Freistädter.pur www.freistaedter-bier.at
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Hopfig Anders
Hopfen, Malz, Hefe, Wasser
Die Kathedrale
Gemeinsam
Warum die Freistädter Biere so eigenständig schmecken
Warum sich Freistädter Bier frühzeitig beste Rohstoffe gesichert hat
Warum das neue Sudhaus Biere mit Charakter bringt
Warum exzellente Brauereien miteinander mehr erreichen
Die Braucommune in Freistadt - gegründet 1777 strahlt seit 2013 in neuem Glanz
EDITORIAL
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35 Jahre nach meinem ersten Freistädter Bier
n Freistadt hat einst meine bierige Initiation stattgefunden. Das ist schon ein paar Jährchen her, wenn Sie es genau wissen wollen: Vor 35 Lenzen hatte ich ein frühsommerliches Wochenende mit ein paar Freunden und deutlich mehr Krügeln köstlichen Freistädter Bieres verbracht. Über die exakte Anzahl breite ich den Mantel des Schweigens, zumal ich heute ein Anwalt des maßvollen Bierkonsums bin. Aber was wären wir ohne unsere Jugendsünden? Ich sehe auch nicht mit Groll (gegen den jugendlichen Biersepp) und schon gar nicht mit Grausen auf diese Tage zurück. Ich muss vielmehr schmunzeln und daran denken, wie qualitätsvoll und vor allem nebenwirkungsfrei das gute Freistädter Bier schon seinerzeit gewesen ist. Ich hätte damals nicht im Traum daran gedacht, einmal ein „freistädter.pur“ machen zu dürfen. Man sieht, das Leben kann über-erfüllend sein. Mein Gefühl dabei ähnelt jenem, das wir haben, wenn wir mit geschlossenen Augen den ersten Schluck eines kühlen Freistädter Biers „laufen lassen“. Wir haben uns entschlossen, ein puristisches Magazin zu machen. Fernab vom Marketingsprech unserer Tage. Wir wollen aufzeigen, dass es eine Fülle von Gründen gibt, warum das Freistädter Bier so eigenständig ist. Warum es ein Bier mit Charakter und Geschmack ist. Es wird ausführlich beleuchten, was damit gemeint ist, wenn die Freistädter „Das hopfig andere Bier“ sagen.
Sehr zum Wohle! Der Biersepp www.biersepp.eu Follow me on Twitter … http://twitter.com/#!/Der_Biersepp
Impressum
Fotos Archiv
Medieninhaber & Herausgeber Österreichischer Agrarverlag Druck- und Verlagsges.m.b.H. Nfg. KG, Sturzgasse 1a, 1140 Wien, Tel.: +43 1 98177–0, Fax: +43 1 98177–111, Internet: www.agrarverlag.at Verlagsort 1140 Wien Erscheinungsweise 3x jährlich Leitung GENUSS.gruppe Mag. Oliver Krainz, MBA, Tel.: +43 1 98177–191, Fax: +43 1 98177–111, Mail: o.krainz@agrarverlag.at Redaktion Österreichischer Agrarverlag Druck- und Verlagsges.m.b.H. Nfg. KG, Sturzgasse 1a, 1140 Wien, Tel.: +43 1 98177–0, Fax: +43 1 98177–111, Internet: www.bierpur.at Chefredaktion Der Biersepp, Mail: s.wejwar@agrarverlag.at, Tel.: +43 664 4584948 Chefredakteurin Angelika Kraft, Mail: a.kraft@agrarverlag.at, Tel.: +43 1 98177–192 Artdirektion Pinkhouse Design GmbH, Währinger Straße 48/22, Tel.: 01 3103161, office@pinkhouse.at, www.pinkhouse.at Sales & Marketing Carin Wollenhaupt, Tel.: 01 98177 – 195, c.wollenhaupt@agrarverlag.at Mail: c.wollenhaupt@agrarverlag.at Mitarbeiter dieser Ausgabe Jens Almer, Dr. Bert Brandstetter, Elena Foster, Marianne Furthofer, Mag.a Melanie Gadringer, Dkfm. Jean Prassé, DI Birgit Rieber Coverbild Martin Pröll Lektorat Markus Egger Druck „agensketterl“ Druckerei GmbH, Kreuzbrunn 19, 3001 Mauerbach, Mail: info@diedrucker.biz, www.diedrucker.biz Kioskverkauf Morawa, Wien Zulassungsnummer 07Z037532M. Nachdruck, elektronische (alle Arten von Scantechnik und Brennen von CDs) und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlags; veröffentlichte Texte und Bilder gehen in dessen Eigentum über, es kann daraus kein wie immer gearteter Anspruch abgeleitet werden. Alle Rechte, insbesondere die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Für Manuskripte und Bilder wird keine Haftung übernommen. Die Redaktion behält sich die Kürzung von Leserbriefen und Beiträgen vor.
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Inhalt 11
07 Die Seele des Bieres Hopfen hat viele wohltuende Wirkungen.
12 Die Kathedrale Das neue Sudhaus.
19 Freistädter Wirte Interview.
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14 Es war einmal im Bierviertel Die Geschichte der Braucommune.
20 Die Biere der Braucommune Hopfig anderen Bier.
17 Gemeinsam statt Einsam Mehr als nur Wirtschaftsform.
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Braugerste aus Österreich Die richtige Rohstoffwahl.
10 Gentechnikfrei, groß, kraftvoll. Die Mühlviertler Hefe.
Ein klarer Vorteil Mühlviertler Urgesteins-Wasser.
18 Was ist schon „selbstverständlich“? Gutes Bier auf keinen Fall.
06 Das hopfig andere Bier In Freistadt wird Regionalität gepflegt.
Das Freistädter Junghopfenpils Pionierarbeit.
Warum das Freistädter Bier so eigenständig schmeckt. Boden – Wasser – Rohstoffe – Rezepte – Technologie – Regionalität und die Handschrift der Brauer. Alles zusammen ist das „Terroir“ des Biers.
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ertvolle Biere zeigen „Terroir“. Damit unterscheiden sie sich wesentlich von Industriebieren, die in großen Massen hergestellt werden. Das ist Ware, die auf der ganzen Welt in etwa gleich schmecken soll. Auch keine kleine Herausforderung an die Braumeister – aber eine völlig andere Philosophie als jene, wie sie in Freistadt gepflegt wird. Was macht diesen geheimnisvollen Terroir-Begriff im Bier aus? Es ist das Zusammenwirken mehrerer Komponenten. Dazu gehört an erster Stelle das „Terroir“ im Wortsinn: Der Boden. Weil er für das Brauwasser ausschlaggebend ist. Hinzu kommen die Rohstoffe, etwa die „alte“ Freistädter Entscheidung, ausschließlich Mühlviertler Hopfen zu verwenden. Denn in Österreich gibt es, außer im Mühlviertel nur ein weiteres Hopfenanbaugebiet - in der Steiermark. Die
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wenigen Waldviertler Hopfenbauern haben sich der Mühlviertler Genossenschaft angeschlossen. Mühlviertler Bier, das ist alleine vom Hopfen her „Terroir pur“. Weiters rechnen wir die Brau-Rezepte mit in den TerroirBegriff ein. Ein Betrieb wie die Braucommune in Freistadt hegt und pflegt überlieferte Rezepturen. Auch die Technik ist entscheidend. Braute man aus denselben Rohstoffen und Rezepten an verschiedenen Standorten (und nähme man sogar dasselbe Wasser) käme dennoch unterschiedliches Bier heraus. Freistadt ist zu Recht stolz auf seine aktuelle Technik, auf die funkelnagelneuen Geräte im historischen Sudhaus. Zur guten Letzt sind es die Menschen, die „Handschrift der Brauer“ und eine regionsbezogene Brauart. Freistädter Bier ist das beste Beispiel für „Terroir“ im Bier. Das vorliegende Magazin wird dies beweisen.
