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FINANCE Finanzberatung GmbH
Werden die Generationen Y und Z Insurancer?
Wie gut kennt die Versicherungsindustrie die 16- bis 30-Jährigen? Wenn die Branche ihr eklatantes Nachwuchsproblem lösen will, muss die Mitarbeiterwerbung in dieser jungen Zielgruppe von Erfolg gekrönt sein. Welche Resultate hat also die aktuelle Nachwuchsinitiative des GDV bisher geliefert? Besser geht immer, aber vieles überzeugt schon jetzt.
„Get real. Werde #Insurancer!“ – mit diesem Claim hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) zusammen mit seinen Mitgliedsunternehmen eine Nachwuchsinitiative gestartet. „Unsere Kampagne hat das Ziel, den Aktivitäten unserer Mitgliedsunternehmen bei der Nachwuchsgewinnung für Jobs im Versicherungsvertrieb Rückenwind zu verleihen“, erklärt Katharina Schmidt-Narischkin, die Projektleiterin der Initiative. Der wird dringend gebraucht. Denn Nach Berechnungen des GDV sind nur 21 % der gebundenen Vermittler jünger als 35 Jahre. Bei den Maklern sind es sogar nur 8 %. 42 % der Versicherungsvermittler gehören zur Altersgruppe 55plus.
Effektive Kommunikation und die Bedeutung von „Nein“
Die Branche muss also ran an die jungen Leute – das wird kein unlösbares Problem, sondern eine ambitionierte Herausforderung. Schauen wir auf eine repräsentative BearingPoint-Umfrage von April 2020. Demnach können sich 40 % der 18- bis 20-Jährigen nicht vorstellen, künftig bei einem Versicherer zu arbeiten. Schütteln wir uns kurz, atmen tief durch und denken positiv: 60 % haben eine Tätigkeit in der Versicherungsbranche nicht explizit ausgeschlossen. Und die 40 % NeinSager? „Nein“ bedeutet bekanntlich oft „Noch eine Information nötig.“ „Es liegt eben nicht an den jungen Leuten, wenn sie keinen Bock auf Versicherungen haben“, analysiert Alexander Feiling, geschäftsführender Gesellschafter der FFF F1rst Finance Finanzberatung, im großen finanzwelt-Interview. „Es liegt an uns, effektiver zu
kommunizieren!“ Wie gut gelingt das der Branche mit der GDV-Initiative? Bei Redaktionsschluss lief die Kampagne rund drei Monate und siehe da: „Kanalübergreifend haben wir bislang knapp 29 Millionen Impressionen innerhalb der Zielgruppe erzielt“, berichtet Schmidt-Narischkin.
Diese Zahl beschreibt die Reichweite. Wer eine Aktion startet, will natürlich, dass sie gesehen wird. Aber: „Wichtiger als diese Messgröße ist uns, dass sich die Zielgruppe tiefergehender mit den Karrieremöglichkeiten auseinandersetzt“, erklärt die Projektleiterin. Hier ist der GDV von den bisherigen Ergebnissen sogar positiv überrascht! Mehr als 40.000 junge Menschen haben schon den Karriere-Selbsttest auf der Webseite der Kampagne absolviert. Dieser Test ist clever angelegt, weil er schnell und einfach durchgeführt werden kann. Er besteht aus nur sechs Fragen, die sich allesamt mit jeweils einem Klick beantworten lassen. Das entspricht dem Nutzerverhalten der Zielgruppe, die über eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne verfügt. Entsprechend kurz sind auch die Videos zur Testauswertung und die Videos der Initiative auf YouTube. Ebenfalls gelungen: Die Initiative holt die umworbene Altersgruppe dort ab, wo sie Zeit verbringt, nämlich auf Instagram, Snapchat, Facebook und YouTube. Dazu ist die gesamte Aktion smartphoneoptimiert.
