Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG
Nr. 1 2015
TOP-THEMA
kussion: Podiumsdis
Unsere he medizinisc g Versorgun
DIABETES
Wie hoch sollen Cholesterinwerte sein? Wasser und Gesundheit Gesundheitsinforma onen im Internet 4. Jahrgang
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AOK – Die Gesundheitskasse Neckar-Fils · aok-bw.de/nef
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Vor Ort und persönlich. Von früh bis spät: Wir sind für Sie da, gehen die Dinge an, engagieren uns, nehmen uns Zeit, kümmern uns, hören zu, geben Rat und helfen. Wir sind ganz nah – für Sie und Ihre Gesundheit.
editorial Liebe Leserin, lieber Leser, unser „Kompass Gesundheit“ will Sie über medizinische Zusammenhänge informieren und zu einem gesünderen Lebensstil ermutigen. Eine ganze Reihe von Krankheiten könnten wir auf diese Weise verhindern, nämlich die sogenannten Volkskrankheiten: Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Fettstoffwechselstörungen, Atemwegserkrankungen und vor allem Diabetes. Gerade gegen Typ-2Diabetes – früher als „Alterszucker“ verharmlost – müssen wir etwas tun. Mit Grauen denkt man daran, dass heute bereits Kinder und Jugendliche durch ihr übermäßiges Körpergewicht frühzeitig zu Diabeteskandidaten werden. Nicht umsonst haben wir als Schwerpunktthema für dieses Heft Diabetes gewählt. Gesundheitspolitik scheint nicht viele Bürger zu interessieren. Das ist schade, denn in der Politik werden die Weichen für unsere medizinische Versorgung gestellt; die Folgen müssen die Patienten später ausbaden. Die Krankenkassen sind zum Sparen verdammt, damit sie keine Zusatzbeiträge erheben müssen; denn die könnten ihre Versicherten in die Arme anderer Kassen treiben, die scheinbar billiger sind, diesen Vorteil jedoch dann wieder bei ihren Leistungen einsparen. Lesen Sie dazu den Bericht über unsere Podiumsdiskussion in Esslingen, ob wir künftig auf unsere medizinische Versorgung zählen können oder nur noch dafür zahlen müssen.
Werner Waldmann ist Medizinjournalist und leitet die Redaktion von „Kompass Gesundheit“.
Der Stuttgarter Internist Dr. Suso Lederle, der seit über zwei Jahrzehnten Patientenveranstaltungen macht, hat sich bereit erklärt, für den „Kompass Gesundheit“ als Botschafter zu wirken. Dr. Lederle fühlt sich dem „altmodischen“ ärztlichen Verständnis verpflichtet, den Patienten einfach nicht nur als Fall zu sehen, sondern als Menschen zu respektieren. Dazu passt auch der Beitrag von Dr. Britta Lang vom Deutschen Cochrane Zentrum in Freiburg, die Ihnen erklärt, wie man sich seriöse medizinische Informationen beschafft. Weitere interessante Themen: Cholesterin und innovative Medikamente und schließlich ein Bericht darüber, warum es sich lohnt, viel und gutes Mineralwasser zu trinken. Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Thema Prävention. Die Politik setzt darauf, Ungesundes zu verbieten. Süßes und fettes Zeug macht krank. Eine Zucker- und Fettsteuer soll den Überkonsum ungesunder Lebensmittel eindämmen. Eine tolle Lösung? Statt einen gesünderen Lebensstil durch Verbote zu erzwingen, sollte die Politik lieber darüber nachdenken, das Denken und die Lebensumstände der Menschen zu verändern: zum Beispiel, eine Abneigung vor Schokoriegeln & Co. bereits in Kindergarten und Schule zu wecken. In der Pause gibt es statt Milchschnitten halt Äpfel und Bananen. Solche Maßnahmen kosten sicherlich mehr Mühe und Kreativität, als einfach neue Steuern zu erheben, dürften dafür aber um einiges sinnvoller und nachhaltiger sein. Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre Ihr
Werner Waldmann
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Entspannung zum Tagesende
Schlafstörungen? Da sind Sie nicht alleine!
Für mehr Gelassenheit im Alltag und einen erholsamen Schlaf in der Nacht
Rund 25 % der Bundesbürger klagen darüber
Der Schlafexperte Dr. phil. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster, lehrt Sie zu entspannen. Damit Sie Ihren Alltag wieder besser und gelassener meistern können und nachts den notwendigen erholsamen Schlaf finden.
Der Medizinjournalist Werner Waldmann spricht mit dem Schlafexperten Dr. phil. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster, über Ein- und Durchschlafstörungen, wie man sie erkennt und behandelt. Die Sprechstunde
Insomnie
Denn Schlaf ist keine Zeitvergeudung!
Ein- und Durchschlafstörungen
Dr. Hans-Günter Weeß
Körperliche und seelische Entspannung für den erholsamen Schlaf
Entspannen Sie mit Ihrer Vorstellungskraft!
Werner Waldmann im Gespräch mit Dr. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß
das schlafmagazin
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Impressum Kompass Gesundheit – Das Magazin für Baden-Württemberg Herausgeber: Dr. Magda Antonic Redaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.) Botschafter: Prof. Dr. med. Matthias Leschke, Dr. med. Suso Lederle Redaktions-Beirat: Prof. Dr. med. Aulitzky, Dipl. oec. troph. Andrea Barth, Dr. med. Wolfgang Bosch, Dr. med. Ernst Bühler, Dr. med. Hans-Joachim Dietrich, Dr. med. Rainer Graneis, Dr. med. Rudolf Handschuh, Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Thomas Heidenreich, Dieter Kress, Christof Mühlschlegel, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Dr. med. Nobert Smetak, Isolde Stadtelberger, Dr. med. Bernd Voggenreiter, Dr. med. Sieglind Zehnle Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat: Dr. med. Alexander Baisch, Dr. med. Carl-Ludwig v. Ballestrem, Prof. Dr. med. Gerd Becker, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger, Prof. Dr. med. Rainer Dierkesmann, Dipl.-Psych. Sabine Eller, Prof. Dr. med. Florian Gekeler, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Christian Hayd, Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Monika Kellerer, Prof. Dr. med. Alfred Königsrainer, Dr. med. Klaus Kraft, Prof. Dr. med. Ulrich Liener,
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trauen, dass Autoren, Redaktion und Verlag größte Mühe darauf verwandt haben, dass diese Angaben genau dem Wissensstand bei Drucklegung der Zeitschrift entsprachen. Dennoch sollte jeder Benutzer die Beipackzettel der verwendeten Medikamente selbst prüfen, um in eigener Verantwortung festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Leser außerhalb der Bundesrepublik Deutschland müssen sich nach den Vorschriften der für sie zuständigen Behörden richten. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) müssen nicht besonders kenntlich gemacht sein. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung von MEDITEXT Dr. Antonic strafbar. Die Redaktion behält sich die Bearbeitung von Beiträgen vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Abbildungen wird keine Haftung übernommen. Mit Namen gezeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Esslingen. Ein Einzelheft ist zum Preis von 1,60 Euro (zzgl. Versandkosten) beim Verlag erhältlich. Copyright © 2015 by MEDITEXT Dr. Antonic, 73760 Ostfildern ISSN 2194-5438
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inhalt • Diabetes: So können Sie vorbeugen!
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• Diabetes und Schlafapnoe:
Zwei Volkskrankheiten auf dem Vormarsch
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• Den Blutzucker in den Griff bekommen:
Neue Behandlungsverfahren bei Typ-2-Diabetes
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• Diabetisches Fußsyndrom:
Die kleinste Verletzung kann zum Problem werden • Wie finde ich verlässliche Gesundheitsinformationen im Internet?
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• Unsere medizinische Versorgung:
Können wir auf sie zählen – oder nur noch dafür zahlen?
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• Gegeneinander oder Miteinander?
Ein Gespräch mit Dr. Thomas Lang vom Pharmaunternehmen MSD
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• Klinikgeschäftsführer:
Im Gespräch mit Markus Mord vom Marienhospital Stuttgart • Kurze Meldungen
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• Cholesterin:
Ab wann ist es zu hoch, und wie kann man die Werte senken?
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• Gesundheit beginnt im Kopf:
Ein Arzt setzt sich für Prävention ein
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• Viele Menschen trinken zu wenig!
Das richtige Wasser für Ihre Gesundheit
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Rubriken Impressum 4 | Aboformular 43 | Termine 43
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Diabetes: So können Sie vorbeugen! Diabetes ist mittlerweile schon zu einer echten Volkskrankheit geworden: Wenn wir nicht bald etwas an unserer ungesunden Lebensweise ändern, rollt in den nächsten 10 bis 20 Jahren eine Diabetes-Epidemie katastrophalen Ausmaßes auf uns zu. Hier erfahren Sie, wie Sie sich vor dieser Stoffwechselstörung schützen können.
Marion Zerbst
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s gibt zwei Hauptformen des Diabetes mellitus. Der Typ-1-Diabetes tritt meist schon in jungen Jahren (vor dem 40. Lebensjahr) auf und ist relativ selten: Nur rund 5 % aller Diabetiker sind davon betroffen. Bei dieser erblich bedingten DiabetesForm bildet der Organismus Antikörper gegen die Betazellen der Bauchspeicheldrüse und zerstört diese, sodass sie kein Insulin mehr produzieren können. Dieses Hormon ist für die Regulation des Blutzuckerspiegels aber leider lebenswichtig: Unter dem Einfluss des Insulins wird nach Aufnahme kohlenhydratreicher Nahrung Zucker in die Leberund Muskelzellen aufgenommen und in Form von Glykogen gespeichert. Außerdem wird der Zucker in diesen Zellen abgebaut und in Energie umgewandelt. Sonst würde unser Blutzuckerspiegel nach jeder Mahlzeit unkontrolliert in die Höhe schießen. Der Typ-2-Diabetes (früher auch Altersdiabetes genannt) beginnt meist erst nach dem 40. Lebensjahr und ist sehr häufig: Mindestens 80 % aller Diabetiker leiden an diesem Diabetes-Typ. Ursache dafür ist eine schlechte Insulinwirkung; das heißt, die Betazellen der Bauchspeicheldrüse können zwar noch Insulin bilden, aber die Zellen des Körpers reagieren nicht mehr so empfindlich auf dieses Hormon, sodass der Zucker nicht mehr in ausreichendem Maß aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann: Der Blutzuckerspiegel steigt. Folglich braucht der Körper mit der Zeit immer mehr Insulin, um eine ausreichende Senkung des Blutzuckers zu erreichen. Diese Insulinresistenz führt zusammen mit einer gestörten Funktion der Bauchspeicheldrüse mit der Zeit zur Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2.
Gewichtsabnahme: Jedes Kilo zählt! Eine wichtige Ursache der Insulinresistenz ist Übergewicht. Schädlich ist vor allem das Fett im Bauchraum. Diese Fettzellen haben nämlich einen anderen Stoffwechsel als die Fettzellen unter der Haut: Sie produzieren Hormone und andere Botenstoffe, die sich negativ auf Fettstoffwechsel, Blutdruck und Blutgerinnung auswirken. Außerdem sondern sie Substanzen ab, die Entzündungsprozesse in den Blutgefäßen und die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigen. Dem Typ-2-Diabetes kann man am besten durch eine Umstellung der Lebensweise entgegenwirken
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– vor allem durch gesunde, fettarme Ernährung und regelmäßige Bewegung. Und bei Übergewicht ist Abnehmen natürlich oberstes Gebot. Grundsätzlich ist eine langsame, kontinuierliche Gewichtsabnahme anzustreben, damit man das erreichte Gewicht auch langfristig halten kann und nicht dem berüchtigten Jo-Jo-Effekt zum Opfer fällt. Blitzdiäten oder einseitige Diäten, bei denen man fast nur Fleisch oder Reis oder Kartoffeln essen darf, bringen überhaupt nichts, weil man hinterher normalerweise sofort wieder zunimmt; und Nulldiäten können sogar gefährlich sein. Also gehen Sie die Sache langsam an: Ein Kilo pro Monat ist schon eine tolle Leistung!
Holen Sie sich Hilfe! Vor allem bei starkem Übergewicht schaffen viele Menschen es nicht alleine, abzunehmen. Kein Problem: Es gibt viele Ärzte, die sich mit dem Thema Gewichtsreduktion auskennen und ihre Patienten dabei unterstützen können. Sie können sich auch an eine Ernährungsberaterin wenden. Diese wird Sie zunächst einmal auffordern, ein Tagebuch zu führen, in dem Sie genau vermerken, was Sie an welchem Tag um welche Uhrzeit gegessen haben. Anhand dieses Protokolls über Ihre Essgewohnheiten erkennt die Ernährungsberaterin normalerweise schon den einen oder anderen Ernährungsfehler und kann gemeinsam mit Ihnen einen sinnvolleren, gesünderen Essensplan aufstellen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die in regelmäßigen Abständen ein Ernährungsprotokoll schreiben, in ihrem Gewichtsmanagement wesentlich erfolgreicher sind.
Im Zweifelsfall lieber den Arzt fragen Wer bisher total untrainiert war und jetzt neu mit einer Sportart beginnen möchte, sollte sich vorher zur Sicherheit einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Das gilt vor allem für ältere Menschen und Patienten, die bereits an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rücken- oder Gelenkproblemen leiden: Ihr Arzt, Kardiologe oder Orthopäde kann ihnen sagen, welche Sportarten für sie geeignet sind und welche nicht. Für Menschen mit bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. wenn sie unter Angina pectoris leiden oder schon einmal einen Herzinfarkt durchgemacht haben) ist es wichtig, dass der Arzt ihre Trainingsherzfrequenz ermittelt und sie über mögliche Warnsignale ihres Herzens aufklärt.
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Abb. links: Fett sammelt sich sowohl unter der Haut als auch im Bauchraum an. Das Fettgewebe unter der Haut sieht zwar unschön aus, ist aber relativ harmlos. Das Fett im Bauch dagegen stellt einen hohen Risikofaktor für die Entstehung von Herz-KreislaufErkrankungen und Diabetes dar.
Abb. oben: CT-Aufnahme des Bauchraumes bei einem 58-jährigen gesunden Mann (links) und einem 65-Jährigen mit Übergewicht und Diabetes (rechts).
Ein paar Ernährungstipps für den Alltag Wer sich bewusst ernährt, wird bald feststellen, dass Abnehmen kein Hexenwerk ist. Die meisten Menschen ernähren sich zu süß und zu fett. Wer auf diese Fett- und Zuckerfallen schon beim Einkaufen achtet, kann eine Menge Kalorien einsparen, ohne deshalb hungern oder auf Genuss verzichten zu müssen: • Erstellen Sie vorher eine Einkaufsliste und halten Sie sich dann auch konsequent daran. Gehen Sie niemals hungrig einkaufen! • Verzichten Sie möglichst auf Süßigkeiten, Kuchen und Torten, fett- und zuckerreiche Desserts. Ein Stück Obst ist eine viel gesündere und außerdem auch noch leckere Alternative. Falls Sie rohe Früchte nicht so gern mögen, können Sie daraus ein kalorienarmes Kompott kochen, indem Sie zum Süßen statt Zucker Süßstoff verwenden. Mit But-
Metabolisches Syndrom: ein Symptomkomplex aus Bluthochdruck, Fettleibigkeit (Adipositas), zu hohen Blutfettwerten und einem gestörten Zuckerstoffwechsel bis hin zum Diabetes. Ursachen des metabolischen Syndroms, das mit einem deutlich höheren Risiko für HerzKreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall) einhergeht, sind: zu hohe Kalorienzufuhr, mangelnde körperliche Aktivität und erbliche Faktoren. Auch Schlafapnoe ist ein wichtiger Faktor: Zirka 60 % aller Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) haben gleichzeitig auch ein metabolisches Syndrom; bei Patienten mit OSAS kommt das metabolische Syndrom ungefähr dreimal häufiger vor als bei Menschen ohne diese schlafbezogene Atemstörung.
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termilch oder Kefir vermischt, wird aus dem Kompott eine leckere Kaltschale. • Lassen Sie stark zuckerhaltige Getränke wie Coca Cola oder andere Limonaden im Regal stehen! Wasser – mit etwas Zitronensaft aromatisiert, im Sommer kalt und im Winter heiß getrunken – oder ungesüßte Früchte- und Kräutertees sind eine schmackhafte, kalorienarme Alternative. Und denken Sie daran, dass auch alkoholische Getränke sehr viele Kalorien enthalten… • Achten Sie auf fettarme Produkte! Wählen Sie bei Fleisch- und Wurstwaren magere Sorten (z. B. Geflügel ohne Haut; bei Schinken den Fettrand wegschneiden) und bei Milchprodukten die fettreduzierte Variante. Auch Sauermilchprodukte wie Buttermilch oder Kefir sind kalorienarm, gesund und schmackhaft. Fertige Fruchtjoghurts enthalten oft viel Zucker; besser ist es, sich sein Frühstücksmüsli durch Zusatz frischer Früchte selbst herzustellen und vielleicht auch noch ein paar Nüsse hineinzugeben. • Essen Sie reichlich Obst, Gemüse, Salate und Vollkornprodukte! Solche Nahrungsmittel haben einen hohen Anteil an Ballaststoffen, die im Magen aufquellen und lange sättigen. • Bereiten Sie Ihre Speisen fettarm zu, indem Sie zum Garen z. B. eine beschichtete Pfanne, einen Dampfkochtopf oder Wok verwenden. Sie können Fleisch, Kartoffeln und Gemüse auch in Alufolie im Backofen oder Grill garen, um Fett einzusparen. Panierte und frittierte Speisen sind sehr fettreich und schlagen auf der Waage garantiert zu Buche!
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• Wählen Sie möglichst naturbelassene Nahrungsmittel und bereiten Sie sich Ihre Speisen daraus selbst zu. Fertiggerichte, Snacks und Knabbereien wie Chips, Salzgebäck oder Müsliriegel, fertige Müslimischungen, Fertigsaucen und -dressings enthalten meistens zu viel Zucker und/oder Fett. • Essen Sie langsam und bewusst (also nicht einfach nur so nebenbei) und kauen Sie jeden Bissen gründlich. Das Sättigungsgefühl stellt sich nämlich erst nach ungefähr 20 Minuten ein – egal, wie viel Sie in dieser Zeit essen!
Bewegung – so kommen Sie auf den Geschmack Wenn Sie bisher körperlich inaktiv waren, sollten Sie Ihren Aktivitätsgrad langsam und allmählich steigern – am besten, indem Sie zunächst mehr Bewegung in Ihr Alltagsleben einbauen: • Lassen Sie das Auto in der Garage stehen und gehen Sie zur Abwechslung einmal zu Fuß zur Arbeit oder zum Einkaufen oder fahren Sie mit dem Rad. • Benutzen Sie statt des Fahrstuhls die Treppe. • Machen Sie in der Mittagspause einen kleinen Spaziergang. • Nutzen Sie Wartezeiten (z. B. am Kopierer oder an der Kaffeemaschine), indem Sie auf und ab gehen oder Gymnastikübungen machen. Auch beim Telefonieren können Sie im Zimmer herumlaufen. • Wählen Sie Ihren Parkplatz weiter vom Zielort entfernt oder steigen Sie eine Station vorher aus der Straßenbahn aus und gehen Sie den Rest zu Fuß. Wenn Sie mit solchen Aktivitäten auf insgesamt 30 Minuten Bewegung pro Tag kommen, haben Sie es richtig gemacht!
planen Sie am besten feste Termine dafür ein und betreiben Sie Ihren Sport wenn möglich zusammen mit anderen Leuten! So überwindet man den „inneren Schweinehund“ leichter.
