Kompass Gesundheit 4/2015

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Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

Nr. 4 2015

TOP-THEMA

Psychische Erkrankungen Plas sche Chirurgie in Vollendung Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen

st Keine Ang d e un vor Narkos n e Opera on

Darmkrebs-Früherkennung

4. Jahrgang www.kompass-gesundheit-bw.de

In Zusammenarbeit mit der


Aktuelles zum Hören aus dem Kompass Gesundheit

Bild: © pixabay.com

www.kompass-gesundheit-bw.de

Osteoporose Hilfe bei Knochenschwund Werner Waldmann im Gespräch mit Prof. Dr. med. Ulrich Liener (Marienhospital Stuttgart)

Warum seelischer Kummer krank machen kann Prof. Dr. med. Christian Herdeg (Kreiskliniken Esslingen, Paracelsus-Krankenhaus Ruit)


editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Gesundheit ist heutzutage das Thema, mit dem sich offenbar viele Zeitgenossen beschäftigen. E-Health, Telemedizin und Digitalisierung im Gesundheitswesen sind angesagt. Schritte zählen, Schlafphasen überwachen, Gewicht, Ernährung und Blutdruck dokumentieren. In den USA ist die Selbstvermessung zum Volkssport geworden. Man benutzt Fitnessarmbänder, Smartwatches und anderes, um persönliche Körperaktivitäten zu dokumentieren. Die Gesundheitsindustrie liefert sogar einen Bikini mit eingebautem Sensor, der die Sonnenbestrahlung misst und den Status aufs Smartphone sendet, das wiederum den passenden Sonnenschutz anmahnt ... Ich frage mich, weshalb unsere Gesellschaft trotz dieser geballten digitalen Gesundheitsaktivitäten nicht tatsächlich gesünder wird, sondern rasant zunehmende Kosten für das Gesundheitswesen produziert. Wachsender Leistungsdruck am Arbeitsplatz und ebenso im Privatleben, zunehmende finanzielle Belastungen und ausuferndes Konsumverhalten ... Ja, das Leben ist offenbar doch nicht so einfach. Trotz hunderter von Gesundheitsapps. Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Und die Psyche hat ihre Auswirkungen auf den Körper. Dazu haben wir Gespräche mit zwei Spezialisten geführt, Dr. Thomas Bolm und Prof. Barbara Wild. Sie können auch ein Interview mit dem Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils lesen, der die Situation aus dem Blickwinkel einer großen Krankenkasse beurteilt, die psychische Erkrankungen sehr ernst nimmt. Schwere Erkrankungen lassen sich auch verhindern, wenn man die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen akzeptiert, beispielsweise Darmkrebs. Eigentlich ist es unverständlich, dass sich nicht jedermann einer Darmspiegelung unterzieht, die nachweislich hilft, Darmkrebs im Frühstadium zu erkennen. Ein zu spät diagnostizierter Darmkrebs ist tödlich. Unsere Kliniken, zumindest die meisten, leisten auch ihren Beitrag, Krankheit und körperliche Schäden zu vermeiden. Ein Bericht beleuchtet das Problem der viel zitierten Krankenhauskeime wie MRSA, ein anderer geht auf die Patientensicherheit bei chirurgischen Eingriffen ein. Der Viszeralchirurg Dr. Klaus Kraft beantwortet unsere Fragen nach der Sicherheit bei Operationen und gibt Tipps, wie man den Chirurgen findet, dem man sich anvertrauen mag. Der Chefkardiologe Christian Herdeg vom Ruiter Paracelsus-Krankenhaus verrät kein großes Geheimnis, wenn er eine ausgewogene Lebensweise anmahnt, um Herz-Kreislauf-Leiden zu vermeiden. Dass diese nötig ist, spricht nicht für den Willen unserer Gesellschaft, wirklich gesund zu bleiben. Sein Kollege Prof. Matthias Leschke vom Klinikum Esslingen erinnert daran, wie wichtig es sein kann, wenn jedermann bei einem Herzstillstand die richtigen Maßnahmen kennt. Jeder sollte in der Lage sein, Leben zu retten, wenn das Herz stehen bleibt. MdB Michael Hennrich denkt darüber nach, wie die Politik die großen Probleme unseres Gesundheitswesens lösen kann. Immerhin, die Politik gibt den Rahmen vor. Doch zaubern kann sie nicht. Alles besser zu machen, effizienter, unbürokratischer, dazu müssen alle Beteiligten ihren Beitrag leisten.

Werner Waldmann ist Medizinjournalist und leitet die Redaktion von „Kompass Gesundheit“.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Werner Waldmann

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ZGH 0058/01 · 07/15 · Foto: Silke Weinsheimer

Rückhalt spüren. Entscheidende Hilfe bei lebensverändernden Diagnosen: dank der kostenlosen Ärztlichen ZweitMeinung eines erfahrenen Spezialisten. Mehr dazu unter aok-bw.de AOK – Die Gesundheitskasse Neckar-Fils

Impressum Kompass Gesundheit – Das Magazin für Baden-Württemberg Herausgeber: Dr. Magda Antonic Redaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.) Botschafter: Prof. Dr. med. Matthias Leschke, Dr. med. Suso Lederle Redaktions-Beirat: Prof. Dr. med. Walter-Erich Aulitzky, Dipl. oec. troph. Andrea Barth, Dr. med. Wolfgang Bosch, Dr. med. Ernst Bühler, Dr. med. Hans-Joachim Dietrich, Dr. med. Rainer Graneis, Dr. med. Rudolf Handschuh, Prof. Dr. phil. Dipl.Psych. Thomas Heidenreich, Dieter Kress, Christof Mühlschlegel, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Dr. med. Nobert Smetak, Isolde Stadtelberger, Dr. med. Bernd Voggenreiter, Dr. med. Sieglind Zehnle Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat: Dr. med. Alexander Baisch, Dr. med. Carl-Ludwig v. Ballestrem, Prof. Dr. med. Gerd Becker, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger, Prof. Dr. med. Rainer Dierkesmann, Dipl.-Psych. Sabine Eller, Prof. Dr. med. Florian Gekeler, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Christian Hayd, Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Monika Kellerer, Prof. Dr. med. Alfred Königsrainer, Dr. med. Klaus Kraft, Prof. Dr. med. Ulrich Liener,

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Prof. Dr. med. Alfred Lindner, Dr. med. Gerhard MüllerSchwefe, Dr. med. Jürgen Nothwang, Dr. med. Martin Runge, Dr. med. Wolfgang Sperber, Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Prof. Dr. med. Thomas Strowitzki, Holger Woehrle Gesundheitspolitik: Markus Grübel (MdB), Michael Hennrich (MdB) Redaktion: Dr. J. Roxanne Dossak, Andrew Leslie, Ursula Pieper, Marion Zerbst Art Direction: Dr. Magda Antonic Herstellung: Barbara Schüler Fotos: Cover: © fotomek/fotolia.de; S. 6: © Andres Garcia Martin/ThinkstockPhotos.com; S. 10: © pixabay.com; S. 14: © AOK Pressestelle; S. 16/17: © Mesenholl/AlbertLudwigs-Universität Freiburg; S. 19: © Dienste für Menschen; S. 20: © Marienhospital Stuttgart; S. 22: © B. Braun Melsungen AG; S. 24: © pixabay.com; S. 26: © bda/DGAI; S. 28: © Britt Moulien; S. 29: © pixabay. com; S. 30: © Piccolo/fotolia.de; S. 31: © pixabay. com; S. 32: Yuri Arcurs/ScanStockPhoto.com; S. 36: © pixabay.com; S. 42: © Christopher Thomas/Wikimedia Commons. Für die Autoren- und Ärzteporträts liegen die Rechte bei den abgebildeten Personen. Alle anderen Fotos: MEDITEXT Dr. Antonic Verlag: MEDITEXT Dr. Antonic Verlagsleitung: Dr. Magda Antonic Panoramastr. 6; D-73760 Ostfildern Tel.: 0711 7656494; Fax: 0711 7656590 dr.antonic@meditext-online.de; www.meditext-online.de Wichtiger Hinweis: Medizin als Wissenschaft ist ständig im Fluss. Soweit in dieser Zeitschrift eine Applikation oder

Dosierung angegeben ist, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Redaktion und Verlag größte Mühe darauf verwandt haben, dass diese Angaben genau dem Wissensstand bei Drucklegung der Zeitschrift entsprachen. Dennoch sollte jeder Benutzer die Beipackzettel der verwendeten Medikamente selbst prüfen, um in eigener Verantwortung festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Leser außerhalb der Bundesrepublik Deutschland müssen sich nach den Vorschriften der für sie zuständigen Behörden richten. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) müssen nicht besonders kenntlich gemacht sein. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung von MEDITEXT Dr. Antonic strafbar. Die Redaktion behält sich die Bearbeitung von Beiträgen vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Abbildungen wird keine Haftung übernommen. Mit Namen gezeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Esslingen. Ein Einzelheft ist zum Preis von 1,60 Euro (zzgl. Versandkosten) beim Verlag erhältlich. Copyright © 2015 by MEDITEXT Dr. Antonic, 73760 Ostfildern ISSN 2194-5438

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inhalt • Depressionen – wenn die Seele Trauer trägt

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• Mitten im Herzen von Stuttgart

Hilfe bei psychischen Erkrankungen: Die Fliedner Klinik

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• Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch

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• Psychische Probleme beim akademischen Nachwuchs

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• Niedrigeres Geburtsgewicht

führt zu erhöhter Fettmasse im Alter

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• Pflege und Betreuung von Menschen

mit gerontopsychiatrischen Veränderungen

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• Krankenhauskeime – der unsichtbare Killer

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• Plastische Chirurgie in Vollendung – neue Nase, neue Ohren

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• Esslinger Kardiologe warnt vor zu zögerlichem Vorgehen bei der Laienreanimation

Hohe Rate plötzlicher Herztodesfälle

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• Gefäße gut – alles gut

Wie man Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugt • Fitnesstipps von Jürgen Saur

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• Sinnvollste Früherkennungsmaßnahme

Darmkrebs muss nicht sein

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• Keine Angst vor der OP!

Maximale Patientensicherheit durch bessere Narkose- und Operationsverfahren

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• Sinnlose Sparmaßnahmen, Zielvereinbarungen, zu viele Operationen

Wie kann die Politik unser Gesundheitssystem in die richtige Richtung steuern? • Cannabis als Schmerzmittel

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Rubriken Impressum 4 | Aboformular 13 | Kolumne Dr. Lederle 18 | Termine 43 |

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Depressionen Wenn die Seele Trauer trägt Niedergeschlagen, erschöpft, man hat nur noch schwarze Gedanken, möchte sich am liebsten die Bettdecke über beide Ohren ziehen … So erleben viele Menschen eine Depression. Aber diese psychische Erkrankung hat viele Gesichter. Und man sollte sie nicht auf die leichte Schulter nehmen: Oft kommt man ohne ärztlich-therapeutische Hilfe gar nicht mehr aus dem seelischen Tief heraus. Wir sprachen mit Dr. med. Thomas Bolm, dem Chefarzt des Zentrums für psychische Gesundheit Stuttgart (MentaCare). Was versteht man eigentlich unter einer Depression? Dr. Bolm: Die Depression ist eine Erkrankung, bei der die Betroffenen in ihrer Stimmung sehr stark beeinträchtigt sind. Sie fühlen sich niedergeschlagen, erschöpft, antriebslos, ihr Denken bewegt sich nur noch in negativen Bahnen. Sie sehen sich selbst, ihre Umwelt und die Zukunft in den dunkelsten Farben. Und sie fühlen sich auch so: Der Antrieb, die Freude (auch an Dingen, die früher Spaß gemacht haben) fehlt; Hobbys, Interessen und Sozialkontakte werden vernachlässigt. Manchmal fühlt man sich innerlich völlig leer. Viele Depressionen beginnen auch mit körperlichen Beschwerden wie z. B. Schlafstörungen, Appetitverlust oder Appetitsteigerung und dementsprechender Gewichtsab- oder -zunahme. Oft lässt das sexuelle Interesse nach, oder es entwickeln sich chronische Schmerzen, ohne dass dafür eine hinreichende körperliche Ursache vorhanden wäre. Kann so etwas denn nicht auch ein ganz normales Stimmungstief sein, wie es jeder Mensch ab und zu hat? Dr. Bolm: Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit – solche Gefühle erleben natürlich viele Menschen in ihrem Alltag, aber eben nur hin und wieder, nur vorübergehend. Bei einer Depression sind diese Gefühle sehr hartnäckig, verschwinden ohne fremde Hilfe gar nicht mehr oder kehren zumindest immer wieder. Viele depressive Menschen können ihren Alltag nicht mehr bewältigen und sind auch nicht mehr arbeitsfähig. Das kann so weit gehen, dass jemand sich tage- oder wochenlang in sein

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Haus oder seine Wohnung zurückzieht, die Rollläden herunterzieht, im Dunkeln sitzt, sich unter der Bettdecke verkriecht. Wie entwickelt sich eine Depression? Entsteht sie schleichend, oder kommt sie ganz plötzlich? Dr. Bolm: Das kann sehr unterschiedlich sein. Eine Depression kann sich schleichend über verschiedene körperliche Beschwerden entwickeln, die dann erst mit der Zeit in psychische Symptome münden; sie kann aber auch ganz plötzlich mit starken Verstimmungen und Antriebslosigkeit beginnen – alles ist möglich und hängt auch von den Auslösern und Gründen für die Erkrankung ab. Manche Depressive leiden auch unter so starken Stimmungsschwankungen, dass ihr Zustand zwischen Stimmungstief und extremem Stimmungsund Antriebshoch schwankt. Dann spricht man von einer bipolaren Erkrankung, bei der sich Depression und Manie abwechseln. Das macht die Depression so vielschichtig und die Diagnostik so wichtig: Hausärzte müssen sehr, sehr gut geschult sein, um schon in der Anfangsphase von Depressionen zu wissen, wann sie einen Patienten zum Spezialisten schicken müssen. Mit einem schnellen Behandlungsbeginn lassen sich lang hingezogene Krankheitsverläufe vermeiden. In welchem Lebensalter treten Depressionen besonders häufig auf? Dr. Bolm: Der Gipfel der Erkrankungshäufigkeit liegt zwischen 18 und 25 Jahren. Daneben sind auch ältere Menschen besonders stark betroffen:

