Für die Wirtschaft 5-2021

Page 1

”Poste Italiane s.p.a. - Spedizione in A.P. -70% - CNS Bolzano. Periodicità: otto volte l‘anno”

WIFO-Studie: Das Handwerk in Südtirol

Mit dem Grünen Pass zurück zur Bewegungsfreiheit

Ausstellung: „Die Fachschule in Bozen“

Seiten 4-5

Seite 2

Seite 10

Nr. 5 | Juli 2021


Aktuell | Handelskammer

Mit dem Grünen Pass zurück zur Bewegungsfreiheit Über Monate hinweg durften sich die Südtiroler und Südtirolerinnen nicht frei bewegen. Je nach Ausgangslage durfte die Gemeinde-, Provinz-, oder Landesgrenze nicht überschritten werden. Nun gibt es ein breites Test- und Impfangebot und die Zahl der Coronainfizierten ging zurück, weshalb den Genesenen, Geimpften und Negativ-Getesteten in Südtirol nach und nach ihre Freiheiten zurückgegeben werden. Für die Zukunft muss jedoch unbedingt ein länderübergreifender, europäischer Grüner Pass eingeführt werden. Als Termin gilt der 1. Juli.

Der Grüne Pass ist auch ein Ansporn sich einer Covid-Impfung zu unterziehen.

Wie bereits im Frühsommer des Jahres 2020 sind hierzulande auch heuer wieder in dieser Jahreszeit die Anzahl an Coronainfizierten und Intensivpatienten zurückgegangen. Deshalb wurden der Südtiroler Bevölkerung erneut mehr Freiheiten zugestanden. Zuerst ließ man die Südtiroler und Südtirolerinnen wieder ohne wichtigen Grund mit dem Auto die Gemeindegrenze verlassen, dann durften Restaurants, Unterkunftsbetriebe und auch Museen wieder öffnen. Darauf hat die Südtiroler Landesregierung festgelegt, dass jeder in den Innenräumen der Restaurants essen, in den Unterkunftsbetrieben nächtigen und Ausstellungen besuchen konnte, der von Covid genesen, geimpft oder negativ getestet wurde. Bei einem negativen Testergebnis erhielt man den CoronaPass Südtirol für 72 Stunden ab dem Tag des nega-

2

für die WIRTSCHAFT

tiven Testergebnises. Genesene und Geimpfte bekamen ihn für 6 Monate. Im Mai wurden dann auch die Quarantänepflichten in zahlreichen Europäischen Ländern abgeschafft. Das ermöglichte es, dass wieder vermehrt länderübergreifende Reisen stattfinden können. Auch für Touristen gelten dieselben Regeln wie für die einheimische Bevölkerung. Jedoch gibt es noch kein einheitliches System, das in der ganzen Europäischen Union gültig ist. Ein solcher länderübergreifender Grüner Pass sollte unbedingt eingeführt werden, auch um für den nächsten Herbst und Winter gerüstet zu sein. Dieser sollte fälschungssicher sein und in jedem EU-Land dieselben Merkmale aufweisen. Bereits der Sommer 2020 wurde zu wenig dafür genutzt, um daran zu arbeiten, damit die Infektio-

nen in den kalten Monaten nicht wieder rasant ansteigen. Aus diesen Fehlern muss man lernen, das Impfangebot weiter ausbauen und die Menschen, die sich impfen lassen, auch mit mehr Freiheiten belohnen. Ein europaweiter Grüner Pass ist ein gutes Mittel dazu. Der Grüne Pass sorgt nicht nur für Sicherheit und eine geringere Infektionsgefahr.

Er ist für die Menschen auch Ansporn, sich impfen zu lassen bzw. sich regelmäßig auf Covid zu testen. Deshalb sollte an ihm festgehalten bzw. der Grüne Pass schnellstmöglich einheitlich, europaweit eingeführt werden. INFO Generalsekretariat Tel. 0471 945 615 generalsekretariat@handelskammer.bz.it

Die EU-Staaten sollten zur Bekämpfung der Covid-Krise an einem gemeinsamen Strang ziehen.

www.handelskammer.bz.it


Aktuell | Handelskammer

Logistik im Onlinehandel Die Handelskammer berät Unternehmen bei der Erstellung des Onlineshops. Bei der Erstellung eines Onlineshops müssen nicht nur die rechtlichen und steuerrechtlichen Aspekte oder die Benutzerfreundlichkeit beachtet werden. Es gilt auch die Prozesse, welche bei jeder Bestellung im Hintergrund ablaufen, zu definieren und möglichst effizient zu gestalten. Die Logistik ist ein fundamentaler Bestandteil des Onlinehandels. Kund/innen sind es mittlerweile gewohnt, die Ware innerhalb kürzester Zeit mit geringen Lieferkosten zu erhalten. Noch vor dem Verkauf sollten sie über die Lieferzeit informiert werden und anschließend die Möglichkeit haben, die Ware in Echtzeit nachzuverfolgen. Um dies zu garantieren und somit eine hohe Kundenzufrie-

denheit zu erzielen, sollte der Versandprozess genau geplant und ein passender Logistikpartner gewählt werden. Auch Aspekte wie die Verpackung und das Retourenmanagement müssen berücksichtigt werden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil im E-Commerce ist die Abwicklung der Zahlungen. Es sollten mindestens drei bis vier verschiedene Zahlungsmethoden im Onlineshop angeboten werden. Mit der richtigen Auswahl verringert sich die Warenkorb-Abbruchsrate und somit steigt der Shop-Umsatz. Die Handelskammer Bozen bietet Südtiroler Unternehmen kostenlose Erstberatungsgespräche zum Thema E-Commerce an. Ziel dabei ist es, Unternehmen in der Planung und Erstellung des eigenen

Ein Online-Shop sollte verschiedene Zahlungsmethoden anbieten.