Der fünfte Rohstoff Im berühmten Reinheitsgebot vom 1516 war von drei Rohstoffen die Rede: Hopfen, Wasser und Malz, die Hefe wurde erst später entdeckt. Heute erkennen wir, dass für das Brauen natürlicher Biere ein fünfter „Rohstoff“ immer wichtiger wird: Die Zeit.
Fotos Biersepp, Andreas Hross
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enn Sie sich fragen, warum schmeckt mir dieses Freistädter Bier so gut? Dann freut uns das natürlich sehr. Auch um eine Erklärung sind wir nicht verlegen. Exzellentes Wasser aus dem Mühlviertler Granit, sorgfältige Rohstoffwahl und die Brautechnologie liefern die Basis für Biere mit Charakter, zu diesen Themen finden Sie einiges an Material, hier, im Freistädter.pur. Mit all diesen Stoffen und Kesseln kann man aber nur dann ein gutes Bier brauen, wenn man ihm die Zeit lässt, die es braucht. Das ist nicht selbstverständlich und unterscheidet uns deutlich von den Industriebier-Herstellern. Anonyme Gesellschaften, in welchen der Shareholder-Value regiert, schauen beim Brauen vor allem darauf, dass die Kosten minimiert werden. Zeit ist ein enormer Kostenfaktor. Wir haben das große Glück, dass wir vom Streben nach Qualität geleitet werden – und unseren Bieren Zeit lassen können. Durch längere Gärung bei tieferen Temperaturen und lange, kalte Reifung entstehen bessere
Aromen. Das Bier wird angenehmer, die weitaus bekömmlichere Gärkohlensäure entsteht und wird – mit der Zeit – optimal in das Bier eingebunden. Tradition und Kunst Zeit als Rohstoff bedeutet für uns auch, das wertvolle Gut unserer Tradition zu achten und zu nutzen. Unser Brauhaus ist der bedeutendste barocke Industriebau in Oberösterreich (105 Gewölbefelder), der komplett erhalten ist. Es wurde vollständig und behutsam renoviert und steht in voller Funktion. Der für unser Wasser so wertvolle Mühlviertler Granit ist auch ein Baustoff „Für die Ewigkeit“. Wir haben ihn bestens mit Stahl und Glas, Materialien unserer Tage, kombinieren können und so die alte Zeit mit der Gegenwart in Einklang gebracht. Zeit ist mehr als nur ein Rohstoff, nämlich eine weitere Dimension. Wie die Kunst, die unserem Brauhaus neue Energie verleiht. Der Künstler Konrad Feichtinger hat für uns eine Sonnenblumen-Skulptur geschaffen, die unser Bekenntnis zu erneuerbarer Energie wunderschön symbolisiert. Professor Arik Brauer hat uns gleich mit zwei herrlichen Kunstwerken bereichert: Das in sattem Gelb und dunklem Blau leuchtende Glasreliefbild hinter unserem Läuterbottich und den „Brauer-Brunnen“ der neue Mittelpunkt im Hof unseres Freistädter Brauhauses. Kunst ist eine Transzendenz des Rohstoffes Zeit – echte Kunst ist zeitlos. Ich hoffe sehr, Sie haben viel Freude mit Freistädter.pur. Viel Lesestoff? Es zahlt sich aus – nehmen Sie sich Zeit.
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r e i B e r e d n a g fi p o h s Da
In Freistadt wird Regionalität gepflegt. Man hat dort früh damit begonnen. Schon lange bevor das Wort in Mode kam.
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Sortenspiegel Im Mühlviertel werden als Aromahopfen die Sorten Malling, Golding, Aurora, Hersbrucker-Spät, Perle, Tradition, Spalter-Select und Saphir kultiviert. Diese werden durch die Bittersorten Magnum und Taurus ergänzt.
Fotos Shutterstock
Alltagseinsatz ist Artenschutz Dieses Denken trägt wesentlich dazu bei, dass alte Sorten nicht aussterben (und dann vielleicht Jahre später aufwändig rekultiviert werden müssten, so das dann überhaupt noch möglich wäre). Der beste Artenschutz ist die aktive Verwendung im Alltag der Produktion. Außerdem ist es löblich, wenn eine Brauerei lokal verankerte Stilmerkmale entwickelt, prägt und diese pflegt. Die Braucommunarden verteidigen das „Bier zur Region“ gegen kurzlebige Moden. Das schließt regelmäßiges Prüfen neuer Strömungen mit
ein. Pöschko, Leitner und die mittlerweile achtköpfige Riege der Diplom-Biersommelieres, die für die Braucommune in Freistadt arbeiten, fragen sich angesichts neuer auf dem Markt auftauchender Strömungen und Geschmäcker immer: „Passt das zu uns?“ Regionalität ist nicht rückwärtsgewandte Sturheit sondern, ganz im Gegenteil: Wachsamkeit am Puls der Zeit. Wie wird der Freistädter Bierstil in 5 Jahren aussehen? Der Hopfen wird ihn mitbestimmen, dessen sind wir uns gewiss. Es werden wohl im Wesentlichen die Mühlviertler Traditionssorten sein, hauptsächlich jene, die – im Rahmen der „Regionalität“ – einen zeitgemäßen Bierstil ermöglichen, der von Klarheit, Aromenfülle und hoher Wertigkeit dominiert wird. Freistädter ist schon heute das „hopfig-andere“ Bier und mit ein Grund dafür, dass das Mühlviertel von Gourmets längst nur mehr „Bierviertel“ genannt wird.
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er Hopfen war schon immer unser Thema“. Die Augen des Johannes Leitner leuchten, wenn er über das „Grüne Gold des Bierviertels“ spricht. „Damit meinen wir gar nicht so sehr die modernen Flavoursorten“ ergänzt der Braumeister. Gewiss: Heute wird unter Bier-Insidern viel über jene Hopfentypen geredet, die man unter der Klammer „Fruchtige Duftbomben“ zusammenfassen kann. Sorten, die nicht selten aus Übersee kommen, wie Cascade, der nordamerikanische Star, wie der aus Neuseeland stammende Nelson Sauvin, oder der erst 2007 zugelassene Citra (Der „Obstsalat unter den Hopfensorten. Leitner und Pöschko schwören lieber auf Regionalität. Auch beim Hopfeneinsatz ist sie den Freistädtern wichtiger als das Verfolgen einer Modeströmung. Leitner: „Wir verwenden für unsere Biere sieben von den zehn im Mühlviertel angebauten Hopfensorten“.
Hopfen, die Seele des Bieres
Hopfen hat auf uns Menschen viele wohltuende Wirkungen.
Fotos Shutterstock Text Jens Almer
Mühlviertler Hopfen Die Anbaufläche war einmal riesengroß, fast zehnmal so groß wie heute. Im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts wurden 1.000 Hektar Hopfenfläche verzeichnet. Danach gingen die Flächen zurück, verschwanden sogar in den Wirren des 20. Jahrhunderts. 1939 mussten aufgrund eines Berliner Reichserlasses die letzten verbliebenen Hopfengärten, rund 32 Hektar, gerodet werden. Als wieder Frieden herrschte wagte man sich im Mühlviertel an einen Hopfenanbau-Neubeginn, der von der österreichischen Brauwirtschaft sehr begrüßt wurde. So kam es zu langfristigen Abnahmeverträgen und im Jahr 1951 zur Gründung der Hopfenbaugenossenschaft, die 1996 in die Erzeugergemeinschaft für Mühlviertler und Waldviertler Hopfen mündete. 1980 wurde eine Anlage zur Herstellung von Pellets errichtet. Fast alle namhaften Brauereien verwenden heute Hopfenpellets, die in vakuumierten Aromaschutz-Paketen gelagert werden, zum Würzen des Biers. Mithilfe dieser Technologie können die meisten Inhaltsstoffe bis zum Einsatz bewahrt werden. Gegenwärtig bewirtschaften die Mitglieder der Erzeugergemeinschaft eine Fläche von 150 Hektar. Die Jahres-Hopfenproduktion beträgt durchschnittlich 230 Tonnen. Das Bierviertler Hopfen-Terroir Hopfen wird im Mühlviertel auf einer Seehöhe von 350 bis 650 Metern über Granit und Gneis kultiviert. Die besten Bodenarten für einen Hopfengarten sind kalkarm und bestehen aus sandigem Lehm, Lehm oder lehmigem Sand. Humulus Lupulus gedeiht am besten auf Südostlagen mit niedriger Humusauflage und geringen Wasserspeicherung. Das Mühlviertler Klima ist von einem langen und rauen Winter geprägt, dem
ein kurzer Frühling, ein heißer Sommer und meist ein schöner Herbst folgen. Das Temperaturmittel ist in den vergangenen 50 Jahren leicht gestiegen. Die Jahres-Niederschlagsmenge liegt bei durchschnittlich 830 Millimeter. Die Witterung des Mühlviertels in der Hopfenvegetationszeit, also von Mai bis August, ist für den Anbau der Hanfpflanze bestens geeignet: Viel reiner Sonnenschein, ausreichend Regen und starke Schwankungen zwischen Tages- und Nachttemperaturen begünstigen das rasante Wachstum der Triebe und Dolden. Die Landwirte können sich über stabile Erträge freuen, auch in den heißen, trockenen Jahren gedeiht der Hopfen im Mühlviertel.