Sport mit Spaßfaktor Bewegungsmuffeln sei gesagt: Körperliche Aktivität muss nicht unbedingt gleichbedeutend mit Sport sein. Es gibt auch andere Möglichkeiten: • Schwimmen Sie gern – aber nicht im überfüllten Freibad oder Hallenbad? Dann informieren Sie sich doch einmal, ob es in Ihrer Nähe einen Bagger- oder Badesee gibt, zu dem Sie am Wochenende fahren können. • Haben Sie früher gern getanzt? Dann nehmen Sie dieses Hobby doch wieder auf! Es gibt unzählige Angebote: vom „klassischen“ Tanzkurs über Jazz- und Bauchtanz bis hin zum Disco-Besuch. • Mögen Sie Pflanzen? Dann fangen Sie an zu gärtnern! Wer keinen eigenen Garten besitzt, kann sich (eventuell zusammen mit Bekannten) ein Gartengrundstück mieten. • Haben Sie einen Hund oder die Möglichkeit, sich ab und zu einen von Ihrem Nachbarn „auszuleihen“? Außer Spazierengehen gibt es noch viele andere kalorienverbrennende Aktivitäten, die man mit Hunden praktizieren kann und die richtig Spaß machen. Anregungen zum „Dogging“ können Sie sich im Internet, aus Büchern oder Zeitschriften holen. (Übrigens: Viele Tierheime freuen sich über „Gassigeher“, die ihre Hunde ab und zu ausführen.) • Falls auch Ihre Kinder Bewegungsmuffel sein sollten, versuchen Sie sie langsam und spielerisch an das Thema Bewegung heranzuführen – durch Aktivitäten im Familienkreis, für die man nicht besonders sportlich zu sein braucht, z. B. Tischtennis oder Federball.
Diese Ausdauersportarten halten Herz und Kreislauf gesund • Ergometertraining auf dem Heimfahrrad oder Laufband • Joggen • Nordic Walking • Radfahren • Schwimmen • Skilanglauf • Spazierengehen (in zügigem Tempo) • Wandern • Wassergymnastik
Der richtige Sport Außerdem sollten Sie sich überlegen, welche sportliche Aktivität Ihnen Spaß machen könnte. Ausdauersport (also ein Training mit mäßiger, aber dafür längere Zeit andauernder Belastung) wirkt sich besonders günstig auf Herz, Kreislauf und Blutzuckerspiegel aus. Belasten Sie sich dabei so, dass Puls, Herzschlag und Atem sich beschleunigen, Sie aber immer noch in der Lage sind, längere Sätze zu sprechen. Die meisten Menschen halten ihr Training leichter durch, wenn sie es regelmäßig praktizieren. Also
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Diabetes und Schlafapnoe
Zwei Volkskrankheiten auf dem Vormarsch Viele Typ-2-Diabetiker leiden gleichzeitig auch an Schlafapnoe. Bestehen Zusammenhänge zwischen diesen beiden Krankheiten? Oder liegt es einfach daran, dass Übergewicht – ein Risikofaktor für Typ-2-Diabetes – gleichzeitig auch die Entstehung einer Schlafapnoe begünstigt? Wir unterhielten uns mit der Diabetologin Prof. Dr. med. Monika Kellerer.
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Stimmt es, dass Diabetes immer häufiger wird? Prof. Kellerer: Ja, die Häufigkeit von Diabetes nimmt enorm zu. Zurzeit gibt es weltweit über 300 Millionen Diabetiker. Laut Vorhersage der Weltdiabetesorganisation wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2030 in Richtung 500 Millionen bewegen. Auch für Deutschland geht man in den nächsten zwei Jahrzehnten von einer Zunahme der Diabeteshäufigkeit um 25% aus.
schen Schlafapnoe-Syndrom und Diabetes vorstellen. Es gibt aber auch eine Querverbindung zwischen Schlafmangel und Diabetes. Von Menschen mit Depressionen weiß man ja, dass diese ein mindestens doppelt so hohes Risiko haben, an Diabetes zu erkranken; und Depressive schlafen in der Regel auch schlecht. Ich würde sagen: Schlafapnoe und Schlafmangel können bei Menschen, die Erbanlagen für Diabetes haben, durchaus dazu führen, dass ein Diabetes frühzeitiger ausbricht oder ein bereits bestehender Diabetes sich verschlechtert. Aber bei jemandem, der gar keine Diabetes-Gene hat, wird Schlafmangel, ein Schlafapnoe-Syndrom oder eine Depression allein sicherlich nicht zu einem Diabetes führen. Diese Risikofaktoren müssen auf einen fruchtbaren Boden treffen; und dieser fruchtbare Boden sind die Erbanlagen.
Liegt das daran, dass die Menschen immer dicker werden? Prof. Kellerer: Es spielt definitiv eine Rolle, dass es in der nachkommenden Generation sehr viele übergewichtige Kinder und Jugendliche gibt, was früher nicht so war. Wenn man schon in der Kindheit und Jugend starkes Übergewicht mit sich herumschleppt, ist das ein sehr unheilvoller Start ins Leben. Außerdem spielen Fertigprodukte bei der Ernährung heutzutage eine große Rolle; und die sind Weiß man denn schon, halt meistens relativ ungewelche Gene einen DiabeBeim Typ-2-Diabetes werden die Zellen mit der Zeit immer unempfindlicher sund: Sie enthalten viel tes verursachen? und weniger aufnahmebereit für das Fett, viel Zucker, viele KohProf. Kellerer: Nur teilvon der Bauchspeicheldrüse gebildete lenhydrate und sind ziemweise. Diabetes – insbeInsulin, sodass der Zucker nicht mehr lich ballaststoffarm. Dessondere Typ-2-Diabetes – in ausreichendem Maß aus dem Blut in halb gibt es ja auch Kamist eine multigenetische Erdie Zellen aufgenommen werden kann: pagnen vonseiten der Deutkrankung; das heißt, es Der Blutzuckerspiegel steigt. Diese zuschen Diabetes Gesellsind viele verschiedene nehmende Unempfindlichkeit gegen schaft, in deren Rahmen Gene daran beteiligt. Man das körpereigene Insulin bezeichnet man versucht, Kinder und kennt inzwischen mindesman als Insulinresistenz. Jugendliche in Schulen und tens 30 Diabetes-Gene; Kindergärten über gesunde aber diese Erkenntnisse haErnährung aufzuklären. ben uns nicht so recht weitergebracht, weil es da ganz verschiedene Schlafapnoe und Typ-2-Diabetes treten überzuKombinationen gibt. Wir können heute also auffällig häufig zusammen auf. Gibt es da ursächligrund der Konstellation der Gene nicht mit Sicherche Zusammenhänge? heit vorhersagen, ob jemand einen Diabetes entwiProf. Kellerer: Auf diese Frage haben wir bisher ckeln wird oder nicht. Wir wissen zwar, dass diese noch keine endgültige Antwort; dieses Thema wird Gene alle irgendwie eine Rolle spielen; aber sie zurzeit intensiv erforscht. Aber Patienten mit unbesind keine Garantie dafür, dass jemand diese handelter Schlafapnoe wachen nachts ja öfter auf, Krankheit auch wirklich bekommen muss. Und es und ihr Körper schüttet aufgrund der nächtlichen wird gegen multigenetische Erkrankungen wie TypAtemstillstände und Weckreaktionen Stresshormo2-Diabetes, glaube ich, in absehbarer Zeit auch ne (beispielsweise Kortisol) aus. Und ein erhöhter keine Gentherapie geben, weil die GenkonstellaStresshormonspiegel führt wiederum zu einer vertion eben bei jedem Patienten anders ist; und dann mehrten Insulinresistenz oder – andersherum auskommen ja auch noch Umweltfaktoren hinzu, die gedrückt – zu einer geringeren Insulinempfindlichfür die Diabetesentstehung ebenfalls eine wichtige keit. So könnte man sich den Zusammenhang zwiRolle spielen.
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Kann eine CPAP-Therapie bei einem Schlafapnoiker, der Typ-2-Diabetes hat, die Blutzuckereinstellung verbessern oder den Diabetes ‘womöglich sogar heilen? Prof. Kellerer: Dazu gibt es beispielsweise eine große Studie, die vor nicht zu langer Zeit im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Diese Studie hat ergeben, dass eine CPAP-Beatmung nicht die Lösung für eine gute Blutzuckereinstellung ist; dadurch haben sich die Blutzuckerwerte in der Studie kaum verändert. Ein Diabetiker muss ab einem bestimmten Erkrankungsstadium Medikamente einnehmen oder eine Insulintherapie durchführen, um seinen Blutzucker zu senken; das wird man mit einer CPAP-Therapie allein nicht hinkriegen. Aber Diabetiker sterben ja oft an den Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlafanfall. Und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (etwa ein zu hoher Blutdruck) werden durch die CPAP-Beatmung positiv beeinflusst. Insofern ist eine adäquate Schlafapnoe-Therapie – gerade bei Diabetikern – schon sinnvoll.
Prof. Dr. med. Monika Kellerer Marienhospital Zentrum für Innere Medizin I Böheimstraße 37 70199 Stuttgart Tel.: 0711 6489-2102 www.marienhospital-stuttgart.de
Deutscher Diabetiker Bund LV Baden-Württemberg e. V. Karlstraße 49a 76133 Karlsruhe Tel: 0721 6807864-0 Fax: 0721 6807864-9 E-Mail: info@ddb-bw.de
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Förderkreis für Eltern Diabetischer Kinder und Jugendlicher e. V. c/o Ina Wiege Alex-Müller-Straße 100 67657 Kaiserslautern Tel.: 0631 62779818 E-Mail: kontakt@diakids-kl.de Internet: www.diakids-kl.de
Wäre es wegen des häufigen Zusammentreffens dieser beiden Erkrankungen denn nicht sinnvoll, Typ-2-Diabetiker grundsätzlich auf Schlafapnoe zu screenen? Prof. Kellerer: Nach dem Gießkannenprinzip alle Typ-2-Diabetiker zu screenen, halte ich nicht für sinnvoll. Und wir hätten ja auch gar nicht die Kapazität dazu: Es gibt nicht so viele Schlaflabore in Deutschland, dass wir unsere sieben Millionen Diabetiker da alle durchschleusen können. Man muss sich schon die Risikopatienten heraussuchen; und das sind halt diejenigen mit den klassischen Schlafapnoe-Beschwerden: unerholsamer Schlaf oder Tagesschläfrigkeit; der Partner bzw. die Partnerin berichtet über Atemaussetzer; der Patient ist übergewichtig, leidet an schlecht einstellbarem Bluthochdruck, usw. Und umgekehrt: Sollte ein Schlafapnoiker, der übergewichtig ist, sicherheitshalber nicht lieber überprüfen lassen, ob er auch an Typ-2-Diabetes leidet? Prof. Kellerer: Einen Patienten, der Beschwerden hat, die auf einen Diabetes hindeuten (z.B. starker Durst oder häufiges Wasserlassen), wird man natürlich immer auf Diabetes untersuchen, egal ob er Schlafapnoe hat oder nicht. Aber ab einem bestimmten Alter kann man ja beim Hausarzt einen Blutcheck machen, der von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird; und da ist der Nüchternblutzuckertest auch mit dabei. So eine Untersuchung ist bei Schlafpnoe-Patienten auf jeden Fall sinnvoll.
Arbeitsgemeinschaft Diabetologie Baden-Württemberg e. V. Geschäftsstelle Jacqueline Braun Okenstraße 290c 77652 Offenburg E-Mail: info@adbw.de Internet: www.adbw.de
Landesverband BadenWürttemberg SchnarchenSchlafapnoe e. V. (LVBW) Geschäftsstelle: Ulrich Obergfell Karpfenweg 20 78609 Tuningen Tel.: 07464-368986 Fax: 03222-1244044 E-Mail: obergfell@lvbwss.de Internet: www.lvbwss.de
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Innovation in der Krebs- und Tumortherapie
Das erste CyberKnife®-Zentrum in Baden-Württemberg
Mit dem CyberKnife® können vor allem Tumore im Gehirn, in Lunge, Leber, Niere, Nebenniere, Bauchspeicheldrüse, Wirbelsäule, Prostata sowie in Knochen behandelt werden. Die Flexibilität des Roboterarms ermöglicht es, Tumore in jeder Körperregion zu behandeln – auch als ergänzende Nachbehandlung eines Resttumors nach einer Operation. Eine Behandlung mit dem CyberKnife®-System besteht aus einer bis maximal fünf Therapiesitzungen von knapp einer Stunde Dauer. Das System bietet eine schmerzfreie, nicht invasive, ambulante Behandlung – ohne lange Genesungszeit.
RadioChirurgicum CyberKnife®-Südwest Eichertstr. 3 73035 Göppingen Ambulanz: 07161 64-2178 Sekretariat: 07161 64-2205 Fax: 07161 64-52205 info@radiochirurgicum.de www.radiochirurgicum.de
Prof. Dr. med. Gerd Becker
Prof. Dr. med. Martin Bleif
Den Blutzucker in den Griff bekommen:
Neue Behandlungsverfahren bei Typ-2-Diabetes Diabetes mellitus Typ 2 – früher verniedlichend als „Alterszucker“ bezeichnet – ist inzwischen zu einer echten Volkskrankheit geworden. Kein Wunder: Die Menschen werden immer übergewichtiger und bewegen sich kaum noch. Aber zum Glück gibt es mittlerweile gute Behandlungsmöglichkeiten für diese Stoffwechselerkrankung. Wir sprachen mit der Diabetologin Prof. Dr. med. Monika Kellerer.
Anne Greveling
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K
ommen Übergewicht, genetische Veranlagung und bestimmte Umweltfaktoren (beispielsweise Stress) zusammen, so erhöht sich das Risiko für einen Typ-2-Diabetes. Bei dieser Stoffwechselstörung reagieren die Körperzellen nicht mehr so empfindlich auf das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin, das für den Transport des Nahrungszuckers aus dem Blut in die Zellen zuständig ist. So kann der Zucker nicht mehr in ausreichendem Maß in die Zellen aufgenommen werden, und der Blutzuckerspiegel ist permanent zu hoch. Um das auszugleichen, schütten die Betazellen der Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin aus, bis sie so geschwächt sind, dass sie mit der Produktion „nicht mehr nachkommen“. Mit der Zeit erzeugen sie dann immer weniger von dem blutzuckersenkenden Hormon, bis die körpereigene Insulinquelle irgendwann fast völlig versiegt.
Erste Behandlungsmaßnahme: Abspecken Zunächst versucht man den Diabetes mit nichtmedikamentösen Behandlungsmaßnahmen in den Griff zu bekommen, wobei die Gewichtsreduktion eine besonders wichtige Rolle spielt. Diese lässt sich durch zwei verschiedene Methoden erreichen, die man am besten miteinander kombinieren sollte: regelmäßige Bewegung und vernünftige Ernährung. Körperliche Aktivität „verbrennt“ Kalorien und hilft so beim Abnehmen; aber sie wirkt sich auch unabhängig von der Gewichtsabnahme positiv auf die Blutzuckerwerte aus. „Ein Patient, der die entsprechenden Gene dafür hat, wird einen Diabetes allein durch Bewegung in der Regel nicht ‘heilen’, aber doch deutlich bessern können“, erklärt die Diabetologin Prof. Monika Kellerer.
Low Carb oder Low Fat? Ernährungsexperten diskutieren schon seit langem darüber, welche Gewichtsreduktionsdiät die bessere ist: „Low Fat“ (also eine fettarme, kohlenhydratreiche Ernährung) oder „Low Carb“ – eine Kost, bei der man wenig Kohlenhydrate und dafür ziemlich viel Eiweiß zu sich nimmt. Noch bis vor kurzem empfahlen Ernährungswissenschaftler zum Abnehmen eine fettreduzierte, kohlenhydratreiche Kost; doch immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen sich bei einer Low Carb-Ernährung mit dem Abnehmen leichter tun: Denn eine Kost mit hohem Eiweißgehalt sättigt
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nachhaltiger als viele Kohlenhydrate. Daher fällt es Abnehmwilligen mit Low Carb oft leichter, bei der Stange zu bleiben. Außerdem wirkt eine kohlenhydratarme Kost sich positiv auf die Blutzuckerwerte aus, die bei Diabetikern ja durch Kohlenhydrate in die Höhe getrieben werden. Patienten mit bereits fortgeschrittenem Diabetes können dann häufig die Dosis ihrer oralen Antidiabetika reduzieren oder müssen sich weniger Insulin spritzen. „Und jemand, der eine niedrigere Insulindosis braucht, tut sich wiederum leichter mit dem Abnehmen, weil Insulin gewichtssteigernd wirken kann. Auch das ist ein Grund, warum viele Diabetiker mit Low Carb gut zurechtkommen“, so die Erfahrung von Prof. Kellerer. Und gesundheitliche Bedenken braucht man dabei auch nicht zu haben: „Früher haben Ernährungswissenschaftler diese Kostform eher kritisch gesehen, denn bei Low Carb nimmt man ja nicht nur mehr Eiweiß, sondern zwangsläufig auch mehr Fett zu sich – und das könne für einen Menschen mit Diabetes, der ohnehin ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko hat, doch nie und nimmer gut sein, meinten die Diätexperten. Das hat man aber inzwischen untersucht und festgestellt, dass sich die Blutfettwerte bei Patienten, die ihr Gewicht mit Low Carb reduzieren, gar nicht erhöhen, sondern sogar ‘runtergehen.“ Auch für gesunde Nieren ist eine eiweißreichere Kost nicht schädlich. „Es gibt nur eine Gruppe von Diabetikern, die es mit dem Verzehr von Eiweiß nicht übertreiben sollten: Das sind Patienten, die bereits an einer Nierenschwäche leiden. Bei denen sollte die Eiweißzufuhr 0,8 Gramm pro Tag und Kilogramm Körpergewicht nicht übersteigen.“ Und natürlich hängt es auch stark vom persönlichen Geschmack eines Patienten ab, ob so eine Kostform für ihn geeignet ist: „Es gibt halt Leute, die sagen: `Jeden Tag Fisch oder Steak und Salat – das ist nichts für mich, ich bin kein Fleischesser.´ Solche Patienten werden eine Low-Carb-Gewichtsreduktionsdiät nicht lange durchhalten.“
Medikamente gegen Diabetes Lässt sich der erhöhte Blutzuckerspiegel durch Gewichtsreduktion, Bewegung und Ernährungsumstellung nicht in den Griff bekommen, so muss der Diabetes mit Medikamenten (zunächst meist mit sogenannten oralen Antidiabetika, die also ein-
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genommen werden müssen) behandelt werden. Normalerweise wird der Arzt in so einem Fall erst einmal Metformin verschreiben, sofern der Patient dieses Arzneimittel verträgt und seine Nierenfunktion noch gut genug dafür ist. Metformin erhöht die Insulinempfindlichkeit der Zellen, sodass sie wieder mehr Zucker (Glukose) aus dem Blut aufnehmen können. Vor allem aber reduziert Metformin die Glukosefreisetzung aus der Leber. Normalerweise ist Metformin gut verträglich, kann aber – vor allem zu Therapiebeginn – MagenDarm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall hervorrufen. Meist bessern sich diese Beschwerden nach ein paar Tagen oder Wochen. Ärzte empfehlen, das Medikament zu oder nach den Mahlzeiten einzunehmen, weil es den Verdauungstrakt dann weniger stark reizt.