Vorhabens zu unterstützen und bereits realisierte Projekte zu optimieren. Die Handelskammer möchte Unternehmen ermutigen, neue Möglichkeiten auszuschöpfen. Zudem steht allen Interessierten ein Leitfaden zum Thema E-Commerce

zum kostenlosen Download unter www.handelskammer. bz.it zur Verfügung. INFO PID – Digitales Unternehmen Tel. 0471 945 691 - 692 - 531 digital@handelskammer.bz.it

Regiokorn aus Südtirol Das heimische Getreide ist zu einer Marktnische für Südtirols Landwirt/innen und Bäckereien geworden. Roggen, Dinkel und Gerste aus Südtirol: Das ist das heimische Regiokorn, das hierzulande seit mittlerweile über 10 Jahren wieder verstärkt angebaut wird. Zwischen 2010 und 2013 finanzierte der Europäischen Sozialfonds (ESF) ein Projekt, das sich den Ausbau des Getreideanbaus in Südtirol auf die Fahne geschrieben hatte. Nachdem dieses 2013 ausgelaufen war, wurde die Initiative weitergeführt, die von IDM koordiniert und unterstützt wird. Heute trägt sich diese selbst und füllt eine wichtige Nische in Südtirols Landwirtschaft. Mit dabei sind aktuell 56 Landwirte, eine Mühle und 19 Südtiroler Bäckereien. Für die Landwirte, die heute das

www.handelskammer.bz.it

regionale Getreide anbauen, ist das eine interessante alternative Erwerbsquelle. Dank dem Projekt Regiokorn wird in Südtirol mittlerweile auf circa 93 Hektar Land im Pustertal und Antholzertal, im Eisacktal, im Vinschgau und am Tschögglberg wieder heimisches Getreide angebaut – zwei Drittel davon im Bioanbau. Der größte Teil des Regiokorns ist mit 64,5 Hektar der Roggen, auf den Dinkel kommen 28,5 Hektar. Zudem wird auch Gerste angebaut. Gereinigt, gemahlen und verpackt wird das Regiokorn in der Meraner Mühle. Die derzeit 19 Bäcker, die das Regiokorn-Mehl verarbeiten, stellen daraus verschiedenste Brot- und Backspezialitäten mit

dem Qualitätszeichen Südtirol wie etwa Vinschgerlen oder Schüttelbrot her. Sie bieten in ihren Läden diese Erzeugnisse bzw. teilweise auch das Mehl an, das in Kleinpackungen an Endkund/ innen weiterverkauft wird. Erhältlich ist das Regiokorn zudem im

ausgewählten Fachhandel sowie im Farinarium und Online-Shop der Meraner Mühle. INFO IDM Südtirol Tel. 0471 094 000 info@idm-suedtirol.com

Die Nachfrage nach Regiokorn ist weiter im Steigen, weshalb noch mehr Landwirte und Bäcker zum Mitmachen animiert werden sollen.

für die WIRTSCHAFT

3


WIFO-Studie | Handelskammer

Tradition und Digitalisierung im Südtiroler Handwerk Mit gut 13.700 Unternehmen und rund 45.600 Beschäftigten ist das Handwerk ein Grundpfeiler der Südtiroler Wirtschaft. Das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer hat 1.906 Handwerksunternehmen aller Berufskategorien befragt, um die Erfolgsfaktoren und Herausforderungen des Sektors herauszufinden.

Viele Südtiroler Handwerker/innen sind gut auf die technologischen Herausforderungen vorbereitet.

„Das Coronavirus hat dem Handwerk einen herben Rückschlag verpasst. Nichtsdestotrotz sind aus der Krise auch neue Chancen und Herausforderungen entstanden, die es nun stärker zu nutzen gilt, so zum Beispiel im Bereich der Kooperationen, der Digitalisierung und in der Nachwuchsakquise.“ Martin Haller Präsident des lvh.apa

4

für die WIRTSCHAFT

Jedes dritte gewerbliche Unternehmen und rund ein Fünftel aller Beschäftigten in Südtirol zählen zum Handwerk. Mit 406 aktiv ausgeübten Berufen ist das Handwerk sehr vielfältig. Allerdings fällt bei den Berufen auf, dass sehr viele Tätigkeiten nur von sehr wenigen Betrieben ausgeübt werden, in 117 Fällen sogar nur von einem einzigen Betrieb. Mit 3,3 Beschäftigten ist das durchschnittliche Handwerksunternehmen etwas kleiner als die anderen gewerblichen Unternehmen in Südtirol. Rund die Hälfte der Handwerker/innen sind sogenannte Ein-Personen-Unternehmen. Mit durchschnittlich 17,7 Beschäftigten je Betrieb sind die Bäckereien mit Abstand die größten Handwerksbetriebe, gefolgt von den Metzgereien mit 10,2 Beschäftigten pro Unternehmen.

Die Frauen im Handwerk Insgesamt ist jede fünfte Unternehmerperson (Inhaber/innen und Gesellschafter/innen) im Südtiroler Handwerk eine Frau. Besonders hoch ist der Frauenanteil in der Berufsgruppe der Dienstleistungen (40,5 Prozent), mit Spitzenwerten in den Berufen Schönheitspfleger/in bzw. Masseur/in sowie Friseur/in. Auch in der Berufsgruppe Gastgewerbe sind viele Unternehmerinnen aktiv. In den Berufsgruppen Landwirtschaft, Kfz-Gewerbe sowie Baugewerbe sind hingegen ausgesprochen wenige Frauen unternehmerisch tätig.

