Kompass Gesundheit BW 2 2018

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Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FĂœR BADEN-WĂœRTTEMBERG

Nr. 2 2018

Netzhauterkrankungen Hilfe beim Reizdarmsyndrom Neues zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

7. Jahrgang www.kompass-gesundheit-bw.de

Neuest e Erkenn tnisse aus der Medizin

In Zusammenarbeit mit


AOK – Die Gesundheitskasse Neckar-Fils

/16 · Foto: peterheck.de

Mit dem AOK-HausarztProgramm und dem AOK-FacharztProgramm bieten wir Ihnen beste Voraussetzungen für ein ne optimale medizinische Versorgung. Dazu gehören eine ausführlichere Beratung, eine ganzheitliche und individuell auf Sie abgestimmte Behandlung, kürzere Wartezeiten in der Praxis und vieles mehr. Näheres erfahren Sie im AOK-KundenCenter und unter aok--bw.de

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Damit sich Ärzte noch besser um m Sie kümmern.


editorial Liebe Leserin, lieber Leser, ich möchte mit einer Geschichte beginnen. Rudolf W. war gerade 42 Jahre alt geworden, sportlich, lebenshungrig, ehrgeizig und in seinem Beruf als Verlagsmanager sehr erfolgreich. Mit den Augen hatte er noch nie Probleme gehabt. Er achtete sehr auf seine Gesundheit. Über seine Augen machte er sich allerdings keine Gedanken. Er sah perfekt. Dachte er. Seit ein paar Monaten fiel ihm jedoch im rechten Auge am unteren Rand eine Art Lichtblitz auf. Einbildung? Überarbeitung? Der Augenarzt beruhigte ihn. Alles im grünen Bereich. Es ging ein halbes Jahr vorbei und die Lichtblitze wurden stärker. In der Ambulanz der Augenklinik führte eine junge Ärztin die Voruntersuchung durch. Alles wohl Einbildung, sagte Rudolf. „Nein“, erwiderte die Ärztin, „keine Einbildung. Sie haben einen Tumor im Auge.“ Dieser Satz erwischte ihn kalt. Rudolf hatte ein Melanom im Auge. Einen bösartigen Tumor. Das Auge wurde entfernt und Rudolf erhielt eine Prothese. Offenbar noch rechtzeitig, denn der Tumor hatte noch nicht gestreut.

Werner Waldmann ist Medizinjournalist und leitet die Redaktion von „Kompass Gesundheit“.

Die Augen sind unser wichtigster Sinn und leider vernachlässigen wir sie häufig. Auch wir haben im „Kompass Gesundheit“ noch nie darüber berichtet. Das soll sich ändern. Heute haben wir uns Netzhauterkrankungen vorgenommen. Einer der leitenden Oberärzte der renommierten Universitäts-Augenklinik Tübingen erklärt, bei welchen Symptomen Sie rasch zu einem guten Augenarzt gehen sollten. Der Chef der Esslinger Kardiologie, Prof. Matthias Leschke, veranstaltet seit vielen Jahren die zweitägige Fortbildung „Medizin aktuell“ für die niedergelassenen Kollegen. Diese Veranstaltung, bei der die neuesten Erkenntnisse der Inneren Medizin vermittelt werden, gilt inzwischen als Kultveranstaltung. Auch darüber berichten wir in dieser Ausgabe. Aus der Klinik wird man heutzutage ziemlich schnell entlassen und da ist es, insbesondere für ältere und alleinstehende Menschen, essenziell, dass die Behandlung zu Hause nahtlos weiterläuft. In der Vergangenheit ging das oft schief. Heute ist das Entlassmanagement gesetzlich vorgeschrieben. Die Mitarbeiter der Klinik müssen dafür sorgen, dass die hausärztliche Weiterbehandlung garantiert ist. Die AOK in Baden-Württemberg hat nun ein Pilotprojekt gestartet, um herauszufinden, wie man das Entlassmanagement perfektionieren kann. Der Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils, Johannes Bauernfeind, berichtet darüber. Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre.

Ihr Werner Waldmann

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Impressum Kompass Gesundheit – Das Magazin für Baden-Württemberg Herausgeber: Dr. Magda Antonic Redaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.)

Verlag: MEDITEXT Dr. Antonic Verlagsleitung: Dr. Magda Antonic Panoramastr. 6; D-73760 Ostfildern Tel.: 0711 7656494; Fax: 0711 7656590 dr.antonic@meditext-online.de; www.meditext-online.de www.kompass-gesundheit-bw.de

Botschafter: Dr. med. Suso Lederle, Prof. Dr. med. Matthias Leschke Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Tilo Andus, Prof. Dr. med. Walter-Erich Aulitzky, Dr. med. CarlLudwig v. Ballestrem, Prof. Dr. med. Hansjörg Bäzner, Prof. Dr. med. Gerd Becker, Dr. med. Wolfgang Bosch, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Dr. med. Ernst Bühler, Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger, Dipl.-Psych. Sabine Eller, Prof. Dr. med. Ulrich Franke, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Rainer Graneis, Dr. med. Christian Hayd, Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Bodo Klump, Prof. Dr. med. Monika Kellerer, Prof. Dr. med. Alfred Königsrainer, Dr. med. Klaus Kraft, Prof. Dr. med. Matthias Leschke, Prof. Dr. med. Ulrich Liener, Prof. Dr. med. Alfred Lindner, Prof. Dr. med. Ralf Lobmann, Dr. Tobias Meile, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Prof. Dr. med. Thomas Nordt, Dr. med. Jürgen Nothwang, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Dr. med. Martin Runge, Dr. med. Norbert Smetak, Dr. med. Wolfgang Sperber, Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Prof. Dr. med. Thomas Strowitzki, Dr. med. Bernd Voggenreiter, Holger Woehrle, Dr. med. Sieglind Zehnle Gesundheitspolitik: Markus Grübel (MdB), Michael Hennrich (MdB) Redaktion: Dr. J. Roxanne Dossak, Ursula Pieper, Marion Zerbst Art Direction: Dr. Magda Antonic Herstellung: Barbara Schüler Druck: Druckerei Mack GmbH Fotos: Cover: © cocoparisienne/pixabay.com; S. 6: © Serg Zastavkin/shutterstock.com; S. 7, 8: © Servier; S. 10: © Prof. Krzizok und Kollegen, Augenpraxisklinik Esslingen; S. 12/13: © Werner Waldmann; S. 14/15: © Dmytro Flisak/ shutterstock.com; S. 16: © Gal Csilla/shutterstock.com; S. 18: © Olena Yakobchuk/shutterstock.com; S. 20: medius KLINIKEN; S. 22: © seagul/pixabay.com; S. 24: © StockSnap/pixabay.com; S. 28: © Tommy Lee Walker/ shutterstock. com; S. 30/31: © Boris Ryaposov/shutterstock.com; S. 36/37: © TairA/shutterstock.com; S. 42/43 © Edgar G Biehle/shutterstock.com; für die Autoren- und Ärzteporträts liegen die Rechte bei den abgebildeten Personen. Alle anderen Fotos: MEDITEXT Dr. Antonic

Wichtiger Hinweis: Medizin als Wissenschaft ist ständig im Fluss. Soweit in dieser Zeitschrift eine Applikation oder Dosierung angegeben ist, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Redaktion und Verlag größte Mühe darauf verwandt haben, dass diese Angaben genau dem Wissensstand bei Drucklegung der Zeitschrift entsprachen. Dennoch sollte jeder Benutzer die Beipackzettel der verwendeten Medikamente selbst prüfen, um in eigener Verantwortung festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Leser außerhalb der Bundesrepublik Deutschland müssen sich nach den Vorschriften der für sie zuständigen Behörden richten. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) müssen nicht besonders kenntlich gemacht sein. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung von MEDITEXT Dr. Antonic strafbar. Die Redaktion behält sich die Bearbeitung von Beiträgen vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Abbildungen wird keine Haftung übernommen. Mit Namen gezeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Esslingen.

Ein Einzelheft ist zum Preis von 1,60 Euro (zzgl. Versandkosten) beim Verlag erhältlich. Copyright © 2018 by MEDITEXT Dr. Antonic, 73760 Ostfildern

ISSN 2194-5438

Haut, Hypnose, Sportmedizin, Krebsgesprächskreis – viele Themen am 25. Mai

VdK-Kreisverband Stuttgart lädt in den Kursaal Bad Cannstatt ein it einer breiten Themenpalette bei den Vorträgen und einem bunten Rahmenprogramm kann der Gesundheitstag 2018 des VdK-Kreisverbands Stuttgart in Bad Cannstatt aufwarten. Die traditionelle Veranstaltung im Großen Kursaal findet dieses Jahr am Freitag, 25. Mai, statt. Es geht diesmal um Hauterkrankungen ebenso wie um Hypnose, oder auch um wertvolle Informationen zu einem Gesprächskreis für Angehörige krebskranker Menschen. Außerdem wird ein Sportwissenschaftler die Bedeutung der Bewegung für die Erhaltung und Erlangung der Gesundheit darlegen. Der Heilpraktiker, Klinikbegründer und Autor Wolfgang Spiller spricht über das Thema „Hauterkrankungen naturheilkundlich behandeln“. Die Hypnosetherapeutin Doris Rauskolp referiert über „Sachgemäße Anwendung von Hypnose und Selbsthypnose“. Und der Sozialphilosoph Ulrich Imming, der auf der letzten Stuttgarter VdKKreisverbandskonferenz ein vielbeachtetes Referat über das Ehrenamt gehalten hatte, hält am 25. Mai den Vortrag „Humoriges über die Haut“.

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Wie bei allen Gesundheitstagen des VdK-Kreisverbands Stuttgart dürfen sich die Besucher über eine Kaffeepause zum Austauschen und informieren an den Ausstellungsständen sowie über ein attraktives kulturelles Begleitprogramm freuen. Am 25. Mai sind flotte Musik und Gesang der 1960er-Jahre angesagt. Die mehrstündige Nachmittagsveranstaltung beginnt um 14 Uhr. Saalöffnung ist gegen 13.30 Uhr, Veranstaltungsende gegen 17.30 Uhr. Auch die begleitende Reha- und Gesundheitsausstellung im Foyer startet um 13.30 Uhr. Da stellen unter anderem die VdK Patienten- und Wohnberatung Baden-Württemberg, der Naturheilverein, das Rehabilitationszentrum ZAR, die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg und die Stuttgarter Mineralbäder aus. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Große Kursaal in Bad Cannstatt ist bequem per UBahn-Linie 2 bis Haltestelle „Kursaal“ zu erreichen. Auch ein Parkhaus gibt es am Kursaal.

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inhalt Woran erkennt man Netzhauterkrankungen, und wie werden sie behandelt?

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Wie Glasaugen gefertigt werden

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Testen Sie Ihre Augen

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Das Gesundheitsgespräch mit Johannes Bauernfeind: Endlich raus aus dem Krankenhaus – und was nun?

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Neues medius TUMORZENTRUM mit modernster Strahlentherapie

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Eltern-Kind-Therapie am Klinikum Christophsbad – ein neues Konzept

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Neues zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

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Vierfach-Grippeimpfstoff auch für Kassenpatienten

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Anästhesistenkongress: Nürnberg, 25. bis 27. April 2018

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Neue Plattform erleichtert Meldeprozess von Nebenwirkungen

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Was tun gegen das Reizdarmsyndrom?

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Neueste Erkenntnisse aus der Medizin

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Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Dresden

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Orthopädiemechaniker: ein weitgehend unbekannter, aber interessanter Beruf

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Popel, Borke, Nasengold: In der Nase bohren – pfui!

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Esslinger „Frauenselbsthilfe nach Krebs“ feiert Jubiläum

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Rubriken

Impressum 4 | Aboformular 44 | Veranstaltungen 46 |

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Makuladegeneration, diabetische Retinopathie & Co.:

Woran erkennt man Netzhauterkrankungen, und wie werden sie behandelt? Netzhauterkrankungen gehören zu den häufigsten Erblindungsursachen. Da die Heilungschancen bei frühzeitiger Entdeckung am besten sind, sollte jeder wissen, welche Symptome bei einer Netzhauterkrankung auftreten können und wann man sofort zum Augenarzt gehen muss. Bis zu einem gewissen Grad kann man Augenleiden aber auch durch eine gesunde Lebensweise vorbeugen. Wir sprachen mit Dr. med. Michael Partsch von der UniversitätsAugenklinik in Tübingen.

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Viele Menschen erkranken im Alter an einer Makuladegeneration, die ihr Sehvermögen oft erheblich einschränkt. Wie kommt es dazu? Dr. med. Michael Partsch: Die Makuladegeneration ist die häufigste Erblindungsursache bei Menschen jenseits des 65. Lebensjahrs. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Folge des Alterungsprozesses, also eine degenerative Netzhauterkrankung: Da dieser Teil des Auges einem besonders hohen Stoffwechsel unterliegt, lagern sich im Lauf des Lebens Stoffwechselendprodukte (sogenannten Drusen) unter der Netzhaut ab – vor allem im Bereich des schärfsten Sehens, der Makula. Dadurch werden die darüber liegenden Sehzellen geschädigt. Neben dem Alter spielen auch erbliche Faktoren eine wichtige Rolle: In welchem Lebensjahrzehnt die Makuladegeneration auftritt, ist genetisch festgelegt. Wenn Ihre Mutter mit 85 eine Makuladegeneration bekommen hat, ist es also sehr wahrscheinlich, dass Sie im selben Alter daran erkranken werden. Ein kleiner Trost: Nicht jeder Mensch wird alt genug, um das zu erleben. Degenerative Erkrankungen haben ja oft auch etwas mit der Lebensweise zu tun. Kann man sich durch einen gesunden Lebensstil vor der Makuladegeneration schützen oder sie zumindest hinauszögern? Dr. med. Michael Partsch: Frauen, welche rauchen und unter einem erhöhten Blutdruck leiden, haben ein erhöhtes Risiko. Durch Nichtrauchen und eine gute Blutdruckeinstellung kann man seinen Augen also etwas Gutes tun. Auch UV-Lichtexposition – sprich: wenn man sich zu oft der Sonne aussetzt, ohne eine Sonnenbrille mit UV-Schutz zu tragen – gehört vermutlich zu den Risikofaktoren für eine Makuladegeneration. Im Übrigen ist heutzutage ja das Stichwort „Nahrungsergänzungsmittel“ in aller Munde. Auch solche Präparate werden von manchen Ärzten zur Vorbeugung einer Makuladegeneration empfohlen. Das Problem ist nur: Es gibt keine Langzeitstudien dazu – wir wissen nicht, wie lange und ab welchem Lebensalter solche Präparate eingenommen werden müssen, um überhaupt einen positiven Effekt zu erzielen.

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Um was für Nahrungsergänzungsmittel handelt es sich dabei? Dr. med. Michael Partsch: Eigentlich sind es Bestandteile unserer täglichen Nahrung, die in den verschiedenen Präparaten in unterschiedlicher Konzentration enthalten sind. Doch in Europa herrscht ja in der Regel keine Mangelernährung. Wer sich gesund und bunt ernährt (also Obst und Gemüse in möglichst vielen verschiedenen Farben zu sich nimmt), macht auf jeden Fall das Richtige – und braucht dann eigentlich auch keine Nahrungsergänzungsmittel. An welchen Symptomen erkennt man diese Erkrankung? Dr. med. Michael Partsch: Es gibt zwei verschiedene Formen der altersbedingten Makuladegeneration: die trockene und die feuchte. Die Krankheit beginnt immer zuerst mit der trockenen Verlaufsform, bei der sich – wie gesagt – Ablagerungen unter der Netzhaut bilden. Diese verursachen zunächst überhaupt keine Symptome, das heißt, der Patient merkt gar nichts davon; aber der Augenarzt kann die Ablagerungen bereits feststellen. Bei etwa 10 bis 15 % der Patienten geht die tro-

Welche Funktionen erfüllen Netzhaut und Makula? Glaskörper Lederhaut Linse Makula (gelber Fleck) Hornhaut Sehnerv Iris Netzhaut Ziliarkörper Aderhaut

Die Netzhaut (Retina) ist die vorderste Schicht der inneren Augenwand, die die lichtempfindlichen Sehzellen trägt. Die Makula ist der Teil der Netzhaut mit dem höchsten Auflösungsvermögen, also die Stelle des schärfsten Sehens. Die Aufgabe der Netzhaut besteht darin, das Licht, nachdem es Hornhaut, Linse und Glaskörper durchquert hat, in elektrische Impulse umzuwandeln. Diese Impulse werden über den Sehnerv ans Gehirn weitergeleitet.