Low Carb – wie geht das? Bei einer kohlenhydratarmen Ernährung nimmt man hauptsächlich eiweißreiche Nahrungsmittel wie Fisch, Fleisch und Milchprodukte zu sich. Auch Gemüse und Salat stehen oft auf dem Speisezettel. Kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Kartoffeln, Teigwaren und Getreideerzeugnisse sollten dagegen nur in Maßen verzehrt werden, ebenso Obst (wegen des Fruchtzuckers). Stark zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke sind zu meiden. Diese Kostform ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig: Vor allem bei den Beilagen heißt es umdenken, was für Liebhaber von Kartoffeln und Teigwaren schwierig ist. Und auch auf das Marmeladenbrötchen zum Frühstück oder das Wurstbrot zum Abendessen sollte man bei einer Low-CarbGewichtsreduktionsdiät möglichst verzichten. Besonders problematisch ist die kohlenhydratarme Ernährung für Vegetarier, die sich ihre tägliche Eiweißration ja nur durch Soja- und Milchprodukte, Eier und eiweißreiche Gemüse (z. B. Hülsenfrüchte) verschaffen können, was auf die Dauer doch etwas eintönig sein dürfte. Gut geeignet ist „Low Carb“ dagegen für Menschen, die gern Fleisch und Fisch essen: Sie wählen als Beilage statt Nudeln, Klößen oder Kartoffeln dann eben einen Salat oder eine Portion Gemüse.
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Wenn Metformin nach einiger Zeit nicht mehr ausreicht, um die Blutzuckerwerte zu senken, kann der Patient zusätzlich ein zweites Arzneimittel mit einem anderen Wirkmechanismus einnehmen. Hier bietet sich eines der neueren oralen Antidiabetika an, die – ebenso wie Metformin – gut verträglich sind und nur ein geringes Unterzuckerungsrisiko haben. Die DPP4-Hemmer Sitagliptin, Vildagliptin und Saxagliptin verstärken die Wirkung des blutzuckersenkenden Darmhormons GLP-1. SGLT2Hemmer (Dapaglifozin, Canagliflozin und Empagliflozin) führen zu einer verstärkten Ausscheidung von Blutzucker über die Nieren und eignen sich vor allem für übergewichtige Patienten, da durch den ausgeschiedenen Zucker ja auch das Gewicht reduziert wird. Die stärkste Gewichtsreduktion bei gleichzeitig guter Blutzuckersenkung lässt sich jedoch mit sogenannten Inkretinmimetika (z.B. Exenatid und Liraglutid) erzielen, die einen ähnlichen Wirkmechanismus haben wie die DPP4-Hemmer; allerdings kann man diese Arzneimittel nicht als Tablette einnehmen, sondern der Patient muss sie sich – ähnlich wie Insulin – selbst injizieren. Unter den zu injizierenden Inkretinmimetika tritt (insbesondere in der frühen Therapiephase) häufiger Übelkeit auf. Auch das Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündungen könnte leicht erhöht sein. Daher sollten Patienten, die mit Inkretinmimetika behandelt werden und bei denen starke Oberbauchschmerzen (das Hauptsymptom einer Bauchspeicheldrüsenentzündung) auftreten, sofort ihren Arzt verständigen. Und wenn das alles nicht mehr ausreicht? „Spätestens dann wird man definitiv Insulin einsetzen“, meint Prof. Kellerer. „Oft genügt dann aber eine relativ einfache Insulintherapie, bei der der Patient sich nur einmal am Tag spritzen muss. Normalerweise wird erst in einem sehr späten Typ-2Diabetesstadium eine intensivere, komplexere Therapie mit mehreren Injektionen pro Tag erforderlich.“
Adipositaschirurgie – ein Heilmittel gegen Diabetes? Manche Übergewichtige versuchen ihren überflüssigen Pfunden mit chirurgischen Eingriffen zu Leibe zu rücken. Es gibt verschiedene Operationsmethoden, mit denen man den Magen verkleinern und
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das Hungergefühl reduzieren kann: z.B. ein Magenband, das um den oberen Teil des Magens geschlungen wird, oder ein Magenbypass, bei dem der Operateur den Magen durch eine Naht in zwei Teile trennt. In beiden Fällen entsteht eine kleine Magentasche, die schon nach ein paar Essensbissen gefüllt ist, sodass man schnell satt wird. Außerdem sorgt die „Umleitung“ des Dünndarms beim Magenbypass dafür, dass ein Großteil der aufgenommenen Nährstoffe und Kalorien nicht verdaut, sondern mit dem Stuhl wieder ausgeschieden wird. Es gibt auch noch andere chirurgische Verfahren, die ein rasches Abnehmen ermöglichen. Empfohlen werden solche Operationen allerdings nur für stark übergewichtige Menschen, und zwar erst dann, wenn sie sich zuvor vergeblich bemüht haben, mit „normalen“ Methoden (Ernährungsumstellung, Bewegung etc.) abzunehmen. Eine Zeitlang machten diese operativen Verfahren große Furore, weil man feststellte, dass der Typ-2-Diabetes dadurch bei vielen Patienten im Handumdrehen „verschwand“. Allerdings war diese Begeisterung nicht von langer Dauer: Denn im Lauf der Jahre stellte sich heraus, dass die Stoffwechselstörung sich bei den meisten Patienten nur vorübergehend zurückgebildet hatte. Nach ein paar Jahren stiegen ihre Blutzuckerwerte trotz Gewichtsreduktion wieder an. Woran liegt das, und welchen Patienten könnte ein operativer Eingriff helfen, ihre Blutzuckerwerte dauerhaft im grünen Bereich zu halten? „Zirka 70% der Patienten verlieren ihren Diabetes nach so einem chirurgischen Eingriff zunächst, und zwar relativ schnell“, bestätigt Prof. Kellerer. „Doch Langzeitstudien, in denen diese Patienten über zehn Jahre nachverfolgt wurden, haben gezeigt, dass der Diabetes bei rund der Hälfte der Betroffenen wiederkehrt.“ Weiß man, warum die Adipositaschirurgie den Diabetes bei manchen Patienten dauerhaft verscheucht, bei anderen dagegen nicht? „Eine ganz klare Antwort gibt es auf diese Frage noch nicht. Ersten Erkenntnissen zufolge scheint das aber vom Diabetesstadium abzuhängen: Patienten, die noch eine gute Bauchspeicheldrüsenfunktion – also eine gute Insulinsekretion – haben, aber aufgrund ihrer Fettmasse sehr insulinresistent sind, profitieren hinsichtlich ihres Diabetes stärker und länger von einer Adipositaschirurgie als solche, bei denen die körpereigene Insulinproduktion schon sehr stark zurückgegangen ist.“ Es sollte sich also kein Patient zu so einer Operation allein deshalb entschließen, um auf diesem Weg seinen Diabetes loszuwerden. Denn viele dieser Eingriffe lassen sich nicht wieder rückgängig machen und verändern das Leben doch sehr stark; und außerdem gehen sie natürlich auch mit gewissen Risiken einher. Daher sollte man sich seine Entscheidung für so einen Eingriff genau überlegen und im Zweifelsfall lieber noch
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eine ärztliche Zweitmeinung einholen: „Eine so invasive chirurgische Therapie wird man einem Patienten nicht einfach nur empfehlen, um seinen Diabetes zu heilen, sondern nur dann dazu raten, wenn ihn sein Übergewicht auch in anderer Hinsicht stark beeinträchtigt – zum Beispiel, wenn seine Beweglichkeit oder seine Gelenke darunter leiden und vielleicht auch schon übergewichtsbedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegen oder drohen.“
Bemühen Sie sich um ein stressfreieres Leben! Neben Übergewicht und Bewegungsmangel ist, wie man inzwischen weiß, auch der in unserer heutigen hektischen Leistungsgesellschaft immer mehr zunehmende Stress ein nicht zu unterschätzender Diabetes-Risikofaktor. Die Auswertung einer neuen großen Studie hat gezeigt, dass schon allein Stress am Arbeitsplatz das Risiko, einen Typ2-Diabetes zu entwickeln, um etwa 45% erhöht. Das liegt daran, dass unser Körper bei ständigen psychischen Belastungen mehr von dem körpereigenen Stresshormon Kortisol ausschüttet, das den Blutzuckerspiegel in die Höhe treibt. Auch Depressionen können die Entstehung eines Diabetes begünstigen, da sie auf den Körper ähnlich wirken wie eine andauernde Stressbelastung. „Seelenhygiene“ ist also eine gute Vorbeugungsmaßnahme gegen Typ-2Diabetes – und für Menschen, die bereits an dieser Stoffwechselstörung erkrankt sind, doppelt wichtig. Denn nachweislich beeinträchtigen Depressionen die Therapietreue (also die Bereitschaft, die Diabetes-Medikamente regelmäßig einzunehmen bzw. zu injizieren und die notwendigen Lebensstiländerungen vorzunehmen), sodass depressive Menschen mit Diabetes oft eine schlechtere Blutzuckereinstellung haben. Diabetes-Patienten mit psychischen Problemen oder starkem Stress, den sie nicht allein in den Griff bekommen, sollten also unbedingt professionelle Hilfe bei einem Spezialisten suchen. Für stoffwechselgesunde Menschen, die hohen beruflichen Belastungen ausgesetzt sind, ist es – so Prof. Dr. Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz Zentrum in München, der die Studie durchgeführt hat – besonders wichtig, sich regelmäßig körperlich zu betätigen; das baut Stress ab und beugt gleichzeitig einem Diabetes vor. Außerdem sollten besonders stressbelastete Menschen ihre Blutwerte regelmäßig kontrollieren lassen, empfiehlt Prof. Ladwig. Quelle: Stress am Arbeitsplatz ist ein eigenständiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes. Interview mit Prof. Karl-Heinz Ladwig (Bundesministerium für Bildung und Forschung: Aktuelle Ergebnisse der Gesundheitsforschung, Newsletter 70 | Oktober 2014, S.1–3)
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Diabetisches Fußsyndrom
Die kleinste Verletzung kann zum Problem werden Dr. med. Susanne Klotz
Eine Polyneuropathie kann für Diabetiker gefährlich sein, weil sie oft das Schmerzempfinden beeinträchtigt: Dann spürt man Verletzungen an den Füßen nicht mehr. Und da Wunden bei Diabetikern manchmal auch schlechter heilen, können so mit der Zeit tiefe Geschwüre entstehen. Deshalb müssen Diabetiker, die an einer Polyneuropathie leiden, ganz besonders auf ihre Füße achtgeben.
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ine Blase am Fuß, ein Steinchen im Schuh, ein Riss in der Hornhaut der Fußsohle – normalerweise ist so etwas zwar unangenehm, aber nicht schlimm. Anders bei Diabetikern: Bei ihnen können selbst kleinste Wunden an den Füßen zum Problem werden – nämlich dann, wenn sie an einer diabetischen Polyneuropathie leiden, die das Schmerzempfinden beeinträchtigt. So kann aus einer kleinen Wunde schnell eine größere Verletzung werden, die nicht abheilt, sich entzündet und sich mit der Zeit bis tief ins Gewebe hinein ausbreitet. Leidet der Patient zusätzlich auch noch an Durchblutungsstörungen in den Beinen, ist das Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom am größten. Schlimmstenfalls machen solche Geschwüre sogar eine Am-
So werden Sie zum Experten Ihrer Krankheit Fußambulanzen in Diabetespraxen und -kliniken bieten Fußschulungen für Diabetiker an, wo Sie – von der Inspektion über die Pflege bis hin zum richtigen Schuhwerk – alles lernen, was Sie wissen müssen, um Ihre Füße optimal in Form zu halten. Dort wird oft auch eine Fußgymnastik zur Förderung der Durchblutung und Erhaltung der Beweglichkeit Ihrer Zehen und Gelenke angeboten.
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putation notwendig: In Deutschland werden alljährlich über 30 000 Amputationen infolge eines diabetischen Fußsyndroms vorgenommen. Außer einer guten Blutzuckereinstellung können Sie noch vieles andere tun, um Fußproblemen vorzubeugen. Zum Beispiel sollten Sie sich als Diabetiker, wenn Sie bereits an einer Polyneuropathie oder einem diabetischen Fußsyndrom leiden, jeden Tag ein bisschen Zeit für die Inspektion und Pflege Ihrer Füße nehmen. Planen Sie am besten einen festen Zeitpunkt dafür ein oder machen Sie ein Zubettgeh-Ritual daraus!
Tägliche Fußkontrolle und -pflege schützt vor unangenehmen Überraschungen 1. Inspizieren Sie Ihre Füße täglich und achten Sie dabei auf jede Kleinigkeit: Druckstellen, Blasen, eingewachsene Zehennägel. Selbst kleinste Hornhautrisse können für Diabetiker gefährlich werden, denn sie sind ideale Eintrittspforten für Krankheitserreger. Vergessen Sie nicht, auch die Fußsohlen und Zehenzwischenräume auf Verletzungen zu überprüfen. Falls Sie dafür nicht mehr beweglich genug sind oder schlecht sehen, benutzen Sie einen Handspiegel oder bitten Sie einen Angehörigen um Hilfe.
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2. Kleine Verletzungen an den Füßen sollten Sie auf keinen Fall selbst verarzten, sondern sofort desinfizieren, mit einer sterilen Kompresse und einer Mullbinde versorgen und dann gleich zum Arzt gehen, weil sich innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen ein schlimmer Infekt ausbreiten kann, wenn Sie auf der Wunde herumlaufen und keine Schmerzen haben. Viele Amputationen sind Folge einer verschleppten oder nicht fachgerecht durchgeführten Wundbehandlung! 3. Oft beeinträchtigt eine diabetische Neuropathie auch die Schweißsekretion, sodass die Haut an den Füßen trocken, spröde und verletzungsanfällig wird. Deshalb ist eine konsequente Hautpflege sehr wichtig: Waschen Sie Ihre Füße täglich mit einer milden, rückfettenden Seife (normale Seife würde die Haut zu sehr austrocknen). Verwenden Sie dazu wegen der Verletzungsgefahr keine Massagebürste, sondern einen weichen Waschlappen. Fußbäder sind nicht zu empfehlen, und wenn, dann nur mit Badethermometer: Das Wasser darf nicht wärmer als 35 °C sein. 4. Nach dem Waschen werden die Füße mit einem weichen Handtuch sorgfältig abgetupft (nicht rubbeln – Verletzungsgefahr!). Besonders wichtig ist das Abtrocknen zwischen den Zehen, da sich in feuchten Zehenzwischenräumen leicht Fußpilz einnisten kann. Hierzu verwenden Sie wegen seiner guten Saugfähigkeit am besten ein Kosmetiktuch. Trockenföhnen der Füße ist wegen des fehlenden oder eingeschränkten Temperaturempfindens absolut tabu. 5. Hornhaut wird leicht rissig, so dass kleine Verletzungen entstehen oder Keime und Bakterien eindringen können. Entfernen Sie die Hornhaut an Ihren Füßen daher je nach Bedarf ein- bis zweimal pro Woche mit einem Bimsstein, und zwar am besten nach dem Waschen. (Aufgeweichte Hornhaut lässt sich leichter wegrubbeln.) Hornhauthobel sollten Sie wegen der Verletzungsgefahr nicht verwenden; das gilt auch für Hühneraugenpflaster oder -tinkturen. 6. Ebenfalls ein- bis zweimal pro Woche sollten Sie Ihre Fußnägel kürzen – aber nur so weit, dass sie mit der Zehenkuppe abschließen. Verwenden Sie dazu bitte keine Nagelschere oder -zange und auch keine spitze Metallfeile, sondern eine stumpfe Feile aus Sandpapier. Damit können Sie auch spitze Kanten glätten. Wichtig: Feilen Sie die Nägel gerade und nicht rund; nur in den Ecken sollten sie leicht abgerundet werden. So beugen Sie einem Einwachsen der Nägel vor. 7. Nach dem Abtrocknen reiben Sie Ihre Füße immer mit Creme, Lotion oder Cremeschaum ein. Verwenden Sie dazu am besten Produkte mit Harnstoff, der Ihre trockene Haut mit Feuchtigkeit versorgt und einer übermäßigen Verhornung vorbeugt. Die Zehenzwischenräume sollten allerdings nicht eingecremt werden; dort nisten sich sonst zu leicht Pilze oder Bakterien ein.
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Dr. med. Susanne Klotz Diabetologin DDG und Ärztekammer Kronenstr. 30 73760 Ostfildern Tel.: 0711 44009990
8. Falls Sie Probleme mit der Fußpflege haben oder unter übermäßiger Hornhautbildung leiden, sollten Sie regelmäßig zu einem medizinischen Fußpfleger (Podologen) gehen. Schwielige Hornhaut, Hühneraugen oder eingewachsene Fußnägel darf grundsätzlich nur der Podologe entfernen.
Schuhe und Strümpfe Gut sitzende, bequeme Schuhe sind für einen Diabetiker das A und O. Sie sollten aus weichem Leder sein und ein weiches Innenfutter ohne drückende Nähte haben. Verzichten Sie auf zu hohe Absätze! Kaufen Sie neue Schuhe nie vormittags, sondern immer erst am Nachmittag, da die Füße im Lauf des Tages anschwellen. Ein guter Trick, um festzustellen, ob die Schuhe groß genug sind: Stellen Sie sich mit nackten Füßen auf ein Blatt Papier, ummalen Sie die Umrisse Ihrer Füße und stellen Sie dann die Schuhe darauf. Neue Schuhe sollten über einen längeren Zeitraum stundenweise eingetragen werden. In dieser Zeit ist die tägliche Fußinspektion ganz besonders wichtig. Tragen Sie in Sandalen am besten immer Socken, damit sich keine Blasen bilden. Vor dem Anziehen sollten Sie Ihre Schuhe mit der Hand auf Fremdkörper wie z. B. Steinchen oder scheuernde Nähte kontrollieren! Kaufen Sie Strümpfe und Socken aus Wolle oder Baumwolle, da man in synthetischen Materialien zu leicht schwitzt. Das lockt Bakterien an und fördert die Entstehung von Fußpilz. Nach Möglichkeit sollten die Strümpfe ohne Nähte sein oder zumindest weiche Nähte haben. Achten Sie auch darauf, dass sie im Schuh keine Falten werfen; jede Unebenheit oder Druckstelle kann zu Verletzungen führen. Wenn Sie unter Durchblutungsstörungen in den Beinen leiden, darf das Bündchen Sie am Knöchel oder an der Wade nicht einschnüren. Diabetiker sollten ihre Strümpfe grundsätzlich jeden Tag wechseln! Wer an einer Neuropathie oder einem diabetischen Fußsyndrom leidet, sollte aufs Barfußgehen verzichten: Zu leicht verletzt man sich dabei. Tragen Sie am Strand Badeschuhe oder Wassersandalen, um Ihre Füße vor Verletzungen zu schützen. Versuchen Sie Ihr Gewicht zu reduzieren – das ist nicht nur gut für die Diabeteseinstellung, sondern entlastet auch Ihre Füße!
