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restart Restart aus juristischer Sicht

RESTART AUS JURISTISCHER SICHT

Von Schlatter-Zahl-Kuhnt Rechtsanwälte

Nach mehr als einem Jahr im PandemieModus hat die Situation in diesem Frühsommer vielen Menschen Hoffnung gemacht. Die Zahlen sinken und die Pandemie scheint fast überwunden. In der Veranstaltungsbranche wurden mit hohem Aufwand viele Lösungen erarbeitet. Auch hat die Krise dazu geführt, dass die Branche zusammengerückt ist. Um in der Politik Gehör zu finden, mussten die Kräfte gebündelt werden. Teils ist dies sehr gut gelungen, auch wenn es über die Verbandsstruktur und die Sichtbarkeit der Branche durchaus noch unterschiedliche Ansichten gibt. Wie hat sich die rechtliche Praxis von Veranstaltern, Dienstleistern und Betreibern schon jetzt verändert? Was muss jetzt bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen berücksichtigt werden? Wir haben einige Aspekte aus unserer Praxis aufgelistet, die aktuell für Unsicherheiten und Diskussionen sorgen:

Auslegung von Corona-Verordnungen

Grundlage für die Planung von Veranstaltungen sind momentan immer die jeweils geltenden Corona-Verordnungen. Zum einen sind die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften des Bundes, insbesondere die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung und die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zu beachten. Zum anderen gelten aber auch die landesspezifischen Corona-Verordnungen. Insbesondere bei Letzteren kam es in den vergangenen Monaten zu zahlreichen Anpassungen und Änderungen. Dadurch ist es nicht verwunderlich, dass die Verordnungen zahlreiche Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten enthalten. Wer bei der Planung einer Veranstaltung Rechtssicherheit haben möchte, also sicher sein will, im Nachhinein kein Bußgeld zu erhalten, sollte diese Unsicherheiten abklären und im Zweifel mit der zuständigen Behörde abstimmen. Dabei wird man sicherlich mehr Erfolg haben, wenn man der Behörde ein umfassendes und fachlich einwandfreies Hygienekonzept vorlegen kann. Es gilt jedoch weiterhin das Rechtsstaatsprinzip: Auflagen oder Untersagungen sind Grundrechtseinschränkungen. Die Behörde darf sie also nur aussprechen, wenn eine Rechtsgrundlage gegeben ist und die Auflagen verhältnismäßig sind. Ist die Behörde zu vorsichtig und lässt sie sich auch nicht überzeugen, ist im Zweifel der Rechtsweg, also die gerichtliche Klärung, anzuraten. Nur wenn Fälle vor Gericht gebracht werden, können die Gerichte die Behördenentscheidungen überprüfen. Und nur dadurch bekommen die Behörden für die Zukunft Leitlinien und die Veranstalter Argumente.

Änderung von AGB

Viele Unternehmen verwenden AGB. Vor Corona enthielten diese üblicherweise keine Regelungen zu einer Verteilung der Risiken im Falle von pandemiebedingten Absagen oder Verschiebungen. Die Änderung von Vertragsbedingungen für bereits abgeschlossene Verträge kann allerdings nur einvernehmlich erfolgen, beide Parteien müssen also aktiv zustimmen. Die Anpassung von AGB hat also nur Wirkung für Verträge, die erst danach abgeschlossen werden. Einige Gerichte haben schon Streitigkeiten entschieden, die Alt-Fälle, also Verträge aus der Vor-Corona-Zeit betroffen haben. Das Grundrisiko liegt danach in der Regel beim Veranstalter, einige Gerichte haben aber auch die Vertragspartner mit in die Pflicht genommen. Eine Rechtssicherheit besteht hier allerdings nicht, die Urteile sind immer sehr stark vom Einzelfall geprägt. Ein wesentlicher Punkt ist stets, dass die besondere Situation bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war. Für zukünftige Verträge kann diese Besonderheit nicht mehr gelten. Daher empfiehlt es sich, zumindest für Neu-Verträge entsprechende Corona-Klauseln aufzunehmen und bereits bei Vertragsschluss zu vereinbaren, wer im Falle eine Absage der Veranstaltung was zu bezahlen hat. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, wer staatliche Corona-Hilfen für die Veranstaltung bezieht.

Beschränkung der Teilnehmer

Das Übertragungsrisiko bei einer Veranstaltung hängt in hohem Maße davon ab, welche Personengruppen teilnehmen. Die Beschränkung auf GGG hilft nur bedingt, da die lediglich getesteten Teilnehmer durch unerkannt positive Teilnehmer weiterhin infiziert werden können. Eine weitergehende Beschränkung des Teilnehmerkreises auf geimpfte und / oder genesene Personen würde hinsichtlich der Risikobewertung einen größeren Unterschied machen. Juristisch dürfte eine solche Beschränkung durch den Veranstalter oder Betreiber zulässig sein.

Ausblick

Die Corona-Pandemie hat die Veranstaltungswelt verändert. Der nächste Schritt in der Pandemiebekämpfung muss und wird der Wechsel von der Containment- zur Mitigation- (Folgenminderungs-) Strategie. Die Verbreitung des Corona-Virus kann akzeptiert werden, wenn die Folgen (stationäre, insbesondere intensivmedizinische Behandlung) z. B. aufgrund von Impfungen insbesondere der Risikogruppen gering bleiben. Das COVID-19 wird ein dauernder Begleiter werden. Dies wird auch bei der Veranstaltungsplanung einen Dogmen-Wechsel erforderlich machen: Weg vom Alarmismus – hin zu einer Schutzzielorientierung und einer Risikoanalyse.

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