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Neues Domizil und neue Einsatzmittel für die Seepolizei Thurgau

Gleich drei Wünsche auf einmal? Doch, im Kanton Thurgau geht das!

Die Seepolizei der Kantonspolizei Thurgau hatte am 23. März 2024 allen Grund zu feiern. Das neue Arbeitsschiff «TG1» wurde eingeweiht – und mit ihm das neue Gebäude der Seepolizei und der Schifffahrtskontrolle. Ein neues Einsatzfahrzeug für die Taucher der Seepolizei gab es bereits Ende des vergangenen Jahres.

Der Einweihung des neuen Gebäudes der Seepolizei und der Schifffahrtskontrolle Thurgau wohnte die politische Prominenz ebenso bei wie (Polizei-)Gäste aus den Nachbarländern.
©Jörg Rothweiler

Erweiterungsbau des Bürogebäudes

Seit 1986 befindet sich an der Bleichestrasse in Kreuzlingen, in unmittelbarer Nachbarschaft zur dortigen Hafenanlage, das Bürogebäude der Seepolizei und der Schifffahrtskontrolle – beides Dienste der Kantonspolizei Thurgau. Diese arbeiten Hand in Hand und nutzen seit rund 35 Jahren die Infrastruktur im Gebäude gemeinschaftlich.

Als Ende der 2010er-Jahre deutlich wurde, dass der Platz und die Technik in dem einst für maximal 14 Mitarbeitende ausgelegten Bürogebäude den betrieblichen Anforderungen und dem Raumbedarf der zwischenzeitlich 18 Personen zählenden Nutzerschaft nicht mehr genügen, beschloss das kantonale Hochbauamt anno 2020, eine Modernisierung und Erweiterung des Gebäudes vorzunehmen. Im selben Jahr wurde eine Variantenstudie (Thesenkonkurrenz) durchgeführt, aus der das Projekt «Wellenschlag» der Aschwanden Schürer Architekten AG (seit kurzer Zeit separiert in Daniel Schürer Architekten AG und Theres Aschwanden GmbH) als Gewinnerprojekt hervorging.

Im März 2022 erteilte die Baukommission Kreuzlingen die Baubewilligung für das Vorhaben, für das ein Objektkredit von gut 4,25 Millionen Franken zur Verfügung stand. Im Herbst 2022 starteten die Bauarbeiten – und jetzt, nur gut anderthalb Jahre nach dem Spatenstich, erstrahlt das Bürogebäude der Seepolizei und der Schifffahrtskontrolle in neuem Glanz.

Die wellenförmigen Dachgauben, der Kamin im Dampferlook sowie Bullaugenfenster verbinden das Gebäude mit den Aufgaben und dem Einsatzort derer, die in dem Neubau tätig sind.
©Jörg Rothweiler

Das lang gestreckte neue Dach kaschiert mit seinen grossen Überhängen sehr geschickt, dass das Gebäude um ein ordentliches Stück verlängert wurde. Zudem dient es als Überdachung für den Zugangsbereich. Die Architektur des Gebäudes zitiert mit den wellenförmigen Dachgauben, den an Bullaugen erinnernden Rundfenstern an den Giebelseiten und dem dunklen Holz klassischer Bootshütten, wofür das Gebäude steht. Alles wirkt irgendwie modern und doch traditionsverbunden. Chapeau.

Für das benötige Mehr an Platz wurde das Gebäude nach Süden, in Richtung Seeufer, verlängert. So konnten rund 175 Quadratmeter mehr Raum geschaffen werden, womit der Neubau gesamthaft etwa 560 Quadratmeter Fläche bietet. Zudem wurde im Zug des Umbaus der Personal- vom Kundenbereich abgetrennt – und ein separater Raum für Einvernahmen realisiert. Vorbei sind damit die Zeiten, in denen der Aufenthaltsraum auch als Sitzungszimmer dienen musste. Dafür nahmen die Mitarbeitenden der Seepolizei und der Schifffahrtskontrolle wohl gerne in Kauf, dass sie während der Bauphase in Containern arbeiten mussten.

Im Erdgeschoss des mit ökologischen Materialien errichteten Gebäudes befinden sich heute die Administration, der Kundenempfang, zahlreiche Büros sowie Sanitär- und Umkleideräume. In den Büros arbeiten jetzt nur noch Zweierteams. Bisher waren meist drei Personen in einem Raum tätig, was nicht immer einfach war.

Im Obergeschoss befinden sich ein modern eingerichteter Besprechungsraum, der im Krisenfall auch als Führungsraum genutzt werden kann. Daneben ist eine kleine Küche untergebracht, und, direkt daran angrenzend, ein Aufenthalts- und Pausenraum. Gegenüber, im «hinteren Teil» des Baus, befindet sich der nun grössere sowie sauber gedämmte und beheizte Archivraum. In diesem lagern Dokumente sicher besser als wie bisher auf dem ungedämmten Dachboden.

Das neue Arbeitsschiff «TG1»

Nur gut 100 Meter vom Eingang des Neubaus entfernt, im Kreuzlinger Hafenbecken, liegt die zweite Neuanschaffung der Seepolizei Thurgau vor Anker: das Arbeits- und Einsatzschiff «TG1». Dessen Vorgängerin war nochmals bedeutend älter als das nun renovierte Gebäude, denn es wurde bereits in den 1970er-Jahren erstmalig zu Wasser gelassen. Kein Wunder also, war die Zeit für ein neues Boot mehr als reif.

