlich: „Vergleicht euch!“ Und so gibt es in unserem unüberschaubaren Waren-Universum nichts mehr, das sich nicht mittels Geld vergleichen ließe: eine Arbeitsstunde mit einer Autowäsche, aber auch ein Menü beim Fast-Food-Restaurant mit eiFurios 07/2011

ner Pflegestunde für eine demente alte Dame. Ab Januar ist das Existenzminimum in Deutschland mit 374 Euro bemessen – etwas mehr als die Hälfte des Neuwerts eines Smartphones. Der Besitz von Geld ist nicht nur das Maß an Freiheit, das ich mir erkaufen kann; mein Besitz an Geld bin schlechthin ich. Ich muss kein hungriger Mensch sein, kein hässlicher Mensch, kein smartphoneloser Ewiggestriger. Geld vermittelt mir mein Leben. „Was mir aber mein Leben vermittelt, das vermittelt mir auch das Dasein der andren Menschen für mich. Das ist für mich der andre Mensch“, schrieb Marx in seinen Ökonomisch-philosophischen Manuskripten. Marx zeigt auf, dass Geld vor allem zwischenmenschliche Beziehungen fundamental beeinflusst. Der Andere ist, was er besitzt. Die zwischenmenschliche Welt wird zur kalten Sphäre des dinglichen Verfügens. Der deutsche Philosoph und Soziologe Georg Simmel veranschaulicht diesen Wandel in seiner Philosophie des Geldes: Für ihn spiegelt die Prostitution wie kein anderes Gewerbe das Wesen der Geldwirtschaft wider. Der intimste Moment werde zum unpersönlichen Mittel der Aneignung. Nicht Liebe, sondern Geld vermittle in einer „jede Herzensbeziehung ausschließenden Sachlichkeit“ die menschliche Interaktion. Die Frau als Person interessiert nicht. Weil das Geld sich in der Moderne zwischen Mensch und Mensch gedrängt hat, verlieren alle ein Stück Persönlichkeit: Früher begrüßte Tante Emma noch alle ihre Kunden mit Namen, heute regiert die Unpersönlichkeit piepsender Scanner. Das Mädchen von der Tierschutzorganisation interessiert sich für mich nicht als Person, sondern als abstrakten Träger von Geld.

Auch die Universität kann der modernen Geldrationalität nicht entfliehen. Es ist der Mangel an finanziellen Mitteln, der zur Begründung von immer mehr Streichungen im Lehrbereich herangezogen wird. Und nicht nur das „Wie“ der Lehre, sondern auch ihr „Was“ ist längst eine Funktion des Geldes. Eine Forschung, die kein Geld wert ist, scheitert. Die Deutsche Bank hatte bis Juni dieses Jahres zwei Finanzprofessuren an der Technischen und Humboldt-Universität gesponsert, laut Schätzungen gibt es bundesweit 600 bis 1.000 ähnlicher firmenfinanzierter „Stiftungsprofessuren“: Erkenntnis geschieht längst im Interesse des Geldes. Wahres Fortschrittsinteresse im Sinne der Menschheit muss hinten anstehen. Geld ist vom Tauschmittel zum Fetisch unserer Gesellschaft geworden. Dingliche Verfügung ersetzt Kommunikation, Empathie weicht der Unpersönlichkeit. Die Situation ist aber keineswegs aussichtslos. Eine Gesellschaft ohne Geld wird es in absehbarer Zeit nicht geben, dafür ist es schlichtweg zu nützlich. Doch es muss nicht auch noch unsere Lebenswelt dominieren. Einmal die Dame an der Mensakasse anlächeln, dem gestresst herbeigeeilten Handwerker einen Kaffee machen, dem Motz-Verkäufer mehr geben als nur Münzen: Es gibt Wege, den Moment des Kontakts zu einem Mitmenschen, den das Geld so unpersönlich gemacht hat, wieder herzlich zu machen. Geld ist das geeignete Mittel für eine Tauschwirtschaft. Für ein Zusammenleben, das bleibende Spuren von Menschlichkeit hinterlassen soll, ist es das nicht. Der stumme Regent sitzt nur so lange auf dem Thron, wie man ihm den Hof macht.

Matthias Bolsinger studiert im dritten Semester Politikwissenschaft. Mit Geld kann er sich nicht so wirklich anfreunden. Die schönsten Dinge des Lebens gibt’s ohnehin für lau. 7


Titelthema: geld

»Wir leben in einem paradox« Elmar Altvater im Gespräch mit MARGARETHE GALLERSDÖRFER und MATTHIAS BOLSINGER über Krise, Widerstand und Alternativen zum Kapitalismus. Fotos von CORA-MAE GREGORSCHEWSKI

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rofessor Dr. Elmar Altvater hatte 33 Jahre lang den Lehrstuhl für Politische Ökonomie am OttoSuhr-Institut für Politikwissenschaft inne und ist ein viel zitierter Kapitalismuskritiker. Unmittelbar vor unserem Interview sprach er gemeinsam mit Sahra Wagenknecht (siehe andere Seite), Stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Linke, vor Studierenden der Occupy-FUBewegung.

Guten Tag, Herr Altvater! Reden wir über Geld. Ja, bitte! Haben Sie welches? (lacht) Über Geld reden übrigens nur diejenigen, die keines haben. Ich jedenfalls rede dauernd über Geld. Sie sind in der Ära Adenauer aufgewachsen – welchen Stellenwert hatte Geld im Vergleich zu heute? Geld war immer knapp – aber das hat es ja so an sich, sonst wäre es ja kein Geld. Ich habe schon in meiner Schulzeit gearbeitet, auf dem Bau und für eine kleine Lokalzeitung. Mein Vater war Bergmann, meine Mutter Hausfrau. Während meines Studiums der Ökonomie und Soziologie hat mich zunächst meine Großmutter unterstützt und dann die Stiftung Mitbestimmung, Vorläufer der Hans-BöcklerStiftung, die Stiftung der Gewerkschaften, weil ich als Student gewerkschaftlich und im damaligen Sozialistischen Deutschen Studentenbund engagiert war. Zuvor war ich, schon seit meiner Schulzeit, Mitglied in der SPD. Das war in meinem konservativen Umfeld nicht einfach, aber es war eine bewusste Entscheidung. Nach der sogenannten Unvereinbarkeitserklärung der SPD 1961, durch die man sich entweder für 8

die SPD- oder die SDS-Mitgliedschaft entscheiden musste, trat ich aus der SPD aus und blieb im SDS. 1971 wurden Sie mit nur 32 Jahren Professor für politische Ökonomie am OttoSuhr-Institut. Seitdem hat sich dort viel getan. Ich habe mich bemüht, dem Ruf der dortigen Studenten nach marxistischer Lehre am OSI gerecht zu werden. Einige andere kamen dann noch nach, aber der marxistische Ansatz war am OSI hauptsächlich unter den Assistenten verbreitet. Bei den Berufungen waren Uni-Leitung und Senat einvernehmlich rigide. Für Marxisten war der westberliner Boden heiß. So wäre es zu Beginn der Jahre beinahe zu einer Spaltung des OSI gekommen, weil die andere Fraktion den Marxismus nicht wollte. Ich muss auch zugeben, dass damals von der Linken auch viel Blödsinn kam. Am OSI waren wir da wahrscheinlich noch die intelligentesten und konziliantesten Leute. Wir haben immer gesagt: Was wir allenfalls erreichen können, und das ist auch gut so, ist ein Pluralismus der Wissenschaften, und da gehört eben auch der Marxismus dazu. Später kam dann noch der Feminismus.

Zum Schluss standen Sie dann einsam da. Haben Sie es verpasst, Nachwuchs heranzuziehen? Einsam nicht, aber ich stand am Ende einer Generation. Die »marxistische Kohorte«, wie man ironisch sagen könnte, lief 30, 40 Jahre durch den Laden und suchte danach das Weite. Anders ausgedrückt: Diese, meine Generation befindet sich nun im Ruhestand. Wir verpassten es, Netzwerke zu bilden. Auf meine Stelle konnte ich keinen passenden Nachfolger bringen, das war aber auch nicht mein Stil; über die Berufungen sollen die entscheiden, die mit den neuen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten müssen. Dennoch bedaure ich, dass einige gute Leute keine Chance hatten. Sind Sie enttäuscht von der Entwicklung des Instituts? Ich hatte keine großen Erwartungen, insofern kann ich nicht enttäuscht sein. Aber dass vom OSI heute, in Zeiten der Finanzkrise, keine politischen Erklärungen kommen ... da ist ja Schweigen im Walde. Die mangelnde Präsenz in öffentlichen Debatten ist irgendwie enttäuschend, ja beschämend. Doch vielleicht ist das Ausdruck von „Exzellenz“.

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titelthema: Geld

Um finanzielle Krisen und Exzellenz geht es gewissermaßen auch bei Occupy-FU. Sie kommen ja gerade von einem TeachIn mit Sahra Wagenknecht. Kann man Occupy und Bildungsstreik überhaupt in einen Topf werfen? Nur bedingt. Die Occupy-Bewegung gibt es, jedoch unter anderem Namen, schon seit etwa zehn Jahren. In Lateinamerika besetzten die sozialen Bewegungen Territorien. Indios in Bolivien etwa besetzten Minen, um sie wieder aus der Hand der transnationalen Konzerne in Besitz der Gemeinschaften zu nehmen. Schon seit 2001 wurden in Argentinien Betriebe besetzt, um Arbeitsplätze zu erhalten. Diese Bewegung heute geht in eine andere Richtung, jedoch mit demselben Hintergrund; sich das, was einem weggenommen wurde, wiederzuholen. Auch die Bildungsstreik-Bewegung will sich Räume zurückerkämpfen. Was halten Sie von der durch das FUPräsidium durchgeführten Räumung des Seminarzentrums am 16. November? Das war kleinkariert! Ist das etwa notwendig, um dieses unsägliche Exzellenzattribut zu behalten? In den Köpfen einiger Leute hat sich scheinbar festgesetzt, dass Exzellenz Ordnung bedeutet. Eine Störung der Ordnung kommt demnach einem hinterhältigen Anschlag auf diesen Status gleich. Auch Universitätspräsidenten sind offenbar vor Blödsinn nicht gefeit. Ihre Biographie ist nicht nur eng mit dem OSI, sondern auch mit verschiedenen Parteien verbunden. Nach ihrer SPD-Mitgliedschaft wurden Sie Gründungsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen – wie stehen Sie zu der Entwicklung der Partei? (lacht) Enttäuscht bin ich in dem Fall eher über mich selbst. Ich hatte die Veränderungsdynamik von Parteien nicht berücksichtigt. In allen Parteien haben die Realos das bessere Gespür dafür, was machbar ist. Damit verändern sie gesellschaftlich natürlich nichts, sie verbessern nur ihre Machtpositionen und Karrierechancen. Mein Austritt hat aber weniger damit zu tun, dass die Partei bürgerlicher wurde, damit hätte ich leben können. Ich hätte versucht, diesen Prozess von innen zu bekämpfen. Vielmehr wendete ich mich ab, weil die Partei kriegerische Aktivitäten in Jugoslawien, im Kosovo und in Afghanistan mittrug. Jetzt sind Sie Mitglied der Linken. Wieso haben Sie nach SPD und Grünen immer noch nicht genug? Oder war die Linke einfach die letzte Alternative? (lacht) Das ist wohl wahr. Das neue Programm jedenfalls finde ich gelungen, auch als Mitglied der Programmkommission. Ob die Linke sich nicht wie die Grünen dennoch verändern werden, dafür würde ich Furios 07/2011

meine Hand nicht ins Feuer legen. Aber als Politikwissenschaftler weiß ich, dass Entscheidungen in einer bürgerlichen Demokratie in politischen Institutionen getroffen werden. Natürlich gehört zum System auch die sogenannte Zivilgesellschaft, deswegen engagiere ich mich beispielsweise bei attac. Man muss auf beiden Hochzeiten – Politik und Zivilgesellschaft – tanzen. Warum stellt die Linke für die Menschen keine glaubhafte Alternative dar? Wir leben in einem Paradox. Wir haben viele Bewegungen, die etwas ändern wollen. Wenn es an die Urnen geht, wird aber konservativ gewählt. Die Menschen suchen Sicherheit, und die Konservativen scheinen mehr Sicherheit zu bieten. Der Linken wird das nicht zugetraut.

Änderungsbedarf gibt es ja reichlich. Die Welt steckt in der Krise. Eine Jahrhundertkrise, wenn nicht sogar die schwerste Krise der kapitalistischen Geschichte überhaupt! Sie ist nicht nur eine Krise der Finanzindustrie, sondern auch der Realwirtschaft. Auf der einen Seite wird weiter Wachstum gefordert – Stichwort Wachstumsbeschleunigung. Auf der anderen Seite stößt dieses Wachstum auf stoffliche Grenzen. Diesen Zusammenhang muss man begreifen, denn von ihm sind die Krisenlösungen abhängig. Momentan kennen die Deutschen die Krise ja vor allem aus den Nachrichten. Wann schlägt sie bei uns ein? Sie ist schon da, man merkt es nur nicht in aller Deutlichkeit. Deutschland ist schließlich Teil der europäischen Währungsunion, der Weltwirtschaft. Dass auch Deutschland irgendwann Probleme mit seinen Staatsanleihen bekommt, ist nicht unwahrscheinlich. Scheiden Länder aus dem Euroraum aus, hat das Auswirkungen auf die Handelsbilanz, Deutschland verliert Absatzmärkte. Kann die Politik überhaupt noch gegensteuern? Hat sie noch das Primat über die Wirtschaft? Die Politik muss es versuchen. Schuldner müssten entlastet werden, Gläubigerforde-

rungen müssten beschnitten werden. Da kann man natürlich auch viel falsch machen. Momentan jedenfalls hat die Politik das Primat nicht. Die Finanzmärkte gefährden die Demokratie. In Italien wird sich wohl recht schnell herausstellen, dass eine Regierung aus Technokraten auch keine Lösung ist. Vor und während der Eurokrise wurden Banken gerettet, um das System zu stabilisieren. Gibt es Systemrelevanz? Oder ist sie eine Ideologie? Eine Ideologie ist es nicht. Die Frage ist: Welches System ist gemeint? Für das der Investmentbanken sind gewisse Banken natürlich relevant. Hätte man es nur mit kleinen Sparkassen zu tun, die ohnehin keine Ratingagenturen brauchen, wären sie nicht systemrelevant. Das Geld, das die Investmentbanken verdienen, ist nicht Produkt wertschaffender Arbeit, das ist das Problem. Für die Realwirtschaft sind sie absolut nicht wichtig. Es scheint Ihnen schwerzufallen, uns Kapitalismuskindern eine konkrete Alternative zum kapitalistischen System zu beschreiben. Das ist kein Zufall. Wir brauchen eben verallgemeinerbare Utopien, über die wir diskutieren können. Der Kapitalismus, wie wir ihn kennen, hat keine Zukunft. Jede Wette, dass er sich in den nächsten 20 Jahren ändern wird – und zwar nicht zum Besseren. Autoritäre Lösungen sind in der Mache, der Kapitalismus könnte indes weiterbestehen. Die Frage lautet: Können wir den so gestalten, dass er einigermaßen erhaltenswert, ich will nicht sagen: erstrebenswert wird? Francis Fukuyama rief schon vor über 20 Jahren das Ende der Geschichte aus. Der Philosoph Slavoj Žižek meint, die Mehrheit der Menschheit seien „Fukuyamaisten“ und glaubten nicht an eine Veränderung des Status quo. Es gibt Alternativen, für die man eintreten muss. Die Occupy-Bewegung tut das, es wird nachgedacht. Wo Not ist, wir wissen es, wächst das Rettende auch. Das Ende der Geschichte ist eine düstere Ideologie. Und die Universität muss ein Raum für Kritik bleiben. Sie ist also, ob geplant oder nicht, immer auch ein Laboratorium der Alternativen. In einer Gesellschaft von „Fukuyamaisten“ mit dem berühmten TINA-Wort (there is no alternative) in der Handtasche will ich nicht leben und Sie wahrscheinlich auch nicht.

