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VRV 2015: Der Stand der Dinge

Wie es um die Umsetzung des neuen Haushaltswesens in den Gemeinden bestellt ist, hat sich Robert Blöschl näher angesehen.

In ungefähr einem Jahr muss die Erstellung des Voranschlags 2020 nach der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV 2015) weitgehend abgeschlossen sein. Wir haben uns in einigen Gemeinden umgehört, wie es ihnen mit der Umsetzung des neuen Haushaltsrechts geht und welche Themen Sie aktuell beschäftigen.

Gemeindevermögen als Herausforderung

Hört man sich bei den Gemeinden um, so stellt man schnell fest, dass das Erfassen und Bewerten des Gemeindevermögens eine der größten Herausforderungen darstellt. „Aktuell sind wir dabei, historische Daten zu sammeln und alles Relevante herauszulösen. Die er hobenen Daten müssen außerdem hinterfragt werden, um ein möglichst plausibles Rechenwerk erstellen zu können.“, so Harald Schmidhuber, Finanzdirektor der Stadtgemeinde Ansfelden.

Sind die Vermögenswerte einmal erfasst, müssen diese mit Bewertungen versehen werden. Dass die VRV 2015 für die Erstellung der Eröffnungsbilanz Erleichterungen im Bereich der Bewertung vorsieht, macht die Sache jedoch nicht einfacher. So ist im Bereich der Grundstücke ein großes Thema, welche Bodenpreise mangels Anschaffungs

„Die Bewertung des Vermögens einer Gemeinde ist keine einfache Sache – der KDZ-Praxisplaner unterstützt dabei.“

wert heranzuziehen sind. Die Erfahrung zeigt, dass die vom Bundesministerium für Finanzen veröffentlichten Basispreise für das Grundstücksrasterverfahren 1 oftmals nicht die Realität widerspiegeln. Alternativ kann von der Gemeinde ein Grundstückspreis herangezogen werden, der den Gegebenheiten der Gemeinde entspricht. Hier stellt sich jedoch zum Beispiel die Frage, ob und in welcher Höhe Bebauungsabschläge vorzunehmen sind bzw. wie mit landwirtschaftlichen NutzÀlFKHQXP]XJHKHQLVWDXIGHQHQ*UXQGstückseinrichtungen liegen (z. B. Retentionsbecken).

Eine große Herausforderung stellt auch das Erfassen und Bewerten des Straßenvermögens dar. Während einige Gemeinden diese Aufgabe ausgelagert haben und die Straßen von externen Unternehmen erfassen und bewerten lassen, werden die Straßen in anderen Gemeinden von den Bediensteten abgegangen, gemessen und mit dem je weiligen Zustand vermerkt. Auf Basis dieser Zustandskatego rien erfolgen Abschläge auf den Straßenpreis (üblich sind 5 bis 6 Stufen, wobei die erste Stufe eine generalsanierte Straße darstellt und die letzte eine nicht befahrbare Straße), wobei auch hier oftmals mangels Anschaffungskosten auf Schätzwerte zurückgegriffen werden muss. Eine Bewertung der Straßen kann z. B. mit dem KDZ-Praxisplaner vor genommen werden. Dieses und weitere Tools sind unter www.praxisplaner.at für Gemeinden kostenlos abrufbar.

1 Das Grundstücksrasterverfahren ist ein in der VRV 2015 geregeltes Verfahren zur Bewertung von Grundstücken. Dabei wird von einem %DVLVSUHLVIU%DXÀlFKHQXQGHLQHP%DVLVSUHLVIUODQGZLUWVFKDIWOLFKH1XW]ÀlFKHQDXVJHJDQJHQ'LH%DVLVSUHLVHHUUHFKQHQVLFKDXVGHQ letzten Grunderwerbssteuerfällen je Katastralgemeinde bzw. Gemeinde. Auf Basis von Zu- und Abschlägen wird zwischen einzelnen

Benützungsarten differenziert.

Mit der Vermögenserfassung und -bewertung einher geht auch das Aufnehmen von er haltenen Investitionszuschüssen. Diese sind künftig in der Vermögensrechnung auf der Passivseite darzustellen und über die Nutzungs dauer des damit angeschafften Vermögensgegenstandes aufzulösen (z. B. Landeszuschüsse für die Errichtung eines Kindergartengebäudes). Während die VRV 2015 nur vorgibt, bis zum Jahr 2015 zurückzublicken, gibt es je nach Bundesland andere Vorgaben, wie weit in die Vergangenheit zurückgegangen werden muss. Je nach Vorgabe kann die rückwirkende Erfassung dieser Zuschüsse viel Zeit in Anspruch nehmen, zumal sich die Kontierungsbestimmungen in den letzten Jahrzehnten mehrmals geändert haben.