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Wenn die eigene Funktionsfähigkeit nachlässt, die Grenzen erfahrbar werden, der Gesundheitszustand sich verschlechtert, reagieren manche Menschen darauf mit einer Depression. Kennt man heute die Ursachen dieser Erkrankung? Dr. Bolm: Ja, es gibt ein sogenanntes biopsychosoziales Krankheitsmodell. Das bedeutet, dass bei einigen Patienten die Biologie (v. a. die erbliche Veranlagung) eine Rolle spielt, bei allen Betroffenen aber das Soziale (ob jemand Beziehungen zu anderen Menschen so gestalten kann, dass sie für ihn förderlich, stützend und stabilisierend sind); und natürlich ist auch die eigene Psyche ein ganz entscheidender Faktor: Auf welche Persönlichkeit ein bestimmtes genetisches Erkrankungsrisiko stößt, entscheidet darüber, ob sich bei Belastung eine Erkrankung entwickelt. Ist diese Persönlichkeit in sich gefestigt oder sehr anfällig für Krisen, für Stimmungsschwankungen? Dabei spielt auch die eigene Vergangenheit, vor allem die Kindheit und Jugend, eine Rolle: Hat die betreffende Person in ihrem Leben sehr viel Not, Vernachlässigung oder Traumatisierung erlitten, oder hatte sie eine stützende, würdigende, entwicklungsförderliche Umgebung? Heutzutage spricht man viel von Resilienzfaktoren. Damit sind Persönlichkeitseigenschaften gemeint, die vor dauerhafter Erkrankung schützen. Wie hoch ist das Risiko, selbst eine Depression zu entwickeln, wenn man Menschen mit solchen Erkrankungen in der eigenen Familie hat? Dr. Bolm: Hierzu liegen nur sehr allgemeine Daten vor, weil Depression nicht gleich Depression ist. Ein Angehöriger ersten Grades eines manisch-depressiv Erkrankten hat eine Wahrscheinlichkeit von 25 %, ebenfalls an einer depressiven Störung zu erkranken. Bei Angehörigen eines nur depressiv (also nicht manisch-depressiv) Erkrankten liegt die Wahrscheinlichkeit bei 20 %, und Angehörige ersten Grades von Gesunden haben immer noch ein Erkrankungsrisiko von 7 %. Diese Häufigkeiten gelten für diejenigen Depressionsformen, die vor allem erblich sind. Doch es gibt auch Depressionen, die ausschließlich auf Belastungsfaktoren – z. B. schlimme Lebensereignisse in der Gegenwart oder Vergangenheit – zurückzuführen sind. Bei diesen

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Formen ist spannend, dass sich positive wie negative Lebenserfahrungen sowohl über die Erziehung als auch über eine Art biologisches Gedächtnis bis in die zweite Generation auf unser Erleben und Verhalten auswirken. Wie kann man als psychologischer Laie feststellen, ob man ein erhöhtes Depressionsrisiko hat? Dr. Bolm: Man kann sich z. B. seine Familie sehr genau anschauen: Sind bei meinen nächsten und nahen Verwandten Depressionen vorgekommen, und wenn ja, wie häufig? Kann ich in meinem Leben gut für mich sorgen, kann ich gute, tragfähige Beziehungen gestalten? Gehe ich mit Konflikten eher vermeidend und scheu um, oder packe ich sie aktiv an? Kann ich mich selber wertschätzen, oder neige ich dazu, mich einseitig nur über Leistungen zu be- oder verurteilen? Gewinne ich nach Rückschlägen mein Selbstvertrauen wieder zurück? Neige ich zum Gebrauch von Suchtmitteln? Suchtverhalten erhöht das Depressionsrisiko erheblich. Kann man einer Depression auch aus eigener Kraft – ohne Hilfe vom Psychotherapeuten oder Psychiater – vorbeugen, wenn man feststellt, dass man ein erhöhtes Risiko dafür hat? Dr. Bolm: Ja. Man kann selbst mit dem beginnen, was jeder Therapeut auch tun würde: nämlich versuchen, bestimmten Risikofaktoren auf die Spur zu kommen und dann gegenzusteuern. Zuallererst: Ein sinnerfülltes Leben zu führen beugt Erkrankungen vor. Aber auch Einzelmaßnahmen zählen: Bewegung wirkt z. B. antidepressiv. Wenn Sie dreimal pro Woche mindestens eine halbe Stunde Sport treiben, ist schon viel gewonnen. Außerdem können Sie stützende, liebevolle, interessante zwischenmenschliche Beziehungen pflegen oder aufbauen. Auch das wirkt antidepressiv. Sie können in einem Hobby aufgehen und darauf achten, eine gute Balance zwischen Beruf und Privatleben herzustellen. Falls Ihnen das nicht so gut gelingt, weil Sie sich in den Fängen äußerer Umstände oder innerer Zwänge und Blockaden befinden, können Sie immer noch die Hilfe von Freunden, Bekannten und Kollegen in Anspruch nehmen; und wenn dies schwierig oder nicht ausreichend ist, verringert eine frühzeitige professionelle Hilfe das Erkrankungsrisiko erheblich.

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Sind Frauen anfälliger für Depressionen als Männer? Dr. Bolm: Ja. Ein Viertel aller Frauen wird in ihrem Leben irgendwann einmal depressiv. Bei den Männern sind es nur 12 %. Das liegt unter anderem daran, dass die Bewältigungsstile von Männern und Frauen bei Problemen, Überlastung und Überforderung unterschiedlich sind. Frauen kommunizieren Probleme zwar leichter als Männer, kehren aber Unzufriedenheit eher gegen sich selbst, was bei Überhandnehmen ein typisches Kennzeichen für eine Depression ist. Männer dagegen neigen bei Problemen oder Überlastung eher dazu, sich in Workaholic-Verhalten zu flüchten, zum Alkohol zu greifen oder im Extremfall gewalttätig zu werden. Kommt es häufiger vor, dass jemand, der an Depressionen leidet, auch zu Suchtmitteln greift? Dr. Bolm: Suchtmittel beeinflussen die Psyche. Das kann z. B. so aussehen, dass mancher depressive Mensch mit Alkohol seine schlechte Stimmung vertreibt und dann kontaktfreudiger wird, bis er irgendwann nur noch dann in Gesellschaft gehen und Kontakte knüpfen kann, wenn er zuvor eine Selbstmedikation mit Alkohol vorgenommen hat. Es kann aber auch sein, dass unter dem Alkohol das eigene Elend noch viel stärker spürbar wird und dann das Suizidrisiko gewaltig ansteigt. Aber auch andere Suchtmittel spielen eine Rolle, z. B. Designerdrogen, aufputschende Drogen, Kokain: Alles, was einem zunächst mal einen Kick versetzt, führt leider dazu, dass die Neigung zur Depression wesentlich stärker wird, sobald dieser Kick wieder abklingt. Gleichzeitig nehmen durch die Sucht die gesunden Bewältigungsmechanismen drastisch ab. Wie hoch ist das Selbstmordrisiko bei Menschen mit Depressionen? Dr. Bolm: Depression ist eine potenziell tödliche Erkrankung: Wir wissen, dass etwa 15 % aller depressiven Menschen Suizid begehen. Das ist ein ziemlich hoher Prozentsatz, der oft unterschätzt wird. Aber Depressionen können auch aus anderen Gründen tödlich sein: Denn sie gehen mit verschiedenen negativen körperlichen Veränderungen einher. So wird dadurch beispielsweise das Immunsystem geschwächt, die Blutgerinnungsneigung erhöht sich, das Arteriosklerose-Risiko – und damit

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auch die Gefahr eines Herzinfarkts oder Hirnschlags – steigt. Hat das vielzitierte Burn-out-Syndrom eigentlich auch etwas mit Depressionen zu tun, oder ist das eher so eine Art Modeerkrankung, die man nicht allzu ernst nehmen muss? Dr. Bolm: Formal gesehen ist Burn-out keine Erkrankung, die in unserem ärztlichen Diagnosenspektrum auftaucht. Aber diese Bezeichnung hat den Vorteil, dass die Menschen darüber eher den Mut finden, über ihre seelischen Nöte zu reden. Einer meiner Kollegen hat bei einer Internetsuche nach dem Wort Burn-out im Jahr 2010 1,2 Millionen Treffer festgestellt; 2011 waren es bereits 3,7 Millionen und in der ersten Hälfte des Jahres 2012 schon vier Millionen. Das wäre sicherlich nicht so, wenn es sich bei dieser Erkrankung nur um eine Modeerscheinung handelte. Da muss schon ein ernsthaftes Anliegen, eine ernsthafte Betroffenheit dahinterstehen. Burn-out ist definiert als ein Erschöpfungszustand, ein Neben-sich-Stehen und Leistungsabfall in engem Zusammenhang mit beruflichen Verpflichtungen. Dazu kann es am Arbeitsplatz, aber natürlich auch bei einer Multitasking-Hausfrau oder einem Hausmann kommen. Es ist ein Prozess, der damit beginnt, dass man sich immer mehr engagiert, immer mehr Leistungsbereitschaft zeigen will, aber gleichzeitig erschöpft und mit der eigenen Leistungsfähigkeit am Ende ist, sodass am Schluss Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung – oder auch Selbstmordgedanken und Sucht – stehen können. Dieser Prozess geht normalerweise auch mit verschiedenen körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Schmerzen, Erschöpfung und Kraftlosigkeit einher; und am Ende steht letztlich eine psychische Erkrankung wie Depression oder Angst.

Dr. Thomas Bolm Chefarzt MentaCare – Zentrum für psychische Gesundheit in Stuttgart Azenbergstr. 68 70192 Stuttgart Tel.: 0711 76100-0 E-Mail: info@mentacare.de

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Mitten im Herzen von Stuttgart Hilfe bei psychischen Erkrankungen

Die Fliedner Klinik

Werner Waldmann und Marion Zerbst Bei körperlichen Beschwerden zum Arzt zu gehen, ist für die meisten von uns kein Problem. Doch bei seelischen Problemen tun viele Menschen sich auch heute noch schwer damit, ärztliche Hilfe zu suchen. Dabei gehören psychische Erkrankungen wie Depression, Burn-out und Angststörungen inzwischen zu den Volkskrankheiten. Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Barbara Wild von der Fliedner Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. In dieser Tagesklinik im Herzen von Stuttgart werden Menschen mit seelischen Leiden liebevoll und einfühlsam betreut – teilweise auch mit unkonventionellen Methoden wie Humortraining und Genussübungen.

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nser Leben wird immer komplexer; zwischenmenschliche Beziehungen gestalten sich zunehmend schwieriger, und es werden immer neue Aufgaben an uns herangetragen. Die Folge: Erschöpfung, Ängste, innere Unruhe, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit und körperliche Beschwerden. Die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit nimmt ab. Wenn derartige Veränderungen über längere Zeit bestehen, könnte es sich um eine ernsthafte Erkrankung handeln, die der Patient aus eigener Kraft nicht mehr bewältigen kann. „Ich habe schon den Eindruck, dass in vielen Berufsgebieten der Zeit- und auch der Rationalisierungsdruck immer mehr steigt“, meint Prof. Wild. „Die Frage ,Wie können wir Zeit und Mitarbeiter einsparen?‘ nimmt in den Chefetagen der Unternehmen einen immer breiteren Raum ein. Das verursacht natürlich Stress und Ängste und kann auch zu einer Depression führen. Das soziale Umfeld spielt ebenfalls eine Rolle: Heute leben mehr Men-

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schen alleine oder in lockeren Familienverbänden als früher. Und es gibt weniger Rückhalt von Kirchengemeinden, wo früher ja auch so etwas Ähnliches wie Psychotherapie gemacht worden ist, wenn auch in informellem Rahmen. Fakt ist, dass die Anzahl der Menschen, bei denen psychische Erkrankungen offiziell diagnostiziert werden, immer mehr zunimmt. Auch die Zahl der Krankheitstage pro Jahr und der Frühberentungen aufgrund psychischer Erkrankungen steigt seit Jahren.“

Betreiben Sie Seelenhygiene! Wie kann man sich davor schützen? „Ich denke, es ist wichtig, dass man gut mit sich selber umgeht und sich neben all den vielen Pflichten auch Freiräume schafft oder etwas Schönes gönnt“, erklärt Prof. Wild. „Auch Sport wirkt sich positiv aus: Er hat eine stimmungsstabilisierende Wirkung und fördert einen guten, erholsamen Schlaf.“ Freilich sollte man nicht zu verbissen und leistungsorien-

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tiert an seine sportlichen Freizeitaktivitäten herangehen; sonst kann selbst die spannendste Sportart zum Stress werden. „Außerdem sollte man sich auch ab und zu mal in Situationen begeben, in denen man sich langweilt oder einfach gar nichts tut oder spielt, zum Beispiel mit Kindern oder einem Hund. Haustiere wirken antidepressiv! Und natürlich ist es gut, zwischenmenschliche Kontakte zu pflegen. Menschen, die in einem Verein aktiv sind oder sich für etwas engagieren, werden seltener depressiv.“ Doch wenn man tatsächlich glaubt, ein psychisches Problem zu haben, mit dem man allein nicht fertigwird, sollte man sich nicht durch falsche Scham davon abhalten lassen, Hilfe zu suchen. So etwas kann jedem passieren! Psychische Erkrankungen sind sehr häufig; Schätzungen zufolge erkrankt z. B. jeder dritte Bundesbürger einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen Depression. Und dank der Vielfalt psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlungsmethoden kann den meisten Menschen mit seelischen Leiden heutzutage gut geholfen werden. Eine Tagesklinik bietet in dieser Hinsicht viele Vorteile: „Das ist eine sehr moderne Art und Weise, psychisch Kranke zu behandeln, weil die Patienten hier eben nicht völlig aus ihrem normalen Leben herausgerissen werden, sondern immer wieder Kontakt haben mit dem, was ihre Krankheit vielleicht auch ausgelöst hat und was man dann in den psychotherapeutischen Gesprächen gleich bearbeiten kann.“ Schwere Fälle – z. B. akut psychotische oder selbstmordgefährdete Menschen – können in so einer Tagesklinik natürlich nicht behandelt werden, weil man diese Patienten rund um die Uhr überwachen muss, und das geht nur im Rahmen eines vollstationären Aufenthalts. „Doch die meisten Menschen mit psychischen Erkrankungen müssen nachts und am Wochenende ja nicht überwacht werden, sondern sollen im Gegenteil das Wochenende dazu nutzen, wieder soziale Aktivitäten aufzubauen und Familienkontakte zu pflegen. Und das geht im Rahmen einer Tagesklinik besser als bei vollstationärer Pflege.“

Wie kommt man in die Tagesklinik? Patienten stellen sich – sofern sie nicht vom Facharzt direkt in die Klinik eingewiesen werden – zu-

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Mit welchen Beschwerden kommen Patienten zum Psychiater oder Psychotherapeuten? • wenn die Welt grau erscheint • wenn man nicht mehr zur Ruhe kommt • wenn einem die Arbeit über den Kopf wächst • wenn Ängste oder Zwänge das normale Leben behindern • bei Schlafstörungen • bei Energielosigkeit und Antriebsstörungen • bei Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen • wenn man im Leben immer wieder dieselben Fehler macht oder in dieselben Fallen gerät • wenn die Gedanken ungeordnet oder wirr erscheinen • bei Halluzinationen • wenn die Sucht, z. B. nach Alkohol oder Zigaretten, überhandnimmt • wenn man sich hoffnungslos fühlt • bei Selbstmordgedanken • bei Schmerzen oder anderen körperlichen Beschwerden, die organisch nicht erklärbar sind

nächst in der Ambulanz vor, wo eine ausführliche psychiatrische Untersuchung durch einen der Fachärzte stattfindet. Im Rahmen dieses zirka 60minütigen Erstgesprächs wird abgeklärt, ob der Patient eine teilstationäre psychiatrische Behandlung benötigt oder ob eine intensivierte ambulante Therapie ausreicht.