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ie faszinierende Pflanze enthält 2.000 (!)meist gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe; der Hopfen war nicht grundlos „Heilpflanze des Jahres 2007“. Nur ein Beispiel: Der Inhaltsstoff Xanthohumol gilt als Wundermittel gegen vielerlei Beschwerden. Er zeigt Wirkung gegen Bakterien, Viren und den Malaria-Erreger, hemmt Entzündungen, hilft gegen Diabetes und wirkt sogar krebsvorbeugend; amerikanische und deutsche Forschungen bestätigen diese Wirkung. Für den Geschmack im Bier sind andere Inhaltsstoffe relevant. Da ist zunächst die Alphasäure, ihr verdanken wir die angenehme Bittere. Hopfenöle bringen aromatische Noten ins Bier. Winzig kleine Mengen dieser Öle genügen - und das Freistädter Bier duftet fein und würzig.
Golding Braumeister Johannes Leitner setzt zum Würzen des Freistädter Junghopfenpils eine Mischung aus mehreren Hopfensorten ein. Eine davon ist der traditionsreiche Golding. Freistädter.pur bringt sein Porträt: Eine der im Mühlviertel angebauten Aromahopfensorten ist der Golding. Sein Geschmacksprofil ist fein und angenehm, eher dezent als spektakulär. Er wird wegen seines delikaten, leicht würzigen Aromas geschätzt. Golding-Noten kann man dem klassischen Hopfen-Aromen-Spektrum zuordnen (Sie erinnern nicht etwa auffällig an Südfruchte). Golding spielt auch im slowenischen Hopfenanbau eine bedeutende Rolle. Dort heißt die Sorte „Savinjski Golding“ oder „Sannthaler“. Golding gehört zu den früher ausreifenden Hopfenarten und erbringt in guten Jahren bis zu 1.700 Kilogramm Hopfendolden pro Hektar. Die Golding Dolden sind mittelmäßig kompakt eher klein, der Konus ist relativ schmal. Der Lupulin-Anteil ist moderat, sichtbare Anteile sind hellgelb. Der Alfasäure-Anteil liegt zumeist zwischen 3,5 und 6 Prozent. Golding enthält höchstens ein Prozent Hopfenölanteil. Die Sorte wird auf der ganzen Welt und für viele verschiedene Bierstile eingesetzt. Golding wird sowohl in Ales als auch in Lager- oder Pilsbieren geschätzt.
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Braugerste aus Österreich
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auernfamilien tragen wesentlich zur Schönheit unseres Landes bei. Sie bereichern und bewahren Kultur und Natur. Eine harmonische Agrarlandschaft erscheint uns „selbstverständlich“. Darüber hinaus müssen Landwirte Entscheidungen treffen, die den wirtschaftlichen Erfolg ihres Hofes garantieren. Das ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Rohstoffversorgung unserer Brauereien, denn immer wieder bieten sich lukrative Alternativen zur Erzeugung von Braugerste an. Bis zu EU-Beitritt Österreichs gab es hierzulande für Getreide so etwas wie einen „geschützten Markt“. Danach kamen Übergangsfristen. Seitdem diese ausgelaufen sind, machen die Börsen den Preis. Zur Erzeugergemeinschaft Zistersdorf (EGZ ) gehören 300 Weinviertler Landwirte, die Getreide anbauen, wie es guter Brauch ist. Das ist aber
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nur möglich, wenn sie einen fairen Preis erzielen können. Sonst müsste die wirtschaftliche Vernunft siegen - andere Feldfrüchte würden den Getreideanbau verdrängen. Malz, das aus Braugerste gewonnen wird, liefert die Grundlage der Biererzeugung; es ist das Herz des Biers. Die Braucommune in Freistadt schließt frühzeitig und langfristig Verträge mit der Erzeugergemeinschaft Zistersdorf ab um sich heimische Rohstoffe zu sichern. Die Freistädter lugen also nicht auf die Pariser Rohstoffbörse oder internationale Spot-Märkte; sie zahlen einen garantierten Preis. Durchaus im Bewusstsein, auf diese Weise etwas mehr Geld für Braugetreide hinzulegen. Sind die Communarden deshalb schlechte Geschäftsleute? Keineswegs. Das unverborgene Kalkül spricht eher für ein „weiter denken“. Weiter als bis zum Tellerrand der nächs-
Fotos Archiv Text Birgit Rieber
Mit der richtigen Rohstoffwahl kann eine Brauerei Gutes tun. Unseren Bauern, der heimischen Landschaft und uns allen.
Schön, wenn man beim Brauen und von den Rohstoffen noch etwas sieht – und nicht nur auf Silos blickt. Es stehen kaum noch Gerstenböden in Verwendung – einer der wenigen ist jener der Braucommune in Freistadt.
Brauer bekommen Rohstoffe, an die sie glauben und wir alle profitieren von einer ausgezeichneten Bierqualität, vom Erhalt unserer Kulturlandschaft und von umweltschonender Praxis. Denn die Weinviertler Braugerste muss nur wenige Kilometer in die Mälzerei transportiert werden. Der Getreideanbau geht in Europa massiv zurück; Mais in der Fruchtfolge schadet der Qualität der Braugerste. Da halten die Zistersdorfer Bauern dagegen; „powered by“ Braucommune in Freistadt und allen jenen, die dem Motto folgen: „Getreide darf kein Spekulationsobjekt sein!“ Braumeister Leitner: „Mit zweitklassiger Gerste könnte ich kein erstklassiges Bier brauen.“ Nicht nur er ist glücklich über die Verträge seiner Brauerei mit der Getreide Erzeugergemeinschaft Zistersdorf.
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ten Bilanz. Jeder Cent, der für wertvolle österreichische Braugerste ausgegeben wird, ist bestens angelegt. Global vertriebene Biermarken investieren in aufwändige Fernsehkampagnen, die Freistädter stecken lieber ihr Geld in Rohstoffqualität und Nachhaltigkeit. Schon seit 25 Jahren verwendet die Braucommune in Freistadt ausschließlich heimische Rohstoffe. Gemeinsam mit der Murtaler Braugenossenschaft, (heute „Murauer Bier“) hat man die ersten, richtungsweisenden Verträge mit der Erzeugergemeinschaft Zistersdorf abgeschlossen. Auch hier war der Wunsch über gentechnikfreie Rohstoffe verfügen zu können, ein wesentlicher Antrieb - wie bei der Hefe. Von der Zusammenarbeit mit der EGZ profitieren die Brauer, die Bauern und wir alle. Die Landwirte können Feldfrüchte anbauen, von denen sie überzeugt sind. Die
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Die Mühlviertler Hefe:
Gentechnikfrei, groß, kraftvoll.
