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Eine Woche unter unſern lutheriſchen Jegern in Louiſiana
from Missions-Taube 1908
inacht ſie lebendig und drüdt uns dieſen Stachel des Todes tief ins Herz hinein. Aber Chriſtus iſt um unſerer Sünden willen dahingegeben und um unſerer Gerechtigkeit willen wieder auferwe>. An ihm haben wir die Erlöſung durd) ſein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden. Es ift in keinem andern Heil. Alles Jrdiſche iſt unfidjer und flüchtig. “ Jugend und Schönheit, Geſundheit und Kraft, Gut und Ehre, Menſchengunſt und Freundſchaft iſt wie ein Rauch, der im Winde verſhwindet. JEſus Chriſtus aber iſt derſelbe, unveränderlich, geſtern, heute und in Ewig- feit. Wenn die Welt erſcheint als ein ſturmgepeitſ<h- tes Meer, dann ſteht er, der ewige Fels, unwandelbar feſt in den Stürmen und Wogen der Zeit. Bei ihm und in ihm findet die Seele feſten Halt, gewiſſe Zu- flucht.
Was die Zukunft im Schoße birgt, - wiſſen wir niht, brauchen .es aud) nidjt zu wiſſen. “ ES iſt uns genug, daß wir wiſſen, JEſus iſt in ſeinem lieben Wort und Evangelium bei uns und er wird im neuen Fahre derſelbe ſein, der er immer geweſen iſt und allezeit ſein wird: der Heiland der Sünder, der Troſt der Betrübten, der Arzt der Kranken, der Reichtum der Armen, die Hoffnung der Sterbenden. Dieſem JEſus und ſeinem ſüßen Evangelium will aud im neuen Jahre die „Miſſions8taube“ nad) Kräften die- nen, daß ihre werten Leſer und durd) ihren Dienſt andere, die ihn bi8her nod) nidjt gekannt haben, in der Seiten Flucht und in der Eitelkeit dieſes Lebens auf den hingewieſen werden, der da iſt „JEſus Chriſtus, geſtern und heute, und derſelbe aud) in Ewigkeit“. Z
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H. M. Eine Woche unter unſern lutheriſhen Negern in Loniſiana.
Ein Buch könnte ih ſchreiben, wenn id) alles er- zählen ſollte, was id) in dieſer Woche erlebt, geſehen und gehört habe. Da ſind zunächſt auf den drei Stationen in New Orleans die Miſſionsſhulen mit acht verſchiedenen Klaſſen im ganzen. Sd habe fie alle befudjt und habe in jeder Klaſſe Stoff genug gefunden für ein beſonderes Kapitel. Da iſt unſer Miſſionsveteran Lehrer Vix, der nad) fünfundzwan- gigiabriger Schularbeit in unſerer Negermiſſion no<_ immer mit jugendlider Energie ſeine große Klaſſe in allerlei nüßlihen Dingen und vor allem in dem Einen, das not iſt, unterrihtet. Andere im erſten Jahre bei derſelben Arbeit von Tofigteit angefohten und bedürfen gar werden ſhon großer Mut- ſehr unſerer ürbitte, daß Gott ihnen Freudigkeit und Mut ver- eihen wolle, Wiederum unſer neueſter Miſſions- ehrer Bruns an der Bethlehemsſhule iſt ganz fröh- GCE RA Tid) und getroſt in ſeiner Segensarbeit, und ſeine jugendlihe Gattin aus dem nördlihen Fllinois mit ihm ganz vergnügt in der neuen ſüdlichen Heimat. Gott erhalte ihnen beiden ein fold) mutiges und frohes Herz! An der Schule der St. Paulsftation
ſtehen nun auh ſhon zwei farbige Lehrer im Miſ- ſionSdienſt, ſowie auch eine farbige Lehrerin, die ihren
kleinen “darkies” die fdjine Weihnachtsgeſchichte ſo negerfindlid) darzulegen und abzufragen wußte, daß dieſe große Schar kleiner Neger in wahre Vegeifte- rung verſeßt wurde. Ja, die Negerkinder ſind ein intereſſantes Völkchen! Viele ſhwarz wie die Naber, andere wieder fo hellfarbig, daß nur ein Kenner nocd etwas Negerhaftes an ihnen findet, und dazwiſchen
alle Schattierungen; auch ſieht man es manchen noch deutli an, daß ſie Miſchlinge von Negern und Su- dianern ſind. Wie gern hört man dieſen Kindern zu, wenn fie in ihrem edjten Negerdialekt ſo fein unſern
Katechismus gufzuſagen wiſſen oder ſo rein und ſ{hön unſere lutheriſchen Lieder ſingen! Aber weld) eine ſhwierige Aufgabe ift es, dieſe zu Haus oft ſo ver- wahrloſten Kleinen zur Sittſamkeit und Orduung und Arbeit zu gewöhnen, zumal wenn da zum Bei- ſpiel Lehrer Meibohm an der Mount Zionsſhule auf einmal 90 oder mehr dieſer meiſt noch ziemli<h un- gebändigten kleinen Geiſter unter Kontrolle zu halten hat. Denkt euh hinein in dieſes ſ<hwarze Kinder- gewimmel, und ihr werdet begreifen, daß der Lehrer. manchmal inne wird, daß er Nerven hat. Fürwahr, aud) unſere Miſſionslehrer bedürfen ein großes Herz voll erbarmender Liebe und faſt mehr als mütterliche Geduld.