Wie läuft eine psychiatrische Diagnostik ab? „Man untersucht, was der Patient für Symptome hat, und vergleicht diese dann mit der Beschreibung der Krankheitsbilder in den Diagnosemanualen. Für uns ist die ICD-10 – also die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme – maßgeblich, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt wurde. Dort sind die diagnostischen Kriterien für die verschiedenen Krankheitsbilder aufgelistet“, erklärt Prof. Wild. „Außerdem orientiert ein Psychotherapeut oder Psychiater sich natürlich auch daran, was für Gefühle der Patient in ihm weckt. Freud hat von Gegenübertragung gesprochen; man könnte stattdessen auch sagen, dass das, was ich als empathiefähiger Mensch wahrnehme, bei der Diagnostik eine sehr wichtige Rolle spielt. Spüre ich, dass der Patient verzweifelt, erschöpft, hoffnungslos, aufgeregt oder ängstlich ist? Runzelt er dauernd die Stirn, hat er eine gebeugte Körperhal-

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tung, spricht er leise, vorsichtig, zögernd? Solche Eindrücke fließen auch mit in die DiaDie Fliedner Klinik gehört zur Theodor gnose ein. Und bei speFliedner Stiftung, die von Pastor Theodor ziellen Fragestellungen Fliedner im Jahr 1844 als Diakonenanstalt macht man psychologiDuisburg gegründet wurde. Heute untersche Tests.“ stützt die evangelische Theodor Fliedner Manchmal verbirgt Stiftung mit über 2000 mitarbeitenden sich eine psychische ErMenschen mit ganz unterschiedlichen Hilkrankung aber auch hinfebedürfnissen: Sie engagiert sich in der ter körperlichen SympAltenhilfe, in der Assistenz von Menschen tomen. „Depressive Pamit Behinderungen, in der Psychiatrie und tienten werden teilweise Psychotherapie sowie in Ausbildung, Forjahrelang wegen körperschung und Lehre. Mittlerweile gibt es an licher Beschwerden – mehreren Standorten in Deutschland FliedSchmerzen, Schwindel, ner Kliniken zur Behandlung psychischer Haarausfall, Müdigkeit – Erkrankungen. Die Tagesklinik in Stuttgart behandelt, ehe man darwurde im Oktober 2014 eröffnet. auf kommt, dass ein psychisches Problem dahintersteckt.“ Aber solche Symptome können natürlich auch auf körperliche Ursachen zurückzuführen sein; deshalb werden Patienten, die in die Fliedner Klinik kommen – sofern das nicht bereits im Rahmen ihrer bisherigen Diagnostik und Therapie geschehen ist –, auch körperlich und organisch genau untersucht. „Man sollte alle wichtigen Laboruntersuchungen machen und überprüfen, ob womöglich mit der Schilddrüse, den Nieren, der Leber oder dem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Gegebenenfalls ist auch eine Schädel-Computer- oder -Kernspintomografie sinnvoll, denn manchmal können Hirntumoren ähnliche Symptome hervorrufen wie eine Depression. Wenn all diese körperlichen Untersuchungen trotz der Beschwerden nichts wirklich Erklärendes bringen, sollte man unbedingt auch an eine Depression denken.“ Das Behandlungsspektrum der Fliedner Klinik ist sehr breit: „Wir haben viele Patienten mit Depressionen (weil diese psychische Störung eben so häufig ist), aber auch Patienten mit Angst-, Zwangs-, Persönlichkeits- und Borderlinestörungen. Außerdem behandeln wir Krankheiten aus dem somatoformen Krankheitsspektrum – also körperliche Symptome aufgrund von psychischen Erkrankungen.“ Patienten mit Gedächtnisstörungen, bei denen

Umfassendes Engagement für Menschen, die Hilfe brauchen: die Theodor Fliedner Stiftung

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nicht eindeutig eine Demenz im Vordergrund steht, sind in der Fliedner Klinik ebenfalls an der richtigen Adresse: „Bei einer Depression kommt es gar nicht so selten vor, dass die Patienten auch unter Konzentrationsstörungen leiden oder nicht mehr richtig denken können und dann befürchten, sie seien dement. Die sind hier bei uns genau am richtigen Platz.“

Humor ist, wenn man trotzdem lacht … Fünf Tage in der Woche – von neun Uhr morgens bis halb fünf Uhr nachmittags – haben die Patienten ein volles Programm: Einzel- und Gruppengespräche, Kunsttherapie, Yoga, Fitnessstudio, Achtsamkeits-, Humor- und Genusstraining. Das Humortraining findet ebenfalls in kleinen Gruppen statt und ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. „Ich beschäftige mich schon seit über zehn Jahren mit dem Thema Humor“, erzählt Prof. Wild. Mit Humortraining lassen sich sehr positive therapeutische Effekte erzielen: „Gerade bei depressiven Menschen ist die Fähigkeit, sich über irgendetwas zu erheitern, ja oft verloren gegangen. Unser Humortraining ist eine Mischung aus theoretischer Betrachtung – was ist Humor eigentlich, was hat man in der Kindheit darüber gelernt oder erlebt? – und spielerischen Übungen oder auch Übungen aus dem Improvisationstheater. Das Wichtige am Humor ist für mich, dass er einem die Möglichkeit gibt, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und über seinen Problemen zu stehen – sie nicht mehr ganz so ernst zu nehmen.“ Also Humor als Distanzierungstechnik. Kann man so etwas tatsächlich lernen? „Ich denke schon. Die Art und Weise, wie man an seine Probleme herangeht, lässt sich trainieren. Oft sagen unsere Patienten am Ende auch, dass sie dadurch etwas gelernt haben – z. B. nicht mehr so oft in grüblerische Gedanken zu verfallen, sondern einfach mal fünf gerade sein zu lassen. Dazu fällt mir ein guter Witz ein: Eine Schuhfabrik schickt Vertreter nach Afrika. Der erste Schuhvertreter schreibt eine E-Mail an seinen Chef: ,Großes Problem, ganz schrecklich – hier trägt keiner Schuhe!‘ Der zweite schreibt: ,Super-Absatzmöglichkeiten hier – keiner trägt Schuhe!‘ Daran sieht man schon, wie wichtig die Einstellung zu einem Problem sein kann. Außerdem bekommt man, wenn man seine Probleme mit Humor nimmt, auch eher Beistand von anderen

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Menschen. Denn jemand, der humorvoll mit Problemen umgehen kann, ist für die Umwelt ja oft viel besser zu verkraften als ein Mensch, der sich immer nur aufregt und Missmut verbreitet. Und diese vermehrte Unterstützung erleichtert dem Patienten dann wiederum das Leben.“ Ein weiteres wichtiges Therapieelement in der Fliedner Klinik ist das Genusstraining. „Einmal in der Woche kochen unsere Patienten gemeinsam in der Klinikküche und gehen vorher auch zusammen einkaufen, beispielsweise in die Markthalle. Wir sind auch schon einmal in einen Laden mit Süßigkeiten gegangen und haben da verschiedene Dinge gekauft und dann probiert, wobei das Riechen natürlich auch zum Genusserlebnis dazugehört. Das ist ein wichtiger Aspekt der Seelenhygiene: dass man nicht immer nur auf das Tun, sondern auch auf das Genießen achtet!“ Psychische Erkrankungen gehen häufig mit Schlafstörungen einher. Auch solche Probleme werden in der Fliedner Klinik behandelt; denn der Schlaf ist für eine gesunde Psyche von entscheidender Wichtigkeit. „Wir bieten unseren Patienten auch Psychoedukation (also Vermittlung von Wissen zum Krankheitsverständnis und zur Krankheitsbewältigung) an. Im Rahmen dieser Psychoedukation habe ich jetzt eine Sitzung über Schlafstörungen eingeführt, weil das für unsere Patienten wirklich ein Thema ist.“ Dort erlernen die Patienten schlafförderliche Verhaltensweisen. Außerdem werden sie auch mit Medikamenten behandelt. So gibt es beispielsweise Antidepressiva, die beruhigend wirken und dadurch gleichzeitig eine schlaffördernde Wirkung haben. Damit kann man bei Patienten mit Depressionen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Man bekämpft ihre Depression und gleichzeitig auch ihre Schlafstörung. Auch manche Neuroleptika (beruhigend wirkende Psychopharmaka) fördern den Schlaf.

Prof. Dr. med. Barbara Wild Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapie Chefärztin Fliedner Klinik Stuttgart Lautenschlagerstraße 23 70173 Stuttgart Tel: 0711 280499-0 Fax: 0711 280499-69

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Der nächste Kompass Gesundheit erscheint im Januar 2016


Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch Immer mehr Zeit- und Leistungsdruck am Arbeitsplatz, wachsende finanzielle Belastungen, Stress von morgens bis abends und dazu auch noch die Anforderungen in Haushalt und Familie … Unser heutiges Leben ist nicht leicht. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass Burnout, Depressionen und andere psychische Erkrankungen immer häufiger vorkommen. Früher wurden solche Probleme schamhaft verschwiegen, heute handelt es sich fast schon um Volkskrankheiten. Die AOK in Baden-Württemberg engagiert sich sehr für die Vorbeugung und Behandlung solcher Erkrankungen. Werner Waldmann sprach mit Johannes Bauernfeind, dem Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils. Werner Waldmann: Haben Sie das Gefühl, dass die Häufigkeit psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft zunimmt? Johannes Bauernfeind: Es gibt Statistiken, die sagen: Die eigentlichen Erkrankungssymptome kommen heute nicht häufiger vor als früher; sie werden nur besser diagnostiziert und dokumentiert. Vielleicht ist es so, dass diese Erkrankungen früher oft verheimlicht wurden, während man heute offener darüber spricht. Aber vielleicht sind sie auch tatsächlich etwas häufiger geworden, weil unsere moderne Welt in bestimmten Bereichen sicherlich

mehr Belastungen mit sich bringt – Belastungen, die in instabilen sozialen Umfeldern nicht mehr aufgefangen werden können, die aber vielleicht früher in scheinbar stabilen familiären Verhältnissen schlicht und einfach totgeschwiegen wurden. Werner Waldmann: Gibt es Zahlen zur Häufigkeit? Johannes Bauernfeind: Rund 5 % aller Arbeitsunfähigkeitsfälle sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Depressionen sind aber auch eine Alterserkrankung; deshalb zeigt der Blick auf die Arbeitsunfähigkeit nur einen Teilausschnitt.

Ständig erreichbar: Viele Menschen haben Schwierigkeiten, nach Feierabend oder am Wochenende abzuschalten und sich zu erholen.

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Werner Waldmann: Noch bis vor kurzem spielten solche Erkrankungen in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle; das hat sich aber inzwischen geändert. Seit wann engagiert sich die AOK besonders für Patienten mit psychischen Krankheitsbildern? Johannes Bauernfeind: Allerspätestens seit der Jahrtausendwende sehen wir, dass die Häufigkeit dieser Erkrankungen – zumindest statistisch gesehen – stetig zunimmt. Das schlägt sich nicht nur in der Anzahl (z. B. der Häufigkeit von Arbeitsunfähigkeitsfällen aufgrund psychischer Krankheiten) nieder, sondern auch in den Erkrankungsdauern, die immer mehr zunehmen.