Umsatz und Wertschöpfung Das Südtiroler Handwerk erwirtschaftete im Jahr 2018 einen Umsatz von mehr als 9,5 Mrd. Euro und eine Wertschöpfung

von fast 3,2 Mrd. Euro. Grundsätzlich ist nach wie vor für alle handwerklichen Berufsgruppen der heimische Markt am wichtigsten. So erzielen die Südtiroler Handwerker/innen den Großteil ihres Umsatzes, wie schon vor zehn Jahren, in Südtirol selbst (82,0 Prozent). 7,8 Prozent des Umsatzes entfallen auf das restliche italienische Staatsgebiet und 10,2 Prozent auf das Ausland. Die wichtigste Kundengruppe der Handwerker/innen sind andere Unternehmen; es folgen die privaten Haushalte und die öffentliche Verwaltung.

Digitale Herausforderungen Viele Handwerker/innen sind gut auf die technologischen Herausforderungen vorbereitet und haben ihre Beschaffungs-, Produktions- und Vermarktungsprozesse stärker digitalisiert

www.handelskammer.bz.it


WIFO-Studie | Handelskammer und auch teilweise miteinander vernetzt. Beispielsweise greifen viele Handwerksunternehmen, die Waren verarbeiten, auf CADSysteme zurück. Ein Drittel der Handwerkerbetriebe, die Reparaturen durchführen, nutzen Assistenzsysteme für die Fehlerdiagnose. In der Vermarktung setzen 56,5 Prozent der Handwerksunternehmen auf eine eigene Webseite und 42,9 Prozent auf Soziale Medien. Einigen Unternehmen sind aber die technischen Möglichkeiten noch nicht bewusst und bestimmte moderne Technologien oder neue Methoden z.B. für die visuelle Produktpräsentation werden entsprechend selten genutzt.

Fachkräftemangel als Herausforderung Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter/innen sind ein wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg. Zwei Drittel der Handwerker/innen

Vor allem in der Beschaffung, Produktion und Vermarktung nutzen die Handwerker/innen moderne Lösungen.

– und damit mehr als der Südtiroler Durchschnitt - haben Schwierigkeiten, ausreichend qualifizierte Fachkräfte zu finden bzw. befürchten zukünftige Engpässe. Auch aufgrund der bürokratischen Einschränkungen bildete im Jahr 2018 nur jeder zehnte Handwerksbetrieb (12,7 Prozent) einen Lehr-

ling aus. Am höchsten ist der Anteil der Lehrbetriebe im KfzGewerbe, im Verarbeitenden Gewerbe und im Gastgewerbe.

„Die Covid-19-Krise hatte einen starken Umsatzeinbruch bei allen Berufsgruppen des Handwerks zur Folge. Herausforderungen wie die Technologisierung oder den Fachkräftemangel gilt es jetzt anzugehen.“ Dr. Michl Ebner

INFO

Präsident der Handelskammer Bozen

WIFO – Wirtschaftsforschung Tel. 0471 945 708 wifo@handelskammer.bz.it www.wifo.bz.it

„Wie haben sich die Kundenanforderungen in den letzten 3 Jahren verändert?" Den/Die Kunden... Verteilung der Handwerksunternehmen (Haupttätigkeit) in Prozent Trifft vollkommen zu

Trifft eher zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Weiß nicht

...ist die Einhaltung von Terminen wichtiger.

...sind preissensibler geworden. ...erwarten vermehrt Erreichbarkeit auch außerhalb der Öffnungszeiten.

...erwarten vermehrt zusätzliche Dienstleistungen. ...erwarten vermehrt schlüsselfertige Produkte. ...legen mehr Wert auf ökologische Nachhaltigkeit. ...erwarten vermehrt visuelle Darstellungen von Produkten. ...wollen den Produktionsprozess aktiver mitgestalten.

0 Quelle: WIFO (eigene Erhebung)

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 © 2021 WIFO

„Die Digitalisierung bietet viele Chancen für eine effizientere Betriebsorganisation und Vermarktung. Ohne eigene Website oder die Nutzung von Sozialen Medien ist eine zeitgemäße Vermarktung nur mehr schwer möglich.“ Dr. Alfred Aberer

Die WIFO-Studie „Das Handwerk in Südtirol – Zwischen Tradition und Digitalisierung: Entwicklung, Struktur und Herausforderungen“ liegt in der Handelskammer Bozen in gedruckter Form auf und steht auf der Website www.wifo.bz.it/studien zum Download bereit.

www.handelskammer.bz.it

Generalsekretär der Handelskammer Bozen

für die WIRTSCHAFT

5


Wirtschaft in Zahlen | Handelskammer

Handwerk in Südtirol Top 3

Berufe

Die Vielfalt der handwerklichen Tätigkeiten ist sehr groß: 406 Berufe werden ausgeübt.

Dienstleistungen Verarbeitendes Gewerbe

3.405

729

2.963

2

244

Gastronomie

224

27,1%

4,4% 1,8%

Über 20

Inhaber und Gesellschafter Das Durchschnittsalter hat sich erhöht: die Hälfte ist älter als 50 Jahre.

Anteil Frauen Anteil 50 Jahre und älter

50,1% 8,5%

Anteil Ausländer

19,7% 17,9% 20,6%

Südtirol

9,1%

82%

Andere Länder

32,5%

Deutschland

14,7%

Absatzgebiete

Italien (ohne Südtirol)

52,1%

20,3%

Das Südtiroler Handwerk erwirtschaftete im Jahr 2018 einen Umsatz von 9,6 Mrd. E

Unternehmen Beschäftigte

11 bis 20

3

Umsatz

Beschäftigte

Das Südtiroler Handwerk zählt 13.725 Unternehmen mit 45.574 Beschäftigten. Beschäftigte je Unternehmen

Maurer

Landwirtschaft

Friseure

569

Kfz-Gewerbe

6 bis 10

681

1.105

Transportgewerbe

2 bis 5

1

5.215

Baugewerbe

bis 1

1.179

Unternehmen

Elektrotechniker

Berufsgruppen

7,8%

4,6%

5,6%

Fachkräftemangel

Die Handwerksunternehmen sind stärker betroffen als andere Sektoren.