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Makuladegeneration

Diabetische Retinopathie

Abb. oben: Aus den neugebildeten porösen Gefäßen tritt Flüssigkeit aus. Abb. unten: Der schwankende Blutzuckerspiegel verursacht Gefäßverschlüsse.

ckene im Lauf der Zeit in eine feuchte Makuladegeneration über. Auch das ist ein schleichender Prozess, den der Patient zunächst nicht wahrnimmt. Irgendwann geht er vielleicht zum Optiker und sagt: „Meine Lesebrille reicht nicht mehr aus“, und der Optiker stellt dann fest, dass dem Patienten mit einer Brille allein nicht zu helfen ist. Was passiert bei der feuchten Makuladegeneration im Auge? Dr. med. Michael Partsch: Bei dieser Verlaufsform stellt die Netzhaut ein Gefäßwachstumshormon her, das zur Bildung neuer Blutgefäße führt. Diese Gefäße sind allerdings häufig porös, sodass Flüssigkeit und oft auch Blut daraus austreten – daher der Name „feuchte“ Makuladegeneration. In fortgeschrittenem Stadium kommt es bei der Makuladegeneration zu einer zunehmenden Verschlechterung des Sehvermögens, die sich unter anderem in verschwommenem Sehen im mittleren Bereich des Sehfelds und einer deutlichen Abnahme der Lesefähigkeit äußert. Linien oder Buchstaben werden verzerrt wahrgenommen; in der Mitte

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des Sehfelds sehen die Betroffenen oft nur noch einen grauen Fleck. Das kann man als Patient selbst anhand des sogenannten Amsler-Selbsttests überprüfen. Dieser Test ist nichts anderes als ein Karomuster, das im Grunde jeder in Form von Fliesenfugen in der Küche oder im Badezimmer hat. Wenn diese Fugen nicht mehr gerade erscheinen, sind zumindest schon Ablagerungen vorhanden; es kann aber auch sein, dass eine bereits bestehende trockene Makuladegeneration inzwischen in die feuchte Verlaufsform übergegangen ist. Dies kann der Augenarzt durch bestimmte Untersuchungen nachweisen. Leider kann man das Fortschreiten einer trockenen zur feuchten Makuladegeneration nicht verhindern. Behandelbar ist derzeit nur die feuchte Form. Was tut der Augenarzt dagegen? Dr. med. Michael Partsch: Es gibt unterschiedliche Therapieansätze. Die derzeit wichtigste Behandlungsmethode besteht darin, Antikörper gegen das Gefäßwachstumshormon, das die feuchte Makuladegeneration verursacht, direkt ins Auge zu spritzen. Diese Präparate haben eine gefäßabdichtende Wirkung: Das heißt, es fließt keine weitere Flüssigkeit mehr nach, und die krankhaft veränderten Gefäße verschließen sich und bilden sich teilweise sogar zurück. Diese Injektionen werden unter sterilen Bedingungen im Operationssaal und unter örtlicher Betäubung durchgeführt, sind also nicht schmerzhaft. Leider haben diese Medikamente nur eine begrenzte Wirkdauer von vier bis sechs oder höchstens acht Wochen. Nach ein paar Wochen müssen sie also erneut gespritzt werden. Ein anderer Ansatz besteht darin, diese krankhaften Gefäße einmalig mit Röntgenstrahlen zu behandeln. Dadurch kann bei etwa 30 % der Patienten die Häufigkeit der Injektionen reduziert werden; bei manchen werden danach sogar überhaupt keine Spritzen mehr gebraucht. Eine Verbesserung der Sehschärfe ist aber nicht zu erreichen. Wie ist die langfristige Prognose: Bleibt die Krankheit stabil, wenn man den Patienten regelmäßig diese Antikörper spritzt? Dr. med. Michael Partsch: Da gibt es ganz unterschiedliche Verläufe. Bei manchen Patienten ist die feuchte Makuladegeneration nach drei Spritzen im Abstand von jeweils vier Wochen über Jahre hin-

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weg inaktiv, und sie können meistens auch wieder gut sehen. Aber es gibt auch Patienten, die 20, 30, 40, 50, 60 oder noch mehr Spritzen brauchen. Das ist natürlich eine enorme Belastung – auch für die Angehörigen, denn die Patienten können ja in der Regel nicht mehr selbst Auto fahren und sind für die häufigen Arztbesuche auf fremde Hilfe angewiesen.

Gibt es außer diesem plötzlichen Sehverlust von einem Tag auf den anderen noch andere typische Symptome einer diabetischen Retinopathie? Dr. med. Michael Partsch: Ja. Auch hier kommt es zum Verzerrtsehen: Durch den Flüssigkeitsaustritt aus krankhaft veränderten Gefäßen im Bereich der Makula nimmt man gerade Linien als krumm wahr.

Können nur Typ-2- oder auch Typ-1-Diabetiker Was gibt es noch für Netzhauterkrankungen, die an einer solchen Retinopathie erkranken? zur Erblindung führen können? Dr. med. Michael Partsch: Beide Typen sind Dr. med. Michael Partsch: Die häufigste Erblingleichermaßen gefährdet; aber der Typ-1-Diabetidungsursache bei jüngeren Menschen (unter 65 ker neigt eher zur Erblindung durch Wachstum von Jahren) ist die diabetische Retinopathie. Denn Narbengewebe. Der Typ-2-Diabetiker neigt dageauch der Diabetes führt zu krankhaften Verändegen mehr zum diabetischen Makulaödem, also eirungen an der Netzhaut: ner Flüssigkeitseinlagerung Warnsignale Durch den wechselnden Blutan der Stelle des scharfen für eine Netzhauterkrankung zuckerspiegel kommt es zuSehens. Bei beiden Verlaufsnächst zu Mikroverschlüssen, • Verschlechterung des Sehvermögens formen gehört die Injektion also Verschlüssen im Bereich • Verzerrtes Sehen der bereits erwähnten Antider kleinsten Gefäße im Auge • Lichtblitze körper gegen das Gefäß(Kapillaren). Diese Verschlüs- • Schatten oder schwarze Punkte, wachstumshormon heutzutadie am Auge vorbeiziehen se führen zu einer Unterverge zum Therapiestandard. sorgung des NetzhautgeweAußerdem kann man durch bes mit Blut und Sauerstoff. Gleichzeitig werden eine Laserbehandlung gezielt leckende Gefäße veraber auch die Gefäßwände selber geschädigt: Sie öden, damit keine Flüssigkeit mehr heraussickert. werden porös und bilden Aussackungen, sogenannte Mikroaneurysmen, aus denen Flüssigkeit Gibt es auch Vorbeugungsmöglichkeiten? heraussickern kann. Besteht zusätzlich noch ein Dr. med. Michael Partsch: Das A und O ist eine erhöhter Blutdruck – was ja bei vielen langjährigen gute Blutzuckereinstellung mit möglichst wenigen Diabetikern der Fall ist –, so können sich ThromboSchwankungen – weder nach oben noch nach unsen in den Netzhautgefäße bilden. All das führt zu ten. Auch der Blutdruck sollte so gut wie möglich einer zunehmenden Unterversorgung des Geweeingestellt sein. bes, auf das die Netzhaut – ähnlich wie bei der Makuladegeneration – mit der Ausschüttung eines Wie entstehen Netzhautthrombosen, und wer hat Gefäßwachstumshormons reagiert. So kommt es ein erhöhtes Risiko dafür? zur Wucherung poröser Gefäße, aus denen es Dr. med. Michael Partsch: Bei der Netzhautmanchmal auch blutet – und dann kann es sein, thrombose verschließt sich eine Vene. Es gibt zwei dass der Patient von einer Stunde auf die nächste Formen: Bei der Zentralvenenthrombose wird die fast nichts mehr sieht. Diese Blutungen bilden sich Hauptvene, die das Blut aus dem Auge abtransporzwar oft von selbst wieder zurück, kommen aber tiert, durch ein Blutgerinnsel verstopft; beim Venenimmer wieder. Und bei jeder Blutung treten Zellen astverschluss sind eine oder zwei der vier großen in den Glaskörper (den Raum, der das Augeninnere Venen im Auge verschlossen. Die Ursache ist häuausfüllt) ein. Diese Zellen können Narbenplatten fig ein nicht oder schlecht eingestellter Bluthochbilden, die schrumpfen und die Netzhaut von ihrer druck in Kombination mit einem mehr oder weniger Unterlage abziehen. Die Erblindungsursache beim schlecht eingestellten Diabetes. Diabetes ist dieses Narbengewebe, das letztendlich oft zu einer Netzhautablösung führt. Wie äußert sich so eine Thrombose? Dr. med. Michael Partsch: Sie ist vollkommen

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Dr. med. Michael Partsch, Oberarzt UniversitätsAugenklinik Tübingen Elfriede-Aulhorn-Str. 7 72076 Tübingen

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schmerzfrei; von der eigentlichen Thrombose spüren die Patienten also nichts. Doch wenn es dabei zum Austritt von Blut kommt, verschlechtert sich das Sehvermögen. Wenn diese Patienten zu uns in die Praxis kommen, ist die Thrombose in der Regel schon mehrere Tage oder gar Wochen alt. Genau wie bei der Behandlung der diabetischen Retinopathie und der Makuladegeneration werden auch hier Medikamente direkt ins Auge gespritzt. Gibt es auch Tumorerkrankungen der Netzhaut? Dr. med. Michael Partsch: Im Kindesalter tritt das sogenannte Retinoblastom auf. Das ist ein angeborener bösartiger Tumor in der Netzhaut mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat. Im Erwachsenenalter ist das Aderhautmelanom der häufigste Tumor im Auge.

Das Auge wird mit einem speziellen Mikroskop inspiziert.

Wie werden diese Tumoren behandelt? Dr. med. Michael Partsch: Das Retinoblastom ist zwar ein bösartiger Tumor, lässt sich aber, wenn man ihn rechtzeitig erkennt, gut behandeln, weil er sehr strahlenempfindlich ist. Man kann auch eine gezielte Chemotherapie durchführen, bei der das Medikament direkt ins Auge verabreicht wird. Wenn der Tumor sehr klein ist, kann man den Tumor auch lasern oder durch Vereisung abtöten. Im schlimmsten Fall muss man allerdings das Auge entfernen.

Beim Aderhautmelanom sind Größe und Ort des Tumors entscheidend für die Therapie. Wenn der Tumor entsprechend klein ist, lässt er sich durch Laserstrahlen zerstören. Meistens hat er bei seiner Entdeckung allerdings schon eine gewisse Größe erreicht und ist 4 bis 6 mm dick. Dann kommt eine örtliche Bestrahlung in Frage. Dazu wird eine Art radioaktiver Kontaktlinse auf den Tumor aufgenäht. Bei größeren Tumoren sind spezielle Bestrahlungsverfahren wie beispielsweise eine Protonentherapie möglich. Allerdings leidet die Sehkraft langfristig unter jeglicher Form der Bestrahlung, weil man dabei ja Gewebe zerstört. Das heißt, es wäre günstig, so ein Aderhautmelanom möglichst frühzeitig zu erkennen. Gibt es typische Symptome, oder erkennt man diesen Tumor nur im Rahmen einer routinemäßigen Kontrolle beim Augenarzt? Dr. med. Michael Partsch: In der Tat sind das häufig Zufallsbefunde. Die Melanome wachsen sehr langsam und bereiten zunächst keinerlei Schmerzen. Häufig verursachen sie jedoch eine begleitende Netzhautablösung, sodass der Patient schlechter sieht und deshalb zum Arzt geht. Manchmal äußert eine Netzhautablösung sich auch durch Lichtblitze. Das ist auf jeden Fall ein Alarmsignal, bei dem man unbedingt den Augenarzt aufsuchen sollte. Wir haben ja schon davon gesprochen, dass man sich durch eine gesunde Lebensweise (und bei entsprechenden Erkrankungen durch eine gute Blutdruck- bzw. Blutzuckereinstellung) bis zu einem gewissen Grad vor Netzhautproblemen schützen kann. Was kann man sonst noch tun? Dr. med. Michael Partsch: Grundsätzlich sollte man ab dem 40. Lebensjahr alle zwei Jahre zur Kontrolluntersuchung zum Augenarzt gehen, auch wenn man beschwerdefrei ist. Bei Diabetikern sollten – in Absprache mit dem behandelnden Arzt – noch häufigere Kontrollen stattfinden. Und die bereits erwähnten Alarmsymptome sollten einen selbstverständlich sofort zum Augenarzt führen. Allerdings ist es oft schwierig, einen zeitnahen Termin beim Facharzt zu bekommen. Bei beunruhigenden Symptomen sollte man sich in so einem Fall in die Augenambulanz einer Klinik begeben.

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Eine ganz besondere Kunst

Wie Glasaugen gefertigt werden Ich war noch ein Kind. Vielleicht acht Jahre alt. Bei meinem Onkel, einem bekannten Psychiater, verkehrte ein alter, knorriger Schriftsteller, der im Dritten Reich Bestseller verfasst hatte. Jetzt war er verarmt. Er saß bei meinem Onkel in seinem abgewetzten Cordanzug meist neben dem Flügel und nahm hin und wieder sein linkes Auge heraus, schaute es an – und ich guckte hilflos in seine rosarote leere Augenhöhe. Damals hielt ich das für einen Zaubertrick, den ich ihm nur zu gerne nachgemacht hätte – doch er verriet mir nicht, wie es ging. Heute könnte ich das problemlos. Ein Tumor hat mich ein Auge gekostet. Seitdem gehe ich jedes Jahr zum Ocularisten und lasse mir ein neues Glasauge machen. Werner Waldmann igentlich spricht man von einer Augenprothese. „Glasauge“ ist eine etwas herabsetzende Bezeichnung, wohingegen der Terminus „Kunstauge“ das Wesen dieses Hilfsmittels genau trifft. Kunstaugen gelten als medizinisches Hilfsmittel, das der Kosmetik dient. Und obwohl Krankenkassen die Kosten für reine Verschönerungsmaßnahmen normalerweise nicht übernehmen, machen sie in diesem Fall eine Ausnahme. Das Glasauge stellt die Gesichtsästhetik wieder her, wenn jemand – egal aus welchem Grund – ein Auge verloren hat. Nach dem letzten Krieg standen die einäugigen Rückkehrer bei den Augenmachern Schlange. Heute ist der Bedarf an Glasaugen ziemlich gering, denn Kriegsverletzungen, die ein Auge kosten, gibt es nicht mehr. Die Veteranen sind ausgestorben. Doch dafür passieren manchmal skurrile Unfälle. Da wurde einem Mann ein Golfschläger ins Auge gerammt. Oder eine aggressive Wasserpistole hat einen Jungen das Augenlicht gekostet. Dass bei einem Unfall auf der Straße Scheibensplitter ein Auge zerstören, passiert im Zeitalter der Airbags nur noch selten. Aber Krankheiten gibt es natürlich nach wie vor. Ein bösartiger Tumor – beispielsweise ein Melanom im Glaskörper oder auf der Netzhaut – hat schon so manchen ein Auge gekostet.

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Fast schon ein Kunsthandwerk Wer zum ersten Mal zum Ocularisten (so nennen sich die Augenmacher) geht, begreift schnell, weshalb dieses Handwerk eigentlich eine unübertreffliche Kunst ist. Wer diesen Beruf erlernen will, muss eine sechsjährige Lehre absolvieren. Kunstaugen gibt es nicht von der Stange; sie werden für jeden Patienten individuell angefertigt. Als Ausgangsma-

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terial dient weißes Kryolithglas, das nur von wenigen Glashütten produziert wird. Dieses Glas hat eine äußerst glatte Oberfläche, sodass sich auf dem Auge ein durchgängiger Tränenfilm bilden kann. Das ist wichtig für den Tragekomfort. Die Glasoberfläche ist auch widerstandsfähig gegenüber der Tränenflüssigkeit. Und sie verursacht keine allergischen Reaktionen. Wenn man ein Auge einmal aus der Nähe betrachtet – vielleicht sogar mit dem Vergrößerungsglas –, wird einem ziemlich schnell klar, warum dieses Handwerk eine enorme Kunstfertigkeit erfordert. Der Glasaugenmacher muss die komplizierte Struktur der Iris lebensecht nachahmen. Schließlich soll das Kunstauge dem Betrachter nicht auffallen. Tatsächlich sind die Augen so perfekt gestaltet, dass man sie – zumindest auf den ersten Blick – für echt hält. Bei Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt habe ich schon mehrfach erlebt, dass der Arzt den Augendruck nicht nur auf dem intakten Auge, sondern auch auf der Prothese messen wollte und erst im letzten Augenblick verwundert innehielt. Das Kapital des Augenmachers ist eine Sammlung von Hunderten halbfertiger Augen in allen möglichen Größen, Farbverläufen und Schattierungen. Man könnte meinen, dass in den Schränken schon fertige Glasaugen liegen. Das sind aber nur Vorprodukte. Der Glasaugenmacher wählt eines aus, das dem gesunden Auge des Patienten ähnelt; und dann geht es ans Werk, um das endgültige Kunstauge herzustellen. In der Flamme des Bunsenbrenners, der eine 1300 °C heiße blaue Flamme erzeugt, wird das Glasauge erhitzt. Auf dem Arbeitstisch des Glasau-

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genmachers liegen Schachteln mit dünnen Glasstäbchen in allen möglichen Farben. Damit wird die Iris gezeichnet: Mit den farbigen Stäbchen streicht der Augenmacher über die erhitzte Pupille hinweg und schmilzt so dünne farbige Linien auf den Glaskörper. Das geht verblüffend schnell, erfordert aber eine enorme Erfahrung und Stilsicherheit. Wenn die Zeichnung der Iris abgeschlossen ist, wird mit der Brennerflamme die individuelle Kontur der Augenprothese herausgeschnitten. Zum Abkühlen kommt die Prothese in einen Tiegel und dann in ein Paraffinbad, damit die Glasoberfläche erhärtet wird. Das Auge ist damit fertig und wird eingesetzt. Möglicherweise sind noch geringfügige Korrekturen erforderlich. Übrigens gibt es auch die Möglichkeit, Augen aus Kunststoff herzustellen. Die Herstellung dauert drei Tage, was das Auge sehr viel teurer macht. Kunststoffaugen eignen sich für Kinder und kognitiv eingeschränkte ältere Menschen, weil sie beim Herunterfallen nicht kaputtgehen.

