Grüen 6 - Bildung

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Das Magazin der bayerischen Gr端nen

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BILDUNG Wie wir auf den Trichter kommen.

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EDITORIAL

An dieser Stelle breit auszuführen, wie wichtig Bildung für einzelne, aber auch für die gesamte Gesellschaft ist, wäre fast schon überflüssig. Die Stichworte Mündigkeit, Fachkräftemangel, Wissensgesellschaft und Teilhabe reichen eigentlich aus, um die große Bedeutung des Themas zu unterstreichen. Wenn dagegen die Frage gestellt wird, wie wir Bildung organisieren, wie die Vermittlung von Wissen und die Entwicklung von Fähigkeiten am besten gefördert wird, bleibt der Konsens ganz schnell auf der Strecke. Nimmt man die internationalen PISA-Vergleichstests als Maßstab, schneiden sowohl das für gnadenlose Paukerei bekannte Südkorea als auch das kuschelpädogikverdächtige Finnland sehr gut ab. Allerdings stellt sich schon die Frage, wieso man Kinder und Jugendliche erst einmal an den Rand des Zusammenbruchs bringen soll, wenn es anders genauso gut klappt. Wer seine Erfolge durch Fleiß und Disziplin erzielt hat, verfügt über ein anderes Weltbild als derjenige, der durch Motivation und Eigenantrieb zum Ziel kommt. Letzterer wird im späteren Leben aber auch mal kritisch nachfragen, weil das eben dazugehört. Aber das ist eine Fähigkeit, die nicht von allen gerne gesehen wird. Die Bayerische Staatsregierung zum Beispiel hält sich ja zugute, dass der Erfolg der bayerischen Schülerinnen und Schüler vor allem ihrer weitsichtigen Bildungspolitik geschuldet ist. Das Ranking wird gerne als schlagendes Argument gegen jeden Wunsch nach Reform ins Feld geführt. Auch wir freuen uns, wenn die Kinder in Bayern gut abschneiden. Aber erstens dürfen wir nicht vergessen, dass zu viele durch das Raster fallen; besonders diejenigen, die von zuhause eben wenig oder keine Unterstützung bekommen. Und zweitens lässt sich dasselbe Ergebnis auch auf einem anderen Weg erzielen: kind­gerecht, ohne den Druck der Auslese schon nach der vierten Klasse. Auch uns steht es offen, den finnischen Weg zu gehen. Nur die Staatsregierung will davon nichts wissen. Einbildung wird dort anscheinend auch für eine Form der Bildung gehalten.

Theresa Schopper, Landesvorsitzende

inhalt bildung in zahlen und mehr 4 anders lernen 6

länger gemeinsam lernen ... 22 Interview mit Christa Goetsch

Die Bildungspolitik heute entscheidet wie wir morgen leben

was hast du heute gelernt? 23

bock auf schule 12

auf wiedersehen? 24

Eine Schule am Rande unseres Bildungssystems

lehren braucht charisma 16 Interview mit Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth

grosser sprung? 20

auf den deckel 26 impressum 27

Welche Strategie ist besser?

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GRUEN 6 I BILDUNG

bildung in zahlen und mehr Lebenslanges Lernen ... Volkshochschulen in Bayern: 217 In Bayern veranstalten die Volkshochschulen ihr Programm in etwa 1.000 Betriebsstätten (einschließlich 800 Außenstellen). 2004 waren dies über 171.000 Volkshochschulangebote mit einem Umfang von 1.445.000 Doppelstunden (= 90 Minuten) für 2.860.000 Menschen.

Wenn Bildung schwer wiegt Der durchschnittliche Schulranzen hat ein Gewicht von 17,2% des Körpergewichts des Kindes.

Bildung rechnet sich Jeder Akademiker bringt der öffentlichen Hand im Schnitt 120.000 Euro Gewinn, verrechnet man die Bildungsausgaben mit den Steuern und Abgaben, die die Absolventen zahlen.

Gemessen am Normalgewicht des Kindes sollte der gefüllte Schulranzen ca. 12% - 13% des Körpergewichtes betragen.

Übertrittsquoten Gymnasium („Wo die klugen Kinder wohnen“) Ausgaben für Bildung (öffentlich und privat) in Prozent des BIP (2012) Island: 8,1 Chile: 6,8 OECD: 6,2 Polen: 5,8 Deutschland: 5,3 Italien: 4,9

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Landkreis München: 61% Landkreis Starnberg: 58% Stadt Erlangen: 54% Landkreis Cham: 27% Landkreis Rottal-Inn: 27% Landkreis Donau-Ries: 25% Bayern: 39%


Wenn Schule Angst macht ... Als Didaskaleinophobie oder Scolionophobie wird die Angst vor dem in die Schule gehen bezeichnet.

... oder zumindest keinen Spaß. Die Polizei registrierte 2 251 Fälle in Bayern, in denen Schüler unerlaubt vom Unterricht fernblieben.

Wenn mit (Zukunfts-) Angst Geld gemacht wird Laut Studien geben Eltern in Deutschland zusammen bis zu 1,5 Milliarden Euro für die Nachhilfe ihrer Sprösslinge aus. Bis zu 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler nehmen mittlerweile regelmäßig bezahlten Nachhilfeunterricht in Anspruch. Bereits in der Grundschule bekommen im Schnitt aller Bundesländer 14,8 Prozent der Viertklässler Nachhilfe im Fach Deutsch.

Hirndoping im Trend Knapp 50.000 bayerische Kinder nehmen regelmäßig Methylphenidat (z.B. Ritalin) ein. Immerhin 21% der Erwachsenen in Deutschland wären bereit , die eigene Leistungsfähigkeit auch medikamentös zu erhöhen.

Wenn Lehrer ausbrennen ... 35 Prozent der Pädagogen sind ausgebrannt, 20 Prozent sind sogar behandlungsbedürftig. (Prof. Joachim Bauer, Klinik für Psychosomatische Medizin Freiburg)

Mal ganz allgemein 17 Millionen Menschen, etwa ein Fünftel der Bevölkerung Deutschlands, nutzen Bildungsangebote: Sie gehen in Kindertageseinrichtungen, absolvieren allgemeinbildende und berufliche Bildungsgänge oder besuchen Hochschulen. Auch als Arbeitgeber ist das Bildungssystem in Deutschland wichtig: 1,5 Millionen Menschen sind in diesen Institutionen mit pädagogischen oder wissenschaftlichen Aufgaben beschäftigt.