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titelthema: geld

Krisensitzung

Euro, Finanzmärkte, Staaten: Alles ist ins Wanken geraten. Den Überblick haben wir schon lange verloren. Warum nicht mal an unserer Uni nachfragen? Vier FU-Experten sprechen über schwierige Zeiten. Aufgezeichnet von MARGARETHE GALLERSDÖRFER. Fotos von CORA-MAE GREGORSCHEWSKI GREGORY JACKSON, Professor am Institut für Management, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften:

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m Fach BWL versuchen wir, Abläufe in Unternehmen sozialwissenschaftlich zu untersuchen. Mir sind dabei ethische Fragen und Dilemmas, mit denen Manager konfrontiert sind, ein besonderes Anliegen. Ich denke, dass ein Teil der Krise eine Krise der Unternehmenskontrolle und der sozialen Verantwortung von Unternehmen ist.

Die Beteiligung von hohen Angestellten durch Aktienoptionen, Boni und Prämien, sollte im Rahmen des Shareholder-ValueAnsatzes eigentlich dazu führen, dass Manager an den Risiken, den Gewinnen und Verlusten eines Unternehmens beteiligt sind. Man hoffte, dass sie dadurch sorgfältigere Entscheidungen treffen. Tatsächlich

hat das zu einer exzessiven Risikofreudigkeit und kurzfristigen Orientierung geführt – bei Banken, aber auch bei anderen Unternehmen. Es gab sehr große Anreize nach oben hin, doch an den Verlusten wurden die Vorstände nicht beteiligt. Es ist erstaunlich, wie wenig in diesem Bereich gesetzlich neu reguliert worden ist, obwohl der Finanzsektor von der Politik so stark gestützt werden musste. Auch für uns Wissenschaftler muss die Krise ein Anlass sein, unsere Ansätze und Theorien zu überdenken und nicht nur zu sagen, dass die Manager diese Theorien in der Praxis falsch angewendet haben. Bei meinen Studierenden beobachte ich seit einigen Jahren ein wachsendes Empfinden für soziale Verantwortung. Ich würde ihnen gerne mitgeben, dass Unternehmensführung heißt, Produkte und Dienstleistungen zu erwirtschaften, die auch dem sozialen und ökologischen Fortschritt dienen.

PETER WALSCHBURGER, Leiter des Arbeitbereichs Biopsychologie am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie:

I

ch bin seit Jahrzehnten beruflich und privat häufig in Griechenland und habe die Mentalität über die Jahre ziemlich gut kennengelernt. Die Bestimmung von Völkermentalitäten ist natürlich ein kritisches Thema, mit den Ergebnissen sollte man vorsichtig umgehen. Aber ich denke schon, dass da ganz klare Unterschiede bestehen zu der Mentalität in eher nördlichen Ländern. Die immense Großzügigkeit beispielweise, die ja eine liebenswerte Eigenschaft ist, führt meiner Ansicht nach dazu, dass Länder wie Griechenland mit Dingen wie Haushaltsdisziplin größere Schwierigkeiten haben als andere. Ich habe den Eindruck, dass diese Griechenland-Krise falsch angepackt wird. Es iert nicht, wenn man nur hingeht und denen sagt, ihr müsst sparen, ihr müsst die Steuern erhöhen, ihr müsst dieses und jenes. Wenn ich dort bin, habe

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ich den Eindruck, dass sich große Resignation breitgemacht hat; vor allem auch unter

den jungen Menschen, den Studierenden. Das sind gut ausgebildete, engagierte Menschen, die keine Chance sehen, in ihrer Heimat ihr Leben zu entfalten. Ich denke, man müsste jetzt hingehen und gezielt einzelne, erfolgversprechende Projekte fördern und sie zugleich als Vorbilder herausstellen. Von denen gibt es eine ganze Menge, etwa im Bereich der Solarenergie oder der Agrarwirtschaft. Die Medien sollten gezielt und empathisch über solche Erfolgsmodelle berichten, um die Anregungen und Vorbildwirkungen möglichst weit und positiv zu kommunizieren und kreative Nachahmer zu ermutigen. Rigorose Spardiktate allein schränken Verhalten ein, lähmen, entmutigen. Es braucht positive Vorbilder und Ziele, um Wachstum zu fördern.

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titelthema: geld

SABINE VON OPPELN, Stellvertretende Leiterin der Arbeitsstelle Europäische Integration am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft:

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ie Verschuldungskrise in der Eurozone offenbart ein Strukturproblem der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion: Man hat Länder mit unterschiedlichem Produktivitätsniveau in einen Währungsraum eingebunden. Vor der Währungsunion konnten Länder wie Griechenland ihre Währung abwerten, ihre Produkte dadurch billiger verkaufen und den Unterschied so abfedern. Der Euro hat diese wirtschaftlichen Unterschiede letztendlich verschärft, weil es keine gemeinsame Politik gibt, um sie intern auszugleichen. Ich halte es für falsch, wie die Kanzlerin zu sagen: „Wenn der Euro fällt, fällt Europa.“ Das europäische Projekt besteht aus mehr als nur einer gemeinsamen Währung. Wenn man jedoch die Eurozone erhalten, aber nicht immer wieder neue Rettungsschirme aufspannen will, dann braucht man im wirtschaftlichen und finanzpolitischen Bereich eine engere Steuerung. Es gibt eine Skala zwischen zwei Extremen: Das eine Extrem ist der Austritt oder zumindest vorübergehende Austritt der schwachen Länder aus der Eurozone.

Das andere Extrem ist die Bildung einer europäischen Föderation mit einer richtigen, demokratisch legitimierten Regierung, die Druck auf ihre Mitglieder ausüben und die Union wirtschaftspolitisch steuern könnte. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es jetzt unterschiedliche Stufen

der politischen Steuerung innerhalb des europäischen Mehrebenensystems und im wirtschafts- und finanzpolitischen Bereich. Man kann gespannt sein, auf was sich die Länder mit ihren unterschiedlichen, teils widerstrebenden Interessen und europapolitischen Leitbildern einigen werden.

IRWIN COLLIER, Institutsratsvorsitzender am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien, Abteilung Wirtschaft:

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ie einzige Verteidigung, die ich für die Ehre der Ökonomen vorbringen kann, ist die: Die Probleme sind verdammt schwer. Unsere Realität, die wir versuchen zu verstehen, ändert sich schneller als unsere Kapazität, das nachzuvollziehen. Das heißt: Man braucht eine bestimmte Bescheidenheit. Aber man wird nie Professor werden, wenn man total bescheiden ist. Es gab Ökonomen, die gewarnt haben. Aber ich schätze, es ist einfach bequemer, das zu glauben, was den eigenen Interessen dient. Auf dem Gebiet der Finanzen könnte man sagen, dass die efficient market hypothesis, in Verbindung mit Chicago Style-Makroökonomie, das Gebiet beherrscht haben. Also das, was allgemein als „neoliberal“ beschimpft wird. Ich würde es lieber newclassical nennen, aus einer wirtschaftswissenschaftlichen Tradition heraus, die an die Fähigkeit der Märkte glaubt, sich selbst zu regulieren und Machtmissbrauch durch Wettbewerb zu verhindern. Immer dieses

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ständige „Der Staat kann gar nichts, wenn er etwas tut, dann ist es falsch“ – das war sehr dominant.

Kurzzeitig hatten die Ökonomen tatsächlich vergessen, wie man mit den Folgen einer Finanzkrise, einer Depression, umgehen kann. Es war 2008 reiner Zufall für die USA, dass der Notenbankchef Ben Bernanke seine wissenschaftlichen Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte als Student zum Thema „Große Depression“ geschrieben hat, genauso wie Obamas Wirtschaftsberaterin Christina Romer. Dass die USA keine „Große Depression 2.0“ erlitten haben, hat eigentlich damit zu tun, dass die Ökonomen, die die Macht hatten, in ihrer Promotionszeit zu diesem Thema geforscht haben. Ich weiß nicht, ob die Europäer so viel Glück haben mit der EZB. Die Politik, für Preisstabilität und gegen Inflation zu kämpfen, ist für normale Zeiten bestimmt sehr vernünftig, aber gerade in einer Krisenzeit muss man die Fähigkeit haben, „out of the box“ zu denken. Das würde ich in dieser turbulenten Zeit auch Ihrer Generation raten: immer einen Plan B zu haben.

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Keiner sieht mich Eltern, BAfĂśG, Arbeit: Es ist nicht viel, aber ein bisschen Geld haben Studenten eigentlich immer. Wie es ist, Ăźberhaupt kein Geld zu haben, wollte Julian Niklas Pohl herausfinden. Er versuchte, in Berlin zu betteln. Ein Erfahrungsbericht Foto von Jan Gierkes

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Titelthema: Geld

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s ist neun Uhr morgens und die Bierauswahl eines Supermarkts am Nollendorfplatz lacht mich an. Ich rede mir ein, der Erwerb von zwei warmen Flaschen Oettinger zum jetzigen Zeitpunkt würde mir in meiner Rolle zusätzliche Authentizität verleihen – dass sie zu meinen mit Olivenöl gefetteten Haaren und den schwarzen Rändern unter meinen Fingernägeln passen. Doch eigentlich geht es um etwas ganz anderes: Ich möchte mir in diesem Moment gerne Mut antrinken. Minuten später stehe ich mit vier Exemplaren des Straßenmagazins Motz unter dem Arm am U-Bahnsteig und warte auf die U12 Richtung Warschauer Straße. Die warmen Biere sind im Regal geblieben, ich will meine Angst hinunterschlucken und es ohne Alkohol versuchen. Meine Zeitungen habe ich aus einem kleinen Campinganhänger für 40 Cent das Stück erstanden. Jeder kann dort vom gemeinnützigen Verein Motz & Co e.V. vergünstigte Zeitungen kaufen, um sie dann weiterzuverkaufen. Das Vertriebskonzept sieht pro Exemplar einen Verdienst von 80 Cent für den Verkäufer vor.

Die Bahn kommt. Ich steige ein. Der Schritt kommt mir riesig vor. Die Türen schließen sich, die Bahn fährt an: Bühne frei. Nie in meinem Leben habe ich mich stärker überwinden müssen, etwas zu sagen. Ein auswendig gelernter Text, aus vorherigen Begegnungen mit Motz-Verkäufern zusammengeklaut: „Guten Tag meine Damen und Herren, entschuldigen Sie die Störung. Ich weiß, Sie haben es bestimmt heute schon einige Male gehört, aber ich verkaufe die Motz. Ich bin bedürftig und mit einer kleinen Spende oder dem Kauf der Motz helfen Sie mir weiter.“ So spreche ich in den gut gefüllten Wagen hinein, ohne jedoch wirklich einen Adressaten zu haben. Die Verkäufer der Obdachlosenzeitungen kommunizieren Privates mit Fremden in einem Raum, der für alle anderen eine Zone des Nicht-Kommunizierens zu sein scheint. Obwohl ich nur schauspielere, schäme ich mich. In jedem Abteil begegnen mir nur betretene Blicke. Man versucht, mich wegzuschweigen. Ich habe mich in einen Menschen verwandelt, dessen Anwesenheit reines Unwohlsein hervorruft. Meine Zeitung kauft niemand und die rar gesäten Momente des Mitleids in Form von Kleingeld werden zur Wohltat für mich. Ich freue mich über kleine Spenden so, als sei ich wirklich von ihnen abhängig. Bereits im ersten Zug ernte ich sogar ein Lächeln von einer Frau mit Kinderwagen, sie gibt 30 Cent.

Die U12 ist wenig ertragreich, ich steige am Kottbusser Tor in die U8 um. Ein Phänomen tritt in allen Linien auf, in denen ich versuche, die Motz zu verkaufen: Wenn einer im Wagen etwas gibt, geben viele; wenn ich in der ersten Hälfte des Wagens nichts bekomme, steige ich auch mit leeren Händen aus. Existiert ein Wohltätigkeitsgruppendruck? Oder kann sich der Mensch erst zu einer Spende an einen Obdachlosen überwinden, wenn ihm vorgemacht wurde, dass es doch nicht so schwer ist? Vielleicht brauchen die Nachzügler die Gewissheit, dass eine Spende nicht als Gesprächsaufforderung missverstanden wird, dass nicht doch in irgendeiner Form auf meine im Raum schwebenden Fragen eingegangen werden muss? Kaufen wir uns frei mit 30 Cent? Alexanderplatz. Seit einer Stunde starre ich auf den Cola-Becher, den ich heute morgen bei McDonald's geklaut habe. Die paar Cent in dem Becher trügen, ich habe noch nichts eingenommen. Sie sollen einen Anreiz schaffen, etwas zulegen. Eine weiße Wand wird nicht beschmiert, bis sich der erste Schriftzug auf ihr findet. Ich sitze am Fuß einer Treppe, die von den S-Bahngleisen Furios 07/2011

zu den U-Bahnlinien führt und zähle die Personen, die Minute für Minute an mir vorüberziehen. Und keiner sieht mich. Ich erhebe mich, verstaue den Becher in den Tiefen meiner Jacke und fahre zum Brandenburger Tor. Die Momente, in denen ich nicht aktiv bettle, nehme ich als Befreiung war – zwar bin ich immer noch ungewaschen und schlecht angezogen, doch habe ich das Gefühl, eine durchsichtige Schranke zu passieren, die es mir erlaubt, für eine kurze Zeit wieder in der Masse unterzugehen. Der Moment, in dem ich mich dann wieder zum Betteln hinsetze, ist wie das erste Wort in jedem neuen Bahnwagon: mit der Last mitleidiger, urteilender und betretener Blicke beladen. Ich sitze zwischen den Säulen des Brandenburger Tors und frage mich, ob ein echter Bettler diese Last in dem Moment, in dem er seinen Becher vor sich hinstellt, je ablegt; ob sie leichter wird oder ihn immer weiter in die Knie zwingt. Binnen zwei Minuten werde ich von einem Sicherheitsmitarbeiter verjagt. Betteln sei hier nicht gestattet, sagt er mir freundlich.