?

63,3% Handwerk 51,8% Südtiroler Durchschnitt

Quelle: WIFO Studie 1.21.

6

für die WIRTSCHAFT

www.handelskammer.bz.it


Frau in der Wirtschaft | Handelskammer

Wärme in der Kälte Physikalisch gesehen gibt es keine Kälte. Kälte entsteht durch Entzug von Wärme. Heidi Röhler strahlt Wärme aus. Als Geschäftsführerin von KKR – Kälte Klima Röhler kümmert sich die 48-Jährige im Betrieb um Organisation, Zahlen und Mitarbeitermotivation.

Heidi Röhler ist 1973 in München geboren und 1986 mit den Eltern und zwei Brüdern nach Bozen gezogen. Ihr Vater hat „Kälte Klimatechnik Röhler“ gegründet. Heidi Röhlers Bruder Klaus hat das Handwerk vom Vater gelernt und 1996 dann den eigenen Betrieb KKR gegründet. Bruder Hansi kam kurz darauf hinzu, mit den Jahren wuchs die Firma stetig. 2012 ist Klaus einem Krebsleiden erlegen. Das war eine Zäsur für Familie und Betrieb. Nach der Handelsschule hat Heidi Röhler von 1991 bis 2000 bei einem Steuerberater gearbeitet. Als der Familienbetrieb 2001 in die „Kälte Klima Röhler GmbH“, kurz KKR umgewandelt wurde, stieg Heidi Röhler als Gesellschafterin ein. 2007 entstand das neue Betriebsgebäude in der Bozner Industriezone. Seit dem Tod ihres älteren Bruders Klaus führt sie KKR geschäftsführend zusammen mit ihrem Bruder Hansi weiter. 15 Mitarbeiter/innen beschäftigt der Betrieb heute. Die Unternehmerin lebt mit ihrem Mann Daniel Campisi und den beiden Söhnen (2004 und 2006 geboren) in Vilpian.

Welche Tätigkeiten bietet Ihr Betrieb an? Heidi Röhler: Wir sind im norditalienischen und süddeutschen Raum tätig. Bei der Kältetechnik geht es um die Kühlung von Produkten und Prozessen vor allem im Lebensmittelbereich. In der Klimatechnik schaffen wir ein angenehmes Ambiente bei der Arbeit und zuhause. Was hat sich in den vergangenen 20 Jahren verändert? Wir haben uns an eine ständig wachsende Zahl von Gesetzen zu halten. Digitalisierung ist in aller Munde und daher eine entsprechende Softwarelösung wichtige Voraussetzung und zugleich eine bedeutende Investition. Durchgängige Transparenz wird gefordert und betriebliche Abläufe sollen

www.handelskammer.bz.it

effizient gestaltet sein – eine große Herausforderung. Wann intervenieren Sie im Betrieb? Wir haben bei KKR ein familiäres Verhältnis. In meinem Umfeld habe ich es gern harmonisch. Ich beobachte, bekomme viel mit und wäge ab, wo es nachzuhaken gilt. Ab und zu bin ich am Feierabend in der Halle mit dabei, möchte als Gesprächspartnerin zur Verfügung stehen und auf jeden einzelnen nach Bedarf eingehen können. Was brauchen Frauen in Führungspositionen? Frauen brauchen Selbstbewusstsein, Zutrauen und eine Portion Gelassenheit. Sie sollten eine Quelle haben, aus der sie Kraft schöpfen.

Sie sind im Betrieb gefordert, im lvh Obfrau der Kälte- und Klimatechniker, sind Kammerrätin der Handelskammer Bozen und im Stiftungsrat des Evangeliumsrundfunks ERF Meran. Was bewegt Sie dazu? Ich bin offen und interessiert und darf mich einbringen. Es zeichnet uns Frauen aus, dass wir die uns anvertrauten Ämter zuverlässig und ordentlich ausüben. Bei den Kälte- und Klimatechnikern im lvh war ich zuerst Stellvertreterin und bin 2015 zur Obfrau gewählt worden. Es freut mich, diesen Nischenberuf weiter zu bringen. Über sieben Jahre war ich im Verwaltungsrat der Messe Bozen. Aufgrund der Mandatsbeschränkung kann ich dieses Amt nicht mehr ausüben. Nun darf ich als Kammerrätin in

der Handelskammer Bozen tätig sein und dies freut mich sehr. Im Stiftungsrat des ERF arbeite ich seit 2017 mit. Dort geht es vor allem darum, die frohe Botschaft des Evangeliums nach außen zu tragen und den Sender langfristig auf finanziell stabilen Beinen zu halten. Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Arbeit und Ihr Sein ausgewirkt? Die Pandemie ließ uns innehalten und erinnert uns an das, was im Leben wirklich zählt. In Krisenzeiten helfen mir meine persönlichen Leitlinien und Werte weiter und ich sehe mich in der Betriebsführung als stabilen Ankerpunkt in all der Bewegung. Denn Menschen suchen Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt.

