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Getreu bis zum Tode. (Mit 3 Jllujtrationen

Tag der Abrechnung kommen würde, wo die Weißen Neuſeeland verlaſſen und den Maori ihr Erbteil wieder guriidgeben müßten. Bis 1890 arbeiteten Te whiti und Tohu zuſammen. Von da an wurden ſie Opponenten, die fid) bitter befehdeten. Die An- hänger Tohus trugen ſeitdem cine Pfauenfeder als Erkennungszeichen. Seder hielt fic) für den von Gott gejandten Propheten, der Chriſti Werk vollenden ſollte. Einer beanſpruchte, Chriſtus ſelbſt zu ſein, während die Anhänger des andern dasſelbe glaubten. Te whiti war ſehr in der Bibel bewandert, legte ſie aber nad) ſeiner Weiſe aus. Nach den Reden, die von verſchiedenen Maorihäupt- lingen beim Begräbnis von Te whiti gehalten wur- den, gu urteilen, wird Parihaka aufhören, fernerhin ein Sammelplay der Maori zu ſein, und in Ver- geſſenheit geraten. Einer der Sprecher ſagte: „Te whiti iſt gegangen. Dies ijt der lezte Tag für Maori- weisheit. Le whiti war der leßte. Das Buch iſt nun geſchloſſen. Dieſe beiden ſtanden vor ihrem Volk als unſterblich, ſie ſind verblichen. Alles ijt als vergeblid bewieſen. Es iſt zu Ende! Es iſt zu Ende!“ (G. B. im Luth. Kbl. f. A.)

Antananarivo, die Hauptfiadt von Madagaskar. _Am 22. November vorigen Jahres wurde er nad) Maoriweiſe unter Teilnahme von Hunderten von Maori mitten im Pa beerdigt. Ein Sarg wurde bei ihm nicht gebraudt. Jn koſtbare Maoride>en ge- hüllt, wurde er ins Grab geſenkt, während die Maori ein kläglihes Geheul ausſtießen, Flinten abgeſchoſſen

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Getreu bis zum Tode.

Aus der Zeit der Chriſtenverfolgung in Madagaskar.

“ wurden und eine Muſikkapelle ſpielte. Waitara, der zum Führer und Häuptling von Parihaka von den verſammelten Maori gewählt worden iſt, begrub ihn - mit den Worten: „Jh übergebe dich der Erde, davon du gekommen biſt.“ Da ift wohl kein Maori, der Te whitis Stellung wieder einnehmen wird als Prophet. Sein einziger

Sohn, Noho oder Willie Te whiti, hat kein Anſehen unter den Maori und ijt ein tüchtiger Farmer. Hamuera Te Punga, der auf dem Predigerſeminar _in Springfield ſtudiert, iſt ein Verwandter Te whitis.

Sm Jahre 1827 war der König Radama von Madagaskar geſtorben. Er war für afrikaniſhe Ver- hältniſſe ein erleudjteter Regent geweſen, der die Tä- tigkeit der ſeit etwa einem Jahrzehnt in ſeinem Reiche wirkſamen Miſſionare, als zur Hebung ſeines Volkes dienend, auf manche Weiſe begünſtigt hatte. Seine Nachfolgerin Ranavalona war gerade das Gegenteil von ihm: eine Tyrannin von ungezügeltem Blut- durſt. Shr Weg zum Thron war über Leichen ge- gangen. Um fic) die Krone aufs Haupt ſeßen zu können, hatte ſie den cigentlidjen Thronerben und manche andere Mitglieder der königlihen Familie falten Blutes ermorden laſſen. Kein Wunder, daß ſie die Miſſionare mit arg-

wohnijdjen Blicken anſah. Sie fürchtete, daß fie ihr das Volk abjpenftig mahten. Was trieben ſie ſonſt wohl, wenn ſie hin und her in den Häuſern mit ihren Anhängern Verſammlungen abhielten? Und die Zahl dieſer Anhänger — ſo berichtete man ihr — ſei be- Dentlid) im Steigen. Es war ſhon vorgekommen, daß ein Eingeborener öffentlich erklärt hatte, die Göt- ter des Landes ſeien eitel und ohnmächtig. Der Wag-