U Heidelberger Platz. Studentenumschlagort. Ich bin hier, um der heranwachsenden Akademikerschaft auf den Zahn zu fühlen: Wie solidarisch zeigen sich die Studenten mit einem jugendlichen Bettler? Doch für Solidarität scheint auf dem Nachhauseweg keine Zeit mehr zu sein und so landen in den drei Stunden am Heidelberger Platz nur 40 Cent in meinem Becher. Das einzige Geld kommt von einem Mann, der mich fast liebevoll fragt: „Und? Warum musst du hier sein?“ Meine Antwort hört er dann doch nicht mehr, denn die U-Bahn kommt und der Mann eilt fort. Dann irgendwann, ich habe aufgehört die Bahnen zu zählen, steigt aus der U3 ein Pärchen mit Schäferhund aus. Sie, tiefe Furchen im Gesicht und auf ihn gestützt, ruft mir schon von Weitem zu: „Hey du! Penner! Wo ist hier'n Dealer!“ Der Penner: „Keine Ahnung, ich bin hier sonst nie.“ Sie wankt. Ein richtiges Gespräch endet. Mit jeder Minute, die ich länger bettle, schaue ich den Menschen weniger ins Gesicht. Sie sehen mir nicht in die Augen, warum sollte ich ihnen in die Augen sehen? Menschen werden zu Fuß- und Beinpaaren, die an mir vorüberziehen – und ich beginne, sie hüftabwärts in Kategorien einzuteilen: Warum sollte ich mir bei dieser Horde Kinderbeine Hoffnungen machen? Schüler geben nie etwas. Das nächste Paar Schuhe sieht teuer aus. Zu teuer. Endlich bleiben ein paar Beine stehen und ein Koffer wird vor mir abgestellt. Noch bevor ich den Kopf heben kann, wird mir ein Zettel vors Gesicht gehalten. Es stehen Termine drauf. „Ich darf jetzt hier spielen!“, stellt der Mann fest. Es ist der Akkordeonspieler vom Heidelberger Platz. Er will mir meinen Platz streitig machen und hat allem Anschein nach die Behörden auf seiner Seite. Still ziehe ich von dannen. Am Ende dieses Tages habe ich meine Ausgaben beinahe gedeckt, aber keine einzige Zeitung verkauft. Auf meiner letzten Tour erlebe ich dann doch noch einen Moment normalen zwischenmenschlichen Umgangs. Ich bin auf dem Nachhauseweg in der Ringbahn und auf meine Frage hin, ob jemand die Motz kaufen will, blickt ein Mädchen auf, sie ist vielleicht 16. Sie sieht mir direkt ins Gesicht und sagt ganz einfach: „Nein.“

Julian Niklas Pohl studiert Politikwissenschaft und hat immer noch vier Exemplare der »Motz« zu verkaufen. Bei Interesse bitte melden. 13


4 aus 40.000*

»BERLUSCONI IST EIN CLOWN« Daniele Sardo (25) ist Italiener und studiert Sprachen Europas im Master. Ihm ist Geld wichtig, aber keine Voraussetzung um glücklich zu sein. Ich habe im Monat ungefähr 700 Euro zur Verfügung. Trotz Miete und Studium bleibt noch genug für mein soziales Leben übrig, das mir auch sehr wichtig ist. Berlin ist nicht nur eine tolle Stadt, sondern auch eine günstige. Es ist nicht so teuer wie in Rom oder generell in Italien. Ich habe aber auch den ganzen Sommer lang gearbeitet, um nach Berlin ziehen zu können. Mit dem Thema Geld wird in Italien unterschiedlich umgegangen. Im Süden ist es eher ein Tabuthema. Das hängt aber auch davon ab, in welcher Stadt du wohnst. Im Norden kann man dagegen offen darüber sprechen. Über die Eurokrise reden wir in Italien viel. Wie sehr man davon betroffen ist, hängt von dem Bereich ab, in dem man arbeitet. Im Finanzsektor spürt man sie stärker als im Öffentlichen Dienst. Italien soll ja das neue Griechenland werden. Laut Berlusconi gab es keine Krise. Wenn man ihn fragte, waren immer die Kommunisten schuld, obwohl es in Italien gar keine Kommunisten mehr gibt. Berlusconi ist ein Clown und kein guter Politiker, der uns aus der Krise heraushelfen kann. Deswegen ist es gut, dass er zurückgetreten ist.

PRIVATSACHE GELD Lea Stahmer (23) studiert Biologie. Sie findet es schwierig, über Geld zu reden. Ich habe ungefähr 800 Euro im Monat zur Verfügung und muss damit sehr sparsam umgehen. Für spontane Dinge bleibt kaum etwas übrig. Ich denke, dass Geld zum Glücklichsein beitragen kann. Es erfüllt die Grundbedürfnisse, alles Zusätzliche ist nur noch Luxus. Ich habe eine Weile in Ungarn gelebt. Dort hat Geld einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Wenn du Geld hast, bist du wer. Als Angehöriger der Mittelklasse bist du viel höher angesehen als in Deutschland, weil es dort einfach nicht so verbreitet ist wie hier. Bei uns scheint es leichter, mit weniger Geld auszukommen, weil wir in einem Sozialstaat leben. Die aktuelle Eurokrise ist komplex. Es ist schwer für mich alles zu verstehen. An sich halte ich das Konzept des Euros aber für eine gute Sache. Er hat die einzelnen Länder in Europa noch mehr zusammengeführt. Aber daraus folgt natürlich auch die große Verantwortung. Ich denke, es ist schwierig über Geld zu reden. Es ist wie ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Wie viel man hat, ist Privatsache. Ich weiß ja nicht einmal, wie viel mein Freund verdient.

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*40.000 Menschen sind an dieser Universität. 4 von ihnen sind hier.


Notiert von von EMILIA EMILIA GÖHLER GÖHLER und und JULIAN JULIAN POHL POHL Notiert

»WER BRAUCHT DENN PFERDE?« Maximilian Harms (21) studiert Politikwissenschaften. Er ist außerdem Geschäftsführer seiner eigenen Firma. Ich habe meine Firma nicht gegründet, weil ich in finanzieller Not war, aber es macht schon Spaß zu sehen, dass das Unternehmen Geld abwirft. Das Konzept an sich – nicht Schul- sondern Collegekleidung an deutschen Schulen zu vertreiben – ist ja auch sinnvoll. Da ergänzen sich Geld, Sinn und Spaß an der Arbeit gegenseitig. Für gutes Essen gebe ich viel Geld aus. Und für Zeitungen und Zeitschriften – ich knalle mich nur so voll mit Abonnements. Ich verliere auch andauernd Sachen; sich dann etwas nachkaufen zu müssen – das hasse ich. Das Wertvollste, was ich mir je gekauft habe, war vermutlich mein Flugticket nach Kenia. Dort habe ich ein halbes Jahr an einer Schule unterrichtet. Das ist eine Erfahrung, die ich nicht missen will. Von einem Lottogewinn würde ich mir zu allererst irgendwo eine Wohnung kaufen; und dann noch ein nettes Häuschen in Afrika, am Indischen Ozean. Aber Geld ist für mich Mittel zum Zweck. Es ist oft, aber nicht immer so, dass man sich mit mehr Geld mehr Wünsche erfüllen kann, zum Beispiel ein Pferd kaufen. Aber wer braucht denn Pferde?

»MONEY HAS TO BE USED, NOT SAVED« Tiago Goncalves (25) ist Erasmus-Student aus Portugal. Er studiert Stadt- und Regionalplanung an der TU. Normally I am a good saver. I book my flight for Christmas in July and so on, but sometimes I don’t watch my account for two months. My grandfather used to say: they make the money to use it, not to save it. I hate to spend money on things like toilet paper, but at the same time I never think about saving them. There is a Portuguese company that started to produce colourful toilet paper. That is crazy: who would spend even more money on toilet paper just to have it fit with your furniture? For me there are a few things that don’t have a price: freedom, mobility – that’s something I would never sell. Also I can’t imagine me living without internet. For me, internet is a human right. I come from a country that has very bad financial problems. Now, Mrs Merkel and Mr Sarkozy are ruling my country and I get depressed when I think about my country’s situation. Ten years ago everybody said that the situation was bad – but that’s a cultural thing. The problems really begin when the crisis starts to touch people around you. To see more and more companies in your hometown close down and family members leave the country to find a job – that’s a shock.

■ Fotos: Fotos: Cora-Mae Cora-Mae Gregorschewski Gregorschewski

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campus

IN DER PARALLELWELT Escort-Service gilt als exklusivste Dienstleistung des Horizontalgewerbes. Schnelles Geld und Glamourfaktor machen ihn auch für Berliner Studierende zum lukrativen Nebenjob. HENDRIK PAULI hat eine von ihnen getroffen. Fotos von CORA-MAE GREGORSCHEWSKI

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hr Urteil fällt nicht gerade schmeichelhaft aus: „Realitätsferne Weltverbesserer“, so nennt sie ihre ehemaligen Kommilitonen. Die junge Frau trinkt einen Schluck Apfelschorle und schiebt das Glas zur Seite. Sie ist gerade dabei, ihr altes Leben abzuräumen und Platz zu schaffen für ein neues. Seit kurzem hat sie ihren Master in der Tasche. Die letzten fünf Jahre lang ist Carmen – so nennt sie sich – zwischen Uniwelt und einer glamourösen Schattenwelt gependelt. Ihre Kommilitonen kennen die Schattenwelt nicht; sie kennen die Realität nicht – nicht die ganze. Carmen ist Absolventin des Otto-SuhrInstituts, angehende Journalistin und seit kurzem Escortdame im Ruhestand. Gegen Geld bot sie Männern, die es sich leisten wollten, ihre Gesellschaft an – und dem, der es mochte, auch Sex. „Die Herren“ nennt sie diese Männer. Der Branchenjargon kommt ihr noch leicht über die Lippen. Ihren letzten Kunden hatte sie vor einer Woche.

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Nun sitzt die zierliche 25-Jährige mit den leicht verwuschelten, dunkelbraunen Haaren in einem Charlottenburger Lokal und erzählt einem Unimagazin ihre Geschichte. Halb aus Neugier, halb aus Langeweile. Noch vier Tage, dann geht ihr Flieger nach Katar. Das Golfemirat ist ihre neue Heimat. Dort wird sie in einer Redaktion arbeiten. Berlin ist abgehakt. Gerade ist sie dabei, ihre Wohnung zu renovieren. Ein paar getrocknete Farbkleckse kleben an ihren Fingernägeln. Nichts stört sie in diesem Moment weniger. Jahrelang war ihr Leben eine perfekte Inszenierung. Nie ging es dabei nur um eine sexuelle Dienstleitung. „Eine Vertraute auf Zeit, die ihre kleinen Geheimnisse teilt, das wollten die Männer. Dafür haben sie gezahlt.“ Es gefällt ihr, mit ein paar Mythen über das Gewerbe aufzuräumen. „80 Prozent des Jobs besteht aus Party machen.“ In München, wo sie anfangs studierte, stürzte sie sich ins Nachtleben. Sie feierte im P1, dem Treffpunkt der Münchner Nachwuchs-Schickeria, arbeitete dort auch eine Zeitlang an der Bar. Irgendwann reichte das nicht mehr für das Leben, das ihr vor-

schwebte. „Zu viel Arbeit, zu wenig Geld, zu wenig Zeit für mich.“ Eine Freundin, die schon als Escortdame arbeitete, erzählte ihr von dem etwas anderen Studentenjob. Ein halbes Jahr rang sie mit sich und ihren moralischen Bedenken. „Beim ersten Kunden war ich unglaublich nervös. Aber ich hatte eine gute Mentorin. Die ließ mich erstmal nur zuschauen.“ Anfangs arbeitete Carmen ausschließlich als Party-Begleitung. Das ließen sich die Kunden schon mal zehntausend Euro pro Woche kosten. Dafür musste ihr Auftritt perfekt sein. „Die Agentur hat ständig auf Aussehen und Gewicht geachtet, die Haarfarbe bestimmt, wir mussten immer verfügbar sein.“ In den Sommermonaten war die Nachfrage am größten. Während dieser Zeit war sie bis auf wenige Wochen immer unterwegs: „Am Mittelmeer, in irgendwelchen Villen, auf Yachten.“ Die meiste Zeit davon im PartyModus. „Die Leistung bestand darin, nicht betrunken zu werden und die Kontrolle über sich zu bewahren.“ Sie begleitete ihre Kunden zu Formel-1-Rennen nach Dubai und in die Glitzertempel von Las Vegas. Nach einer wilden Nacht ließ sie sich dort ein bleibendes Andenken auf den Arm tätowieren. Von drei Monaten bezahltem Jetsetten konnte sie sich dann den Rest des Jahres ein Leben leisten, von dem ein