Was Hefe bewirkt Bier gibt es seit mehreren Jahrtausenden. Hefe kennt man
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Tiere mit Saugrüssel Pasteur widerlegte mit seinen Erkenntnissen die Theorie des berühmten Biologen Justus von Liebig. Der schrieb im 19. Jahrhundert in den Annalen der Chemie: „Mit Wasser zerteilte Bierhefe löst sich in unendlich kleine Kügelchen auf. Bringt man diese in Zuckerwasser, so entwickeln sich daraus kleine Tiere. Sie besitzen eine Art Saugrüssel, mit dem sie den Zucker aus der Auflösung verschlucken. Die Verdauung ist sogleich und auf das Bestimmteste an der erfolgenden Ausleerung von Exkrementen zu erkennen. Sie entleeren aus dem Darmkanal Weingeist und aus den Harnorganen Kohlensäure. So sieht man aus dem Anus dieser Tiere unaufhörlich eine spezifische leichtere Flüssigkeit in die Höhe steigen und aus ihren enorm großen Genitalien spritzt in sehr kurzen Zwischenräumen ein Strom von Kohlensäure“. (Quelle: Uni Düsseldorf). Heute wissen wir, dass sich keine Tierchen hinter dem Begriff Hefe verstecken. Saubere, winzige Hefepilz-Zellen wandeln Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure um. Daneben produzieren sie noch feine und wohlschmeckende feinfruchtige Noten. Vorausgesetzt es handelt sich um einen guten Hefestamm - wie um jenen aus dem Mühlviertel.
Fotos Shutterstock Text Marianne Furthofer
Seit November 2009 im Einsatz Die zum Brauen bestimmte Mühlviertler Hefe kommt von München nach Freistadt. Sie wird dort gepflegt und sowohl an die Stiftsbrauerei Schlägl als auch an die Privatbrauerei Hofstetten als auch an Heim- und Hobbybrauer weitergegeben. Seit November 2009 der Stamm wird in der Produktion eingesetzt. Besonders gute Nasen haben sich damals vielleicht gefragt, warum die ohnehin schon so wohlschmeckenden Biere aus dem Mühlviertel seit dieser Zeit noch eine Nuance besser munden. Hier ist die Erklärung: Die Mühlviertler Hefe ist nicht nur gentechnikfrei, sie hat auch enorme Kraft. Im Mikroskop sieht man, dass sie merklich größer ist, als konventionelle Hefen (Etwa als der häufig eingesetzte Stamm „W34“). Neben Alkohol und Kohlensäure bildet sie Schwefeldioxyd, mehr als die, üblicher Weise zur Bierherstellung verwendeten Stämme. Das wirkt sich gut auf die Geschmacksstabilität der Mühlviertler Biere aus.
aber erst seit weniger als 200 Jahren. Louis Pasteur (1822 bis 1895) hat ihre Bedeutung für die Gärung erkannt. Denn diese zahlreichen einzelligen Pilze (Das Einzahlwort „Die Hefe“ bezeichnet eine enorme Fülle an Lebewesen) sind so winzig, dass man sie nur mit starken Mikroskopen sehen kann. Dank dieser Erkenntnisse hat man bald damit begonnen, Hefe in Reinzucht herzustellen. Davor waren alle Biere „spontanvergoren“; man hat also, ohne es zu wissen, jene Hefen genutzt, die in der Luft vorkommen. Solche wilden Hefen erzeugen „nebenher“ Stoffe, von denen nicht alle unbedingt angenehm riechen oder schmecken. Au wird für die Bierherstellung heute fast ausschließlich Reinzuchthefe verwendet.
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ie Führung der Braucommune in Freistadt hat sich frühzeitig dazu entschieden, einen sicheren Weg zu gehen. Und ihn gemeinsam mit den befreundeten Brauereien aus Schlägl und Hofstetten zu beschreiten. In langen Versuchsreihen wurde ein eigener Mühlviertler Hefe-Stamm entwickelt und in Reinzucht hochgezogen. Eines der wichtigsten Motive dafür: Man wollten einen Gentechnik-freien Stamm besitzen. In Sachen Hefe kooperieren die Mühlviertler mit dem Doemens-Institut, der für das Bier so wichtigen Lehr- und Forschungsstätte in Gräfelfing bei München. Dort wird auch der Stamm in der Hefebank geführt. Doemens-Chef Dr. Wolfgang Stempfl hat diese Entwicklung persönlich überwacht und sorgt mit seinem Team dafür, dass die wertvolle Hefe gesichert bleibt.
Ein klarer Vorteil
Wenn Hopfen die Seele und Malz das Herz des Bieres sind, dann ist das Brauwasser sein Körper. In Freistadt kann man sich auf die Natur verlassen. Reinstes, glasklares Mühlviertler Urgesteins-Wasser wird aus dem eigenen Brunnen, den eigenen Quellen geholt. Es kann ganz ohne Aufbereitung für das Bierbrauen verwendet werden.
Fotos Shutterstock Text Melanie Gadringer
Die Suche nach dem perfekten Wasser hat Generationen von Bierbrauern beschäftigt, in Freistadt wurde man früh in den Quellen von St. Peter fündig. Sie bringen unverfälschtes, klares Wasser von höchster Qualität hervor, die ideale Basis für ausgezeichnetes Bier. Um genügend Wasser verfügbar zu haben und für einen reibungslosen Brauereibetrieb, der nicht länger von Engpässen beeinträchtigt werden sollte, wurde in den Jahren 1951 bis 1953 in Sankt Peter ein eigenes Wasserwerk erbaut. Ein 72 Meter tiefer
Schachtbrunnen wurde nicht gebohrt, sondern in das harte Urgestein geschlagen wurde. Drei Quellen wurden gefasst, ein Hochbehälter erbaut. Er dient zum Ausgleich und als Zwischenspeicher. Von dort führt eine drei Kilometer lange Druckleitung bis in die Brauerei. Die Arbeit war beschwerlich, hat sich aber gelohnt: Denn seit damals steht der Braucommune in Freistadt immer ausreichend erstklassiges Nass zur Verfügung. Man schmeckt, dass hier aus dem Vollen geschöpft wird. Bei jedem Schluck Freistädter Bier.
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Bier besteht zum größten Teil aus Wasser. Sein Anteil im Endprodukt beträgt gut 80%. Die Anforderungen an das kühle Nass? Ein Lehrsatz aus der Biersommelierausbildung spricht Bände: Brauwässer müssen mindestens Trinkwasserqualität haben. Eine große Rolle spielt dabei das Gestein aus dem das Wasser kommt, beziehungsweise durch das ein Wasser diffundieren musste. Je härter das Gestein- desto weicher das Wasser. Harte Wässer beeinflussen die Hopfennoten negativ, aber die Suche nach einem weichen Brauwasser hat nicht nur geschmackliche Gründe. Harte Wässer behindern den sensiblen Brau- und Gärprozess, können ihn sogar gefährden, weshalb Brauereien, die nicht mit einem so guten Standort gesegnet sind erhebliche Mittel für die Wasseraufbereitung einsetzen müssen. In den meisten Brauereien führt das zu einer chemische Aufbereitung des essenziellen Rohstoffs, weil nur so ein brauchbares Brauwasser hergeholt werden kann. Das beste Brauwasser ist eben weiches Urgesteinswasser, wie es für das Mühlviertel typisch ist.
Der große Einfluss Jedes Wasser schmeckt anders, dieser Eigengeschmack beeinflusst das Bier-Aroma. Die Konzentration verschiedener Mineralstoffe – Kalzium, Magnesium, Natrium und mehr – macht den Unterschied: Ein hoher Salzanteil macht das Wasser „hart“. Das Freistädter Brauwasser ist von Natur aus sehr weich. Nur 3 Grad Deutsche Härte! Das verdankt man dem Mühlviertler Urgestein. Denn je härter das Gestein, desto weniger Salze kann das Wasser herauslaugen. Früher wurden Brauereien dort errichtet, wo es geeignetes Brauwasser gab. Heute richtet man sich nach logistischen Überlegungen, man kann ja aufbereiten. Was für ein Glück für die Freistädter Braucommunarden, dass in Sankt Peter ideales Brauwasser in Hülle und Fülle vorhanden ist.
