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3. Bauten, Denkmäler und Skulpturen von Kaisern und für Kaiser im öffentlichen Raum
3a. Die Tetrarchen und Maxentius
Abb.11. Spalato (Split), Palast des Kaisers Diocletian, Grundriss.
Abb.18. Venedig, Südwestecke der Schatzkammer der Markuskirche. Skulpturen von vier stehenden Tetrarchen, Porphyr, Höhe ca. 1,36 m. Diocletian hatte Residenzen in Nikomedeia, Antiochia und Sirmium in Pannonien. Als Alterssitz ließ er sich eine große, ummauerte Palastanlage in Spalato (Split) errichten, von der unter anderem der Jupitertempel, sein Grabbau und der repräsentative Hof erhalten blieben (Abb.11–12).
Diocletians Caesar Galerius residierte in Sirmium, Serdica und Thessaloniki. Hier gehörten in den Zusammenhang der Palastanlage sein Ehrenbogen als Sieger im Perserkrieg (Abb.13) und ein großer Rundbau, der später zu einer christlichen Kirche ausgebaut wurde. Als Alterssitz errichtete er an seinem Geburtsort, dem heutigen Gamzigrad im östlichen Serbien, eine große, mit einer Mauer und zwanzig Türmen befestigte Palastanlage: Felix Romuliana, nach dem Namen seiner Mutter. Einer der beiden dazugehörigen Tempel war Jupiter und Hercules geweiht, den Leitgöttern der Tetrarchie. Zwei übereinstimmende Pfeilerfragmente skizzieren in Kurzfassung das tetrarchische Herrschaftssystem (Abb.14).
Im Jahre 297 errang Galerius einen bedeutenden Sieg über die Perser, die gefährlichsten östlichen Feinde des Reiches unter ihrem Großkönig Narses. Die Ereignisse sind in den Reliefs eines Ehrenbogens für Galerius dargestellt, der in seiner Residenz Salonica (Thessaloniki) errichtet wurde. Das Denkmal besaß vier durch Bögen und ein zentrales Gewölbe miteinander verbundene Pfeiler, von denen zwei erhalten blieben. Die Skulpturen, die der Bogen getragen haben muss, dürften Diocletian und Galerius präsentiert haben, wenn nicht sogar alle vier Herrscher der Tetrarchie. In den Reliefdarstellungen sind Kampf- und Verfolgungsszenen zwischen Römern und Persern, kniefällige Huldigungen von Persern vor den Siegern und die Überbringung von Tributen der Besiegten in traditioneller Weise dargestellt, nämlich in seitlicher Richtung. Hiervon weichen vier Bilder durch die Ausrichtung der Details auf die Mittelachse ab. Bei einer Ansprache des Galerius an seine Truppen steht der Kaiser in für die Spätantike typischer frontaler
Haltung auf einem Podium in der Bildmitte. Ein fiktiver Zweikampf zu Pferde zwischen Galerius und Narses verbildlicht die Unbesiegbarkeit der Römer: der Adler Jupiters bekränzt aus der Höhe den Sieger Galerius (Abb.14). Dieser nimmt alleine die Mitte ein und hat mit seinem Speer den Großkönig nach außen gedrängt. Der Altar, an dem Galerius und Diocletian im Beisein von Gottheiten und Personifikationen vor einer Bogenarchitektur ein Trankopfer zum Dank für den Sieg darbringen, steht in der Mitte des Bildfeldes. Seine Vorderseite schmückt ein Bild des thronenden Jupiter, auf der sichtbaren Nebenseite ist Hercules dargestellt. Das Opfer gilt also den beiden Schutzgöttern der tetrarchischen Herrschaft, unter Beachtung des Vorrangs Jupiters. Der Stier für das Hauptopfer wird rechts im Bild herangeführt. Die zum Teil mit Namen versehenen mythischen Gestalten feiern den Persersieg (Victorien) und seine Ergebnisse: Frieden (Eirene) und Eintracht (Homoneia) des Erdkreises (Oikumene), Ewigkeit der Herrschaft (Aion mit Tierkreis). Den Höhepunkt der Machtpräsentation stellt ein Thronbild dar, das die vier Herrscher im Beisein von Göttern und Personifikationen vereinigt. Die beiden Augusti thronen gemeinsam auf einem Bogen als Andeutung eines Globus und nutzen als Fußschemel die geblähten Gewänder über den Büsten des Himmels und der bewohnten Erde. Jeder Augustus wird von einer kleinen Victoria neben seinem Kopf bekränzt. Diocletians höhere Stellung ist auf verschiedene Weise betont. Er ist näher an die Mittelachse gerückt, ist ganz frontal dargestellt, hat einen kostbar mit Gemmen geschmückten Gürtel und trägt außer dem Globus ein Langzepter. Maximianus wirkt wegen einer leichten Drehung schmaler und besitzt nur ein kurzes Zepter. Neben den thronenden Augusti stehen die beiden Caesares; jeder wendet den Kopf und die rechte Hand einer knienden weiblichen Provinzpersonifikation zu. Der Caesar neben Maximianus ist besser sichtbar als der Caesar neben Diocletian, es muss sich also um Galerius handeln. Diese Anordnung der Caesares jeweils neben dem Augustus des anderen Reichsteils sollte die Eintracht der Herrscher betonen. Als religiöse Stützen des Machtsystems sind Serapis, Isis und
Abb.12. Ansicht der Repräsentationsfassade im Innenhof.