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Großteil ihrer Kommilitonen selbst nach dem Studienabschluss nur träumen kann. Tatsächlich sind viele angehende Akademikerinnen – auch Akademiker – offen dafür, ihren Lebensunterhalt durch erotische Dienstleistungen zu finanzieren. Das fand das Studienkolleg zu Berlin jüngst in einer Umfrage unter Berliner Studierenden heraus. Jeder Dritte kann sich demnach vorstellen, Sexarbeit wie Strippen, Escortservice oder Prostitution nachzugehen. Viele würden es aus wirtschaftlicher Not tun. Mehr als 30 Prozent sind verschuldet, etwa die Hälfte bekommt keine Unterstützung von Zuhause. Und es gibt die, die mit ihrem vorhandenen Einkommen bescheiden, aber auskömmlich leben könnten, die jedoch angezogen werden von der Mischung aus schnellem Geld und sexuellem Abenteuer. Der Preis dafür ist ein Leben in einer Parallelwelt. Escortdamen sind Einzelgängerinnen. Auch Carmen beschränkte ihre sozialen Kontakte auf das Nötigste: „An der Uni hat man vielleicht eine gute Freundin, die eingeweiht ist. Meine Schwester wusste es, ansonsten nur eine Handvoll enge Freunde.“ Hochschulpolitik, Bildungsstreik, Umbau der OSI-Lehre: Dass sie, die examinierte Politologin, davon kaum Notiz genommen hat, empfindet sie nicht als Makel. „Man ist nur auf sich fixiert, ständig damit beschäftigt, seine Termine zu koordinieren.“ Das Risiko, sich zu verplappern oder erkannt zu werden, war allgegenwärtig. Schließlich fanden auch die scheinbar spröden Akademiker den Weg zu ihr. Sie lächelt süffisant: „Mehr als man vermutet.“ Einmal musste sie ein Treffen absagen, als sich herausstellte, dass einer ihrer Dozenten sie gebucht hatte. All das liegt nun hinter ihr. Nun kann sie ihre Geschichte erzählen. Man merkt, wie viel Freude ihr das bereitet. Sie erzählt von dem bekannten Berliner Sänger und Schauspieler, der sich mit einem absurden Pseudonym vorstellte. Oder von dem Spitzenpolitiker, der sich erst an seinem letzten Fernsehauftritt ergötzen musste, bevor er sich ihr zuwenden konnte. Überhaupt die Politiker: Viele von ihnen sind treue Escort-Kunden. „Vor allem die, die man als Moralapostel kennt.“ Ab und zu muss sie sich beim Erzählen auf die Zunge beißen. Namen sind tabu. Berufsethos, auch im

Ruhestand. Nur einmal hat sie das Gebot der Verschwiegenheit gebrochen, als ein Kunde, ein Adeliger aus Süddeutschland, während eines Treffens einen Kinderporno laufen ließ. In Absprache mit ihrer Agentur hat sie den Mann angezeigt. Dieses Erlebnis hätte sie zwischenzeitlich an dem Job zweifeln lassen, sagt sie. Ansonsten wurde es ihr höchstens mal unangenehm, wenn Kunden gleich ein Dutzend Frauen bestellten und Spalier stehen ließen. „Wir kamen uns vor wie die Hühner auf der Stange.“ Ein paar wurden ausgewählt, der Rest konnte wieder gehen. Sie durfte immer bleiben. Den Grund für ihren Erfolg beschreibt sie so: „Viele Mädels gehen während dem Sex gedanklich ihre Erledigungen durch. Ich habe mich immer ganz auf die Situation eingelassen.“ Das Geschäft war in diesen Momenten Nebensache. „Ich wollte ja auch meinen Spaß.“ Das wirklich Intime waren die Gespräche. „Anstrengend. Vor allem wenn die Herren einen über den Durst getrunken hatten.“ Dann musste sie Ehefrau, Therapeutin und bester Kumpel gleichzeitig sein. „Viele Menschen stecken in kuriosen Situationen. Manchmal fühlte ich mich schon überfordert.“ Was ihr der Job unterm Strich finanziell gebracht hat, kann sie nur schätzen: „Umgerechnet bestimmt ein kleines Eigenheim.“ Einiges davon hat sie investiert, um ihren Horizont zu erweitern, in Reisen, in Sprachkurse. Natürlich sei sie menschlich unglaublich gereift, sagt sie. Mit Männern sei sie nachsichtiger geworden. „In jedem Mann steckt ein Freier.“ Und: „Männer ändern sich nicht Frauen zuliebe.“ Die Erkenntnis ist eine Sache, die Praxis eine andere. Mit einer eigenen Beziehung hat es während der ganzen Zeit nur einmal klappt: „Aus einem Kundentermin hat sich mal was Ernstes entwickelt.“ Nach einem Jahr war Schluss. Zwischen Schattenwelt und Uni war kein Platz für Liebe. In Katar erwartet Carmen nun ein neues Leben. „Erst mal für fünf Jahre, danach mal schauen. Ich bin nicht gerne sesshaft.“ Sie will sich möglichst viel offenhalten, beruflich und privat: „Ich bleibe wild.“ Nur die Illusion von Intimität will sie nicht mehr verkaufen.

Hendrik Pauli studiert Politikwissenschaft. In dieser Ausgabe verzichtet er mal auf die übliche, bemühtpfiffige Autoreninfo.

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Campus

STILLE PANIK Die Belastung nimmt zu. Diesen Eindruck gewinnen immer mehr Studierende in Deutschland, wenn sie an ihren Studienalltag denken. Für viele wird der Druck zu groß – sie brauchen psychologische Hilfe. Von FLORIAN SCHMIDT. Illustration von KELSEY BASS.

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tephanie schwitzt. Langsam rollen die Schweißperlen ihre Wangen hinab. Ihr Gesicht ist blass. Wäre es ein heißer Sommertag, sie würde als einer unter vielen dehydrierten Menschen kaum auffallen. Doch es ist nicht Sommer und es ist auch nicht heiß. Auf ihrem Weg zur Uni stößt sie beim Atmen eine Dampfwolke aus – das Thermometer zeigt an diesem dunklen Morgen im November lediglich zwei Grad über Null. Kalt ist Stephanie tatsächlich nicht, ihre Schweißausbrüche sind keine Körperreaktion auf zu große Hitze. Sie sind ein Anzeichen für ein Gefühl, das sie in letzter Zeit immer wieder beschleicht, wenn sie daran denkt, gleich in der Uni zu sitzen: Angst. Stephanie studiert im dritten Semester Anglistik und Geschichte an der Freien Universität. Das beklemmende Gefühl ist für sie nicht neu, sie kennt auch die Ursache: Druck, Stress und zu hohe Belastung. Schon im zweiten Semester hatte sie immer wieder Phasen, in denen ihr die Lernanforderungen über den Kopf wuchsen und sie den Tränen nahe war. Oft hat sie sich damals gefragt, wie sie sich ihre Zeit geschickter einteilen und sich besser auf den Stoff konzentrieren könnte – nur um diese Fragen schließlich doch wieder zu verdrängen. Sie weiß inzwischen, dass das falsch war. Was sie noch vor wenigen Monaten nicht wahrhaben wollte, schlägt sich nun in schweren psychischen Problemen nieder: Jeder Gedanke an die Uni, die Hörsäle, Referate und Prüfungen ruft jene Angst hervor, die ihr auch heute wieder ins Gesicht geschrieben steht. Die Angst davor, durch die Prüfungen zu fallen, die Angst, unter dem Druck des Studiums zusammenzubrechen – die Angst vor dem Versagen. So wie Stephanie geht es immer mehr Studenten in Deutschland. Seit der Einführung des Bachelor- und Mastersystems hat die Zahl der Hochschulbesucher mit psychischen Problemen stark zugenommen. Das bestätigt Hans-Werner Rückert, der Leiter der

Studienberatung der Freien Universität, in deren Aufgabenfeld auch die psychologische Beratung von Studenten fällt. „Seit der Umstellung auf das neue System ist die Nachfrage nach unseren Beratungsangeboten um 20 Prozent gestiegen“, sagt er. Wer die Studienverlaufspläne vor und nach der Umstellung vergleiche, kenne die Gründe: „Die Verkürzung der Studienzeit verlangt von den Studierenden einerseits ein viel höheres Lernpensum. Andererseits ist der Bachelor oft so straff durchorganisiert, dass viele junge Leute die Freiräume vermissen, die sie speziell zu Beginn der neuen Lebensphase sehr brauchen.“ Denn zu den Anforderungen des Studiums kommen für einen Großteil der Erstsemester die Herausforderungen eines komplett neuen Lebens hinzu: Selbstständiges Wohnen, Arbeiten und das Zurechtfinden in einer fremden Stadt sind nur einige Ursachen, die für weiteren Druck sorgen. Für nicht wenige wird das schnell zu viel. Zwar baute das Eingewöhnen in einen neuen Lebensabschnitt auch schon vor Bachelor und Master bei den jungen Leuten Stress auf, doch gab es dafür damals ein Patentrezept, das heute nicht mehr gilt, weiß Rückert: „Früher war die Standard-Message für jeden, dem die Arbeit über den Kopf wuchs: Entspann dich, vergiss das erste Semester.“ So gehe heute kaum ein Studienanfänger mehr an sein Studium heran, meint er. Der Grund: „Die Studierenden bekommen von Anfang an vermittelt, wie leistungsorientiert der dreijährige Bachelor ausgelegt ist. Das treibt viele in die Verzweiflung.“ Deshalb besuchen Studenten wie Stephanie umso öfter Beratungseinrichtungen. Die meisten kommen wegen zu hoher Lernbelastung zur Beratung, dahinter landet die Gruppe derer, die mit Motivations- und Orientierungsproblemen kämpfen. „Also die, die über einen Studienfachwechsel nachdenken“, erklärt Rückert. Andere kommen wegen Depressionen und wieder andere interessieren sich erst unmittelbar vor den Klausuren für ein Beratungsgespräch – die klassische Prüfungsangst. Eins haben aber alle Anlässe gemein: Es handelt sich um psychische Probleme, die als solche erkannt und behandelt werden müssen. Klar sei, laut Rückert: „Psychische Probleme können mit einer solchen Wucht auf die Studierfähigkeit durchschlagen, dass die Betroffenen feststellen: Nichts geht mehr. Damit das nicht passiert, versuchen wir zu helfen.“ Auf dieses Angebot will jetzt auch Stephanie zurückkommen. Längst hat sie ihre Ängste erkannt und gemerkt, dass sie alleine nicht mit ihnen fertig wird. Deshalb hat sie sich über die Beratungsangebote informiert und einen Termin mit einem Psychologen vereinbart. Sie hofft sehr, bald wieder einen geregelten Alltag ohne Angst führen zu können. Ob das gelingt, bleibt offen. In einem Punkt aber ist sich Stephanie inzwischen sicher: Die Probleme in ihrem Kopf sind ganz normale Probleme. Und die lassen sich lösen.

Florian Schmidt studiert Volkswirtschaftslehre und glaubt im ersten Semester noch nicht, dass er wegen Unistress einmal zum Psychologen muss. 18

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m Frühling 1945 zerstörte die anrückende Rote Armee das Wohnhaus Hittorfstraße 5. Nachdem es seit Kriegsende leer gestanden hatte, schützte Wolf Kahlen das Haus vor dem Abriss und begann in den 80er-Jahren, es zu einem Kunstwerk umzugestalten. In der „Ruine der Künste“ ist nur das Innenleben Kahlens Werk. Die Fassade beließ er, wie er sie vorgefunden hatte – mit all ihren Einschusslöchern und dem bröckelnden Putz. Ein „Joint Venture mit den Russen“, wie er es nennt.

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inhunderundvierzig Ausstellungen sah das Haus in 25 Jahren. Doch immer weniger Menschen besuchen Kahlens HausKunstwerk. Konnte er zu Zeiten seiner Architekturprofessur an der Technischen Universität das nötige Geld für die Sanierung des Gebäudes aufbringen, fehlen dem Rentner heute die Mittel, um Ausstellungen zu finanzieren.

JOINT VENTURE MIT DEN RUSSEN

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ATHARINA TEWS besuchte im Sommer das kleine Reich des Künstlers, unterhielt sich mit ihm und schoss dabei einige Fotos. Furios dokumentiert einen in Zement gefangenen Moment – mitten in Dahlem.

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Campus

Stipendien? Spenden! Die Elite denkt um: Statt ihr Geld in Aktien zu stecken, investieren Stipendiaten der Studienstiftung des Deutschen Volkes in die Gesellschaft. Von HENRICE C. STÖBESAND. Illustration von CORA-MAE GREGORSCHEWSKI.

Drei Projekte haben die Stipendiaten als Spendenempfänger ausgewählt. Das Berliner Projekt „Plan MSA“ unterstützt Schüler aus einkommensschwachen Familien bei der Vorbereitung auf die Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss. Das bundesweite Projekt „Arbeiterkind“ kümmert sich um Abiturienten aus nicht-akademischen Familien, die ein Studium beginnen wollen und das Projekt „Rock your life“ hilft benachteiligten Schülern beim Übergang in das Berufsleben. „Diese Projekte scheinen uns besonders geeignet, der sozialen Selektivität im deutschen Bildungssystem entgegenzuwirken“, so Jakob. 20

17./18.

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ZÄRTLICHKEITEN MIT FREUNDEN

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Gemeinsam mit acht anderen Stipendiaten hat er daher eine Initiative gestartet, die eine kleine politische Revolution auslösen dürfte. Statt sein Geld, dass er „unverdient“ bekomme, zu sparen oder für ein buntes Leben zu verwenden, gibt Jakob unter dem Motto „Stipendien Spenden“ das Büchergeld an soziale Projekte weiter. Für ihn „eine einmalige Gelegenheit, staatliche Gelder zu investieren“ – und zwar genau da, wo er sie für richtig eingesetzt hält. Gemeinsam nehmen sie die soziale Schieflage selbst in die Hand und investieren in „Humankapital“.

Henrice Stöbesand studiert Politikwissenschaft (3.Semester) und spart ihr Büchergeld für einen Kibbutz- Aufenthalt in Israel – wenn denn tatsächlich etwas übrig bleibt: Die Reader für ihre Seminare kosten an die 20 Euro.

in

Jakob Rosenow ist davon nicht begeistert. Er studiert an der FU Berlin und ist Stipendiat der „Studienstiftung des deutschen Volkes“. Um das Stipendium hat er sich nicht beworben. Er wurde von seinen Lehrern vorgeschlagen. 300 Euro hält Jakob für übertrieben. Er ist der Meinung, dass kein Berliner Student zum Leben mehr benötigt als den BAföG- Höchstsatz von 670 Euro. Alles, was darüber hinausgeht, wird für die lang ersehnte Reise nach Timbuktu und Cocktails am Abend ausgegeben – davon ist er überzeugt: „Das Büchergeld meiner Stiftung gebe ich nicht für Bücher aus und andere wohl auch nicht.“

Zw ei e

In der Öffentlichkeit werden Stipendien oft als reine Elitenförderungs-Programme gesehen. Die Stipendiaten sollen später hohe Ämter bekleiden. Die Logik: Wer morgen viel tut, wird heute belohnt. Davon profitieren laut der letzten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes allerdings nur drei Prozent der deutschen Studenten. Im Schnitt erhalten sie 305 Euro monatlich – ausschlaggebend ist für alle elf großen Begabtenförderungswerke das Einkommen der Eltern. Ähnlich der BAföG-Berechnung gilt: Je mehr Geld zu Hause, desto weniger gibt’s von der Stiftung. Viele Stipendiaten erhalten daher nur das sogenannte „Büchergeld“, das in diesem Jahr von 80 auf 150 Euro im Monat erhöht wurde. Ab 2012 soll es nochmal auf 300 Euro aufgestockt werden. Der finanzielle Hintergrund des Einzelnen ist egal.