Auf jeder Station habe id) einen Gottesdienſt beſuht und hatte dann nad) Schluß desſelben eine Beſprehung mit den Negergemeinden. Wie manche Neger habe id) da wieder geſehen, die id) ſhon vor fünf Jahren bei einer früheren Viſitation kennen ge- lernt hatte, und eine große Schar neuer Glieder iſt ſeitdem dazugekommen. Auch ſonſt zeigt fic) in den Iutherijdjen Negergemeinden mand) erfreuliher Fort- ſchritt. Jn verſchiedener Hinſicht ſoll es aber nod) beſſer werden, das haben alle Gemeinden verſprochen. Ein alter grauhaariger Neger ſagte: „Wir ſind ſehr zufrieden mit unſerm Paſtor, mit unſern Lehrern, mit allen, die uns bi8her geholfen haben; aber wir find gar nicht zufrieden mit uns ſelbſt.“ Auch ſonſt haben die lieben Neger oft ihren Dank aus- geſprochen für alles, was die weißen Lutheraner für ſie getan haben. Die Mount Zionsgemeinde beklagt es nod) ſehr, daß fie ihren Miſſionar ziehen laſſen mußte, und möchte gern bald wieder einen Paſtor haben. Einſtweilen wird ſie von Miſſionar Kramer, dem Paſtor der Bethlehemsſtation, der auc) Napo-
Teonvilfe zu verſorgen hat, mitbedient, und die Pro- ſeſſoren Müller und Wenger vom Luther-College hel- fen fleißig durd) Predigen mit aus. merkte es ihnen an, ſie gehörten gebildeten, wohl- habenden Familien an. Shre Eltern waren zum Teil reiche Plantagenbeſißzer. Aber adj, wie beweinens-
Am Luther-College, einer lutheriſchen Anſtalt für Neger in New Orleans, durfte ih ſelbſtverſtändlih niht vorübergehen. Es iſt zunächſt eine Ergänzung unſerer Miſſionsſhulen. Eine Klaſſe der überfüllten St. Paulsſchule ijt einſtweilen in dieſes ſhli<hte, aber ſonſt zwed>entſprehende Collegegebäude mit aufge- nommen worden. Und die meiſten andern Knaben und Mädchen in den andern Klaſſen dieſer Anſtalt
wert arm dieſe Kinder dod) waren! Sie kamen aus einer Religionsſhule oder aus dem Konfirmanden-
ſind auc) nod) nicht Collegeſhüler zu nennen; es . ſind vielmehr die Kinder aus den zwei oder drei
höchſten Abteilungen der Schulen aller drei Statio- nen, die dort zuſammengebracht ſind, ihr Schulpen- ſum zu abſolvieren, wodur< den Lehrern und Kin- dern und auc) der Miſſionskaſſe ein Dienſt geleiſtet wird und der Miſſion aud) ſonſt reiher Segen er- wächſt. Kinder, die fid) im Unterricht wohl bewährt haben und zum Weiterſtudium geſchi>t und: willig unterriht. Sie hatten alle ihr Büchlein. Ein Mäd- en zeigte mir das ihrige. Es war ein Katehismus der jüdiſchen Religion. Sie lernen nidjt3 von ihrem Heiland, kennen feine Weihnadtsfreude. O wie reih ſind im Vergleih mit ihnen die Ärmſten und Verachtetſten unſerer lutheriſchen Negerkinder! Wir nahten Napoleonville. Rechts und links von der Bahn lagen prächtige, faſt unüberſehbare Bucter- rohrplantagen mit mächtigen Zu>ermühlen, und auf jeder Plantage war ein großes Dorf von vielleicht 25 bis 50 Negerhütten, Heimſtätten jo vieler Neger-
familien, - die für die Barone die Plantagen zu be- arbeiten haben. -
Jn Napoleonvillé hat es mir gefallen. Es ijt
