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Rakete im Trudelflug

Corona war hilfreich

Der Corona-Schock hat direkte Auswirkungen auf die Versicherungs- und Vorsorgeberatung. Für das Thema betriebliche Altersversorgung war er offenbar ein Segen – denn auf einmal funktioniert vieles digital, was vorher nur sehr schleppend ging. finanzwelt sprach hierüber und auch über das BRSG mit Martin Bockelmann, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der xbAV AG.

finanzwelt: Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Marktentwicklung der betrieblichen Altersversorgung? Martin Bockelmann» Die aktuelle Situation wird, bei aller Tragik für die vielen betroffenen Menschen und Unternehmen, ein Beschleuniger für die Digitalisierung sein. Von jetzt auf gleich änderte sich das private Leben genauso wie der berufliche Alltag. Mit dem Büroeinzug im privaten Wohnraum stellte sich die Frage, was geht eigentlich online? Das gilt auch für die bAV und alle Prozesse, die damit zusammenhängen. Unsere Plattform macht die bAV für alle einfach und zugänglich – auch aus dem Homeoffice heraus. Das gilt für die Beratung bis zum Online-Abschluss. Wie sich die Krise auswirkt, sehen wir in der Nutzung unserer Plattform.

finanzwelt: Und auf das Geschäft Ihres Unternehmens? Bockelmann» Mit dem allgemeinen Start ins Homeoffice ging die Anzahl der Online-Beratungen auf unserer Plattform erst einmal zurück. Die Anzahl der durchgeführten Beratungen lag nur noch bei 50 %, verglichen mit dem Vorkrisenniveau. Drei Wochen später stieg sie auf 75 %, und aktuell liegen wir wieder auf Vorkrisenniveau. Die Nutzung der Online-Verwaltung auf unserer Plattform erhöhte sich dagegen. Die Zahlen steigen nach wie vor an. Viele Personalabteilungen nutzen offenbar diese Zeit, um sich besser und zukunftsfähiger aufzustellen.

finanzwelt: Die umfassende Digitalisierung zahlt sich also jetzt für alle Beteiligten aus? Bockelmann» Ja. Auch für die Zeit nach Corona. Mit den richtigen Tools spare ich als Unternehmen Zeit und Geld. Und wenn die Oberfläche benutzerfreundlich ist, spare ich mir zusätzlich Nerven. Die bAV muss für alle einfacher werden. Digitale Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil unserer Zukunft. Unter anderem, weil sie die Beratung und Verwaltung kostengünstig, schnell und ortsunabhängig macht. Darüber hinaus hilft die Digitalisierung auch bei der Verbreitung der bAV. Über digital unterstützte Prozesse legen Beschäftigte über 60 % mehr für ihre Altersvorsorge zurück als auf herkömmlichem Wege. Wir führen das darauf zurück, dass die bAV online leicht verständlich wird. Die Vorteile und Zusammenhänge werden einfach und klar. Hinzu kommt, dass sich der Administrations- und Informationsaufwand auf Arbeitgeberseite um bis zu 80 % reduziert. Dieser enorme Effizienzgewinn trägt zu einer höheren Akzeptanz bei. Als Plattformanbieter möchten wir Versicherern und Arbeitgebern bei dieser Umstellung auf digital helfen. Mit unserer unabhängigen Plattform möchten wir außerdem, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gut informierten Entscheiderinnen und Entscheidern werden. Das geht nur, wenn sie ihre persönliche Situation kennen und wissen, welche Entscheidung welche Auswirkung hat. Idealerweise klar und verständlich.

finanzwelt: Akzeptanz und eine höhere Verbreitung waren ja auch die großen Ziele des Betriebsrentenstärkungsgesetzes. Werden diese Angebote jetzt auch stärker genutzt? Bockelmann» Das BRSG hat Verbesserungen gebracht, beispielsweise den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss. Der Zuschuss macht die bAV noch attraktiver für Beschäftigte. Vor dem BRSG gab es wenige Entgeltumwandlungen, die ohne Arbeitgeberzuschuss vereinbart wurden. Heute sehen wir in den Zahlen, dass die durchschnittliche Beitragshöhe seit der Einführung des Gesetzes gestiegen ist. Immer mehr Vermittler, die bislang noch wenig oder gar kein bAV-Geschäft gemacht haben, fokussieren sich auf dieses wichtige Spezialgebiet. Das ist auch ein Verdienst des BRSG. Mit der Pandemie und deren Konsequenzen ist das Thema Kurzarbeit ein neues wichtiges Thema geworden. Auch in der betrieblichen Altersversorgung.

finanzwelt: Was heißt das konkret? Bockelmann» Geht ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in Kurzarbeit, kann er oder sie natürlich selbst entscheiden, was mit der Entgeltumwandlung passieren soll. Also, ob die Beiträge weiter aufgebracht, reduziert oder gar eingestellt werden. Auch diese Entscheidung braucht Beratung, genauso wie die Abwicklung, wie die Entscheidung dann auch fällt. So oder so sollte das ad hoc umgesetzt werden. Das geht online am schnellsten.

finanzwelt: Der Lockdown war für Vermittler auf vielen Ebenen herausfordernd. Wie haben Sie als Plattformanbieter darauf reagiert? Bockelmann» Wir wollten den Vermittlern helfen, mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben. So entstand z. B. unsere Initiative #Videoberatung. Eine Webseite, die hilfreiche Tipps, Videokonferenz-Tools und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zu bAV-Beraten aus der Ferne bietet. Dazu haben wir ein Forum auf die Beine gestellt, um sich mit Menschen aus der Branche austauschen zu können oder Fragen zu stellen. Und dann natürlich Webinare zu verschiedenen Themen. Die haben aus meiner Sicht die größte Nachfrage.

finanzwelt: Gibt es in der bAV-Beratung Teilbereiche, die besonders wichtig sind? Bockelmann» Dass der Beschäftigte zu jeder Frage eine konkrete und korrekte Antwort bekommt. Dazu können wir durch Technologie einen Teil beitragen, z. B. bei der Nachsteuerbetrachtung. Attraktiv ist sicherlich auch die Gegenüberstellung der Lohnabrechnung vorher/nachher und der interaktive Schieberegler. Unser Online-bAV-Aufwandsrechner zeigt per Klick, wie genau sich der Aufwand verändert und dass auch höhere Zuschüsse sinnvoll sein können.

finanzwelt: Welche Wünsche haben Sie für die weitere Entwicklung in der bAV? Bockelmann» Klare Produkte mit einfachen Förderkriterien und konsequente Weiterentwicklung der Digitalisierung. Ich wünsche mir eine bAV, die für alle verständlich und einfach ist. (hdm)

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