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5b. Christliche Kunst

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11. Index

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nerpodest) wird ausführlich und unter Einschluss figürlicher Szenen an den Kult im zerstörten Tempel in Jerusalem erinnert. In den Bildfeldern unter der Tempelfassade und den beiden siebenarmigen Leuchtern ist ein großer Altar zu sehen und durch Beischriften ist gesichert, dass daneben und auch darunter (neben Schaubrottisch – einer Art Tisch – und Korb der Erstlingsfrüchte) die Weihe Aarons zum Tempeldienst und die Tiere des täglichen Opfers dargestellt sind (Exodus XXIX). Auch das Gefäß für die Reinigung der Priester mit Wasser fehlt nicht (XXX 17–21). Das größte Bildfeld nimmt der Zodiakus ein, bei dem einigen Sternzeichen (zodia) zusätzlich ein Jüngling als Personifikation des Monats beigegeben ist (Abb.59). Das von heidnischen Vorbildern und aus der Synagoge von Hammat Tiberias gewohnte Bild des Sonnengottes ist hier durch eine große, vielstrahlige Sonne über der Quadriga ersetzt, die eine Mondsichel und ein Stern begleiten. Das Bildmotiv ist einmalig, im 6. Jh. kehrt in Beth Alpha der Sonnengott wieder. Die Personifikationen der vier Jahreszeiten in den Zwickeln sind griechisch und hebräisch benannt und der zentrale Kreis mit der Sonnenquadriga ist von einer griechischen Stifterinschrift umgeben: »Zum Guten und zum Segen sei erinnert an Judah, den Sohn des Monimos, mit seinen Kindern, die aufgrund eines Gelübdes dieses ganze Bildfeld anfertigten. Segen über sie!« Auch weitere Bildfelder des Fußbodens tragen solche Inschriften. Zu den genannten und weiteren fragmentarisch erhaltenen Bildern des Zodikus in Synagogen gab es auch eine christliche Parallele des 6. Jhs. im Kloster in Beth Shan, nahe Beth Alpha. Hier waren die Personifikationen von Sonne und Mond von einem Kreis der zwölf Monate umgeben und die Zwickel enthielten die vier Jahreszeiten. Einen Monatskreis mit mittlerer Personifikation der Erde oder des Jahres enthielt ein Fußbodenmosaik aus Karthago (Abb.120). In der Nähe des Eingangs ist in Sepphoris außer dem Isaakopfer, das mit Beigabe von Dienern mit einem Esel auf zwei Felder verteilt ist, auch der Besuch der Engel bei Abraham und Sarah in Mamre dargestellt (Genesis XVIII 1–15). Der Grund für die mehrfache Übernahme des mit heidnischen astrologischen Vorstellungen verknüpften Tierkreises in die spätantike jüdische Kunst bleibt rätselhaft.

5b. Christliche Kunst

Die christliche Hauskirche aus der Mitte des 3. Jhs. in Dura Europos ist bisher ohne Parallele. Wir besitzen zwar literarische Nachrichten über weitere Hauskirchen und wissen durch den Bericht des Laktanz über die Zerstörung einer Kirche in Nikomedeia in der Diocletianischen Christenverfolgung (seit 303), dass es im 3. Jh. auch größere Kirchenbauten gab (de mortibus persecutorum XII 2–3). Doch blieb der Fund in Dura Europos singulär, so dass sich die Frühgeschichte der christlichen Kunst nur im Grabbereich verfolgen lässt (s. S. Abschnitt 6a). Der Versammlungsraum der Hauskirche war etwa 65 Quadratmeter groß und durch Zusammenlegung zweier Räume des Hauses enstanden; er wurde ohne bildlichen Dekor aufgefunden. Dagegen besaß der benachbarte, vermutlich für die Taufe genutzte Raum eine Wandbemalung, in der mindestens sieben Szenen aus dem Alten und Neuen Testament dargestellt waren. Das Bild eines Schafträgers mit seiner Herde an der Wand über dem (abflusslosen) Taufbecken könnte als paradisisches Symbol gedacht sein (S.) oder als »Guter Hirt« Jesus (Lukas XV 3–7; Johannes X 1–18).

Diese Malereien führten nach ihrer Entdeckung vor achtzig Jahren zu erheblichen Problemen, denn figürliche Darstellungen schienen dem alttestamentlichen Bilderverbot und seiner Weiterführung durch frühchristliche Autoren zu widersprechen. Als besonders bilderfeindlich galt vielen der karthagische Schriftsteller Tertullian, der den strengen ethischen Ansprüchen des Montanismus zuneigte. Er meinte, angesichts des alttestamentlichen Verbots von Götterbildern könnten Bildhauer, Maler und Verfertiger von Nachbildungen aller Art nur vom Teufel in die Welt gesetzt sein (de idolatria III 2–IV 1). Künstlern, die Christen werden wollten, gab der Autor Empfehlungen für ihre Zukunft: »Der Stuckarbeiter versteht auch, Dächer auszubessern, Stuckarbeiten auszuführen, Brunnen zu verputzen, Kehlleisten anzubringen und auf den Wänden vielen anderen Schmuck (ornamenta) außer Götterbildern (simulacra) anzubringen.« (de idolatria VIII 2). Der erwähnte Schmuck durfte keine Götterbilder enthalten, aber er muss von Tertullian keineswegs rein ornamental gemeint gewesen sein, denn er bezeichnete mit ornamenta auch die Figuren der Cherubim und Seraphim an der alttestamentlichen Bundeslade (adversus Marcionem II 22). Anschließend gab Tertullian weitere Anweisungen: »Wer ein Götterbild zeichnet, um wieviel leichter streicht der ein Rechenbrett an. Wer aus Lindenholz einen Mars schnitzt, um wieviel rascher setzt er einen Schrank zusammen!« (de idolatria