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Werner Waldmann: Sind diese Menschen überhaupt bereit, sich behandeln zu lassen, oder haben sie Angst davor, sich mit ihrem Problem – beispielsweise einer Depression – zu „outen“? Johannes Bauernfeind: Man könnte sagen, dass Depressionen durch die Kreation des Wortes „Burn-out“ gewissermaßen hoffähig geworden sind; aber es spielt sicherlich auch eine Rolle, dass die Menschen sich heute zunehmend gesundheitlichen Fragestellungen zuwenden und damit natürlich auch Erkrankungen in einer anderen Weise thematisiert werden, als das noch vor zehn oder zwanzig Jahren der Fall war. Und dadurch, dass immer mehr Menschen davon betroffen sind, wird der Austausch mit anderen Betroffenen wahrscheinlicher. Damit wird dieses Thema natürlich auch im eigenen sozialen Umfeld intensiver diskutiert. Bis in die Achtzigerjahre hinein war die Behandlung psychischer Erkrankungen – durch die Angebotsstrukturen bedingt – ja in der stationären Versorgung angesiedelt, wo auch viele andere Krankheitsbilder aus dem Bereich der Verhaltensstörungen therapiert wurden. Das hat es den Menschen nicht unbedingt erleichtert, über solche Probleme zu sprechen, weil man damit ja praktisch fast schon in der „Klapse“ war. Aber die Einrichtungen zur Behandlung psychischer Krankheitsbilder haben sich ja in ihrer Ausrichtung, ihrem Außenauftritt und ihren Therapieverfahren in den letzten Jahrzehnten völlig verändert. Auch das trägt schrittweise dazu bei, dass das Thema psychische Erkrankungen heute anders wahrgenommen wird als früher. Werner Waldmann: Die AOK arbeitet ja auch mit Unternehmen zusammen, um solche Probleme anzugehen. Denn gerade für einen Arbeitgeber ist es natürlich wichtig, gesunde, motivierte, leistungsfähige Mitarbeiter zu haben. Johannes Bauernfeind: Das Problem ist, dass im Zusammenspiel zwischen Arbeitswelt und Erkrankung schnell die Kausalität hergestellt wird: Arbeit macht krank. Ich glaube, deswegen sind immer noch viele Arbeitgeber und Unternehmen nicht offen für die Thematik der psychischen Erkrankungen; aber das verändert sich schrittweise. Bestimmte Aktivitäten der AOK – z. B. unsere Gesundheitsaktion „Lebe Balance“, die wir auch in Betrieben anbieten – tragen sicherlich dazu bei, dass hier eine andere Wahrnehmung entsteht. Und wir konnten, glaube ich, auch deutlich machen, dass psychische Belastungssituationen, die zu einer solchen Erkrankung führen können, nicht ausschließlich aus einem einzigen Lebensumfeld kommen, sondern dass dabei eher eine Anhäufung von mehreren Belastungsfaktoren – Familie, Ehe, Beziehungen, Arbeitsumfeld, persönliche Krisensituationen, Pflegebedürftigkeit von Angehörigen usw. – vorliegt. Wenn da vieles zusammenkommt, kann durchaus eine Überlastung entstehen, die dann wiederum zu

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„Lebe Balance“ – das psychologische Präventionsprogramm der AOK Die Gesundheitsaktion „Lebe Balance“ der AOK BadenWürttemberg unterstützt gesunde Menschen, den Herausforderungen des Alltags mit Stärke zu begegnen und die kleinen Hürden des Lebens besser zu meistern. Die Teilnahme an dem Programm ist für Versicherte der AOK Baden-Württemberg kostenlos. In einem Seminar mit dazugehörigen Online-Tests und einem Begleitbuch lernen die Teilnehmer, achtsamer zu leben, mehr Selbstfürsorge zu entwickeln und bewusster mit sich und ihrem Umfeld umzugehen.

einer psychischen Erkrankung führen kann. Und natürlich kann man in der Arbeitswelt Ansatzpunkte schaffen, um Menschen in ihrer psychischen Stabilität zu stärken; aber das ist eben nicht der einzige Fokus. Werner Waldmann: Welche Beratung und Unterstützung bieten Sie Ihren Versicherten direkt an, wenn diese psychisch erkranken oder in eine seelische Krise hineingeraten? Johannes Bauernfeind: Dafür haben wir entsprechend ausgebildete und spezialisierte Fachkräfte. Das sind in der Regel Sozialversicherungsfachangestellte mit Weiterqualifikation, die in der Patientenberatung (z. B. bei Krankengeldfragen) tätig sind. Außerdem haben wir, wenn es um Fragen der Rehabilitation geht (die bei psychischen Erkrankungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen), in unseren Kunden- und Kompetenzcentern qualifizierte Reha-Berater. Und dann gibt es natürlich auch noch unseren sozialen Dienst: Er berät und unterstützt Patienten bei sozialen, beruflichen und familiären Belastungen, die in Verbindung mit einer schwerwiegenden oder chronischen Krankheit auftreten. Oft geht es in solchen Fällen darum, die allgemeinen Lebensgrundlagen von Menschen, die sich in einer Krisensituation befinden, zu stabilisieren und dabei auch das soziale Umfeld mit einzubeziehen. Wir haben für unsere Versicherten also ein umfassendes Beratungsangebot, um sie bei psychischen Problemen aufzufangen. Johannes Bauernfeind, Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils

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Kummer cum laude? Psychische Probleme gehen auch an unserem akademischen Nachwuchs nicht vorbei!

Mehr als jeder fünfte Studierende ist psychisch angeschlagen. Eine Studie der Techniker Krankenkasse zeigt dies auf. Wenn das in jungen Jahren schon so anfängt, wo wird das hinführen? Die Ursachen sind unser „moderner“ Lebensstil, den die junge Generation zwangsläufig perfekt verinnerlicht hat: Soziale Medien bestimmen, ja terrorisieren den Alltag. Das hat Konsequenzen für die psychische Gesundheit. Mit Pillen und Therapie versucht man, dies zu reparieren. Klüger wäre es, über den Sinn der Sozialen Medien kritisch nachzudenken... Wer dies aber anregt, gilt von vorn herein als altmodisch.

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rei von zehn Studentinnen in Deutschland bekommen mindestens einmal im Jahr eine psychische Diagnose, bei den männlichen Studierenden sind „nur“ 15 % betroffen. Insgesamt erhielten 21,4 % der Studierenden, also mehr als jeder Fünfte, 2013 eine psychische Diagnose. Zu den häufigsten Erkrankungen gehören Depressionen, somatoforme Störungen, Anpassungs- und Belastungssowie Angststörungen. Zudem zeigt die Studie, dass 4,3 % der Hochschüler psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch nahmen. Fast 4 % der angehenden Akademiker bekamen 2014 Antidepressiva verordnet – das sind 43 % mehr als 2006. Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, zu den Ergebnissen: „Wir wissen alle, dass das Studium vor allem in Prüfungszeiten Stress bedeutet. Es ist allerdings beunruhigend, wenn der Druck bei so vielen Studierenden ein Ausmaß annimmt, dass sie ihn allein nicht bewältigen können und medizinische Unterstützung brauchen.“ Laut TK-Gesundheitsreport nehmen psychische

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Belastungen bei Studierenden mit dem Alter zu. Dr. Thomas Grobe vom Aqua-Institut, das die Daten für die TK ausgewertet hat: „Bis zum Alter von 26 Jahren bekommen Studierende seltener Antidepressiva verschrieben als ihre berufstätigen Altersgenossen. Dann steigt das Volumen bei den Hochschülern deutlich stärker und ab 32 bekommen Studierende beider Geschlechter etwa doppelt so viel verschrieben wie die Erwerbspersonen.“ Begleitend zu ihrem Gesundheitsreport, für den die TK jährlich Krankenstandsdaten und Arzneimittelverordnungen auswertet, hat die Krankenkasse in einer repräsentativen Studie 1 000 Studierende in Deutschland zu ihrem Lebensstil befragt. Danach haben 55 % der angehenden Akademiker regelmäßig Stress, ein weiteres Viertel steht sogar unter Dauerstress. Die Hälfte der Studentinnen und vier von zehn Studenten litten unter stressbedingter Erschöpfung. Zu den wichtigsten Stressauslösern gehören Prüfungen (52 %), der Lernstoff (28 %), die Doppelbelastung von Studium und Jobben (26 %), die Angst vor schlechten Noten (26 %)

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ng ela en st un ge

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29,24% 21,36%

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1,1% 1,86% 1,45%

2,36% 5,71% 3,9%

3% 7,73% 5,17%

3,8% 9,96% 6,64%

5% 10,09% 7,34%

oder keinen Job zu finden (23 %) sowie finanzielle jungen Menschen rechtzeitig Strategien vermitteln, Sorgen (20 %). wie sie ihre eigenen Ressourcen stärken. Dazu ge„Die Stressfaktoren unterscheiden sich gar nicht hört auch das Thema Medienkompetenz.“ so sehr von denen früherer Generationen. Aber das Abschalten fällt der Generation Smartphone, die jetzt auch an den Hochschulen angekommen ist, schwerer. Informationen prasseln ständig auf sie ein. Sie haben Probleme, sich zu konzentrieren, wenn die Ablenkung durch soziale Netzwerke etc. nur einen Mausklick entfernt ist. Deshalb ist das Vermitteln von Medienkompetenz auch Aufgabe der StressMänner Prävention“, so Dr. Baas. Frauen Laut Umfrage lässt sich jeder Gesamt Zweite von digitalen Medien ab- 50% lenken, wenn eigentlich gelernt werden soll, drei Viertel bescheinigen dem Internet Suchtpotenzial. Psychische Störungen 30% Dr. Dr. Burkhard Gusy, Arbeitsbei Studierenden bereich Public Health an der Freien Universität Berlin: „Konzentration, das Bewältigen von Stress-Situationen und die Kom- 10% petenz nach Anspannung für Ausgleich und Regeneration zu Re De So Ps Ps An gs ma pr un akti Ge ychi stö ychi sorgen, sind wichtige Schlüsseles tst tof on d s sa sch s io r ö c u or An en r un ng he mt ne eS me qualifikationen für das Studium pa au en un ge n tö r s St fs d n d s u V u un ör ng chw rch erh und für die Führungskräfte von un ge s Ta alt stö ere ge n ba en n morgen. Deshalb müssen wir ru B s k -

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Mut zur Muße Die Kolumne von Dr. Suso Lederle

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ie Zeit rast. Schon geht es wieder auf das Ende des Jahres zu. Doch es gibt keine Zeit für Muße. Denn immer wieder geht „etwas unter die Haut“ oder „an die Nieren“. Etwas „schnürt die Kehle zu“ oder „verschlägt einem die Sprache“. „Alles wächst einem über den Kopf“ und dann hilft nur noch, „die Zähne zusammen zu beißen“, obwohl man eigentlich „die Nase voll hat“. Wer hat es denn schon versucht, einmal gar nichts zu tun, nur da zu sitzen und den eigenen Gedanken nachzuhängen; ganz entspannt, weil das, was einem durch den Kopf geht, nicht zu einem Ergebnis führen muss. Mit gutem Gewissen trödeln und nichts versäumen. „In der Ruhe liegt die Kraft“, eine schöne Vorstellung. Doch die Realität sieht meist anders aus: Menschen hetzen durch den Tag, arbeiten hart und leisten viel. Trotzdem leiden Sie an dem Gefühl, nie genug geschafft zu haben. Denn die nächste Pflicht wartet bereits. Unsere Zeit ist schnelllebig und viele Menschen sind geradezu stolz auf ihren permanenten Aktionismus – sie setzen sich selbst unter Druck, mit Perfektionismus und Ungeduld. Ausruhen hat bei jenen eher ein negatives Image.

Doch diese Lebensgestaltung hat ihren Preis: Überlastung und Angst, nicht zu genügen, machen auf Dauer krank. Anhaltender Stress schadet dem Herzen und schwächt das Immunsystem. Die innere Kraft und der Lebensmut lassen nach – Depressionen und psychische Erschöpfung folgen. Lassen Sie es nicht so weit kommen. Finden Sie jenseits der alltäglichen Rastlosigkeit eine neue Balance zwischen Ihrem „Sein und Tun“. Haben Sie Mut zur Muße und entdecken Sie die Schildkröte in sich. Und denken Sie daran: Wir sind nicht deshalb gestresst, weil wir keine Zeit haben. Wir haben keine Zeit, weil wir gestresst sind.

Dr. med. Suso Lederle Charlottenstraße 4 70182 Stuttgart Tel.: 0711 241774 E-Mail: suso-lederle@t-online.de

Niedrigeres Geburtsgewicht führt zu erhöhter Fettmasse im Alter

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in niedriges Geburtsgewicht korreliert mit einer höheren Fettmasse im Alter. „Die Neigung zu einem erhöhten Fettmassenanteil scheint früh bestimmt zu sein. Auf welche Art und Weise ein niedriges Geburtsgewicht im Alter zu einer erhöhten Fettmasse führt, ist noch ungeklärt“, so Dr. Thomas Kofler vom Universitätsspital Basel, einer der Autoren der GAPP-Studie, die 1774 gesunde Personen zwischen 25 und 41 Jahren untersuchte. Dass ein niedriges Geburtsgewicht das Risiko für HerzKreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen im Alter erhöht, ist bereits seit längerem bekannt. Die Basler Studiengruppe untersuchte nun den Zu-

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sammenhang zwischen Geburtsgewicht und Körperzusammensetzung. Der erhöhte Fettmassenanteil könnte durch eine gesteigerte Stoffwechselaktivität und verstärkte Ausschüttung entzündungsfördernder körpereigener Substanzen eine bisher unterschätzte Rolle bei der Entstehung von HerzKreislauf-Erkrankungen spielen, meint Dr. Kofler. Quelle: ESC 2015 Abstract Relationship of birth weight with body composition in young adulthood; T. Kofler, M. Bossard, S. Aeschbacher, A. Tabord, J. Ruperti Repilado, S. van der Lely, S. Berger, M. Risch, L. Risch, D. Conen Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie

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Pflege und Betreuung von Menschen mit gerontopsychiatrischen Veränderungen

Gruppen- und Einzelaktivitäten werden je nach individueller Biografie geplant.

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n unserer Einrichtung haben wir vier beschützende Bereiche. Hier werden Menschen mit gerontopsychiatrischen Veränderungen oder Demenzerkrankung betreut und gepflegt. Der beschützende Bereich bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Umfeld, in dem sie sich mit ihren Verhaltensänderungen, Ängsten oder Depressionen geborgen fühlen können. Ein würdevoller Umgang mit dem Menschen prägt unsere Arbeit.

Die Bedeutung der Tagesgestaltung Die inhaltliche Arbeit ist auf die Betreuung und Pflege älterer und gerontopsychiatrisch veränderter Menschen spezialisiert. Ziel ist, die Bewohner in ein möglichst aktives Leben zu integrieren und das Wohlbefinden zu fördern. Daran orientieren sich die Mitarbeitenden bei ihrer täglichen Pflege- und Be-

treuungstätigkeit. Die Einbeziehung in das alltägliche Geschehen wirkt dem sozialen Rückzug entgegen. Gruppen- und Einzelaktivitäten werden von den Mitarbeitenden auf der Basis von Biografiearbeit geplant. Tagesgestaltung und Rituale regen die körperlichen und geistigen Aktivitäten an. Im Jahresrhythmus finden regelmäßig Feste wie Fasching, Frühlingsfest, Sommerfest und Weihnachtsfeier statt. Die erkrankten Menschen benötigen einen strukturierten Ablauf, der ihnen Sicherheit gibt und durch den die vorhandenen Ressourcen möglichst erhalten und gefördert werden. Wichtige Aspekte sind: Gemeinschaft und Geborgenheit, Bewegung und Musik, kreatives Gestalten, gemeinsames Singen, häusliche Tätigkeiten.

Wollen Sie mitwirken? Dann besuchen Sie doch einmal unser Projekt „Abendsingen“ – hier wird immer Unterstützung gebraucht. Kontakt: Pflegestift Esslingen-Kennenburg; Heimleitung: Sabine Kutschus E-Mail: SKutschus@ udfm.de; Tel.: 0711 3905-333

Das subjektive Wohlbefinden verbessern Wir versuchen, über den Weg der FÜNF SINNE (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken) das Erleben und die seelische Verfassung der Menschen positiv zu beeinflussen. Im Gegensatz zu anderen therapeutischen Ansätzen ist in erster Linie nicht die Verbesserung von Funktionen das Ziel, sondern das subjektive Wohlbefinden, wie es sich in verbalen und nonverbalen Reaktionen der Betroffenen erkennen lässt. Besondere Bausteine unseres Tuns sind die Biografiearbeit, die Fortbildung der Betreuungskräfte und ehrenamtlichen Besuchsdienste sowie eine qualifizierte seelsorgerische Betreuung.