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Die Kathedrale
28. April 2013. Nichtraucher Ewald Pöschko erzählt mit rauchig-rauer-Radio-Stimme dem Moderator des Radio Oberösterreich Frühschoppens: „Der Herr Pfarrer hat der Braucommune gestattet, unser neues Sudhaus ‚Kathedrale‘ zu nennen.“
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eptember 2011, Anstich des Mühlviertler Junghopfenpils in der Braucommune in Freistadt. Kurz vor dem Eintreffen der Festgäste nimmt mich Rudi Scharitzer, der Obmann der Commune, auf die Seite: „Ich muss dir etwas zeigen!“ Wir gehen über den Hof und durch die Großbaustelle, bis wir in einem hohen, von Säulen getragenen Raum eintreffen. Scharitzer dämpft seine Stimme, obwohl im Raum lautstark gehämmert wird. „Na, ist das ein Sudhaus?“. „Für mich ist das eher eine Kathedrale“ antworte ich. Scharitzer lächelt. Ich habe ihn verstanden. Der Neubau des Sudhauses ist nur ein Teil des umfassenden Investitionsprogramms der Braucommune, dessen Ergebnis fast zweitausend Ehrengäste am 25. April 2013 zu Gesicht bekamen. Unmittelbar davor hatte auf dem sonnigen Hauptplatz ein Festakt zur Eröffnung der grenzüberschreitenden, oberösterreichischen und Südböhmischen Landesausstellung „Alte Spuren Neue Wege“ stattgefunden. Sie wird bis Anfang November hunderttausende Gäste in die Aus-
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stellungsräumlichkeiten im Freistädter Brauhaus locken. Die neue Brauereigaststätte wurde bereits 2012 eröffnet. Als ich während meiner Besichtigung anno elf den Obmann fragte „Habt ihr schon einen Pächter?“ kam, fast tadelnd, „Nein, nein – das machen wir selber.“ Die Braucommune in Freistadt will nichts dem Zufall überlassen. Besonders dann, wenn es um Qualität geht. Um „Innere Werte“, beim Sudhaus wie beim Wirtshaus. Geschäftsführer Ewald Pöschko betont, dass mit den aktuellen Bauten eine Vision verwirklicht wurde, deren Wurzeln weit in das vorige Jahrtausend reichen. „Es ist wie ein Puzzle“ saget Pöschko damals, „Wenn ich in Pension gehe, muss alles fertig sein“. Jetzt, im Frühjahr 2013 stehe ich erstaunt vor dem fantastischen Ergebnis, das besser ist, als sich das die meisten vorstellen konnten. Alles ist fertig und der Geschäftsführer ist noch viel zu jung für seinen Ruhestand. Er hat diese äußerst komplexe Aufgabe budgetgerecht und früher als ursprünglich geplant bewältigt. „Schön, dass der rote Faden sichtbar ist“ sagt Pöschko.
Denkmalschutz Dass das Gebäude aus 1770 unter strengem Denkmalschutz steht, hat die Sache nicht leichter gemacht. „Wir hätten auch ein gläsernes Sudhaus in den Hof bauen können ohne das Innere unseres alten Hauses anzutasten. Dem hätten die Denkmalschützer bald zugestimmt“. Aber Pöschko ging lieber den schwierigeren Weg. „Dieses Haus wurde zum Brauen errichtet“. Dass zeitgemäße Technik sanfte bauliche Eingriffe erfordert, ist klar. Heute muss man mit anderer Effizienz arbeiten. Ebenerdig, Staplertauglich. „Mit dem Argument, dass wir im alten Brauhaus weiter brauen, es also nach seiner ursprünglichen Bestimmung leben lassen wollen, konnten wir das Denkmalamt schließlich überzeugen“. Pöschko fühlt sich inzwischen ein wenig als Brauereiarchitekt. „Ich bin jetzt das 26. Jahr in der Brauerei. Die große Renovierung haben wir viele Jahre lang geplant. „Da entwickelt man ein Gefühl für Architektur, das ist wichtig um ein solches Haus zu verstehen. Ein Gefühl, das ich vor 15 Jahren noch nicht gehabt hätte“. Pöschko,
abschließend: „Man kann heutzutage nicht Bier brauen wie Asterix und Obelix - im Kessel über dem Lagerfeuer“. Also wurden die Gärkeller stillgelegt und die Geräte im Sudhaus so eingeplant, dass sie zum Teil in die Tiefe ragen. In das Heiligtum einer Brauerei kommt normalerweise kaum jemand hinein – in Freistadt wird man im Sudhaus empfangen. Pöschko: „Wir haben uns ganz dem Biertrinker geöffnet. Unser Bier wird sicht- und erlebbar“. Die Festlegung, wer in einem so geschichtsträchtigen Gebäude, in einem derart ehrfurchtsgebietenden Raum die Geräte für ein Sudhaus liefern darf, hat die spirituelle Dimension einer Papstwahl. Aber es hat nicht lange gedauert, bis weißer Rauch dem Freistädter Schlot entstieg. Pöschko: „Was mich überzeugt hat? Die Leute von BrauKon sind „Bier-Spinner“ wie wir. Das passt einfach. Sie beschäftigen sich intensiv mit dem Produkt, nicht nur mit der Produktion.“ Seit ein paar Monaten wird im neuen Sudhaus Bier gemacht. Wer die eine oder andere Sorte gekostet hat, weiß, wie gut es sich zum Brauen eignet. Denn das gute Freistädter ist noch eine Spur besser geworden.
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Oft liest man von einer idealer Kombination zwischen Tradition und Moderne. Meist steckt nicht viel dahinter. Ganz selten stimmt das Diktum so wie im neuen alten Sudhaus der Braucommune in Freistadt.
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Es war einmal im Bierviertel
Sie wissen sicher, wo sich das Bierviertel befindet!? Zwischen Donau und Moldau, mitten in Oberösterreich, in jenem Teil des Landes, der früher gerne als „Mühlviertel“ bezeichnet wurde. Warum wir heute den Begriff Bierviertel vorziehen? Weil sich da schon seit ewigen Zeiten alles ums Bier dreht. Im Laufe einer bewegten Geschichte wurde hier die Braucommune in Freistadt gegründet. Sie blüht und gedeiht noch immer und zählt heute zu den besten Brauereien der Welt.