“ Ranabalona IIL., Königin von Madagaskar. halſige war dafür nad) madagaſſiſher Sitte zum Trinken des Gifttrankes verurteilt worden. Als ihm

das nichts geſchadet hatte, hatten die Chriſten aus Freude über dieſen Ausgang einen Umzug veran- - ſtaltet. War das nicht offene Auflehnung? Natür- lich taten die Feinde der Chriſten alles, den Argwohn der Königin zu ſhüren. Jn ſolcher Abſicht trat eines Tages ein Edelmann vor ſie und ſprah: „Königin, gib mir einen Speer, einen blanken, ſharfen Speer!“ „Wozu willſt du ihn?“ “Wächter des Landes, werden beſchimpft, das Volk „Königin, die Götter, die

wird verführt, die Sitten der Väter zu verlaſſen. Yd) mag das Verderben des Landes nicht miterleben, der ſcharfe Speer ſoll mein Herz durchbohren.“

Er erreidjte ſeinen Zwe>. Die Königin ſchwor, das Chriſtentum mit Stumpf und Stiel auszurotten. Sie ließ eine Liſte von allen denen aufſetzen, die in ihren Häuſern <hriſtlihe Zuſammenkünfte duldeten, und überhaupt von allen Anhängern der neuen Lehre. Es waren ihrer mehr, als ſie gefürchtet hatte. Dar- um tat ſie alsbald einen weiteren Schritt. Sie for- derte alle, die fid) zu der Lehre der Fremden bekann- ten, auf, fid) freiwillig ſelbſt anzuzeigen; denen, die es unterlaſſen würden, wurde der Tod angedroht. Mande ließen fic) dadurch einſchüchtern, geſtanden ihre Shuld und ſhworen den Chriſtenglauben ab. Die Mehrzahl blieb jedoch treu. Cin dritter Erlaß der Königin befahl, daß alle Bibeln, alle chriſtlihen Bücher, jedes Blättchen ausgeliefert werden ſollte; wer eins verheimlidje, verfalle der Todesſtrafe. Tro: dem wagten es gar manche, ihre Bücher zu verſte>en — fie ſollten in den folgenden Trübſalszeiten in ihnen eine Quelle reihen Troſtes finden.

Ausgangs 1835 verließen die Miſſionare die Bue fel, hatte ihnen dod) die Königin jede Verkündigung des Evangeliums aufs ſtrengſte unterſagt. Auch fürchteten ſie, daß ihre Anweſenheit den Argwohn der Königin nur nod) mehr errege und ihren Anhän- gern daher mehr ſchade als niige. Aber nun brad) das Unwetter vollends über die hirtenloſe, kleine Herde herein. Da die Königin erfuhr, daß die Chri- ſten nah wie vor heimli<h gujammentamen, ließ ſie 10 von ihnen ergreifen. Sie wurden zu [ebenslang- lider Zwangsarbeit verurteilt. Unter ihnen war eine junge Frau, Raſalama. Sie erregte durd) ihren Be- fennermut den beſonderen Zorn ihrer Richter. Er- klärte fie dod) frank und frei vor ihnen, als die Ritialaingia (die ſilberne Lanze, die die Häſcher bei Verhaftungen als Amtszeichen führen) ihrem Hauſe genaht ſei, ſei ſie niht erfdjroden, ſondern erfreut geweſen. Für joldje Kühnheit, die man fic) nur als Frucht eines geheimni8vollen Zaubermittels deuten fonnte, wurde fie zum Tode verurteilt. .Als ſie zur HSinrihtung geführt wurde, waren ihr Hände, Füße, Kniee und Hals mit Ketten und eiſernen Stangen ge- feſſelt, jo daß fie fid) nur unter großen Schmerzen in gekrümmter Haltung bewegen konnte. Shre Stand- haftigkeit im Ertragen dieſer Pein ergriff einen Jüng- ling ſo ſehr, daß er fid) durd) die begleitende Menge gu ihr durhdrängte und ausrief: „Meine Schweſter, ih will nicht von deiner Seite gehen bis zum Tode!“ An der Hinrihhtungsſtätte kniete ſie nieder, und bald hatten die Speerſtiche der Henker ihr Herz dur<bohrt. Shr Leihnam wurde den Hunden zum Fraß gelaſſen. 3

Dem erſten Opfer folgten ſchnell andere. Über ihrer ſiebzehn wurde das Todesurteil gefällt. Bei ſeiner Vollſtre>ung hatten fie nod cine beſonders ſhmachvolle Behandlung zu erdulden. Sie wurden in zerriſſene, ſchmutzige Matten geſte>t, in den Mund