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anders lernen Die Bildungspolitik heute entscheidet wie wir morgen leben Von Thomas Gehring

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Wir bilden heute Bayerns Zukunft. Deshalb entscheidet aktuelle Bildungspolitik darüber, wie wir und unsere Kinder in Bayern leben werden. Ob Bayern ein gerechtes, weltoffenes, lebenswertes Land sein wird mit einer prosperierenden und nachhaltigen Wirtschaft, das von mündigen Bürgerinnen und Bürgern gestaltet wird. Wenn wir an die Anforderungen der Welt von morgen denken, wird uns bewusst, dass die Schule von heute, die nach bildungspolitischen Vorstellungen von gestern und vorgestern gestaltet wird, dieser Zukunft nicht gerecht werden kann.

kinder und jugendliche in den mittelpunkt Grüne Bildungspolitik stellt Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt. Die erste Frage ist für uns: was brauchen sie zum Lernen und um glücklich in der Schule zu sein? Kinder und Jugendliche sind neugierig, voller Wissensdurst und Experimentierfreude. Sie haben viele Fragen nach dem Wie und Warum in dieser Welt. Wir wissen, Kinder und Jugendliche sind von Anfang an individuelle Persönlichkeiten, sie haben unterschiedliche Ausgangslagen, Anlagen, Fähigkeiten und Vorlieben und entwickeln sich unterschiedlich. Ein gerechtes Bildungswesen nimmt die Unterschiede ernst und lässt kein Kind zurück. Soziale Herkunft darf den Bildungserfolg nicht bestimmen, jedes Kind hat die optimale Förderung verdient und braucht in-

dividuelle Unterstützung. Für Grüne Bildungspolitik ist die Vielfalt der Kinder nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein Gewinn und eine Chance.

die blockierte staatsregierung Hingegen scheitert der Versuch der Staatsregierung, ein Jahr vor der Landtagswahl alle bildungspolitischen Baustellen „abzuräumen“ und Zufriedenheit über das „Bildungsland Bayern“ zu verbreiten, gran­ dios. Die Unzufriedenheit bei Eltern, SchülerInnen, Lehrkräften, Schulverwaltung und Kommunen über die Bildungspolitik der Staatsregierung und die Lage an Bayerns Schulen ist riesig. Die CSU ist aufgrund ideologischer Blockaden zu einem Aufbruch in der bayerischen Bildungspolitik nicht in der Lage. Die FDP ist einfluss- und konzeptionslos und hat die Erwartungen vieler in eine andere Bildungspolitik in Bayern enttäuscht. Kultusminister Spaenle hat die bayerische Bildungslandschaft lediglich um zahlreiche neue Begriffe bereichert, von der Gelenkklasse bis zum Intensivierungsjahr. Diese inhaltlosen Wortschöpfungen stehen aber nicht für eine neue Politik, sondern sollen die alten Probleme nur kaschieren. Der durch die bildungspolitischen Fehler der Vergangenheit (Ära Stoiber) entstandene Schaden an der Qualität des bayerischen Bildungswesens, wie etwa die übereilte, dilettantische und schlechte Ein-

führung des G 8, die Versäumnisse beim Ausbau der Ganztagsschule, oder die Spar­politik zu Lasten der SchülerInnen (Klassengrößen) und der Lehrkräfte (Arbeitszeiterhöhung), wurde nicht oder nur unzureichend korrigiert. Notwendige ­Reformen (Schulstruktur, Lehrerbildung, Schulverwaltung) wurden bisher nicht angegangen und werden aus ideologischen Gründen versäumt. Entgegen aller Ankündigungen werden die Rahmenbedingungen (z. B. Lehrerversorgung, Mittel für Ganztagschulen) nicht besser und stehen dazu von Schuljahr zu Schuljahr immer wieder zur Disposition, so dass die Schulen keine Planungssicherheit haben. Die Bildungspolitik der Staatsregierung ist nicht zukunftsorientiert, sie ist in ihrer Selbstbeweihräucherung rückwärtsgewand. Sie nimmt als „Politik von oben“ die Gestaltungsmöglichkeiten der Akteure

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„Immer noch bestimmt der soziale Hintergrund den Bildungserfolg“

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vor Ort nicht ernst und ist so auf Strukturund Statusfragen fixiert, dass sie die Schülerinnen und Schüler eben nicht in den Mittelpunkt ihrer Bildungspolitik stellt. So steht für Kultusminister Spaenle als Ideologe des dreigliedrigen Bildungssystems die Aufteilung der Kinder auf verschiedene Schularten im Vordergrund. Er bringt keine Bildungspolitik auf den Weg, die es Schulen ermöglicht, Kinder wirklich individuell zu ­fördern und ihnen individuelle Leistungs­­anreize anzubieten, Neigungen zu ver­tiefen und Schwächen mit spezifischen Unterstützungsübungen auszugleichen. Da­durch vergibt die Staatsregierung Zukunftschancen der Kinder und Jugend­ lichen, noch bevor diese die Zeit hatten, ihre Potentiale auszubauen. Zu viele ­Talente bleiben dadurch unent­wickelt. Die Unzufriedenheit vieler Eltern ist groß, weil sie feststellen, dass die bayerische Schule ihren Kindern und deren individuellen Lernbedürnissen nicht gerecht wird – unabhängig wie erfolgreich der Weg ihres Kindes durch das bayerische Bildungssystem ist.

wenig abiturienten Nach wie vor bestimmt in Bayern so sehr wie in keinem anderen Bundesland der soziale Hintergrund den Bildungserfolg. Was das derzeitige Bildungssystem nicht leisten kann, wird von Eltern für ihre Kinder außerhalb der Schule eingekauft, was die Schieflage im Bildungserfolg und die soziale Benachteiligung noch deutlich verschärft. Aber auch in der Spitze ist Bayern nicht erfolgreich, das belegt etwa die niedrige Abiturientenquote, obwohl laut PISATest mehr SchülerInnen das „Zeug dazu hätten“, das Abitur zu schaffen. Die Zahl der Schüler ohne Abschluss ist viel zu hoch und insbesondere die Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund werden nicht genutzt. Wir wollen die Bildungspolitik vom Kopf auf die Füße stellen. Nicht die Frage, wel-

ches Kind „passt am besten in welche Schulart“ ist für uns der Ausgangspunkt, sondern die Frage, wie kann Schule so ­gestaltet werden, dass auf die Lernbedürfnisse und Potentiale jedes Kindes eingegangen werden kann, so dass „individuelle Förderung“ kein Schlagwort bleibt, sondern tatsächlich stattfindet. Lernen verstehen wir als einen aktiven, selbstgesteuerten und sozialen Prozess, der auch nach der Schule nicht endet. Was man sich selbst angeeignet hat, was man selbst – durchaus auch im wörtlichen Sinne – begriffen hat, weiß man auch nachhaltig. Und Neurobiologen und Lernforscher bekräftigen: Positive Motivation, Zutrauen in die eigenen Leistungen und Lernfreude sichern den Lernerfolg. Wer ein positives Selbstlernkonzept hat („ich weiß, wie ich etwas lerne“), kann sich anstrengen und etwas leisten - auch im Sinne lebenslangen Lernens.