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Die Spreu vom Weizen trennen
Wie finde ich verlässliche Gesundheitsinformationen im Internet? Dr. Britta Lang
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icher ist es Ihnen auch schon so gegangen: Sie suchen Informationen zu Gesundheitsthemen, zur Vorsorge oder zu einer Krankheit im Internet, und die Suchmaschine liefert Ihnen innerhalb von Sekunden eine Million Treffer. Und dies nicht nur bei sogenannten „Volkskrankheiten“ wie Diabetes oder Bluthochdruck, sondern auch bei selteneren Themen. Viele Menschen, Gruppen oder Einrichtungen möchten Sie als „Informationskunden“ erreichen: Von Privatpersonen und Selbsthilfegruppen, die sich für irgendein Thema engagieren, über Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen bis hin zur Pharmaindustrie. Und schließlich gibt es auch noch die staatlichen Einrichtungen, die zum Gesundheitssystem gehören und einen öffentlichen Auftrag haben. Alle diese Anbieter haben berechtigte Interessen, die die von ihnen angebotenen Informationen beeinflussen. Als Nutzer dieser Informationen möchten Sie aber natürlich so ausgewogen und interessenfrei wie möglich informiert werden. Wenn Sie einen neuen Fernseher kaufen wollen, informieren Sie sich ja vielleicht vorher auch erst einmal in Testzeitschriften darüber, welches Gerät in einem objektiven Vergleich am besten abgeschnitten hat.
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Daher sollten Sie an jede Form von Information, die Sie im Internet finden, folgende Fragen stellen: • Warum hat der Anbieter die Informationsseite erstellt? • Welche Absicht verbindet er damit? • Wird versucht, mir etwas zu verkaufen? Wenn man im Internet surft, kann ein bisschen Skepsis nicht schaden – sobald eine Therapie mit schneller, dramatischer Wirkung und fast schon wundersamem Heilerfolg angepriesen wird, handelt es sich um unseriöse Übertreibungen ohne wissenschaftliche Basis. Hierzu gehören auch Mittel, die gegen eine ganze Palette von Krankheiten helfen sollen oder auf geheim gehaltenen Zutaten beruhen. Im Zweifelsfall recherchieren Sie nach einer zweiten Meinung. Grundsätzlich sollte eine gute Information auf unserem Wissen aus der medizinischen Forschung beruhen, aktuell sein und Sie ausgewogen und vollständig informieren. Was bedeutet das im Einzelnen?
Informationen auf Basis medizinischer Forschung Als Patient möchte man natürlich, dass die Medikamente, mit denen man behandelt wird, ausführ-
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Steuerberatung ist Vertrauenssache.
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tativ schlechte Studien zu dem betreffenden Thema gibt – sollte hingewiesen werden. Nicht blind vertrauen sollten Sie anekdotischen persönlichen Berichten: Diese Berichte oder Geschichten, in denen Einzelpersonen ihre Erfahrungen mit einer Therapie schildern, um Sie auf persönlicher Ebene anzusprechen, sind oft erfundenen Personen in den Mund gelegt, die als Werbeträger fungieren und Sie in eine bestimmte Richtung lenken sollen.
Und einen Steuerberater zu wechseln, ist für manche, als ob sie von einem 10-Meter-Brett springen müssten. Ohne zu wissen, ob Wasser im Becken ist.
Wer hat die Information erstellt? Suchen Sie auf der Webpräsenz nach der Seite „Über uns“ oder nach dem Impressum. Dort sollten alle wichtigen Informationen zum Anbieter, seiner Motivation und seinen Zielen zu finden sein: ob er aus privaten, kommerziellen, gemeinnützigen oder öffentlichen Interessen handelt. Hier sollte auch immer eine Kontaktmöglichkeit (Telefon, E-Mail) genannt sein, über die man mit den Anbietern in Kontakt treten kann. Nicht alle Informationsanbieter haben den Anspruch oder die zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten, „wissensbasiert“ zu informieren und sich dem großen Aufwand zu unterziehen, Informationen nach diesem Konzept zu erstellen. Dies macht in Deutschland ausdrücklich nur das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG, www.gesundheitsinformation.de).
Aktualität Überprüfen Sie die Aktualität der Webpräsenz: Meist findet sich am Ende der darunter zusammengefassten Seiten das Datum der Erstellung. Dies ist natürlich weniger von Bedeutung bei einer Seite, die die Symptome und den Verlauf einer Krankheit beschreibt oder über den Umgang betroffener Patienten mit dieser Krankheit informiert, als bei einer Seite, die die möglichen Therapien für diese Krankheit vorstellt. Hat die Webpräsenz viele Links, die nicht mehr funktionieren, ist sie womöglich veraltet.
Foto: © Moodboard/123rf.com
lich getestet wurden und dass man alles über ihre positive Wirkung, aber auch über mögliche Nebenwirkungen weiß. Diese Informationen gewinnt die Medizin aus klinischen Studien. Um verlässliche Aussagen zu einem Medikament treffen zu können, müssen möglichst alle dazu durchgeführten Studien betrachtet werden. Bei neu auf dem Markt eingeführten Medikamenten kann dann oft nur in Langzeitstudien geprüft werden, ob nach mehrjähriger Einnahme Nebenwirkungen auftreten. In der Europäischen Union werden neue Produkte daher mit einem schwarzen Dreieck auf der Verpackung gekennzeichnet. Das signalisiert den Patienten, dass noch keine Langzeiterfahrungen mit diesem Produkt vorliegen. Manchmal gibt es auch Situationen, in denen wir aus verschiedenen Gründen noch nicht genug über eine Therapie wissen und weitere Studien notwendig sind. Dann muss man mit einem gewissen Maß an Unsicherheit leben. Dieses Wissen aus Studien zu finden und zu nutzen, ist auch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte nicht einfach: Sogar für Experten ist es schwierig geworden, den Überblick über den Stand der medizinischen Forschung zu behalten. Zurzeit werden jährlich zirka 20 000 randomisierte kontrollierte Studien (bedeutet: das nachgewiesen beste Studiendesign, um bei einer eindeutigen Fragestellung eine eindeutige Aussage zu erhalten) in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht, und es existieren bereits schätzungsweise 600 000 bis 1 Million Studien. Eine gute Webpräsenz sollte daher bei Informationen zu medizinischen Therapien immer auf diesen Stand der wissenschaftlichen Forschung hinweisen – und zwar nicht nur auf eine Studie, sondern am besten auf systematische Übersichten, die mehrere oder alle Studien zum Thema zusammenfassen (sogenannte Reviews oder Metaanalysen). Auch auf Lücken in diesem Wissen – wenn es nämlich noch keine, zu wenige oder nur quali-
Wir möchten Ihnen den Sprung ins kalte Wasser erleichtern – mit einer Zufriedenheitsgarantie: Sollten Sie doch einmal mit unseren Leistungen nicht zufrieden sein, können wir über alles reden – ohne Wenn und Aber.
Steuerberaterkanzlei Jörg Stockum Haußmannstr. 146a 70188 Stuttgart Tel.: 0711 2200599 E-Mail: info@stb-stockum.de
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Vollständigkeit und Ausgewogenheit Eine gute Webpräsenz lässt nur wenige Fragen offen und verlinkt auf weiterführende, ergänzende Informationen. Sie informiert objektiv und beleuchtet das Thema aus allen Perspektiven, d. h. es werden nicht einseitig Vorteile herausgestellt, während die Nachteile eines therapeutischen oder diagnostischen Verfahrens oder die möglichen Risiken eines Medikaments unerwähnt bleiben.
Finanzierung Leseempfehlung: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers & Paul Glasziou Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin Huber Verlag Bern , 2014 Frei verfügbar zum Herunterladen unter: de.testingtreatments.org
Wer finanziert die Webpräsenz? Ist sie Aushängeschild eines kommerziellen Unternehmens oder kommt das Geld dafür aus öffentlichen Mitteln? Seiten kommerzieller Anbieter sind oft sehr hochwertig gestaltet, sehr professionell und zu vielen Aspekten informativ, da sie redaktionell aufwendig betreut werden. Solange Anzeigenbereiche klar vom redaktionellen Teil getrennt sind und der kommerzielle Hintergrund klar zu erkennen ist, können auch solche Seiten gut informieren.
Privatsphäre Eine seriöse Webpräsenz sollte Angaben zum Umgang mit privaten Daten machen: Ihre persönlichen Daten – z. B. Ihre E-Mail-Adresse bei Kontaktaufnahme – sollten vor der Weitergabe an Dritte (z. B. Firmen zu Werbezwecken) geschützt sein. Das Internet kann Ihnen helfen, sich zu informieren, sodass das Gespräch mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin auf einer guten gemeinsamen Wissensbasis geführt werden kann. Solche Informationen können das Gespräch aber nur unterstützen, und bedenken Sie bitte: Auch Ihr betreuender Arzt oder Ihre Ärztin kann nicht alle Quellen zu Ihrem Ge-
Dr. Britta Lang Deutsches Cochrane Zentrum Universitätsklinikum Freiburg Berliner Allee 29, 79110 Freiburg Tel.: 0761 203-6696 Fax: 0761 203-6712 lang@cochrane.de
Dr. phil. Britta Lang, MSc ist seit 1999 wissenschaftliche Mitarbeiterin am deutschen Cochrane Zentrum mit dem Schwerpunktthema Wissenstransfer in der Medizin für Gesundheitspolitik und Bürgerinformation. Sie ist Mitglied des Cochrane Consumer Network und war von 2003 bis 2011 Co-Sprecherin des Fachbereichs Patienteninformation und -beteiligung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V.
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sundheitsthema kennen. Ihre Gesprächszeit wird begrenzt sein: Beziehen Sie also nur die wesentlichen Informationen ein, die für Sie aus den verlässlichsten Quellen stammen. In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder der Begriff des „mündigen“ Patienten und des „Patienten als Partner“ bemüht. Ein Partner muss aber über einen ihm angemessenen Informationsstand verfügen, um Entscheidungen partnerschaftlich treffen zu können. In Norwegen gibt es z. B. eine staatlich finanzierte nationale Gesundheitsbibliothek. Alle Einwohner dort haben freien Zugang zu internationalen Fachzeitschriften, klinischen Leitlinien, systematischen Übersichten und wissensbasierten Patienteninformationen – wo immer möglich ins Norwegische übersetzt. In Großbritannien hat der staatliche Gesundheitsdienst NHS eine Webpräsenz aufgebaut, die den Ärzten und Patienten Zugang zu denselben Wissensquellen ermöglicht – für die Bürger verständlich aufbereitet. Solche flächendeckenden, unabhängigen, wissensbasierten und auch patientenorientierten Angebote stehen in Deutschland noch weitgehend am Anfang. Das bereits erwähnte Angebot des IQWiG ist hier zu nennen. Vereinzelt erstellen die medizinischen Fachgesellschaften, z. B. die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM), laienverständliche Zusammenfassungen der ärztlichen Leitlinien (Handlungsempfehlungen bei bestimmten Krankheitsbildern, www.awmf.org). Die Universität Hamburg, Fachbereich Gesundheit, stellt Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis und kritischen Umgang mit klinischer Forschung zur Verfügung (www.patienteninformation.de). Die Ärzteschaft (KBV und BÄK) bietet über ein Internetportal thematisch geordneten Zugang zu Patienteninformationen verschiedener Drittanbieter an, die zuvor einer kritischen Bewertung nach den hier genannten Punkten unterzogen wurden (www.patienten-information.de). Die Cochrane Collaboration (www.cochrane.de) bietet die von ihr erstellten systematischen Übersichten in patientenfreundlicher Aufarbeitung frei zur Verfügung (http://summaries.cochrane.org). Hier spätestens ist aber der Sprung in die englische Sprache nötig, in der viele wissensbasierte patientenorientierte Gesundheitsinformationen bereits existieren. Diese Barriere ist für deutsche Patienten nach wie vor kaum zu überwinden.
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Können wir auf sie zählen – oder nur noch dafür zahlen? Werner Waldmann und Marion Zerbst
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m diese Frage ging es in einer Podiumsdiskussion, die „Kompass Gesundheit“ am 25. November letzten Jahres zusammen mit Partnern aus Industrie und Gesundheitswesen in Esslingen veranstaltete. Unser Gesundheitssystem steckt in der Klemme. Spardiktate der Krankenkassen sollen ausufernde Kosten begrenzen – und doch kostet die medizinische Versorgung immer mehr Geld. Schließlich werden die Menschen immer älter und die medizinischen Innovationen immer teurer.
Verkommt unser Gesundheitssystem zur Gesundheitswirtschaft? Gleichzeitig gerät unser Gesundheitswesen zunehmend in ein Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik. Eigentlich ist die Gesundheitsversorgung Teil unseres Sozialsystems. Das Ziel eines Sozialsystems besteht darin, die Bürgerinnen und Bürger vor individuell nicht zu bewältigenden Lebensrisiken (zum Beispiel vor Krankheiten und deren Folgen) zu schützen. Ziel eines Wirtschaftssystems dagegen ist es, Rendite, also Gewinn zu erwirtschaften. Wir erleben zurzeit eine Verwandlung des Gesundheitswesens in eine Gesundheitswirtschaft. Die Gesetzmäßigkeiten von Markt und Konkurrenz überlagern die Beziehung zwischen Arzt und Patient. Angesichts dieser Entwicklung muss man befürchten, dass nicht mehr der Kranke, Leidende Gegenstand der Heilkunst ist, sondern die Krankheit in zunehmendem Maße zum Gegenstand eines gewinnbringenden Wirtschaftszweigs wird. Dieser Paradigmenwechsel wird offenkundig, wenn man sich die Begriffe anschaut, die sich in unserem Gesundheitswesen mittlerweile eingebürgert haben: Fallpauschalen, Disease ManagementProgramme, Qualitätsmanagement, Controlling – all das hört sich mehr nach betriebswirtschaftlichem Denken an als danach, was Medizin eigent-
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lich sein sollte: ein Berufszweig, in dem das Wohl der Patienten im Mittelpunkt steht. Tatsächlich weht Klinikchefs und -ärzten ein immer rauerer Wind entgegen. Vielen Ärzten werden vom Geschäftsführer ihrer Klinik wirtschaftliche Zielvorgaben diktiert: Sie müssen pro Quartal eine bestimmte Fallzahl erreichen, wobei „lukrative“ Patienten (die der Klinik hohe Fallpauschalen einbringen) natürlich besonders gern gesehen werden. In manchen medizinischen Bereichen ist es schlichtweg unmöglich, solche Zielvorgaben zu erfüllen: „Schließlich kann ich keine Herzinfarkte produzieren“, so Professor Matthias Leschke, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Klinikum Esslingen. In anderen Bereichen – beispielsweise in der Orthopädie – ist die Gefahr groß, dass Ärzte unter diesem wirtschaftlichen Druck zu viele und vielleicht auch unnötige Operationen durchführen. Wirtschaftliche Zielvorgaben lassen sich nun einmal schwer mit dem ärztlichen Ethos in Einklang bringen. Andererseits stehen die Geschäftsführer, die ihren Ärzten diese Vorgaben machen, selbst unter einem enormen Druck, denn ihre Klinik muss schwarze Zahlen schreiben. Und das wird, wie Dr. med. Klaus Kraft (Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Kreiskliniken Esslingen) feststellt, heutzutage immer schwieriger. Nicht zuletzt wegen der rasanten Fortschritte, die unsere Medizin in den letzten Jahrzehnten gemacht hat: „Wir können heute viel mehr für unsere Patienten tun als noch vor 30 Jahren. Wenn früher jemand an Dickdarmkrebs litt und schon Metastasen in der Leber hatte, mussten wir ihm sagen: ‘Bringen Sie Ihre Angelegenheiten in Ordnung – wir können nichts mehr für Sie tun’“, erklärt Dr. Kraft. „Heute gibt es selbst in solchen Fällen noch viele Möglichkeiten, nicht nur das Leben der Patienten zu verlängern, sondern sie sogar zu heilen.“ Das ist ein Riesenfortschritt – aber der hat natürlich auch seinen Preis.
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Ärzte unter Zeitdruck Dieser wirtschaftliche Druck, der auf den Kliniken lastet, zeigt sich auch darin, dass Ärzte immer weniger Zeit für ihre Patienten investieren können. Natürlich tun sie alles, was ein Patient braucht, um medizinisch gut versorgt zu sein; aber die menschliche Zuwendung, das Gespräch – das bleibt in der Hektik des Klinikalltags oft auf der Strecke. Aufgrund der Fallpauschalen müssen die Patienten recht schnell durch ihren Klinikaufenthalt hindurchgeschleust werden: Die Patientenzahl hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht, während die Verweildauer gleichzeitig viel kürzer geworden ist. „Die Zeit der Ärzte im Krankenhaus ist sehr eng getaktet; der Patient hat nicht immer die Möglich-
keit, alles mit seinem Arzt zu besprechen, was er gerne besprechen möchte“, beklagt Klaus-Peter Friedrich, der als Personalchef der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen in dieser Podiumsdiskussion die Patientenseite vertrat. „Das ist nicht unbedingt vertrauensfördernd.“ Und den Hausärzten geht es auch nicht viel besser, denn ihre Leistungen werden budgetiert: Jeder niedergelassene Arzt bekommt pro Behandlungsquartal und gesetzlich versichertem Patient, der zu ihm in die Praxis kommt, eine Höchstmenge an Punkten zugeteilt, auf deren Basis dann später das Honorar errechnet wird, das er für seine Arbeit erhält. Ist die Höchstmenge an Punkten erreicht, so bekommt der Arzt nicht mehr Punkte und somit auch nicht mehr Geld, auch wenn er nach Überschreitung seines Budgets weiterhin medizinische Leistungen erbringt. Natürlich kann man bestimmte Untersuchungen
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oder Behandlungen ins nächste Quartal verschieben – aber bei dringend notwendigen Maßnahmen geht das nicht, und es ist auch gewiss nicht im Sinne eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Arzt und Patient. „Als Hausärzte brauchen wir Einfühlungsvermögen und Zeit für unsere Patienten. Wir müssen sie dabei begleiten, den für sie richtigen Weg zu finden“, erklärt Dr. Wolfgang Bosch, stellvertretender Vorsitzender der Kreisärzteschaft Esslingen. „Es kann nicht sein, dass ein niedergelassener Arzt einen Monat lang umsonst arbeiten muss, nur weil sein Budget aufgebraucht ist.“ Hinzu kommt der wachsende Zeitaufwand für Papierkram, der Klinikärzte und niedergelassene Ärzte gleichermaßen belastet: „30% unserer Zeit
geht für administrative Aufgaben drauf – und ist damit für die Patienten verloren“, beklagt Dr. Bosch.