für die WIRTSCHAFT

7


Aktuell | Handelskammer

Handelskammer für Reform des Zivilprozesses bereit Die Handelskammer Bozen verfügt bereits über einige der in der Reform des Zivilprozesses vorgesehenen Elemente und bietet daher zahlreiche Dienstleistungen an, um Bürger/innen und Unternehmen die passenden Antworten in der Krise zu geben. Der PNRR (Piano nazionale di ripresa e resilienza) sieht unter anderem vor, das Justizsystem, einschließlich des Zivilprozesses, zu reformieren, um den Einsatz von alternativen Streitbeilegungsinstrumenten wie anwaltlich unterstützte Verhandlungen, Schiedsverfahren und Mediationen zu erhöhen und Unternehmenskrisen und Privatinsolvenzen zu verhindern. Diese Werkzeuge ermöglichen es, die Dauer und die Kosten von Verfahren zu reduzieren und eine größere Effizienz zu gewährleisten. Was die Neuheiten zur Mediation anbelangt, so führt die Handelskammer Bozen bereits die vom Richter delegierte Mediation

durch, die sehr erfolgreich war, da einige Konflikte gelöst werden konnten, ohne dass man wieder vor Gericht gehen musste. Für die Schiedsgerichtsbarkeit geht es darum, die Garantien der Unparteilichkeit zu stärken, ein Ziel, das bereits vom Schiedsgericht der Handelskammer Bozen erreicht wurde, die ihre Schiedsordnung 2019 reformiert und an die internationalen Trends angepasst hat. Darüber hinaus legt der PNRR ein besonderes Augenmerk auf die Digitalisierung des Prozesses. Die ADR - Alternative Dispute Resolution der Handelskammer Bozen hat einige Aspekte der Reform vorweggenommen: Mehr als 60 Prozent der Treffen und Ver-

handlungen finden per Fernzugriff statt, wobei die gängigsten Videokonferenz-Plattformen, die digitale Unterschrift und digitale Zahlungen zum Einsatz kommen, ohne jedoch auf die Möglichkeit zu verzichten, sich im Bedarfsfall

persönlich zu treffen. INFO Handelskammer Bozen ADR - Alternative Streitbeilegung Tel. 0471 945 561 adr@handelskammer.bz.it

Der Bereich „ADR - Alternative Streitbeilegung“ der Handelskammer hat bereits frühzeitig auf die Digitalisierung der Prozesse gesetzt.

Ehrung „Meister der Arbeit” Bis zum 30. Oktober ist es möglich, die Vorschläge für die Arbeitsverdienststerne einzureichen. Anlässlich des Tages der Arbeit wird am 1. Mai 2022 im Bozner Regierungskommissariat die feierliche Verleihung des Arbeitsverdienststerns zelebriert. Die Auszeichnung wird an Arbeiter, Angestellte und Führungskräfte von privaten wie öffentlichen Unternehmen, Genossenschaften, Gewerkschaften oder Unternehmensorganisationen vergeben. Es ist möglich, innerhalb 30. Oktober 2021 Vorschläge für die Arbeitsverdienststerne beim Provinzialkonsulat Bozen des Verbandes Meister der Arbeit Italiens einzureichen. Mit dem Arbeitsverdienststern können all jene Mitarbeiter/innen und Vorgesetzten ausgezeichnet werden, die sich am Arbeitsplatz

8

für die WIRTSCHAFT

besonders hervorgetan haben, mindestens 50 Jahre alt sind und mindestens 25 Arbeitsjahre aufweisen. Dabei kommen vor allem Fachkenntnisse, Fleiß und Tüchtigkeit sowie vorbildliches Verhalten zum Tragen, zum Beispiel in der Nachwuchsförderung. Ein weiteres Kriterium sind Verdienste aufgrund von technischen oder organisatorischen Innovationen, u.a. auch in Zusammenhang mit der Förderung der Arbeitssicherheit in den Betrieben.

Verband der Meister der Arbeit Italiens Die Verleihung erfolgt mittels Dekret des Staatspräsidenten und die Auszeichnungen werden jähr-

lich im Rahmen einer Zeremonie übergeben. Die ausgezeichneten „Meister der Arbeit“ werden zugleich Mitglieder im Verband. Der Hauptsitz des Verbandes der Meister der Arbeit Italiens ist in Rom und hat italienweit 96 provinziale Sitze und 20 regionale Sitze sowie fünf ausländische Sitze. Der Arbeitsverdienststern wurde zum ersten Mal 1923 per Dekret durch König Viktor Emanuel III gestiftet und wird jährlich am 1. Mai vergeben. INFO Provinzialkonsulat Bozen Verband Meister der Arbeit Italiens Tel. 0471 270 510 meister.arbeitbz@libero.it

Am 1. Mai 2022 wird die Verleihung des Arbeitsverdienststerns stattfinden.

www.handelskammer.bz.it


Unternehmensinterview | Handelskammer

Es werde LED! Der Leuchtenhersteller ewo setzt schon seit langem auf die Digitalisierung. Geschäftsführer Hannes Wohlgemuth sieht darin enormes Potenzial. Aber trotz allem, der Mensch bleibt unverzichtbar.

ewo wurde 1996 von Flora Emma Kröss und Ernst Wohlgemuth als metallverarbeitendes Unternehmen im Sarntal gegründet. Das Unternehmen beschäftigt sich mit Licht im Außenraum, vor allem in zwei Kontexten. Einmal technisch-funktional, etwa an Flughäfen und Industrieanlagen: hohe Masten, große Flächen, Licht soll kosteneffizient auf die Nutzfläche gebracht werden. Und kreativ-emotional, es geht um die Außenbeleuchtung von Gebäuden, um Plätze und Parks. In Zusammenarbeit mit Architekten und Lichtdesigner geht es um das Wohlfühlen, die Ästhetik. Seit Anfang 2019 ist Sohn Hannes Geschäftsführer des Unternehmens mit Sitz in Kurtatsch, das rund 100 Mitarbeiter beschäftigt und möchte den Weg der Innovation weitergehen.