Bisher hat die Initiative viel Anklang gefunden. Etablierte Medien haben über das Projekt bereits berichtet und auch das Bundesministerium soll Wind von der Initiative bekommen haben. Noch existieren keine genauen Zahlen zum Spendenaufkommen. Doch allein wenn 1000 von den bundesweit 11.000 Stipendiaten 50 Euro spenden würden, kämen pro Monat 50.000 Euro zusammen – genug für ein starkes politisches Signal, findet Jakob. Das ist zwar nicht so viel, wie der Staat leisten könnte, doch zumindest ein Anfang. Denn dass die Regierung andere Ziele verfolgt, sieht man an dem neu eingesetzten „Deutschlandstipendium“: 300 Euro pro Stipendiat lassen sich Staat und Wirtschaft die Bestenförderung monatlich kosten. Das Einkommen der Eltern spielt dabei keine Rolle – für Jakob ein Skandal. Und deshalb wird er weiter Mitglied einer selbsternannten Elite bleiben, um ihr Geld umzuverteilen. Und es eines Tages besser zu machen.

Be iV zw orla ei ge Ka die Die rte se nz rA Ra ses ba An um nze tte ge n k bo Pre ige na om t ist is erh ch bin ni vo al Ve ier cht n e ten rfü ba m gb r u it a ark nd nd iner Sie . eit gil ere t

I

n den meisten Fällen haben Stipendiaten ein recht gutes Leben: Sie bekommen monatlich Geld von ihrer Stiftung, haben Zugang zu exklusiven Netzwerken und dürfen auf einen gutbezahlten Job in der Zukunft hoffen. Jobben muss da nur, wer will. Der Rest kann einfach das tun, was alle versuchen: erfolgreich studieren.


Campus

MONAT VERSUS KONTOSTAND 150 Euro auf dem Konto, fünf Tage bis Monatsende und eine Frage: Wie viel wird danach wohl noch übrig sein? KIRSTIN MACLEOD hat sich selbst einmal auf die Finger geschaut.

(0,00€) (9,10€) Es geht sa – es amens Men e und auch ohne Bäcker! Geschmacksarn er st n o n Ein M eine Schei me Cornflakes stärken mich für den t gierig m ur gähn e ai n verschling ortemon P zweiten Spartag. Uni, du machst h ic im e t rd ss ü ä w hinterl rmalerweise ken den o N mich arm! 30 Euro im Kopierladen, . re ee L Beden nende f ntag ohne n o 60 Euro für Lehrbücher. Ist mir Bilfü M en em ss n ü an ei eut m ist en, doch h ck ir dung so viel wert? Gierig beäuge ich m zü in er n s Zeh arfuch anz en. Der Sp il h die Nudeltheke, aber das MensaB ic e re n ei ro M u E gt. d überschlä isches fr Monster füttere ich heute nicht mit n fe o n erwacht un ei Cent für für den meinen Scheinen. Ein Blick in die er tt u bisher: 60 F . am Morgen ensa Kaffee für Brotdose und meine Laune sinkt Brötchen M und. In der auf der ro u gen Keller – jammi, labbriger E r Schweineh ie v nd weitere r!“ lautet eh Toast. Ich brauche eine Auszeit m 60 Cent u t en C : . „Kein d tatsächlich und werde schwach: Kinoabend. n Mensakarte u te eu h ise für allein, wäh ch meine Dev Auf Isolation habe ich keinen au er ab Bier hart – Abend ein Ich bleibe Bock mehr. Mit 10 Euro bin ich am e d n u e Fre rend mein ) dabei. (100,00€) € 0 ,6 (5 . en trinken geh

Und schon wie der ist der Küh lschrank leer. Ich setze mir ein Limit von 20 Euro und sage „ja!“ zu „gut und gü nstig“. Vor den horrenden Alkohol-Preisen schrecke ich zurück. Alle s außer billigem Dosenbier sprengt mein B udget. Stattdes sen schnorre ich mich du rch die Gegen d – mein Schmarotzerdas ein funktionie rt. Ein letztes Mal wird ge rechnet: Von de n 150 Euro sind ganze 15,3 0 übrig. Geht ja noch. Aber dann: 10 Euro Ei ntritt im Club, das is pervers. Meine Stimmung ist im t doch Minus – mein Alkoholpe gel sicher auch . (30€)


Politik

Unfrisiert, aber lernfähig Seit September sitzen die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Partei punktet damit, jung und unverbraucht zu sein – an der FU ist sie das nicht. Warum sie die politische Arena trotzdem aufmischen, weiß REBECCA CIESIELSKI. Illustration von VALERIE SCHÖNIAN.

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in Pirat ist eine Person, die Seeräuberei betreibt. Außerdem ein Segelflugzeug, ein Feuerwerkskörper, eine Achterbahn, eine Bootsklasse und seit 2006 sind die Piraten auch eine politische Bewegung. Früher standen Piraten außerhalb der christlichen Gemeinschaft, heute stehen sie außerhalb des politischen Establishments – und sind damit verdammt hip. Bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen im September holten sie 8,9 Prozent und zogen mit 15 Sitzen ins Landesparlament ein. Die Piraten sind jung, ambitioniert, gegen Studiengebühren und für „fahrscheinlosen Nahverkehr“. Man sollte meinen, dass sich die meisten Studenten tief mit ihnen verbunden fühlen müssten. Dem ist vielleicht auch so. Diese Identifikation hat aber keineswegs ein gesteigertes hochschulpolitisches Engagement zur Folge. Im Gegenteil: Die Hochschulgruppe der FU leidet an Mitgliedermangel. Seit ihre drei aktivsten Mitglieder nach den Wahlen in die Kommunalpolitik abberufen wurden, könnte man die Veranstaltung eigentlich als beendet betrachten. Einer dieser „Noch-Aktiven-aber-bereits-anderweitig-Eingebundenen“ ist Jakob Pfender. Er sitzt seit Kurzem in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof-Schöneberg und kann sich auch nicht erklären, warum an der FU kaum Hochschulpolitikinteressierte nachrücken. An der TU sei das anders. Dabei ist das Interesse an den Piraten allgemein sehr groß. Auch zu den live übertragenen Parteisitzungen kann Jakob Pfender bereits eine erste Bilanz ziehen: „Die Presse findet das spannend. Man bekommt mit, dass wir keine homogene Masse sind, sondern uns auch mal streiten.“ Dementsprechend utopisch sei die Wahrung eines idealisierten Images. Trotzdem überwiegen für ihn die positiven Effekte jener radikalen Öffentlichkeit: „Jeder hat die Möglichkeit, den aktuellen Diskussionsstand mitzuverfolgen und kann prüfen, wieso wir welche Entscheidungen treffen.“

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Die Katharsis ist in den verknöcherten Politikbetrieb eingezogen und wirkt dabei manchmal etwas unfrisiert. Doch dass perfekt sitzendes Haar kein Garant für Glaubwürdigkeit ist, hat Karl-Theodor zu Guttenberg im letzten Jahr eindrucksvoll bewiesen. Die Piraten möchten den Schein von der Tagesordnung streichen und das Sein stärken. Sie stehen für Ehrlichkeit und radikale Transparenz: selbst wenn das bedeutet, mehr als einmal zuzugeben, dass man vom Grundsätzlichen der Politik keine Ahnung hat. Fragen nach harten Fakten lösen bei Jakob Pfender

Ratlosigkeit aus. Die Piraten wollen, dass an der Uni viel geforscht und gleichzeitig die Qualität der Lehre verbessert wird. Außerdem sei man gegen Studiengebühren. Woher im mit 64 Milliarden Euro hochverschuldeten Berlin die Finanzmittel dafür kommen sollen, weiß er aber auch nicht. Inhaltliche Fragen brechen über die Piraten herein, als rechneten sie noch immer nicht mit ihnen. „Man kann ja lernen“, meint Jakob Pfender. Dass sie schnell lernen würden, hatte auch Andreas Baum, einer der Berliner Spitzenkandidaten, versprochen. Deshalb sei man gerade intensiv mit den inhaltlichen Ausarbeitungen beschäftigt. Zum Prinzip wolle man sich die Unwissenheit schließlich nicht machen.

Um die Parteibasis an diesem Prozess zu beteiligen, haben die Piraten das Instrument des „Liquid Feedback“ erfunden. Die Abstimmung via Internet soll eine gute Rückkopplung gewährleisten. Wie Umfragen gezeigt haben, wird diese Partei sowieso nicht wegen ihrer Inhalte gewählt. Die Forderungen reichen von „maximal 15 Schüler pro Lehrkraft“ bis hin zu einer „pragmatischen Suchtpolitik“, die einen „Rauschkundeunterricht“ im Rahmen des Ethikunterrichts einschließt. Es sei offensichtlich, dass „keine zehn Prozent die Partei wegen

ihres Wahlprogramms gewählt haben“, sagt Carsten Koschmieder, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsstelle Empirische Politische Soziologie an der FU. Nur die Kernwähler interessierten sich wirklich für die Inhalte. Verschiedene Erhebungen beziffern die Quote der Protestwähler mit bis zu 80 Prozent. Dass die Partei kein klar definiertes Wahlprogramm besitzt, könnte ihr also sogar zugute gekommen sein. „Auf Bundesebene versuchen die Piraten sich eher liberal zu geben, während die Berliner Piraten sich explizit links positioniert haben. Das war hier auch taktisch klug“, sagt Carsten Koschmieder. Furios 07/2011


FURIOS – MACHS DOCH BESSER!

Das Magazin Cicero sieht die Piraten bereits das Grab der Demokratie schaufeln. Auch Carsten Koschmieder betrachtet ihre Rolle in der deutschen Parteienlandschaft kritisch: „Es ist wirklich nicht so, dass vor den Piraten alle Abläufe intransparent waren.“ Beispielsweise könne man sich jede Parlamentsdebatte im Internet ansehen. „Deshalb ist es heuchlerisch von den Piraten, zu behaupten, ihr Konzept wäre ein wichtiger Schritt hin zur Demokratisierung.“ Es ist aber auch nicht so, dass gar kein Handlungsbedarf bestünde. Die deutsche Demokratie verlangt einerseits im Sinne der Transparenz von Angela Merkel, dass sie ihren Terminkalender veröffentlicht. Andererseits hat diese Regierungsform Vertretern der Energiekonzerne zugestanden, das Gesetz zum Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomenergie zu großen Teilen selbst zu schreiben. Demokratie ist eine Baustelle, das Produkt abhängig von der Qualität der Rohstoffe: von gewissenhaft handelnden Entscheidungsträgern, der Einschränkung von Lobbyismus und auch von der Umsetzung ambitionierter Transparenzideale.

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Brügge/Natolin

Diese Linienflexibilität sei momentan noch kein Problem. Die Wähler sagen sich: Die Piraten haben keine Ahnung. Weil ich auch keine habe, finde ich die Partei sympathisch.“ Für die Mündigkeit der Wähler spreche das leider überhaupt nicht. Und es funktioniere auch nur so lange, wie die Piraten noch „einen Außenseiterbonus“ besäßen.

„Kündige deinen Meinungsanbieter!“ ist ein Slogan, den sich die Piraten auf ihre Fahnen geschrieben haben. Was dahinter steht, ist das Verlangen, die Demokratie von den Eliten zurück zur Basis zu verlagern und den Satz „Der Souverän ist das Volk“ doppelt zu unterstreichen. In Berlin haben die Wähler geschafft, dort zu wählen, wo es weh tut – abseits der etablierten Parteien. Durch ihren Wahlerfolg haben die Piraten diesen einen Spiegel vorgehalten. Merkel, Rösler und Co. müssen sich nun fragen: Haben sie den Kontakt zu den Wählern verloren?

Rebecca Ciesielski studiert Kommunikationswissenschaften und Kulturanthropologie.

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Politik

DER blick durch die Kuppel Wenn man in Berlin Politik studiert, ist ein Praktikum im Bundestag sozusagen Pflicht. FANNY GRUHL und MARGARETHE GALLERSDÖRFER haben ihre Eindrücke aus fünf Wochen im Bundestag gesammelt und verschmolzen. Eine Collage unter Wahrung fast aller Persönlichkeitsrechte Illustration von KELSEY BASS

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ie haben da so’n Fläschchen in der Tasche, das müssen Sie bitte mal rausholen“, sagte der Sicherheitsmann im Jakob-Kaiser-Haus. Wie bitte? Ich lächelte den Mitarbeiter meiner neuen Arbeitgeberin, der hinter der Schleuse schon auf mich wartete, nervös an. Ernst sah er zu, wie ich, völlig ahnungslos, in meiner Tasche wühlte und schließlich tatsächlich ein Fläschchen zu Tage förderte. Einen Kurzen. Kräuterschnaps. Ich hatte ihn am Wochenende zuvor aus Nettigkeit bei einem Junggesellinnenabschied gekauft und in meiner Tasche versenkt. Das durfte nicht wahr sein. Doch der Mitarbeiter winkte meine gestammelten Erklärungen lachend ab: „Schnaps kannst du hier ab und zu ganz gut gebrauchen.“ „SCHAU MAL, WER DORT DRÜBEN IST!“ „Wir sagen übrigens alle Du zueinander.“ Aha. Eine sympathische Einstellung, die aber bisweilen unangenehm werden kann. „Hallo Frank-Walter!“ oder „Interessantes Kleid, Claudia!“ wäre mir sicher nur mit dem Schnaps über die Lippen gekommen. Zum Glück kam ich nie in die Verlegenheit. Man versucht sich ja, wohin man auch kommt, so schnell wie möglich mit einer Aura routinierter Lässigkeit zu umgeben. Während alles um mich herum bei den Worten „Praktikum im Bundestag“ ganz hibbelig wurde und fragte, ob ich die Merkel schon gesehen hätte, bemühte ich mich ab dem zweiten Tag, durch die Flure zu segeln, als sei ich öfter da. Manchmal musste ich mir diese Aura wieder ins Gedächtnis rufen. Als ich in der Mitarbeiterkantine plötzlich ARD-Hauptstadtkorrespondent Ulrich Deppendorf gegenüber saß. Oder als ich mich gerade noch davon abhalten konnte, spontan Philipp Rösler zuzuwinken, weil mir noch rechtzeitig einfiel: Der kennt mich ja gar nicht.