Wie viel dürfen Arzneimittel kosten? Die Pharmaindustrie gerät wegen ihrer hohen Arzneimittelpreise immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. So kostet z. B. das neue Hepatitis-CMedikament Sovaldi쏐 700 Euro pro Tablette. Die Kosten für die Gesamttherapie eines Patienten belaufen sich auf 60 000 Euro. Zu teuer? „So darf man diese Frage nicht stellen“, meint Dr. Christian Altschuh vom Pharmaunternehmen MSD Sharp & Dohme. „Man muss fragen: Was kostet eine Behandlung im Vergleich zur Nichtbehandlung? Hepatitis C führt in vielen Fällen zu Leberzirrhose und Leberkrebs; oft bleibt als einzige Therapiemaßnahme am Ende nur noch eine Transplantation. Die Behandlung mit Sovaldi쏐 dagegen führt
Ärzte und Vertreter von Krankenkassen, Pharma- und Medizintechnikfirmen lieferten sich eine heiße Diskussion über die Zukunft unserer medizinischen Versorgung.
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mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit zur Heilung.“ Letztlich ist sie damit trotz des hohen Preises immer noch kostengünstiger, als dem Patienten das Medikament zu verweigern. Außerdem ist die Erforschung und Entwicklung neuer Arzneimittelsubstanzen langwierig, teuer und mit hohen Risiken behaftet; denn von 10 000 erforschten Molekülen schaffen am Ende nur zwei oder drei den langen Weg bis zur Marktzulassung und müssen sich in der relativ kurzen Zeit ihres Patentlaufs für das Pharmaunternehmen refinanzieren. „Deshalb können Arzneimittel nicht billig sein“, erklärt Dr. Altschuh.
Sparen auf Teufel komm ‘raus? Angesichts der steigenden Gesundheitskosten versuchen viele Krankenversicherungen mit aller Macht zu sparen und kommen dabei manchmal auch auf Lösungen, die vielleicht nicht unbedingt sinnvoll sind. Ein immer wieder heiß diskutiertes Thema ist der Medikamentenaustausch. Seit dem Jahr 2003 dürfen Krankenversicherungen mit Arzneimittelherstellern Rabattverträge abschließen: Die Krankenkasse sichert dem Pharmahersteller zu, dass seine Medikamente an ihre Patienten bevorzugt abgegeben werden; im Gegenzug räumt der Hersteller der Kasse Rabatte für diese Arzneimittel ein. Eine Winwin-Situation? Nicht unbedingt für die Patienten, für die dieser Austausch verwirrend und manchmal von unerwünschten Nebenwirkungen begleitet ist. Wie läuft so ein Medikamentenaustausch in der Praxis ab? Der Arzt verschreibt seinem Patienten ein bestimmtes Medikament. Der Apotheker ist nun verpflichtet, dieses Mittel durch ein anderes, gleichwertiges Präparat desjenigen Herstellers auszutauschen, mit dem die Kasse des Patienten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat – es sei denn, der Arzt untersagt dies durch einen ausdrücklichen Vermerk auf dem Rezept. Seitdem bekommen viele Versicherte nicht mehr die gleichen Medikamente wie früher. Vor allem ältere Menschen, die oft acht bis zehn verschiedene Arzneimittel pro Tag einnehmen müssen, geraten da leicht durcheinander, und es kommt zu Einnahmefehlern. Oder sie sind verunsichert und nehmen das neue Präparat vielleicht gar nicht mehr ein, weil es „anders aussieht“. Natürlich ist dieser Medikamentenaustausch eine wichtige Einsparmöglichkeit für die Kostenträ-
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ger: „Wir als Apotheker müssen den Patienten erklären, dass die Substanz in all diesen verschiedenen Präparaten immer die gleiche ist, und ihnen klarmachen: Durch diese Maßnahme spart unser Gesundheitssystem Geld, das es dann wieder für andere – vielleicht wichtigere – Dinge ausgeben kann“, fordert Apotheker Christof Mühlschlegel. Andererseits ist dieser ständige Wechsel für die Patienten nicht nur irritierend, sondern kann auch ernstere Konsequenzen haben: „Auch wenn die Substanz die gleiche ist, so ist doch der Herstellungsprozess ein anderer. Es gibt Unterschiede in der galenischen Zusammensetzung, der Resorptionsrate – die Sicherheit, dass der Patient den Wirkstoff am Ende wirklich in der für ihn richtigen Konstellation im Körper hat, ist nicht gegeben“, kritisiert Professor Leschke, der als Kardiologe immer wieder mit diesem Problem konfrontiert wird. Eine schwierige Herausforderung für Apotheker, denen hier eine besondere Verantwortung zukommt: „Wir haben den direkten Kontakt zum Patienten, und ich gehe davon aus, dass dieser von uns nicht einfach nur eine Schachtel mit Medikamenten, sondern auch Erklärungen bekommt“, betont Christof Mühlschlegel. „Aufgabe des Apothekers ist es, den Patienten bei der Stange zu halten, damit er seine Arzneimittel auch wirklich konsequent einnimmt oder aber – wenn nicht – zum Arzt geht und seine Therapieprobleme mit ihm bespricht.“
Ausschreibungen: Der Billigste bekommt den Zuschlag Einige Krankenkassen haben sich noch eine weitere ziemlich fragwürdige Strategie einfallen lassen, um Kosten zu sparen: Ausschreibungen. Immer mehr Kassen gehen dazu über, Hilfsmittel – beispielsweise Atemtherapiegeräte und -masken für die Behandlung von Schlafapnoe-Patienten – auszuschreiben, statt wie bisher mit den Versorgerfirmen zu verhandeln und Verträge abzuschließen. Das führt nicht selten dazu, dass der billigste Anbieter den Zuschlag bekommt – zu Lasten der Qualität und der Patienten, die mit ihrem bisherigen Therapiegerät gut zurechtgekommen sind und sich jetzt plötzlich auf ein neues, vielleicht qualitativ minderwertiges Gerät umstellen müssen. Außerdem erfordert die Beatmungstherapie der Schlafapnoe eine sehr intensive Patientenbetreu-
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ung, denn mit Maske und Gerät können vielfältige Probleme auftreten, die oft nur der Fachmann lösen kann. Früher, als es im Bereich der Schlafapnoe-Versorgung noch keine Ausschreibungen gab, fuhr dann eben ein Mitarbeiter der Homecare-Versorgungsfirma zu dem Patienten und half ihm, das Problem zu lösen. Diese intensive Patientenbetreuung ist in den Billigpauschalen, die die Krankenkassen den Homecare-Providern im Rahmen einer Ausschreibung bewilligen, aber nicht mehr drin, sodass der Patient, der Probleme mit seiner Therapie hat, damit jetzt allein gelassen wird. Mit fatalen Folgen, denn eine inadäquate Schlafapnoe-Therapie kann schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen.
Bessere Versorgung trotz leerer Kassen – geht das? Kostenträger, Ärzte und Industrie suchen immer wieder nach neuen Wegen, trotz knapper finanzieller Mittel auch weiterhin eine gute medizinische Versorgung sicherzustellen. So sind einige Homecare-Provider, die Schlafapnoe-Patienten versorgen, auf die Idee gekommen, Therapieprobleme auf telemedizinischem Weg zu lösen. Zu diesem Zweck werden die Daten von den Beatmungsgeräten an ein Service-Zentrum übermittelt, dessen Mitarbeiter Probleme auf diese Weise rechtzeitig erkennen und helfend eingreifen können. Ein erschwerender Faktor bei der Einführung solcher Methoden könnte allerdings sein, dass die Patienten sich „kontrolliert“ vorkommen und die telemedizinische Betreuung deshalb ablehnen. Außerdem müssen die Kosten dafür natürlich von den Krankenkassen erstattet werden – und dazu muss erst einmal der Beweis erbracht werden, dass die Versorgung der Patienten sich dadurch auch wirklich verbessert. Die AOK hat einen ganz anderen Lösungsansatz entwickelt: Sie setzt auf eine Neuregelung der Beziehung zwischen Patient und Hausarzt. Normalerweise kann ein Patient seinen Hausarzt frei wählen und auch nach Belieben wechseln. Die AOK Baden-Württemberg bietet ihren Patienten an, sich im Rahmen eines Hausarztprogramms an einen bestimmten Arzt zu binden, der mit der AOK einen Vertrag abgeschlossen hat. Dieser bekommt von der Krankenkasse pro Patient, der bei diesem Programm mitmacht, mehr Geld (hat also auch mehr Zeit für seinen Patienten) und wird zu dessen „Lotse“: Egal, was für ein Problem der Patient hat – wenn er in das Programm eingeschrieben ist, muss er immer erst zu seinem Hausarzt gehen. Dieser überweist ihn dann bei Bedarf an einen Facharzt. Das soll die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung verbessern. „Fast 90 % aller Hausärzte und etwa die Hälfte unserer Versicherten machen bei diesem Programm mit“, erklärt der Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils, Johannes Bauernfeind.
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Deshalb hat die AOK dieses Versorgungsmodell jetzt auch auf Facharztverträge ausgeweitet, die es bisher für Herz-KreislaufErkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Psychologie/Neurologie/Psychotherapie und Orthopädie gibt. Und das Modell soll in Zukunft noch ausgeweitet werden: „Gerne würden wir auch im klinischen Bereich solche Selektivverträge einführen“, so Bauernfeind.
Lieber gesund bleiben als krank werden Allgemein wurde in der Podiumsdiskussion die Tatsache beklagt, dass der Prävention in unserem Gesundheitssystem – und auch bei den Bürgern – ein viel zu geringer Stellenwert eingeräumt wird. Durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise könnte man viele Erkrankungen von vornherein vermeiden. Leider ist unser Gesundheitswesen oft zu technikorientiert: Aufwendige bildgebende Untersuchungen und operative oder medizintechnische Behandlungsmaßnahmen werden von den Krankenkassen besser honoriert als das aufklärende Gespräch, das den Patienten dazu motivieren kann, bewusster mit seinem Körper und seiner Gesundheit umzugehen. Das zeigt sich zum Beispiel bei Erkrankungen wie Herzschwäche, bei denen der Patient durch sein eigenes Verhalten sehr viel dazu beitragen kann, einer Verschlechterung vorzubeugen: „Präventive Maßnahmen werden im Vergütungssystemen unseres Gesundheitswesens nicht richtig abgebildet“, bedauert Professor Leschke. „Wenn ich eine Herzschwäche richtig behandle, bekomme ich weniger Geld dafür, als wenn ich einem Patienten einen Defibrillator implantiere.“ Aber auch bei den Bürgern hat es sich anscheinend noch nicht ausreichend herumgesprochen, dass sie verantwortungsvoller mit ihrer Gesundheit umgehen müssen, weil unser Gesundheitssystem vielleicht bald nicht mehr in der Lage sein wird, für die Behandlung der Lawine an Wohlstandskrankheiten, die auf uns zurollt, aufzukommen. Hier kommt auch der betrieblichen Gesundheitsvorsorge ein wichtiger Stellenwert zu. Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen tut zum Beispiel eine ganze Menge für ihre Mitarbeiter: Mit Sportangeboten und Gesundheits-Events versucht sie sie zu einer bewussteren Lebensweise zu motivieren. Und auch viele andere Arbeitgeber erkennen mittlerweile, dass sie sich für die Gesundheit ihrer Belegschaft engagieren müssen. „Das sind nicht etwa nur große Firmen wie Bosch oder Daimler, sondern auch mittelständische Unternehmen“, betont Klaus-Peter Friedrich. „Aber diese Angebote werden nur von einer ganz speziellen Patientenklientel genutzt – und oft sind das gerade diejenigen, die es eigentlich nicht nötig hätten. Ich glaube, wir müssen die Leute dazu bringen, dass sie sich frühzeitig mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzen – und das ist sehr schwierig.“
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Gegeneinander oder Miteinander?
Ein Gespräch mit Dr. Thomas Lang vom Pharmaunternehmen MSD Gesundheit ist längst keine hoheitliche Aufgabe unseres Staates mehr, sondern wird Stück um Stück für die sogenannte Gesundheitswirtschaft freigegeben. Um den mündigen Patienten muss sich der Staat nicht mehr sorgen; der entscheidet selbst, welche Leistungen er als Kunde einkauft und zu welchen Bedingungen. Gesundheit ist zur Ware mutiert. Das heißt aber auch, dass die verschiedenen Player in diesem speziellen Wirtschaftssystem sehr unterschiedliche Interessen verfolgen. Die Ärzte gegen die Krankenkassen, die Kassen gegen die Pharmaindustrie, bestimmte Gruppen von Ärzten gegen andere Gruppierungen. Alle buhlen sie um den Patienten – pardon: um den Kunden. Und der kommt sich immer verlorener vor im allgemeinen Wettbewerbsgetümmel, ärgert sich oder resigniert. Das Ganze ist eine gigantische Fehlentwicklung. Sicher müssen alle mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgsam umgehen; und Wettbewerb gehört zu unserem heutigen Wirtschaftsleben nun mal dazu. Doch man sollte sich besinnen – gerade auf einem Sektor, wo es um kranke, ja chronisch angeschlagene Menschen geht: besinnen auf humane Werte wie Kooperation statt Konfrontation, Verständnis füreinander statt Verunglimpfung, Aufbau von gegenseitigem Vertrauen. MSD ist ein Pharmaunternehmen, das auf eine neue Kultur des Umgangs miteinander setzt. Statt herkömmlicher Imagewerbung bemüht diese Firma sich, gemeinsam mit den anderen Akteuren der Gesundheitswirtschaft innovative Versorgungsstrategien zu erproben. Wir sprachen mit Dr. Thomas Lang, Direktor Business Unit Primary Care bei MSD.
Dr. Thomas Lang, Direktor Business Unit Primary Care bei MSD
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Fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse sind für eine effiziente Gestaltung des komplexen Versorgungsgeschehens in unserem Gesundheitssystem von zentraler Bedeutung. Dieses Wissen sammelt die Versorgungswissenschaft. Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen: Wie kann sich das Pharmaunternehmen MSD in diese Aufgabe einbringen? Dr. Lang: Eine besondere Herausforderung unseres Gesundheitssystems besteht darin, dass sich Krankheiten verändern. So kommt es nicht selten vor, dass akute Erkrankungen chronisch werden. Den Betroffenen, d. h. den chronisch kranken Menschen müssen Lösungen angeboten werden, die
ihr Leben nicht nur verlängern, sondern auch verbessern. Wir sehen uns als Partner bei der Gestaltung in diesem komplexen Versorgungsgeschehen. Denn Versorgungsprogramme können dazu beitragen, die Qualität der Versorgung zu verbessern und die Effizienz zu steigern. Durch die wissenschaftliche Evaluation solcher Programme kann der Nutzen für den Einzelnen oder das Kollektiv sichtbar gemacht werden. Wir sehen es als unsere Aufgabe als forschender Arzneimittelhersteller an, uns aktiv an der Entwicklung von Versorgungsprogrammen zu beteiligen, die zur Lösung dieser Herausforderungen beitragen und den Menschen helfen. Mal konkret nachgefragt: Bei welchen Versorgungsprojekten hat MSD bereits aktiv mitgewirkt oder diese alleine realisiert, und welche Projektideen stehen an? Dr. Lang: Für uns ist die Zusammenarbeit mit Partnern aus allen Bereichen des Gesundheitssystems ein entscheidender Erfolgsfaktor für Versorgungsprojekte. Denn so bündeln wir unser Wissen und unsere Erfahrungen und können ein möglichst optimales Ergebnis erreichen. Diese gemeinsame Arbeit ist auf einem guten Weg, aber noch keinesfalls die Regel. Es gilt, Vertrauen zu schaffen und von den jeweiligen Kernkompetenzen der Beteiligten zu profitieren, um Versorgungsprojekte effizient und effektiv zu gestalten und umzusetzen. Das gilt für das medizinische Ergebnis ebenso wie für die Ökonomie. Einige konkrete Projekte, mit denen wir uns derzeit befassen, verdeutlichen das – nehmen wir z. B. das Diabetes-Präventionsprogramm „aha! – ab heute anders“. Dr. Petersen, Diabetologe aus Schleswig, hat dieses Versorgungsprogramm erfolgreich im Kreis Schleswig-Flensburg erprobt und 2012 zum MSD Gesundheitspreis eingereicht. Jetzt wird es gemeinsam mit den Initiatoren, den Kassen, der KV Schleswig-Holstein und Ärztenet-
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zen auf ganz Schleswig-Holstein ausgeweitet. Ein anderes Kooperationsprojekt mit der Techniker Krankenkasse liegt im Versorgungsfeld Rheumatologie. Sinnvoll ist eine systematische bundesweite Erfassung von Projekten der Versorgungsforschung in Form einer Projektdatenbank. Unternehmen und universitäre Forschungseinrichtungen haben unterschiedliche Interessen: Inwieweit möchte MSD sich in eine solche Plattform für den Erfahrungsaustausch und Erkenntnisgewinn von Versorgungsforschern einbringen? Dr. Lang: Datenbanken helfen Transparenz zu schaffen. Eine systematische Erfassung gibt den durchgeführten Untersuchungen die entsprechende Sichtbarkeit. Getreu dem Motto „Keine Daten ohne Taten“ beschäftigen wir uns mit der Frage, wie die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Versorgungsprogramme umgesetzt werden können. Wo sieht MSD seinen Platz in der Versorgung, und welche konkreten Aktivitäten resultieren daraus? Dr. Lang: MSD ist ein forschendes Arzneimittelunternehmen. Forschung und Entwicklung sind daher unsere Kernaufgaben. Dadurch verfügen wir über sehr viel Erfahrung in der Koordination komplexer Prozesse. Dieses Wissen können wir einbringen und damit eine bessere Integration der Versorgung unterstützen. Ein Projekt, bei dem MSD diese Aspekte zusammenführt, ist das MECTIZAN Spendenprogramm. MSD hat dieses Projekt bereits 1987 ins Leben gerufen und unterstützt es seitdem mit erheblichen finanziellen Mitteln. Was waren bzw. sind die Motive hinter diesem Engagement? Dr. Lang: Mit dem MECTIZAN Spendenprogramm verfolgen wir das Ziel, die Flussblindheit – eine der Hauptursachen für Erblindung vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern – zu eliminieren. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO gehen davon aus, dass bereits 37 Millionen Menschen infiziert sind. Von ihnen haben etwa 800 000 eine Sehbehinderung, und rund 270 000 sind vollständig erblindet. Der mangelnde Zugang zur Gesundheitsversorgung in den betroffenen Ländern ist hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Betroffenen nicht angemessen versorgt werden können. Dabei kann das Voranschreiten der Krankheit schon durch eine einzige jährliche Dosis von drei Tabletten verhindert werden – Tabletten, die von MSD entwickelt wurden. Diese Chance können wir nicht ungenutzt lassen. Daher hat sich MSD 1987 dazu verpflichtet, das Medikament so lange zur Verfügung zu stellen, bis die Krankheit weltweit eliminiert ist. In zwei Ländern – Kolumbien und Ecuador – haben wir dieses Ziel mittlerweile er-
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reicht. Dabei ist das Programm vor allem deshalb so erfolgreich, weil wir auch hier mit vielen verschiedenen gesellschaftlichen Partnern zusammenarbeiten – sowohl mit Regierungsorganisationen wie der WHO als auch mit Nicht-Regierungsorganisationen wie der christoffel blindenmission. Was gefällt bzw. missfällt MSD an der Gesundheitspolitik? Was müsste man Ihrer Meinung nach ändern – und wie? Dr. Lang: Wir freuen uns, dass die Bundesregierung die pharmazeutische Industrie als Partner im Gesundheitssystem anerkennt und in einen zukunftsorientierten Dialog eingetreten ist. Es wäre allerdings wünschenswert, das Gesundheitssystem integrierter – und damit weniger sektoral – zu betrachten. Zum Teil liegt das Augenmerk auf einzelnen Ausgabenblöcken statt auf der gesamten Versorgungskette. Ein konkretes Beispiel: Die Einsparung von Krankenhausleistungen kann mit Kostensteigerungen im ambulanten Bereich, einschließlich Arzneimittel, einhergehen. Wenn man sektoral denkt, freut man sich über die Senkung im stationären Bereich und beklagt die Steigerung im ambulanten. Bei einer sektorübergreifenden Analyse stellt man schnell fest, dass die Kostensenkung im Hospitalbereich die Steigerungen im ambulanten Bereich übertrifft und Einsparungen über die gesamte Versorgungskette erzielt werden. Die Kostenträger versuchen immer härtere Rabatte durchzusetzen. Innovative Medikamente zu entwickeln, ist sehr kostspielig. Wie lässt sich Ihrer Meinung nach diese Situation fair und mit Verständnis füreinander meistern – schließlich muss ein Unternehmen wie MSD auch Geld verdienen? Dr. Lang: Wir müssen – wie schon erwähnt – lernen, weniger sektoral zu denken, um den Gesamtnutzen einer Behandlung zu betrachten. Eine Fokussierung ausschließlich auf einen Tablettenpreis greift zu kurz. Generische Substanzen – lange Zeit nach Patentablauf – sind deshalb keine angemessene Bezugsgröße für die Preisverhandlung. Wie können Sie als MSD zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung beitragen? Dr. Lang: Unsere Aufgabe besteht in der Forschung und Entwicklung neuer Medikamente in Behandlungsgebieten mit hohem medizinischem Bedarf, beispielsweise im Kampf gegen Krebs. Wir setzen uns dafür ein, dass auch in Zukunft eine hochwertige und finanzierbare Versorgung gewährleistet werden kann. Dazu kooperieren wir mit Partnern aus vielen Bereichen des Gesundheitssystems. Gemeinsam setzen wir Versorgungsprogramme um und unterstützen Initiativen zur Verbesserung der Versorgungsqualität.