gerade Digitalisierungsthemen sind sehr kostenintensiv.

ewo hat auf LED umgestellt, lange bevor Leuchtdioden in Mode kamen. Wie kam es dazu? Hannes Wohlgemuth: Wir haben uns schon immer auf völlig neue Themen eingestellt. Meine Eltern haben sich das Thema Lichtlenkung angeeignet und die nächste Stufe waren das LED-Licht und elektronische Möglichkeiten. Heute steht Digitalisierung weit oben auf der Unternehmensagenda. Sind Sie Industrie 4.0 oder eher Handwerk 4.0? Wir mögen den Begriff Manufaktur 4.0. Wir sind nicht Industrie, nicht Serie, nicht Massenproduktion. Eine Manufaktur fertigt maßgeschneidert genau das, was der Kunde braucht. Auch dank entsprechender Digitalisierungsschritte. Zum Beispiel? Wir haben einen online-basierten Konfigurator entwickelt, mit dem man unterschiedliche Lichtvertei-

www.handelskammer.bz.it

lungen für jede Leuchte und mehrere Lichtverteilungen in einer Leuchte kombinieren kann. Es handelt sich dabei um ein eigens für und von uns entwickeltes System. Was könnte der nächste Schritt sein? Wir treiben das Fließband noch mit der Hand an, bildlich gesprochen. Der digitalisierte, automatisierte Prozess wird händisch zusammengeschraubt. Da kann man noch optimieren, zum Beispiel Roboter für monotonere Arbeiten einzusetzen. Wie werden Sie von der Handelskammer und der öffentlichen Hand unterstützt? Die Möglichkeit des Austauschs mit anderen Unternehmen oder Betriebsbesichtigungen schätzen wir sehr. Ich lasse mich gerne inspirieren und motivieren, auch wenn jeder Betrieb ganz individuelle Bedürfnisse hat. Auch die Förderungen sind hilfreich, denn

Es wird Arbeiten geben, die man nicht automatisieren kann oder will. Wo lohnt sich Digitalisierung und wo nicht? Was eine Maschine in absehbarer Zukunft nicht können wird, ist kreativ zu sein, Atmosphären und Stimmungen zu schaffen. Das kann nur ein Mensch. Nachhaltigkeit und regionale Lebensqualität liegen im Trend. Wie kann ewo damit punkten? Unsere LED-Leuchten helfen, den Energieverbrauch drastisch zu senken und wir arbeiten seit

den 90er-Jahren an Systemen, die die Lichtverschmutzung senken. Südtirol als Standort funktioniert international sehr gut. Wenn ich bei einem Kunden in Südkorea sitze und Bilder zeige, von wo wir herkommen, ist das ein optimaler Einstieg in jedes Gespräch. Digitalisierung wird oft als Arbeitsplatzvernichter wahrgenommen. Ist die Digitalisierung eine Bedrohung oder eine Chance? Wir sehen Digitalisierung als eine große Chance. Für manche Stellen ist es hierzulande nicht einfach, Mitarbeiter/innen zu finden. Dank der Digitalisierung kann ich solche Lücken eher auffangen.

Der Firmensitz von ewo befindet sich in Kurtatsch.

für die WIRTSCHAFT

9


Aktuell | Handelskammer

Merkantilmuseum: Ausstellung „Die Fachschule in Bozen“ Zurzeit findet im Merkantilmuseum die Sonderausstellung „Die Fachschule in Bozen (1884-1921)“ statt. Die Ausstellung vertieft die Geschichte einer der bedeutendsten Schuleinrichtungen Bozens, der Fachschule, die gekonnt Technik und künstlerische Kreativität, aber auch Tradition und Moderne vereinte.

Im Bild von links nach rechts: Architekt Roberto Festi, Ilona Hofer, Leihgeberin und Enkelin des Künstlers Anton Hofer, Handelskammerpräsident Michl Ebner und Elisabetta Carnielli, die Referentin des Merkantilmuseums.

Die Fachschulen waren technische Schulen für Kunst und Gewerbe, die in der Habsburger Schulordnung einen wichtigen Platz einnahmen. Ihr Hauptziel war es, den Handwerksbereich zu fördern und „gute Handwerker“ auszubilden. Sie entwickelten sich an der Wende zum 20. Jahrhundert, als das Habsburger Reich von starken kulturellen Bewegungen geprägt war und es im künstlerischen Bereich zur Entstehung der „Secession“ kam. In kurzer Zeit etablierte sich auch ein neues Bildungssys-

tem, das auf den Fachschulen beruhte und an dessen Spitze die prestigevolle Kunstgewerbeschule in Wien stand. Vor diesem Hintergrund interessanter Verbindungen zwischen der Schulwelt, der Wirtschaft und der Kunst wurde für diese Ausstellung eingehend über die Fachschule in Bozen und die Laufbahn einiger Schüler recherchiert, die bald angesehene Künstler werden sollten. Im Bozner Merkantilmuseum sind vor allem Kunstgegenstände

ausgestellt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Schülern der Fachschule Bozen angefertigt wurden und heute im MAK - Museum für angewandte Kunst in Wien aufbewahrt werden. In einem gesonderten Bereich sind Werke von Gustav Gurschner, Anton Hofer und Josef Zotti zu sehen - drei Künstler, die von Bozen aus europaweiten Ruhm erlangten. Die Handelskammer Bozen unterstützte die Fachschule und ihre Schüler finanziell und förderte