Knapp eine dreiviertel Million hat das von einer Tessiner Werft komplett aus Aluminium gefertigte neue Boot gekostet – und die Seepolizei hat für diese Investition ein Schiff erhalten, das (mit Ausnahme der in Norditalien erfolgten Schweissarbeiten) nicht nur zu 100 Prozent im Inland gefertigt wurde, sondern auch mit einigen technischen Raffinessen aufwarten kann. Diese haben, wie ein Mitarbeiter der Seepolizei kurz vor der Schiffstaufe verriet, bereits bei der Stadtpolizei Zürich höchste Begehrlichkeiten auf ein vergleichbares Einsatzschiff geweckt.

Ein Highlight der «TG1», das auf den ersten Blick ins Auge sticht, ist der seitlich hinter dem Bug neben der Reling montierte Fünf-Meter-Kran. Mit dessen Hilfe können gekenterte oder bereits versunkene Kleinboote oder andere grössere Gegenstände mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne rasch und sicher aus bis zu 20 Meter tiefem Wasser gehievt und geborgen werden. Bisher behalf sich die Seepolizei bei solchen Einsätzen mit einem Dreibein und einer Winde.

Zweites Novum ist die Kajüte. Diese bietet bis zu fünf Personen Platz – und ist mit nur gut einer Handvoll starker Schrauben auf dem Deck befestigt. So kann sie für Wartungs- oder Reparaturarbeiten an den beiden darunter platzierten, je 370 PS starken und mit Dieselpartikelfiltern bestückten Achtzylinder-Motoren sehr einfach abgenommen werden.

Warten auf Neptun im Sturm: Zur Taufe des neuen Arbeitsschiffs «TG1» durch Regierungsrätin Cornelia Komposch stieg dieser aus dem See herauf.
©Jörg Rothweiler

Zudem dient das über eine einschiebbare Leiter zugängliche Dach der Kajüte zugleich als grosszügige Arbeitsplattform. Es liegt rund drei Meter über der Wasserlinie des Schiffs, ist voll begehbar und verfügt über beidseitig ausklappbare «Flügel», deren Endkanten bündig zur jeweiligen Bordkante abschliessen. Von dieser etwa 3,5 mal 3,7 Meter messenden Plattform aus gelingen Änderungen oder Ersatzarbeiten an Zeichen der Schifffahrtssignalisation naturgemäss deutlich einfacher und sicherer als mithilfe einer angelehnten Leiter.

Highlight Nummer 3 ist die revolutionäre Bugklappe der «TG1». Diese kann nach vorne abgeklappt und sodann, in waagrechter Position, bis etwa 30 Zentimeter unter die Wasseroberfläche abgesenkt werden. Mit einer Nutzlast von bis zu 500 Kilogramm mutiert sie so zu einer perfekten Berge- und Einsatzplattform für die Taucher der Seepolizei.

Das vierte spannende Technikdetail der «TG1» ist die eingebaute Pumpe. Diese kann wahlweise vorwärts oder rückwärts laufen, womit sie als Löschwasser-Spritze ebenso dienlich ist wie als Lenzpumpe bei der Bergung havarierter, leckgeschlagener oder bereits abgesunkener Boote.

Die Taufe des neuen Arbeitsschiffs, das dank seines Platzangebots (Länge x Breite ca. 11 x 3,7 Meter), einer leistungsstarken Radaranlage sowie bis zu 65 km/h Topspeed durchaus auch als Patrouillenboot genutzt werden kann, vollzog die Thurgauer Regierungsrätin Cornelia Komposch – und weder der eigens aus den Tiefen des Bodensees emporgestiegene Neptun noch Petrus, der an diesem Tag das Wasser des Bodensees mit einem bitterkalten, böigen Sturm aufpeitschte, vermochten ihr dabei die Laune zu verderben.

Perfekt gelöst: die unter die Wasseroberfläche absenkbare Bugklappe.
©Jörg Rothweiler
Das Dach der abnehmbaren Kabine verfügt über ausklappbare «Flügel» und dient als Einsatzplattform bei der Kontrolle und Reparatur von Schifffahrtszeichen.
©Jörg Rothweiler

Neues Einsatzfahrzeug für die Taucherstaffel der Seepolizei

Unscheinbar und dunkelblau stand am Tag der Einweihung des Neubaus und des Schiffs der Seepolizei Thurgau ein Mercedes-Transporter unter den Bäumen vor dem neuen Bürogebäude. Dabei handelt es sich um die dritte, bereits im November 2023 erfolgte Neuanschaffung: einen Einsatzbus für bis zu sechs Taucher. Deren gesamtes Equipment, namentlich Pressluftflaschen, Atemgeräte, Anzüge, Flossen und Masken, sowie alle für einen Ersteinsatz benötigten Einsatzmittel (Leinen, Bojen, Such- und Ortungs- sowie Bergegeräte etc.) haben in dem 5,5-Tönner mit langem Radstand locker Platz. Und dank Allradantrieb können die Taucher mit ruhigem Puls auch zu Schlechtwetter- oder Winter-Einsätzen in den Nachbarkantonen, namentlich im Appenzellischen, aufbrechen.

Im von der Larag auf- und von der Toni Brändle AG zum Einsatzfahrzeug umgerüsteten Transporter fallen Einsatzfahrten und auch die Einsätze selbst deutlich leichter als im bisherigen, markant zu kleinen und daher häufig überladenen 3,5-Tonnen-Bus. Während eines Einsatzes spenden ausfahrbare Markisen wahlweise Schatten oder schützen vor Niederschlag. Bei Nacht erhellen LED-Lampen die Umgebung des Fahrzeugs – und nach einem Einsatz im meist bitterkalten Nass können sich die Angehörigen der Taucherstaffel dank einer Standheizung direkt im Fahrzeug wieder aufwärmen.

Alles in allem darf mit Fug und Recht behauptet werden: Die Regierung des Kantons Thurgau hat die Seepolizei Thurgau bestens für die Zukunft gerüstet.

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