KingKalli Oktober/November 2021

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Text: Robert Targan

Väteraufbruch: Ein Kind hat das Recht auf beide Eltern Bringt eine Trennung der Eltern ohnehin emotionale Belastungen für sämtliche Familienmitglieder mit sich, wiegt der Fall umso schwerer, wenn einem Elternteil anschließend der Umgang mit dem gemeinsamen Kind erschwert oder gar versagt wird. Oft sind es Väter, die dann eine Kindesentfremdung zu fürchten haben – zusehends sind jedoch auch Mütter von diesem Schicksal betroffen. Unterstützung erhalten Betroffene vom bundesweit agierenden Verein Väteraufbruch für Kinder (VAfK). Die liebevolle und wertschätzende Erziehung eines gemeinsamen Kindes ist gleichermaßen Aufgabe von Mutter und Vater – und sollte es auch im Falle einer Trennung unbedingt bleiben. Ist solch eine Elternschaft auf Augenhöhe jedoch nach einer Entzweiung nicht mehr möglich, erhalten zudem heftige Emotionen Einzug und verhärten sich zusehends die Fronten, sind Wohl und Entwicklung des Kindes stark gefährdet. Beim Verein Väteraufbruch für Kinder kennt man diese Risiken und setzt sich daher seit der Gründung im Jahr 1988 für die Aufrechterhaltung der Beziehung von Töchtern und Söhnen zu beiden Eltern nach einer Trennung ein. Dabei pochen die Mitglieder auf das „Recht eines Kindes auf Vater und Mutter als unentziehbares und unverzichtbares Grund- und Menschenrecht“ – oder wie es das Vereinsmotto auf den Punkt bringt: „Allen Kindern beide Eltern“. Heike Gerhards ist Vorstandsmitglied des Kölner Kreisvereins Väteraufbruch für Kinder, sie weiß: „Das Väterrecht hat sich seit der Vereinsgründung durchaus entwickelt, doch bis heute ist herauszustellen, dass eine Benachteiligung im Recht der Väter besteht, vor allem von unverheirateten. Im Prinzip kämpfen wir immer noch für ähnliche Themen wie vor 33 Jahren, etwa die Gleichstellung von Vätern hinsichtlich des Sorge- und Unterhaltsrechts.“ Eine Entwicklung kann Heike Gerhards allerdings an anderer Stelle benennen: Längst sind auch viele Frauen als Mitglied im Verein tätig, was daran liegt, dass Männer heute ihre Vaterpflichten aktiv wahrnehmen möchten und sich somit die Rollenbildung verändert hat. Auch Müttern wird demnach der Kontakt zu ihren Kindern verwehrt. Tatsächlich steht im Verein daher schon länger eine Anpassung des Namens Väteraufbruch im Raum.

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Vaterrolle ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken In einer emotional aufreibenden Trennungsphase sorgt der Umgang mit Ämtern, Beratungsstellen, Gutachtern und vor allem Familiengerichten für zusätzlichen Druck; hier können sich die Mitglieder des VAfK auf Unterstützung bei den interdisziplinären Gesprächen verlassen. Ohnehin versteht sich der Verein neben seinem politischen Engagement auch als Initiative, um die Bedeutung der Vaterrolle stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken. Daniel Schwarz ist Gründungsmitglied und Moderator der Selbsthilfegruppe für getrennte Eltern, VAfK Köln, Ortsgruppe Aachen. Er verdeutlicht: „Unser Rat lautet generell: Redet miteinander. Eine bewusst gewählte oder gar von Anwälten angeratene Verweigerung der Kommunikation versuchen wir zu durchbrechen. Bei der Einbeziehung des gerichtlichen Wegs werden eine ganze Reihe von Fässern aufgemacht, was unserer Auffassung nach nicht zum Vorteil des Kindes geschieht. Vielmehr erlebt dieses sämtliche Auseinandersetzungen und Streitigkeiten hautnah mit. Da sind die Eltern nur Beifahrer – das Kind trifft das Leid.“ Und genau darin liegt die große Gefahr: Geraten die Kleinen in einen Loyalitätskonflikt zwischen Mutter und Vater, kann dies zur Ablehnung eines Elternteils bis hin zur gänzlichen Entfremdung führen. Weitere Folgen sind mitunter psychische Störungen sowie ein Verlust der eigenen Identität, was weitreichende Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter mit sich bringen kann.