den Handwerksbereich mit konkreten Maßnahmen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts organisierte und finanzierte die Handelskammer zudem eine Reihe von Veranstaltungen, so zum Beispiel zwei Bezirksausstellungen im Merkantilgebäude und 1900 die Teilnahme an der Weltausstellung in Paris, um der Schule noch mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Das zur Ausstellung gehörende Heft Nr. 11 begleitet die Sonderausstellung, in der die Geschichte einer der bedeutendsten - und paradoxerweise einer der am wenigsten bekannten - Schuleinrichtungen von Bozen vertieft wird. Die Ausstellung kann bis Ende Oktober 2021 im Merkantilmuseum, Silbergasse 6 in Bozen, von Montag bis Samstag von 10:00 Uhr bis 12:30 Uhr besichtigt werden. Am Donnerstag gibt es erweiterte Öffnungszeiten von 10:00 bis 13:00 Uhr und von 14:00 bis 16:00 Uhr. INFO Merkantilmuseum Tel. 0471 945 530 mm@handelskammer.bz.it

Zeitleiste Aufgrund des von Erzherzogin Claudia de‘ Medici erlassenen Privilegs wird der Merkantilmagistrat - der Vorgänger der heutigen Handelskammer - errichtet.

Die Handelskammer Bozen wird der italienischen Handelskammerordnung unterstellt.

1635

1918

1170 |1180 Bozen wurde als internationaler Marktplatz gegründet

10

für die WIRTSCHAFT

1851

1948

Mit kaiserlicher Resolution wird die Handels- und Gewerbekammer begründet.

Mit dem Autonomiestatut wird die Kompetenz für die Ordnung der Handelskammern von Bozen und Trient der Region TrentinoSüdtirol zugewiesen.

www.handelskammer.bz.it


Frau in der Wirtschaft | Handelskammer

Energie als Berufung Sonnenkollektoren selbst bauen: Das hat Christine Romen bereits als 15-Jährige von ihrem Vater gelernt, der sie als Energieberaterin und Heizkesselwärterin bis heute unterstützt. Die 43-jährige aus Lana hat sich ein umfangreiches Wissen im Energiebereich angeeignet. Sie informiert, berät und teilt ihr Wissen mit Freude und hat einen interessanten Lebensweg vorzuweisen. Wer hat Sie gefördert? Christine Romen ist 1977 in Meran geboren und mit einer Schwester in Lana aufgewachsen. Nach der Handelsschule in Meran hat sie sich vor mehr als 20 Jahren beim ersten ESF-Kurs zur Energieberaterin ausbilden lassen. In ihren Arbeitsanfängen war sie in einer Betriebsbuchhaltung tätig, engagierte sich ab 1996 nebenberuflich in der Energieberatung und hat sich 2004 in diesem Bereich und als Heizkesselwärterin selbständig gemacht. Zusätzlich arbeitet sie in Teilzeit bei der Verbraucherzentrale Südtirol. Sie ist alleinerziehende Mutter eines 12-jährigen Sohnes mit besonderen Bedürfnissen.

Mein Vater hat mich bereits in meinem jugendlichen Hobby und später im Beruf unterstützt. Er ist Elektriker, war lange Vorsitzender des Vereins Arbeitsgemeinschaft für Behinderte (AFB) und begleitet mich heute noch oft bei verschiedensten Projekten, wie zum Beispiel den „Solarkids“, einem Schulprojekt. Was wünschen Sie anderen Frauen? Wie alle Menschen brauchen Frauen Spaß und Freude bei der Arbeit. Wir Frauen denken vielfach sozialer, können Situationen schneller einordnen und verstehen. Wir sollten uns mehr zutrauen. Ein starkes Selbstbewusstsein tut allen gut. Wie hat sich Covid-19 auf Ihre Arbeit und Ihr Sein ausgewirkt?

Sie sind Energieberaterin und Heizkesselwärterin. Hauptsächlich Männer gehen diesen Berufen nach. Wie wurden Sie als Frau aufgenommen? Ich hatte eine Leidenschaft. Die habe ich zum Beruf gemacht und die hat mir die Kraft gegeben, nicht zu kapitulieren. Man hat mir als junge Frau oft vermittelt, an einem Ort zu sein, wo eine Frau nichts zu suchen hat. Ich musste doppelt so gut sein, um respektiert zu werden. Aber seither sind 25 Jahre und viele Vorurteile vergangen. Was hat Ihnen geholfen? Ich bin mit der Technik mitgewachsen, habe die Entwicklung

www.handelskammer.bz.it

des energieeffizienten Bauens erlebt, Energieberatung von der Pike auf gelernt, mir bei Exkursionen und auf den Baustellen Wissen erworben. Heute haben Interessierte die Möglichkeit, sich umfassend und auch universitär ausbilden zu lassen. Allerdings fehlt den jungen Leuten meist die Erfahrung, die in der Beratung wichtig ist. Welche Tätigkeit verrichten Sie? Als Energieberaterin stehe ich vor allem den Bauherren und Baufrauen in allen Phasen des Bauens und Sanierens beratend zur Seite. Als Heizkesselwärterin bin ich zuständig für die energieeffiziente Funktionsweise der Anlagen und gebe Tipps, wo und

wie Energie eingespart werden kann. Aber auch für Gemeinden bin ich Ansprechpartnerin in vielen Energiebereichen. Bei sämtlichen Beratungen bin ich darauf bedacht, produktneutral zu beraten. Was haben Sie für sich erfahren? Es ist nicht leicht, den Spagat zwischen Beruf, Haushalt und Kind zu meistern. Ich muss mich ständig fokussieren und arrangieren, habe dabei wichtiges Organisationstalent und Selbstbewusstsein entwickelt und mir Flexibilität angeeignet. Ich habe gelernt, über den Schatten zu springen, kann mir Wissenslücken eingestehen, weiß aber, wo ich das Gesuchte finde.

