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Schnelle Hilfe bei Herzinfarkt
Weit über 200.000 Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr einen akuten Herzinfarkt. Männer deutlich häufiger als Frauen. Die gute Nachricht: Durch eine enge Verzahnung von Rettungsdienst und Klinik, eine frühe Diagnostik und die minimalinvasive Herzkatheter-Therapie ist die Sterblichkeit massiv gesunken. (sto)
Es geschah ohne Vorwarnung, kam aus dem Nichts: „Ich fühltemich morgens unwohl, irgendwie anders als sonst“, erinnert sich Christian Bauer. Er hatte ein merkwürdiges Gefühl im linken Arm. Sein Kreislauf sackte kurz ab, „das habe ich so noch nicht erlebt.“
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Ihn beschlich die Ahnung, dass etwas nicht stimmt. Glück im Unglück, wenn man so will, denn der 46-jährige Nürnberger nahm diese Warnsignale ernst. Statt die Beschwerden abzutun, sagte der Professor alle seine Termine ab und ging zum Arzt. Kaum in der Praxis angekommen, brach ihm der kalte Schweiß aus. Dann brach Christian Bauer zusammen.
Diagnose: Herzinfarkt. Weit über 200.000 Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr einen akuten Infarkt. Zu den Risikofaktoren gehören Diabetes, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Rauchen, auch Stress. Zu einem sogenannten Myokardinfarkt kommt es, wenn ein Blutgerinnsel ein Herzkranzgefäß verstopft. Eine lebensbedrohliche Situation. „Je schneller der Infarkt behandelt wird, desto größer sind die Überlebenschancen“, sagt Prof. Dr. med. Matthias Pauschinger, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 8, Schwerpunkt Kardiologie, am Klinikum Nürnberg.
Jede Minute zählt also, doch von nervöser Hektik ist im Herzkatheter-Labor am Klinikum Nürnberg Süd nichts zu spüren. Ruhig und routiniert untersucht Prof. Pauschinger das Herz eines Patienten. Dafür schiebt der Chefarzt einen Katheter – einen hauchdünnen Schlauch – über einen Zugang über die Leiste, in anderen Fällen über den Arm, bis zum Herzen vor. Den Blick richtet er auf die Bildschirme, die vor ihm hängen. Denn das Herz wird während der Untersuchung kontinuierlich geröntgt. Kontrastmittel, das über den Katheter gespritzt wird, macht die Gefäße sichtbar und zeigt Engstellen. Damit das Gefäß offenbleibt, wird darin ein mit dem bloßen Auge kaum erkennbarer Mini-Ballon vorsichtig aufgeblasen. Am Ende platziert Prof. Pauschinger einen Stent, ein gerade einmal fingerkuppenlanges Drahtröhrchen, an der ehemaligen Engstelle. Der Stent weitet das Gefäß, damit das Blut wieder fließen kann.
Rund 4200 Untersuchungen führen die Ärzte im Herzkatheter- Labor im Schnitt pro Jahr durch; darunter sind ambulante Patienten, die zur Abklärung von Symptomen von niedergelassenen Ärzten überwiesen werden. Insgesamt werden am Klinikum Nürnberg jedes Jahr rund 2700 Herzinfarkte versorgt.
Der minimalinvasive Eingriff erfolgt in der Regel mit örtlicher Betäubung. Die Untersuchung selbst ist im Großen und Ganzen für den Patienten schmerzfrei. Stellt sich heraus, dass ein zusätzlicher Eingriff von Nöten ist, dass zum Beispiel eine künstliche Herzklappe implantiert werden muss, wird der Patient in den Hybrid-OP gebracht: eine Mischung aus Herzkatheter-Labor und herzchirurgischem OP. „Kardiologe, Herzchirurg und Gefäßchirurg arbeiten dort Hand in Hand“, erläutert der Leitende Oberarzt Dr. med. Jürgen Jessl. Auch hier wird der Patient dauergeröntgt. Die sogenannte Bildgebung unter Leitung von Dr. med. Johannes Schwab ist von großer Bedeutung.
Christian Bauer kam mit dem Rettungsdienst über die Notaufnahme ins Klinikum Nürnberg Süd. Das Letzte, woran er sich erinnert, ist ein massives „Vernichtungsgefühl“. Erst auf der Intensivstation kam der 46-Jährige wieder zu sich. Er weiß, dass er Riesenglück hatte, „weil die Rettungskette bei mir perfekt funktioniert hat“: Alle Rädchen griffen ohne Zeitverlust idealtypisch ineinander. „Ich bin den Ersthelfern und Einsatzkräften sowie dem ganzen Team des Klinikums sehr, sehr dankbar“, sagt der zweifache Familienvater, „dankbar, dass ich einen zweiten Geburtstag feiern darf.“
Gut zu wissen: Was ist ein Herzinfarkt?
Bei einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab. Ursache ist der akute Verschluss eines Herzkranzgefäßes. Drei solcher Gefäße versorgen die Vorder-, Seiten- und Hinterwand des Herzmuskels mit Blut. Wenn der Blutfluss nicht schnell wiederhergestellt werden kann, sterben die Herzmuskelzellen nach zwei bis vier Stunden ab.
Wie entsteht ein Herzinfarkt?
Einem Herzinfarkt liegt meist eine koronare Herzkrankheit - also eine Arteriosklerose der Herzkranzgefäße zugrunde. Der Herzinfarkt kann typische Symptome wie starke Schmerzen hinter dem Brustbein, Engegefühl in der Brust, Atemnot und Übelkeit hervorrufen - aber auch schmerzfrei verlaufen. Je schneller ein Patient versorgt wird, desto mehr Herzmuskel kann gerettet werden.
Ist ein Herzinfarkt vererbbar?
In vorbelasteten Familien ist die Gefährdung durch die koronare Herzkrankheit und den Herzinfarkt zu einem wesentlichen Teil vererbt. Hier ist die Kontrolle von Risikofaktoren besonders wichtig und wirksam.