Verfahrensdauern von einem Jahr und mehr Mit Blick auf Verfahren im Sorge- und Umgangsrecht, die zu 80 Prozent der Fälle durch den Vater eingeleitet werden, sind indes alarmierende Zahlen zu vernehmen. So findet laut einer von der VAfK-Bundesgeschäftsstelle initiierten Umfrage unter Betroffenen der erste Termin, der nach dem Gesetz innerhalb eines Monats stattfinden soll, durchschnittlich erst nach rund einem halben Jahr (178 Tage) statt. Verfahrensdauern von einem Jahr und mehr sind sowohl an Amts- als auch an Oberlandesgerichten die Regel, zwei und mehr Jahre (je Instanz) nicht ungewöhnlich (maximal 14 Jahre).

„Das Verfahren hat aus meiner Sicht mit 15 Monaten viel zu lange gedauert, was zu einer psychischen Mehrbelastung auf allen Seiten geführt und in der Konsequenz den Kontakt des Kindes zu mir erschwert hat. Zwischenzeitlich lag ein zweiter Antrag zweieinhalb Monate unbearbeitet in der Geschäftsstelle, was die Richterin mit Personalengpässen begründete.“ (Kommentar eines Vaters aus der Umfrage) Der Titel der Auswertung „Bis das Kind zerrieben ist“ fasst diese Missstände eindringlich zusammen. Daniel Schwarz führt die Problematik weiter aus: „Eine Richterin oder ein Richter hat nun mal in der Regel zuvor keine sozialpädagogische Ausbildung genossen, sodass entsprechende Gutachter hinzugezogen werden.“ Bis ein Gutachten allerdings fertiggestellt ist, können wiederum einige weitere Monate oder auch Jahre ins Land ziehen. Der Verein Väteraufbruch für Kinder benennt hier gleich mehrere mögliche Spannungsfelder: Eltern versuchen, Gutachter auf ihre Seite zu ziehen, und die Beratungsstellen sind häufig überlastet – das Wohl des Kindes gerät aus dem Fokus. „Ich sehe meinen Sohn alle zwei Wochen für vier Stunden. Keine Ferien, keine Feiertage, keine Familienfeste. Wenn ich dem nicht zustimme, würde ich ihn gar nicht mehr treffen. Insgesamt war das gesamte Verfahren sehr von oben herab. Das Gutachten fiel einigermaßen gut aus, wurde von der Richterin aber durch eine kurzfristige Befragung meines Sohnes vom Tisch gewischt. Auch die Verfahrensbeiständin sagte ganz offen: ,Auch ein manipulierter Kindeswille ist ein Wille ...“ (Kommentar eines Vaters aus der Umfrage) Die Sensibilisierung für das Kindeswohl liegt Heike Gerhards ganz besonders am Herzen: „Im Grundgesetz ist das Recht des Kindes auf Vater und Mutter verankert, ein Anspruch also, beide Elternteile zu kennen und auch von ihnen erzogen zu werden. Als unverheirateter Vater ist es heutzutage aber beispielsweise immer noch so, dass man erst ein Recht auf das Kind erhält, wenn die Mutter dieses überträgt. Reformen des Familienrechts sind daher schon lange überfällig.“ Bis dahin, so scheint es, sind noch einige Hürden zu nehmen. Umso wichtiger, dass hilfesuchende Eltern die Beratungs- und Unterstützungsangebote von Väteraufbruch in Anspruch nehmen können – damit dank einer kooperativen Elternschaft die größten Sorgen nicht von den Kleinsten getragen werden müssen. vaeteraufbruch.de Das Angebot zur Beratung und Selbsthilfe gilt gleichermaßen für Väter und Mütter. Auch Interessierte ohne Vereinsmitgliedschaft können Kontakt zum Verein aufnehmen. Aktuelle Termine des Kölner Kreisvereins Väteraufbruch für Kinder unter vafk-koeln.de/ aktivitaeten


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