Die Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig ein gutes Organisationstalent und Flexibilität sind. Durch den Fernunterricht meines Sohnes und die äußeren Umstände musste ich meine Arbeit in den Hintergrund rücken. Ich nehme aber auch vieles Positives aus dieser Zeit mit und bin froh, dass Schritt für Schritt wieder meine Arbeit in mein Leben rücken kann. Wann haben Sie Zeit für sich? Ich arbeite daran, mir diese Zeit zu nehmen, tanke hauptsächlich bei der Arbeit und bei Vorträgen Energie auf. Positives Feedback bestätigt meine Begeisterung. Ich freue mich, wenn ich Menschen unterstützen kann. Neue Projekte fordern mich heraus, dabei vergesse ich die Alltagsprobleme und nähre meine Freude.

für die WIRTSCHAFT

11


Aktuell | Handelskammer

Praktika eine große Bereicherung Während zwischen 2002 und 2019 die Zahl der Sommerpraktika in Südtirol stets gestiegen ist, gab es 2020 einen Rückgang um 24 Prozent. Doch auch in Krisenzeiten stellen Praktika eine Bereicherung dar.

Das Coronavirus hatte im Jahr 2020 auch Auswirkungen auf die Sommerpraktikumsstellen.

Laut Arbeitsmarktservice wurden im Jahr 2019 in Südtirol 6.590 Praktikumsstellen genehmigt. Im Jahr 2020 absolvierten nur 5.016 Personen

ein Sommerpraktikum, was einem Rückgang von 24 Prozent entspricht. Praktika sind für Jugendliche eine Möglichkeit, erste Arbeitserfahrungen zu sammeln, Kontakte zur Arbeitswelt zu knüpfen und heimische Unternehmen kennenzulernen. Zwar ist die erste Einlernphase der Jugendlichen für die Unternehmen mit einem zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden, dennoch bieten Praktika auch ihnen zahlreiche Vorteile: Neben der guten Gelegenheit, potenzielle motivierte und (hoch-) qualifizierte Mitarbeiter/innen kennen zu lernen, können sich die Unternehmen selbst durch interessante Aufgabenfelder oder ein angenehmes Arbeitsklima als attraktive Arbeitgeber beweisen und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen eine neue Sichtweise in den Betriebsalltag bringen und

durch ihr Wissen und ihre Kenntnisse einen wertvollen Beitrag leisten können, beispielsweise in der Digitalisierung. Zahlreiche Praktika werden im Rahmen der Schul- oder Universitätsausbildung absolviert, wobei die Kontakte zu den Institutionen für zukünftige Projekte genutzt werden können. Unternehmen sollten bereits jetzt in der Krisenzeit daran denken, dass in Zukunft wieder hochqualifizierte Fachkräfte benötigt werden. Praktika sind dabei die beste Methode, um Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu gewinnen. INFO WIFO – Wirtschaftsforschung Tel. 0471 945 708 wifo@handelskammer.bz.it www.wifo.bz.it

Etikettierung von Verpackungen Ab 1. Januar 2022 gelten striktere Vorgaben bei der Etikettierung von Verpackungen. Ende September 2020 wurden für Produzenten von Verpackungen neue Verpflichtungen zur Umweltetikettierung eingeführt, die vorher optional waren. Gemäß den Bestimmungen der Europäischen Kommission müssen durch das Anbringen von diversen Codes und Abkürzungen Informationen zur Beschaffenheit aller Arten von Verpackungsmaterialien angegeben werden. Seit dem 21. Mai 2021 sind diese Kennzeichnungspflichten durch eine Gesetzesänderung im Rahmen der Umsetzung des Geset-

zesdekrets „sostegni“ bis zum 31. Dezember 2021 ausgesetzt. Darüber hinaus dürfen Verpackungen, die vor dem 1. Januar 2022 bereits in Verkehr gebracht oder gedruckt wurden, bis zur Erschöpfung der Bestände ohne die geforderte Umweltkennzeichnung verwendet werden. Ab dem 1. Januar 2022 müssen Verpackungs-Produzenten bei der Etikettierung von Verpackungen noch zusätzliche Informationen angeben, die den Verbraucher/ innen für die getrennte Sammlung von Verpackungsabfällen

Mit neuen Regeln bei der Etikettierung soll den Verbraucher/innen die Sammlung, Wiederverwendung, Verwertung und das Recycling von Verpackungen erleichtert werden.

nützlich sind. Ziel dabei ist es, den Verbraucher/innen die Sammlung, Wiederverwendung, Verwertung und das Recycling von Verpackungen zu erleichtern.

INFO Umwelt- und Wettbewerbsschutz Tel. 0471 945 654 umwelt@handelskammer.bz.it www.handelskammer.bz.it

IMPRESSUM Für die Wirtschaft – Mitteilungsblatt der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen – 23. Jahrgang, 5/2021 Herausgeber: Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen Direktion und Verwaltung: Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen, Tel. 0471 945 672 E-Mail: communication@handelskammer.bz.it Verantwortlicher Direktor: Dr. Alfred Aberer Redaktion: Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen Konzept: Friedl Raffeiner Druck: KARO DRUCK KG

12

für die WIRTSCHAFT

Fotos: Adobe Stock, Christine Romen – Maria Lobis, ewo - James Lenney, Handelskammer Bozen, Hannes Wohlgemuth - Luca Meneghel, Heidi Röhler - Ludwig Thalheimer, IDM - Frieder Blickle, Shutterstock. Zugelassen beim Landesgericht mit Dekret Nr. 3/99 Mitglied der „Unione Stampa Periodica Italiana - USPI“, Rom

www.handelskammer.bz.it


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.