lebensraum schule Dabei ist Lernen ein sozialer Prozess. Deshalb ist für uns Schule keine Anstalt, in der man Wissen „tankt“, sondern ein Lebensraum. Bildung entsteht in Beziehungen, sie beruht auf Vorbildern, auf Austausch, auf Kommunikation, auf Dialog, wie auch auf der Konfrontation mit unterschiedlichen Lebensentwürfen. Ein positives und sicheres Sozialklima in der Lernumgebung ist eine wichtige Voraussetzung für einen nachhaltigen Lernerfolg. An schulischen wie außerschulischen Lernorten lernen junge Menschen die natürliche und die sozialen Umwelt kennen und den achtsamen Umgang. Schule soll zu verantwortlichem Handeln befähigen. Bildung ist für uns immer Persönlichkeitsbildung. Wir Grünen stehen für eine neue Bildungspolitik in Bayern – neu im Stil und in den Inhalten. Schlüsselbegriffe grüner Bildungspolitik sind Vertrauen, Verlässlichkeit und Ermöglichen. Gegen die in der Kultushierarchie vorherrschende Misstrauenskultur-

setzen wir eine Kultur des Vertrauens, die Leistungen der SchülerInnen und guter Schulen fördert. Gegen eine intransparente und nicht verlässliche Stellenpolitik ­setzen wir eine Politik der verlässlichen Rahmenbedingungen, die den Akteuren vor Ort die nötigen Handlungsspielräume gibt. Und gegen eine Politik des Durchregierens setzen wir eine Politik des Ermöglichens, die neue Wege und Innovationen, die von den Beteiligten vor Ort getragen werden, unterstützt und nicht mehr ­behindert.

sechs eckpunkte eines grünen bildungsaufbruches für besseres lernen in bayern 1. Übertrittsdruck beenden Beim Übertritt nach der vierten Klasse werden die Probleme des bayerischen gegliederten Schulwesens offensichtlich. Der große Druck in den Klassen drei und vier ist belastend für die SchülerInnen, führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, fördert Schulangst, demotiviert Schüler­ Innen und beeinträchtigt ihre Leistungsfähigkeit. In den Grundschulen ist aufgrund des Sortierdrucks gute Grundschulpädagogik nicht mehr möglich. Wir wollen den Übertrittsdruck beenden, indem wir das derzeitige Übertrittsverfahren abschaffen und durch eine Freigabe des Elternwillens beenden. Unser Ziel bleibt dabei, die ­Sortiererei nach der vierten Klasse durch Modelle längeres gemeinsames Lernen überflüssig zu machen 2. Längeres gemeinsames Lernen Wir wollen gemeinsames Lernen in der Sekundarstufe ermöglichen, weil so der Sortierdruck nach der Grundschule beendet wird und die SchülerInnen in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen und individuell gefördert werden. Diese Gemeinschaftsschule wird zu einer guten Schule, wenn sie von Lehrkräften, Eltern

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seits als Unterrichtende, aber auch als Lerncoaches, die das aktive Lernen der SchülerInnen begleiten. Wir wollen eine Leistungskultur entwickeln, die hohe Leistungsanforderungen verbindet mit einer lernfreundlichen ­Praxis der Leistungsrückmeldung, die Zutrauen in die eigenen Leistungen fördert, realistische Selbstbewertung ermöglicht und die Potentiale der Einzelnen deutlich macht. Schulnoten können diese umfangreiche Analyse nicht leisten: Sie geben häufig lediglich an, ob Lerninhalte, die kurzfristig für eine Prüfung angeeignet wurden, zu einem bestimmten Zeitpunkt abrufbar sind.

und Kommunen vor Ort getragen wird, deswegen setzen wir auf die Dy­namik einer Veränderung „von unten“. Mit Gemeinschaftsschulen können zudem Schulstandorte im ländlichen Raum, die aufgrund der demographischen Entwicklung gefährdet sind, erhalten bleiben. Mit einer „Öffnungsklausel“ im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz wollen wir neue Modelle im Sinne unserer „Politik des Ermöglichens“ auf den Weg bringen. 3. Entwicklung einer neuen Lern- und Leistungskultur Der Schulalltag ist noch häufig von 45-Minuten-Takt und Frontalunterricht geprägt. Schulen brauchen aber Lernarrangements, mit deren Hilfe die Einzelnen individuell gefördert werden, selbstständig mit- und voneinander lernen können. Lehrkräfte müssen flexibler agieren können, einer-

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4. Mehr Selbständigkeit für Schulen Wir wollen den Weg für besseres Lernen öffnen. Ob Grund-, Real-, und (Haupt-) Mittelschulen oder Gymnasien – alle Schulen sollen sich weiterentwickeln können. Wir wollen, dass die Lehrkräfte – sie sind die Profis für Lernen und Unterricht – über die Schul- und Unterrichtsorga­ nisation eigenverantwortlich entscheiden können. Wir wollen den Schulleitungen mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben geben, damit sie – mit entsprechender demokratischer Beteiligung von Lehrkräften, Eltern und SchülerInnen – die Schulentwicklung voranbringen. Dazu brauchen sie auch besser ausgestattete Schulsekretariate an ihrer Seite. Damit neue Freiräume und Chancen für die Schulen genützt werden können, werden die Aufgaben innerhalb der Ebenen der staatlichen Schulverwaltung neu ausgerichtet. Das spart auch Ressourcen ein, die dann direkt zur Qualitätsverbesserung eingesetzt werden können. 5. Auf die Lehrkräfte kommt es an Wir wollen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass es Lehrerinnen und Lehrer mehr als bisher möglich wird, Lernbedürfnisse zu erkennen, die Stärken der Schüler­

Innen intensiv zu fördern und mit den SchülerInnen an ihren Schwächen zu arbeiten. Statt den Lehrplan starr durchpeitschen zu müssen, bekommen die Lehrkräfte Freiraum für ihr pädagogisches Handeln, bessere Arbeitsbedingungen und eine verbesserte Schul- und Unterrichtsorganisation. Schulleitung wie Lehrkräfte brauchen regelmäßige und gute Fortbildungen, um fit zu werden für das neue Lernen, für pädagogische Innovation, Reflexion, Teamarbeit. Deshalb wollen wir auch mehr Geld für eine „Offensive Lehrerfortbildung“ in die Hand nehmen. Mit eigenen Budgets können Schulen dann die jeweilige vor Ort notwendige Lehrerfortbildung finanzieren. 6. Verlässliche Lehrerver­sorgung statt Lotteriespiel vor Schuljahresbeginn Schulen brauchen Planungssicherheit, deswegen stehen wir für eine solide Per­ sonalpolitik im Schulbereich. Wir werden an der Bildung nicht sparen, sondern in die Köpfe investieren: • für kleinere Klassen • f ür zweite Lehrkräfte in den Klassen (teamteaching) • für den Ausbau von Ganztagsschulen • gegen Unterrichtsausfall • für gemeinsamen Unterricht von Schüler­ Innen mit und ohne Behinde­rungen. Dazu gehören auch ausreichend Mittel für SchulsozialarbeiterInnen, SchulpsychologInnen, Sonderpädagoginnen und Fachkräfte von außerhalb, damit an Schulen multiprofessionelle Teams arbeiten können. Freie Schulen wollen wir entsprechend finanziell besser stellen.


GRUEN 6 I BILDUNG

bock auf schule Eine Schule am Rande unseres Bildungssystems Von Daniela Wüst und Birgit Zipfel

mutigt werden, doch noch daran zu glauben, ihren Platz in dieser Gesellschaft zu finden. Knapp die Hälfte von ihnen bekommt eine echte Chance am BOKI.

pflicht wird zur chance

Einmalig ist sie in ganz Bayern, die Städtische Berufsschule zur Berufsvorbereitung in München Bogenhausen am Kirchplatz, kurz BOKI. Hier „landen“ jährlich 1.800 Jugendliche, junge Erwachsene, die es nicht geschafft haben, die es einmal mehr nicht geschafft haben. Die Logik unseres selektierenden Bildungssystems spuckt sie hier aus. Nach der Hauptschule, mit Ende der allgemeinen Schulpflicht, konnten sie keinen Ausbildungsplatz ergattern.