ſtopfte man ihnen Lumpen. An Bambuspfähle ge- bunden, wurden ſie dann zur Richtſtätte befördert. Vier wurden wegen ihrer adeligen Abkunft zum Feuertode, der als weniger jdimpflic) gilt, verurteilt. Jm Fall der Verleugnung wurde ihnen nod) einmal in leßter Stunde das Leben angeboten. Aber ihr Glaube galt ihnen mehr als ihr Leben. So wurde der Scheiterhaufen aufgetürmt, ſie darauf gelegt, und er dann in Brand geſte>t. Die andern hatten den Tod gemeiner Verbrecher zu erleiden. Sie wurden zu einem ſteilen Felſen gebracht, um von dort in die Tiefe geſtürzt zu werden. Nahe am Rande des Fel- ſens niedergelegt, wurden jie no< einmal zum Wider-

ruf aufgefordert. Vergebens! Ein Stoß — und einer iad) dem andern jaujie in den Abgrund.

Vielen gelang es, fid) in die Wälder zu flüchten. Einer von dieſen Flüchtlingen erzählt von den Leiden dieſer Flucht: „Wir entrannen in ein Vambusdiclidt, wo uns das Waſſer bis an die Kuice reihte und wo es von SKrofodilen wimmelte. Wir fanden keinen Fle>, um uns zum Schlafen niederzulegen, außer daß wir einmal einen Baum oder ein Pläßchen tro>enes Land trafen. Wir fürchteten, vor Hunger zu ſterben. Nach neun Tagen kamen wir in offenes Land, wo viele Waſſerlilien wuchſen, deren Blätter uns zur Nahrung dienten. Dann wanderten wir weiter und kamen an einen tiefen, reißenden Strom. Aus Schilf verfertigten wir ein Floß und flodjten einen langen Stri>k. Dann ſhwamm id) mit dem einen Ende des Strikes durd) das Waſſer. Meine= Frau und eine andere Frau ſchoben das Floß ins Waſſer, legten ihre geringen Habſeligkeiten und ein kleines Kind darauf und geleiteten es dann, während id) an dem Strike 30g, zu beiden Seiten nebenherſhwimmend, durd) den Fluß. Zum Glü> ließen uns die gefräßigen Kroko- dile unbehelligt.“

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Andere, die nicht das Ghie Hatten gu entkommen, wurden zu harter Zivangsarbeit in den Steinbrüchen verurteilt. Oder ſie mußten in den Urwäldern jhwere Bäume fällen und ſie ohne Weg und Steg im

Schweiß ihres Angeſichts auf den Simmerplay ſhlep- pen. Um ihnen das Entweichen unmöglich zu machen und ſie als Verbrecher jedermann zu kennzeichnen, wurde ihnen ein Brandmal aufgebrannt, das Wort „Tsihiaharana“ (das heißt, „zum warnenden Ex- empel“). : _ Gin unerwarteter Strid) wurde der Tyrannin “aber dadurd) durd) ihre Rehnung gemacht, daß ihr

eigener Sohn Rakoto ſi<h zum Chriſtentum bekehrte. Der Reichskanzler teilte es ſeiner Mutter mit: „Kö- nigin, Euer Sohn iſt Chriſt; ex betet mit den Chri- ſten, er beſtärkt ſie in ihrem Troß. Wir ſind ver- loren, wenn Yor ihm nicht Einhalt tut.“ „Es iſt mein einziger Sohn“, erwiderte ſie; „laßt ihn tun nach ſeinem Belieben, jelbjt wenn er Chriſt wird.“ Nakoto konnte daun in der Folgezeit manches tun, unt die Leiden der Gefangenen und Gehegten zu [in- dern. Manch einer hatte ihm das Leben zu verdanken.

Hinrichtung madagaſſiſher Märtyrer. Aber die Geſeße gegen das Chriſtentum blieben bis zum Tode Ranavalonas in Kraft. Ganz kurz vor dieſem wurden nod) einmal zehn Chriſten hingerichtet. Shre Hinrichtung wurde mit den ausgeſuchteſten Mar- tern begleitet. Auf ihrem TodeSgange wurden fie unabläſſig von den Henkersknehten mit Spießen ge- ſtochen, ſo daß eine blutige Spur den Weg, den ſie gegangen waren, anzeigte. Dann- wurden ſie ge- ſteinigt. Ehe ſie aber ihr Leben aushaudten, wurden ihnen die Köpfe vom Rumpf abgetrennt und dieſe der Menge gezeigt. :

Sm Jahre 1861 ſtarb Ranavalona, und damit ging ſchen die 2öjährige Verfolgungs8zeit der madagaſſi- Kirche zu Ende. Jhr Sohn proklamierte ſofort

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