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Gruppe aus der Mongolei, die vor nichts zurückschreckte. Bei ihrem Versuch, sich neben den Schriftzügen sowjetischer Soldaten im Reichstagsgebäude zu verewigen, mussten ihnen die Wachleute Einhalt gebieten. Und warum nicht das Fraktionstelefon für einen kurzen Reisebericht in die Heimat nutzen? Doch nicht nur das Verhalten der Besuchergruppen stellte sich als interessant heraus. Zu sehen, wie sich die Abgeordneten vor wählendem Publikum produzieren, war ebenfalls äußerst lehrreich. Da wird der bequeme Flug zwischen Wahlkreis und Berlin im Eifer der Selbstdarstellung schon mal zur anstrengenden Zugfahrt. Die Mitarbeiter, die mit der AirBerlin-Hotline schon per du sind, stehen dabei und sehen angestrengt zu Boden.

BESUCHERGRUPPEN – EIN SELTSAMES VÖLKCHEN

WER PARTEIFREUNDE HAT, BRAUCHT KEINE FEINDE MEHR

Neben Begegnungen mit bekannten Politikern sind mir auch die Besuchergruppen im Bundestag in lebhafter Erinnerung geblieben. Ob Damen eines deutschrussischen Kulturvereins, die sich in fragwürdigen Posen auf dem Sofa der Fraktionsebene – und auch überall sonst – ablichteten, Schulklassen, die mit erstaunlichem Wissen und kritischen Fragen auftrumpften oder einer

„Freund, Feind, Parteifreund“: Diese Steigerung lernte ich erst während meines Praktikums verstehen. Dass sich nicht alle lieb haben müssen, bloß weil sie in der gleichen Partei sind, war mir bekannt. Dass das Hauen und Stechen nicht erst beginnt, wenn die Partei an der Regierung beteiligt ist, überraschte mich aber. Wie wir seit Franz Müntefering wissen, ist Opposition doch sowieso

Furios 07/2011


Politik

DIE NETTEN “ANDEREN” Wider Erwarten: Wolfgang Bosbach ist ganz nett. Plattitüde? Für mich nicht. Mein Weltbild ist ins Wanken geraten. Bosbachs Äußerungen bringen mich seit Jahren dazu, die Zeitung anzuschreien. Ein paar Stichworte: Vorratsdatenspeicherung, rechte Einwanderungspolitik, Anti-TerrorGesetze. Für mich war klar: Dieser Mann muss ein ... also, unsympathisch sein. Irritiert blickte ich in meiner ersten Ausschusssitzung auf diesen gebräunten Rheinländer, der Witze reißt, parteiübergreifend den halben Ausschuss duzt und in einem unbeobachteten Moment heimlich seinen beiden Praktikantinnen, die neben mir sitzen, zuwinkt. Der, zur Freude aller Anwesenden, den nächsten Tagesordnungspunkt kauend über meine Schulter von meinem Blatt abliest, weil er sich grade am Snackwagen befindet statt auf seinem Platz als Vorsitzender. Dessen Website unter www.wobo.de zu erreichen ist. Liebe Welt, du warst so schön in schwarz und weiß! DISKUTIEREN MAL ANDERS Mist. Wäre es dann nicht sinnvoll, sich zusammenzuraufen und vereint auf die Regierung einzudreschen? Schnell ging mir auf, dass ich bisher etwas übersehen hatte: die enorme Eitelkeit der Damen und Herren Abgeordneten. Wessen Name wird unter der neuen Parteibroschüre zum Thema Bildung stehen und daraus folgend: Wer wurde bei der Entstehung der Broschüre übergangen? Haben Abgeordnete das Gefühl, dass ein Kollege oder eine Kollegin versucht, sich im Alleingang auf einem ihrer Themengebiete zu profilieren, werden die Telefonate zwischen den Büros ganz schnell giftig. Publicity ist alles, denn Parteifreundschaft hin oder her: Den Kopf in die ARD-Kamera halten kann am Ende des Tages nur einer.

Die Diskussionen in Uniseminaren hatten mir im ersten Studienjahr nur selten Freude gemacht: Kommilitonen, die krampfhaft versuchten, dünne Redebeiträge in möglichst unverständliche Formulierungen zu verpacken, Theoretiker-Namedropping und ein daueraggressiver Tonfall. Überrascht registrierte ich im Bundestag völlig andere Umgangsformen. Plötzlich war meine Meinung gefragt! Meine Abgeordnete wollte gleich am Anfang von mir wissen, wie ich ihr Auftreten bewerte. Auch bei inhaltlichen Diskussionen wurde ich schnell wie selbstverständlich mit einbezogen und das Beste: Selbst harsche Kritik nahm niemand persönlich. Man traute mir etwas zu. In der ersten Woche: Sitzungen protokollieren, in der letzten: eine Plenarrede schreiben. Den Schnaps brauchte ich nicht.

Fanny Gruhl und Margarethe Gallersdörfer werden als Sozialwissenschaftlerinnen hin und wieder von Zukunftsängsten geplagt. Deshalb wollten sie ihre Semesterferien sinnvoll nutzen. Im Zentrum der Macht trafen sie sich zufällig in der Kantine.

Furios 07/2011

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Politik

Deutschlands neue Stipendiaten Das Deutschlandstipendium wurde im vergangenen Sommer bundesweit eingeführt. Ab diesem Semester haben auch FU-Studierende die Chance, gefördert zu werden. Von einem Prestigeprojekt und seinen Startschwierigkeiten berichten RANI NGUYEN und MARKUS MAYR. Die größten* deutschen Unis im Vergleich

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Uni München 0,14% eit Anfang des Jahres hat Uni Frankfurt 0,45% Deutschland ein neues Uni Münster 0,19% Stipendienprogramm. Ab TU Dresden 0,45% diesem Semester sollen auch FUUni Mainz 0,28% Studierende davon profitieren. Uni Bochum 0,29% Derzeit wertet die Uni die 425 BeRWTH Aachen 0,45% werbungen aus. Im Unterschied Uni Duisburg-Essen 0,45% zum BAföG kommt das Geld für Uni Erlangen-Nürnberg 0,45% das Deutschlandstipendium aber nicht nur vom Bund, sondern zur FU Berlin 0,09% Hälfte von Unternehmen, die die HU Berlin 0,11% Hochschulen selbst als Spender TU Berlin 0,15% gewinnen müssen. Im indust0,00% 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% rieschwachen Berlin ist genau das aber gar nicht so einfach. Die Teil der Studierenden Bis zu 0,45% der Studierenden können gefördert werden. Berlin ist davon noch weit entfernt. Bayer AG und die Wirtschaftsprü* Die Uni Hamburg bietet das Deutschlandstipendium nicht an, auf den Seiten der Uni Köln fungsgesellschaft KPMG, beides finden sich keine Infos. DAX-Unternehmen, sind schon im Boot. Ansonsten läuft die Ak- angemessen, gibt es auch kein Geld. BWL-Student Andreas Steer, quise schleppend. Gesetzlich können an jeder Hochschule bis zu Notenschnitt 1,2, ist einer von 22 Mitgliedern des Elitenetzwerks 0,45 Prozent aller Studierenden gefördert werden, das entspräche der TU München, So derungefähr ohne Motivationsschreiben stelle ich mir das vor –und nur Auswahlgein Uni Stipendien 153 Stipendien an der FU. Tatsächlich werden es jedoch gerade spräch an eines der 30 zu vergebenden Stipendien kam – nur aufSchön! Vielleicht kann man die Uni München 71 (0,14%) einmal 32 sein. An der HU sieht es Uni ähnlich aus, dort erhielten in grund von Leistung und Empfehlung des Netzwerks. Werden etwa Stipendienzahl noch in die jeweiligen Balken Frankfurt 161 (0,45%) diesem Jahr 33 Stipendiaten Geld – bei möglichen Stipendien. aus wirtschaftsaffinen Bereichen hineinschreiben (wusste grad nicht, wieunterstützt? ich Uni 124 Münster 73 (0,19%) vor allem Studierende Um die klammen Spendenkassen aufzubessern, FU (0,45%) und Die Einflussnahmedas derjetzt Unternehmen auf den zu fördernden FachTU Dresden machen 150 auf die Schnelle hinkriege). HU nun gemeinsam Jagd auf zahlungskräftige Uni Mainz Großunternehmen. 100 (0,28%) bereich ist zumindest gesetzlich geregelt. Bei zwei von drei StipenAuf jedenmitreden, Fall würdedas ich verbleibende noch eine 300 Euro monatlich gibt es für jeden auf die Drittel wird UniStipendiaten Bochum 100Kralle (0,29%) dien dürfen die Geldgeber – und das unabhängig von BAföG oder Elterneinkommen. Neben vergeben. hinzufügen: „Gesetzlich RWTH Aachen 149 (0,45%) davon unabhängig Bildbeschreibung Topnoten sollen besonders sozialer Einsatz abseits des Campus und können bis zu 0,45% aller Studierenden Uni Duisburg-Essen 140 (0,45%) gesellschaftlicher Hintergrund bei der Förderung berücksichtigt Das Prestige heischende AnnetgefördertProjekt werden.von Die Bildungsministerin Berliner Unis sind Uni Erlangenwerden. So zählt Lena Laqua (22) von der HS Coburg zu 119 den(0,45%) ers- te Schavan (CDU) davon ist zugleich ein entfernt.“ Geld verschlingendes. Nürnberg noch weit (etwas in die Allein für ten Stipendiaten des Landes. Ihr kam besonders ihr ehrenamtliches das Marketing gab Richtung) das Bildungsministerium im ersten Halbjahr 2,7 Berlinsie Lebensmitteltüten 32 (0,09%) Mio. Euro aus, nur 1,4 Mio. Euro an Bundesgeldern kamen bei den Engagement zugute, in ihrer FreizeitFUpackt Quelle: BMBF, Eigenrecherche HU Berlin 33 (0,11%) bei der Hofer Tafel. Für die BAföG-Empfängerin bedeutet das Studierenden an. Zusätzlich belasten Verwaltungs- und PersonalTU Berlin 43 (0,15%) Stipendium eine finanzielle Entlastung. Jetzt könne sie sich auch kosten, die nicht vom Bund abgedeckt werden, die ohnehin schon einfach mal ein Mensaessen gönnen, ohne im Hinterkopf nachzu- maroden Hochschulkassen. Mit Hilfe der etablierten Struktur des rechnen, sagt die Studentin der Sozialen Arbeit. BAföG könnte das Geld direkt an die Studierenden fließen – ganz ohne Extrakosten für Spendenakquise und Marketing. Bereits heuVor allem ist das Deutschlandstipendium aber eine Begabten- te schon profitiert jeder vierte Studierende vom BAföG, da wäre förderung. Da kann das persönliche Profil noch so viel Ehrenamt ein weiterer Ausbau ein zusätzlicher Schritt in Richtung Chancenund bewegten Hintergrund aufzeigen – sind die Leistungen nicht gleichheit. Beim BAföG bestimmt nämlich nicht die Wirtschaft, wer das Potenzial besitzt, Deutschlands Zukunft zu gestalten.

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Rani Nguyen studiert Französisch, Spanisch und Niederländisch. Er hat das Gefühl, dass Geisteswissenschaftler schlechtere Karten bei solchen Stipendien haben.

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Furios 07/2011


Politik

Tränengas über Athen Griechenlands Schuldenkrise ist allgegenwärtig. Es scheint, als versinke das Land im Chaos. Die Erasmusstudentin LAILA ABDUL-RAHMAN berichtet von ihren Eindrücken aus der Hauptstadt. Plötzlich kommt Bewegung in die Menge. Tränengas kommt massiv zum Einsatz und hängt wie eine Wolke über dem Platz. Alles rennt in die umliegenden Straßen, die Polizei stürmt über den Platz. Was genau passiert, ist schwer auszumachen. Nach ein paar Minuten hat sich die Lage auf einmal wieder beruhigt. Die meisten kehren zurück auf den Platz oder demonstrieren in den Nebenstraßen. Nach Hause gehen will niemand. Die Menschen wollen ihrer Not Ausdruck verleihen. Sie wollen sich weder von Randalierern noch von Tränengas einschüchtern lassen.

Foto: Laila Abdul-Rahman

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eit einiger Zeit sieht sich das griechische Volk mit immer umfangreicheren Sparmaßnahmen konfrontiert. Zuletzt wurde das vierte Sparpaket seit Beginn der Krise beschlossen. Es sieht massenhafte Entlassungen im öffentlichen Dienst, die Senkung des Steuerfreibetrages und andere massive Einschnitte für die Bürger vor. Über einen erneuten „Solidaritätszuschlag“ etwa muss jeder Grieche zusätzlich zur Einkommenssteuer ein bis vier Prozent von seinem Gehalt abführen. Eine Mehrwertsteuer von 13 Prozent hebt das Niveau der Lebensmittelpreise zudem über das der Bundesrepublik. Das täglich’ Brot kommt die Menschen teuer zu stehen. Erneut empört sich Griechenland. Es ist der 20. Oktober 2011. Ein 48-stündiger Generalstreik als Protest gegen die von der EU auferlegten Sparmaßnahmen beginnt. Das griechische Parlament soll die Kürzungen am nächsten Tag beschließen. Die Sonne strahlt über der Akropolis. Zehntausende Menschen haben sich vor dem Parlamentsgebäude auf dem SyntagmaPlatz versammelt – mitten unter ihnen ich. Die Lage ist ruhig, doch die Anspannung ist greifbar.