4000 im übergang In ganz München sind es jährlich rund 4.000 SchülerInnen, die den Übergang in die Arbeitswelt nicht direkt schaffen. Sie müssen oftmals erst mühsam wieder er-

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Die SchülerInnen kommen hierhin, weil sie berufsschulpflichtig sind. Diese Pflicht wird am BOKI zur echten Chance, die Weichen neu zu stellen, herauszukommen aus alten Verhaltensmustern. Hier finden die Jugendlichen individuelle Unterstützung in einem breiten Angebot zum Aufbau beruflicher aber auch sozialer und ganz lebenspraktischer Kompetenzen. Zwei Drittel haben einen Migrationshintergrund, zweidrittel sind Jungs. Nicht ­selten sind in den Klassen mehr als zehn verschiedene Nationen vertreten. Das Ziel ist es, die SchülerInnen so zu begleiten und aufzubauen, dass sie doch noch den Übergang in die Arbeitswelt der Erwachsenen meistern. Die BOKI will dabei vor allem eines aufzeigen: Alternativen. Mit den SchülerInnen gemeinsam ihre Ziele durchsprechen, ihnen Orientierung geben. Oft mangelt es den SchülerInnen vor allem an der Moti-

vation und am Durchhaltevermögen. „Wir haben hier schwerpunktmäßig einen pädagogischen Ansatz, Lehrpläne stehen erst mal im Hintergrund“, erläutert der Schulleiter Herr Seiler die Arbeit am BOKI. „Wir sind recht frei in der Gestaltung von dem was und wie wir was tun, anders würden wir die Jugendlichen auch gar nicht erreichen.“

einzigartig Die BOKI hat dank ihrer einzigartigen Stellung in Bayern ungewöhnlich viel ­Freiheit für eine städtische Schule. Und sie bekommt bemerkenswert viel Unterstützung von allen Stellen der Stadt, der Regierung von Oberbayern und dem Kultusministerium. Deshalb ist es möglich sehr individuell auf jede und jeden einzelne/n SchülerIn einzugehen. Auch die sozialpädagogische Unterstützung ist garantiert. So können viele Jugendliche wirklich erreicht werden. Denn jeder hat andere Gründe, warum es bisher in der Schule oder bei der Lehrstellensuche nicht geklappt hat. Jeder benötigt andere Hilfestellungen. Jeder ist eine andere Persönlichkeit.


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lung in Blöcken von dreimal neun Wochen angeboten. Ein ganz neues Arbeitsfeld der Schule sind die seit einem Jahr hinzugekommenen Flüchtlingsklassen.

kundenkontakt

Dem Mitarbeiter der Schulleitung StD Eric Fincks ist die bestmögliche Förderung jeder und jedes Einzelnen ein ganz besonderes Anliegen: „Wir führen mit jedem neuen Schüler ein langes Gespräch, um herauszufinden, welches Angebot, welches Berufsfeld am besten zu diesem einzelnen Schüler passt. Dabei möchte ich ihnen möglichst offen und vorurteilslos gegenübertreten und lese ganz bewusst die Schulakten erst mal nicht.“

Die Jugendlichen können am BOKI ihren Hauptschulabschluss nachholen und sogar ihren Quali machen. Sie erhalten aktive Hilfe bei der späteren Berufswahl und bei ihren Bewerbungen. Insgesamt 15 Berufsfelder werden am BOKI angeboten: von Gastronomie, Service, Nahrung, über KFZ-Technik, Metallund Holzbearbeitung, zu Wirtschaft, Einzelhandel bis hin zum Sozialbereich. In der Produktionsschule arbeiten die Schü-

produktionsschule Grundprinzip der Schule ist die enge Verzahnung von Theorie und Praxis – sei es durch Pflicht-Praktika, Projektarbeit oder als Besonderheit am BOKI, die Arbeit in der Produktionsschule. Möglich wird dies durch die enge Vernetzung der Schule mit Wirtschaft, Industrie und Handwerk sowie außerschulischen Maßnahmeträgern, der Jugendhilfe, mit Migrations- und Flüchtlingsorganisationen und den Arbeitsagenturen. Neben einem einjährigen Vollzeitunterricht wird auch die Beschu-

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lerInnen mit direktem Kundenkontakt. Sie stellen Waren her, die real verkauft werden und deren Produktion sich rechnen muss. Das Konzept ist nur möglich, weil ein StadtratsBeschluss dahinter steht, der den vergleichsweise hohen Betreuungsschlüssel der SchülerInnen erst ermöglicht.

Amir, 17, hat heute Dienst an der Kasse und am Kaffeevollautomaten. Er hat die Hauptschule nach der 8. Klasse verlassen, weil er keinen Bock mehr auf Schule hatte. In die Produktionsschule geht er gerne, auch wenn die unter seinen Mitschülern

alles andere als einen guten Ruf hat. Er hat einen Tag in der Woche Unterricht im PICafé – eine Kantine mit Catering-Service im Münchner Pädagogischen Institut, die allein von den SchülerInnen und ihren LehrerInnen geführt wird. Hier gibt es Essen zum Selbstkostenpreis und zwar alles bio. Heute gibt es Curry-Gemüsepfanne mit Bulgur. Amir prüft nochmal den Catering-Bestellschein. Ihn zu motivieren, war besonders am Anfang nicht so leicht. Die Klasslehrerin und stellvertretende Schulleiterin Frau von Reuss, rief Amir auch schon zu Hause an: “So, jetzt komm!” Über sich selbst sagt er: „Ich hab´s verbockt, einfach keine Lust gehabt auf Schule und so.“ In der Neunten hat er die Schule geschmissen, ohne Abschluss und hing zu Hause rum. „Beim Ausgehen gab es


„Ich hab‘s verbockt, einfach keine Lust gehabt auf Schule und so.“

dann mal Streit, eine Prügelei, Jugendgefängnis.“ Jetzt ist er hier im PI und absolviert den dritten Neun-Wochen-Block seiner Berufsschulpflicht. Es gefällt ihm am BOKI: „Der Unterricht ist ok, und die Arbeit hier im Café auch.“

50% erfolg In neun Wochenblöcken bleibt wenig Zeit, um, wie Frau Reuss es formuliert, „die Jugendlichen an die Hand zu nehmen und sie von der Wichtigkeit einer guten Ausbildung zu überzeugen.“ Doch die PädagogInnen sind vergleichsweise erfolgreich: 50% der BOKI-SchülerInnen finden im Anschluss eine Ausbildung. Das Catering und andere Praxisfächer mit Realitätsbezug geben dem Unterricht die Sinnhaftigkeit zurück, welche die SchülerInnen in der Hauptschule oft vermisst haben. Schon seit über 50 Jahren gibt es die BOKI. Doch in den letzten 10 Jahren stieg der Schüleranteil rasant – von 1100 auf zunächst sogar über 2000 um sich jetzt bei rund 1800 einzupendeln.