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Der Glasaugenmacher wählt eines der AugenVorprodukte aus.

Das Glas wird am Bunsenbrenner erhitzt.

Aus den farbigen Glasstäbchen werden haarfeine Äderchen auf dem Weiß des Auges.

Die Zeichnung der Iris erfordert viel Erfahrung.

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Mit der Brennerflamme wird die individuelle Kontur der Augenprothese herausgeschnitten.

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Testen Sie Ihre Augen

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Auf den folgenden Seiten haben wir ein paar Sehtests für Sie zusammengestellt. Natürlich können sie nicht die Tests beim Augenarzt oder Optiker ersetzen, aber sie können Ihnen einen ersten Anhaltspunkt dafür geben, wie Ihre Augen funktionieren und ob Sie sie vom Fachmann untersuchen lassen sollten.

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Leiden Sie unter einer Hornhautverkrümmung (Astigmatismus)? • Legen Sie diese Seite mit dem Streifenmuster vor sich auf den Tisch und betrachten Sie sie aus 30 bis 40 cm Entfernung. • Kneifen Sie das linke Auge zu. Nehmen Sie die senkrechten und waagerechten Linien gleichmäßig dick und schwarz wahr? • Drehen Sie die Seite mit beiden Händen im Halbkreis schnell hin und her. Haben Sie dabei den Eindruck, dass die Linien sich verbiegen, oder bleiben sie gerade und parallel zueinander? • Wiederholen Sie diesen Test mit dem linken Auge, indem Sie das rechte Auge schließen. Falls die Linien nicht gleichmäßig dick, schwarz und parallel erscheinen, könnte es sein, dass Sie unter einer Verkrümmung der Hornhaut Ihres Auges (Astigmatismus) leiden. Diese führt zu einer Minderung der Sehschärfe, lässt sich aber leicht korrigieren; fragen Sie Ihren Augenarzt um Rat!

Farbsehtest Betrachten Sie dieses Bild aus etwa 40 cm Abstand. Was können Sie sehen? Wenn Sie eine „2“ sehen, dann bedeutet das: kein auffälliger Befund. Sehen Sie diese Zahl nicht oder etwas anderes: Dann sollten Sie einen ausführlichen Farbsehtest bei Ihrem Augenarzt oder Optiker durchführen.

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Liegt bei Ihnen eine krankhafte Veränderung der Netzhaut vor? Mit dem Amsler-Test können Sie die Gesundheit Ihrer Netzhaut innerhalb von ein bis zwei Minuten überprüfen. Decken Sie zunächst das linke Auge ab und betrachten Sie das Gitterquadrat aus einer Entfernung von ungefähr 30 cm. • In der Mitte des Quadrats befindet sich ein schwarzer Punkt. Können Sie diesen erkennen? • Richten Sie Ihren Blick nun genau auf diesen Punkt. Sehen Sie alle Linien des Gitternetzes? • Erscheinen Ihnen alle Linien parallel und alle Kästchen gleich groß? • Nehmen Sie alle Linien in einem gleichmäßigen Schwarz wahr? Führen Sie den Test anschließend mit dem linken Auge durch, indem Sie das rechte Auge abdecken. Haben Sie alle vier Fragen für beide Augen mit „Ja“ beantwortet? Herzlichen Glückwunsch! Dann liegt bei Ihnen kein besorgniserregender Befund vor. Ein oder mehrere „Nein“-Antworten können dagegen ein Hinweis auf Veränderungen der Netzhaut sein. Da die Heilungschancen für Netzhauterkrankungen am besten sind, wenn man sie so früh wie möglich erkennt und behandelt, sollten Sie sich in so einem Fall unbedingt augenärztlich untersuchen lassen.

Leiden Sie an einer Farbsehstörung? • Betrachten Sie das obere Figurenpaar aus einem Abstand von 40 cm. Sie sollten rote Quadrate mit unterschiedlich hellen grauen Punkten in der Mitte sehen. Erscheinen Ihnen die grauen Punkte grün? Dann könnten Sie unter einer Rot-Grün-Sehstörung leiden. • Schauen Sie sich nun die untere Reihe an. Sie zeigt grüne Quadrate mit grauen Punkten. Bei einer Rot-Grün-Störung kann es sein, dass Sie die grauen Punkte rötlich wahrnehmen. Bei Verdacht auf eine Farbsehstörung ist eine Untersuchung beim Augenarzt empfehlenswert.

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Das Gesundheitsgespräch mit Johannes Bauernfeind

Endlich raus aus dem Krankenhaus – und was nun? Ein Krankenhaus darf seine Patienten nicht völlig unversorgt entlassen. Zum Beispiel muss sichergestellt sein, dass der Patient genügend Medikamente und die nötigen Hilfsmittel für seine medizinische Weiterversorgung zu Hause hat, dass er bei Bedarf krankgeschrieben wird und die nötige Pflege erhält oder von einer Haushaltshilfe unterstützt wird. Oft müssen Rehabilitationsmaßnahmen veranlasst werden, und natürlich sind auch behandelnde Ärzte und Therapeuten über die weitere Betreuung des Patienten zu informieren. All dies regelt das Krankenhaus im Rahmen des sogenannten Entlassmanagements und nimmt dazu bei Bedarf Kontakt mit der Kranken- oder Pflegekasse auf. Allerdings muss der Patient seine schriftliche Zustimmung dazu geben. Werner Waldmann sprach mit dem Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils, Johannes Bauernfeind, darüber, wie ein sinnvolles Entlassmanagement aussehen sollte. Werner Waldmann: Was muss eine Klinik bei der Entlassung eines Patienten alles beachten? Johannes Bauernfeind: Der Leistungsumfang des Entlassmanagements ist gesetzlich festgelegt, wobei es für Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen getrennte Rahmenverträge gibt. Jeder Versicherte kann dieses Entlassmanagement in Anspruch nehmen, muss das aber nicht. Manche Krankenhäuser fragen gleich bei der Aufnahme ab, ob der Patient dies wünscht – was natürlich in seinem Interesse liegt. Wir als AOK versuchen unseren Versicherten einen möglichst sinnvoll strukturierten Entlassungsprozess anzubieten. Denn wenn man noch ein bis-

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schen weiterdenkt, muss man sich auch fragen: Was können wir mit Blick auf die Entlassung schon vor der Aufnahme eines Patienten ins Krankenhaus tun, um eine möglichst lückenlose Versorgungskette zu schmieden? Wir haben uns entschieden, dies in acht Landkreisen in Baden-Württemberg im Rahmen eines Innovationsprojekts modellhaft auszuprobieren. Wir binden die Hausärzte in diesen Modell-Landkreisen dahingehend ein, dass von der Einweisung über den Krankenhaus- bzw. Rehaaufenthalt bis zur Entlassung und Weiterversorgung ein klar definierter Informationsaustausch stattfindet und genau festgelegt wird, was welcher Akteur zu tun hat. Nur so kann man insgesamt

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dazu beitragen, dass bei Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, weniger Komplikationen auftreten, weil sie adäquat weiterbetreut werden und so nicht innerhalb kurzer Zeit wieder in der Klinik landen. Dazu muss auch die Weiterversorgung durch die Hausarztpraxis nahtlos organisiert sein. In den Krankenhäusern gibt es soziale Dienste, deren Aufgabe es ist, abzuklären, ob und wie die Weiterversorgung des Patienten gewährleistet ist. Aber er braucht natürlich auch eine medizinische Betreuung durch den Hausarzt.

Werner Waldmann: Wie läuft so ein Entlassmanagement konkret ab? Johannes Bauernfeind: Das Krankenhaus kann dem Patienten bei Bedarf zum Beispiel eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die nächsten Tage mitgeben und auch Arzneimittel für bis zu einer Woche weiterverordnen. Nach der Entlassung halten die Versorgungsassistenten in den HZVHausarztpraxen – die sogenannten VERAs – telefonisch Kontakt zu den Patienten, um in einem strukturierten Abfrageverfahren immer wieder zu klären, ob ein weitergehender Behandlungsbedarf besteht. Man darf Menschen in dieser schwierigen Situation nicht allein lassen, sondern muss sie kontinuierlich begleiten, um den Behandlungserfolg zu sichern.

Werner Waldmann: Wie läuft die Kommunikation zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten? Johannes Bauernfeind: Das hängt vom jeweiligen Menschen ab und funktioniert – glaube ich – oft besser, als man vermutet. Aber natürlich klappt es nicht immer, und diese Negativbeispiele sprechen sich leider sehr viel eher herum, während über Fälle, wo alles reibungslos funktioniert, kaum jemand spricht. Damit das noch besser funktioniert, strukturieren wir die Kommunikation in unserem Modell entsprechend.

Werner Waldmann: Welche Patienten werden im Rahmen Ihres Innovationsprojekts betreut? Johannes Bauernfeind: Wir haben das jetzt erst

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mal auf zwei wesentliche Krankheitsbereiche eingeschränkt: geriatrische Patienten (also alte bis hochbetagte Menschen) und Patienten mit Verletzungen. Für sie ist eine lückenlose Begleitung und Betreuung nach der Entlassung aus dem Krankenhaus besonders wichtig.

Werner Waldmann: Bei geriatrischen Patienten ist die Situation sicherlich besonders kompliziert. Da kommen oft auch kognitive Einschränkungen dazu? Johannes Bauernfeind: Klar, mit einem dementen Patienten wird man anders umgehen müssen, da ist ein telefonischer Kontakt vielleicht auch nicht immer sinnvoll. Aber es geht hier nicht um geriatrische Patienten, die anschließend ins Pflegeheim müssen, sondern um hochbetagte Menschen, denen beispielsweise eine Hüftendoprothese eingesetzt wurde und die hinterher einfach noch mal eine Nachbetreuung brauchen – bei denen man sich vergewissern muss, ob im häuslichen Umfeld nach der Entlassung alles gut funktioniert.

Werner Waldmann: Inwieweit sind die Krankenhäuser heute eigentlich darauf eingestellt, immer mehr alte, auch demente Patienten versorgen zu müssen? Johannes Bauernfeind: Wenn ich die medius KLINIK in Ruit als Beispiel nennen darf: Die hat einen akut-geriatrischen Fachbereich eingerichtet. Das ist genau das, worum es geht: Patienten, die aufgrund ihres hohen Alters multimorbid sind, unter Einbeziehung eines Geriaters von vornherein an die Hand zu nehmen. Ansonsten wird natürlich auch der pflegerische Aufwand bei den Patienten höher. Das schlägt sich in den Vergütungen nieder: Die DRG-Entgelte für bestimmte Behandlungen sind höher. Und dann gibt es ja auch noch die geriatrischen Schwerpunkte und Zentren in Baden-Württemberg, die Patienten in anderen Kliniken mitbetreuen, welche nicht auf die Beurteilung und Behandlung alter oder hochbetagter Patienten spezialisiert sind. Da findet dann auch ein geriatrisches Assessment statt, das heißt, anhand von Tests wird der körperliche, kognitive, emotionale und soziale Zustand der Patienten beurteilt, um festzustellen, welche Weiterversorgung sie benötigen.

Johannes Bauernfeind, Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils

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Neues medius TUMORZENTRUM mit modernster Strahlentherapie

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Zwölf Kliniken an drei Standorten bilden ab 2018 das Tumorzentrum der medius KLINIKEN mit den drei Standorten Kirchheim, Nürtingen und Ostfildern-Ruit. In dem neuen Zentrum wird das Wissen und Können aller Experten gebündelt und für die möglichst individuelle medizinische, pflegerische und psychosoziale Behandlung und Versorgung von Krebspatienten koordiniert.

r. Matthias Geiger, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Tumormedizin und Sprecher des Tumorzentrums, erläutert das Ziel des Zentrums: „Jeder zweite Deutsche erkrankt irgendwann im Laufe seines Lebens an Krebs. Deshalb wollen wir sicherstellen, dass wir den Patientinnen und Patienten die bestmögliche Medizin anbieten können. Wir decken mit unseren Kliniken nahezu das gesamte Spektrum von Krebserkrankungen ab und haben ausgewiesene Experten auf vielen Feldern in unseren Reihen. Zum Wohle der Patienten bündeln wir jetzt unser Know-how.“ Die in den medius KLINIKEN gestellten Erstdiagnosen von Krebserkrankungen sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Wurden 2009 noch 1200 Krebsdiagnosen gestellt, waren es 2016 schon knapp 1700. Damit verbunden ist der größere Erfahrungsschatz der Ärzte. Mit 345 Erstdiagnosen liegen Krebserkrankungen der Verdauungsorgane an der Spitze, gefolgt von jenen der männlichen Geschlechtsorgane und Tumoren der Haut und der Weichteile. Brusttumoren folgen mit 192

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Erstdiagnosen. Dank moderner Diagnostik und Therapieverfahren können heute bereits mehr als 70 % der Tumorpatienten geheilt werden. Dazu tragen die Kombination ausgefeilter Operationsmethoden ebenso wie der Einsatz neuer Medikamente und eine moderne Strahlentherapie bei. Die Voraussetzung zum optimalen Einsatz der Therapieverfahren setzt eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fachabteilungen voraus. In der Strahlentherapie der medius KLINIKEN an der medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT wird weitgehend das gesamte Spektrum der modernen Strahlentherapie auf hohem Niveau angeboten. Behandelt werden fast alle bösartigen Tumorerkrankungen sowie diverse gutartige Tumoren und nicht-tumoröse Entzündungs-, Hormon- und Alterserkrankungen.

Moderne Strahlentherapie Ein moderner Linearbeschleuniger schickt Strahlen auf den Tumor, welche die Krebszellen zerstören.

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Noch im Jahr 2018 wird die medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT einen weiteren Linearbeschleuniger erhalten, den modernsten in Südwestdeutschland. Dadurch ist die Einsatzbereitschaft rund um die Uhr gesichert. Zudem kann eine Methode eingesetzt werden, die noch schonender für das gesunde Zellgewebe ist, die Stereotaxie. Dabei werden Strahlen aus verschiedenen Richtungen punktgenau auf den Tumor geschickt, die sich im Krebsgewebe treffen und dort erst die volle Wirkung entfalten. Mit dieser Technik können zudem die gesunden Organe und Gewebe geschont werden und die Dauer einer Strahlenbehandlung erheblich verkürzt werden. Professor Dr. Bodo Klump, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Tumormedizin der medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT ergänzt: „Krebs kann heute wesentlich besser behandelt werden als früher. Auch deshalb, weil wir das seelische Wohlbefinden der Patienten berücksichtigen. Unser Tumorzentrum soll die individuell beste Behandlung für den einzelnen Patienten gewährleisten – denn jeder Mensch ist anders.“ Dr. Ulrich Römmele, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Diabetologie, Gastroenterologie, Hämatoonkologie, Pneumologie und Palliativmedizin in Nürtingen sieht gerade beim Darmkrebs die Chancen eines Tumorzentrums: „Die Behandlungserfolge sind auch dank der engen Zusammenarbeit mit den Kollegen der anderen Fachrichtungen sehr beachtlich. Wir legen zudem großen Wert auf Prävention: An Darmkrebs muss keiner sterben, wenn er rechtzeitig erkannt wird.“ Dr. Klaus Kraft, Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Nürtingen und Ruit, kann auf ein erfahrenes Team bauen: „Mit fast 600 Operationen am Dickdarm und Enddarm – und dies in fast allen Fällen minimal-invasiv – haben wir große Erfahrungen in der Entfernung von Tumoren. Die Schlüsselloch-Chirurgie hat nicht nur den Vorteil, dass die Patienten sich schneller erholen, weil die Wunden sehr klein sind. Wir sehen mit unserer Kamera auch oft viel besser als bei offenen Operationen, wo der Krebs anfängt und wo er aufhört.“ Minimal-invasive Operationen sind auch die Spezialität der Urologen in Ruit. Dort wurden 2016 insgesamt 464 onkologische Neuerkrankungen diagnostiziert und behandelt, Prostatakrebs macht dabei fast die Hälfte der Fälle aus. Chefarzt Profes-

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sor Dr. Serdar Deger verzeichnet seit Jahren steigende Fallzahlen: „Gerade bei Prostatakrebs sind die minimal-invasiven Operationen sehr erfolgreich. Wir freuen uns, dass wir alljährlich in den Focus-Ranglisten ganz oben stehen, weil sich herumgesprochen hat, dass wir den Patienten meist sehr gut helfen können.“ Die Chefärzte für Frauenheilkunde in Nürtingen, Professor Dr. Andreas Funk und sein Kollege in Ostfildern-Ruit, Dr. Michael Burkhardt, zeichnen für das Brustkrebszentrum verantwortlich: „Die enge Zusammenarbeit mit der Strahlentherapie und den Kollegen der anderen Kliniken ermöglicht die optimale, individuelle Behandlung von Brustkrebs, der heute in vielen Fällen geheilt werden kann.“ Die Gynäkologen der medius KLINIKEN sind zudem ebenfalls Experten in patientenschonenden minimal-invasiven Operationstechniken. Das „Herz“ des Tumorzentrums ist die wöchentliche interdisziplinäre Tumorkonferenz. Hier besprechen die betreuenden Ärzte ihre Fälle mit den Kollegen aller wichtigen Fachdisziplinen und legen die weiteren Behandlungsschritte gemeinsam fest. Die aktuellen internationalen und nationalen Leitlinien für die Behandlung der Krebstumoren sind dabei die Richtschnur. Das Tumorzentrum endet nicht an der Klinikpforte. Dr. Geiger betont: „Das gute Miteinander mit den niedergelassenen Ärzten, den Physiotherapeuten, Ernährungsberatern und anderen Partnern ist uns sehr wichtig. Nur so kommen wir zu einer Behandlung aus einem Guss.“ Red.