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eder Freistädter Bürger hat das Recht Bier zu brauen.“ Herzog Rudolf IV. hat dieses Privileg, das „Braurecht“, im Jahr 1363 an Freistadt vergeben, es ist in einer Urkunde festgehalten. Brauberechtigter Bürger war jeder, der Grund und Haus innerhalb der Stadtmauern von Freistadt besaß. Das erinnert uns „Heutige“ daran, dass die Grundform des Bierbrauens das Hausbrauen war. In Freistadt wurde das
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Bier die längste Zeit in den Bürgerhäusern gebraut und ausgeschenkt. Gleich dem Brotbacken war das Brauen fester Bestandteil des alltäglichen Haushalts und wurde von Frauen erledigt. Bei der Verteilung der Geschlechter unter den in der Bierbranche heute Tätigen würde man nicht vermuten, dass die längste Zeit der Biergeschichte das Brauen Frauensache war. Nach einigen Jahren verlagerte sich die Brautätigkeit von den Behausungen der
Bürger in einige wenige, technisch besser ausgestattete Brauhäuser. Bereits 1447 war deshalb eine Brauordnung, die erste des Landes, vonnöten; die wirtschaftstüchtigen Freistädter brauten was die Kessel hergaben. Quintessenz der Verordnung: Alle Bürger durften nur mehr die gleiche, festgelegte Menge Bier brauen. So wollte man einem unkontrollierten Ausufern der Produktion entgegenwirken und allen Bürgern einen gleichen Anteil am „BrauPrivileg“ sichern. In den Statuten der Brauordnung fanden sich außerdem Aspekte der Qualitätssicherung, der Wirtschaftlichkeit sowie Vorschriften zur Organisation und Sicherheit. Das beste Bier der Welt Wenn man die Geschichte der Braucommune aufarbeitet bemerkt man bald: Die Probleme der Bierbranche sind immer wieder die gleichen: Im 16. und 17. Jahrhundert kämpfte man mit Rohstoffknappheit, Hungersnöten plagten das Land. Außerdem wurde im Mittelalter (zumindest weiß man das von Regionen außerhalb des Mühlviertels) allerlei „pflanzliches“ ins Bier gemischt – nicht alle Braugerechten hatten dabei Ideen, die auch mit heutigen Hygiene- und Gesundheitsvorsorge-Ansprüchen vereinbar wären. Manche hatten es auf die halluzinogene Wirkung einiger Pflanzen abgesehen – die aufkommenden Reinheitsgebote waren hier und dort durchaus als Notwehrmaßnahme zu verstehen. Das bekannteste unter den Reinheitsgeboten war das bayerische aus 1516. Danach durften nur mehr Hopfen Wasser und Malz zur Bierproduktion eingesetzt werden. Die Hefe war ja noch nicht entdeckt, deswegen kommt sie auch in diesem Reinheitsgebot nicht vor. Weizen war in Zeiten der Nahrungsknappheit für Brot reserviert, oder
für die monopolisierten Weissbräuhäuser (Hofbräuhäuser). So mancher Fürst finanzierte mit den Einnahmen aus dem Weissbier seine Politik. Als weiteres Problem empfanden die Freistädter Bierherren jegliche ernstzunehmende Konkurrenz im Sektor „Alkoholische Getränke“, wie zum Beispiel den von Bauern produzierten Most. Der wurde mittels Gerüchteküche als „aggressiv machendes Teufelszeug“ vom Markt gedrängt; eine frühe Form erfolgreicher, wenn auch nicht allzu edler Public Relations. Auch die umliegenden Herrschaften, die sich anmaßten, Bier zu brauen und auch noch zu verkaufen, wurden von den Freistädtern bekämpft. Man schwärzte sie bei der Wiener Hofkammer an. Im überlieferten Beschwerdebrief vergisst man nicht darauf hinzuweisen, dass „Ohne zu übertreiben hier in Freistadt das beste Pier der Welt gebraut wird“. Die Freistädter hielten schon damals viel von ihrem Bier. Wenn es wirklich so gut war, wie das heutige kann man es ihnen nicht verübeln. Und man sieht: Die präsumtiven Braucommunarden traten schon seinerzeit als geschlossene Einheit auf, um gemeinsam erfolgreich im Braugewerbe zu bestehen. Die Praxis der Bürger, nicht mehr im eigenen Haus, sondern in gemeinschaftlich genutzten Brauhäusern zu brauen,4
Die Kunst hat einen fixen Platz in der Braucommune: Links: Von Arik Brauer gestaltete Glasreliefwand im Sudhaus. Rechts oben: Skizze vom Arik-Brauer-Brunnen für den Gastgarten, der im Juni 2013 fertiggestellt wird. Rechts unten: Solar Sonnenblumen am Brauhaus-Parkplatz.
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Gewölbekeller für Veranstaltungen (links). Die Gründungsurkunde der Braucommune ist auch in der Landesausstellung zu sehen (rechts).
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Am 4. März 1780 erfolgte der erste Sud im neuen Brauhaus, das köstliche Ergebnis wurde erstmals „Freistädter Bier“ genannt. 50 Jahre später wurde die Loslösung von der Stadt erreicht. Sie hatte bis 1830 noch Anteile an der Braucommune. Von diesem zeitpunkt an waren die Bürger allein für die Geschicke des Freistädter Biers verantwortlich. Einzigartig in Europa „Der Zweck des Vereins ist die Bier-Brauerei. Die Gesellschaft macht es sich zur Pflicht, für anhaltend gutes Bier zu sorgen ...“ Paragraph 3 der Statuten von 1863 ist bis heute Programm. Auch die anderen Rechte und Pflichten, welche die Freistädter Braucommunarden damals erworben haben, sind bis heute gültig. Die Commune als Rechtsform einer Firma ist noch immer im Handelsregister als solche eingetragen. Sie gilt mittlerweile als letzte ihrer Art in ganz Europa. Heute ist die Braucommune in Freistadt eine von 22 gewerblichen Brauereien in Oberösterreich. Gemeinsam mit der Stiftsbrauerei Schlägl, der Privatbrauerei Hofstetten und dem Biergasthaus des Karl Schiffner betreibt man den Verein „Bierviertel“. Mittlerweile werden jährlich rund 70.000 Hektoliter Freistädter Bier in vielen köstlichen Sorten produziert. Das Erfolgsrezept klingt einfach: Zusammenhalt, Tradition und Mut zur Innovation, dazu wirtschaftlicher und kaufmännischer Weitblick. Mit der richtigen Dosierung dieser „Zutaten“ gelang es dem genialen Konstrukt der Braucommune auch schwierige Zeiten zu überstehen und sich stets weiterzuentwickeln. Heute ist sie erfolgreicher als je zuvor.
Fotos Braucommune, Der Biersepp Text Melanie Gadringer
Die Entstehung der Braucommune Neben dem Braunbierhaus der Bürger bestand 1737 außerdem das Weißbierhaus, das sich im Besitz der Stadt befand. Nachdem die Braugerechtigkeit geregelt war, verstärkte sich der Wunsch nach einer Zusammenlegung der beiden Häuser. Zusätzlichen Antrieb erfuhr die Bürgerinitiative durch die schwindende Bierqualität. Die Praxis des Verpachtens hatte dazu geführt, dass der Zustand der Brauhäuser immer schlechter wurde und die Qualität des Bieres bis zur Konkurrenzunfähigkeit gesunken war. Schließlich entschied man sich gegen die wohl bereits schwierige Sanierung der bestehenden Häuser und plante lieber ein neues Brauhaus außerhalb der Stadt, das zwischen 1770 und 1780 errichtet wurde. Der Kaufvertrag für die so genannten „Stadtschreibergärten“ wurde am 31. Dezember 1770 unterzeichnet. Zur Wahrung ihrer Interessen schlossen sich die brauberechtigten Bürger der 149 Häuser der Freistädter Innenstadt zur Gesellschaft „Braucommune in Freistadt“ zusammen. Die Einlagen der Brauinteressenten wurden in Eimern verrechnet. So ein Eimer ist ein altes Biermaß, das etwa dem Volumen von 56 Litern entspricht, wobei das Gesamtvermögen der Commune, 6.390 Eimer ungleichmäßig auf die 149 Brauinteressenten verteilt wurde. Für jedes der beteiligten Häuser waren mindestens 15 Eimer grundbücherlich sichergestellt, es durften weitere Anteile
dazugekauft werden - bis zu einem Maximum von 140 Eimern pro Haus.
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knüpfte das Band der „Commune“ noch enger, hatte aber zugleich die Dezimierung der Braustellen zur logischen Folge. 1525 gab es noch zwölf, 1560 nur mehr acht, 1685 nur mehr zwei Brauhäuser. Und 1737 erwarb die Bürgerschaft geschlossen das letzte verbliebene bürgerliche Brauhaus in der Innenstadt.