Fliedner Klinik Stuttgart Telefon: (0711) 28 04 99-0 Telefax: (0711) 28 04 99-69 info@fliednerklinikstuttgart.de www.fliednerklinikstuttgart.de Ambulanz und Tagesklinik zur individuellen Behandlung von Depression, Burnout, Angststörungen, Belastungsstörungen, Erschöpfungssyndromen und psychosomatischen Störungen. Für Privatversicherte, Beihilfeberechtigte und Selbstzahler. Fliedner Klinik Stuttgart Ambulanz und Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Ärztliche Leitung: Prof. Dr. med. Barbara Wild Lautenschlagerstraße 23 (im Bülow Carré) 70173 Stuttgart

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Krankenhauskeime

Der unsichtbare Killer

Marion Zerbst

Immer wieder infizieren Patienten sich mit sogenannten Krankenhauskeimen: Bakterien, die gegen mehrere Antibiotika resistent und daher schwer zu behandeln sind. Für gesunde Menschen geht von solchen Krankheitserregern normalerweise keine Gefahr aus; doch bei älteren oder durch eine Operation geschwächten Menschen können sie Wundinfektionen, Lungenentzündungen und andere gefährliche Komplikationen – bis hin zur Blutvergiftung – hervorrufen. Wir fragten PD Dr. med. Matthias Orth, der als Ärztlicher Direktor das Institut für Laboratoriumsmedizin und die Abteilung Klinikhygiene am Stuttgarter Marienhospital leitet, was man dagegen tun kann.

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igentlich“, sagt Dr. Orth, „ist der Begriff ,Krankenhauskeime‘ irreführend. Denn die meisten Patienten bringen diese Keime bereits von zu Hause oder aus dem Pflegeheim ins Krankenhaus mit. Das heißt, sie haben den Krankheitserreger vorher schon in sich getragen; und wenn es dann in der Klinik zu einer Infektion kommt, heißt es, sie sei im Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt aufgetreten.“ Früher gehörten Wundinfektionen aufgrund der unhygienischen Verhältnissen in Krankenhäusern zum täglichen Leben: Die Chirurgen desinfizierten sich vor der Operation, selbst wenn sie vorher unmittelbar Kontakt mit eitrigen Wunden hatten, nicht die Hände, es gab keine sterilen Instrumente und natürlich auch keine Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionen. Deshalb starben in früheren Zeiten so viele Menschen an Verletzungen und chirurgischen Eingriffen. Inzwischen sind wir einen riesigen Schritt weiter: Vor dem Betreten des Operationssaals muss der Chirurg sich umkleiden, Mundschutz und Handschuhe anlegen. Selbstverständlich sind alle Materialien steril und Händedesinfektion wird dutzende Male

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täglich durchgeführt. Außerdem gibt es im OP sehr aufwendige Lüftungsanlagen, damit keine Keime aus der Luft auf den Patienten übertragen werden können. „Trotzdem kommt es immer noch zu Infektionen. Denn natürlich können wir den Patienten selbst als Keimträger nicht ausschließen: Er trägt weiterhin bestimmte Bakterien mit sich, z. B. auf der Haut oder im Nasenbereich. Und wenn der Patient dann operiert wird, können aus seiner Haut – auch wenn sie vorher desinfiziert wurde – trotzdem immer noch Krankheitserreger ins Wundgebiet kommen. Denn diese Keime sitzen auch in tieferen Hautschichten.“ Was kann ein Krankenhaus tun, um zu verhindern, dass solche mitgebrachten Keime Unheil anrichten oder sich womöglich gar auf andere Patienten ausbreiten? „Jeder Patient, der zu uns ins Marienhospital kommt, wird gefragt, ob bei ihm das Risiko besteht, solche Krankenhauskeime – sogenannte multiresistente Erreger – auf sich zu tragen. Unser Fragebogen deckt alle wichtigen Risikofaktoren ab, die ein Patient aufweisen kann: z. B., ob er aus einem Pflegeheim kommt oder bestimmte Länder bereist hat, ob er offene

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Wunden hat, ob bei ihm bestimmte Eingriffe vorgenommen wurden, usw. Aus den Antworten ergibt sich dann, ob bei dem Patienten ein Abstrich vorgenommen werden muss oder nicht. Je nach dem zu untersuchenden Erreger wird der Abstrich im Nasen-Rachen-Raum, von der Haut oder vom After, aber auch an offenen Wunden oder an den Einstichstellen von Plastikmaterial wie beispielsweise Ernährungskathetern vorgenommen und anschließend gleich im hauseigenen Labor untersucht.“

MRSA: längst nicht mehr das größte Problem Früher dachten die meisten Menschen bei dem Wort „Krankenhauskeim“ sofort an MRSA. Die Abkürzung steht für „methicillin-resistenter Staphylococcus aureus“: ein Bakterienstamm, der gegen die meisten Antibiotika unempfindlich ist und daher schwere, oft tödliche Wundinfektionen und Lungenentzündungen verursachen kann. Dieser Keim spielt jedoch heute in Krankenhäusern kaum noch eine Rolle und lässt sich außerdem relativ leicht bekämpfen. Er besiedelt die Haut und die Schleimhäute von Nase und Rachen, wo er normalerweise keinen Schaden anrichtet – erst dann, wenn er (beispielsweise bei einem operativen Eingriff) in eine Wunde gelangt. Stellt man also fest, dass ein Patient mit MRSA besiedelt ist, und lässt sich der geplante operative Eingriff problemlos verschieben, so schickt man ihn zunächst einmal nach Hause, und zwar mit genauen Anweisungen, wie er sich von dem Keim befreien kann: Dafür ist, wenn der Keim auf der Haut sitzt, über mehrere Tage eine tägliche Ganzkörperwaschung (einschließlich der Haare) mit einer speziellen antiseptischen Waschlösung erforderlich.

Hat sich der MRSA im Nasen-Rachen-Raum angesiedelt, so helfen Gurgeln mit Schleimhaut-Antiseptikum und eine Nasensalbe. Sobald der Patient seinen Keim auf diese Weise losgeworden ist, kann die Operation bedenkenlos durchgeführt werden. Bei nicht vorhersehbaren operativen Eingriffen muss der Patient streng in einem Einzelzimmer isoliert werden, damit sich der Krankheitserreger nicht auf andere Patienten ausbreiten kann. Deutlich problematischer sind dagegen die multiresistenten gramnegativen Stäbchen (MRGN). „Diese Bakterien leben typischerweise im Darm. Sie sind Teil unserer Darmflora und es gibt keine Möglichkeit, den Patienten selektiv von den MRGN zu befreien. Man kann einfach nur hoffen, dass diese multirestistenten Erreger mit der Zeit verschwinden und die normalen Darmbakterien sich wieder durchsetzen. Wenn ich bei einem Patienten z. B. aus dem Rektalabstrich einen solchen Keim feststelle, kann ich ihm – im Gegensatz zu einem mit MRSA besiedelten Patienten – nicht sagen: ,Ich gebe Ihnen ein Desinfektionsmittel mit; kommen Sie nach drei Wochen wieder‘, sondern der Patient wird diesen Keim nach einem halben oder vielleicht sogar einem Jahr immer noch haben. Bei solchen Patienten kann man nichts anderes tun, als sie im Einzelzimmer unterzubringen.“ Im Darm selbst richten diese Krankheitserreger zwar keinen Schaden an; doch ein Patient braucht nur auf die Toilette zu gehen und sich anschließend nicht gründlich genug die Hände zu waschen: So können sich diese Keime sehr schnell weiterverbreiten. Die Keime findet man auch im Mundbereich und auf der Hautoberfläche bei besiedelten Personen.

Menschen, Nähe, Lebensfreude Diakonischer Ambulanter Dienst Esslingen z Quartier am Hainbach z Pflegestift Kennenburg Telefon 0711 39 05-116 E-Mail Aufnahme/Wohnungsvermietung@udfm.de

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Wenn sie in eine Wunde gelangen, können sie dort Infektionen verursachen. Auch Lungenentzündungen und Blutvergiftungen gehen auf ihr Konto. Wo kommen diese im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch gar nicht so präsenten, aber hochproblematischen Keime her? „Die kann man sich in Südeuropa – Ländern wie Griechenland, Italien oder der Türkei – sehr leicht holen, aber auch in Kriegsstaaten wie Afghanistan, Libyen und Syrien sowie den arabischen Ländern. Bei allen Patienten, die aus solchen Ländern kommen, muss daher ein Abstrich gemacht werden. Aber es kann beispielsweise auch schon ausreichen, wenn man Shrimps isst: Die kommen meistens aus Südostasien, und das Wasser in den dortigen Shrimp-Zuchtanlagen wird regelmäßig mit Antibiotika versetzt und somit werden diese resistenten Keime dort regelrecht angereichert. Auch in der Massentierzucht bei uns können diese Keime auftreten und wir haben diese Keime dann nachher auch im Essen.“ So können hochresistente Erreger sich im Zuge der Globalisierung sehr schnell ausbreiten. Die Übertragung in Deutschland ist glücklicherweise noch selten, aber es gibt immer wieder Ausbrüche in Krankenhäu-

Richtiges Händewaschen

Reiben Sie Handfläche an Handfläche.

Reiben Sie mit der rechten Handfläche über den linken Handrücken und umgekehrt.

Reiben Sie mit verschränkten Fingern Handfläche auf Handfläche.

Reiben Sie mit geschlossenen Fingerkuppen kreisend in der Handfläche.

Reiben Sie kreisend den Daumen in der geschlossenen Handfläche.

Reiben Sie die Fingeraußenseite in der anderen Handfläche mit verschränkten Fingern.

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sern und Reha-Einrichtungen. Obwohl die Krankheiten, die von den MRGN ausgelöst werden, an sich meist nicht besonders schwer verlaufen, ist das riesige Problem die Resistenz gegenüber den meisten Antibiotika. Die meisten dieser resistenten Erreger, die sogenannten ESBL oder 3MRGN, sind glücklicherweise noch mit den üblichen Antibiotika zu therapieren. Bei den 4MRGN wird es problematisch: Hier helfen – wenn überhaupt – nur noch Reserveantibiotika. Dies sind Medikamente mit großen Nebenwirkungen, und in vielen Fällen lässt sich die Infektion damit nicht mehr eindämmen.

Wie entstehen Resistenzen? Woher kommt es überhaupt, dass so viele Bakterienstämme gegen Antibiotika resistent werden? „Da kommen gleich mehrere problematische Faktoren zusammen: Antibiotika sind heute sehr billig und werden daher in riesigen Mengen angewendet. Das größte Problem ist zurzeit der Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht. Zwei Drittel bis drei Viertel aller Antibiotika werden in der Tierzucht und nicht in der Humanmedizin angewendet. Bis vor kurzem wurden sie dort nicht zur Behandlung von Krankheiten, sondern unmittelbar zur Leistungsverbesserung angewendet. Dies ist zwar seit wenigen Jahren untersagt, aber wenn ein Züchter einen Stall mit 500 Puten hat, und es ist eine kranke Pute dabei, dann darf er diese Pute mit Antibiotika behandeln und kann argumentieren, dass es ihm unmöglich ist, dieses eine Tier gezielt zu behandeln; deshalb bekommen alle 500 Puten in diesem Stall die Antibiotika. Und natürlich wird man in jedem Stall immer irgendeine Pute finden, die tatsächlich krank ist und ein Antibiotikum braucht. Diese Antibiotika werden von den Puten ausgeschieden. In den Tieren wie auch hinterher in der Gülle entwickeln die Bakterien aufgrund der vorhandenen Antibiotika Resistenzen. Die resistenten Bakterien kommen dann mit der Gülle auf die Felder – wenn Sie dann Ihren Salat im Supermarkt kaufen, können dort die resistenten Keime dranhängen. Und wenn Sie diese Puten zu Hause in der Küche aufschneiden, sitzen die Keime auf dem Putenfleisch. Aus unserer Nahrung gelangen so die resistenten Bakterien in Ihren Darm. Wenn Sie dann ins Krankenhaus müssen, bringen Sie diese resistenten Keime mit.“ Außerdem werden (oft aufgrund einer unvernünftigen Erwartungshaltung von Patienten) auch heute

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Steuerberatung ist Vertrauenssache.

Wie können Patienten sich schützen? Leider lässt der Gesetzgeber Krankenhäusern bei den Vorkehrungen gegen solche Keime einen recht großen Ermessensspielraum. So ist es beispielsweise vorgeschrieben, Patienten bei der Aufnahme ins Krankenhaus zu befragen, um so festzustellen, ob sie ein erhöhtes Risiko für eine Besiedelung mit multiresistenten Keimen wie MRSA haben. Aber wie eng oder wie weit diese Fragen gefasst werden, liegt im Ermessen der jeweiligen Klinik. „Wir halten uns streng an die Kriterien des Robert KochInstituts, und da kommt eine Abstrichrate von über 40 % für die MRSA heraus. Bei über 30 000 Patienten sind das mehr als 12 000 Abstriche und MRSALaboruntersuchungen pro Jahr. Wenn ein Krankenhaus nur eine Abstrichrate von 5 % hat, weiß man, dass die Fragen zum Ausschluss multiresistenter Keime viel weniger streng gestellt werden.“ Zwar ist das Risiko, sich so einen Keim im Krankenhaus einzufangen, sehr gering. Trotzdem kann es nicht schaden, zumindest bei planbaren Aufenthalten, der Klinik, in der man sich operieren oder anderweitig behandeln lassen möchte, vorher ein wenig auf den Zahn zu fühlen: „Ein guter Qualitätsindikator ist z. B. das KISS-Programm, in dessen Rahmen die Rate an Krankenhausinfektionen und die Durchführung von Hygienemaßnahmen wie der Händedesinfektion genau dokumentiert und mit anderen Kliniken verglichen wird. Die Auswertungen sind sehr detailliert und berücksichtigen nicht nur die Größe eines Krankenhauses, sondern auch die dort vorhandenen Fachabteilungen. Wenn ein Krankenhaus an dem KISS-Programm teilnimmt, weiß man schon, dass es in puncto Prävention von Kranken-

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hausinfektionen in der Regel ziemlich gut aufgestellt ist“, erklärt Dr. Orth. „Außerdem sollte eine Klinik hauptamtliche Hygienefachkräfte haben. Interessant ist natürlich auch die Frage, ob das Krankenhaus über ein eigenes mikrobiologisches Labor verfügt (kleine und selbst mittelgroße Häuser haben das oft nicht) und wie schnell die Befunde dann zurückkommen. Wenn man das Ergebnis des Abstriches noch nicht kennt, muss der Patient eigentlich als Träger von MRE angesehen werden, das bedeutet oft eine Einzelzimmerisolierung. Bei einem eigenen Labor ist der Befund meist schon sehr schnell da und beim Patienten kann dann der MRE ausgeschlossen werden. Bei einem externen Labor kann das viele Tage dauern. Während dieser Zeit blockiert der Patient mehrere Betten. Es ist klar, dass in einem solchen Krankenhaus ohne eigenes Labor die Indikation für einen Abstrich zurückhaltender gestellt wird und das Risiko, einen MRE-Patienten nicht zu entdecken und die Erreger auf andere Patienten zu verteilen, in Kauf genommen wird. All diese Fragen kann man als Patient vor seiner Einweisung an das Krankenhaus richten oder im Qualitätsbericht von der Internetseite des Krankenhauses abrufen.“

PD Dr. med. Matthias Orth Ärztlicher Direktor des Instituts fu ¨r Laboratoriumsmedizin, Marienhospital Stuttgart Adlerstraße 7, 70199 Stuttgart Sekretariat Tel.: 0711 6489-2761 E-Mail: zentrallabor@vinzenz.de

Und einen Steuerberater zu wechseln, ist für manche, als ob sie von einem 10-Meter-Brett springen müssten. Ohne zu wissen, ob Wasser im Becken ist.