Furios 07/2011

Der Platz ist ein Meer aus Plakaten und Transparenten, es sind unzählige politische Gruppierungen vertreten. Immer wieder werden Sprechchöre laut. Sie fordern zum Zusammenhalt auf: gegen die Sparmaßnahmen, gegen die Regierung. Einer der Slogans ist besonders oft zu sehen: „Wir zahlen nicht für eure Krise.“ Fast alle Demonstranten tragen Atemschutzmasken, einige sogar Schwimm- oder Skibrillen. Das sei notwendig gegen das Tränengas, erklärt mir eine griechische Freundin. Ich bin skeptisch, lasse mich aber überreden, mir eine Maske zu kaufen. Direkt vor dem Parlament stehen die Leute dicht gedrängt. Die Stimmung der Menschen ist hier aggressiver. Einige sprechen davon, das Parlament stürmen zu wollen. Zwischen einem Großaufgebot der Polizei und den Demonstranten liegen nur wenige Meter. Dann fliegen dort die ersten MolotowCocktails. Aus sicherer Entfernung sehe ich die Rauchwolken aufsteigen. Weiter hinten ist es dagegen verhältnismäßig ruhig, die Menschen sitzen auf der Wiese des Platzes, Straßenverkäufer bieten Essen und Getränke an. Alle Generationen sind vertreten – nicht nur junge Krawallmacher, wie die Medien suggerieren.

Der ruhige Schein trügt: Direkt neben uns beginnen zwei Männer, Türen und Fenster eines Ladens zu demolieren. Die Umstehenden versuchen, sie davon abzuhalten. Statt nur gegen diese Männer vorzugehen, setzt die Polizei wieder ohne Vorwarnung großflächig Tränengas ein. Entsetzt über dieses harte Eingreifen rennen wir fort. Unsere Augen brennen und das Atmen fällt trotz Maske schwer. Alles gerät aus den Fugen, die Lage eskaliert: Wir sehen brennende Mülltonnen und Vermummte, die sich Kämpfe mit der Polizei liefern. Als friedfertiger Demonstrant sollte man spätestens jetzt den Syntagma-Platz schleunigst verlassen. Das tun wir auch, erschöpft und schockiert von dem Erlebten. Als ich mich damals für einen ErasmusAufenthalt bewarb, spielte die Finanzkrise für meine Entscheidung keine Rolle. Nun, da ich hier bin, versuche ich, so viel wie möglich mit den Griechen selbst über die Situation zu sprechen. Der Großteil meiner Gesprächspartner, zumeist Studenten, sind mit der Politik ihres Landes und auch der EU nicht einverstanden. Sie fühlen sich übergangen, von ihrer eigenen Regierung betrogen. Ihr Heimatland bietet ihnen keine Perspektive. Jeder dritte Hochschulabsolvent ist arbeitslos, gut die Hälfte aller Promovierten wandert ins Ausland ab. Unklar ist, wie viel der Staat dem Bürger auf Dauer zumuten kann. Vor allem, da fest steht, dass die Sparmaßnahmen allein das Land nicht retten.

Laila studiert im fünften Semester Jura. Athen wählte sie ursprünglich wegen des guten Wetters. 27


kultur

EINE STADT AUF DIE OHREN In kürzester Zeit haben es Amelie Becker und Friedemann Brenneis aus Leipzig mit ihrem Projekt klangumfang – Reisehörspiele für Kinder nach ganz oben geschafft. Wie aus ihrer Masterarbeit ein Geschäftsmodell werden konnte, hat ELIESE BERRESHEIM sie gefragt. Illustration von VALERIE SCHÖNIAN.

Frederik Vogt, Amelie Becker und Friedemann Brenneis. Foto: Eliese Berresheim

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uf Pflastersteinen rückwärts laufen ist ganz schön schwer. Sichtbar unbeholfen torkelt die Gruppe über den holprigen Untergrund. Sie alle sind Freunde und Mitbewohner von Amelie und Friedemann, die sich am Sonntagmorgen auf dem Fabrikgelände Werk 2 in Leipzig zusammengefunden haben, um als Statisten auszuhelfen. Hier soll der Imagefilm für das Kinderhörspielprojekt „klangumfang“ entstehen, den Amelie und Friedemann im Rahmen des deutschlandweiten Ideenwettbewerbs Generation-D in Berlin entwickeln. Die Zeit ist knapp und nach zwei wackeligen Probeläufen wanken die Komparsen auch schon rückwärts durchs Bild. Die Geschichte von Amelie, Friedemann und ihrem Hörspielprojekt klangumfang erzählt sich wie ein Märchen für Selbstgründer. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat sich ihre Idee für die Master-Abschlussarbeit zu einem echten Projekt entwickelt. Aus den beiden Masterstudierenden für Hörfunkjournalismus sind zwei eigenständige junge Unternehmer geworden, die voller Kreativität und Ideen stecken. Dabei war der Anfang nicht leicht. Trotz eines sehr praxisorientierten Studiums

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wurde Amelie und Friedemann schnell klar, dass ihre Jobaussichten eher mau sind. „Leute, die im Radio arbeiten, kommen meistens aus anderen Fächern wie Jura oder Literaturwissenschaften. Wenn du dann ankommst und sagst, du hast Radio studiert, gucken dich alle komisch an. Denn Radio studiert man nicht, Radio macht man“, sagt Friedemann. Deshalb haben Amelie und er sich vor zwei Jahren zusammengesetzt und überlegt, was sie mit ihren erlernten Fähigkeiten anderes machen können. Die zündende Idee für klangumfang hatte Amelie während eines Familienurlaubs in Neapel. „Während meine Eltern sich eine Kirche nach der anderen anguckten, lief meine kleine Schwester die ganze Zeit nörgelnd neben uns her und wollte einfach nur ans Meer“, erzählt Amelie. Das hat sie zum Nachdenken gebracht. Denn fest steht: „Kinder zwischen acht und zwölf Jahren sind eigentlich sehr entdeckungsfreudig, aber es ist bei Städtereisen oft schwer, sie für die Kultur und Geschichte einer Stadt zu begeistern“, erklärt sie. Daraus entwickelten Amelie und Friedemann gemeinsam ein Konzept für Reisehörspiele für Kinder, mit dem sie die Lücke zwischen Reiseführer- und Hörspielmarkt schließen wollen. „In Anlehnung an Kinderhörspiele

wie Die drei ??? wollen wir eine Serie von Detektivgeschichten entwerfen, die in verschiedenen deutschen Städten wie Berlin, Hamburg oder Köln stattfinden. Auf diese Weise wollen wir konkrete Orte wie das Rote Rathaus in Berlin oder die Thomaskirche in Leipzig für Kinder greifbar machen.“ Noch befindet sich klangumfang in der Entstehungsphase, erste Erfolgserlebnisse hatten Amelie und Friedemann jedoch bereits. Im Januar 2011 gewannen sie den Businessplan-Wettbewerb FutureSAX für die beste Geschäftsidee im Bereich Service. Damit stehen Amelie und Friedemann sachsenweit ganz oben auf dem Innovationsgipfel. Zwei Wochen später konnten sie die XI. Mitteldeutsche Elevator Pitch Night - zu deutsch „Fahrstuhlpräsentation“ - für sich entscheiden. In drei Minuten stellte Amelie einer international besetzten Jury auf Englisch das Konzept für klangumfang vor. „Das war für mich ein Durchbruchserlebnis“, erinnert sie sich. „Danach kam eine Emailflut von wildfremden Menschen, vor allem von Familien, die über uns gelesen hatten und die unsere Idee toll fanden. Da ist uns klar geworden, dass es Leute gibt, die unser Hörspiel wirklich wollen. Das hat uns den Antrieb gegeben.“ Furios 07/2011


kultur

Einige Wochen später beim Sprecher-Casting für klangumfang an der Uni Leipzig: Der Warteraum ist inzwischen fast wieder leer. Am Morgen war er noch erfüllt von hellen Kinderstimmen und aufgeregten Eltern. „Fünfzehn Sprecher haben sich heute vorgestellt“, berichtet Amelies Schwester, die hier die Empfangsdame spielt. Familie und Freunde unterstützen die beiden Jungunternehmer häufig; jeder hilft, wo er kann. „Wir betreiben hier eine richtige Vetternwirtschaft“, sagt Friedemann und lacht. Gerade stellt sich der 16. Bewerber vor: Martin hat zwei Jahre Theater in Berlin gespielt und spricht hier für die Nebenrolle Max vor. In dem Testdialog stehen die Hauptfiguren Emma und Finn auf einer Brücke über dem Elsterkanal in Leipzig und wollen herausfinden, in welche Richtung die rote Mütze abgetrieben ist, die ihnen bei ihrer Detektivsuche weiterhelfen soll. Um die Wasserströmung zu bestimmen, ruft Finn seinen großen Cousin Max an. Der ist Ingenieur und hilft den beiden bei kniffligen Physikfragen immer gerne weiter.

ten. Damit hätten Amelie und Friedemann die Chance, ihr Projekt durch Strategie- und Marketingberatung bundesweit bekannt zu machen und wichtige Wirtschaftsvertreter, wie große Verlage, für ihr Hörspiel zugewinnen. Der Druck ist groß. Viel steht für die beiden auf dem Spiel. Das wissen auch ihre Freunde und Bekannte, die in Leipzig vor der Kamera stehen. Nach dem zwölften Versuch ist der Film schließlich im Kasten. Ein erleichtertes Raunen geht durch die Runde. Auch der Regisseur ist über das Ergebnis zufrieden. Nun fiebern sie alle dem Entschluss des Wettbewerbs entgegen. Der Einsatz hat sich gelohnt: Beim Wettbewerb Generation D gewinnt klangumfang einen von drei Preisen in der Kategorie „Bildung und Kultur“. Die beiden haben die Jury nicht nur mit ihrer Hörspielidee, sondern auch mit ihrem Teamgeist überzeugt. Nach der Verleihung können sie ihr Glück noch gar nicht fassen: „Wir sind einfach nur sprachlos“, sagt Amelie aufgeregt.

Die Teilnahme am Ideenwettbewerb Generation D in Berlin, der im Rahmen des Führungstreffens Wirtschaft von der Süddeutschen Zeitung organisiert wird, könnte einen weiteren großen Schritt für klangumfang bedeuEliese Berresheim studiert Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts im Master.

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La vie dans la rue absolviert ein Praktikum am Goethe-Institut in Togo. In seinem Bericht nimmt er uns mit auf einen Spaziergang durch die Straßen von Lomé.

JOHANNES SCHRÖDER

Pourquoi le Togo? – On me l’a demandé souvent avant mon départ. Je n’ai pas trouvé une raison précise pour mon envie de partir dans l’un des plus petits Etats africains, gardé en mémoire pour ses violences politiques au début des années 2000. A vrai dire: c’était un hasard. Maintenant, je fais un stage au Goethe Institut à Lomé, afin de réaliser une documentation sur les traces ancestrales allemandes dans l’architecture, l’infrastructure et la langue quotidienne au Togo.

lachen, weinen, jubeln

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Pour moi, c’est le premier voyage en Afrique subsaharienne et je me souviens que je m’étais préparé à un choc culturel. Mais ici, les impressions extrêmes sont rares. J’imaginais faire connaissance avec une ville chaotique dans un pays de non-droit sans réelles structures administratives. Mais Lomé fonctionne, la ville marche seulement d´une autre manière. Ici, la vie quotidienne se déroule dans la rue. Elle commence plus tôt, car le soleil se lève vers 6h du matin et se couche à 18h tous les jours, tout le long de l’année. C’est pourquoi on dit «Bonsoir» à partir de 13h. Dès 7h, tout le monde est sur le grand marché. Le bruit est énorme, les couleurs sont éclatantes et l’ambiance très dynamique. Le français est la langue officielle, mais dans la rue on entend l’ewe, le mina ou le kabiyé. Il existe environ de 40 langues vivantes au Togo. Le commerce est sous le contrôle des femmes. La majorité des vendeuses ont un point de vente fixe. Chaque jour, elles arrivent en balançant leurs produits sur la tête. Les prix ne sont pas fixés, je dois négocier si je veux acheter mon petit-déjeuner. Une spécialité locale est le Fufu, une pâte à base de racines de yam avec une sauce tomate et des aubergines vertes. Dans la rue, je rencontre aussi un grand nombre de religions. Je vois des musulmans prier, et, au loin, j’entend les cloches de l’église néo-gothique qui invite à la messe. Mais la majorité de la population pratique l’animisme; le culte du vaudou joue un rôle important. En passant un carrefour, je remarque une foule de gens avec des banderoles et des haut-parleurs. Ce sont les membres du parti de l’opposition. Les élections présidentielles de 2005 ont mis fin à 38 ans de dictature. Cependant, les manipulations et les fraudes pendant les élections perdurent. Une période d’instabilité a parcouru le Togo avec des émeutes qui ont provoqué autour de 500 morts, des milliers de blessés et de réfugiés. Même si la situation est stable aujourd’hui, on ressent une volonté de changement auprès de la population jeune et dynamique. Pour échapper aux bruits de la ville, je vais me promener sur les plages peu lointaines. Là, on peut réellement avoir une impression de la beauté du paysage. Car au Togo, on a presque la garantie du soleil. Il fait toujours 30 degrés, c’est l’été toute l’année.

lieber Doch lesen? utsch auf De auf ht uns Besuc s.de ampu furios-c Furios 07/2011


kultur

Wer kennt den grünen Mann? Beim Funpreneurwettbewerb der FU entwickeln Studierende das Konzept für eine eigene Firma. Von der Idee zweier Studenten, Kommunalpolitiker und Bürger zusammenzubringen, berichtet VALERIE SCHÖNIAN.

Foto: CORA-MAE GREGORSCHEWSKI.

Christian Hanke, Heinz Buschkowski und Matthias Köhne haben eines gemeinsam: Sie alle sind Berliner Bezirksbürgermeister, aber kaum jemand kennt sie. Dabei machen sie die Politik, die uns direkt betrifft. Aus dem allgemeinen an Kommunalpolitik ha­ Rö­cker und Patrick Tam­ schäftsmodell ent­wi­ckelt. Gemeinsam mit Kom­ wol­len sie eine Homepage er­ diese ihre Politik und Programme

Desinteresse ­­ben Tobias mer ein Ge­ Ihr Konzept: munalpolitikern stellen, auf der vorstellen können.

Von den Kommunikationsproblemen zwischen Kommunalpolitik und Bürger erfuhren sie aus erster Hand. „Kaum jemand würde einen Kommunalpolitiker seines Bezirks auf der Straße bemerken, geschweige denn seine politischen Ziele kennen“, sagt Patrick. So entstand die Idee für Prope. Inzwischen steht ihr Konzept. Eine Hilfestellung bietet Funpreneur, indem es den Teilnehmern Wirtschaftspaten vermittelt, die ihnen unterstützend zur Seite stehen. Jetzt fehlen nur noch die Politiker, die sie telefonisch, bei Bezirksverordnetenversammlungen und über die Bezirksblätter anwerben wollen. Trotz der vielen Arbeit sind sie optimistisch: „Es ist ein gutes Gefühl, ein ideelles Projekt

Tobias und Patrick wollen Licht in die Welt der Wähler bringen.