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Klinikgeschäftsführer: eine schwierige Gratwanderung
Im Gespräch mit Markus Mord vom Marienhospital Stuttgart Geschäftsführer einer großen Klinik zu sein, ist gar nicht so einfach. Die Patienten müssen gut versorgt sein, die Mitarbeiter mit ihren vielen verschiedenen Bedürfnissen ebenfalls zufriedengestellt werden – und nicht zuletzt müssen auch die Finanzen stimmen. Und das, obwohl in unserem Gesundheitswesen an allen Ecken und Enden gespart wird. Und obwohl unsere moderne Medizin immer besser und somit natürlich auch immer teurer wird. Wie bekommt man das alles unter einen Hut? Wir sprachen mit Markus Mord, dem Geschäftsführer der Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH, zu der das Marienhospital Stuttgart gehört. Marion Zerbst und Werner Waldmann 30
Werner Waldmann
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nderen Menschen zu helfen, hat ihn schon immer fasziniert. Und er bekam auch schon in relativ jungen Jahren einen Vorgeschmack von der Arbeit im Krankenhaus. „Von 1990 bis 1992 leistete ich meinen Zivildienst im Margaritenhospital in Schwäbisch Gmünd ab. Ich war der erste Zivi dort, auf der Kinderstation“, erzählt Markus Mord. Auch als er hinterher Betriebswirtschaft studierte, arbeitete er an den Wochenenden und in den Semesterferien weiterhin in der Klinik. „Zwischendurch habe ich auch immer wieder mal in der Industrie gejobbt und in handwerklichen Betrieben
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ausgeholfen. Für mich war immer die Frage wichtig: Wo kann ich am meisten helfen?“ Nach dem Studium absolvierte Markus Mord noch drei Jahre lang eine praxisbezogene Ausbildung an der Berufsakademie: „Da lernte ich verschiedene Einrichtungen der Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH wie das Marienhospital oder auch die Reha-Klinik in Bad Ditzenbach kennen. Dort gefiel es mir sehr gut – gutes Arbeiten, tolles Betriebsklima.“ Als er dann das Angebot bekam, im Marienhospital in der kaufmännischen Verwaltung zu arbeiten, griff er zu. „Dort habe ich alle Facetten des kaufmännischen Klinikmanagements kennengelernt.“
Schauen, dass die Zahlen stimmen … Im Jahr 2004 wurde ihm die Leitung des Bereichs Controlling angeboten. Was tut ein Controller im Krankenhaus? Er ist für die Prüfung und Analyse der Unternehmenszahlen zuständig, muss darauf achten, dass so wirtschaftlich wie möglich gearbeitet wird. Kein einfacher Job – denn die Verhandlungen mit den Kostenträgern, also den Krankenversicherungen und dem Land, sind hart, und es ist eine schwierige Gratwanderung, Sparzwänge, Patientenwohl und Mitarbeiterzufriedenheit miteinander in Einklang zu bringen. 2008 wurde Markus Mord zum Prokuristen ernannt; seit 2013 ist er Geschäftsführer der Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH. Worin sieht er die wichtigsten Aufgaben eines Klinikgeschäftsführers? „Wichtig ist, dass man gut kommunizieren kann, dass man das Miteinander (das gerade in unserem Haus einen hohen Stellenwert hat) auch vorlebt. Außerdem muss man versuchen, die verschiedenen Berufsgruppen auf ein gemeinsames Ziel hinzusteuern.“
Tradition und Fortschritt Schon seit 125 Jahren gibt es das Marienhospital in Stuttgart. Und es hat eine noch viel längere Tradition: Die in Untermarchtal ansässige Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern, die Gesellschafter der Vinzenz von Paul Klinken gGmbH ist, wurde von dem französischen Priester Vinzenz von Paul (1581–1660) gegründet. Diesen Wurzeln entsprechend vereint das Haus Tradition und Fortschritt, Nächstenliebe und Professionalität in sich. „Wir haben durch unseren vinzentinischen Auftrag
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natürlich unsere Schwerpunkte im Bereich der Patientenversorgung und -betreuung. Aber von Anfang an war es dem Marienhospital wichtig, mit an der Spitze der medizinischen Entwicklung zu stehen. Anfang des 20 Jahrhunderts war unser Krankenhaus eine der ersten deutschen Kliniken mit einem eigenen Röntgengerät, heute sind wir das erste Krankenhaus in Südwestdeutschland mit einem MR-HIFU. Dieses medizinische Großgerät ermöglicht Operationen von Myomen und demnächst auch von Krebs ohne Skalpell, nur mit Hilfe von hoch gebündeltem Ultraschall. Wir haben uns in unserer ganzen 125-jährigen Geschichte immer um Mitmenschlichkeit, gepaart mit modernsten medizinischen Verfahren bemüht.“ Zurzeit wird am Marienhospital eine der modernsten Intensivstationen in Stuttgart gebaut und von bisher 20 auf 30 Intensivbetten aufgestockt. „Die beiden Intensivstationen, die bisher räumlich getrennt waren, werden jetzt zusammengeführt. Im Anschluss daran werden wir den OP-Bereich, der auch schon 25 Jahre alt ist, modernisieren: Die OPs werden vergrößert, die Abläufe neu strukturiert und verbessert.“ Auch im Bereich der bildgebenden Untersuchungsmethoden hat sich eine Menge getan. „Wir haben in Partnerschaft mit der Firma Phillips die neuesten, modernsten MRT- und CT-Geräte angeschafft und von der konventionellen auf digitale Röntgendiagnostik umgestellt. PET-CT haben wir schon seit drei Jahren.“ Trotzdem ist im Marienhospital irgendetwas anders als in anderen Kliniken; das merkt man gleich, wenn man es betritt. „Das ist der besondere Geist, der in unserem Krankenhaus herrscht. Wir haben noch 50 Ordensschwestern im Haus, die sich aufgrund ihres Alters allmählich aus der Pflegetätigkeit zurückziehen, aber trotzdem weiterhin präsent bleiben, im Haus unterwegs sind und mit Patienten und Mitarbeitern Kontakt pflegen. Diesen Geist, der bei uns von den Schwestern gelebt wird, werden wir weiterhin auf alle unsere Mitarbeiter übertragen – auch dann, wenn sich die Ordensschwestern irgendwann ganz zurückziehen. Zum Beispiel, dass Vorgesetzte, Ärzte, Pflegekräfte – dass alle Mitarbeiter zueinander und zu den Patienten und Angehörigen ,Grüß Gott‘ sagen. Allein dieses ,Grüß Gott‘ ist eine Wertschätzung. Es bedeutet: Ich nehme dich an; ich nehme mich deiner Fragen
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und Probleme an. Diese kleine Geste hat eine sehr große Wirkung, und diese Atmosphäre versuchen wir in unserem Haus weiter zu vermitteln.“
Information und Beratung Diese Fürsorge zeigt sich auch im umfangreichen Beratungs- und Informationsangebot des Marienhospitals. Da gibt es z. B. die Veranstaltungsreihe „Gesund bleiben – gesund werden“: An jedem ersten und dritten Mittwoch pro Monat finden einstündige Veranstaltungen statt. Sie wenden sich an Kranke und deren Angehörige, aber natürlich auch an gesunde Menschen, die vorbeugend etwas für ihre Gesundheit tun möchten oder einfach nur an medizinischen Themen interessiert sind. Auch im „Infopunkt Gesundheit“ – der Außenstelle des Marienhospitals im Haus der Katholischen Kirche in der Stuttgarter Innenstadt – gibt es ein reichhaltiges Informationsangebot: Neben Beratungen bietet das Marienhospital dort Workshops und Vorträge zu den Themen Gesundheit und Krankheit, Vorbeugung und Behandlung und „Eltern werden – Eltern sein“ an. Vorreiter in Stuttgart war das Marienhospital mit seinem Patienteninformationszentrum, in dem ausgebildete Pflegekräfte, Pflegefachwirte Fachinformationen für Patienten und Angehörige bereithalten. „Die Patienten sind heutzutage sehr wissbegierig. Über Google kann man zwar eine Menge erfahren; aber um die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Antworten zu bekommen, braucht man doch oft die Unterstützung fachlich qualifizierter Mitarbeiter. In unserem Patienteninformationszentrum gibt es Bücher und Fachzeitschriften zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Die Mitarbeiter erklären medizinische Fachbegriffe und helfen beim Recherchieren im Internet.“ Und das Marienhospital bietet seinen Patienten noch mehr: „Stoma- sowie Physiotherapie, Wundversorgung, Diabetes, Seelsorge, Sozialdienst und Pflegeüberleitung – wir haben sehr viele und weitreichende Beratungsangebote. Das ist in unserer Kalkulation zwar oft nicht abgedeckt, aber es ist eben der besondere Mehrwert unseres Hauses.“
Sparen um jeden Preis? Nein! Vom Trend zum zwanghaften Sparen, der sich in unserem heutigen Gesundheitswesen immer mehr abzeichnet, hält Markus Mord nicht viel.
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Immer weniger Krankenhäuser und stattdessen nur noch große medizinische Zentren? Natürlich kann unser Gesundheitssystem dadurch Geld sparen – aber wo bleibt da die wohnortnahe Versorgung? „Ein Krankenhaus, zu dem der Patient 50, 60 oder 70 Kilometer weit fahren muss – wer kann das im Alter denn noch? Klar muss man nicht an jedem Standort alle Leistungen anbieten; aber die Anzahl der Krankenhäuser zu sehr zu reduzieren, halte ich für Irrsinn“, sagt er. „Es heißt zwar immer, dass es zu viele Krankenhausbetten gibt; aber ich kann das nicht bestätigen. Unter der Woche haben wir hier zum Teil eine Belegung von fast 100 %. An Wochenenden, Feiertagen, um die Weihnachtszeit und in den Sommerferien sind es natürlich etwas weniger Patienten. Aber unter der Woche sind die Krankenhäuser recht gut belegt.“ Auch der Mangel an Pflegekräften in Deutschland ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass diese schwere, anstrengende Tätigkeit einfach nicht gut genug entlohnt wird: „Kosten ’runter, Qualität ’rauf – das funktioniert so nicht“, sagt Markus Mord. „Allein schon den Stellenwert der Pflege zu erhöhen, diesen Berufsstand auf einen ,gesellschaftsfähigen‘ Status zu bringen, wird die Politik viel Geld kosten. In unserer Krankenpflegeschule bekommen wir diese Problematik jetzt schon zu spüren: Nach drei Jahren Ausbildung wollen nur noch 70 oder 80 % der Azubis bei uns im Haus bleiben, und zwei Jahre später verabschieden sich noch mal 10 bis 20 %. Die wollen dann entweder studieren oder wandern in andere Branchen ab. Die Belastung ist zu hoch, der Verdienst zu gering; es gibt einfach keine Zukunftsperspektive. Wenn das so weitergeht, stehen wir in ein paar Jahren vor einem großen Dilemma.“ Die Idee, dass eine Klinik wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen geführt werden kann, hält Markus Mord ebenfalls für unsinnig. Natürlich müssen die Zahlen stimmen; aber dass ein kranker Mensch heutzutage in vielen Krankenhäusern nicht mehr als Patient, sondern als Kunde gesehen wird, ist für ihn ein Unding: „Ein Kunde hat immer die Wahl; er muss nicht unbedingt etwas kaufen, und wenn er es tut, kann er zumindest über den Preis verhandeln. Wenn ich dagegen als Patient in ein Krankenhaus komme, habe ich oft keine Wahlmöglichkeit. Deshalb sind Patienten für mich keine Kunden.“
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Es gibt Situationen, da vergessen uns unsere Patienten. Das ist unser höchstes Ziel.
Patientencompliance bedeutet für uns seit mehr als 25 Jahren, dem Menschen ein Höchstmaß an beschwerdefreiem Leben zurückzugeben. Ob national oder international – ob im direkten Kontakt mit dem Patienten oder als zuverlässiger Partner für Krankenhäuser, Kliniken und Ärzte.
KURZE MELDUNGEN Patienten wollen Antibiotika Hausärzte erleben es tagtäglich: Ein Patient kommt mit einer Erkältung in die Praxis und fordert ein Antibiotikum. Viele Ärzte resignieren dann und stellen ein Rezept aus – obwohl sie wissen, dass das Antibiotikum gegen die virusbedingte Infektion absolut nichts nützt. Manche Ärzte machen sich noch die Mühe und erläutern ihrem Patienten, weshalb Antibiotika gegen Virusinfektionen wirkungslos sind. Doch Patienten sind oft uneinsichtig. Sie denken: „Sicher ist sicher“ und: „Das Antibiotikum nützt vielleicht nichts, schadet aber auch nicht“. Doch das ist ein großer Irrtum. Erstens sorgt der massenhafte Antibiotika-Konsum dafür, dass viele Bakterien gegen diese eigentlich lebensrettenden Mittel resistent werden – und das eben leider auch in Fällen, wo man sie dringend brauchen würde. Außerdem sind Antibiotika nicht harmlos: Sie können Nebenwirkungen haben (z. B. allergische Reaktionen mit schwerwiegenden Folgen verursachen). Red.
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Homecare Pneumologie Neonatologie Anästhesie Intensivbeatmung Schlafdiagnostik S E RV I C E Patientenbetreuung
Heinen + Löwenstein Arzbacher Straße 80 D-56130 Bad Ems Telefon: 0 26 03/96 00-0 Fax: 0 26 03/96 00-50 Internet: hul.de
Fortschritte in der Behandlung von Prostatakrebs Die häufige Untersuchung des umstrittenen Blutwerts PSA hat in den vergangenen 30 Jahren die Anzahl festgestellter Prostatakrebserkrankungen massiv ansteigen lassen. Internationale Screening-Studien zeigten, dass dabei nicht nur akut lebensgefährliche Tumore entdeckt wurden, sondern dass auch sehr viele Patienten mit nur kleinen Krebsherden geringer Aggressivität mit der Diagnose „Prostatakrebs“ konfrontiert werden. In solchen Fällen ist nicht unbedingt eine sofortige Radikaloperation bzw. Bestrahlung der Prostata notwendig. Dessen ungeachtet werden diese Eingriffe häufig durchgeführt. Dabei nehmen Patienten Nebenwirkungen und Spätfolgen wie Harninkontinenz und sexuelle Funktionsstörungen in Kauf. Neu sind organschonende Behandlungen von Karzinomen mit niedrigem und mittlerem Risiko, die deutlich weniger Nebenwirkungen versprechen, z. B. die „fokale Therapie“: eine gezielte, das gesunde Drüsengewebe schonende Beseitigung von Tumorherden, die auf einzelne Areale in der Prostatakapsel begrenzt sind. Die Zerstörung der Krebszellen erfolgt u. a. durch hochintensiven Ultraschall. Uniklinikum Marburg
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Cholesterin
Ab wann ist es zu hoch, und wie kann man die Werte senken? Cholesterin ist eine fettähnliche Substanz, die in unserem Organismus wichtige Funktionen erfüllt: Beispielsweise ist es Bestandteil der Zellwände, wird für die Herstellung verschiedener Hormone und zur Bildung von Gallensäuren für die Fettverdauung gebraucht. Es gibt verschiedene Arten von Cholesterin: Das LDL-Cholesterin kann bei zu hohen Werten die Arteriosklerose-Entstehung begünstigen; das HDL-Cholesterin schützt vor Arteriosklerose (und somit auch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Wie hoch dürfen die Cholesterinwerte sein, und was kann man tun, um sie zu senken? Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Klaus Parhofer von der Uniklinik München, der sich auf die Behandlung von Fettstoffwechselstörungen spezialisiert hat. Wie hoch darf das Cholesterin eigentlich sein? Prof. Parhofer: Zielwerte gibt es nur für das LDLCholesterin. Vom Begriff des Gesamtcholesterins ist man abgekommen, denn dahinter versteckt sich ja sowohl das „gute“ als auch das „schlechte“ Cholesterin. Manche Menschen (z. B. Sportler oder andere Leute, die sich viel bewegen) haben vielleicht nur deshalb einen hohen Gesamtcholesterinspiegel, weil das gute HDL-Cholesterin bei ihnen erhöht ist. Und so jemand braucht natürlich keine Behandlung. Ist dagegen das LDL-Cholesterin erhöht, so muss man eher an eine Behandlung denken. Zweitens gibt es für Herz-Kreislauf-gesunde Menschen keinen wirklichen Zielwert, sondern nur ein ideales LDL-Cholesterin: Je niedriger, desto besser! Lediglich bei bestimmten Risikopatienten – z. B. Diabetikern oder Menschen, die schon einmal einen Herzinfarkt oder Schlaganfall durchgemacht haben – ist es sinnvoll, Zielwerte festzulegen. Bei einem Patienten nach so einer Erkrankung würde man z. B. sagen, dass sein LDL-Cholesterin idealerweise unter 70, mindestens aber unter 100 mg/dl liegen sollte. Bei einem Diabetiker, der außerdem noch weitere Risikofaktoren hat (also beispielsweise an Bluthochdruck leidet und womöglich auch noch raucht), wird man einen ähnlich strengen Zielwert definieren. Bei Diabetikern, die „nur“ unter Diabetes leiden und keine weiteren Risikofaktoren haben, würde man den Zielwert dagegen bei 100 mg/dl festlegen.