Dr. med. Matthias Geiger Chefarzt Klinik für Strahlentherapie und Tumormedizin | Sprecher des medius TUMORZENTRUM medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT Hedelfinger Str. 166 73760 Ostfildern Ruit Tel.: 0711 4488-11650 www.medius-kliniken.de

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Eltern-Kind-Therapie am Klinikum Christophsbad – ein neues Konzept Werner Waldmann

Wenn Eltern psychisch krank sind, der Vater an Depressionen leidet oder die Mutter mit Panikattacken kämpft, kann das zu einem Problem für die ganze Familie werden. Ein psychisch instabiles Familiensystem geht auch dem Nachwuchs ans Gemüt. Und das kann die seelische Gesundheit der Kinder nachhaltig beeinträchtigen. Für psychisch erkrankte Eltern ist die Situation besonders schwierig: Sie müssen nicht nur mit der eigenen Erkrankung fertig werden, sondern ihre seelischen Probleme belasten auch die Beziehung zum Kind. Da ist der Bedarf nach einer gezielten gemeinsamen Therapie sehr hoch. Seit letztem Jahr bietet das Göppinger Christophsbad im neuen Gebäude der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine spezielle Eltern-Kinder-Station an. enn ein Elternteil psychisch krank ist, nimmt manchmal auch das Kind Schaden und braucht eine Therapie. Die bisherige Lösung: Die Mutter wird in einer Einrichtung für Erwachsene behandelt, das Kind in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das klingt plausibel, denn die 52-jährige Mutter braucht eine andere Therapie als die neunjährige Tochter. Doch dabei werden beide auseinandergerissen, womöglich sogar in verschiedenen Kliniken behandelt. In Göppingen hat man eine

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andere Lösung für Eltern mit Kindern im Alter zwischen 4 und 10 Jahren gefunden. Im Christophsbad werden Elternteil und Kind gleichzeitig – allerdings getrennt voneinander – behandelt. Der Vater oder die Mutter erhält tagsüber Therapieeinheiten auf der Station für die Großen, das Kind im selben Haus und auf demselben Stockwerk – nur eben in einer anderen Station. Bei erwachsenen Menschen stehen die klassischen psychischen Probleme wie Depressionen,

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Angst- und Zwangserkrankungen, Persönlichkeitsoder Essstörungen im Vordergrund. Oft bereiten auch extremes Übergewicht oder die Bewältigung chronischer körperlicher Leiden Probleme. Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren können ebenfalls ein breites Spektrum an psychischen Störungen entwickeln: Verhaltensauffälligkeiten, oft auch ein gestörtes Sozialverhalten, das manchmal auf das aus den Fugen geratene Familiensystem zurückzuführen ist. All dies führt zu aggressivem Verhalten, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefiziten. Die psychischen Störungen manifestieren sich oft durch Ängste und Schulverweigerung.

Tagsüber getrennt – abends zusammen Bei Tage läuft das Therapieprogramm getrennt. Erwachsene wie Kinder werden von speziell ausgebildeten Therapeuten unterstützt. Für die Erwachsenen ist Chefärztin Prof. PMU Dr. med. Isa Sammet, Spezialistin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, zuständig. Um die Kinder kümmert sich der Chefarzt der Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Dr. med. Markus Löble, der sich zusätzlich auf Naturheilverfahren und Suchtmedizin spezialisiert hat. Das Wissen um die Heilkräfte der Natur ist bei der Betreuung von Kindern mit psychischen Problemen besonders hilfreich. Die enge Verzahnung aus Erwachsenen- und Kindertherapie macht den Beteiligten bewusst, dass die therapeutische Arbeit im Grunde Hilfe zur Selbsthilfe ist – und erhöht die Chance, das Familienleben wieder in harmonische Bahnen zu lenken. Tagsüber wird getrennt therapiert – am Abend vereint sich die Familie wieder und versucht mit subtiler Unterstützung der Pflegekräfte und Erzieherinnen das tagsüber Gelernte gemeinsam zu rekapitulieren. So werden Gründe für Spannungen und gegenseitiges Nichtverstehen bewusst gemacht, und man kann wieder einen harmonischen gemeinsamen Lebensweg finden. Dadurch, dass die Interaktion zwischen Eltern und Kindern gemeinsam – sozusagen Tür an Tür – betrachtet und verbessert wird, gewinnen Mutter und Vater wieder mehr Sicherheit im Umgang mit ihrem Kind. Regelmäßige Paar- und Familiengespräche machen bewusst, wo die Ursachen für die Spannungen liegen. Das Konzept, Eltern und Kinder im Kontext der Familie wieder zusammenzubringen,

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gelingt hier in Göppingen dank des Zusammenspiels der beiden Kliniken hervorragend und ist bisher in ganz Baden-Württemberg für diese Altersgruppe der Kinder (4–10 Jahre) einzigartig. Auch das Ambiente der beiden in einem Neubau untergebrachten Kliniken wirkt einladend, was ein großer Pluspunkt ist, denn die Patienten tauschen ihr vertrautes Zuhause für eine ziemlich lange Zeit gegen eine Klinik ein. Da ist es wichtig, sich wie zu Hause zu fühlen. Man merkt den Räumlichkeiten an, dass die Philosophie der Therapie die Architektur bestimmt hat. Besonders gelungen ist der Spielparcours für die Kinder hinter dem Haus. Ein Wermutstropfen dennoch am Schluss: Die Eltern-Kind-Station ist nur für acht Elternteile mit Kind ausgelegt. Wer hier einen Platz findet, darf sich glücklich schätzen. Draußen im Ländle gibt es sicherlich noch viele Eltern mit Kindern, die hier neue Lebenskraft finden könnten. Da kann man nur hoffen, dass dieses großartige Haus mit seinem exzellenten Therapiekonzept als Vorbild für weitere Kliniken dieser Art dienen wird.

Prof. PMU Dr. med. Dipl.-Psych. Isa Sammet Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie

Dr. med. Markus Löble Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Arzt für Naturheilkunde, Suchtmedizin und systemische Familientherapie (DGSF) Aufnahme und Kontakt Eltern-Kind-Station: eks@christophsbad.de Tel. 07161 601-9369 Christophsbad GmbH & Co. Fachkrankenhaus KG Faurndauer Straße 6–28, 73035 Göppingen

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Neues zur Behandlung von Herz-KreislaufErkrankungen Auf der Jahrestagung des American College of Cardiology wird alljährlich das Neueste zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen präsentiert. Prof. Dr. Matthias Leschke, der Chefkardiologe des Esslinger Klinikums, war beim diesjährigen Kongress in Orlando dabei und berichtete im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung „Medizin aktuell“ unter anderem über die Wichtigkeit des Sports und neue Erkenntnisse zur Behandlung von Vorhofflimmern und koronarer Herzkrankheit. Marion Zerbst

ie meisten Frauen würden auf die Frage, vor welcher Krankheit sie am meisten Angst haben, wahrscheinlich sagen: „Brustkrebs.“ Dabei stehen bei den weiblichen Todesursachen HerzKreislauf-Erkrankungen an erster Stelle: Mit rund 50 % sind sie 16-mal häufiger als das Mammakarzinom, das nur für 3 % aller Todesfälle bei Frauen verantwortlich ist. Dieser Gefahr sollte man sich bewusst sein. Neben unserer Lebensweise hängt das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, größtenteils von den Genen ab. Gegen diese erbliche Veranlagung können wir nichts tun; tröstlich ist jedoch die Erkenntnis, dass man „schlechte“ Gene durch einen vernünftigen Lebensstil ausgleichen kann: „Wenn Sie eine ungünstige genetische Konstellation haben, aber ein herzgesundes Leben führen – also nicht rauchen, Ihren Body-Mass-Index unter 30 halten, sich vernünftig ernähren und einmal täglich Sport treiben –, können Sie Ihr Herz-KreislaufRisiko deutlich senken“, betonte Professor Lesch-

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ke. Auch eine vorwiegend sitzende Lebensweise – tagsüber im Büro, abends vor dem Fernseher – lässt sich durch regelmäßige körperliche Aktivität ausgleichen. „Sport verbessert die Belastbarkeit, erhöht den Spiegel des ,guten‘ HDL-Cholesterins, reduziert das ,schlechte‘ LDL-Cholesterin, schützt vor Demenz und Osteoporose, erhöht die Lebenserwartung und senkt bei Diabetikern den Insulinbedarf“, so Professor Leschke. Wer – auch in höherem Alter – regelmäßig Sport treibt, lebt im Schnitt als Frau etwa ein Jahr und als Mann sogar anderthalb Jahre länger. Aber wie überwindet man seinen inneren Schweinehund? „Es kommt darauf an, Sport so zu treiben, dass es Spaß macht, damit man dadurch nicht nur länger lebt, sondern auch mehr Lebensqualität hat“, rät Professor Leschke.

Wechselhaftes Klima erhöht Herzinfarktrisiko Unser Klima spielt immer häufiger verrückt. Das ist

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nicht nur unangenehm, sondern kann auch richtig gefährlich werden: Eine neue amerikanische Studie zeigt, dass das allgemeine Sterberisiko und das Risiko für einen Herzinfarkt um den Faktor 2,5 bis 3 steigen, wenn es innerhalb eines Tages zu einer Temperaturerhöhung um 15 °C kommt. „Im Rahmen der globalen Erwärmung wird die Häufigkeit solcher Temperaturschwankungen zunehmen, und das dadurch bedingte Infarktrisiko wird weiter steigen“, prognostiziert Professor Leschke – ein weiteres Argument für eine herzgesunde Lebensweise, um vor solchen Risiken besser geschützt zu sein.

Die Ehe tut Herz und Kreislauf gut Altern wie ein edler Cabernet Sauvignon – wer wünscht sich das nicht? Wir alle wollen möglichst lange leben – und das bei hoher Lebensqualität und optimaler Gesundheit. Neben guten Genen und einer gesunden Lebensweise spielt hierfür offenbar auch unser Beziehungsstatus eine wichtige Rolle: Verheiratete Menschen haben ein sehr viel geringeres Sterbe- und Herz-Kreislauf-Risiko als ledige. In einer amerikanischen Studie wurden über 6000 Patienten, die sich wegen einer Verengung der Herzkranzgefäße einer Herzkatheterintervention unterzogen hatten, gute dreieinhalb Jahre lang beobachtet. Dabei zeigt sich, dass die unverheirateten Probanden (zu denen auch geschiedene, getrennt lebende und verwitwete Menschen gezählt wurden) weitaus „gefährlicher“ lebten. Warum das so ist, weiß man noch nicht genau. „Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass man in einer Ehe nicht nur ein bisschen intensiver aufeinander achtet, sondern auch mehr Wert auf einen gesunden Lebensstil legt, während man allein möglicherweise eher etwas träger wird“, meint Professor Leschke. Also ab zum Standesamt!

Bei stabiler KHK braucht man keinen Stent Arteriosklerotische Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen (im medizinischen Fachjargon als koronare Herzkrankheit – kurz: KHK – bezeichnet) verschlechtern die Versorgung des Herzmuskels mit lebenswichtigem Sauerstoff und können in fortgeschrittenem Stadium zum Herzinfarkt führen. Die körperliche Belastbarkeit ist bei solchen Patienten häufig eingeschränkt; auch Anfälle von Schmerzen und Engegefühl in der Brust (Angina pectoris) können auftreten.

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Mediziner unterscheiden zwischen stabiler und instabiler koronarer Herzkrankheit, bei der die Gefäße sich immer weiter verengen, die Angina-pectoris-Anfälle schlimmer werden und die Patienten nicht nur bei Belastung, sondern oft auch im Ruhezustand quälen. Bei einer stabilen KHK treten die Beschwerden normalerweise nur in Belastungssituationen auf und bilden sich meistens von allein (oder durch medikamentöse Behandlung) zurück. Die Frage, ob auch bei Patienten mit stabiler KHK ein Eingriff angezeigt ist, bei dem das verengte Gefäß im Herzkatheterlabor aufgeweitet und durch eine Gefäßstütze (Stent) offengehalten wird, wurde unter Kardiologen lange Zeit heiß diskutiert. Denn da so ein Eingriff nicht ganz risikofrei ist, sollte man ihn natürlich nicht unnötig durchführen. Eine neue englische Studie hat jetzt gezeigt, dass eine Herzkatheterintervention bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit nichts bringt. In der ORBITA-Studie erhielten knapp 200 KHKPatienten zusätzlich zur medikamentösen Standardtherapie entweder eine „echte“ Herzkatheterbehandlung oder lediglich eine Scheintherapie (Placebo). Dabei zeigte sich, dass die Behandlung mit Stent die Belastbarkeit der Patienten selbst bei hochgradigen Gefäßverengungen nicht verbesserte. „Wir müssen also sehr sorgfältig überlegen, bei einer stabilen koronaren Herzerkrankung eine Herzkatheterintervention vorzunehmen, da die Sterblichkeit bei einem gut behandelten Patienten mit stabiler KHK sehr gering ist und sich selbst die Belastbarkeit dieser Patienten offenbar nicht bessert“, so das Fazit von Professor Leschke.

Optimale Medikation bei stabiler KHK und peripherer arterieller Verschlusskrankheit Ablagerungen können sich nicht nur rund ums Herz, sondern auch in den Beinarterien bilden. Dies bezeichnet man als periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Eine PAVK führt zu Beschwerden beim Gehen; in fortgeschrittenem Stadium sind oft Amputationen erforderlich. Eine neue auf dem Kardiologenkongress vorgestellte Studie zeigt, dass solche Patienten von einer Kombinationstherapie aus Acetylsalicylsäure (ASS, „Aspirin“) und einem niedrig dosierten neuen Gerinnungshemmer (Rivaroxaban) profitieren können. In der COMPASS-Studie erhielten über 27.000 Patienten mit stabiler arteriosklerotischer Gefäßer-

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krankung entweder nur 100 mg ASS oder zusätzlich zweimal täglich 2,5 mg Rivaroxaban, oder sie wurden nur mit Rivaroxaban in einer höheren Dosis (zweimal täglich 5 mg) behandelt. Die Kombitherapie aus Aspirin und Rivaroxaban schoss den Vogel ab: Sie senkte das allgemeine Risiko für HerzKreislauf-Tod und Schlaganfall deutlich. Besonders auffallend war die Abnahme der Häufigkeit von Amputationen.

Katheterablation bei herzinsuffizienten Patienten mit Vorhofflimmern bringt Vorteile! Bei Vorhofflimmern besteht die Möglichkeit, die für diese Herzrhythmusstörung verantwortlichen

Prof. Dr. med. Matthias Leschke Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Klinikum Esslingen Hirschlandstr. 97 73730 Esslingen Tel.: 0711 3103-2401 E-Mail: m.leschke@klinikumesslingen.de

Herzmuskelzellen im Rahmen einer Katheterbehandlung zu veröden. Das bezeichnet man als Ablation. Viele Patienten mit Vorhofflimmern leiden gleichzeitig an einer Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz). Bei diesen Patienten war man sich bisher nicht sicher, ob eine Katheterablation sinnvoll ist oder nicht. Die vor kurzem veröffentlichten Ergebnisse der CASTLE-AF-Studie beantworten diese Frage: Bei den knapp 400 Teilnehmern der Studie war die Anzahl der Patienten, die innerhalb von rund drei Jahren starben oder wegen einer Verschlechterung ihrer Herzinsuffizienz im Krankenhaus behandelt werden mussten, in der Gruppe derjenigen, die eine Katheterablation erhalten hatten, deutlich geringer. Das Vorhofflimmern ging zurück, und auch die Herzfunktion verbesserte sich. Diejenigen Patienten, die man lediglich mit Medikamenten gegen Vorhofflimmern behandelt hatte, waren im Vergleich dazu sehr viel schlechter dran. Die Ergebnisse der Studie sprechen eindeutig für eine Katheterablation bei Patienten mit Herzschwäche und Vorhofflimmern. Diese sollte möglichst frühzeitig durchgeführt werden.