Weitere Spezialthemen

Nachdem das Erfassen und Bewerten des Vermögens in vielen Gemeinden schon fortgeschritten ist, wird der Blick oftmals auf weitere Themen der Umsetzung gerichtet. Ein Thema, worüber sich Gemeinden nun verstärkt Gedanken machen, ist der Bereich der Gebührenkalkulation. Im Bereich der Gebührenhaushalte wurde die Bewertung des Vermögens schon bisher durchgeführt und über die Abschreibungen in den Gebührenhöhen berücksichtigt. Folglich ist mittelfristig an eine Harmonisierung der buchhalterischen Abschreibungen gemäß VRV 2015 und den kalkulatorischen Abschreibungen zu denken.

Neu hinzugekommen ist mit der VRV 2015 auch das Thema Rückstellungen. „Momentan sind wir am Ausloten, welche Rückstellungen wir zukünftig bilden werden. Neben den verSÀLFKWHQG]XELOGHQGHQ5FNVWHOOXQJHQJLEW es einige Bereiche wie zum Beispiel Pensionen, für die freiwillig eine Vorsorge gebildet werden kann“, meint Guntram Mathis, Leiter der Finanzabteilung in der Stadtgemeinde Dornbirn. Hier gelte es, die zukünftigen Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt und die Kennzahlen abzuschätzen.

Neben der inhaltlichen Umsetzung der neuen %HVWLPPXQJGDUIGLH4XDOL¿NDWLRQGHU Gemeindebediensteten nicht vergessen werden. Die Schulung der Bediensteten >

Das Finanzteam Dornbirn unter der Leitung von Guntram Mathis (rechts vorne).

im Bereich Finanzen sollte bald abgeschlossen sein, schließlich muss der erste Voranschlag nach der neuen VRV in einem Jahr fertig sein. In einer zweiten Weiterbildungsphase können dann 2019 jene Bedienstete, welche nur am Rande mit dem Rechnungswesen in Berührung kommen sowie GemeindemandatarInnen geschult werden. Letztere müssen schließlich auch im neuen System zu den Informationen kommen, die sie für die (QWVFKHLGXQJV¿QGXQJEHQ|WLJHQ

Pilotgemeinde Trofaiach auf Kurs

Die Stadtgemeinde Trofaiach hat für die Umsetzung des neuen Haushaltsrechts einen anderen Weg gewählt. Die Gemeinde in der Obersteiermark ist eine der drei Pilotgemeinden des Projekts „Mustervoranschlag und -rechnungsabschluss“. Unter anderem durch die Teilnahme an diesem Projekt sind die Vorarbeiten für die Umsetzung der VRV 2015 in Trofaiach weitgehend abgeschlossen. „Mittlerweile haben wir die Erfassung des kommunalen Vermögens abgeschlossen. Einige Bewertungen müssen jedoch noch nachgezogen werden“, meint Michael Walchshofer, Finanzdirektor der Stadtgemeinde Trofaiach. Wichtig ist aus seiner Sicht, gut zu dokumentieren, um die Vorgehensweise auch für Dritte nachvollziehbar zu machen.

Rasch beginnen

Jenen Gemeinden, die noch nicht mit der 8PVHW]XQJEHJRQQHQKDEHQHPS¿HKOWGHU Ansfeldener Finanzdirektor Schmidhuber, möglichst bald mit dem Sammeln von Daten zu beginnen. Je nach vorhandener Datenlage könne dieser Schritt nämlich einiges an Zeit

Eine große Herausforderung ist für uns, die Bediensteten zu schulen XQG¿WIUHLQHHUIROJUHLFKH8PVHW]XQJ “ der VRV zu machen.

Guntram Mathis, Leiter der Finanzabteilung Dornbirn

in Anspruch nehmen. Dasselbe rät auch Walchshofer. Demnach sollte als erster Schritt mit der Erfassung auf Basis der Daten in der Buchhaltung begonnen werden. Dabei sollten sich Gemeinden zunächst auf die wesentlichen Vermögenswerte wie Grundstücke, Gebäude, Wasser- und Abwasseranlagen sowie Straßen konzentrieren, da in diesen Bereichen die größten Vermögensgegenstände liegen. „Man sollte jedoch auch nicht vergessen, an die Sache mit einer Portion Pragmatismus heranzugehen und sich nicht in Details zu verlieren. Die Umsetzung ist auch so aufwendig genug.“

VRV als Chance?

Trotz dieser Herausforderungen blicken die meisten befragten Finanzdirektoren positiv in die Zukunft. So sei durch die Bewertung des Vermögens und die Budgetierung von Abschreibungen eine neue Sichtweise auf geplante Neuanschaffungen gegeben. Die Abschreibung macht die Auswirkungen auf den Haushalt sichtbar. Dadurch mache man sich mehr Gedanken über Investitionen und deren Nutzen. Durch die Aufnahme von Rückstellungen werden Zahlungsversprechen abgebildet, die in der bisherigen kameralen Betrachtung keine Berücksichtigung fanden. Auch dies kann zu einer umsichtigen Steuerung des Gemeindehaushalts beitragen. Einig sind sich die Befragten jedenfalls, dass die QHXH959DXFK(LQÀXVVDXISROLWLVFKH(QWscheidungen haben wird. <

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