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Und wenn jemand überhaupt keine weiteren Risikofaktoren, sondern nur ein erhöhtes LDL-Cholesterin hat und auch in seiner Familie keine gehäuften Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgekommen sind, wird man den Grenzwert für eine Behandlung noch höher ansetzen, obwohl auch bei einem solchen Patienten gilt, dass der ideale LDLCholesterinwert unter 100 mg/dl liegt. Es gibt also einen Unterschied zwischen dem Idealwert und dem Wert, ab dem man einen Patienten behandeln sollte? Prof. Parhofer: Genau. Ein zu hohes LDL-Cholesterin ist zwar immer ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen; aber wenn das Risiko eines Menschen insgesamt sehr gering ist, spielt dieser Wert keine so große Rolle. Ist das Herz-KreislaufRisiko dagegen sehr hoch, so kann man durch eine LDL-Cholesterinsenkung viel mehr erreichen. Man versucht also immer abzuschätzen: Wie groß ist das Gesamtrisiko einer Person, im Lauf der nächsten zehn Jahre ein Herz-Kreislauf-Ereignis zu erleiden oder daran zu versterben? Aus dieser Gesamtrisikoabschätzung ergibt sich ein gewisser Zielwert und dann eventuell eben auch die Indikation für eine medikamentöse Behandlung. Zunächst einmal gibt man Patienten mit zu hohem LDL-Cholesterin ja ein Statin – das sind die bekanntesten, am längsten erprobten und bewährten Blutfettsenker. Aber was tut man,
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wenn das Statin nicht ausreicht, um das Cholesterin zu senken? Prof. Parhofer: Für Patienten, die Statine nicht vertragen oder bei denen sich der LDL-Zielwert dadurch allein nicht erreichen lässt, bietet sich eine Kombination aus einem Statin und einem anderen Blutfettsenker (Ezetimib) an. Durch diese KombiTherapie lassen sich die Cholesterinwerte noch stärker senken. Somit ist es sinnvoll, bei Patienten mit zu hohem LDL-Cholesterin erst einmal mit einem Statin zu beginnen und dieses bei Bedarf mit Ezetimib zu kombinieren. Hierfür gibt es ein Kombinationspräparat, das genau für diesen Zweck bestimmt und zugelassen ist: Simvastatin plus Ezetimib (Inegy®). Welche Nebenwirkungen können bei der Einnahme von Statinen auftreten? Prof. Parhofer: Statine sind normalerweise sehr gut verträglich. Die häufigste Nebenwirkung, die sie verursachen können, sind Muskelbeschwerden: Die treten bei 10 bis 15 % aller Patienten auf. Außerdem können Statine wie fast alle Medikamente auch hin und wieder zu einer Leberwerterhöhung führen, die allerdings nur gering ausgeprägt ist. Deshalb ist es sinnvoll, zumindest zu Beginn der Therapie die Leberwerte und auch die Creatinkinase zu kontrollieren – ein Enzym, das bei erhöhten Werten auf eine Schädigung der Muskulatur schließen lässt. Wie äußern sich denn die Muskelprobleme, die unter Statinen auftreten können? Prof. Parhofer: Meist handelt es sich dabei um Muskelschmerzen (ähnlich wie Muskelkater) oder eine Abnahme der Muskelkraft. Dieser Effekt ist dosisabhängig: Je höher die Statindosis, umso eher kann es zu Nebenwirkungen kommen. Daher ist es natürlich schon sinnvoll, relativ früh auf eine Kombinationstherapie umzusteigen – also lieber eine geringere Statindosis zu geben und diese mit dem Ezetimib zu kombinieren. Mit 20 mg Simvastatin plus Ezetimib erzielt man einen ähnlichen Effekt, wie wenn man 80 mg Simvastatin alleine gibt. Und 80 mg Simvastatin verursachen viel mehr Nebenwirkungen als 20 mg. Vor kurzem wurden die Ergebnisse einer neuen Studie mit Simvastatin plus Ezetimib bekannt-
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Zwei Wirkmechanismen, die sich gegenseitig ergänzen Statine hemmen die Cholesterinproduktion in der Leber. Die Leber braucht aber Cholesterin, um Hormone und andere wichtige Substanzen daraus zu bilden. Wenn sie aufgrund des Statins selbst nicht mehr genügend Cholesterin produzieren kann, holt sie sich dieses aus dem Blut. Das führt zu einer Absenkung des LDLCholesterins. Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm und führt auf diese Weise ebenfalls dazu, dass die Leber weniger Cholesterin bekommt und die Cholesterinvorräte im Blut „anzapfen“ muss. Somit ist eine Kombination aus diesen beiden Substanzen besonders effektiv.
gegeben. Können Sie uns dazu etwas Näheres sagen? Prof. Parhofer: An der IMPROVE-IT-Studie nahmen über 18 000 Patienten teil, die ein akutes Koronarsyndrom (also einen starken Angina pectorisAnfall oder Herzinfarkt) erlitten hatten. Die Frage, die die Studie klären sollte, lautete: Bringt es etwas, wenn man das LDL-Cholesterin bei solchen Patienten noch weiter absenkt als 70 mg/dl, und haben sie auch dann einen Nutzen davon, wenn diese Senkung nicht durch ein Statin bewirkt wird? Um das herauszufinden, wurden die Patienten in dieser Studie in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine Gruppe erhielt nur Simvastatin, die andere zusätzlich auch noch Ezetimib. Am Ende der Studie konnte man beide Fragen bejahen: Die Patienten, die die Kombinationstherapie erhalten hatten, erreichten einen LDL-Cholesterinspiegel von knapp 54 mg/dl; bei den anderen, die nur Simvastatin bekommen hatten, lag das LDL-Cholesterin im Durchschnitt bei knapp 70 mg/dl, also deutlich höher. Und bei den Patienten mit den niedrigeren Werten traten tatsächlich weniger Herz-Kreislauf-Probleme wie beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Tod auf. Somit ist IMPROVE-IT die erste Studie, die gezeigt hat, dass ein anderer Blutfettsenker in Kombination mit einem Statin noch einen zusätzlichen Nutzen bringt – und dass 70 mg/dl nicht die absolute Untergrenze sind, sondern eine weite-
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Von guten und schlechten Kohlenhydraten Es gibt schnell und weniger schnell verstoffwechselbare Kohlenhydrate. Die weniger schnell verstoffwechselbaren, bei denen der Zucker nicht so schnell ins Blut geht, sind gesünder – vor allem für Diabetiker und Patienten mit zu hohen Triglyzeridwerten. Schnell verstoffwechselbar Haushaltszucker und alle Lebensmittel und Getränke, die mit solchem Zucker gesüßt sind, Honig, Ahornsirup, Agavensirup etc. Weißmehlprodukte (z. B. Weißbrot, helle Brötchen) Nicht so schnell verstoffwechselbar Kohlenhydrate in ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Vollkornprodukten, Gemüse und Obst
re LDL-Cholesterin-Absenkung bei solchen Risikopatienten günstig ist. Außerdem sind in der IMPROVE-IT-Studie durch die Kombination des Statins mit Ezetimib keine zusätzlichen Nebenwirkungen aufgetreten. Außer Medikamenten legt ein Arzt seinen HerzKreislauf-Patienten ja normalerweise auch Änderungen der Lebensweise ans Herz. Was kann man als Patient selbst tun, um ungünstige Blutfettwerte zu senken? Prof. Parhofer: Inzwischen weiß man, dass eine cholesterinarme Ernährung für die Senkung des Cholesterinspiegels normalerweise nicht viel bringt, da unser Körper den größten Teil seines Cholesterins selbst produziert und wir ihm nur einen geringen Anteil davon mit der Nahrung zuführen. Dennoch wirkt eine herzgesunde Ernährung – arm an gesättigten Fetten (die v. a. in Fleisch und Wurst enthalten sind) und reich an pflanzlichen Fetten (z. B. aus Nüssen, Pflanzenölen) und Fischöl – sich positiv auf die Blutfettwerte aus. Strenge LDLCholesterin-Zielwerte wird man allein über Lebensstilmaßnahmen in der Regel nicht erreichen. Aber es geht ja auch nicht nur um die Blutfette; ein ge-
Prof. Dr. med. Klaus Parhofer Medizinische Klinik und Poliklinik II Klinikum der Universität München Großhadern Marchioninistr. 15 81377 München
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sunder Lebensstil spielt auch unabhängig davon eine wichtige Rolle für die Vorbeugung von HerzKreislauf-Erkrankungen. Dazu gehört neben den „richtigen“ Fetten auch eine Einschränkung des Konsums von schnell verstoffwechselbaren Kohlenhydraten (also Zuckern) und eine Steigerung der körperlichen Aktivität. Außer dem Cholesterin gibt es ja noch eine zweite Kategorie von Blutfetten, nämlich die Triglyzeride. Sind zu hohe Triglyzeridwerte auch schädlich für Herz und Kreislauf? Und wenn ja: Was kann man dagegen tun? Prof. Parhofer: Ähnlich wie Cholesterin kann unser Körper auch Triglyzeride selbst in der Leber bilden. Außerdem sind Triglyzeride in dem Fett enthalten, das wir mit der Nahrung aufnehmen. Zu hohe Triglzeridwerte können das Herz-Kreislauf-Risiko ebenfalls erhöhen, wenn auch nicht so stark wie ein zu hohes LDL-Cholesterin. Leider lassen sich die Triglyzeride medikamentös nicht so gut senken. Hier kann man mit Lebensstilveränderungen sehr viel mehr erreichen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn eine sogenannte kombinierte Fettstoffwechselstörung (zu hohe Triglyzeridwerte, zu hohes LDL-Cholesterin, meist auch noch in Verbindung mit zu niedrigem HDL-Cholesterin) vorliegt. Das ist besonders häufig bei übergewichtigen Menschen oder Typ 2-Diabetikern der Fall. In so einem Fall sollte man – zusätzlich zu etwaigen medikamentösen Maßnahmen zur Senkung des LDL-Cholesterins – seinen Alkoholkonsum einschränken oder völlig auf Alkohol verzichten, weniger schnell verstoffwechselbare Kohlenhydrate zu sich nehmen, den Verzehr tierischer Fette reduzieren und sich mehr bewegen. Wie oft soll man seine Blutfettwerte untersuchen lassen? Prof. Parhofer: Herzgesunden Menschen würde ich empfehlen, das ab dem Erwachsenenalter alle drei bis fünf Jahre zu tun, solange die Werte in Ordnung sind und sich nichts Neues (z. B. eine Gewichtszunahme oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung) ergibt. Bei Risikopatienten sollte man die Werte häufiger kontrollieren. Bei jemandem, der ein cholesterinsenkendes Medikament einnimmt, ist zur Erfolgskontrolle eine Messung der Blutfettwerte alle drei bis sechs Monate sinnvoll.
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Gesundheit beginnt im Kopf
Ein Arzt setzt sich für Prävention ein Der Internist Dr. med. Suso Lederle lebt und praktiziert in Stuttgart. Seit 25 Jahren veranstaltet er unter dem Motto „Gesundheit beginnt im Kopf“ an jedem letzten Mittwoch im Monat im Robert-Bosch-Saal des Treffpunkts Rotebühlplatz seine inzwischen schon zum KultEvent avancierten Gespräche mit bekannten Ärzten zu einem breiten Spektrum medizinischer Fragen. Außerdem wirkt Suso Lederle ab sofort als Botschafter des „Kompass Gesundheit“. Wir haben mit ihm über seine Veranstaltungsreihe und seine Arbeit als Arzt gesprochen. Wie kamen Sie eigentlich dazu, Medizin zu studieren? Dr. Suso Lederle: Ich wollte ursprünglich Psychoanalytiker werden und ging zum Arbeitsamt, um mich nach diesem Beruf zu erkundigen. Damals war ich 16. Dort lag eine Broschüre mit dem Titel „Wie werde ich Psychoanalytiker?“ aus, in der stand, dass man dazu erst einmal Medizin studieren muss. Also tat ich das. Nach dem Medizinstudium in Tübingen absolvierte ich meine internistische Ausbildung am Bürgerhospital bei Prof. Schröder. Von diesem Arzt habe ich vieles gelernt, was über den klassischen Medizinbegriff hinausging: Schröder sah seine Patienten nicht einfach nur als Fälle, sondern als Menschen. Das hat er uns zu vermitteln versucht: dass wir uns intensiv mit der Lebenswelt der Patienten beschäftigen, nach ihrer sozialen und familiären Situation fragen und überhaupt ihre Biografie kennenlernen sollten. Damals war es noch möglich, sich in der Klinik intensiv mit den Menschen auseinanderzusetzen. Wir konnten Patienten durchaus ein, zwei Wochen auf der Station behalten, wenn sie nach einer Operation noch erschöpft waren oder zu Hause vielleicht nicht versorgt werden konnten. Damals hat der Pflegesatz diese Kosten noch abgedeckt; und die Patienten wussten es zu schätzen, dass das Individuelle, Menschliche im Vordergrund stand und eben nicht nur der medizinische „Fall“. Etwas, das heute fast gänzlich verloren gegangen ist – oder? Dr. Suso Lederle: Ja, leider. Unter dem heutigen
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Zeit- und Kostendruck wird der Patient möglichst schnell wieder einigermaßen „repariert“ und entlassen. Die Medizin entwickelt ja immer raffiniertere technische Möglichkeiten, und auf die beschränkt man sich dann. Hilft das dem Patienten wirklich? Dr. Suso Lederle: Natürlich gibt es einen technologischen Fortschritt und viele neue Erkenntnisse in der Medizin, die wir damals noch nicht hatten. Ich will diese neuen Errungenschaften nicht leugnen; doch dabei geht die Erkenntnis verloren, dass wir es mit lebenden Menschen zu tun haben und nicht nur mit Laborwerten und Röntgenbildern. Dass da ein Mensch ist, der leidet, der Probleme hat und seine Krankheit bewältigen muss. Ich glaube, dass das Krankenhaus heute sehr viel seelenloser ist als früher. Aber dafür sind viele Patienten mittlerweile auch viel aufgeklärter. Ich habe im Lauf der letzten zwei, drei Jahrzehnte eine positive Entwicklung beobachtet: dass der heutige Patient nicht mehr passiv und unmündig ist, sondern ein bisschen mehr Selbstbewusstsein hat und auch mehr weiß, sodass er den Ärzten bestimmter gegenübertreten kann und sich vielleicht nicht mehr alles gefallen lässt, was ein ökonomisierter Gesundheitsbetrieb ihm auferlegt.
Das Interview mit Dr. Lederle können Sie auf unserer Homepage in der Mediathek hören: www.kompassgesundheit-bw.de
Wie kamen Sie damals vom Krankenhaus zu Ihrer eigenen Praxis? Dr. Suso Lederle: Prof. Schröder starb 1989, und dann hatten wir plötzlich keinen Chef mehr. Nach
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Dr. med. Suso Lederle ist Initiator der Gesprächsreihe „Gesundheit beginnt im Kopf“ und Botschafter des „Kompass Gesundheit“. Charlottenstraße 4 70182 Stuttgart Tel.: 0711 241774 E-Mail: suso-lederle@tonline.de
seinem Tod blieb ich nur noch so lange in der Klinik, bis ein Nachfolger kam. Es war ein Glücksfall, dass ich eine Praxis angeboten bekam. Und wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, Patienten im Rahmen einer Gesprächsveranstaltung zu informieren? Das haben Sie ja nun immerhin fast 25 Jahre lang mit wachsendem Erfolg praktiziert. Dr. Suso Lederle: Information hat für mich einen sehr hohen Stellenwert. Ich dachte einfach, es tut dem Patienten gut, wenn er mehr weiß, weil er dann besser mit meinen Therapievorschlägen umgehen und seine Krankheit besser bewältigen kann. Die damalige Leiterin im Rotebühlzentrum hat das auch so gesehen. Außerdem hatten wir damals noch den OB Schuster, der ursprünglich von der Gmünder Ersatzkasse gekommen, also auch ein wenig gesundheitspolitisch inspiriert war und mich bei dieser Arbeit unterstützte. So entstand die Idee, eine Veranstaltungsreihe im Rahmen der Volkshochschule zu etablieren, wo Aufklärung ja auch eine wichtige Rolle spielt. Inzwischen haben wir fast 200 Veranstaltungen mit Ärzten hinter uns, die zu einem bestimmten medizinischen Thema ein Gespräch mit mir führen. Wie wurden die ersten Veranstaltungen akzeptiert? So etwas muss sich ja auch erst einmal durchsetzen, oder nicht? Dr. Suso Lederle: Damals kannte man solche Patientenveranstaltungen noch nicht. Es war schwierig, Kollegen zu finden, die bereit waren, sich vor ein Publikum hinzustellen (und das auch noch kostenlos) und dann nicht einfach ein Referat zu halten, wie sie es gewohnt waren, sondern ein medizinisches Thema in Form eines Gesprächs zu behandeln. Die Gesprächsform fand ich deshalb so wich-
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tig, weil sie die Aufmerksamkeit der Zuhörer erhöht – auf diese Weise beschäftigt man sich intensiver mit dem Thema. Doch zunächst gab es keine große Akzeptanz für diese Veranstaltungen, vor allem vonseiten der Kollegen. Aber im Lauf der nächsten Jahre fanden diese Mittwochabende dann allmählich immer mehr Anklang – es waren meistens 200 bis 300 Zuhörer da. Außerdem wurde in der Presse darüber geschrieben; und bald kamen die ersten Anfragen von ärztlichen Kollegen, die ich gar nicht kannte und die mit mir ein solches Gespräch führen wollten. Inzwischen gibt es ja viele Informationsveranstaltungen für Patienten. Trotzdem haben Ihre Gespräche mit den Ärzten gleichbleibend viele Zuhörer. Dr. Suso Lederle: Nach so vielen Jahren weiß man in der Region, dass es diese Veranstaltungsreihe gibt. Dass mittlerweile viele Krankenhäuser auch solche Veranstaltungen anbieten, freut mich. Es ist gut, dass die Ärzte inzwischen merken, dass sie ihre Patienten informieren müssen. Und es gibt auch noch einen anderen Gedanken, der für mich immer wichtig war: dass man sich nicht nur über Krankheiten und deren Entstehung informieren sollte, sonder auch darüber, wie man gesund bleibt. Das war der zweite rote Faden, der mich in meiner beruflichen Tätigkeit stets begleitet hat: Wie kann ich Menschen dazu motivieren, so zu leben, dass sie möglichst gar nicht erst krank werden? Das Wort Prävention ist heute ja in aller Munde. Funktioniert das überhaupt – kann man Menschen wirklich dazu bewegen, gesünder zu leben? Dr. Suso Lederle: Prävention umfasst sehr verschiedene Dinge. Zunächst einmal, dass man auf sein Gewicht achten, gesund essen und sich mehr bewegen soll – also eine gesundheitsbewusste Lebensweise. Prävention bedeutet aber auch, bestimmte Erkrankungen – beispielsweise Bluthochdruck oder Krebs – frühzeitig zu erkennen. Ich finde, man sollte sich nicht mit erhobenem Zeigefinger hinstellen und sagen: Du musst dies oder jenes so und so machen – nur dann kannst du eine Krankheit vermeiden. Man sollte die Menschen einfach informieren und ihnen Gelegenheit geben, über ihr Verhalten nachzudenken und ihre eigenen
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Schlüsse daraus zu ziehen. Wahrscheinlich sind viele Präventionsangebote – auch von Krankenkassen – gerade deshalb nicht so erfolgreich, weil die Menschen da in einer Weise aufgeklärt werden, die eher abschreckend ist. Spielt der Hausarzt heutzutage überhaupt noch eine Rolle? Dr. Suso Lederle: Der Hausarzt hat immer eine zentrale Rolle gespielt und wird auch durch eine hochtechnisierte Medizin nicht verdrängt. Im Gegenteil – gerade jetzt ist er der entscheidende Partner des Patienten, weil er ihm einen Weg durch das Labyrinth dieser fast nicht mehr überschaubaren medizinischen Möglichkeiten und Angebote
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die Bedeutung des Hausarztes in Zukunft eher noch zunehmen wird. Die Patienten scheinen ja immer selbständiger zu werden. Viele informieren sich heute über das Internet, finden dort aber vielleicht nicht immer besonders seriöse Informationen und kommen dann mit gewissen Vorstellungen und Forderungen zu ihrem Hausarzt, nur weil sie auf irgendeiner Webseite etwas gelesen haben … Wie geht man als Arzt damit um? Dr. Suso Lederle: Viele Kollegen sprechen in diesem Zusammenhang etwas kritisch von den „Google-Patienten“. Ich würde sagen: Es ist ja schön, dass man sich informieren kann; allerdings ist das,
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weist: Wann ist eine neue Diagnostik oder Therapie für ihn notwendig und sinnvoll? Insofern ist der Hausarzt kein Basismediziner, der nur die Grundkenntnisse der Medizin beherrscht, sondern er muss eigentlich alles wissen, um seine Patienten gut beraten zu können. Wenn ich Patienten zu Fachärzten oder in Kliniken schicke, wo ihnen Vorschläge für diese oder jene Therapie gemacht werden, kommen diese Patienten anschließend wieder zu mir, um darüber zu sprechen, was ich davon halte. Dieses Vertrauensverhältnis zum Hausarzt finde ich ganz wichtig: dass der Patient da noch mal im Gespräch beraten und ihm seine Entscheidung etwas leichter gemacht wird. Ich würde sagen, dass
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was es da an Angeboten und Informationen gibt, inzwischen fast schon nicht mehr überschaubar. Ich finde es wichtig, dass ein Patient informiert ist, weil er dann viel bessere Fragen an seinen Arzt stellen kann. Und ich empfinde es auch nicht unbedingt als lästig oder zu zeitraubend, dem Patienten alles zu erklären, was er noch nicht verstanden hat. Die seriösen Informationen im Internet zu nutzen, halte ich für einen ganz großen Vorteil; und alles in allem würde ich sagen: Leute, die ein bisschen gesunden Menschenverstand mitbringen, werden auch in der Lage sein, das Wichtige und Richtige von falschen oder rein kommerziell motivierten Informationen zu unterscheiden.