Woran liegt es, dass so viele SchülerInnen den Übergang ins Berufsleben nicht packen? Und das bei einem sich immer deutlicher abzeichnenden Fachkräftemangel in Bayern? Ein Grund sind sicher die wachsenden Ansprüche – die Konkurrenz der SchülerInnen mit Qualifiziertem Hauptschulabschluss und Realschulabschluss wird stärker, selbst Abiturienten drängen stärker denn je auf den Ausbildungsmarkt. Ein anderer ist unser Bildungssystem, das weiterhin gnadenlos aussiebt.

lange bergab gehen muss, bis sie erleben, dass sie als Persönlichkeit angenommen werden. Bis ihnen ein Umfeld geboten wird, dass sie ermächtigt, sich und ihre Fähigkeiten selbst kennenzulernen und einzusetzen. Bis sie Schlüsselkompetenzen vermittelt bekommen, die sie zu selbstständigen Mitgliedern in unserer Gesellschaft werden lässt. Amir brauchte nur ein paar Wochen, um den Spaß am Lernen zurückzugewinnen. Sein Engagement und Fleiß an der Produktionsschule haben sich ausgezahlt: ihm wurde eine Lehrstelle als Koch angeboten.

bildungspolitik selektiert und produziert eliten Bayerns Bildungspolitik war schon immer darauf ausgelegt, zu selektieren und Eliten zu produzieren. Doch oft fällt dabei allzu leicht unter den Tisch, dass so auch Verlierer produziert werden. Was neun Jahre lang im Bildungssystem schief gegangen ist, soll die BOKI jetzt in einem Jahr oder sogar in nur drei mal neun Wochen Blöcken ausmerzen. Bleibt die Frage, warum es für Kinder und Jugendliche erst mal so

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GRUEN6 I BILDUNG I INTERVIEW

lehren braucht charisma

Interview mit Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth von Sascha Knöchel und Birgit Zipfel

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Haben Sie in der Schule gerne gelernt? Mir ist das Lernen leicht gefallen. Jedenfalls was Sprachen und die anderen „geisteswissenschaftlichen“ Fächer betrifft. Ich habe in meiner Schule fünf Fremdsprachen lernen können: Griechisch, Latein, Englisch, Französisch und auch Russisch. Nur in den naturwissenschaftlichen Fächern Physik und Chemie habe ich die Zeit abgesessen. ­Damals hätte ich nie gedacht, dass ich selbst mal Naturwissenschaftler werde. Das lag aber am Lehrer. Denn ob man etwas lernt oder eben nicht, liegt nicht so sehr am Inhalt der Fächer, sondern vor allem an der Qualität des Unterrichts. Das ist damals wie heute so.

Warum ist die Persönlichkeit des Lehrenden so wichtig? Zu 50 % hängt der Lernerfolg an der Vertrauenswürdigkeit der Lehrenden, denn über die Persönlichkeit des Lehrers kann die Motivation der Schüler enorm gesteigert werden. Leider geht die Lehrerausbildung auf die Persönlichkeitsentwicklung kaum oder gar nicht ein. Das kommt völlig zu kurz. Dabei sollte es einen großen Teil der Lehrerausbildung – und zwar für alle Schultypen – ausmachen. Lehrer mit starker Persönlichkeit können begeistern, selbst wenn sie aus dem Telefonbuch vorlesen. Dieses Charisma entwickeln Menschen, die an Ihre Sache glauben, inhaltlich ebenso wie zwischenmenschlich.

Was macht eine gute Lehrerin, einen guten Lehrer aus? Natürlich fachliche Kompetenz, aber mindestens genauso wichtig ist seine Persönlichkeit. Innerhalb von Sekunden machen sich Kinder und Jugendliche davon ein Bild. Wie ist der Lehrer? Ist er glaubwürdig, ist er einfühlsam, hat er Empathie? Kurz: Ist er am Aufbau einer Beziehung zu mir ­interessiert?

Können sich LehrerInnen dieses Charisma gezielt aneignen? Nur bedingt. Man wirkt nur glaubwürdig, wenn man auch glaubwürdig ist. Die nichtverbale Kommunikation, das heißt Mimik, Gestik und Intonation der Stimme verraten uns. Ich muss also echte Empathie für meine Schüler empfinden, ich muss von meinem Fach begeistert sein und ich muss Spaß daran haben, diese Begeis-


terung an die Menschen, die in meinem Unterricht sitzen, weiter zu tragen. Deshalb sollte man manchen Menschen von ihrem Wunsch Lehrer zu werden einfach dringend abraten – egal, was die Noten sagen. Und wie sollte der Unterricht strukturiert sein, um uns und unser Gehirn ideal zu fordern? Wir müssen wegkommen von der Kleintaktigkeit des Unterrichts. Der 45-Minutentakt ist aus lernphysiologischer Sicht völliger Unsinn. Erfunden von einem preußischen Bürokraten im vorletzten Jahrhundert. Das ist für das Lernen absolut kontraproduktiv. Wenn ich neues Wissen vermitteln möchte, dann muss ich zu allererst sicherstellen, dass alle Kinder denselben Kenntnisstand haben, an den ich nun anknüpfen kann. Das kann ich aber beim heutigen Lehrplan schon aus Zeitdruck gar nicht machen. Das hat zur Folge, dass mir einige Kinder gar nicht folgen können und ich über ihre Köpfe hinweg rede. Die verliere ich. Neues Wissen bleibt in unseren Köpfen nur dann hängen, wenn es an etwas anschließen kann.

Was empfehlen Sie? Unterricht sollte völlig anders strukturiert sein. Wie, das probieren wir gerade ganz praktisch an einer Schule mit einem hohen Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund aus. Dort wird zunächst ein Thema mit Frontalunterricht kurz aber didaktisch professionell „eröffnet“. Darauf folgt Gruppen- und Projektunterricht zur Vertiefung und dann kommt Frei- beziehungsweise Einzelarbeit zur Wiederholung oder für einen noch tieferen Einstieg ins Thema. Klingt logisch. Ist aber gar nicht so einfach. In unserem Schulversuch geht es in der ersten halben Stunde nur darum, was für aktuelle Probleme anstehen. In der zweiten halben Stunde wird dann geklärt, was vom bisherigen Unterricht verstanden wurde. Wo steht jeder Einzelne? Dann erst ist der Lehrer eine halbe Stunde dran, mit der Vermittlung von neuem Wissen, das didaktisch aufgearbeitet ist. Darauf folgen Gruppen und Einzelarbeit. Nach drei bis vier Wochen wird das Gelernte wiederholt und dann nochmal nach drei bis vier Monaten. Ohne Wiederholung ist Lernen nicht möglich.

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GRUEN6 I BILDUNG I INTERVIEW

Langweilen sich dabei nicht diejenigen, die den Stoff schnell drauf haben? Nur, wenn man ihnen nicht mehr Angebote macht. In einer solchen Schule braucht man nicht in normal-, hoch- oder minderbegabt zu selektieren. Auch Inklusion kann so gelingen. Gut 75 Prozent der Schüler sind ja normal begabt. Nur ein kleiner Teil weicht positiv oder negativ davon ab, und der muss „mitgenommen“ werden. Man muss also überhaupt nicht vorsortieren, wie es heute oft geschieht, sondern innerhalb des Klassenverbands unterschiedliche Angebote machen. Außer bei Schwerstbehinderungen, hier ist Inklusion reine Sozialromantik. Ist Intelligenz bereits in den frühen Lebensjahren festgelegt? Es stimmt, dass das frühkindliche Lebensumfeld entscheidend mitwirkt am späteren Lernerfolg von Kindern. Entscheidend ist nicht die möglichst frühe Vermittlung von Wissen, sondern ob mich meine Eltern ermutigen und motivieren, Neues auszuprobieren. Loben die Eltern meine Fortschritte? Kommunizieren Sie mit mir? Entscheidend ist aber auch, wie kooperativ meine Geschwister sind. Und natürlich: Wie wichtig ist Bildung für meine Familie, wie wird meine Anstrengung in diese Richtung wahrgenommen und wertgeschätzt?

