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Pubertät –Großbaustelle im Kopf

Urlaub mit Freunden, der erste Kuss, Liebeskummer und dann auch noch immer diese Eltern. Die Teenagerzeit beschert die intensivsten Erinnerungen, ist voller Emotionen und trotzdem oder gerade eben deswegen nicht immer ganz leicht. mio erklärt, welche wichtigen Entwicklungen passieren und wie Eltern ihre Heranwachsenden dabei begleiten können.

Wie aufregend das doch war, als wir mit dem Zug zum ersten Mal in Richtung Süden fuhren – ohne Eltern, mit Freunden, wenig Gepäck und umso mehr Abenteuerlust. Ganz zu schweigen von den geschwänzten Schulstunden, den heimlichen Partys, den genialen Nachmittagen im Freibad, die wir damit verbrachten, Pläne für unser Leben zu schmieden, um sie am nächsten Tag wieder zu verwerfen, weil uns eine bessere Idee gekommen war.

Einmal noch jung sein! Das wünschen sich viele, wenn sie sich an diese verrückte Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenenalter erinnern. Einmal noch diese Leichtigkeit, diese Neugier auf die Welt, das Gefühl von unendlicher Freiheit, alles werden zu können, und sich gleichzeitig immer noch geborgen fühlen im Nest der Familie. Wie Wissenschaftler festgestellt haben, handelt es sich bei der Lebensphase zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr tatsächlich um eine sehr wertvolle Zeit. So erreicht beispielsweise die Entwicklung der Kreativität um das 16. Lebensjahr herum ihren Höchststand, wie die Didaktikprofessorin Michaela Sambanis festhält. Sie hat sich in dem Buch „Sprachen lernen in der Pubertät“ mit der Frage beschäftigt, wie sich der Entwicklungsprozess in dieser Lebensphase für das Lernen von Fremdsprachen nutzen lässt. ›

Ursache für das hohe Maß an Kreativität, an Offenheit und Neugier im Jugendalter sind Umbauprozesse im Gehirn. Die Wissenschaftlerin und Autorin vergleicht es mit einem Frühjahrsputz samt Entrümpelung: „Über die Jahre haben sich Dinge angesammelt, die bei genauer Betrachtung gar nicht benutzt werden und nur im Weg stehen“, schreibt sie in einem Gastbeitrag. Es ergebe daher Sinn, einmal konsequent zu prüfen, was aktuell genutzt und wohl auch künftig gebraucht werde, wo man Platz für Neues schaffen und dafür Ballast aus dem Weg räumen kann.

Das Gehirn wird also effizienter und leistungsfähiger. Während des Umbaus hat es allerdings den gegenteiligen Anschein. Das liegt daran, dass die Umstrukturierungen im Gehirn von hinten nach vorne stattfinden; im präfrontalen Kortex sind sie zuletzt abgeschlossen. Dieser ist dafür zuständig, dass Menschen vernünftig und überlegt handeln –und das tun Jugendliche häufig nicht. Das limbische System, das für Gefühle und Impulse sowie deren Verarbeitung verantwortlich ist, reift hingegen schneller.

Zum einen erklärt dies, warum Jugendliche emotionaler sind, impulsiver und risikofreudiger. Zum anderen verstärkt es Verhaltensweisen, die im entwicklungspsychologischen Bereich begründet sind: In der Pubertät beginnen Jugendliche, sich von den Eltern abzugrenzen, sie zu hinterfragen und eine eigene Lebensvorstellung zu entwickeln.

Halb Kind, halb Erwachsener

Der Freundeskreis erhält eine enorme Bedeutung. Diese Gemengelage führt häufig zu impulsiven Ausbrüchen: Eben noch war die Welt in schönster Ordnung, plötzlich knallt die Tür, die Augen rollen genervt und das Smartphone mit Musik, Games oder Social-media-Apps kommt zum Einsatz. „Papa, du bist so peinlich“, heißt es dann, oder: „Mama, du nervst!“ Keine Stunde später erhalten die peinlichnervenden Eltern eine herzliche Umarmung und das Kuscheltier aus Kindheitstagen kommt wieder zum Einsatz. Was widersprüchlich wirkt, ist jedoch eher logisch: Jugend ist schließlich eine Zwischenstufe, nicht mehr ganz Kind, noch nicht erwachsen.

Kreativ, verrückt und positiv

Dass es die Jugend daher niemandem recht machen kann, ist nur folgerichtig. Wer die Aufgabe hat, sich abzugrenzen, findet dafür selten allumfassend Zustimmung. Die Journalistin Christina Peters hat dies in einem Artikel in der „Welt“ einmal schön auf den Punkt gebracht. „Warum die ‚Jugend von heute‘ immer die schlechteste ist“, so lautet die Überschrift. Die Klage über die faule, verrohte, unkultivierte Jugend geht demnach sehr weit zurück. Bereits Sokrates hatte sich im fünften Jahrhundert vor Christus lautstark beschwert: „Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer.“ Heute werden aus diesen Thesen Bestseller (wie „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ von Michael Winterhoff).

Das Prinzip hat auch einen Namen: Juvenoia, wie Peters schreibt. Geprägt hat den Begriff der amerikanische Soziologe David Finkelhor, der damit die gleichzeitige Angst vor der Jugend und um die Jugend ausdrücken wollte. Denn wenn es schlecht um die Kinder stehe, schade dies letztlich unserer Gesellschaft.

Wie so oft, ist es auch hier eine Frage der Perspektive: Wer Angst vor Veränderungen und neuen Denkweisen hat, den schreckt die Jugend sicher stärker als andere. Entspannter kann es sein, das Positive an dieser Lebensphase zu sehen – und sich die kreative, verrückte Jugend vielleicht sogar ab und an zum Vorbild zu nehmen.

Und welcher Geschmackstyp bist Du?

Keine Sorge, das ist alles normal

Mit Beginn der Pubertät regt das Gehirn die Bildung von Sexualhormonen an. Bei Mädchen setzt sie bereits ab dem neunten Lebensjahr ein, bei Jungs etwa ab dem elften Lebensjahr. In der Folge verändert sich nicht nur der Körper, sondern auch im Gehirn kommt es zu Umbauprozessen, die für die typischen Stimmungsschwankungen verantwortlich sind. Eine Ausgeglichenheit stellt sich häufig erst ein, wenn die körperlichen Veränderungen längst abgeschlossen sind.

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