VIII 3). Doch an anderer Stelle bezeugte er selbst die Verwendung des Schafträgerbildes durch den Bischof von Karthago. Es ging ihm um die Abwehr einer ihm als Montanisten zu weitherzig scheinenden Bußpraxis der Großkirche (de pudicitia VII 1–5; X 12 f.). Da für diese die biblische Erzählung vom verlorenen und wiedergefundenen Schaf angeführt wurde (Lukas XV 4–7), wetterte Tertullian heftig und ausfallend gegen das Hirtenbild, aber seine Polemik richtete sich nicht gegen das Bild, sondern gegen die ihm zugeschriebene Aussage für die Bußpraxis.

Der Kirchenschriftsteller Clemens von Alexandria unterschied am Anfang des 3. Jhs. zwischen Götterbildern und sonstigen bildlichen Darstellungen. Sein in Zusammenhang mit dem alttestamentlichen Bilderverbot geschriebener Satz »In der Tat ist es uns auch ganz offenbar verboten, trügerische Kunst herzustellen« (Protreptikos IV 62,2) wird zwar bisweilen so interpretiert, als sei er gegen jegliche Kunst gerichtet, doch befindet er sich innerhalb einer ausführlichen Ablehnung des von Menschenhand geschaffenen, toten Götterbildes, dem der Mensch als Schöpfung Gottes gegenübergestellt wird (Protreptikos IV 46,1–63,5). Die Formulierung »trügerische Kunst« lässt erkennen, dass es auch im zitierten Satz um das Götterbild ging. In einer Stellungnahme zu den Bildern auf Siegeln empfahl Clemens sogar selbst bestimmte »neutrale«, aber figürliche Bildmotive (Taube, Fisch, Schiff, Fischer), um die Verwendung heidnischer Bilder ablehnen zu können (Paedagogos III 59,2). Origenes, ein Schüler des Clemens, verfasste in der Mitte des 3. Jhs. eine Schrift gegen die Angriffe des Neuplatonikers Kelsos. An zahlreichen Stellen ging Origenes auf Kunstwerke ein – doch immer geht es um die Ablehnung heidnischer Götterbilder (contra Celsum IV 31; VIII 17–19).

Wenn im frühen 3.Jh. mit Malereien in römischen Katakomben, in der Jahrhundertmitte in der Hauskirche in Dura Europos, und im letzten Drittel des Jahrhunderts mit römischen Sarkophagreliefs zahlreiche Bilder vorliegen, in denen christliche Symbole und biblische Szenen des Alten und Neuen Testaments dargestellt sind, so sollte man darin keinen Widerspruch zum biblischen Bilderverbot und zu Texten frühchristlicher Autoren sehen. Die Annahme, die frühesten Bilder seien private Versuche von Laien gewesen, den Widerstand von Theologen zu unterlaufen, ist fraglich. Wie für die Hauskirche in Dura Europos ist auch für Malereien in den römischen Katakomben eine ausschließliche Verantwortung von Laien nicht belegt. Diese Anlagen waren größtenteils Gemeindegrabstätten. Die Calixtus-Katakombe stand in der Entstehungszeit ihrer frühesten Grabmalereien bereits unter kirchlicher Aufsicht. Hippolytos von Rom berichtete (vor 235 n.Chr.) in seiner »Widerlegung aller Häresien«, dass Papst Zephyrinus (198–217) dem Diakon Calixtus die Verwaltung dieser später nach ihm selbst benannten Katakombe übertragen hatte (refutatio IX 12,14). Die Bischöfe, die auf einer lokalen Synode im spanischen Elvira im ersten Jahrzehnt des 4. Jhs. eine bilderfeindliche Stellungnahme abgaben, waren Jahrzehnte im Rückstand. Eine am Ende des 4. Jhs. veröffentlichte Ablehnung von Bildern durch Bischof Epiphanius von Salamis (Konstantia) auf Zypern war dann vollends ein Anachronismus. Zu dieser Zeit war nämlich der pädagogische Wert des Bildschmucks in Kirchen längst erkannt. Bischof Paulinus von Nola liebte es, den Bildern in seinen Kirchen erklärende Texte beizugeben; er meinte, durch Lesen und Wiederlesen dieser Texte könnten sich die Gläubigen den Sinn der Bilder erschließen (Carmen XXVII 584–587). Allerdings hatte er wenige Zeilen zuvor beklagt, die Mehrzahl der Besucher des Heiligtums des heiligen Felix könne nicht lesen (547f.). Wie optimistisch Paulinus war, zeigt seine Hoffnung, den Pilgern bliebe weniger Zeit zum Essen und übermäßigem Weingenuss, wenn sie mit dem Betrachten von Bildern beschäftigt würden (591–595).

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