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Können die so genannten bildungsfernen Kinder überhaupt schulisch noch entscheidend gefördert werden? Ja, aber der spätere Einfluss ist nicht mehr sehr groß. Ich selber habe versucht, die Anzahl der hochbegabten Stipendiaten aus nicht akademischen Familien zu erhöhen. Der Erfolg war begrenzt. Es gab bei Kindern in diesem Bereich einfach Defizite, insbesondere in der Kommunikationsfähigkeit, die später nur schwer zu beheben sind. Keine Chance für bildungsferne Kinder? Doch natürlich. Wichtig ist nicht, welchen Bildungsgrad die Eltern haben. Wichtig ist, dass sie ihr Kind immer wieder zum Lernen motivieren. Motivieren, nicht zwingen. Diese Motivation zum Lernen muss das Kind im besten Fall durch die ganze Schulzeit begleiten. Wir müssen die Kinder immer wieder ermutigen, statt sie zu entmutigen. Diese positive Einstellung zum Bildungserfolg habe ich selbstverständlich auch bei bildungsferneren Familien erlebt, ganz oft auch bei türkischen Migranten. Was bringt Fremdsprachen- und Geigenunterricht bei kleinen Kindern? Nichts. Bis zum dritten Lebensjahr macht das gar keinen Sinn. Im ersten bis zweiten Lebensjahr ist Lernen unter Druck sogar schädlich und gefährlich. Das Gehirn ist dafür noch gar nicht ausgereift und kann mit Stress nicht umgehen. Ich kann spielerische Angebote machen, aber der Stress, den manche übereifrigen Eltern auf ihre Kleinkinder ausüben, kann zu ganz erheblichen psychischen Schäden führen.


Was kann ich tun, wenn ich mein Kleinkind früh fördern will? Einfach da sein und Angebote machen. Ein Kind gehört mindestens im ersten halben, besser noch im ganzen ersten Jahr zu seiner Mutter oder zu einer ähnlich gleich bleibenden Betreuungsperson wie Vater, Oma oder Tante. Neurobiologie und Psychologie zeigen, dass das Kleinstkind für einen ständigen Wechsel der Bezugsperson etwa der Erzieherin durch Urlaub, Schichtwechsel, etc. noch gar nicht reif genug ist. Es braucht eine, maximal aber zwei feste stetige Bezugspersonen. Alles andere ist für die gesunde Entwicklung des Kindes nachteilig. Warum können sich Kinder eigentlich alle Bundesligaspieler wie von selber merken, aber bei zehn Vokabeln wird es schon problematisch? Lernen wird durch drei Punkte bestimmt. Durch Begabung und natürlich individuelle Präferenzen, da wären wir z. B. bei den Fußballern. Durch Begeisterungsfähigkeit des Lernenden. Durch die Sinnhaftigkeit des neu zu lernenden Inhalts, also durch den Bezug zu meiner Lebenswelt. Als Lehrer stehe ich also vor der Aufgabe, den neuen Inhalt möglichst spannend zu machen. Dazu gehört auch, den Schülern unbedingt zu zeigen, was der Lernstoff mit ihrer eigenen Lebenswelt ganz direkt zu tun hat. Was halten sie von Noten in der Schule? Es braucht unbedingt Bewertungen, die Kinder und Jugendlichen brauchen eine Messlatte, um sich selbst realistisch einschätzen zu können. Nur ist unser heutiges Notensystem von eins bis sechs

völlig unzureichend. Es braucht ein differenziertes Feedback: Wo liegen meine Defizite und wo meine Stärken. Noten wie sie heute vergeben werden, sind sinnlos. „5 – setzen!“, das ist einfach nur demütigend und demotivierend. Eine Benotung muss dem oder der Einzelnen einen Anhaltspunkt geben, wo er oder sie steht, wie er sich entwickelt und was er verbessern kann.

Dann wird es also weiterhin SitzenbleiberInnen geben müssen? Nein, gar nicht. Das Sitzenbleiben erübrigt sich. Sitzenbleiben geschieht meist nicht aus irgendeiner „Faulheit“, sondern entsteht aus mangelnder Motivation. Wenn ich als Lehrer also ein solches Kind vor mir habe, dann ist es meine Aufgabe das Abrutschen zu verhindern, genau hin zu sehen, was die Ursache ist. Familiär, oder hat das Kind den Anschluss an die Inhalte verloren, ist es eventuell psychisch krank, etc? Das muss ich als Lehrer herausfinden und rechtzeitig gegensteuern. Sitzenbleiben ist eine unnütze Beschämung der Kinder und Jugendlichen, und das ändert auch nichts an den eigentlichen Ursachen, nämlich der Lernmotivation.

Herr Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Institut für Hirnforschung, Abteilung Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneurologie an der Universität Bremen. Autor des Buches: Bildung braucht Persönlichkeit – Wie Lernen gelingt.

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GRUEN 6 I BILDUNG

großer sprung oder langer marsch? Welche Strategie ist besser?

„Hamburg macht Sprung nach vorne“. Der Aufmacher des Hamburger Abendblatts Mitte August galt dem Abschneiden des Stadtstaats beim Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die Studie bescheinigt den Schulen dort die größten Fortschritte im Vergleich aller Bundesländer. Schönes Loch, aber wo ist der zugehörige Sommer, könnte man jetzt denken. Doch halt! Hamburg, da war doch was? Richtig. Am 18. Juli 2010 wurde dort mit einem Volksentscheid die Schulreform des schwarz-grünen Senats gekippt. Die „Rebellion der Pfeffersäcke“ (Stern) war erfolgreich.

umfassende reform Was war geschehen? Die Wahl 2008 hatte die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene hervorgebracht. Eine ambitionierte Schulreform war das Vorzeigeprojekt dieses Bündnisses. Sechs statt vier Jahre gemeinsame Schulzeit, sogenannte Stadtteilschulen, die auch jenseits des Gymnasiums einen Weg zur Hochschulreife eröffnen und ein weitreichender Ausbau gebundener Ganztagsschulen waren die herausragenden Daten dieser Reform, ihr Kopf und Gesicht die grüne Schulsenatorin Christa Goetsch. Bildungspolitiker­ Innen aller Couleur blickten gespannt darauf, was sich an Elbe und Alster abspielte – die einen in der Hoffnung, dass ein Erfolg der Hamburger Reformen als Blaupause für Veränderungen in anderen Bundesländern dienen könnte, die anderen in der bangen Erwartung, dass frühe Auslese und Dreigliedrigkeit bald ein Fall für die Geschichtsbücher werden. Es kam be-

