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„Die Zeit ist auf unserer Seite“
5 Tipps für alle, die es mit Teenagern zu tun haben. Von Matthias Jung, Bestseller-Autor, Pädagoge und Kabarettist.
Im Gespräch bleiben
Job des Teenagers ist es, sich abzunabeln, ein eigenes Ich zu finden, alles zu hinterfragen, zu diskutieren und zu rebellieren. Wichtig ist, im Gespräch zu bleiben und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Man sollte zuhören und sich für die Belange der Teenager interessieren, sie ernst nehmen.
Verständnis haben
Im Gehirn von Jugendlichen finden Umbauarbeiten statt; es ist eine riesige Baustelle. Sie handeln deshalb oft verplant und schaffen es nicht, vorauszudenken. Wenn mein Sohn 14 Tage verreist, wieviele Unterhosen packt er vorausschauend ein? Ja, tatsächlich, zwei! Zugleich ändert sich das Zeitempfinden. „Gleich Papa, gleich!“, höre ich ständig. Ja, wann ist denn dieses Gleich?! Außerdem verändert sich die Risikoeinschätzung. Jugendliche brauchen einen größeren Kick, um ein Glücksgefühl zu empfinden: Das Gefühl, das Erwachsene bei einem Sprung vom Drei-Meter-Brett haben, haben sie erst bei zehn Metern.
An die eigene Pubertät denken
Das vergessen wir schnell, ist aber immer hilfreich. Gerade dieses Überemotionale sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen. Ich war neulich mit meinem Sohn im Kino, er zieht eine 3-D-Brille auf und sagt: „Boah, diese Bilder, diese Farben, das ist der Hammer!“ Ich: „Wir sind noch im Parkhaus.“
Balance finden zwischen Nerven und Kümmern
Das ist die hohe Kunst in der Pubertät. Wenn sich Teenager von uns genervt fühlen, kontrollieren wir zu viel. Dann sollte man sich vielleicht rarer machen und sich selbst was Gutes tun. Auf der anderen Seite gibt es nichts Dooferes für Teenager, als wenn sich Eltern nicht mehr kümmern wollen. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte: Wir sollten anfangen loszulassen, aber sie trotzdem nicht fallen lassen.
Nie das Smartphone wegnehmen
Die digitale Welt bedeutet pure Leidenschaft. Das macht das Aushandeln von Regeln für Erwachsene sehr mühsam. Jugendliche genießen es, für sich zu sein. Und das Internet ist ein Ort, wo sie es sein können. Damit müssen wir Erwachsene uns erst mal abfinden. Unsere Kinder kennen sich in der digitalen Welt oft auch besser aus. Aber die Verantwortung tragen wir Eltern. Ich rate davon ab, die Geräte bei Missachtung von Regeln als Strafe wegzunehmen. Sinnvoller sind Rituale und Aufklärung. Ein Ritual kann sein, das Smartphone beim Essen oder Schlafen wegzulegen. Das gilt dann aber auch für die Erwachsenen. Und das Schöne bei diesem Thema ist, wie bei vielem in der Pubertät: Es lässt nach. Die Zeit ist auf unserer Seite.
Lernen von den Jugendlichen
„Die Jugend war und ist der Motor unserer Gesellschaft. Bei Teenagern wird die Hirnregion für vernünftiges, rationales und geplantes Denken erst spät ausgebaut. Insofern denken sie oft verrückt, emotional und höchst kreativ. Wir können das sehr gut an Greta von Fridays for Future erkennen. Auch ein Marc Zuckerberg hat Facebook als Teenager erfunden. Ich kann nur raten, sich des Öfteren mal von der Jugend inspirieren und treiben zu lassen. Manchmal muss man im Zimmer der Teenies hinter die Pfandflaschen schauen, dann kommt dort was Geniales zum Vorschein.“
Matthias Jung, Pädagoge und Bestseller-Autor
Matthias Jung ist Diplom-Pädagoge, Bestseller-Autor und Kabarettist. Als Coach hilft er Familien durch die Pubertätsphasen, auf Facebook leitet er die Gruppe „Keep cool Mama!“. Seit 2021 produziert er den Podcast “Chill mal – Der Pubertäts-AllTalk“. Sein aktuelles Buch „Erziehungsstatus kompliziert“ über die Vorpubertät ist letztes Jahr im Verlag Edel Books erschienen.