Foto: © Moodboard/123rf.com

immer noch zu viele Antibiotika verschrieben. Auch das trägt zur Entstehung von Resistenzen bei.

Wir möchten Ihnen den Sprung ins kalte Wasser erleichtern – mit einer Zufriedenheitsgarantie: Sollten Sie doch einmal mit unseren Leistungen nicht zufrieden sein, können wir über alles reden – ohne Wenn und Aber.

Steuerberaterkanzlei Jörg Stockum Haußmannstr. 146a 70188 Stuttgart Tel.: 0711 2200599 E-Mail: info@stb-stockum.de

www.stb-stockum.de


Plastische Chirurgie in Vollendung

Neue Nase, neue Ohren Viele Menschen verwechseln plastische Chirurgie mit Schönheitsoperationen. Dabei besteht hier ein großer Unterschied: Eine Schönheits-OP korrigiert ästhetische Mängel bei gesunden Menschen. So vergrößert der Schönheitschirurg einen „zu kleinen“ Busen, entfernt Tränensäcke oder begradigt eine krumme Nase. Der plastische Chirurg dagegen korrigiert gestörte Körperzustände: z. B. angeborene Fehlbildungen oder Deformitäten, die durch einen Unfall oder eine Tumoroperation entstanden sind. So ist er etwa gefragt, wenn nach einer Hautkrebsoperation ein Stück vom Ohr fehlt oder Patienten aufgrund einer verformten Nase nicht richtig atmen können: eine sehr schwierige Aufgabe, denn so eine Operation muss nicht nur die gestörte Funktion wiederherstellen, sondern das Ergebnis sollte auch ästhetisch ansprechend sein. Wir sprachen mit Dr. med. Sebastian Haack, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Plastische Gesichtschirurgie am Stuttgarter Marienhospital. Welche Eingriffe führen Sie am häufigsten durch? Dr. Haack: Oft muss nach einer Tumoroperation fehlendes Gewebe ersetzt werden; und das sollte dann eben so geschehen, dass man von der Operation hinterher nichts mehr sieht. Ein befriedigendes ästhetisches Ergebnis ist unseren Patienten sehr wichtig. Selbst die 80-jährige Patientin, bei der man vermuten könnte, dass sie nicht mehr ganz so viel Wert auf ihr Äußeres legt, vergewissert sich vor dem Eingriff: „Gell, aber Sie machen es schon so, dass es schee wird und man nachher nimmer viel sieht?“ Den Menschen ist es eben wichtig, gut auszusehen. Dr. Haack: Nicht einfach nur gut, sondern sie wollen – beispielsweise nach einer Tumoroperation oder einem Nasenbeinbruch – nicht stigmatisiert sein, nicht überall auffallen. Und wenn nun jemand zu Ihnen kommt und seine Nase verschönern lassen möchte – machen Sie so etwas auch? Dr. Haack: Ja, das machen wir auch, wobei – gerade wenn es um die Nase geht – meistens sowohl ästhetische als auch gesundheitliche Aspekte eine Rolle spielen. Manche Patienten kommen zu uns, weil sie schlecht Luft bekommen. Viele Men-

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schen haben verengte Nasenwege, entweder von Geburt an oder aufgrund eines Unfalls oder einer Tumorerkrankung. Diese Patienten klagen über starke Beschwerden bei der Nasenatmung, die durch eine Operation korrigiert werden müssen. Solche Eingriffe sind oft ziemlich kompliziert. Dann sagt der Patient vielleicht: „Wenn ich mich schon unters Messer legen muss … Dieser Höcker an meiner Nase stört mich schon seit meiner Jugend, könnten Sie den im Rahmen der OP auch entfernen?“ Und dann sagen wir Ja. Dabei kommt zwar eine separate Technik zum Einsatz; aber wir können das kombinieren und ihm diese zusätzliche Leistung anbieten, damit er hinterher auch in ästhetischer Hinsicht mit seiner Nase zufrieden ist. Was für plastische chirurgische Eingriffe an der Nase gibt es noch? Dr. Haack: Wir führen auch Nasenrekonstruktionen durch. Auf diesem Gebiet gehören wir europa- und weltweit zu den renommiertesten Kliniken. Wenn einem Patienten aufgrund eines Unfalls oder (häufiger) im Rahmen einer Tumoroperation die Nase weggeschnitten werden muss, können wir sie komplett wieder aufbauen.

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Wie gehen Sie dabei vor? Dr. Haack: Zunächst einmal brauchen wir die Sicherheit, dass der Tumor auch wirklich weg ist. Das ist das A und O. Deshalb achten wir genau darauf, dass nach der Operation keine Tumorreste mehr vorhanden sind. Dann leiten wir in Zusammenarbeit mit unseren interdisziplinären Zentren, Onkologen und Strahlentherapeuten etwaige begleitende Krebstherapien ein. Anschließend warten wir erst mal eine gewisse Zeit – ein oder zwei Jahre, je nachdem, um was für einen Tumor-Untertyp es sich gehandelt hat. Denn wenn es trotz vollständiger Entfernung des Tumorgewebes zu einem Rezidiv kommen sollte, weiß man, dass das am ehesten in den ersten ein bis zwei Jahren passiert. Für diese Übergangszeit erhält der Patient eine Epithese, die den Defekt mit körperfremdem Material ausgleicht. Wenn er nach dieser Zeit tumorfrei geblieben ist, erfolgt nochmals eine bildgebende Diagnostik, und dann rekonstruiert man die Nase. Dafür sind normalerweise fünf Operationen erforderlich, denn es müssen alle Schichten der Nase wiederhergestellt werden – Innenauskleidung, Stützgerüst und äußere Bedeckung. Das ist relativ kompliziert, weil die Nase ja hinterher nicht nur schön aussehen, sondern auch ihre Funktion erfüllen muss. Wo nehmen Sie das Gewebe her? Dr. Haack: Die Innenauskleidung kommt in der Regel vom Unterarmlappen. Dieses Gewebe verpflanzen wir mitsamt den Blutgefäßen, die an die Gefäße im Gesicht angeschlossen werden. In weiteren Schritten erfolgt dann der Einbau des Knorpelgerüstes aus Rippenknorpeln und schließlich die äußere Bedeckung mit Stirnhaut in Form eines Stirnlappens. Sie müssen sicherlich auch Ergebnisse von Operationen korrigieren, die den Kollegen in anderen Kliniken nicht so gut gelungen sind? Dr. Haack: Richtig. Viele Patienten werden wegen insuffizient durchgeführter Operationen zu uns geschickt. Etwa 40 % der Nasen, die wir operieren, wurden woanders schon einmal mit nicht zufriedenstellendem Ergebnis voroperiert. Das zeigt, wie wichtig heute ein hoher Spezialisierungsgrad ist. Sehr wichtig ist dabei, vor der Operation eine genaue Analyse durchzuführen, um einschätzen zu können, was für ein Ergebnis erreichbar ist. Natürlich können auch wir keine hundertprozentige Garantie dafür geben, dass das Ergebnis immer so zufriedenstellend sein wird, wie wir es haben wollen. Doch nicht ganz optimale Resultate können wir dann zumindest selbst wieder reparieren. Was für Eingriffe führen Sie sonst noch durch? Dr. Haack: Ein weiterer wichtiger Tätigkeitsschwerpunkt unserer Klinik ist die Hauttumorchirurgie. Wenn man solche Tumoren

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herausschneidet, hat man hinterher einen Defekt: Es fehlt das Unterlid oder ein Teil vom Ohr, und diese Strukturen müssen so rekonstruiert werden, dass der Patient hinterher nicht entstellt aussieht. Egal, ob es ein kleiner oder großer Tumor ist – die Patienten sehen dem Operationsergebnis doch meistens mit einer gewissen Anspannung entgegen. „Am Rücken wäre mir das ja egal, aber im Gesicht – da bin ich doch ein bisschen eitel“, solche Sätze hören wir immer wieder. Erstatten Krankenkassen die Kosten für solche Operationen? Dr. Haack: Die Eingriffe, von denen wir bisher gesprochen haben, erstatten die Kassen. Wir bieten aber auch rein kosmetische Operationen an – beispielsweise Facelifts, Ober- und Unterlidkorrekturen. Die Kosten dafür muss der Patient selbst tragen. Kann man eigentlich auch Narben verschwinden lassen? Dr. Haack: Nein. Narben kann man verschönern, aber niemals völlig beseitigen. Viele Patienten kommen zu mir und sagen: „Sie können doch alles, machen Sie mir meine Narben weg.“ Da muss ich leider passen: Das können wir nicht. Wir können es aber mithilfe diverser Techniken schaffen, dass die Narbe deutlich unauffälliger wird und nicht mehr stört. Würden Sie sagen, dass Ihre Chirurgie mehr mit Kunst zu tun hat, während andere chirurgische Disziplinen, bei denen es nicht so sehr auf die Ästhetik ankommt, eher eine Art Handwerk sind? Dr. Haack: Ich denke, dass man in unserem Tätigkeitsbereich ein extrem gutes räumliches Seh- und Vorstellungsvermögen haben muss – man braucht einfach einen Blick für Proportionen. Nur mit einem guten Handwerkszeug allein wird man keine optimalen Ergebnisse erreichen können. Es gehört schon eine gewisse Kreativität dazu, die tatsächlich in Richtung Kunst geht.

Dr. med. Sebastian Haack Ärztlicher Direktor der Klinik für Plastische Gesichtschirurgie Marienhospital Stuttgart Böheimstraße 37 70199 Stuttgart Tel: 0711 6489-8241 Fax: 0711 6489-8242 E-Mail: plg@vinzenz.de

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Esslinger Kardiologe warnt vor zu zögerlichem Vorgehen bei der Laienreanimation

Hohe Rate plötzlicher Herztodesfälle L

eider ist die Bereitschaft medizinischer Laien, bei Patienten mit plötzlichem Herz-KreislaufStillstand sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten, nach wie vor sehr gering. „Nur 30 bis 35 % der Zeugen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes führen eine Herzdruckmassage durch – vor allem, weil sie Angst haben, dabei Fehler zu machen“, erklärt Prof. Dr. Matthias Leschke, Chefarzt der Kardiologie des Klinikums Esslingen. Dabei besteht der allerschlimmste Fehler darin, in so einer Situation gar nichts zu tun; denn ohne sofortige Wiederbelebung haben die Betroffenen kaum eine Überlebenschance: „Der Sauerstoffmangel im Gehirn führt innerhalb von zwei bis drei Minuten zu irreversiblen Störungen der Gehirnfunktion und nach etwa zehn Minuten zum Tod“, so Prof. Leschke.

Was tun bei Herz-Kreislauf-Stillstand? Es kann jederzeit passieren: Jemand bricht plötzlich infolge eines akuten Herz-Kreislauf-Stillstands zusammen, liegt bewusstlos am Boden und atmet nicht mehr. Was tun? Nach Feststellung der Bewusstlosigkeit und Prüfung der Atmung des Betroffenen muss unverzüglich der Rettungsdienst (Notruf 112) alarmiert werden. Danach beginnt man sofort mit einer Herzdruckmassage. Dazu kniet der Helfer seitlich neben dem auf dem Rücken liegenden Betroffenen und legt bei durchgestreckten Armen beide Handballen übereinander auf die Mitte des Brustbeins (dort, wo eine gedachte Linie zwischen den Brustwarzen das Brustbein kreuzt). Dann drückt man den Brustkorb schnell (mindestens 100-mal pro Minute) und kräftig (mindestens

1. PRÜFEN

2. RUFEN

3. DRÜCKEN

Keine Reaktion? Keine oder keine normale Atmung?

Rufen Sie 112 an. Oder veranlassen Sie eine andere Person zum Notruf.

Drücken Sie fest und schnell in der Mitte des Brustkorbs: mind. 100 x pro Minute. Hören Sie nicht auf, bis Hilfe eintrifft.

Die Kurzanleitung für die Laienreanimation kann als kleines Faltblatt für die Brieftasche heruntergeladen werden unter www.einlebenretten.de

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fünf Zentimeter tief) in Richtung Wirbelsäule ein. Dadurch entsteht ein künstlicher Blutkreislauf, der den Körper und das Gehirn des Betroffenen mit Sauerstoff versorgt. Diese Massage wird so lange durchgeführt, bis der Rettungsdienst bzw. Notarzt eintrifft. Sind weitere Helfer vor Ort, kann man sich abwechseln. Dazu darf die Herzdruckmassage aber nur ganz kurz unterbrochen werden. Deshalb ist auf eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zuNase-Beatmung zu verzichten, um die Herzdruckmassage nicht zu unterbrechen. Keine Sorge: Auch nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand befindet sich im Blut noch für mehrere Minuten ausreichend Sauerstoff! Erscheint noch vor dem Eintreffen des Notarztes ein anderer Helfer mit einem Defibrillator (Automatisierter Externer Defibrillator, kurz: AED) – einem Gerät, welches das Herz durch einen kräftigen Stromstoß wieder zum Schlagen bringt –, dann kann dieser AED eingesetzt werden. Das ist ganz einfach: Eine automatische Stimme führt durch das Programm. Beim Anschließen des AED darf die Herzdruckmassage jedoch möglichst nicht (oder zumindest nur kurz) unterbrochen werden! Die Deutsche Herzstiftung bietet ein kostenfreies Herznotfall-Set an, in dem genau erläutert wird, was bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu tun ist und wie die Herzdruckmassage durchgeführt wird. Dass sich diese Erste-Hilfe-Maßnahme innerhalb weniger Minuten erlernen lässt, zeigt außerdem der Wiederbelebungs-Film der Deutschen Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/herzdruckmassage-in-55-sek-lernen. Häufige Fragen zum richtigen Verhalten bei Herzstillstand werden in dem Experten-Beitrag „Können Sie noch reanimieren? Vier Din-

ge, die jeder wissen sollte“ unter www.herzstiftung.de/herz-lungenwiederbelebung.html beantwortet. Red.