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von Alex Burger

kanntlich anders. Eine Mehrheit stoppte die sechsjährige gemeinsame Grundschulzeit. Das Ergebnis markierte nicht nur den Anfang vom Ende der schwarz-grünen Regierung, es verunsicherte gerade grüne BildungspolitikerInnen nachhaltig: Die Strategie, weitreichende Reformen politisch zu beschließen und zügig umzusetzen, war vorerst gescheitert. Das Ziel, durch eine längere gemeinsame Schulzeit das Bildungssystem gerechter und durchlässiger zu machen, schien auf diesem Weg nicht erreichbar. Sowohl im rot-grünen NRW wie im grün-roten Baden-Württemberg wurden die Konsequenzen gezogen: Reform von unten statt Reform von oben lautet nun die Devise. Das Nachbarland Baden-Württemberg setzt auf die Gemeinschaftsschule. Nach der Grundschule werden die Kinder bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet und zwar in Form einer verpflichtenden Ganztagschule mit rhythmisiertem Unterricht. Anders als viele „Ganztagsschulen“ in Bayern sind das keine Schulen mit Nachmittagsbetreuung, sondern Lernorte, in denen sich verschiedene Formen von Lernen und Beschäftigung abwechseln. An die zehnte Klasse kann sich eine Oberstufe anschließen, die zum Abitur führt.

gemeinden entscheiden Ob es vor Ort eine solche Gemeinschaftsschule gibt, entscheiden die Kommunen mit einem entsprechenden Antrag. Sie machen reichlich Gebrauch davon: Im aktuellen Schuljahr starten 42 Gemeinschaftsschulen, über 100 weitere Anträge liegen vor. Auch Nordrhein-Westfalen mit

der grünen Bildungsministerin Sylvia Löhrmann hat einen ähnlichen Weg gewählt. Es scheint, als könne mit diesem Weg der Schulreform die hochideologisierte Auseinandersetzung um das richtige Schulsystem umgangen werden. Denn oft genug sind es konservative Bürgermeister, die eine Gemeinschaftsschule in ihrem Ort haben wollen.

auf leisen sohlen? Auf leisen Sohlen zum Erfolg also? Ja. Aber auch diese Strategie hat natürlich ihren Preis: Sie braucht wesentlich mehr Zeit. Das liegt nicht daran, dass grundlegende Reformen in den Augen der Menschen ­pädagogisch keinen Sinn machen, im ­Gegenteil, wie entsprechende Umfragen zeigen. Vielmehr glauben bestimmte Bevölkerungsgruppen, dass Schulreformen ihren sozialen Status in Frage stellen. Deshalb haben sich in Hamburg vor allem die Privilegierten gegen die Schulreform gestellt. Sie fürchteten um die Existenz des Gymnasiums, dessen Besuch nach wie vor als Ausweis der Zugehörigkeit zu einer Art Elite zählt. Das ist nicht erfreulich, aber zunächst einmal eine Tatsache, die man nicht leugnen kann. „Wenn du einen Feind nicht besiegen kannst, musst du ihn umarmen“ sagte der chinesisch Stratege Sun Tzu. Dass eine solche Strategie erfolgreich ist, zeigt ausgerechnet das Beispiel Hamburg. Zwar wurde die sechsjährige gemeinsame Grundschulzeit gestoppt, aber die Stadtteilschulen und der Ausbau der Ganztagsschulen wurden umgesetzt. Mit Erfolg, wie die eingangs zitierte Schlagzeile zeigt.


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länger gemeinsam lernen ist der richtige weg

Vor gut zwei Jahren wurde in einem Volksentscheid in Hamburg die vom schwarz-grünen Senat geplante sechsjährige gemeinsame Schulzeit gekippt. Was gab rückblickend den Ausschlag für die Niederlage? Der wichtigste Grund war wohl, dass im neuen Schulgesetz kein Elternwahlrecht vorgesehen war. Die Eltern konnten also nicht frei entscheiden, ob ihr Kind nach der 4. Klasse ein Gymnasium oder eine Stadtteilschule besuchen soll. Dadurch bekam die Gegenseite - die Scheuerl-Initia­ tive „Wir wollen lernen“ – die große Chance, ihre Kampagne sehr emotional zu fahren. Wir Grüne waren eigentlich für das Elternwahlrecht, haben aber im Koalitionsvertrag Rücksicht auf die Befürchtungen in der CDU genommen, dass die Gymnasien überlaufen würden. Beispiele aus anderen Ländern zeigten jedoch schon damals, dass diese Sorge unbegründet war. Uns ging es hauptsächlich um eine neue Lernkultur, eine andere Art des Unterrichts. Es sollte mehr Rücksicht auf individuelle Stärken und Schwächen genommen werden. Wir mussten aber feststellen, dass sich viele Eltern nicht vorstellen konnten, wie Unterricht jenseits des klassischen Frontalunterrichts abläuft.

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Der aktuelle Bildungsmonitor bescheinigt Hamburg von allen Bundesländern den größten Schritt nach vorne. Hängt das auch mit den anderen Reformen zusammen, die von schwarz-grün umgesetzt wurden, aber über Hamburg hinaus nicht so große Beachtung gefunden haben wie die längere gemeinsame Schulzeit? Ja, das ist richtig! Zwar stand die Primarschule im Fokus, aber die anderen qualitativen Reformen, die wir tatsächlich durchgeführt haben, können jetzt erst Wirkung zeigen: Der Ausbau der Ganztagsschule, kleinere Klassen, die Abkehr vom starren 45-Minuten-Takt, die intensivere Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer. Außerdem natürlich die Abschaffung der Hauptschule zugunsten der Stadtteilschule, die einen zweiten Weg zu einem gleichwertigen Abitur jenseits des Gymnasiums bietet. Das ist besonders für Schülerinnen und Schüler wichtig, die sich etwas später entwickeln. Ungeachtet aller länderspezifischen Fragen: Wo steht heute grüne Bildungspolitik konzeptionell und wohin sollte sie sich entwickeln? Ich bin fest davon überzeugt, dass wir weiterhin am Ziel des längeren gemeinsamen Lernens festhalten müssen, und die frühe

Selektion nach der 4. Klasse endlich auch in Deutschland ein Ende haben muss. Das ist auch eine Frage des Menschen- und Gesellschaftsbildes. Da dürfen wir nicht Ausgrenzung fördern und unterschiedliche Startchancen verstärken. Dazu kommt natürlich die Umsetzung der Inklusion, ebenfalls eine grundsätzliche Haltungsfrage. Weil unsere Gesellschaft und die Politik viele Jahre die Lebenslüge aufrecht erhalten haben, wir wären kein Einwanderungsland, ist es auch heute leider immer noch so, dass es für Kinder mit Migrationshintergrund eine strukturelle Benachteiligung in der Bildung gibt. Das müssen wir dringend ändern. Außerdem sollten wir uns weiterhin für ein ganzheitliches Lernen einsetzen. Nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen sind wichtig, auch kulturelle Bildung ist für die Entwicklung der Kinder, aber auch für die gesamte Gesellschaft dringend nötig. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Christa Goetsch (MdHB) war von 2008 bis 2010 Bildungssenator in in Hamburg


U D T S A WAS H ELERNT? HEUTE G Alex / 47 / Fußballfan : falschen 9. Die abkippende 6 wird nicht zur Gottfried / 63 / Ang estellter: Die Mehrwertsteuer inklusiv und exklu siv im Rechnungsprog ramm erheben.