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Viele Menschen trinken zu wenig!
Das richtige Wasser für Ihre Gesundheit Mindestens 2,6 Liter Flüssigkeit sollten wir pro Tag zu uns nehmen. Das schaffen viele Leute nicht: Über dem Stress des Alltags oder der Arbeit vergessen wir das Trinken. Im Alter lässt das Durstgefühl ohnehin nach; und wer auf sein Gewicht achten muss, weiß oft schlichtweg nicht, was er trinken soll: Viele Getränke enthalten ja doch eine Menge Kalorien oder schmecken ungesüßt nicht. Aber es gibt auch kalorienarme Alternativen; und selbst Wasser kann ein Genuss sein – wenn es das richtige ist. Marion Zerbst
Warum Wassermangel so gefährlich ist Der menschliche Körper braucht Wasser zum Transport von Nährstoffen und für die Beseitigung von Abfallstoffen. Flüssigkeitsmangel (der immer dann auftritt, wenn wir unserem Körper weniger Flüssigkeit zuführen, als er durch Schwitzen, Atmen usw. verliert) beeinträchtigt diese Vorgänge. Außerdem wird dadurch auch das Gehirn in seiner Funktion beeinträchtigt, und das Blut wird dicker, was das Schlaganfallrisiko erhöht. Sogar die Sehkraft lässt nach, wenn man dauerhaft zu wenig trinkt. Bei Stress oder bei Arbeiten, die unsere ganze Konzentration erfordern, vergessen wir das Trinken leicht. Stellen Sie sich daher immer eine Wasserflasche in Sichtweite – am besten auf Ihren Schreibtisch!
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iele Menschen meinen, man solle gegen den Durst am besten Leitungswasser trinken; das koste nicht viel und sei schließlich ein gesundes, gut kontrolliertes Lebensmittel. Da ist sicherlich etwas Wahres dran: Leitungswasser wird in Deutschland aus Grundwasser und Oberflächenwasser (Seen, Talsperren, Flüssen) gewonnen. Da solches Wasser aber natürlich selten hundertprozentig sauber ist, wird es vor der Einspeisung in die Rohrleitungen normalerweise aufbereitet – es muss von unerwünschten Stoffen gereinigt und mit verschiedenen Chemikalien (beispielsweise Chlor zur Desinfektion) versetzt werden. „Natürlich“ ist es in dem Augenblick, in dem es aus Ihrem Wasserhahn kommt, also nicht mehr. Außerdem kann jedes Wasser nur so gut und hygienisch sein wie die Leitungen, durch die es fließt: Veraltete oder defekte Leitungen können Schadstoffe (z. B. Schwermetalle wie Blei oder Kadmium) ins Wasser abgeben. Da ist es doch viel gesünder, Mineralwasser zu trinken: Dieses Wasser ist rein, frei von chemischen Zusatzstoffen und hat viele wertvolle Inhaltsstoffe. Denn Mineralwasser stammt aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen und wird direkt an der Quelle in die für den Endverbraucher bestimmten Flaschen abgefüllt. Es entsteht aus Regenwasser, das in den Boden eindringt, sich auf seinem Weg durch die Gesteinsschichten reinigt und dabei gleichzeitig verschiedene Mineralien und Spurenelemente aufnimmt. (Wenn es vulkanische Gesteinsschichten durchläuft, reichert es sich auch mit Kohlensäure an.) Das Wasser sickert so lange, bis es auf eine undurchlässige Bodenschicht trifft, und sammelt sich dort. Zur Gewinnung wird es über Edelstahlrohre an die Erdoberfläche gepumpt. Somit ist Mineralwasser ein Naturprodukt – und das einzige Lebensmittel in Deutschland, das amtlich anerkannt werden muss. Erst dann darf es die Bezeichnung „natürliches Mineralwasser“ tragen.
Qualität hat ihren Preis Wer sein Leitungswasser im SodaStream aufsprudelt, kommt also vielleicht billiger weg als beim Kauf von „echtem“ Mineralwasser – aber gesünder ist das keineswegs. Denn abgesehen von dem hohen Grad an Reinheit und Naturbelassenheit, den Trinkwasser nun einmal nicht hat, fehlen ihm auch die wertvollen Mineralstoffe und Spurenelemente,
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Kalziumreiches Mineralwasser – die ideale Osteoporose-Prophylaxe Unser Körper kann nur geringe Mengen an Kalzium speichern. Daher ist es wichtig, kalziumreiche Lebensmittel zu sich zu nehmen – am besten mehrmals am Tag. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine tägliche Aufnahme von rund 1000 mg Kalzium; ab dem 50. Lebensjahr sollten es sogar 1200 mg pro Tag sein. Besonders wichtig ist der Konsum von kalziumreichem Mineralwasser für Menschen, die an einer Laktoseintoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit) leiden und ihren Kalziumbedarf daher nicht über Milchprodukte decken können. Die Einnahme von Kalziumtabletten ist nicht empfehlenswert, denn sie erhöht, wie neuere Untersuchungen zeigen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für das Trinken von Mineralwasser spricht außerdem die optimale Bioverfügbarkeit des dort enthaltenen, natürlich gelösten Kalziums: 84% davon kann der Körper aufnehmen – mehr als aus anderen Lebensmitteln wie beispielsweise Milchprodukten, die außerdem teilweise ziemlich kalorienreich sind. Also am besten regelmäßig über den Tag verteilt Mineralwasser trinken – so ist Ihre Kalziumversorgung am besten gewährleistet!
die im Mineralwasser drin sind: • Magnesium beugt Muskelkrämpfen vor und setzt die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herab, schützt also vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Außerdem erhöht es die Konzentrationsfähigkeit und hilft uns, besser mit Stress umzugehen, weil es unser inneres Erregungsniveau senkt. • Sulfat fördert die Funktion von Gallenblase und Bauchspeicheldrüse, unterstützt damit die Verdauung und trägt außerdem zur Festigkeit von Haut und Haaren bei. • Chlorid reguliert den Wasserhaushalt und ist wichtig für die Magensäureproduktion. • Hydrogencarbonat unterstützt die Muskel- und Nervenfunktion und sorgt für ein ausgewogenes Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper. Es bindet überschüssige Säure im Magen und hilft daher gegen Sodbrennen. Außerdem beeinflusst es den Fettstoffwechsel günstig und beugt der Bildung von Harn- und Nierensteinen vor. • Fluor ist wichtig für gesunde Zähne. • Der wertvollste in Mineralwasser enthaltene Mineralstoff aber ist das Kalzium, denn es ist für den Knochenaufbau unerlässlich und beugt der Entstehung einer Osteoporose vor. Da all diese Stoffe in Mineralwasser in gelöster Form vorliegen, kann der Körper sie besonders gut aufnehmen und verwerten.
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Direktsaftschorlen – ein gesunder Genuss Beim Kauf von Säften sollte man immer darauf achten, dass es sich um Direktsaft handelt und dass sie nicht aus Saftkonzentrat hergestellt wurden, denn Direktsäfte sind weitgehend naturbelassen: Bei ihrer Herstellung werden die frischen Früchte gewaschen, zerkleinert und nur durch schonendes Kurzzeiterhitzen (Pasteurisation) haltbar gemacht. So bleiben die Vitamine und Pflanzenwirkstoffe weitgehendst erhalten. Und es wird auch kein Zucker zugesetzt, sodass Direktsaft nur den fruchteigenen Zucker enthält. Beim Konzentrat dagegen wird dem frisch gepressten Saft nach dem Pressen das Wasser entzogen; dabei gehen Aromen und Vitamine großenteils verloren. Durch Zugabe von Wasser und Aromen wird der Saft dann wiederhergestellt. Saft aus Konzentrat muss entsprechend gekennzeichnet sein („aus Konzentrat“).
Es muss nicht immer Wasser sein … Selbst Menschen, die auf ihre schlanke Linie achten müssen, wollen vielleicht nicht immer Wasser trinken. Doch Vorsicht: Die meisten im Handel erhältlichen Limonaden und Säfte sind aufgrund ihres hohen Zuckergehalts echte Kalorienbomben! Besser ist es, sich seine Säfte selbst zuzubereiten – Zitrusfrüchte kann man auspressen, anderes Obst (Melonen, Pfirsiche, Beeren) entweder entsaften oder pürieren. Solche Fruchtzubereitungen enthalten noch alle wertvollen Vitamine und Pflanzenstoffe und haben nur den natürlichen Fruchtzuckergehalt – den man verringern kann, indem man sie je nach Geschmack mit stillem oder kohlensäurehaltigem Mineralwasser versetzt. So entsteht eine erfrischende Schorle – das ideale Sommergetränk, aber auch im Winter wichtig, da wir in dieser Jahreszeit viele Vitamine brauchen, um uns vor Erkältungen zu schützen. Natürlich kann man solche Schorlen (Mineralwasser mit mindestens 50 % Saftanteil) auch fertig kaufen, sollte dann aber darauf achten, dass sie nicht zu viel Zucker enthalten.
Wasser als Medizin Auch Heilwasser stammt aus unterirdischen, vor Verunreinigung geschützten Wasservorkommen und wird direkt an der Quelle abgefüllt. Im Gegensatz zum Mineralwasser unterliegt es aber dem Arzneimittelgesetz und bedarf einer amtlichen Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Dank seiner besonderen Kombination aus Mineralstoffen und Spurenelementen besitzt es nämlich vorbeugende, lindernde oder heilende Wirkungen, die wissenschaftlich nachgewiesen sein müssen. In jedem Heilwasser dominieren bestimmte Mineralstoffe, die für seine spezielle gesundheitsfördernde Wirkung verantwortlich sind.
Tipps für Genießer Wasser ist „in“: Der durchschnittliche Wasserverbrauch (Mineral- und Heilwasser) pro Kopf ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und liegt jetzt bei über 143 Litern pro Kopf. Viele Firmen stellen ihren Mitarbeitern das tägliche Mineralwasser mittlerweile sogar kostenlos, weil sie wissen, dass diese dann leistungsfähiger sind. Und auch Schüler dürfen ihre Wasserflaschen inzwischen
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schon in den Unterricht mitnehmen. Aber Wasser ist nicht nur gesund, sondern kann auch ein Genuss sein – jedes schmeckt ein bisschen anders. Als Begleitgetränk zu einem guten Essen eignen sich am besten ausgewogen mineralisierte Wässer wie Aqua Römer, Göppinger oder Römerquelle. Zu einem stark säurehaltigen Wein wie beispielsweise Riesling trinkt man am besten ein stilles Wasser, um die zusätzliche Kohlensäure zu vermeiden; zu einem schweren Rotwein hingegen passt eher ein Mineralwasser „medium“ mit mittlerem Kohlensäuregehalt, da dieses die Aromen des Weins am besten zur Geltung bringt.
Mehrwegflaschen – für die Umwelt und für Ihre Gesundheit Glasflaschen haben den Vorteil, dass keine unerwünschten Inhaltsstoffe aus dem Behältnis in das Wasser übergehen können. Allerdings sind sie ziemlich schwer – in unserem heutigen Zeitalter der Mehrwegflaschen und Rückenschmerzen ein echter Nachteil. Wer will schon ständig schwere Getränkekisten hin und her schleppen? Da sind Plastikflaschen doch deutlich angenehmer zu transportieren. Aber Vorsicht vor Billig-Mineralwässern: Diese werden normalerweise in einfachen geblasenen Plastikflaschen geliefert. Das sind zwar auch Pfandflaschen; aber sie werden nicht in den Flaschenkreislauf zurückgeführt, sondern im Automaten für die Leergutannahme geschreddert und entsorgt. Außerdem können sie gesundheitsschädliche Weichmacher an den Inhalt der Flaschen abgeben und somit unter Umständen auch den Geschmack des Wassers beeinträchtigen. Besser ist es daher, zu hochwertigen Mineralwässern in PET-Mehrwegflaschen zu greifen: Diese werden gereinigt und können bis zu 25-mal wiederbefüllt werden; außerdem enthalten sie Blocker, die verhindern, dass die Weichmacher ins Wasser übergehen.
Dieses Logo verrät Ihnen, dass es sich um eine umweltfreundliche Mehrwegflasche handelt.
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Termine Gesundheit beginnt im Kopf TREFFPUNKT Rotebühlplatz Stuttgart Rotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart 25.02.2015 20.00 Uhr Lebe Balance – Ein Programm für innere Stärke und Achtsamkeit Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Dipl. Psych. Lisa Lyssenko (Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Uni Freiburg) und Dietrich Duncker (Sportpädagoge AOK) Das Lebenstempo steigt, der Alltag nimmt einen fast pausenlos in Beschlag. Doch wer sich ständig beeilt,
Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG
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verliert irgendwann stressgeplagt seine innere Balance. Dann hilft nur, die eigene Haltung zu überprüfen und
Frau / Herr
achtsamer mit sich umzugehen. Eine Veranstaltung im Rahmen der AOK-Gesundheits-
Vorname
wochen.
Nachname 25.03.2015 20.00 Uhr Schlafapnoe – Atemlos in der Nacht Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Dipl. Psych. Sabine Eller (Leiterin Schlaflabor Schillerhöhe) und Werner Waldmann (Vorsitzender Bundesverband Schlafapnoe und Schlafstörungen) Mindestens 10 % der Bevölkerung leiden an Einund Durchschlafstörungen. Nicht wenige von ihnen haben ein Schlaf-Apnoe-Syndrom. Betroffen sind meist Schnarcher, die im Schlaf immer wieder nach Luft ringen und am Tag übermüdet sind. Ist es nur ein harmloses Schnarchen oder doch eine Schlafapnoe? Das sollte in einem Schlaflabor abgeklärt werden, denn es gibt erfolgreiche Maßnahmen gegen schlafbezogene Atemstörungen.
29.04.2015 20.00 Uhr Krebs – Welcher Weg führt aus der Krankheit? Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Dr. med. Emil Höring Knapp 500 000 Menschen in Deutschland erfahren jedes Jahr, dass sie an Krebs erkrankt sind. Wie kann es dann weitergehen? Den Krebs zellbiologisch typisieren, wenn möglich den Tumor entfernen, Chemotherapie individuell angepasst verabreichen, Bestrahlung zielgenau dosieren – alles so schonend wie möglich. Denn länger leben bei guter Lebensqualität bleibt das wichtigste Ziel. Was ist von neuen Therapieansätzen zu erwarten?
Straße und Hausnummer PLZ Ort Tel. E-Mail Datum / Unterschrift Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich die Vereinbarung innerhalb einer Woche bei MEDITEXT DR. ANTONIC (Leser-Service, Postfach 3131, 73751 Ostfildern) widerrufen kann. Die Frist beginnt mit Absendung dieses Formulars. Faxen Sie Ihre Bestellung an 0711 7656590 oder senden Sie diese in einem Briefumschlag an: MEDITEXT DR. ANTONIC Postfach 3131 73751 Ostfildern
Der nächste Kompass Gesundheit erscheint im April 2015
Seit über 150 Jahren haben wir eine Mission: Unser Ziel ist die Entwicklung von innovativen Medikamenten in den Bereichen Herz-Kreislauf, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, chronischentzündliche Erkrankungen von Gelenken, Haut und Darm sowie degenerative Gelenkerkrankungen und Osteoporose, Infektionskrankheiten, Erkrankungen der Atemwege und des Nervensystems sowie in der Schmerz- und Krebstherapie, Augenheilkunde und in der Frauengesundheit.
Mehr als Medikamente. Es geht um Gesundheit. Im Mittelpunkt stehen die
Wir unterstützen Patienten und Betroffene im Umgang mit ihrer Erkrankung, indem wir aufklären, Patientenprogramme durchführen und die Gebrauchsinformationen unserer Medikamente verständlich gestalten. Mit vielen Partnern arbeiten wir an gemeinsamen Lösungen für mehr Gesundheit. Durch nachhaltige Förderprogramme übernehmen wir Verantwortung für einen besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung und Medikamenten weltweit und engagieren uns für unsere Gesellschaft vor Ort. :HLWHUH ,QIRUPDWLRQHQ ¿QGHQ 6LH XQWHU www.msd.de
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