Prof. Dr. med. Matthias Leschke Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie Klinikum Esslingen Hirschlandstraße 97 73730 Esslingen Tel.: 0711 3103-2401 Fax: 0711 3103-2405 m.leschke@klinikum-esslingen.de www.klinikum-esslingen.de

Ich bin dabei,

Das Herznotfall-Set der Deutschen Herzstiftung enthält: • 1 Notfallkarte mit den Herzinfarkt-Alarmzeichen für den Geldbeutel • 1 Notfallkarte zur Notrufnummer 112 und Herzdruckmassage • 1 Faltblatt zu den Herzinfarkt-Alarmzeichen plus Hinweise zum richtigen Verhalten bei Herzinfarkt • 1 Faltblatt mit Anleitung zur korrekten Herz-Lungen-Wiederbelebung und kann unter www.herzstiftung.de/herznotfallset.html oder bei: Deutsche Herzstiftung, Bockenheimer Landstr. 94–96, 60323 Frankfurt, Tel. 069 955128-400 kostenlos angefordert werden.

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Ines Rindelhardt

weil es mir ein gutes Gefühl gibt. Infos zur Brustkrebs-Früherkennung: www.mammo-programm.de

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(VVOLQJHQ Dres. Pala, Just und Kollegen Neckarstraße 49 73728 Esslingen a. N.

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Mitglied in

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Gefäße gut – alles gut

Wie man Herz-KreislaufErkrankungen vorbeugt Herzinfarkt, Schlaganfall und die berüchtigte „Schaufensterkrankheit“, bei der längeres Gehen Muskelschmerzen hervorruft – sie alle haben eine gemeinsame Ursache: Arteriosklerose. Die heimtückischen Ablagerungen in den Blutgefäßen sind teilweise erblich bedingt; dennoch kann man der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch eine gesunde Lebensweise vorbeugen. Falls das allein nicht ausreicht oder bereits Gefäßschäden vorliegen, helfen Medikamente. Prof. Dr. med. Christian Herdeg

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rteriosklerose – umgangssprachlich auch „Arterienverkalkung“ genannt – ist ein schleichender Prozess: Oft dauert es Jahrzehnte, bis sich negative Folgen zeigen. Im Lauf der Zeit bilden sich Ablagerungen in den Wänden der Blutgefäße, die unseren Körper mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgen; die Arterien verengen und verhärten sich. Bis zu einem gewissen Grad ist das normal: Niemand hat mit 70 oder 80 Jahren noch genauso gesunde, elastische Gefäße wie im Kindesalter. Allerdings gibt es Faktoren, die diesen Prozess begünstigen und verschlimmern: Nicht nur natürliche Alterungsvorgänge, sondern auch Bluthochdruck und Zigarettenrauchen ziehen die Gefäßinnenwände in Mitleidenschaft. An den beschädigten Stellen können sich leichter Fettstoffe wie Cholesterin, aber auch Blut-, Bindegewebs- und Muskelzellen einlagern, die mit der Zeit die Gefäßwand verdicken: So entstehen die auch als „Plaques“ bezeichneten arteriosklerotischen Ablagerungen. Dadurch werden die Gefäße mit der Zeit immer enger, bis sie die Gewebe und Organe irgendwann nicht

Prof. Dr. med. Christian Herdeg Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Herz- und Kreislauferkrankungen Kreiskliniken Esslingen Paracelsus-Krankenhaus Ruit Hedelfinger Str. 166 73760 Ostfildern Tel.: 0711 4488-11450 E-Mail: c.herdeg@kk-es.de

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mehr so gut mit Blut und Sauerstoff versorgen können. Besonders schlimm ist es, wenn so eine arteriosklerotische Plaque aufbricht: Dadurch können Blutgerinnsel entstehen, die das Gefäß unter Umständen völlig verstopfen, sodass das umliegende Gewebe, das ja jetzt keinen Sauerstoff mehr erhält, abstirbt. Passiert so etwas in den Herzkranzgefäßen, ist ein Herzinfarkt die Folge; wird eine hirnversorgende Arterie durch ein Blutgerinnsel verlegt, kommt es zum Schlaganfall.

Von gutem und schlechtem Cholesterin Aber auch in den Beingefäßen können arteriosklerotische Ablagerungen Unheil anrichten: Sauerstoffmangel aufgrund verengter Beinarterien führt zu Muskelschmerzen in Waden und Beinen beim Gehen, sodass die Betroffenen zwischendurch immer wieder stehen bleiben müssen. Da viele Menschen sich, um das zu kaschieren, vor ein Schaufenster stellen und so tun, als betrachteten sie die Auslagen, bezeichnet man diesen mit der Zeit immer weiter fortschreitenden Verschluss der Beinarterien auch als „Schaufensterkrankheit“. Was kann man tun, um arteriosklerotischen Verengungen und Verhärtungen der Gefäße nach Möglichkeit vorzubeugen? Beim Prozess der Arteriosklerose spielen ungünstige Cholesterinwerte eine wichtige Rolle. Zwar braucht unser Körper eine gewisse Menge an Blutfetten: Cholesterin ist eine lebenswichtige Substanz, ohne die wir nicht existieren könnten. Aus Cholesterin bestehen große Teile unseres Ge-

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hirns, unserer Nervenscheiden und Zellwände. Außerdem werden bestimmte Hormone aus Cholesterin hergestellt. Schädlich sind lediglich krankhafte Erhöhungen und eine ungünstige Zusammensetzung der Blutfette. Da Cholesterin eine Fettsubstanz ist, kann es sich nicht im Blut lösen und somit nur an Trägerstoffe gebunden durch den Körper transportiert werden. Bei diesen Trägersubstanzen handelt es sich um Eiweiße, die zusammen mit dem Cholesterin Fett-Eiweiß-Verbindungen, sogenannte Lipoproteine, bilden. Man unterscheidet zwischen dem „schlechten“ Lipoprotein niedriger Dichte („lowdensity lipoprotein“ = LDL), das Cholesterin zu den Zellen transportiert, damit diese daraus Zellwände und Hormone bilden können, und dem „guten“ Lipoprotein hoher Dichte („high-density lipoprotein“ = HDL), das überschüssiges Cholesterin aus den Zellen herausholt und zur Leber transportiert, wo es abgebaut wird. Deshalb sagt der Cholesterinwert an sich noch nicht viel über das Herz-Kreislauf-Risiko eines Menschen aus: Viel wichtiger ist die Zusammensetzung der Lipoproteine. Wenn zu viel LDL-Cholesterin im Blut zirkuliert, führt das mit der Zeit zu schädlichen Ablagerungen in den Gefäßen. Hohe HDL-Cholesterinwerte sind dagegen günstig, weil sie dem Prozess der Arteriosklerose entgegenwirken. Leider ist die Höhe und Zusammensetzung unserer Blutfette zu einem großen Teil erblich bedingt. Etwa drei Viertel des Cholesterins stellt unser Körper in der Leber selbst her. Wie viel wir davon produzieren, ist sehr stark genetisch festgelegt; wenn unsere Eltern oder Geschwister also krankhaft erhöhte Blutfettwerte haben, sind wir höchstwahrscheinlich auch davon betroffen. Nur über die restlichen 25 %, die wir mit der Nahrung aufnehmen, können wir unsere Cholesterinwerte beeinflussen. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, möglichst viele pflanzliche Fette (z. B. aus Nüssen und hochwertigen Pflanzenölen) und weniger tierische Fette zu sich zu nehmen – wobei Fisch in dieser Hinsicht eine Ausnahme darstellt, denn er enthält Omega-3-Fettsäuren, die sehr gesund für die Gefäße sind. Wer erblich bedingt ungünstige Cholesterinwerte hat, wird auch mit einer gefäßgesunden Ernährung allerdings keine Wunder bewirken können, sondern zusätzlich Medikamente einnehmen müs-

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sen. Am häufigsten werden als Blutfettsenker Statine verschrieben, welche die Cholesterinproduktion in der Leber hemmen. Außerdem tragen sie dazu bei, aus instabilen, zum Aufbrechen neigenden arteriosklerotischen Plaques stabile Läsionen zu machen, und senken dadurch unabhängig von der Höhe des Cholesterinspiegels das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die Krankenkassen zahlen ab einem Alter von 35 Jahren eine Cholesterinbestimmung, weil sie wissen, dass es sich lohnt, Herz-KreislaufErkrankungen frühzeitig zu erkennen. Aber es gibt hier keine allgemeingültige Faustregel: Ein Diabetiker z. B. sollte schon in jungen Jahren wissen, wie es um seine Cholesterinwerte bestellt ist. Es kommt also auch auf die individuelle Risikokonstellation an.

Gespannt wie ein Luftballon: Warum Bluthochdruck den Gefäßen schadet Ein zweiter wichtiger Risikofaktor für Arteriosklerose ist zu hoher Blutdruck. Denn dadurch stehen die Gefäße permanent unter Spannung. Das kann man sich ungefähr so wie einen Luftballon vorstellen: Je mehr Luft man hineinbläst, umso stärker gerät die Wand des Ballons unter Stress, bis er irgendwann platzt. Bluthochdruck schadet den Gefäßen und beschleunigt den Prozess der Arteriosklerose. Und das Heimtückische an einem zu hohen Blutdruck ist eben leider, dass die Menschen ihn lange Zeit nicht spüren – erst wenn er wirklich extrem hoch ist und man pulsierende Kopfschmerzen oder ein rotes Gesicht bekommt, denken die meisten Menschen überhaupt erst daran, dass ihr Blutdruck erhöht sein könnte. Und da Bluthochdruck eben nicht „weh tut“, sehen viele Patienten auch nicht ein, warum sie zu seiner Bekämpfung ihr Leben lang täglich Tabletten schlucken sollen. Es ist sehr schwierig, einem Patienten in einer Situation, in der er sich eigentlich nicht krank fühlt, klarzumachen, dass er Medikamente einnehmen soll – zumal er sich infolge dieser

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von Jürgen Saur

Arzneimittel zunächst einmal müde, abgeschlagen und schlechter fühlen wird als vorher. Durch dieses Tal muss er durch, bis sein Körper sich wieder an einen niedrigeren „Betriebsdruck“ gewöhnt hat.

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Eine herzgesunde Lebensweise

Fitnesstipps itness-Studios haben den Ruf, für junge Leute da zu sein, für Leute, die sich „nur“ einen attraktiven, muskulösen Körper wünschen. Ältere Menschen und solche, die ein gesundheitliches Problem haben, können sich nicht unbedingt vorstellen, in so eine „Muckibude“ zu gehen. Oft denkt man auch, Sport und Fitnesstraining sind ab einem bestimmten Alter nicht mehr möglich oder sinnvoll. Alles falsch! Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass es nie zu spät ist. Sport und Fitnesstraining sind in jedem Alter möglich. Und man wird genauso Erfolg haben, wenn man z. B. im Rentenalter beginnt. Man muss sich allerdings darauf einstellen, dass das Training Zeit braucht, und sehr viel Motivation. Man muss einfach bereit sein, diesen neuen Weg zu gehen. Umsonst ist Gesundheit nicht zu haben. Es ist auch nicht nur der Sport, nicht nur die Bewegung, die die Gesundheit fördert. Es ist generell der Lebensstil, den man ändern muss, man muss gewisse Schalter im Kopf umlegen, man muss ganzheitlich an sich arbeiten. Dazu gehört z. B. auch die Ernährung. Ein jüngerer Mensch, der primär etwas für seine bessere Fitness tun und nach der Arbeit einfach mal abschalten möchte, hat logischerweise andere Ansprüche an sein Training als ein älterer Herr nach einem Herzinfarkt oder nach einer Hüftoperation, der von einem Sporttherapeuten individuell betreut wird. Das Angebot an Fitness-Studios ist groß und vielfältig und man sollte sich das aussuchen, das die eigenen Bedürfnisse am besten bedient. Das Wichtigste ist: Überwinden Sie den inneren Schweinehund und beschließen Sie ab sofort, Ihr neues Leben zu starten. Schieben Sie nichts aufs Frühjahr, weil es jetzt vielleicht kälter wird und die Tage kürzer. Fangen Sie an! Jetzt!