Gemeinsam statt einsam
Fotos Braucommune Text Jean Prassèe
ie Freistädter Braucommunarden setzen schon lange auf das Motto „Gemeinsam statt einsam“. Sie haben, als der wirtschaftliche Wettbewerb noch allgemein von der Idee „Jeder gegen jeden“ beherrscht wurde, die „Mühlviertler Bierreise“ mitbegründet. Ein Verein, dessen Nachfolgeorganisation „Bierviertel“ heißt. Dort sind mehrere versammelt, auch wenn sie am Markt stellenweise Mitbewerber sind. Auch in der Gegenwart leistet die Braucommune Pionierarbeit. Zurzeit wird gerade die BierWeltRegion aufgebaut. Gute Gemeinschaft, grenzübergreifend. Zusammen mit Südböhmen und Niederbayern wird im Mühlviertel an einer Vernetzung gearbeitet, welche Einheimischen und Urlaubern viel Nutzen bringen wird. Ganz gleich, bei welchem Zipfel man beginnt, dieses wunderschöne grün-goldene Herz Europas für sich zu erobern. BierWeltRegion Niederbayern, Südböhmen, Mühlviertel Der am deutlichsten sichtbare Ausdruck des Zusammenwirkens im Rahmen der BierWeltRegion wird eine Biermesse sein, die erstmals im Herbst 2014 in Freistadt stattfinden soll. Gegenwärtig wird an einem innovativen Messekonzept gearbeitet, auf das man gespannt sein kann. Soviel dürfen wir schon verraten: Vielfalt und Zukunft des Bieres werden im Mittelpunkt stehen. Danach wird die Veranstaltung wandern. Zunächst nach Niederbayern, 2016 nach Südböhmen und schließlich im „Siebzehnerjahr“ wieder retour nach Freistadt. CulturBrauer Österreich ist ein glückliches Land. Nicht zuletzt wegen seiner, hervorragenden Bierkultur (Zumal im internationalen Vergleich). Im ganzen Land gibt es kaum „schlechtes“ Bier. Es gibt viele gute – und einige ausgezeichnete. Die besten
Biere kommen von Brauereien, die sich in gewissen Punkten ähnlich sind. Der erste und wichtigste ist ein rückhaltloses Qualitätsbekenntnis. Gleich danach kommt gelebte Biervielfalt wozu auch eine ständige Weiterentwicklung des Biers gehört; die Bereitschaft und Fähigkeit, wertvolle Innovationen auf den Markt zu bringen. Solche Leistungen sind nur von privaten Brauereien zu erwarten. Deshalb haben sich neun österreichische Leit-Brauereien, Vorzeigebetriebe heimischer Bierkultur, zu der Gemeinschaft „CulturBrauer “ zusammengeschlossen. Neun Top-Brauereien aus sieben Bundesländern, von Vorarlberg bis Niederösterreich, vom Mühlviertel bis Kärnten. Die Braucommune in Freistadt ist der Mühlviertler Vertreter bei den CulturBrauern. Die langjährigen Erfahrungen im Arbeiten mit Kollegen haben bisher wertvolle Früchte getragen. Auch wenn sich hier und da die Zielmärkte überschneiden mögen. Die Freistädter werden auch in Zukunft das Gemeinsame über das Trennende stellen. „Commune“ ist eben ein vielversprechendes Programm.
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Commune. Für Freistädter Bier ist das nicht nur eine einzigartige Wirtschaftsform, sondern Programm.
Die CulturBrauer Mohrenbrauerei – Dornbirn, Vorarlberg Zillertal Bier – Zell am Ziller, Tirol Trumer Privatbrauerei – Obertrum, Salzburg Brauerei Schloss Eggenberg – Vorchdorf, Oberösterreich Brauerei Murau- Steiermark Brauerei Hirt – Kärnten Braucommune in Freistadt –Oberösterreich Bierbrauerei Schrems - Niederösterreich Privatbrauerei Zwettl - Niederösterreich
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Freistädter Bier kocht auf
Helmut Satzinger, der zuvor in Freistadt selbst ein Gasthaus betrieben hat: „Gäste sagen zu uns, sie wären zuvor schon lange nicht mehr in ein Wirtshaus gegangen“. Dass die Idee eines Brau-Wirtshauses möglich war, hängt mit der im April beginnenden Landesausstellung zusammen, die unter dem Titel „alte Spuren, neue Wege“ Gemeinsamkeiten zwischen den Regionen Cesky Krumlov in Südböhmen, sowie Bad Leonfelden und Freistadt aufzeigen wird. Die Adaptierung und Modernisierung der Freistädter Brauerei verschlang als einer der Ausstellungsorte 12,5 Millionen €, 2 davon flossen in die Restauration. Was in Freistadt jetzt noch fehlt, ist ein zusätzlicher Hotelbetrieb.
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enn es viel regnet, werden alle nass“. Diesen Spruch hat Ewald Pöschko, der Geschäftsführer der knapp 70.000 Hektoliter starken Brauerei Freistadt in den letzten Wochen wohl sehr oft von sich gegeben. Seit wenigen Tagen hat er den Beweis, dass der Spruch auch stimmt. Denn die Freistädter Bierwirte verzeichnen seit der Eröffnung des Brauhauses ein Verkaufsplus, manche sogar zweistellig. Froh über die Realisierung ist auch der Freistädter Bürgermeister Christian Jachs. Selbst zwar strikter Anti-Alkoholiker, weiß er eine gepflegte Wirtshauskultur sehr wohl zu schätzen. Seine Philosophie deckt sich mit der Beobachtung des Brauhauswirtes
Links: Schankbereich im neuen Brauhaus. Rechts: Gastgarten im Innenhof der Brauerei.
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Fotos Archiv Text Bert Brandstetter
Seit Anfang Dezember 2012 wird in den gotischen Gemächern der Brauerei Freistadt aufgekocht. Für 160 Gäste ist in dem völlig neu geschaffenen Brauhaus Platz und wie sich zeigt, wird das Angebot bestens angenommen. Auch die kritische Distanz der Mühlviertler Wirte gegenüber der neuen und starken Konkurrenz scheint sich zu legen.
Freistädter Wirte
Bier ist nicht gleich Bier – und für ein Gasthaus ist es schon gar nicht egal, welches Bier aus dem Zapfhahn rinnt.
Die Liebe zu Freistädter Es war die Liebe, die Sabine Ziegler von Wien nach Freistadt im Mühlviertel gezogen hat. Es war aber nicht die Liebe, die sie mit dem Bier aus dieser Stadt in Kontakt gebracht hat. Schon in Wien schenkte Sabine in ihrem Wirtshaus in Floridsdorf sieben Jahre lang eher zufällig Freistädter aus und stellte fest, dass es ihren Gästen schmeckte. „Ganz anders als die üblichen Wiener Biere“, das dürfte es gewesen sein, was viele Wiener schätzten. Wie es der Zufall wollte, führte sie dann doch die Liebe ganz in die Nähe der Wiege „ihres“ Freistädter. Zuerst führte sie ein Lokal in Rainbach, jetzt die Ratsherrnstube gleich neben dem Stadtamt am Freistädter Hauptplatz. Einen Wechsel der Biersorte hat sie noch nie überlegt. Und jetzt, als kirchenwirtin in dieser prominenten Lage, wenige hundert Meter von der Brauerei entfernt, schon gar nicht. Immerhin wüssten ihre Gäste vom Image der Freistadt als Braustadt und da gehöre es ganz einfach dazu, ihnen auch das Originalprodukt einzuschenken.
Regional total Beim Kräuterwirt in der Hirschbacher Ortschaft Guttenbrunn ist der Groschen so wirklich erst vor 7 Jahren gefallen. Da wurde aus dem ganz gewöhnlichen Dorfwirt der Kräuterwirt. Nicht, dass der Dorfwirt zu wenig Kundschaft gefunden und ein neues Überlebens-Konzept gebraucht hätte. Ganz und gar nicht. Aber der Groschen ist im Kopf der Wirtin Gerlinde Schimpl gefallen. Wenn schon die halbe Gemeinde auf das Thema Kräuter setzt, wenn es engagierte Kräuterbauern gibt, wenn ein Kräuterstadl, ein Kräutergarten und sogar eine Kräuterakademie errichtet , dann fehlt zur Perfektion nur noch eines: ein Kräuterwirt. Und weil Gerlinde Schimpl nicht gern halbe Sachen macht, krempelte sie den gesamten Familienbetrieb ordentlich um und verbannte nahezu alles, was ihrer Philosophie nicht entsprach. „Kräuter, das heißt Regionalität“, sagt sie und bietet ihren Gästen neben allen Produkten aus der Gegend rund um Hirschbach sogar selbstgemachte Säfte anstatt herkömmlicher Limonaden an. „Und das Bier aus Freistadt gehört hier dazu“, weiß sie, „weil am besten fährt man bodenständig“. Erst zweimal sei es erst passiert, dass jemand Bier eines Mitbewerbers verlangt habe. Bei 30 Wirtsjahren eigentlich eine vernachlässigbare Zahl.