Abb.13. Thessaloniki, Galeriusbogen, Ansicht. Zeus beigegeben; der Kriegsgott Mars und die Verkörperung der Tapferkeit, Virtus, führen Pferde wie zu einem Triumphzug heran, die beiden Dioskuren begleiten die Herrscher. Am linken Friesende ist das Meer durch Okeanos und Thetis verkörpert, die Muschel und Füllhorn tragen, am rechten Ende personifiziert die liegende Gaia mit den vier Jahreszeiten die Erde, für deren glücklichen Zustand unter den vier Herrschern die hinter Gaia stehende Tyche eintritt. Nachdem Diocletian 295/96 in Oberägypten Aufstände gegen die römische Herrschaft mit seinen Truppen niedergeschlagen hatte, wurden in der Thebais (Ägypten) zwei Legionen stationiert. Das im 14. und 13. Jh. v.Chr. errichtete Ammonheiligtum in Luxor wurde in ein Militärlager mit großer Umfassungsmauer und Säulenstraßen verwandelt . An den Ecken zweier Straßenkreuzungen wurden Säulen mit vier Tetrarchenporträts aufgestellt. Den Inschriften der Säulensockel ist zu entnehmen, dass das erste Viersäulendenkmal in der ersten Tetrarchie um 300 errichtet wurde, während das zweite mit Galerius, Licinius, Maximinus Daia und Konstantin der 308 in Carnuntum getroffenen Vereinbarung entsprach (S.). Zur Einrichtung eines für Militärlager selbstverständlichen Kaiserkultraums wurde in die südliche der beiden gegenüberliegenden Türen eines quergelagerten Raumes (ca. 17 x 10 m) eine ca. 3 m breite Apsis eingebaut (Abb.15). Als Höhepunkt der Anlage besaß sie ein erhöhtes Bodenniveau und eine rahmende Säulenstellung. In der Ausmalung des Raumes ziehen über einer Sockelzone zunächst vom Eingang im Norden aus in beiden Richtungen Soldaten, die Pferde am Zaum führen, in Richtung auf die Rückwand im Süden. Auf dieser wird die neu angelegte Apsis auf beiden Seiten von einem großen Thronbild gerahmt: Hier wird jeweils einem Augustus und einem Caesar von Soldaten gehuldigt, zum Teil im Ritus der »verhüllten Hände« (manus velatae). Göttern oder göttlichen Objekten wurden mit verhüllten Händen gehuldigt, es war ein üblicher Ritus, der nun auch auf den Umgang mit dem kaiser übertragen wurde. Alle Gestalten sind im Schema der »Vertikalen Huldigungsrichtung« auf die Mittelachse unter den Kaisern orientiert. Die Apsis in der Mitte der Südwand enthält mit der Darstellung aller vier Tetrarchen das wichtigste Bild der ganzen Raumausstattung. Alle vier Herrscher sind in eine göttergleiche Sphäre entrückt, da ihr Kopf von einem Nimbus umgeben ist und sie den von einer Rundfibel gehaltener Mantel auf bloßem Körper tragen. Der geringere Rang der Caesares ist deutlich, denn sie sind wegen der Wöl-
Abb. 14. Detail: Darstellung eines fiktiven Zweikampfs des Galerius mit dem Perserkönig Narses (oben) und repräsentative Darstellung des tetrarchischen Herrschaftssystems (unten).
Abb.15. Luxor, Kaiserkultraum, Zeichnung der Südwand mit der Apsis.
Abb. 16. Rom, Forum Romanum. Skizze zum zweifachen Fünfsäulendenkmal auf der westlichen und östlichen Rostra.
bung der Apsiswand nur sehr verkürzt zu sehen. Außerdem wurden sie zehn Zentimeter kleiner dargestellt als die Augusti und sie tragen nicht wie diese Speer und Globus, sondern nur eine Buchrolle. Die ebenfalls nimbierte Büste in einem Medaillon in der Mitte der Tetrarchen kann nur Jupiter darstellen, den Schutzgott der Tetrarchie, dessen Adler aus der Apsiswölbung heraus die Kaiser mit einem goldenen, mit Edelsteinen geschmückten Kranz bekränzt. Das Bild des Maximianus Herculius wurde bereits in der Antike zerstört, da sein Andenken offiziell ausgelöscht wurde (memoria damnata).