Vierfach-Grippeimpfstoff auch für Kassenpatienten Nun ist es amtlich: Der Vierfach-Grippeimpfstoff gehört in der nächsten Saison zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) folgt damit der Empfehlung der STIKO. Dennoch bleibt der Streit um die Erstattung in vollem Gange. as Thema Grippeimpfung hat in den letzten Wochen reichlich für Furore gesorgt: Dreifachimpfstoff für GKV-Versicherte und Vierfachimpfstoffe mit höherem Schutz für privat Versichert, das sei ein Beleg für die Zweiklassenmedizin schlussfolgert nicht nur Prof. Karl Lauterbach (SPD). Der unparteiische G-BA-Vorsitzende, Prof. Josef Hecken spart nicht mit Kritik an Medien und allen, denen das Verfahren zu lange gedauert habe. Er sieht sogar die „Grenzen der Redlichkeit“ überschritten. Kein Wort hingegen sagt er in der Plenumssitzung am 5. April zu dem Streit um die Festbetragsverträge einiger Krankenkassen. Der Gesetzgeber hatte aus Gründen der Versorgungssicherheit die Ausschreibungen für exklusive Rabattverträge von Grippeimpfstoffen abgeschafft, weil die komplexe Herstellung der Vakzine mit Unwägbarkeiten einhergehe. Das könne zu Unsicherheiten in der Versorgung und Lieferproblemen führen, so die Begründung. Eine exklusive Festpreisvereinbarung mit einem Vertragspartner dürfte diese vom Gesetzgeber intendierte Absicht unterlaufen. SPD und CDU haben angekündigt, dass sie diese Umgehungsstrategie nicht dulden und gesetzgeberisch nacharbeiten werden. Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion: „Ich bin eine bekennende Impfbefürworterin. Wenn wir die Impfquote steigern wollen, müssen natürlich auch die notwendigen Impfstoffe zur Verfügung stehen. Aus gutem Grund haben wir im Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz die Rabattverträge für Impfstoffe abgeschafft. Die Regelung lässt für mich keinen Interpretationsspielraum zu.“ Die jetzige Präzisierung der Schutzimpfungs-Richtlinie geht auf eine STIKO-Empfehlung vom 11. Januar 2018 zurück. Red.

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Anästhesistenkongress Nürnberg, 25. bis 27. April 2018 Übergewichtige Patienten stellen den Anästhesisten während einer Narkose und bei Behandlungen auf der Intensivstation vor besondere Herausforderungen. Ein nicht weniger brisantes Problem ist das Delir, das älteren Patienten nach einer Narkose Probleme bereitet. ir müssen damit rechnen, dass wir in den nächsten Jahren deutlich mehr übergewichtige Patienten in den Krankenhäusern zu Operationen und auf den Intensivstationen haben werden“, beschreibt Professor Dr. med. Martin Welte, Kongresspräsident des DAC in diesem Jahr, die Entwicklung. Welcher zusätzliche Aufwand und welche Schwierigkeiten sich durch das Übergewicht bei der Behandlung eines Patienten ergeben, hänge dabei von der Ausprägung des Übergewichtes, der Adipositas, ab. Bei einem Body-Mass-Index von 30 bis 35 bestehe kein erhöhtes Risiko für eine Narkose. Ab einem Index von 40 müsse aber schon vermehrt mit Komplikationen gerechnet werden. Herausforderungen gibt es bei der Beatmung in der Narkose und beim Aufwachen nach der Operation, wenn die Patienten noch nicht wach genug und die Narkosemedikamente noch nicht abgebaut sind und eine verstärkte Überwachung der Atmung notwendig wird. Außerdem erfordern über-

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gewichtige Patienten auch stabilere Operationstische und mehr Personal, um die Operierten und Erkrankten anheben zu können: Ein beachtlich logistisches Problem. Im Bereich der Intensivmedizin ist für die Anästhesisten die Vermeidung von Durchgangssyndromen, von Delir, inzwischen eine große Aufgabe. Es handelt sich dabei um einen vorübergehenden Verwirrtheitszustand zum Beispiel nach einer Hüftoder einer Herzoperation: Die Patienten sind sehr unruhig, können von Schwestern und Ärzten auf der Intensivstation kaum geführt werden, erkennen ihre Umgebung und ihre Angehörigen tagelang nicht mehr und laufen auch Gefahr, sich selbst zu gefährden. Auch solche Fälle werden im Zuge des demographischen Wandels in Zukunft zahlreicher: Gefährdete Patienten müssen schon frühzeitig erkannt werden und Pflegepersonal und Ärzte müssen bei der Versorgung der Menschen nach abgestimmten Konzepten Hand in Hand arbeiten. Red.

Neue Plattform erleichtert Meldeprozess von Nebenwirkungen Über die neue Online-Plattform nebenwirkungen.eu können sich Menschen über Nebenwirkungen von Medikamenten informieren und ihren eigenen Verdachtsfall schnell, einfach und zentral melden. echs Millionen Menschen in Deutschland haben nach der Einnahme von Medikamenten Nebenwirkungen. Doch pro Jahr werden nur etwa 28 000 Fälle gemeldet. Der Grund: Ein langer und umständlicher Meldeprozess. Die neue OnlinePlattform nebenwirkungen.eu will diese Schwachstellen beheben und hat mit einem integrierten Meldetool eine einfache und schnelle Lösung gefunden, um die Arzneimittelsicherheit zu unterstützen. „Nebenwirkungen sind eine gesellschaftliche Angelegenheit. Spontanmeldungen werden dringend benötigt, um die Arzneimittelsicherheit zu steigern und Medikamente zielgerichteter zu verschreiben“, so Gründerin Friderike Bruchmann. Menschen, die eine Nebenwirkung vermuten, können sich auf nebenwirkungen.eu über bereits gemeldete Fälle informieren und ihren Verdacht einfach und schnell über nebenwirkungen.eu melden. Der Hinweis wird digital und pseudonymisiert an den Arzneimittelhersteller übermittelt und dort von Experten geprüft. Auf Wunsch kann der Patient über die Plattform seinen Arzt informieren. Der Service für den Nutzer kostenfrei.

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Die Idee entstand durch einen persönlichen Fall Wer bei einer vermuteten Nebenwirkung zum Beipackzettel greift, wird an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verwiesen. Das hat auch Gründerin Friderike Bruchmann versucht, als sie unter starken Nebenwirkungen eines Antibiotikums litt – jedoch ohne Erfolg. „Die Idee für nebenwirkungen.eu ist entstanden, als ich selbst Nebenwirkungen hatte und diese melden wollte“, sagt Friderike Bruchmann. „Doch die Meldung über das BfArM empfand ich als sehr kompliziert und langwierig.“ Nach über einem Jahr intensiver Marktrecherche und Gesprächen mit Experten aus der Pharmaindustrie, Ärzten und Patientenorganisationen entwickelte sie zusammen mit Tobias Nendel und Philipp Nägelein das Konzept für die Online-Plattform. Für ihre Idee erhielten sie eine Förderung vom Europäischen Sozialfonds und firmierten im Dezember 2017 die Medikura Digital Health GmbH mit der Vision, weltweit die Medikamentensicherheit zu steigern. Red.

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Wenn der Darm uns das Leben zur Qual macht:

Was tun gegen das Reizdarmsyndrom? Bauchschmerzen, Druck- und Völlegefühl, das zermürbende Wechselspiel zwischen Verstopfung und Durchfällen, chronische Müdigkeit, der plötzliche Drang zur Toilette – alles typische Symptome einer Erkrankung, die wohl 10 % unserer Bevölkerung plagt, genau weiß man es nicht, denn die Dunkelziffer ist enorm. Eine konkrete Ursache für den außer Rand und Band geratenen Verdauungstrakt lässt sich selten finden. Irgendwie hat dieses rätselhafte Leiden viel mit Stress, doch genauso mit der Ernährung zu tun. Der Psychosomatiker Prof. Stephan Zipfel von der Uni Tübingen informiert über diese Krankheit. Anne Greveling

Fall 1 Der junge Rettungssanitäter Peter K.* litt bis zu siebenmal pro Tag unter Durchfall mit unbeherrschbarem Stuhldrang, begleitet von Bauchschmerzen und Blähungen. Die Probleme hatten während eines Praktikums im Rahmen seiner Rettungssanitäter-Ausbildung begonnen: Die damaligen traumatischen Erlebnisse (unter anderem Schlägereien und Konfrontation mit Verkehrstoten) waren für ihn offenbar nur schwer zu verkraften gewesen. Eine umfangreiche Diagnostik (u. a. Magen- und Darmspiegelung, Ultraschalluntersuchung des Oberbauchs und Untersuchung des Stuhls auf krankhafte Keime) ergab keinen Befund; allerdings stellten die Ärzte bei Peter K. eine mittelgradige depressive Episode fest. In den Gesprächen, die sie mit ihm führten, zeigte sich, dass er ein sehr leistungsorientierter, perfektionistischer Mensch war.

Fall 2 Den 45-jährigen Gartenarchitekten Klaus T.* trieben die Durchfälle sogar 12- bis 15-mal pro Tag auf die Toilette. Außerdem litt er unter Blähungen, einem

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Druckgefühl im Bauch und depressiven Symptomen. Aus Angst vor „bösen Überraschungen“ fuhr er nur noch ungern mit öffentlichen Verkehrsmitteln und wagte das Haus immer erst dann zu verlassen, wenn er das Gefühl hatte, dass sein Darm vollständig entleert war. Begonnen hatten die Beschwerden im Rahmen einer Darminfektion; bei beruflichem und familiärem Stress verschlimmerten sie sich. Auch bei Klaus T. erbrachten mehrfache Koloskopien und eine Stuhluntersuchung keinen Befund.

Fall 3 Die 40-jährige Bürokauffrau Carla B.* litt ebenfalls unter ständigen Durchfällen, Bauchschmerzen, schweren depressiven Symptomen und hatte wegen ihres unkontrollierbaren Stuhlgangs Angst, das Haus zu verlassen. Auch bei ihr verschlimmerten sich die Symptome in Belastungssituationen – und die gab es in ihrem Leben reichlich: In den vergangenen Jahren hatte sie unter starkem beruflichem und privatem Stress gestanden, und aufgrund der Betreuung zweier kleiner Kinder und der

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Pflege ihres alten Vaters war bis auf Weiteres auch kein Ende der psychischen Belastungen abzusehen. Alle drei Patienten litten unter dem Reizdarmsyndrom – einem keineswegs seltenen Krankheitsbild: Weltweit leiden 10 bis 11 % an einem Reizdarm; Frauen sind öfter betroffen als Männer und haben einen höheren Leidensdruck. Bei ca. einem Drittel der Patienten entwickelt sich das Syndrom nach einer Darminfektion. Stress verschlimmert die Beschwerden, während eine laktose-, fruktose- und weizenfreie oder -arme Ernährung diese zunächst scheinbar bessert; allerdings besteht dabei das Risiko einer Mangel- und Fehlernährung. „Bauchschmerzen sind das Kernsymptom des Reizdarmsyndroms“, erklärte Professor Stephan Zipfel von der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Medizinischen Uniklinik Tübingen bei seinem Vortrag im Rahmen der diesjährigen Fortbildungsveranstaltung „Medizin aktuell“ in Filderstadt. Je nach Erkrankungstyp herrschen entweder Durchfälle oder Verstopfung vor. Bei vielen Patienten beschränken sich die Symptome nicht auf den Darm; zusätzlich leiden sie oft auch unter Magen-Darm-Beschwerden wie beispielsweise Verdauungsstörungen, chronischer Fatigue, Fibromyalgie und psychischen Erkrankungen wie einer Depression oder Angststörung.

Wichtig: eine multimodale Therapie Da es sich beim Reizdarmsyndrom um eine psychosomatische (also zumindest teilweise psychisch bedingte) Erkrankung handelt, lässt sie sich mit Medikamenten allein nicht erfolgreich behandeln. Am erfolgversprechendsten ist eine Kombination aus Psychotherapie und antidepressiver medikamentöser Behandlung: Stehen Durchfälle im Vordergrund, so sollten dem Patienten trizyklische Antidepressiva, beim Verstopfungstyp dagegen eher selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) verschrieben werden. Allerdings wirken diese Verschreibungen nur im Sinne einer symptomatischen Verbesserung, nicht einer ursächlichen Therapie Eine Psychotherapie ist vor allem dann angezeigt, wenn die Symptome auch nach drei- bis sechsmonatiger Behandlung mit Psychopharmaka weiterbestehen oder sich bei Stress und psychi-

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Woran erkennt man ein Reizdarmsyndrom? Für die Diagnostik eines Reizdarmsyndroms müssen mindestens drei Kriterien erfüllt sein: • Der Patient leidet unter chronischen (länger als drei Monate anhaltenden) darmbezogenen Beschwerden, die normalerweise mit Stuhlgangveränderungen einhergehen. • Diese Beschwerden sind so stark, dass sie seine Lebensqualität deutlich beeinträchtigen und er deswegen ärztliche Hilfe sucht. • Es liegen keine anderen Krankheitsbilder vor, auf die diese Symptome zurückgeführt werden könnten.

scher Belastung verschlimmern. „Zwischen 10 und 16 % der Betroffenen haben einen sexuellen Missbrauch erlebt; diese Patienten, bei denen oft gleichzeitig eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, benötigen auf jeden Fall eine Psychotherapie“, betont Professor Zipfel. „Auch durch Hypnose lassen sich die Beschwerden deutlich bessern. Allerdings muss es eine darmspezifische Hypotherapie mit klarer Fokussierung auf den Magen-Darm-Trakt sein, ähnlich wie bei der Sonnengeflecht-Übung im autogenen Training“, erklärt Professor Zipfel. „Die meisten Menschen spüren ihren Bauch nur dann, wenn er wehtut. Die Patienten müssen lernen, auch wieder etwas Positives in dieser Körperregion wahrzunehmen.“ Die Hypnosesitzungen werden einzeln oder in der Gruppe durchgeführt und sollten ein- bis dreimal pro Woche (oft über einen Zeitraum von ein bis zu drei Monaten) erfolgen. „Leider gibt es noch nicht viele Therapeuten, die diese Art der Hypnose anbieten, und die Kosten dafür werden – zumindest bisher – auch nicht von den Krankenkassen übernommen.“ Die Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Uniklinik Tübingen bietet eine umfassende Behandlung des Reizdarmsyndroms an, zu der neben Medikamenten und Psychotherapie auch Hypnosesitzungen und Ernährungsberatung gehören. „In meiner Abteilung gibt es u. a. auch vier Ernährungswissenschaftlerinnen. Wir versuchen Ernährung, den psychotherapeutischen und den medizinischen Aspekt zusammenzubringen und unseren Patienten eine multimodale Therapie anzubieten.“

Prof. Dr. med. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor der Klinik Innere Medizin VI, Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik Tübingen Osianderstr. 5 72076 Tübingen

* Die Namen und Lebensumstände der Patienten wurden in der Redaktion verändert.

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Geschlechtskrankheiten – Krätze – Fettleber:

Neueste Erkenntnisse aus der Medizin Unser medizinisches Wissen verdoppelt sich ungefähr alle fünf Jahre. Vor allem Hausärzte brauchen eine breite Wissensbasis, denn als erste Anlaufstelle und „Lotsen“ der Patienten müssen sie über alle möglichen – teilweise auch seltene – Krankheitsbilder Bescheid wissen. Deshalb ist regelmäßige Fortbildung für sie besonders wichtig. Alljährlich veranstaltet das Klinikum Esslingen in Kooperation mit der Kreisärzteschaft Esslingen und der Ärzteschaft Nürtingen eine zweitägige Fortbildungsveranstaltung, die Ärzte über die wichtigsten neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der inneren Medizin informiert. Die Referenten gehen aber auch auf „Randgebiete“ wie Schlafstörungen, psychosomatische Erkrankungen und Hautprobleme ein – denn noch mehr als jeder andere Mediziner muss gerade der Hausarzt seine Patienten aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachten. Marion Zerbst, Werner Waldmann

ieses Jahr hat uns eine besonders schwere Grippewelle beschert: Viele Arztpraxen, teilweise sogar Krankenhäuser wurden dadurch lahmgelegt. Das Problem: Obwohl in der Grippesaison 2017/18 Influenza-B-Fälle vom Typ Yamagata bei weitem überwogen, erstatten die gesetzlichen Krankenversicherungen – bis auf wenige Ausnahmen – nur die Kosten für den günstigeren Dreifachimpfstoff, der das Yamagata-Virus nicht abdeckt. Hier zeigt sich wieder einmal die unsinnige Sparpolitik in unserem Gesundheitswesen: Die Kosten für die zu Beginn des Jahres 2018 wütende schwere Grippeepidemie waren bei weitem höher, als eine flächendeckende Impfung von Risikopersonen mit dem Vierfachimpfstoff die Krankenkassen gekostet hätte.

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Gefährliches Yamagata-Virus Das Tragische daran: Bei Influenza B-Viren handelt es sich um einen Virustyp, der das Herz besonders stark in Mitleidenschaft ziehen kann. Ohnehin steigt im Rahmen einer Grippeinfektion das Herzinfarktrisiko an; die gefährlichen B-Viren verursachen jedoch nicht selten auch eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Ältere Menschen und Patienten

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mit bereits bestehenden HerzKreislauf-Erkrankungen sind besonders gefährdet. Bislang bleibt solchen Risikopersonen nichts anderes übrig, als den weitaus wirksameren Vierfachimpfstoff aus eigener Tasche zu bezahlen, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen – denn: „Grippeschutzimpfung bedeutet Herz-Kreislauf-Schutz!“, wie Professor Dr. Matthias Leschke vom Klinikum Leschke in seinem Vortrag eindringlich betonte.