Text und Fotos Bert Brandstetter
Der Nachfrage wegen Der Oxnwirt in Neumarkt im Mühlkreis ist ein Gösserwirt. Erstens aus Überzeugung, zweitens, weil sich das der Stammtisch gewünscht hat, als er den Familienbetrieb vor knapp 20 Jahren übernommen hat. Weil sich Johannes Gstöttenbauer aber auch etwas sagen lässt, fließt aus einem seiner Zapfhähne seit vergangenem Herbst auch Freistädter Bier. „Meine jungen Gäste haben das verlangt“, sagt er und erklärt sich das einerseits mit dem Trend zur Regionalität, der offenbar die Jugend besonders anspricht, aber auch mit dem erfolgreichen Marketing der Freistädter Brauerei. Welches Bier jemand bevorzugt, sei schließlich „reine Kopfsache“, meint Oxnwirt Gstöttenbauer. Immerhin: die Kopfsache der Neumarkter Jugend hat zur Folge, dass ein Drittel seines Bierumsatzes bereits auf Freistadt entfalle. Ältere Stammkunden hingegen bleiben seiner Hausmarke treu. „Weil sie sich erinnern, dass Freistädter nicht immer so perfekt geliefert wurde“, denkt er. Könnte es sich ein Wirt, bloß 10 Kilometer von Freistadt entfernt, leisten, kein Freistädter anzubieten? „Warum nicht“, sinniert der Oxnwirt. Immerhin mache die Brauerei durch ihren neuen Braugasthof den Wirten im Bezirk spürbare Konkurrenz.
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Die Biere der Braucommune in Freistadt
Wer die eigenständigen Freistädter Biere verkostet, erkennt sofort, warum man in der Braucommune gern vom „Hopfig anderen Bier“ spricht.
Ratsherrn Premium
Rotschopf
Junghopfenpils
Funkelndes Gold, vornehmer Glanz, edler Schaum. Distinguierte Nase: Bergamotte & Tabak neben Hopfen & Malz. Antrunk voller Eleganz, weich und rund. Stattlicher Malzkörper. Beeindruckend. Lange im Abgang: Zunächst überwiegt die Malzfreude, dann verklingt das wertvolle Bier mit einem hopfigen Akkord.
Die Schönheit unter den Bieren. Glänzt kupfern, trägt eine cremefarbene Schaumkrone. Das Parfum? Röstmalznoten: Kaffee, Aschanti, Türkischer Honig. Springlebendig im Antrunk, einfach gegenwärtig. Feine Aromen auch im Kuss: Dörrobst, Schokolade. Eine perfekte Komposition mit wohlig langem Ausklang.
Leuchtendes helles Gold mit zart-grünem Reflex. Glanzfein. Feinporiger, stabiler Schaum. Opulent hopfige Nase, spritziger Antrunk. Begeisternd insbesondere der haptische Eindruck auf der Oberzunge, der den Hopfenölen geschuldet ist. Das Pils hat – stilgemäß – einen schlanken Körper, die hopfige Haptik erzeugt jedoch eine außergewöhnliche und betörende Intensität. Auch im harmonisch verklingenden Nachtrunk überwiegt der Mühlviertler Hopfen. Ein außergewöhnliches, sehr gutes Bier.
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Bio Zwickl
Dunk’l
Kräftiges Gold, cremiger Schaum. Wir müssen den Geruchseindruck „Böckln“ neu definieren: Großartige Intensität, fruchtige Noten (markant: die reife Orange), Karamell. Runder, geschmeidiger Antrunk, gute Rezenz. Haptisch reizvoll: Viel Frucht und trocken. Wunderbarer Ausklang mit einem Hauch Tabak.
Orange mit schöner Zwickltrübung. Voller Duft mit süßen Aromen und Hefenoten. Gute Rezenz, süffig. Im Finish würfeln malzige Röstaromen und feinbittere Hopfennoten um den Sieg. Der gehört aber den Bierfreunden, weil eine angenehme, feingliedrige Säure dem Biozwickl ein starkes Rückgrat verleiht.
Feuriges Braun, rötliche Reflexe. Schöner, kaffeebrauner Schaum. Herrliche, natürliche Malznase mit Schokolade, Kakao und Röstaromen. Figurierter Antrunk. Für ein dunkles Bier Schlanker Körper -. Die Dunkle Grazie wirkt insgesamt nicht süß. Aber ihr Ausklang ist, wie ihr Gesamteindruck, bezaubernd.
Fotos Braucommune Bierbeschreibungen Der Biersepp
Böck‘l
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Märzen Glanzfein, golden; weißer, cremiger Schaum. Balancierter Duft. Auf die zweite Nase haben die Malznoten einen kleinen Vorteil. Ausgezeichnete Rezenz, danach wird ein kraftvoller Körper spürbar. Feines Gaumengefühl, das in einen ruhigen, selbstbewussten Ausklang mit delikaten Hopfennoten mündet.
Midium Funkelndes Gold; weißer, weicher Schaum. Ein feiner, frischer Duft umweht die Nase, dabei überwiegen Hopfennoten mit herrlichem Aroma. Der Antrunk erfrischt. Der Trinkfluss überzeugt, wie der gute Körper und die feine, spürbare Bittere. Bestens eingebundene Kohlensäure verweist auf hohe Braukunst.
Zwickl-Radler Kräftige Zwickltrübung, Duft nach frischen Zitronen – dahinter Malz- und Hefenoten. Sehr erfrischend im Antrunk. Am Gaumen Fülle und ein attraktiver Mix aus Zitrusnoten und bierigen Aromen. Wirkt voll ist aber ein leichter Genuss. Im Ausklang erneut das Spiel Zitrone-Bier, wobei eine feine Säure Oberhand behält.
Freistädter Elixier 2013 Starkbier 17,5 Grad Stammwürze 7,6 % Vol.
Leuchtendes Bernstein, cremefarbener, stabiler und feinporiger Schaum. Voller, sauberer Duft. Wir vernehmen dunklen Waldhonig, dahinter nussige Noten (Haselnuss), das Ganze geht bis in Anklänge an nussigen Nougat. Über der betörenden Süße schwebt elegant ein herber Hauch, der an würzigen Tabak (kein Rauch!) und an eine milde Meeresbrise erinnert. Der Antrunk ist von einer höchst angenehmen Rezenz. Am Gaumen wirkt das Bier sehr kraftvoll. An den Genuss von Walnüssen erinnernde haptische Eindrücke am Obergaumen. Im Geschmack neben malziger, edler Süße viel Fruchtigkeit: Reife Pflaumen, vollreife Mango, weicher gelber Pfirsich, saftige Orange. Das Bier ist unglaublich geschmeidig bis in die letzten Phasen des Nachklangs ölig. Das Freistädter Elixier ist v.a. strukturell und haptisch beeindruckend. Trotz seiner Stärke bleibt die Hopfennote (Sorten Saphir und als Basis: Tradition) im Vordergrund. Man spürt: Auch das Starkbier aus Freistadt glänzt mit der für die Braucommune typischen Bierviertler Hopfenherbe. Die relativ junge Hopfensorte Saphir erweist sich erneut als besonders geeignet, ein edles Starkbier zu würzen.
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