Y ist nicht gleich Z
All das passt wunderbar zu beiden Generationen, die angesprochen werden: Generation Y, auch „Millennials“ genannt, und deren Nachfolgegeneration Z. Beide gelten als „Digital Natives“, also als Jugend, die ganz natürlich mit der Digitalisierung aufgewachsen ist. Doch es bestehen auch Unterschiede. So sind die Millennials, geboren ungefähr zwischen 1981 und 1996, in einer Zeit zur Schule gegangen, in der Deutschland mit Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen hatte. 2005 waren hierzulande rund fünf Millionen Menschen arbeitslos. Das entspricht einer Quote von 11,7 %! Seitdem sank die Quote dank eines bärenstarken Wirtschaftsbooms fast jedes Jahr bis auf nur 5 % im Jahr 2019. Diese Entwicklungen haben die Jugend beeinflusst. Viele der Millennials hatten schon mal Angst, nach der Schule keinen Job oder Ausbildungsplatz zu finden. Für die Generation Z ein relativ fremdes Gefühl. Dieses Jahr ist durch die Pandemie zwar alles anders. Aber zumindest bis vor kurzem wuchsen die Generation Zler in dem Bewusstsein auf, in der Karriereplanung die Qual der Wahl zu haben. Daher können sie es sich mehr als jede Generation zuvor leisten, Ansprüche zu formulieren. So betont fast jede Studie über Generation Z, dass sich viele in dieser Geburtenkohorte vom Arbeitsleben in erster Linie einen tieferen Sinn wünschen – und nicht Geld, Macht oder Status.
Nächste Station: Noch mehr Erfolg
Diese Besonderheiten finden ihre Beachtung in der GDV-Nachwuchsinitiative. So werden die Interessenten bei der Auswertung des Selbsttests in vier verschiedene „Karrieretypen“ eingeteilt – und mit entsprechenden Gründen für eine Karriere als „Insurancer“ umworben. Es gibt die Ausgeglichenen, die Verantwortungsbewussten, die Neugierigen und die Ehrgeizigen. So finden sich alle irgendwo wieder – von den verantwortungsbewussten „Sinn-Suchern“ zu den einkommensbewussten „Ehrgeizigen“. Leider spiegeln sich diese unterschiedlichen Motivationen nicht in den humorvollen YouTube-Videos wider. Stattdessen wird in jedem der vier Clips ein Traumberuf der Zielgruppe aufs Korn genommen. Lustig umgesetzt, aber ob das die Zielgruppe wirklich motiviert? Die Videos haben aktuell zwischen ca. 11.000 und rund. 33.000 Aufrufe. Zum Vergleich: Sieben Videos der BVG-Kampagne haben bei den Aufrufen die Millionenmarke ge
Katharina Schmidt-Narischkin Projektleiterin GDV-Nachwuchsinitiative
knackt. Dabei hat die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) in Berlin ein mindestens genauso „ausbaufähiges“ Image wie die Versicherungsbranche. Hier lohnt sich ein zweiter Blick. Bei diesen mega erfolgreichen Millionen-Videos handelt es sich um reine Image-Spots, die auf die Verbesserung der BVGReputation abzielen. Bei den Karriere-Clips zur Anwerbung von Azubis bewegen sich die View-Zahlen hingegen „nur“ zwischen rund 120.000 und ca. 390.000. Dieser Bereich sollte auch für die Rekrutierungsvideos der GDV-Initiative machbar sein. Um das BVG-Level zu erreichen, könnte eine Erhöhung des Werbebudgets schon einen spürbaren Unterschied machen. Inhaltlich sollte die Branche in Betracht ziehen, nach dem Beispiel der BVG die Rekrutierungsvideos durch lässige Image-Videos zu ergänzen. Wenn sie ein viraler Hit werden, unterstützt das auch die gesamte bisherige Kampagne. Der GDV sagt schließlich selbst, dass die Branche bei der Nachwuchsinitiative gegen eine negative Reputation ankämpfen muss. Besser geht immer. Aber die gute Nachricht lautet: Der GDV hat schon jetzt die richtige Richtung eingeschlagen. Vor allem zeigen das die Zugriffe auf Stellenanzeigen, die im Zuge der Initiative entstanden sind. „Mit den Zahlen sind wir sehr zufrieden“, resümiert Katharina Schmidt-Narischkin. „Endlich haben wir als Branche aufgehört, über all die dummen Vorurteile zu jammern und stattdessen angefangen, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, lobt auch Feiling die GDV-Kampagne und freut sich, wenn sein Buch ebenfalls einen Beitrag dazu leisten kann. (sh)