Geschlechtskrankheiten auf dem Vormarsch Die Häufigkeit sexuell übertragbarer Erkrankungen nimmt drastisch zu. Hier zeigt sich ein verändertes Sexualverhalten in unserer Bevölkerung: Die Angst vor HIV-Infektionen hat abgenommen, sodass immer weniger Menschen „Safer Sex“ praktizieren. Sie vergessen dabei jedoch, dass es außer AIDS auch noch andere durch Geschlechtsverkehr übertragbare Erkrankungen wie Syphilis (Lues) und Go-

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norrhö („Tripper“) gibt, die hochansteckend sind und zu sehr unangenehmen, teilweise gefährlichen Komplikationen und Spätschäden führen können, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt werden. Das Gemeine daran: Nicht immer verursacht so eine Infektion Beschwerden, die an eine Geschlechtskrankheit denken lassen. Safer Sex ist also gerade für Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern nach wie vor sinnvoll – zumal auch bestimmte Formen der Hepatitis durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen werden können. Behandelt werden Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhö oder Syphilis mit Antibiotika. Auch hier führt der Sparwahn in unserer Gesundheitspolitik immer wieder zu Problemen: Durch ihre Rabattverträge mit den Pharmaunternehmen sparen die Krankenkassen Milliarden ein; andererseits kommt

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es dadurch öfters zu Lieferengpässen bei wichtigen Arzneimitteln – gerade auch bei Antibiotika. Denn wenn die Preise durch solche Verträge immer weiter nach unten gedrückt werden, bleibt Pharmafirmen oft nichts anderes übrig, als die Arzneimittelproduktion in Länder mit niedrigen Lohnkosten wie beispielsweise China oder Indien zu verlagern. Wenn dort Produktionsprobleme auftreten, sind Lieferengpässe die unvermeidbare Folge. „Die Krankenversicherungen sollten es mit ihren Rabattverträgen nicht übertreiben, sonst ist womöglich unsere Arzneimittelversorgung bald nicht mehr sichergestellt“, warnte Professor Dr. Rüdiger W. Braun vom Labor Prof. Enders & Partner in seinem Vortrag über Infektionserkrankungen.

Stress und Burnout: So können Sie sich schützen Kaum jemand ist in unserer heutigen schnelllebigen Zeit dagegen gefeit: Der allgegenwärtige Stress macht uns nicht nur das Leben schwer, sondern schadet auch unserer Gesundheit. Denn in

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belastenden Situationen werden Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, die Herzfrequenz und Blutdruck, Blutzucker- und Blutfettspiegel erhöhen. Bei Dauerstress kann dies zum Problem werden, denn dadurch steigt das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und das Immunsystem wird geschwächt. Nicht selten führt dauerhafter Stress zu einem Erschöpfungszustand und schließlich zum Burnout. „Das ist ein schleichender Prozess, bei dem man zunächst versucht, sein Leistungsniveau durch Willenskraft aufrechtzuerhalten, bis es irgendwann nicht mehr geht. Oft mündet der Burnout in eine Depression oder Suchterkrankung“, erklärt Professor Dr. Barbara Wild von der Stuttgarter Fliedner Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Was kann man tun, damit es nicht so weit kommt? Zunächst einmal muss man wissen, dass Stress äußere und innere Ursachen hat. Zu den äußeren Risikofaktoren zählen Überforderung am Arbeitsplatz, lange Arbeitszeiten und mangelnde Arbeitszufriedenheit. Besonders stressgefährdet sind Menschen, die in ihrem Beruf stark gefordert sind, aber nur wenig Kontrolle über ihre Arbeit und ihre Arbeitsbedingungen ausüben können. Zu den inneren Ursachen gehören bestimmte Persönlichkeitsmerkmale. „Narzisstische Menschen haben ein verzerrtes Selbstkonzept: Einerseits finden sie sich unheimlich toll, andererseits sind sie unsicher, stellen sehr hohe Anforderungen an sich selbst und brauchen immer wieder Bestätigung. Solche Menschen sind geradezu prädestiniert für Stress“, erklärt Professor Wild. Auch zu Neurotizismus neigende Menschen, die ängstlich, unsicher und nicht sehr belastbar sind, geraten leicht in die Stressfalle. „Solche Leute suchen die Schuld eher bei sich selbst als bei ihren Mitmenschen, tun, was andere ihnen sagen, grübeln viel und resignieren leicht“, erklärt Professor Wild. Eine weitere innere Ursache für vermehrte Stressanfälligkeit ist das Helfersyndrom. „Auch diese Persönlichkeitsstruktur hat etwas mit Narzissmus zu tun: Durch das Helfen bringt man sich in eine übergeordnete Position. Oft stecken hinter solchem Verhalten kindliche Ablehnungs- und Unterlegenheitserfahrungen, die dadurch kompensiert werden.“

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Gerade Menschen mit erhöhtem Stressrisiko sollten rechtzeitig gegensteuern. Oft genügen schon ganz einfache Maßnahmen, um sich vor übermäßigem Stress zu schützen: Man muss eine bessere Selbstwahrnehmung entwickeln, merken, wann man an der Grenze seiner Belastbarkeit angelangt ist, und dann rechtzeitig die Reißleine ziehen. Wichtig sind außerdem eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit und gute zwischenmenschliche Beziehungen. Eine weitere sinnvolle Strategie im Kampf gegen Stress ist Achtsamkeitstraining. „Es gibt gute achtsamkeitsbasierte Stressreduktionsprogramme, in deren Rahmen man wirksame Techniken zur Stressbewältigung und zum Stressabbau erlernen kann.“

Übergewicht schadet nicht nur Herz und Gefäßen, sondern auch der Leber! 20 % unserer Jugendlichen bringen zu viele Pfunde auf die Waage; 8 bis 9 % leiden sogar unter behandlungsbedürftigem Übergewicht (auch als Fettleibigkeit oder Adipositas bezeichnet). Übergewicht begünstigt nicht nur die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes, sondern schädigt – wie man inzwischen weiß – auch die Leber: Es führt nämlich zur Einlagerung von Fettzellen in die lebenswichtige Entgiftungszentrale unseres Körpers. Schätzungen zufolge leidet in Deutschland bereits jeder Vierte unter einer Fettleber, wobei die Dunkelziffer ziemlich hoch sein dürfte – denn da Fetteinlagerungen in der Leber keine Schmerzen oder sonstigen Beschwerden verursachen, werden sie meist nur als Zufallsbefund im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung entdeckt. Diese nicht-alkoholische Fettlebererkrankung ist ein ernstes Problem, denn sie kann bis zur Entstehung einer Leberentzündung (Fettleberhepatitis) und im Lauf der Zeit sogar zu einer Leberzirrhose fortschreiten. Fettleberpatienten haben ein drastisch erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dies gilt auch für Frauen, die ansonsten zumindest bis zum Eintritt der Wechseljahre durch ihre weiblichen Geschlechtshormone bis zu einem gewissen Grad vor Herzinfarkt und Schlaganfall geschützt sind: „Bei Frauen mit nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung treten solche Herz-Kreislauf-Ereignisse im Schnitt

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„Medizin aktuell“ ist eine jährlich stattfindende Fortbildungsveranstaltung für niedergelassene Ärzte.

MEDIZIN AKTUELL 2018

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16. und 17. März 2018 Filderstadt-Bernhausen Filharmonie

Eine regionale Veranstaltung zur kontinuierlichen medizinischen Fortbildung (CME) CME-Punkte sind beantragt

Klinikum Esslingen

Das Qualitätskrankenhaus

Kreisärzteschaft Esslingen

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Je strenger die Blutzuckereinstellung eines Diabetikers, umso höher ist das Risiko für Unterzuckerungen (Hypoglykämien). Und die können gefährlich werden: Sie erhöhen – gerade bei älteren Menschen – die Sturzgefahr; aber auch das Demenzrisiko steigt. Die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist nicht nur während der Hypoglykämie, sondern noch bis zu 100 Tage danach erhöht. Denn die Unterzuckerung führt zu einer Störung der Blutgerinnung und zur Freisetzung entzündungsfördernder Stoffe. Vor allem wiederholte Hypoglykämien erhöhen das Herz-Kreislauf-Risiko. Leider können solche Unterzuckerungen auch nachts auftreten und werden vom Patienten dann

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Aufgrund der Migration ist die Krätze bei uns mittlerweile wieder auf dem Vormarsch, denn die Flüchtlinge kommen aus Regionen, wo diese Erkrankung leider sehr häufig vorkommt, und in den Massenunterkünften verbreitet sie sich auch sehr schnell. Auch in Alten- und Pflegeheimen ist das Risiko für Krätze-Epidemien erhöht. Verursacht wird diese Hautkrankheit durch winzig kleine, aber gemeine Parasiten, die Krätzmilben, deren Weibchen Gänge in die Hornschicht der Haut graben, um dort ihre Eier abzulegen. Nach einer Inkubationszeit von drei bis sechs Wochen nach der Infektion äußert sich die Krätze durch Juckreiz und gerötete, schuppige Hautpartien mit stecknadelgroßen Knötchen. Übertragen werden die unappetitlichen kleinen Tierchen durch Hautkontakt, der allerdings schon mindestens fünf Minuten andauern muss. (Ein Handschlag reicht also normalerweise nicht aus, um sich anzustecken.) Auch Übernachtungen in unhygienischen Billigunterkünften bergen ein Infektionsrisiko. Oft ist die Haut in den Finger- und Zehenzwischenräumen und im Genitalbereich befallen, denn die Milbenweibchen suchen sich für ihre Eiablage gern Stellen, wo es warm und die Haut dünn ist. Da die fortpflanzungsfreudigen Milbenmütter zirka 100 Eier pro Tag legen, breitet sich die Krätze ziemlich schnell aus. Zur Behandlung trägt man eine Creme mit dem

Unterzuckerungen sind gefährlich!

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Unerwünschte Untermieter

Wirkstoff Permethrin (Infectoscab®) auf, der die Milben abtötet. Bei starkem Befall (oder falls die äußerliche Therapie versagt) verschreibt der Arzt Tabletten mit dem Wirkstoff Ivermectin (Stromectol®). Wäschestücke, die mit der Haut in Kontakt kommen, muss man bei mindestens 60 °C waschen; das macht den Milben den Garaus. Nicht waschbare Wäsche sollte man chemisch reinigen lassen oder für mehrere Tage in einem Plastiksack lagern.

Foto: © Boris Ryaposov/shutterstock

fünf bis 15 Jahre früher auf als bei Frauen ohne Fettleber“, warnte Professor Michael Geißler vom Klinikum Esslingen in seinem Vortrag über Lebererkrankungen. „Bei übergewichtigen Patienten sollte der Hausarzt zwecks Ausschluss bzw. Diagnostik einer Fettleber einmal pro Jahr eine Ultraschalluntersuchung durchführen. Liegt eine Fettleber vor, so sollte er einmal jährlich die Transaminasen bestimmen, um festzustellen, ob der Patient unter einer Fettleberhepatitis leidet.“ Dann allerdings muss der Patient selbst aktiv werden, denn mit Medikamenten lässt eine Fettleber sich nicht behandeln. Das Einzige, was hilft, ist eine konsequente Gewichtsreduktion, am besten in Kombination mit regelmäßigem Ausdauersport: Dadurch geht die entzündliche Aktivität in der Leber zurück.

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nicht immer bemerkt. „Diabetiker mit erhöhtem Hypoglykämie-Risiko sollten besonders engmaschig überwacht werden“, empfahl Professor Dr. Ralf Lobmann von der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie des Klinikums Stuttgart in seinem Vortrag. Eventuell ist für solche Patienten ein kontinuierliches Blutzuckermonitoring sinnvoll. Ein erhöhtes Risiko für Unterzuckerungen haben beispielsweise Patienten, die schon länger unter ihrem Diabetes leiden: Das Risiko nimmt mit der Krankheitsdauer zu. Frauen sind eher gefährdet als Männer. Auch bei einem relativ niedrigen Blutzuckerlangzeitwert (HbA1c) steigt das Hypoglykämie-Risiko. Und natürlich kann es bei Patienten, die Insulin spritzen, eher zu einer Unterzuckerung kommen, als wenn man lediglich orale Antidiabetika einnimmt.

Durchbruch in der Behandlung von Krebserkrankungen Zielgerichtete Krebstherapien, die im Gegensatz zur Chemie-und Strahlentherapie nicht alle Zellen angreifen, sondern sich nur gegen die krankhaft veränderten Zellen selbst richten, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Auf diesem Gebiet tut sich zurzeit eine ganze Menge: Es werden immer wieder neue raffinierte Strategien entwickelt, um bösartige Tumoren „auszutricksen“. Wenn Tumorzellen absterben oder durch eine Chemo- oder Strahlentherapie zerstört werden, setzen sie kleine Eiweißfragmente frei. Diese Fragmente gelangen über die Lymphe in die Lymphknoten und werden dort von den Killerzellen – wichtigen Bestandteilen unserer körpereigenen Abwehr – erkannt. Daraufhin machen diese kleinen „Auftragskiller“ sich auf den Weg und zerstören die Tumorzellen. Leider funktioniert diese Immunreaktion aber nicht immer. Denn auf der Oberfläche von T-Zellen und anderen Immunzellen sitzen sogenannte Immun-Checkpoints: Rezeptoren, die deren Aktivität steuern und notfalls auch herunterregulieren, damit sie nicht überreagieren. Denn ein überaktives Immunsystem greift unter Umständen auch körpereigene Zellen an. So entstehen Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder multiple Sklerose. Diesen körpereigenen Immun-Hemmungsmechanismus machen Krebszellen sich zunutze: Sie senden Botenstoffe aus, die genau in die Oberflä-

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chenstruktur des Checkpoint-Rezeptors hineinpassen und an ihn andocken. Dadurch erhalten die T-Zellen ein hemmendes Signal und greifen die Tumorzellen nicht mehr an – und der Tumor kann unkontrolliert weiterwachsen. Um diesen raffinierten Überlebensmechanismus von Tumorzellen auszuschalten, wurden sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren entwickelt: Sie unterbrechen die Kommunikation zwischen Immun-Checkpoint und Tumorbotenstoff, indem sie ebenfalls genau in die Checkpoint-Rezeptoren passen und diese besetzen, sodass der Tumorbotenstoff sich dort nicht mehr anlagern und die TZellen deaktivieren kann. Damit ist das Immunsystem wieder in der Lage, seinen Kampf gegen den Tumor aufzunehmen. Allerdings wirken diese zielgerichteten Antikörper nur dann, wenn bei den Krebszellen bestimmte Mutationen vorliegen: In solchen Fällen lassen sich damit oft sensationelle Erfolge erzielen, da ihre Wirkung in der Regel auch langfristig anhält, während sie bei Patienten ohne diese Mutationen überhaupt nicht wirken. „Die Erwartungen an diese Substanzen sollten also nicht zu hoch geschraubt werden“, warnte Professor Dr. Lothar Kanz vom Universitätsklinikum Tübingen in seinem Vortrag über neue Krebstherapien. „Je stärker der Tumor mutiert ist, umso besser spricht er auf eine Behandlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren an.“ Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome, Hautmelanome, Blasenund Nierenkrebs, das Endometriumkarzinom und bestimmte metastasierte Darmkrebstypen sind vielversprechende Kandidaten für eine Behandlung mit dieser Immuntherapie – aber eben nur, wenn sie die entsprechenden Mutationen aufweisen.

Schnarchen und Schlafapnoe? Vielleicht kann der Zahnarzt Ihnen helfen! Viele Menschen schnarchen nicht einfach nur, sondern leiden zusätzlich unter krankhaften nächtlichen Atemaussetzern. Sie entstehen dadurch, dass die oberen Atemwege sich während des Schlafs nicht nur (wie beim normalen Schnarchen) verengen, sondern völlig verschließen. Diese obstruktive Schlafapnoe ist gefährlich, denn sie führt zu Tagesschläfrigkeit – mit entsprechend erhöhtem Unfallrisiko – und begünstigt außerdem die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die gängige Behandlungsmethode besteht darin, dem Pa-

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© Ch. Hartmann

tienten durch ein Beatmungsgerät über eine Nasenmaske kontinuierlich Luft in die Atemwege zu blasen, um diese offenzuhalten. Diese sogenannte CPAP-Therapie ist bei den meisten Patienten allerdings nicht sonderlich beliebt: Sie wird nicht nur als unangenehm, beschwerlich und unästhetisch empfunden (wer präsentiert sich seiner Partnerin schon gerne mit einer Nasenmaske, an der ein rüsselartiger Schlauch hängt?), sondern kann auch diverse Probleme verursachen: von Druckstellen im Gesicht durch die Maske bis hin zu ausgetrockneten Schleimhäuten. Eine für die Patienten wesentlich angenehmere Alternative ist die Behandlung mit Unterkieferprotrusionsschienen, die für die Nacht auf die Zahnreihen gesetzt werden und den Unterkiefer um 8 bis 10 Millimeter nach vorn verlagern. Dadurch werden Unterkiefer, Gaumensegel, Zungengrund und Kehldeckel vorverlagert und gestrafft. So bleiben die Atemwege während des Schlafs offen. Durch die Schienentherapie verschwindet nicht nur das lästige Schnarchen; auch die gefährlichen

Atempausen lassen sich damit (zumindest bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Schlafapnoe ohne allzu starkes Übergewicht) in der Regel gut behandeln. Aber auch für Patienten mit schwerer Schlafapnoe, die mit einer CPAP-Therapie partout nicht zurechtkommen, kann die Schiene eine sinnvolle Alternative sein. Wichtig ist dies vor allem im Hinblick auf die neue Fahrerlaubnisverordnung, die vorsieht, dass Schlafapnoe-Patienten mit mehr als 15 Atemaussetzern pro Stunde nicht mehr Auto fahren dürfen, wenn sie keine regelmäßige Therapie für ihre schlafbezogene Atemstörung erhalten. Wer sich trotzdem ans Steuer setzt, macht sich strafbar! Die Schiene sollte von schlafmedizinisch fortgebildeten Zahnmedizinern (Zahnärzten oder Kieferorthopäden) angepasst werden; Adressen entsprechender Praxen findet man unter http://www.dgzs.de/mitgliederpraxen/. Einziger Nachteil: Die Krankenkassen zahlen nicht immer, sondern nur im Rahmen von Einzelfallentscheidungen.