Julia S. / 27 / Seekranke Piratin: Scheiße. Ein Sturm!

Petra / 54 / Besuch t einen Italienisch-K urs: Tutto fumo e niente arrosto uf die e Lust a

in noch ke t a H / 5 .. n U. / 6 Jahren . a i 6 t s 6 i t r i h M C

Rente:

Sebastian / 29 / Student: kalt ist. Warm anziehen, wenn's draußen är:

Alexander D. / 42 / Generalsekret Ruf doch mal an!

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auf wiedersehen? 1

Das Magazin der bayerischen Grünen

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Das Magazin der bayerischen Grünen

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DEMOGRAFIE Bayern wächst und schrumpft zugleich. Eine ehrliche Diskussion über die Folgen fehlt.

WACHSTUM Wachstum war lange der Mythos der modernen Gesellschaft. Doch der Abschied davon hat längst begonnen.

SCHÖNE NEUE WELT Wie der digitale Wandel unser Leben verändert

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(un)Gerecht? Wieviel Ungleichheit vertragen wir?

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HEIMAT

Wie wir auf den Trichter kommen.

Mia warn mia

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Gestartet sind wir mit einer kleinen Katastrophe. Die erste Ausgabe Von Grüen kam frisch aus der Druckerei und sah fürchterlich aus. Der Titel in falschen Farben, das ganze Druckbild verwaschen und mit ­weißen Schlieren durchsetzt. Unsere Idee, eine hochwertige Anmutung durch die Verwendung gestrichenen Papiers zu erreichen und trotzdem Umweltpapier und ökologische Druckfarben zu nutzen, hatte nicht geklappt. Zum Glück hat die Druckerei Ulenspiegel beim Neudruck gezeigt, dass beides eben doch zusammengeht. Dieses Heft ist nunmehr die sechste Ausgabe von Grüen. Und leider vorläufig die letzte. Der WahlkampfMarathon, der vor uns liegt, bedeutet eben auch, dass wir alle Kräfte und finanziellen Mittel auf unser Kerngeschäft konzentrieren müssen. Aber vielleicht gibt es 2014 ja ein Wiedersehen? Die Rückmeldungen, die wir bekommen haben, waren jedenfalls sehr positiv. Anscheinend gibt es Bedarf für eine grüne Zeitschrift, die sich jeweils nur auf ein Thema konzentriert und versucht, es aus allen möglichen Blickwinkeln auszuleuchten; die eher Fragen stellt als festgefügte Antworten zu liefern. Der Redaktion hat die Arbeit auf jeden Fall viel Spaß gemacht und wir hoffen, dass man das den Heften auch ansieht. Wir bedanken uns bei allen AutorInnen, bei den Anzeigen- und Beilagenkunden, bei den LeserInnen und beim Landesvorstand, der uns weitgehend freie Hand gelassen hat. Das ist nicht selbstverständlich. Und nicht zuletzt bei Ruth Botzenhardt, die mit viel Sinn für Gestaltung und Ästhetik mitgeholfen hat, den Inhalt so in Szene zu setzen, dass die Augen auch sehr viel davon hatten. Vielen Dank und vielleicht bis bald!


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wenn privatisierung schule macht...

von Sascha Knöchel

Mehr Bildung,     bessere Bildung,  gerechtere Bildung   – jajaja, alles schon dutzendfach gehört und auf zig Plakaten gelesen. Gerade im Bereich Bildung haben die Kollegen Seehofer und Zeil den Mund ja mehr als voll genommen. Und trotzdem fallen in Bayern immer noch Jahr für Jahr fünf Prozent jedes Jahrgangs durch, trotzdem wandern mittlerweile im bayerisch-württembergischem Grenzgebiet bayerische Schüler zu hunderten nach Baden-Württemberg ab, trotzdem ist die Zahl der Übertritte von Kindern aus bildungsfernen Familien auf bayerische Gymnasien lächerlich gering und trotzdem zahlen bayerische Student*innen immer noch Studien­ gebühren. Versprochen – gebrochen, besten Dank. Man muss allerdings eines zugeben. Die schwarz-gelbe Bildungspolitik im Freistaat ist natürlich eine ganz hervorragende Standortpolitik für den Wirtschaftszweig der privaten Bildung. Privatschulen boomen zwischen Aschaffenburg und Traunstein, mittlerweile besuchen schon knapp 15 Prozent der bayerischen Schüler*innen nichtstaatliche Schulen – und damit fast doppelt so viele wie im Rest des Landes. Kein Wunder also, dass selbst Bildungsexperten wie die ehemalige bayerische Bildungsministerin Monika Hohlmeier schon während ihrer Amtszeit die eigenen Kinder lieber auf die Privatschule schickte. Viele Eltern sind mittlerweile geradezu verzweifelt, ob sie ihre Kinder nun nach Montessori, Waldorf oder Jenaplan bilden lassen sollen, wie sie die Kosten dafür aufbringen und wie sie die Fahrerei zu den nicht immer ums Eck gelegenen Bildungsstätten ­organisieren können. Trotzdem beharrt schwarz-gelb auf dem dreigliedrigen Schulsystem, auf G8 und auf den bestehenden Lehrplänen. Und bejubelt natürlich gerne den kürzlich verkündeten ersten Platz Bayerns beim

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deutschlandweiten Grundschultest. Doch ausgerechnet der eher nicht zum linken Spektrum zählende Philologenverband goss postwendend Wasser in den Feierwein. So wären nach Angaben des Lehrerverbandes die bayerischen Jungs den Mädchen in Sachen Lesen um mindestens ein halbes Jahr hinterher. Zudem gäbe es in Ländern wie Sachsen oder Baden-Württemberg mehr Deutschunterricht als in Bayern. Alles trostlos in Bayern? Zum Glück nicht, aber es kommt eben auf die Eigeninitiative an. So hat beispielsweise die Gemeinde Rimpar im Landkreis Würzburg einen ganz eigenen Weg eingeschlagen, um die Schüler der örtlichen Hauptschule (welche die Regierung jetzt euphemistisch Mittelschule nennen lässt) zu fördern. Die Gemeinde hat mit interessierten Schülern einen Vertrag. Darin sichert der Bürgermeister den SchülerInnen eine Lehrstelle zu. Im Gegenzug müssen die Schüler einen vorgeschriebenen Notenschnitt erreichen, über ein gutes Sozialverhalten verfügen und sie müssen neben der Schulzeit auch noch mindestens 100 Arbeitsstunden in das Gemeinwohl investieren. Denn dem christ-sozialen Bürgermeister ist nämlich eines klar: Unternehmen würden heute verstärkt auf soziale Kompetenzen achten. Bis ins christ-soziale Kultusministerium hat sich das aber scheinbar noch nicht herumgesprochen. Und Wirtschaftsminister Zeil reibt sich derweil weiterhin die Hände, ob der vielen, vielen Privatschulen. Staat­ liche Aufgaben privatisieren war schließlich schon immer der Markenkern der FDP.


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