Der religionspolitische Ansatz der tetrarchischen Herrscher, den Kult der traditionellen römischen Götter zur Grundlage ihrer Herrschaft und des Staatswohls zu machen, äußerte sich besonders deutlich in zahlreichen Opferszenen auf ihren Münzen und auf den Sockeln des Fünfsäulendenkmals auf dem Forum Romanum (Abb.16). Die Anlage wurde im Jahre 303 zum Rombesuch Diocletians gestiftet, der zugleich mit dem Triumph über die Perser das zwanzigjährige Regierungsjubiläum für sich und (mit mehrjähriger Vorwegnahme) seinen Mitaugustus Maximianus feierte, verbunden mit der Zehnjahresfeier der Caesares Galerius und Constantius. Die Kapitelle der fünf Säulen mit der mittleren, etwas größeren Skulptur des Jupiter und den Statuen der vier Kaiser in Gestalt ihres »Genius« sind in einem Friesrelief der Nordseite des Konstantinsbogens dargestellt (Abb.23). Aufgestellt war das Denkmal im Westen des Forums auf der seit Augustus bestehenden Rednertribüne (den rostra). Der einzige Säulensockel, der vom Fünfsäulendenkmal erhalten blieb, die sogenannte Decennalienbasis, hat eine Seitenlänge von ca. 1,90 m. Die Gesamthöhe der Säule mit Stufen, Sockel, Basis, Säulenschaft, Kapitell und Statue dürfte ca. 15 m betragen haben. Der auf der Rückseite von zwei Victorien präsentierte Inschriftschild über besiegten Barbaren nennt die Decennalien der Caesares, auf der Vorderseite (Abb.17) ist eine Weinspende als Voropfer für Mars dargestellt. Die Vorbereitung eines Opfers von Eber, Widder und Stier (Suovetaurilia) folgt auf der linken Nebenseite. Nach Aufzeichnungen über inzwischen verlorene Funde von Sockeln gab es eine weitere Widmung für die Caesares, zwei Wid-
mungen zu den Vicennalien der Augusti sowie einen größeren Sockel für die höhere Mittelsäule zu den Jubiläen aller vier Kaiser, mit Darstellung des abschließenden Hauptopfers. Bei der Weinspende auf der Decennalienbasis wird der opfernde Caesar von Victoria und dem Genius des Senats bekränzt. Links neben dem Brandaltar steht ein Priester mit Opferdiener (camillus) und Flötenspieler und der Gott Mars, der Empfänger des Opfers, außerdem eine Gestalt in Toga. Rechts neben dem Genius des Senats sitzt die Stadtgöttin Roma, in deren über dem Kopf gewölbtem Gewand die Büste des Sonnengottes erscheint. Auf der rechten Nebenseite schließen sich Senatoren und Träger von Feldzeichen an. Die Aufstellung des Fünfsäulendenkmals auf der westlichen Rednertribüne des Forums ist sicher. Jedoch wurde durch neuere Ausgrabungen festgestellt, dass auch auf den rostra im Osten des Forums fünf Säulen aufgestellt waren – wir müssen also vielleicht von einem Zehnsäulendenkmal der Tetrarchen sprechen. Auf der mittleren Säule der zweiten Fünfergruppe hätte dann statt Jupiter Hercules gestanden, der zweite Schutzgott der Tetrarchie.
Bei den Ausgrabungen am Ruhesitz des Galerius in Felix Romuliana wurden auch Fragmente der architektonischen Ausstattung gefunden. Abgebildet ist der besser erhaltene von zwei übereinstimmenden Pfeilern. In einem rechteckigen, mit Lorbeer verzierten Rahmen steht über einem Adlerkopf eine Standarte mit fünf Medaillons. Drei davon enthalten die Büsten zweier Tetrarchen, das zweite ist ein Lorbeer-
Abb.17. Rom, Forum Romanum. Sockel einer Säule des Fünfsäulendenkmals, sogenannte Dezennalienbasis. Weinspende eines von Victoria und dem Genius des Senats bekränzten Caesars in Anwesenheit von Mars und der Personifikation Roms.
Abb.19. Rom, Maxentiusbasilika am Forum Romanum. Rekonstruktionszeichnung.
Abb.20. Blick auf die erhalten gebliebenen drei Tonnengewölbe über den nördlichen Seitenräumen.