DER WILLE VERSETZT BERGE. BESONDERS DER LETZTE. ALICE UND ELLEN KESSLER ENGAGIEREN SICH MIT IHREM TESTAMENT FÜR ÄRZTE OHNE GRENZEN. Sie möchten die Broschüre „Ein Vermächtnis für das Leben“ bestellen oder wünschen ein persönliches Gespräch? Gerne können Sie sich an mich wenden: Anna Böhme Telefon: 030 700 130-145, Fax: 030 700 130-340 anna.boehme@berlin.msf.org www.aerzte-ohne-grenzen.de/testamentspende

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Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Dresden Beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Dresden spielte das Thema Schlafstörungen eine wichtige Rolle. Die Pneumologen warnten vor den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen unbehandelter Schlafstörungen. Weitere wichtige Themen auf dem DGPKongress waren Lungensport, Fortschritte in der Lungenkrebstherapie und Gefahren der E-Zigarette. Werner Waldmann chätzungen zufolge leiden etwa 13 % aller Männer und sieben Prozent aller Frauen in Deutschland an einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA). Viele wissen gar nichts von ihrer Erkrankung. „Die Anzahl der Menschen mit nicht diagnostizierter Schlafapnoe ist immer noch hoch“, betont Prof. Dr. Winfried Randerath, der diesjährige Kongresspräsident der DGP. Bei der obstruktiven Schlafapnoe kollabieren die Atemwege des Patienten im Schlaf immer wieder. Dies kann von zehn Sekunden bis zu zwei Minuten dauern und führt zu einer Unterversorgung des Körpers mit lebenswichtigem Sauerstoff. Als Reaktion darauf steigert der Körper seine Atmungsanstrengungen, erlebt permanente Stressreaktionen.

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Gefährlicher Sekundenschlaf Die nächtlichen Atemaussetzer stören den erholsamen Schlaf. Deshalb leiden Betroffene häufig unter Tagesschläfrigkeit, sind weniger konzentriert und nicht mehr voll leistungsfähig. Auch die Gedächtnisleistung lässt nach. Im Straßenverkehr haben unbehandelte Schlafapnoiker ein zwei- bis siebenmal so hohes Risiko, Unfälle zu verursachen, denn das chronische Schlafdefizit erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Sekundenschlafs. Wie gefährlich Sekundenschlaf sein kann, verdeutlichen zwei Zugunglücke, die sich vor einiger Zeit in New York und New Jersey ereigneten, weil die jeweiligen Lokführer am Steuerpult eingenickt waren. Wie sich herausstellte, litten beide an einer obstruktiven Schlafapnoe. In Deutschland und der EU dürfen Menschen mit Schlafapnoe und Tagesschläfrigkeit Kraftfahrzeuge nur dann steuern, wenn sie kontinuierlich erfolgreich behandelt werden. Ähnliches gilt auch für Menschen, die gefährliche Arbeitsgeräte bedienen. „Wer sich tagsüber häufig – und scheinbar grundlos – müde oder schläfrig fühlt, sich schlecht

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konzentrieren kann oder gar ungewollt einschläft, sollte seinen Schlaf untersuchen lassen“, rät Randerath, der als Chefarzt am pneumologischen Krankenhaus Bethanien in Solingen tagtäglich mit solchen Problemen konfrontiert wird. Schlafapnoe ist aber auch ein wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Jeder zweite Patient mit Durchblutungsstörungen im Herzen (koronarer Herzkrankheit), Herzschwäche, Bluthochdruck, Vorhofflimmern und Schlaganfall leidet darunter.

Erholsamer Schlaf braucht eine stärkere Schlafmedizin Durch die große Zahl der Betroffenen, Arbeitsausfallzeiten, Krankheitskosten und die Schwere der Folgeerkrankungen stellt die OSA nicht nur ein gesundheitliches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem dar. Dennoch ist die Versorgung von Menschen mit Schlafapnoe bedroht. „Das Versorgungsangebot für Patienten wird hierzulande immer knapper“, so Randerath. „Weil die Krankenkassen immer weniger stationäre Behandlungen bezahlen und ambulante Möglichkeiten unterfinanziert werden, stehen schlafmedizinische Angebote nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung. Die Wartezeiten für einen Termin im Schlaflabor liegen in der Regel bei mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr.“ Schlaflabore müssen schließen, da die Kostenträger immer weniger für stationäre Behandlungen bezahlen. Der erhebliche Kostendruck und die Verlagerung vom Krankenhaus in die Ambulanz führen zu einer deutlichen Reduktion der Weiterbildungsstellen. Jährlich werden nur noch wenige Schlafmediziner ausgebildet, sodass die zukünftige Versorgung von Patienten mit Schlaferkrankungen nicht mehr gesichert ist. Außerdem werden Kosten für neuere alternative Verfahren zur Behandlung der

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Schlafapnoe oft nicht von den Krankenkassen übernommen – selbst wenn sie sich schon wissenschaftlich bewährt haben. Schlafapnoe ist aber nur einer von vielen Gründen, aus denen viele Menschen in Deutschland nicht mehr ausreichend schlafen. Untersuchungen der Krankenkassen Barmer/GEK und DAK zeigen übereinstimmend, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung unter chronischen Ein- und Durchschlafproblemen leidet. Doch obwohl Krankenkassen die wachsende Bedeutung von Schlafstörungen erkennen, wird das Versorgungsangebot immer weiter reduziert.

Sport und Bewegung helfen bei chronischen Lungenerkrankungen Chronische Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD sind meist nicht heilbar. Ziel einer Behandlung ist es, Symptome wie Husten, zähen Schleim oder Atemnot zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Neben Medikamenten ist Lungensport eine wichtige Therapiesäule: Körperliche Anstrengung stärkt die Atemmuskulatur und erhält die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Chronische Lungenerkrankungen machen sich durch zunehmende Atemnot bemerkbar – zunächst nur bei anstrengenden Tätigkeiten, später auch im Ruhezustand. Die meisten Patienten neigen deshalb dazu, sich körperlich zu schonen. Das kann den Krankheitsverlauf jedoch dramatisch beschleunigen. Untersuchungen zeigen, dass die Abnahme der körperlichen Aktivität ein wichtiger Faktor ist, der die Sterblichkeit und die Anzahl der Krankenhauseinweisungen erheblich beeinflusst. Die Patienten fühlen sich nicht nur schlechter – Bewegungsmangel führte auch zu häufigeren Krankenhausaufenthalten und vermehrten Todesfällen. Hinzu kommt die soziale Isolation: Aus Angst vor Husten und Atemnot trauen viele Betroffene sich nicht mehr, das Haus zu verlassen und alltäglichen Aktivitäten nachzugehen. Vereinsamung und Depression sind oft die Folge. Je früher Betroffene sich einer Lungensportgruppe anschließen oder selbst aktiv werden, desto mehr steigen ihr Wohlbefinden und ihre Überlebenschancen. Wichtig ist, dass das Training den Lungenkranken fordert, aber nicht überbelastet. In Deutschland findet die Trainingstherapie hauptsächlich in stationären Rehabilitationszentren statt.

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Auf dem Internetportal www.lungensport.org sind über 600 Lungensportgruppen registriert, die regelmäßiges, gemeinsames Training speziell für Menschen mit Lungenerkrankungen anbieten. Dazu gehören Kraft- und Ausdauertraining, Dehnund Koordinationsübungen sowie Entspannungsund Atemtechniken. Bei den meisten Lungensportgruppen findet das Training ein- bis zweimal pro Woche für jeweils 60 Minuten statt und soll durch eigenes Training ergänzt werden. Allerdings ist dieses Trainingsangebot in Deutschland bisher noch nicht flächendeckend verfügbar. Vielerorts fehlen gut ausgebildete Trainer. Problematisch ist auch, dass die Patienten – je nach Alter und Krankheitsstadium – sehr unterschiedlich belastbar sind. Schätzungen zufolge beendet jeder zweite Teilnehmer das Training in der Gruppe, weil er entweder über- oder unterfordert ist. Hinzu kommt, dass vielen Betroffenen die Einstiegsmotivation fehlt. In einer Analyse an über 2000 Patienten mit fortgeschrittener COPD gaben nur 23 Prozent der Teilnehmer an, sich sportlich zu betätigen. Ärzte, Rehabilitationszentren und Patientenorganisationen können dazu beitragen, diese Motivation weiter zu steigern, indem sie über die Vorteile von Lungensport aufklären, eventuelle Ängste nehmen und bei der Suche nach einer geeigneten Trainingsgruppe helfen.

Personalisierte Krebsmedizin verbessert Überlebenschancen bei Lungenkrebs Lungenkrebs gehört zu den häufigsten und bösartigsten Tumoren überhaupt. Nur 18 Prozent der Betroffenen überleben mindestens fünf Jahre, wobei die Überlebensrate stark davon abhängt, in welchem Stadium der Krebs erstmalig festgestellt wurde. Gerade in den letzten Jahren gab es aber wichtige Fortschritte bei der differenzierten Diagnostik und Behandlung des oft tödlichen Lungenkarzinoms, die die Aussichten für Patienten drastisch verbessert haben. Dies gilt insbesondere für das nichtkleinzellige Lungenkarzinom, das rund drei Viertel aller Krebsfälle ausmacht. Sogar bei Patienten in Stadium IV, die eigentlich als austherapiert gelten, kann die neue Therapie das Überleben substanziell verlängern. In den letzten Jahren ist es Wissenschaftlern gelungen, das genetische Profil des Lungenkarzinoms zu analysieren. Dabei wurden die sogenann-

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ten Tumormarker entdeckt: Mutationen in den Krebszellen, die das Wachstum eines Tumors antreiben. Gegen diese Marker gibt es spezielle Medikamente, die Signale und Signalwege der Krebszellen blockieren. Monoklonale Antikörper zum Beispiel binden an Rezeptoren auf der Oberfläche der Krebszellen und verhindern, dass Wachstumsoder Vermehrungssignale dort ankommen. Tyrosinkinaseinhibitoren unterbrechen die Signalkette innerhalb der Zelle. Anders als die Chemotherapie greifen diese Medikamente gezielt die Krebszellen an. Dadurch sind die Nebenwirkungen dieser Behandlung deutlich geringer. Eine genetische Analyse des Tumors zeigt, ob der Patient für eine personalisierte Therapie in Frage kommt. Dies trifft auf rund 20 Prozent aller Betroffenen zu. Allerdings liegen die Kosten für eine personalisierte Therapie deutlich höher als die für eine Chemo- oder Strahlentherapie. Die Finanzierung der Behandlung zählt damit zu den größten Herausforderungen. Etwa ein Drittel aller neu erkrankten Patienten wird derzeit in einem Lungenkrebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft behandelt. Diese Behandlungszentren bieten eine qualitativ hochwertige Behandlung für Patienten in jeder Phase und jedem Bereich ihrer Erkrankung. Zudem helfen sie damit dem medizinischen Fortschritt: Je mehr krebserregende Mutationen Wissenschaftler untersuchen, desto schneller können neue, zielgerichtete Medikamente entwickelt werden.

Warum die E-Zigarette keine Alternative ist Obwohl Rauchen nachweislich das Risiko für diverse Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und die Lebenserwartung senkt, greift in Deutschland immer noch jeder vierte Erwachsene regelmäßig zur Zigarette. Selbst die Tabakindustrie hat die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens mittlerweile anerkannt und wirbt deshalb mit Ersatzprodukten: E-Zigaretten und Tabakerhitzer (Heat Sticks), die das Nikotin ohne Verbrennungsprodukte abgeben, werden als „gesunde Alternative“ zu herkömmlichen Tabakzigaretten vermarktet. Doch in Wirklichkeit machen E-Zigaretten, Shishas und Heat Sticks junge Menschen nikotinabhängig und ebnen den Weg in den Tabakkonsum, warnt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und reagiert damit

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auf Marketingkampagnen der Tabakindustrie, die E-Zigaretten als „gesündere Alternative“ zur Tabakzigarette bewerben. Auch zur Rauchentwöhnung sei das Inhalieren von E-Zigaretten, Wasserpfeifen und Tabakerhitzern nur bedingt geeignet, betonen die Experten – zumal viele „Umsteiger“ parallel dazu auch noch konventionelle Zigaretten rauchen. US-amerikanische Untersuchungen zeigen zudem, dass die E-Zigarette nach zwei bis drei Jahren den Einstieg in den konventionellen Tabakkonsum bahnt. „Wer sich das Rauchen abgewöhnen möchte – oder es sich aus gesundheitlichen Gründen abgewöhnen muss –, sollte in professionellen Entwöhnungsprogrammen, Medikamenten und Nikotinersatzprodukten Unterstützung suchen“, empfiehlt der Pneumologe Dr. med. Peter Kardos. Schätzungsweise eine Million Deutsche rauchten 2016 regelmäßig E-Zigaretten. Die Wasserpfeife ist vor allem bei Jugendlichen beliebt: Nach Angaben der DAK rauchen 15 Prozent der Zehntklässler regelmäßig Shisha. „Der süße Geschmack der EZigarette und das breite Angebot an Aromastoffen machen das Dampfen vor allem bei jungen Menschen beliebt und erhöhen die Akzeptanz für das Rauchen“, so Kardos. „Tabakkonzerne steigen in das E-Zigarettengeschäft ein, um das Image des Rauchens zu verbessern und mehr junge Menschen zum täglichen Konsum zu verleiten.“ In einem Positionspapier weist die DGP darauf hin, dass Inhalationsprodukte wie E-Zigaretten und Wasserpfeifen gesundheitsgefährdende Suchtmittel sind und deshalb den gleichen gesetzlichen Regularien unterliegen sollten wie Tabakprodukte. Zigarettenrauch enthält mehr als 70 krebserregende chemische Substanzen, die bei der Verbrennung entstehen. Auch wenn viele dieser Stoffe, wie etwa Teer oder Benzol, nicht in E-Zigaretten enthalten sind, weiß man bis heute zu wenig über die Langzeiteffekte des Dampfens. Zwar enthalten EZigaretten keine Verbrennungsprodukte – aber auch das dabei entstehende Aerosol enthält entzündungsfördernde, reizende und krebserregende Substanzen, die die Lunge schädigen können. Eine amerikanische Studie fand Hinweise dafür, dass Jugendliche, die regelmäßig dampfen, doppelt so häufig an Bronchitis erkranken wie ihre nicht rauchenden Altersgenossen. Hinzu kommt, dass die meisten E-Zigaretten den Suchtstoff Nikotin enthalten, der möglicherweise selbst krebserregend ist.

