Superior Hotel 2-2022

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M A N AG EM EN T & M A R K E T I N G

PER SO N A L M A N AG EM EN T: FÜ H R U N GSK R Ä F T E

An der Spitze ist es einsam Was wir in der Krise gelernt haben und wie gute Führung heute gelingt. Ein Gastbeitrag von Lisa Boje

sein Team vom Hotel

Ritter in Durbach stehen für „Ritterwerte“

Robert Jabin von den Upstalsboom-Hotels

setzt auf Resilienz und Gesundheit

Himmel! Was ist passiert? Massen an Kaffee fluten mir entgegen, die nur mal kurz Nachschub für die Geträn­ ke geholt hat. Der Küchenboden eine riesige Sauerei. Und wer kommt rein? Unser Hoteldirektor. „Boje! Wie sieht es denn hier aus? Wissen Sie, wie viel hunderte von Mark sich hier verteilen? Der teure Kaffee! Machen Sie sofort die Sauerei weg! Das hat ein Nachspiel!“ Ich schnappe nach Luft, während mein Gehirn langsam versteht, was passiert sein muss. Ein Kellner hat sich ein Kännchen Kaffee ziehen wollen, während ich mei­ nen Getränkeausgabeposten kurz verlassen hatte, und dabei versehentlich auf „Automat auffüllen“ gedrückt habe. Der gibt dann innerhalb von vier Minuten 20 Liter Kaffee aus. Der Kaffeetank war bereits gefüllt, als der 20-Liter-Koch-Befehl ein zweites Mal kam… Ich ärgerte mich maßlos über meinen Direktor. Vor al­ lem über das alberne Vorrechnen, dass die drei Mark an Kaffeepulver gleich Hunderte von Verlust darstellen sollten. Und wieso schimpft der mich eigentlich an, die mit dem Ganzen nix zu tun hat, aber jetzt den Schla­ massel wegmachen muss? Ist schon Strafe genug. Wie­ so fragt er nicht nach, ob ich Hilfe brauche? Und wieso, bitte schön, soll das Ganze ein Nachspiel haben? Ich bin in der Ausbildung. Es passieren Fehler. Will der mir jetzt schlechte Noten verpassen? – Setzen, Sechs!

ZUR PERSON

Lisa Boje ist Expertin für Organisationsentwicklung, LeadershipTraining und Mitarbeiterführung, außerdem Keynote-Speakerin, Beraterin, Trainerin und Coach. Keynote: „Charisma, Coaching, Krisenkommunikation – Was braucht die neue Führung?“ www.die-hotelharmonisierer.com

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Was vor einiger Zeit normaler Hotelalltag war, ist heute weniger oft, aber leider dennoch zu finden. Ich spreche von schlechter Führung. Von oben herab. Auf Angst, Rechthaberei und Machtspiel aufgebaut. In der jetzigen Krise hat sich herauskristallisiert, dass die Häuser, die einen solchen alten, aber nicht ehrwürdigen Führungs­ stil praktizieren, die Verlierer sind. Hier schmissen die Angestellten als Erste das Handtuch. Das wundert nicht, wenn man folgende Zahlen kennt: n 8 5 Prozent der Kündigungen sind auf eine schlechte Führung zurückzuführen n E ine neue Stelle zu besetzen, kostet in der Regel das 1,5-fache Jahresgehalt n E in Team, das einen motivierenden Chef hat, ist im Schnitt um ein Drittel produktiver und senkt den Krankenstand um bis zu 90 Prozent Ergo kann sich die Branche keine schlechten Füh­ rungspersonen leisten. Sie sind der wichtigste Trumpf eines gesunden, stabilen Betriebes.

Wie geht gute, neue Führung eigentlich?

Gibt es ein Rezept, was überall funktioniert? Ist die neue Führungsriege noch bezahlbar? Insbesondere beim letzten Punkt schlucken viele Ho­ teliers hart, wenn Lösungen fallen wie: mehrtägige Führungskräftetrainings, Persönlichkeitsentwicklung, Coachings. Das klingt alles viel zu abgehoben, unnötig und vor allem teuer. Außerdem: „Bei uns brennt es überall. Wir können die Teamleiter/innen keinesfalls entbehren. Ohne sie geht es nicht.“ Stimmt! Und doch zeigen gute Beispiele, dass genau diese Maßnahmen es sind, die ein Hotel nachhaltig und kri­ senresistent machen.

Fotos: privat; die genannten Hotels; Atlantic Hotels (großes Foto rechts)

Dominic Müller und


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