ſind, werden dann in demſelben Gebäude von den- ſelben Profeſſoren möglichſt gründli<h weiter aus- gebildet, damit ſie ſpäter als Lehrer oder Prediger * in den Miſſionsdienſt eintreten können. Da gibt es viel Arbeit für die vier Profeſſoren an dieſer Anſtalt, von denen außerdem viel Miſſionsarbeit geleiſtet wird, indem zum Beiſpiel die Profeſſoren Wenger und Müller oft zu predigen haben und Direktor Lankenau itod) als Miſſionar ſeiner St. Paulsſtation vorſteht. Gott erhalte uns dieſe Männer nod) rect lange in ihrer geſegneten Tätigkeit! Wer ſollte ſie niht liebgewinnen, alle unſere Arbeiter in der Neger- miſſion, die mit hingebender Liebe an den Neger- jeelen arbeiten, die von fo vielen verachtet werden, für die aber auc) Gott ſeinen Sohn in dieſe Welt geſandt hat? So oft es ſi< tun ließ, kamen die-MijfionSarbet- ter zur Beſprechung von. allerlei Miſſion8angelegen- heiten zuſammen. Es waren ſhöne Stunden, die id in ihrem Kreiſe genießen durfte. Wie viel gab es Hin und her zu beridten! Wie viele Fragen waren zu erörtern! Yd) war froh, daß mein freundlicher Wirt, Paſtor Kuß, mir für dieſe Tage ſeinen Haus- ſchlüſſel geliehen hatte, jo daß ic) nod) zu ſpäter Nachtſtunde in mein Quartier zurü>kehren konnte, ohne die Hausbewohner zu ſtören. Von New Orleans reiſte id) in weſtliher Richtung gerade achtzig Meilen weiter zu unſerer jüngſten Miſſionsſtation in Louiſiana, Mapoleonville, die leßte Strede auf einem jdnectenhaften Bummelzug. Wie langſam -kamen wir vorwärts! Aber Langeweile hatten wir niht. Jm Zug war Unterhaltung. Eine Schar munterer Kinder war eingeſtiegen. Man
ein hübſches, ſolides Städtchen von etwa eintauſend
Einwohnern mit elektriſhem Licht, Waſſerleitung, einigen ſhönen Kirchen und zwei Eiſenbahnen, und die Neger, die wenigſtens die Hälfte der Bevölkerung bilden machen einen ‘guten Eindru>. Mit Prof.
Müller aus New, Orleans und Lehrer Eberhard, unſerm neuen Miſſionslehrer in Napoleonville, habe ih. cine Anzahl ‘der Familien aufgejudt. „Unter lutheriſhen Negern“, ſagte ic) in der Überſchrift.
Darf ih das auch ſagen von Napoleonville? Nun, ein ſtrammer Negerlutheraner ijt wenigſtens dort, der alte unermüdlihe Mr. Nelſon, der früher ein
Glied der St. Paulsſtation in New Orleans war und in Napoleonville ſo fleißig miſſioniert hat. Er mit andern baten dringend um lutheriſhe Predigt und um Schule für die vielen verwahrloſten Negerkinder. *
Von New “Orleans aus haben unſere Miſſionare
Napoleonville, ſo gut ſie es vermochten, mit verſorgt, und Lehrer Gehner wurde vor etwa einem Fahre von
New Orleans dorthin verſeßt, um eine Schule zu er- öffnen. Er hatte bald ſo viele Schüler, daß er die
Arbeit kaum bewältigen konnte. Er ſteht jegt an einer weißen Schule in Jllinois. Seit Oktober arbeitet nun Lehrer Eberhard in Napoleonville mit
Freudigkeit und in ſihtlihem Segen. Sd) habe mit ſeinen Schülern ein kurzes Examen angeſtellt und - mi gefreut, wie ſchön fie ſhon Rechenſchaft zu geben wiſſen von ihrem Glauben, und naddem fie mir ihre
Weihnachtslieder vorgeſungen hatten, und als ich zurückdachte an die Kinderſchar auf der Reiſe im
Zug, mußte id) mir ſagen: D ihr gliicliden Kinder | der lutheriſhen Miſſionsſhule von Napoleonville!
Welch eine ſhöne Miſſion8gemeinde kann einmal aus dieſer Schule emporivad)jen!
