30_Pandemie / Quarantäne.qxp_kloen 23.11.21 10:38 Seite 30
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PANDEMIE Mitleid mich nicht runterziehen würde. Zum Glück war das Wetter schön und ich konnte im Garten die Blätter zusammenharken. Tag zwei und drei blieb ich auch gesund und ich begann Gefallen an der Sondersituation zu finden. Ich konnte ja außerhalb meiner vier Wände nichts machen, musste folglich kein schlechtes Gewissen haben, dass ich das Haus nicht verließ. Zudem war Wochenende und im Fernsehen lief das übliche Familienprogramm. Für eine gewisse Zeit war das ganz nett. Aber irgendwann meldete sich mein schlechtes Gewissen. Schon als Kind habe ich gelernt, die Zeit nicht einfach totzuschlagen, sondern mich sinnvoll zu beschäftigen. Also steuerte ich jetzt meinen Fernsehkonsum sinnvoll mit der Mediathek. Die zu haben ist in solchen Zeiten eine wirkliche Hilfe. Manche Filme sah ich zum zweiten Mal, ein Luxus, den ich mir in „ normalen“ Zeiten nicht erlaubt hätte oder wenn, mit einem komischen Gefühl. Am vierten Tag der Quarantäne hatte ich auch keine Symptome. Langsam vertraute ich wieder meiner Impfung. Offenbar „Ge schien sie mich ja doch zu schützen. Der Impfdurchbruch bei meinem Sohn hatte mich etwas verunsichert. Aber auch ihm geht es jetzt von Tag zu Tag besser, von eiUnterhaltung nem schlimmen Verlauf der Krankheit wurde er verschont. Wenn man sich vom ersten Schrecken des positiven Testergebnisses erholt hat Während ich diesen Text schreibe, bin ich zu Hause in Quarantäne. Mein und nicht der betroffene Kranke ist, können ein paar Tage Quarantäne auch ganz Sohn, den ich gerade in Berlin besucht habe, ist am Tag meiner Abreise anregend und erholsam sein. Endlich hatte positiv auf Covid getestet worden. Er ist zweimal geimpft und als wir ich Zeit, Podcasts in Ruhe zu hören, ohne zusammen waren, sah alles nach einer heftigen Erkältung aus. mich gleichzeitig am Steuer auf den Verkehr konzentrieren zu müssen oder zu ber kaum war ich wieder in er gar nicht schmecken könne. „Schon als Kind habe bügeln. Einfach nur München, erreichte mich die Aber ich erwartete ja keinen ich gelernt, die Zeit hören, wie schön war schlechte Nachricht, die von ei- Besuch und hatte Zeit, mich das. Für die täglichen ner Minute auf die andere mei- mit viel Herzblut und Hingabe nicht einfach totzuVerpflichtungen hatne Pläne für die nächsten Tage selbst vom Gegenteil zu überschlagen, sondern te ich ja viel Zeit und zeugen. zunichte machte. Jetzt war mich sinnvoll zu bekonnte sie später Der beste ich auf Lebensmittel-Lieferschäftigen.“ auch noch erledigen. Zeitpunkt für dienste angewiesen oder Als ich am fünften einen Versuch. mein anderer Sohn ging für Zu meiner Überraschung ist Tag aus dem Küchenfenster schaute, sah mich einkaufen. Termine er gelungen. Um nicht ver- ich die Nachbarin, die in ihrem Garten armit Handwerkern, die ich stärkt in mich hineinzuhö- beitete – ein Anblick, den ich oft hatte und schon vor Wochen ausgeren, ob vielleicht doch der der mich wenig berührte. Aber dieses Mal macht hatte, mussten verHals kratzt oder ich womög- wirkte er auf mich wie eine Befreiung. Das schoben werden, ebenso der lich husten muss, versuchte Leben draußen geht seinen gewohnten Besuch beim Zahnarzt. DaBarbara Herles, 63, besuchte ich mich abzulenken. Ich te- Gang und in Kürze bin ich auch wieder damit konnte ich noch am bes- die Deutsche Journalistenschule und studierte an der Ludwiglefonierte, meldete mich bei bei. Da kam ein wenig Dankbarkeit auf und ten umgehen. in Münalten Freunden, die ich ich fühlte mich wie nach einer langen WanDen ersten Quarantäne- Maximilians-Universität chen. Mehr als 20 Jahre lang schon lange nicht mehr ge- derung am Gipfel des Berges angekommen. tag versuchte ich das Beste organisierte sie für eine überresprochen hatte, aber nur aus der Situation zu ma- gionale Tageszeitung nationale und internationale Veranstaltundann, wenn ich sicher sein chen. Ich habe einen Voll- gen. Seit Anfang 2020 arbeitet konnte, dass ihr üblicherweikornkuchen gebacken, von sie freiberuflich. Barbara Herles se besonders ausgeprägtes dem ich überzeugt war, dass
Quarantäne! Was nun?!
Klönschnack 12 · 2021
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