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Orthopädiemechaniker: ein weitgehend unbekannter, aber interessanter Beruf Wer stellt Prothesen, Schienen, Korsette und sonstige orthopädische Hilfsmittel her? Der Beruf des Orthopädiemechanikers ist kaum bekannt; die meisten Menschen stellen sich darunter immer noch so eine Art „Holzbeinschnitzer“ vor. Dabei arbeiten Orthopädiemechaniker heutzutage mit modernsten Technologien – ein vielseitiger, interessanter, aber auch sehr anspruchsvoller Beruf, der neben handwerklichem, technischem und medizinischem Wissen eine Menge Einfühlungsvermögen erfordert, denn die enge Zusammenarbeit mit Ärzten und Patienten ist nicht immer ganz einfach. Werner Waldmann sprach mit Joachim Glotz, dem Geschäftsführer des Sanitätshauses Glotz, über dieses Berufsbild. Werner Waldmann: Wie wird man Orthopädiemechaniker? Joachim Glotz: Die Ausbildung dauert drei Jahre und umfasst verschiedene Bereiche: die Anpassung und Anfertigung von Orthesen, also Hilfsmitteln, die Körperregionen unterstützen, entlasten, korrigieren und stabilisieren, zum Beispiel nach einem Bruch oder Bänderriss. Die Prothetik (also die Herstellung künstlicher Gliedmaßen) und die Rehatechnik, die behinderten Menschen – beispielsweise durch Gehhilfen und Rollstühle – ein eigenständigeres Leben ermöglicht. Werner Waldmann: Wie erlernt man diese vielseitigen Techniken und Fähigkeiten? Joachim Glotz: Wir haben ein duales Ausbildungssystem, das heißt, Schulunterricht wechselt mit Werkstattunterricht ab. Die Ausbildung ist relativ anspruchsvoll, weil sie eben doch ziemlich viel Wissen aus dem Bereich der Medizin, Materialkunde, Mechanik, Biomechanik und Elektronik umfasst. Der theoretische Hintergrund wird den Auszubildenden in der Schule vermittelt; die Anwendung in der Praxis erfolgt im Betrieb durch die Arbeit am Hilfsmittel und am Patienten. Werner Waldmann: Wie geht es nach der Ausbildung weiter? Joachim Glotz: Jetzt erwirbt man sich in der praktischen Patientenversorgung ein umfassendes Fach-Knowhow – und hat dann jede Menge Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Der Orthopädiemechaniker ist heute einer der wahrscheinlich unbekanntesten, aber interessantesten Ausbildungsberufe, die es gibt. Er bietet die Möglichkeit, es über ein Bachelor- und Masterstudium bis zum Ingenieur, zur Promotion oder Habilitation zu bringen –

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und das mit einer handwerklichen Ausbildungsbasis. Viele Orthopädiemechaniker gehen auch in die Industrie; denn eine Firma, die solche Produkte vertreibt, braucht natürlich Mitarbeiter, die sich gut damit auskennen. Werner Waldmann: Welche Eigenschaften und Fähigkeiten muss man mitbringen, um so einen Beruf zu ergreifen? Das kann ja sicherlich nicht jeder. Joachim Glotz: Auf jeden Fall braucht man dazu eine handwerkliche Grundkompetenz, aber natürlich auch Freude an der Arbeit mit Menschen und eine gewisse Sozialkompetenz, denn der Umgang mit Ärzten und Patienten ist ja nicht immer ganz einfach. Interesse an medizinischen Zusammenhängen sollte man ebenfalls mitbringen. Deshalb führen wir auch relativ intensive Tests mit unseren Auszubildendenanwärtern durch. Werner Waldmann: So eine Prothese möglichst individuell und passgenau anzufertigen, ist sicher nicht einfach. Joachim Glotz: Bei der Prothetik geht es ja darum, nicht mehr vorhandene Körperteile (meistens Extremitäten) durch künstliche Gliedmaßen zu ersetzen. Hier hat sich in den letzten 20 Jahren in technologischer Hinsicht enorm viel getan. Elektronisch gesteuerte Funktionsteile, intelligente und miteinander kommunizierende Knie- bzw. Fußpassteile, die über interne Mess- und Regelsysteme erkennen: Wie läuft der Patient, in welcher Schwungoder Standphase befindet er sich gerade, wie muss sich das Kniegelenk verhalten, um eine ideale Funktionalität der Prothese zu gewährleisten? Da stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung, die den Patienten bald noch eine sehr viel höhere Mobilität und Lebensqualität ermöglichen wird.

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Werner Waldmann: Wie oft werden solche Prothesen gebraucht? Joachim Glotz: Früher benötigte man Prothesen häufig infolge von Kriegsverletzungen. Dieser Aspekt spielt heute kaum noch eine Rolle. Natürlich müssen auch heute immer noch Gliedmaßen aufgrund von Verkehrs- oder Berufsunfällen amputiert werden. Doch der überwiegende Anteil der Amputationen erfolgt aufgrund von Gefäß- oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder der arteriellen Verschlusskrankheit. Heute sind wir dank dem medizinischen Fortschritt zum Glück in der Lage, solche Amputationen zu einem sehr viel späteren Lebenszeitpunkt durchzuführen. Werner Waldmann: Wie geht man bei der Anpassung und Anfertigung solcher Prothesen vor? Joachim Glotz: Man schaut sich zunächst einmal die Situation und das Rehabilitationsziel des Patienten an und wählt dann die entsprechende Versorgungstechnik aus, ohne bei der heutigen Vielzahl an Möglichkeiten immer gleich sicher sein zu können, ob das auch wirklich die am besten funktionierende Variante ist. Aber so ist das Procedere: Erst wird die Versorgungstechnik festgelegt, dann fertigt man den Schaft, der das Bindeglied zwischen Körper und Prothese ist. Wann der Patient dann die ersten Schritte mit seiner Prothese macht, hängt auch von seinem Zustand ab. Aber zwei, drei Wochen braucht man in der Regel schon für eine vollständige Versorgung, bis alles genau passt. Werner Waldmann: Und dann muss der Patient in der Reha wahrscheinlich erst mal lernen, mit seiner Prothese richtig umzugehen? Joachim Glotz: Leider gibt es nur wenige auf die prothetische Rehabilitation spezialisierte Anschlussheilbehandlungen; denn je komplexer so ein Hilfsmittel ist, je mehr Möglichkeiten es bietet, umso höhere Anforderungen stellt es natürlich auch an den Anwender. Wer seine Prothese nur braucht, um sich in seiner Wohnung von der Küche ins Wohnzimmer zu bewegen, muss lediglich den sicheren Umgang mit der Prothese lernen. Doch Patienten, die wieder ins Berufsleben zurückkehren und auch in ihrem Privatleben noch mobil und aktiv sein möchten, haben natürlich ganz andere Erwartungen. Man braucht sich nur die Paralympics anzuschauen. Dieser Meilenstein ist ja nur

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durch eine entsprechende Technologie möglich geworden. Behindertensport gab es auch früher schon, aber die Sportler waren aufgrund der schlechteren mechanischen Eigenschaften ihrer Produkte sehr viel weniger beweglich als heute. Werner Waldmann: Gehört der Orthopädiemechaniker eigentlich zu den Mangelberufen? Joachim Glotz: Wir haben in diesem Bereich schon einen ziemlich hohen Fachkräftemangel, zumal das Berufsbild ohnehin nicht sonderlich bekannt ist und etliche fertig ausgebildete Orthopädiemechaniker uns auch verlassen, um zu studieren oder in die Industrie zu gehen… Nur ein bestimmter Teil bleibt dem Fach erhalten, und das ist zu wenig. Hinzu kommt, dass – zumindest in Baden-Württemberg – immer weniger Betriebe eine Ausbildung zum Orthopädiemechaniker anbieten. Der Ausbildungsrahmenplan hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert, er musste sich den komplexen neuen Technologien anpassen und ist damit natürlich viel anspruchsvoller als in der Vergangenheit, sodass diese Ausbildung in manchen Betrieben gar nicht mehr möglich ist. Wir selbst haben in unserem Gesamtunternehmen jetzt permanent 27 Auszubildende, von denen neun auf die Orthopädietechnik entfallen. Die drei Ausbildungsplätze, die wir jedes Jahr anbieten, kriegen wir immer gut besetzt. Werner Waldmann: So eine aufwendige Ausbildung ist sicherlich auch ein enormer Kostenfaktor für einen Betrieb. Joachim Glotz: Ja, das ist richtig. Aber diese Ausbildung anzubieten, ist für die nächsten Jahre unsere einzige Chance, uns genügend qualifizierten Nachwuchs heranzuziehen. Dafür muss man schon ein bisschen Geld investieren. Joachim Glotz ist Geschäftsführer des Vital-Zentrums Sanitätshaus Glotz GmbH Dieselstraße 19–21 70839 Gerlingen www.glotz.de

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Popel, Borke, Nasengold

In der Nase bohren – pfui! Was hat dieses Thema mit Medizin und Gesundheit zu tun? Es ist doch eine Sauerei, über die man nicht spricht: in der Nase bohren und nicht nur das, die Popel auch noch verzehren. Kinder tun das und dann schlägt man ihnen auf die Finger. Leider tun’s auch Erwachsene und zwar mehr als man glaubt. Achten Sie nur einmal darauf, was Autofahrer bei Rot hinterm Steuer so treiben. Aus Langeweile.

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asenbohren – eine total eklige Angelegenheit. Eine Schweinerei. Und höchst ungesund. Oder? Letzteres ist eine Behauptung, die die Wissenschaft nicht unterschreiben kann. Die Schleimhäute in der Nase produzieren aus ihrem Sekret den Popel. Und das geht so: Durch die Nase wird die Atemluft eingeatmet und dort von Schmutz und Staubpartikeln befreit. In den Nasenlöchern trocknet die Atemluft das Sekret und dies wird fest und bildet Krusten. Wenn man einen Popel unters Mikroskop legt, enthüllt er seine Bestandteile: Schmutzpartikel, Staubteilchen und eine ganze Menge Keime, alles, was so in der Luft herumschwirrt. Es ist sozusagen der Feinstaub, der sich da ablagert. Das Nasenbohren wird allgemein als eklig verurteilt. Und wer bohrt nun in der Nase? Eine Untersuchung aus den USA hat erbracht, dass von den Teilnehmern einer Studie 90 % hin und wieder in der Nase bohren. Man kann daraus schließen, dass auch Erwachsene popeln und zwar regelmäßig. Warum sie das tun? Es mag Zeitvertreib sein, sich in der Nase zu bohren, aber es gibt auch gute Gründe dafür. Dass das Fremdkörpergefühl in der Nase stört, man kriegt schlecht Luft und so manipuliert man in der Nase und versucht die Borke herauszuschälen. Und jetzt wird es kurios: viele Zeitgenossen stecken ihren Popel nicht ins Taschentuch sondern verzehren ihn mehr oder weniger genüsslich. Dafür gibt es die Bezeichnung Mukophagie. „Mukos“ ist griechisch und heißt Schleim, „phagie“ geht ebenfalls auf ein griechisches Wort zurück und bedeutet essen. Erstaunlicherweise hält die Wissenschaft den Popelverzehr für gesund! In dem verfestigten Schleim sind Mikroorganismen eingeschlossen, die erstaunlicherweise vor anderen schädlichen Mikroben schützen. Forscher halten das Popelessen für eine Art natürliche Impfung. Das Immunsystem würde durch die Keime im Popel lernen, schädliche Mikroorganismen von guten zu unterscheiden. Ganz so unproblematisch ist das Popeln nicht immer. Wer es zwanghaft betreibt und stark bohrt, kann die empfindlichen Schleimhäute verletzen, riskiert Nasenbluten und läuft gar Gefahr, die empfindliche Nasenschleimhaut zu zerstören. Was ist daraus zu lernen? Popeln ist o.k., aber bitte nicht zu häufig und zu intensiv. WW

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Esslinger „Frauenselbsthilfe nach Krebs“ feiert Jubiläum enn eine Frau mit der Diagnose „Krebs“ konfrontiert wird, stürmen tausend Fragen auf sie ein: Wie geht es jetzt weiter? Was wird mit meiner Familie? Mit meinen Kindern? Wie soll ich weiterarbeiten? Mit der Lösung dieser Probleme ist die Patientin alleine überfordert. Hier ist der Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe von unschätzbarem Wert. „Wenn eine Patientin einen Arzttermin hatte und nach Eröffnung der Diagnose Krebs ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird, braucht sie Aufklärung und Unterstützung“, sagt Isolde Stadtelberger. Seit 2006 leitet sie die Esslinger Gruppe der „Frauenselbsthilfe nach Krebs“. Sie selbst war dreimal an Krebs erkrankt. „Beim dritten Mal“, so Stadtelberger, „hatte ich fürchterliche Angst. Und natürlich hatte ich das Bedürfnis, mich zu informieren, welche Therapiemöglichkeiten sich bieten, falls „es“ weitermacht. Ich habe mir viele Vorträge angehört und viel gelesen. Irgendwann empfand ich es als etwas unbefriedigend, mir so viele Kenntnisse angeeignet zu haben – und das alles nur in der Hoffnung, sie nicht zu brauchen“, erzählt sie. „Es macht mehr Sinn, dachte ich, diese Kenntnisse an andere weiterzugeben. Die Selbsthilfegruppe in Esslingen bestand bereits, und so kam ich auf die Idee, mich hier einzubringen.“ Bei den Treffen wird nicht nur über die Krankheit gesprochen, es bleibt auch genügend Zeit für geselliges Beisammensitzen oder gemeinsames Wandern, gemeinsame Ausflüge (s. Foto unten). Denn die Wiedergewinnung der Lebensqualität ist sehr wichtig, um mit der Erkrankung leben zu können und gesund zu werden. Am 20. April feierte die Gruppe Jubiläum.

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Kontakt: Isolde Stadtelberger Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V.; Gruppe Esslingen Talstraße 48; 73732 Esslingen; Tel:. 0711 37 13 73 E-Mail: stadtelberger@t-online.de; www.frauenselbsthilfe.de/esslingen

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Prostatakrebs

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Blinddarmentzündung

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Möglichkeiten der Kinderwunschtherapie

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Aktuell:

Gesundheit und Kommerz

Geriatrische

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Gesund werden – Gesund bleiben Die Kolumne von Dr. med. Suso Lederle „...Alles Gute, vor allem Gesundheit“, wünschen sich die Menschen am häufigsten. An Gesundheit denken sie zuerst und sie interessieren sich auch mehr und mehr dafür, wie sie gesund bleiben und was sie tun müssen, um nicht krank zu werden. Sie gehören hoffentlich zu diesen aufgeklärten Menschen und gehen nicht erst zum Arzt, wenn Sie krank sind. Sie haben durch Google eine Ahnung davon, wie kompliziert das biologische Räderwerk funktioniert, das Sie am Laufen hält und wie anfällig es ist, aus dem Takt zu geraten. Sie wissen zwar nicht, wann Ihre Stunde schlägt. Aber Ihr persönliches Risiko für bestimmte Krankheiten können Sie sehr wohl abschätzen. Es ist Ihnen auch bekannt, dass Gesundheit ein sehr labiler Zustand ist, der während des gesamten Lebens pfleglich behandelt werden muss. Deshalb sind Sie willig und motiviert, einen gesunden Lebensstil zu führen und – so gut es geht – schädigende Einflüsse zu vermeiden. „Vorbeugen ist besser als Heilen“ ist zu Ihrem Lebensmotto geworden, auch wenn es nicht einfach war, das Gewohnte zu ändern. Doch Sie haben sich immer wieder daran erinnert: Aller Anfang ist schwer, aber nicht unmöglich! Sie bleiben dabei und führen ein bewegtes Leben. Sie fördern mit ausgewogener Ernährung tagtäglich Ihre Gesundheit. Und Sie denken immer wieder daran: Wer gesund alt werden will, muss möglichst jung damit anfangen.

Dr. med. Suso Lederle Charlottenstraße 4 70182 Stuttgart Tel.: 0711 241774 E-Mail: suso-lederle@t-online.de

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Tag gegen den Schlaganfall 2018 10. Mai 2018, bundesweit Bundesweit gibt es zu diesem Anlass an und um den Tag vielfältige Aktionen und Informationsveranstaltungen. Dieser Aktionstag wurde 1999 von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ins Leben gerufen. Teilnehmer des Tages gegen den Schlaganfall sind z. B. Selbsthilfegruppen, SchlaganfallSpezialstationen (Stroke Units) sowie Fachärzte. Mehr Infos: https://www.schlaganfall-hilfe.de 16.05.2018 20.00 Uhr Prostatakrebs – Wie Mann überleben kann Viele sind davon betroffen, deshalb sollte Mann regelmäßig zur Vorsorge gehen. Denn Prostatakrebs kann man frühzeitig erkennen und dann auch wirksam behandeln. Dr. Suso Lederle im Gespräch mit Dr. Malte Bergener und Dr. Gerd Ungemach (Urologie am Wilhelmsplatz, Stuttgart); Treffpunkt Rotebühlplatz; Rotebühlplatz 28; Stuttgart 04.06.2018 19.00 Uhr Moderne Herzchirurgie Obgleich unsere herzchirurgischen Patienten immer älter werden und durch interventionelle Verfahren uns immer kränkere Patienten zugewiesen werden, konnte in ganz Deutschland die Mortalität in der Herzchirurgie über die Jahre weiter gesenkt werden. Das ist mit besseren und schonenderen chirurgischen Verfahren zu erklären. Prof. Kai-Nicolas Doll (Sana Herzchirurgie Stuttgart), Altes Rathaus; Rathauspl. 1; 73728 Esslingen a. N. 27.06.2018 20.00 Uhr Arteriosklerose – Den Gefäßen Beine machen „Wir sind so alt wie unsere Gefäße“ dank der sogenannten Arteriosklerose. Von den über 60-jährigen ist fast jeder zweite betroffen. Schuld ist die mangelnde Durchblutung, die jeder erst einmal selbst verbessern kann: wer viel geht, lebt länger. Doch wenn nichts mehr geht, können innovative diagnostische und therapeutische Verfahren helfen. Dr. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Markus Zähringer, Dr. Hui Jing Qiu und Dr. Klaus Klemm (Marienhospital Stuttgart); Treffpunkt Rotebühlplatz; Rotebühlplatz 28; Stuttgart

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„Wir bieten Ihnen als eine der größten kardiologischen Kliniken in Baden-Württemberg ein breites Leistungsspektrum. Wir sind auf das gesamte Spektrum von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gefäß-, Lungenund Nierenerkrankungen spezialisiert.“ Chefarzt Prof. Dr. Matthias Leschke

Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie Das Diagnostik- und Therapiezentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gefäß-, Lungen- und Nierenerkrankungen Klinikum Esslingen Chefarzt Prof. Dr. Matthias Leschke Arzt für Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie und Intensivmedizin Telefon 0711 3103-2401 Telefax 0711 3103-2405 E-Mail: m.leschke@klinikum-esslingen.de


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