Unter dem Namen Prope, was auf Latein „nahe“ bedeutet, nehmen sie mit ihrer Idee am Funpreneurwettbewerb der Freien Universität für studentische Firmengründer teil. Ihre Homepage soll Nähe zwischen Kommunalpolitikern und Bürgern aufbauen. „Es ist keine revolutionäre Idee, aber ein Ventil zur Kommunikation. Es wird vieles vereinfachen, sowohl für den Politiker, als auch für den Bürger“, erklärt Tobias. Durch erleichterte Suche und schnelle Kommunikation hoffen sie, das Interesse der Bürger für kommunale Politik stärken zu können. Die beiden Politikstudenten kennen sich aus im Geschäft: Während des letzten Wahlkampfs arbeiteten sie für die Grünen.

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zu haben, mit dem man einen Beitrag für die Gesellschaft leisten könnte. Außerdem lernt man Abläufe und Probleme, die mit der Selbstständigkeit verbunden sind, kennen“, sagt Tobias. Nun bleibt abzuwarten, ob die Politikerinnen und Politiker „anbeißen“ und ob ihr Projekt im Netz auf Anklang stößt.

WW PROP W. E-W EB. DE 31


Kultur

Von der Kunst, sich nicht umzubringen Dan Rhodes: Little Hands Clapping. Rezensiert von JULIAN NIKLAS POHL.

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ine spärlich beleuchtete Gasse, ein dunkles Gebäude, ein alter Museumswächter, der traumlos hinter einem der Fenster schläft und ein Unbekannter, der sich in einem der anderen Räume versteckt hat – so beginnt Dan Rhodes’ neues Buch Little Hands Clapping. Rhodes begleitet einen liebeskranken Ehemann auf seinem Weg vom Witwer zum lebensfrohen Kannibalen und dokumentiert den Absturz eine portugiesische Dorfschönheit, die schließlich zur manisch-depressiven Selbstmordkandidatin wird. Die Hauptperson jedoch ist der kreidebleiche Mu­seumswächter, dessen Geschichte und Beweggründe lange im Unklaren bleiben. Eine traumlose Nacht, ein ereignisloser Tag und das Vergnügen, die ein oder andere Spinne zwischen seinen Zähnen zermahlen zu können – dies scheint ihm zu genügen, um in einen scheintoten Zustand der Seligkeit zu gelangen. Schon auf den ersten Seiten nimmt Rhodes sein prägnantestes Stilmittel auf: Wie ein roter Faden ziehen sich kurze Passagen der Vorahnung durch das Buch. Durch gezielt eingeworfene Andeutungen lässt er den Leser weit in die Zukunft des Museums blicken. Das Museum, das nur zur Verhinderung

von Selbstmorden geschaffen wurde, wird noch von Journalisten belagert und von der Polizei durchsucht werden – den Grund dafür wird man jedoch erst viele Seiten später erfahren. Durch dieses Vorgehen muss sich Rhodes gar nicht bemühen, einen Spannungsbogen zu erzeugen. Die Geschichte erzählt sich wie von selbst. Mit seiner ruhigen Sprache schickt Rhodes den Leser auf eine unkommentierte Tour in die Vergangenheit der handelnden Figuren und damit in die Abgründe des menschlichen Daseins. Fast erleichtert ist man über makabere Pointen und schwarzen Humor, wie doe Geschite vom Hund, der im Park einen menschlichen Penis samt Skrotum auskotzt. Letztendlich ist es aber die klassische kriminalistische Spannung, die das Verweilen in Rhodes’ Gruselkabinett inmitten deutscher Kleinstadtidylle zu einem wahren Vergnügen macht. Little Hands Clapping ist ein hochintelligent erzähltes Buch, das den Leser raffiniert vom Leitmotiv des Selbstmords wegzuführen vermag und auf die letztlich zentrale Frage stoßen lässt: Welche Wege und Irrwege findet der Mensch auf seiner Suche nach dem Glück?

Guttengate Roland Preuß und Tanjev Schultz: Guttenbergs Fall. Rezensiert von MARGARETHE GALLERSDÖRFER.

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m März 2011 musste der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg zurücktreten. Es hatte sich herausgestellt, dass er seine Doktorarbeit zum großen Teil Copy/Paste zu verdanken hatte. Über diese Affäre ist das Buch „Guttenbergs Fall. Der Skandal und seine Folgen für Politik und Gesellschaft“ von Roland Preuß und Tanjev Schultz erschienen, laut Klappentext „die beiden Journalisten, die den Stein ins Rollen gebracht haben“. Zwei Schadenfrohe, die noch mal nachtreten und ihre eigene Rolle beim tiefen Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg größer schreiben wollen, als sie tatsächlich war? So ein Buch macht misstrauisch. Die Autoren schienen das zu ahnen. Statt sich mit fremden Lorbeeren zu schmücken, bieten sie eine detaillierte Zusammenfassung der Plagiatsaffäre: vom ersten Verdacht gegen Guttenberg bis zu Plagiatsfällen bei weiteren Politikern. Sie widmen sich ausführlich dem Entdecker der ersten Plagiate sowie der Online-Plattform GuttenPlag. Wer die Berichterstattung um Guttenbergs Doktorarbeit in der Süddeutschen Zeitung verfolgt hat, dem wird jedoch manches bekannt vorkommen. Doch natürlich geben sich Preuß und Schultz nicht die Blöße, in einem Buch über den Fall Guttenberg andere Texte zu nutzen, ohne das

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anzugeben; selbst, wenn es ihre eigenen Artikel sind. Ihre Akribie beim Offenlegen der Quellen ist unfreiwillig komisch: Die Angst, Guttenberg-Fanatiker könnten sich das Buch vornehmen und auch nur die winzigste Unkorrektheit finden, muss groß gewesen sein. Selbst eine nicht besonders originelle Formulierung wie „Sieg mit bitterem Nachgeschmack“ wird mit einer Fußnote versehen. Die Stärke des Buches besteht darin, dass es nicht allein die Affäre um Guttenberg reproduziert, auf dass sich der Leser noch einmal an dessen Rechtfertigungsversuchen ergötze. Die Autoren stellen auch einige allgemeine Betrachtungen an, die lesenswert sind, zum Beispiel über die Rolle von Skandalen in einer Gesellschaft. Kritisch beleuchtet wird auch der Universitäts- und Wissenschaftsbetrieb, der viel Mitverantwortung trägt an Pfusch und Betrug beim wissenschaftlichen Arbeiten. Das Einzige, was dem Buch fehlt, ist der Mut zu einer klareren Prognose, ob Guttenberg ein Comeback gelingen wird. Momentan sieht alles danach aus, als würde „KT“ wieder Anlauf nehmen. Es heißt sogar, er sitze an einer zweiten Doktorarbeit.

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Warenfetisch

Warenfetisch:

Ugg boots Ein Zuhause für Klumpfüße. Von CATHARINA TEWS.

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al ehrlich, so lange deutsche Tiefdruckgebiete Namen wie Yoda, Bert oder Schwiedhard tragen, sollte nicht jedes Jahr wieder von einem apokalyptischen Wintereinbruch ausgegangen werden. Betrachtet man die Schuhe der Kommilitonen, könnte man allerdings meinen, sie würden erst Fluppen holen und dann ganz nebenbei auf ein paar Robbenbabys einknüppeln gehen. Die Ugg Boots sind los. Immer noch. Eigentlich sind Uggs nur bessere Höhlenmenschenschuhe: Man nähe zwei Fetzen Schafsfell zusammen, stopfe innen ordentlich Fleece rein und klebe eine billige Kautschuksohle unten drunter: Tada – Schuh fertig! Der eigentliche Trendsetter war die chinesische Mumie von Subashi, die die Treter schon 500 vor Christus trug. Anders als vermutet kommen die wuscheligen Ungetüme von sonnengebräunten australischen Surfern, die sie nach dem Wellenreiten zum Aufwärmen ihrer Füße nutzten.

ansehnliche Frau wie eine trächtige Hippodame durch die Unigänge hin zum nächsten Wasserloch! Verbreitet wurden sie erst ab 1978, als der Australier Brian Smith seine zwei Dutzend Schuhe zusammenpackte und nach Südkalifornien überschiffte, um dort die Ugg Holdings Inc. Brand (Ugg Australia) zu gründen und seit Mitte der Achtziger zum Verkaufsschlager zu machen. Stars wie Pamela und Oprah trugen dazu bei, dass sie die Herzen der Amerikaner eroberten. Europa zog 2005 nach und erlebt dieses Jahr ein Ugg-Revival. Heute sieht man die Treter in den wildesten Variationen optischen Elends: rosa Blümchen-Look, mit glitzernden Pailletten besetzt, ab dem Knöchel bis zum Knie hochgestrickt, oder – my personal favourite – im Bisamratten-Look, mit acht Zentimeter langen Fell-Zotteln überzogen. Das schlechte Fußbett wird sein Übriges tun, damit die Ugg-Damen später nur noch auf zentimeterdicken Einlegesohlen x-beinig durch die Gegend humpeln können. Und so frönen die Schuh-Fetischisten dem Trend der neuen Hässlichkeit.

Obwohl ihr exakter Ursprung und die Namensentstehung seit Jahren vor Gericht verhandelt werden, wird behauptet, dass die Frau eines Schaffellverarbeiters die Dinger schon 1958 so ugly fand, dass sich so der Name eingebürgert hätte. Wo sie Recht hat: Mit diesen Tierhautkolossen wankt jede noch so

Catharina Tews weiß nicht, ob die Zahnspangendose, oder die Kittelschürze nächstes Jahr Trend sein werden und trägt diese Saison beides zur Probe. Hauptsache Erste!

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Kultur

Veranstaltungskalender Gesammelt von KIRSTIN MACLEOD, JULIAN POHL und ELIESE BERRESHEIM Mehr Veranstaltungen unter www.furios-campus.de

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LassT uns froh und munter sein WeihnachtsZauber am Gendarmenmarkt. 21.11.bis 31.12.2011. Öffnungszeiten 11-22 Uhr. Eintritt: 1 € für das Bühnenprogramm

Die Weihnachtsferien stehen vor der Tür und nach einem langen Unitag gibt es nur eines, das uns in Winterstimmung bringen kann: auf den Weihnachtsmarkt gehen. Einer der schönsten Weihnachtsmärkte in Berlin ist jener am Gendarmenmarkt. Vor der zauberhaften Kulisse des Konzerthauses und der beiden Dome kann man der beschwingten Weihnachtsmusik lauschen und an zahlreichen Künstlerständen Inspiration für Geschenke finden. Auch Akrobaten geben auf der Bühne ihre Kunststücke zum Besten. Neben Leckereien wie Kaiserschmarrn oder Nougatschokolade gibt es Glühwein in verschiedenen Variationen. Für ein Treffen unter Freunden oder einen Abendtrunk mit Kommilitonen ist der Weihnachtsmarkt ein Ort, an dem man trotz Schnee und Kälte lustige Stunden verbringen kann..

Eure Veranstaltungen an redaktion@furios-campus.de

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»Man sieht nur mit dem herzen gut« „Der kleine Prinz“. Zeiss-Großplanetarium Berlin, Prenzlauer Allee 80. Am 26.12.11 um 18 Uhr. Eintritt: 12/14 €

Was gibt es Schöneres in der Weihnachtszeit als sich zurückzulehnen, in die Sterne zu blicken und dabei einem wunderbaren Märchen zu lauschen? Das Zeiss-Großplanetarium bietet genau das. An diesem Montag spricht und spielt der Schauspieler und bekannte Hörspielsprecher Rudolf H. Herget das Märchen von dem kleinen Prinzen von Saint-Exupéry. Unter einem endlosen Sternenhimmel können Kinder und Erwachsene in die „Welt der Poesie“ eintauchen und sich von der Magie des Universums mitreißen lassen. www.sdtb.de/Zeiss-Grossplanetarium.25.0.html

www.gendarmenmarktberlin.de/wp

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Erinnerung an tränenreiche trennungen „GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung“ Dauerausstellung im Tränenpalast, Reichstagufer 17. Dienstag bis Freitag 9-19 Uhr, Samstag, Sonnund Feiertage 10-18 Uhr. Eintritt frei

Die Mauer ist weg – dennoch weist in Berlin noch vieles auf die Zeit vor 1989 hin. Seit Kurzem hat Berlin einen Erinnerungsort mehr, der für die deutsch-deutsche Teilung steht: Im Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße hat die Ausstellung „GrenzErfahrungen“ eröffnet, die über das aufwändige Prozedere bei Aus- und Einreisen aus und in die DDR informiert. Zwischen alten Reisepässen, Filmaufnahmen und originalen Abfertigungskabinen lässt sich die Atmosphäre der damaligen Zeit gut nachvollziehen. Die Ausstellung ist für jeden interessant, der mehr über die Geschichte seiner Studienstadt erfahren will.

Für immer jung Fotoausstellung zum 50. Jubiläum des deutschen Jugendfotopreises. Deutsches Historisches Museum, Unter den Linden 2. Vom 12.11.11 bis 05.02.12. Eintritt 7 €

Jung ist man nur einmal. Dass die Jugend die schönste Zeit des Lebens ist, zeigt die Fotoausstellung „Für immer jung“ im Deutschen Historischen Museum. Zum 50. Mal jährt sich die Verleihung des deutschen Jugendfotopreises. Die preisgekrönten Bilder eines halben Jahrhunderts sind ausgestellt. Wer glaubt, es handele sich um eine Ansammlung beliebiger „Snapshots“, der irrt! Die jungen Fotografen haben keine Scheu vor der Macht der Bilder. Einer von ihnen begleitete seine krebskranke Großmutter beim Sterben, eine weitere Preisträgerin porträtierte sich über Jahre in ihrem Kinderzimmer beim Erwachsenwerden. Die Perspektiven und Motive könnten unterschiedlicher nicht sein. Eine Dynamik geht von jedem einzelnen der über hundert ausgestellten Bilder aus: Der Wunsch, unbeschwert und frei zu sein. www.dhm.de/ausstellungen/fuer-immer-jung/

www.hdg.de/berlin/traenenpalast-am-bahnhof-friedrichstr/

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