Jürgen Saur Operativer Leiter – Prokurist Vitalcenter am Paracelsus-Krankenhaus Ruit Hedelfinger Straße 166/1 73760 Ostfildern 0711 9933939-26 saur@vitalcenter-ruit.de

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Es ist also wichtig, seine blutdruck- und blutfettsenkenden Medikamente gewissenhaft einzunehmen, auch dann, wenn man von seinem Herz-Kreislauf-Problem zunächst noch gar nichts spürt: Das sollte genauso selbstverständlich sein wie Zähneputzen. Doch am allermeisten kann man durch seine Lebensweise dazu beitragen, seine Gefäße fit zu halten. Das beginnt schon bei der Ernährung. Auch wenn man seinen Cholesterinspiegel dadurch nur teilweise beeinflussen kann, sollte man doch nicht resignieren und denken: „Dann kann ich ja gleich jeden Mittag meinen Schweinebraten und jeden Abend mein Leberwurstbrötchen essen“. Immer wieder kommen Patienten zu mir und sagen: „Ich verzichte ja schon auf Eier, und trotzdem ist mein Cholesterinspiegel zu hoch“ – da hat eben die genetische Veranlagung dann doch eine größere Rolle gespielt. Aber mit einer gesunden Ernährung kann man nicht nur auf das Cholesterin, sondern auch auf andere HerzKreislauf-Risikofaktoren einen nicht zu überschätzenden positiven Einfluss ausüben. Eine vorwiegend pflanzliche Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse, wenig Fett, Zucker und Salz und moderatem Fleisch- und Wurstkonsum ist also niemals vergeblich, auch wenn der eine oder andere Patient dann zusätzlich vielleicht noch ein blutfett- oder blutdrucksenkendes Medikament einnehmen muss. Das Gleiche gilt übrigens auch für regelmäßige körperliche Aktivität. Wenn wir ein bisschen mehr auf unsere Ernährung achten und uns so bewegen würden, wie unsere Vorfahren das noch vor zwei Generationen getan haben, hätte unser Gesundheitssystem mit Sicherheit keine finanziellen Probleme mehr. Denn dadurch kann man gleichzeitig auch der Entstehung von Übergewicht vorbeugen, das in den westlichen Industrieländern mittlerweile schon zur Volkskrankheit geworden ist – wobei vor allem der „Wohlstandsbauch“ ein gefährlicher Herz-Kreislauf-Risikofaktor ist. Noch vor 20 Jahren war das gar nicht bekannt. Doch inzwischen weiß man, dass gerade das viszerale Fett – also das Bauchfett, das zwischen den Darmschlingen im Körper liegt – entzündungsfördernde Substanzen ausschüttet, die den Gefäßen schaden. Außerdem erhöht Übergewicht das Risiko für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes, der ebenfalls die Gefäße schädigt. Wenn jemand mehrere Gefäßrisikofaktoren – beispielsweise Diabetes, schlechte Cholesterinwerte und womöglich auch noch einen zu hohen Blutdruck – hat, so addieren sich diese Faktoren nicht einfach nur, sondern sie potenzieren

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sich. Deshalb sollte ein Diabetiker unbedingt auch über seine anderen Risikofaktoren Bescheid wissen und diese nach Möglichkeit ausschalten. Auf sein Gewicht zu achten, ist also die beste Lebensversicherung. Und auch bei den Genussgiften – einem weiteren unheilvollen Faktor unserer Wohlstandsgesellschaft – ist Vorsicht geboten. Exzessiver Alkoholkonsum schädigt den Herzmuskel und wirkt sich darüber hinaus auch auf die Blutfette ungünstig aus. Ein maßvoller Alkoholkonsum dagegen kann den Anteil des „guten“ HDL-Cholesterins sogar erhöhen. Während Alkohol also – in Maßen genossen – durchaus positiv sein kann, gilt dies für das Nikotin leider nicht. Rauchen ist für die Gefäße eine absolute Katastrophe. Eine Zigarette ist im Prinzip eine Chemiefabrik: Es wurden schon Tausende ver-

schiedener, teilweise hochgiftiger, krebserregender Substanzen aus dem Zigarettenrauch isoliert. Und auch das Nikotin selbst schadet den Gefäßen. Außerdem sollte man auch versuchen, dem Stress – einem weiteren Risikofaktor unseres modernen Lebens – Einhalt zu gebieten. Man weiß, dass Stress auch körperliche Reaktionen hervorruft: Dabei werden Stresshormone wie Adrenalin und Kortisol ausgeschüttet. Gelegentliche Stresssituationen sind etwas völlig Normales, wobei es natürlich auch darauf ankommt, wie der jeweilige Mensch damit umgeht – was den einen belastet, ist für den anderen eine positive Herausforderung. Gefährlich für Herz und Kreislauf ist jedoch der Dauerstress, bei dem die Stresshormonspiegel ständig erhöht sind.

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Patientencompliance bedeutet für uns seit mehr als 25 Jahren, dem Menschen ein Höchstmaß an beschwerdefreiem Leben zurückzugeben. Ob national oder international – ob im direkten Kontakt mit dem Patienten oder als zuverlässiger Partner für Krankenhäuser, Kliniken und Ärzte.

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Sinnvollste Früherkennungsmaßnahme

Darmkrebs muss nicht sein Dr. med. Bernhard Neef

Vor einer Krebserkrankung fürchten sich die meisten Menschen. Und wir sind bereit, alles zu tun, um Krebs in einem möglichst frühen Stadium zu entdecken, um die Heilungschancen zu erhöhen. Zumindest theoretisch. Die Praxis sieht etwas anders aus: Vor einer Darmspiegelung schrecken viele zurück. Dabei gehört gerade diese Vorsorgeuntersuchung zu den sinnvollsten. Denn Darmkrebs ist sowohl bei Frauen als auch bei Männern in Deutschland die zweithäufigste Krebsart – sechs von 100 Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens daran.

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eängstigende Geschichten über Darmspiegelungen (Koloskopien) kursieren überall: Bei der Arbeit, im Freundes- oder Bekanntenkreis – nirgends bleibt man von diesen Schauermärchen verschont, in denen es fast immer darum geht, wie unangenehm diese Untersuchung doch sei. Und tatsächlich lassen sich immer noch viele Menschen durch solche maßlos übertriebenen Berichte davon

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abhalten, eine längst überfällige Koloskopie vornehmen zu lassen. Ein großer Fehler! Die Koloskopie ist nach wie vor die Untersuchung, mit der man Darmkrebs am sichersten und vor allem auch so frühzeitig erkennen kann, dass er sich – oft sogar ohne große Eingriffe – heilen lässt. Nicht umsonst bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr eine solche Unter-

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suchung. Zehn Jahre später kann diese wiederholt werden.

Der Darm – eine Tabuzone Woher rührt die Furcht vor der Darmspiegelung? Eigentlich braucht man gar nicht lange zu rätseln, denn vielen Menschen graut es allein schon davor, dem Arzt ihren Allerwertesten hinzuwenden. Und durch die Vorstellung, dass dieser einem dann ein langes, flexibles Instrument in den After einführt, verschlimmert diese Abneigung sich noch. Schließlich muss das verdammt weh tun. Und dann ist da ja auch noch die Vorbereitung; denn der Darm muss sauber sein. Dazu muss man große Mengen einer übelschmeckenden Flüssigkeit trinken. Alles doch gute Argumente, um diese Untersuchung immer wieder hinauszuschieben.

Harmloser geht es nicht Dabei sind das alles Vorurteile. Die Angst vor Schmerzen ist absurd, denn jeder Patient kann sich vorab entweder ein Beruhigungsmittel oder eine Kurznarkose geben lassen, um von der Koloskopie möglichst wenig oder gar nichts mitzubekommen. Um die Darmreinigungsprozedur – das Fasten am Vortag und dann das Trinken einer abführenden Lösung – kommt man leider nicht herum. Dabei schmeckt diese Abführlösung heutzutage gar nicht mehr so übel. Viele meinen, sie kriegen das Zeug nicht runter, doch schön gekühlt lässt es sich durchaus trinken. Allein die Tatsache, dass der Arzt bei der Koloskopie über die Afteröffnung einen Schlauch in den Dickdarm einführt, ist vielen Menschen schon ausgesprochen unangenehm. Es gibt wohl kaum jemanden, dem diese Prozedur nicht peinlich wäre. Doch keine falsche Scham! Für den Arzt ist die Koloskopie eine Untersuchung wie jede andere – sie zählt zu den Routineuntersuchungen. Vielleicht ist aber auch Angst mit im Spiel: die Furcht, der Arzt könnte etwas finden, was nicht in den Dickdarm gehört. Doch diese Angst ist unbegründet: Findet der Arzt während der Darmspiegelung eine Wucherung im Darm, kann er diese meistens im selben Arbeitsgang entfernen. Damit ist die mögliche Krebsgefahr oft bereits gebannt!

lung durchführt (also die Dickdarmwände von innen inspiziert), ist ein flexibler Schlauch von ungefähr 1,5 m Länge. An dem Schlauchende, das in den Darm vorgeschoben wird, befindet sich ein kleiner Videochip, der das Innere des Darms aufnimmt. Natürlich besitzt das Instrument auch eine Lichtquelle, denn sonst wäre vom Darminneren kaum etwas zu sehen. Das aufgenommene Bild wird nach außen auf einen hochauflösenden Monitor übertragen. Außerdem befinden sich im Koloskop Kanäle für Instrumente, mit denen der Arzt während der Untersuchung z. B. Gewebeproben entnehmen oder kleinere Wucherungen entfernen kann. Auch eine Spülvorrichtung ist vorhanden, durch die Wasser in den Darm eingeleitet wird, um beispielsweise kleinere Verschmutzungen zu entfernen. Während der Arzt das Koloskop über den After in den Dickdarm einführt, bläst er Luft in den Darm, damit dieser sich entfaltet und den Blick auf die Schleimhaut freigibt. Das mag der Patient als etwas unangenehm empfinden. Dann führt der Arzt das Instrument bis zum Ende des Dickdarms vor, um es anschließend ganz allmählich wieder zurückzuziehen und dabei die Darmwände sorgfältig nach Veränderungen abzusuchen. Entdeckt der Arzt z. B. einen Polypen, also eine Wucherung der Darmschleimhaut, kann er diesen mit einer elektrischen Drahtschlinge entfernen, bergen und zur feingeweblichen Untersuchung an einen Pathologen weitergeben. Dieser auf die Überprüfung von Gewebe und Zellen spezialisierte Mediziner sucht den Polypen auf das Vorhandensein von Krebszellen ab. Auch Entzündungen der Darmwand, Ausstülpungen und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn können mit der Koloskopie diagnostiziert werden. Die etwa 20 Minuten dauernde Untersuchung ist Dr. med. Bernhard Neef ist niedergelassener Internist und Gastroenterologe Berliner Straße 4 73728 Esslingen Tel.: 0711 31057590 E-Mail: info@Gastroenterologie-DrNeef.de

Was bei der Koloskopie passiert Das Koloskop, mit dem der Arzt die Darmspiege-

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nicht schmerzhaft, doch die Bewegungen des Koloskops kann der Patient schon als etwas unangenehm empfinden. Daher bietet der untersuchende Arzt seinen Patienten heute einen kurzzeitigen Narkoseschlaf – meist mit Propofol – an, der lediglich über die Zeit der Untersuchung wirkt. Nach der Koloskopie bleibt man noch für etwa eine Stunde in der Arztpraxis und darf dann nach Hause, muss sich aber abholen lassen, weil man noch nicht selbst Auto fahren darf.

Ein wenig Vorbereitung muss sein! Eine Darmspiegelung kann der Arzt nicht auf Zuruf durchführen, sondern der Patient muss sich am Vortag darauf vorbereiten. Er bekommt einen Merkzettel mit, auf dem aufgeführt ist, wie man sich ernährungsmäßig auf eine Koloskopie vorbereitet. Fünf Tage vor der Untersuchung sollte man alle blähenden Nahrungsmittel (z. B. Hülsenfrüchte, fettreiche Kost, körnige Brote, eiweißreiche Kost wie Milch und Milchprodukte) meiden und auf Obst mit kleinen Kernen wie beispielsweise Kiwi, Trauben, Johannisbeeren, Erdbeeren, Melonen und Tomaten verzichten. Am Tag vor der Untersuchung sollte man sich morgens mit einem leichten Frühstück (ohne Vollkornbrot) begnügen. Danach wird der Speiseplan etwas magerer: Erlaubt sind nur noch ballaststoffarme Nahrung wie Hühnerbrühe ohne Einlage, Tee oder Kaffee ohne Milch, Säfte ohne Fruchtfleisch. Gegen Abend – und davor haben manche Patienten eine Abneigung, obwohl das gar nicht besonders unangenehm ist – trinkt man eine spezielle Lösung, die den Darm reinigt. Dazu ein Tipp: Schön gekühlt schmeckt das sehr viel angenehmer. Von jetzt an gibt es keine feste Nahrung mehr.

Die virtuelle Koloskopie als Alternative? In der letzten Zeit wird in den Medien oft geschrieben, dass man dieses unangenehme Vorgehen – die Darmreinigung und die Untersuchung selbst – elegant vermeiden könne, wenn man sich stattdessen einfach in den Computertomografen schieben lässt, um eine virtuelle Koloskopie anzufertigen. Diese Methode verzichtet auf das Einführen eines Koloskops. Stattdessen fertigt der Radiologe Schnittbilder des kompletten Dickdarms an, die anschließend vom Computer in dreidimensionale Bilder umgesetzt werden und dem Arzt am Bild-

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schirm eine „Fahrt“ durch den Darm ermöglichen, ohne dass er diesen von innen zu sehen braucht. Das hört sich gut an, hat aber eine ganze Reihe von Nachteilen. So ist die Einnahme eines Abführmittels am Vortag der virtuellen Koloskopie ebenso notwendig wie bei der herkömmlichn darmspiegelung. Der wichtigste Nachteil: Wenn bei der Sichtung der Bilder eine Schleimhautveränderung (z. B. ein Polyp) entdeckt wird, muss die „echte“ Koloskopie nachgeholt werden. Nur so lassen sich Gewebeproben gewinnen, um eine Diagnose zu stellen. Mit der virtuellen Koloskopie ist dann also nichts gewonnen. Zudem: Bei der virtuellen Koloskopie kann man kleinere Polypen (unter 8 mm Größe) leicht übersehen. Das Gleiche gilt für flache, also nicht auf Stielen aufsitzende Polypen. Doch auch diese Polypen können eine Darmkrebsvorstufe sein. Und schließlich sollte man auch nicht vergessen, dass die Untersuchung im Computertomografen mit einer Strahlenbelastung verbunden ist. Alles spricht also für die Koloskopie, und die möglicherweise unangenehmen Begleiterscheinungen muss kein Patient miterleben, wenn er sich für den Dämmerschlaf entscheidet. Ich kann nur jedermann im Alter ab 55 Jahren empfehlen, seinen Darm inspizieren zu lassen und diese Entscheidung nicht aufzuschieben. Ein frühzeitig erkannter Darmkrebs ist heilbar, meistens ohne chirurgischen Eingriff, denn der Gastroenterologe erledigt das gleich bei der Untersuchung. In einem späten Stadium verläuft Darmkrebs meist tödlich. Würden alle nach Empfehlung der Leitlinien zur Koloskopie gehen, wäre Darmkrebs eine höchst seltene Erkrankung. Leider sind wir in Deutschland noch nicht so weit. Doch geben Sie sich einen Ruck! Wenn Sie die Untersuchung hinter sich haben, werden Sie sich fragen, warum Sie das nicht schon viel früher gewagt haben. Die Vorsorgekoloskopie ist ein gut verträglicher Eingriff, ein ausgewachsener Darmkrebs eine schwere Erkrankung.

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Keine Angst vor der OP!

Maximale Patientensicherheit durch bessere Narkose- und Operationsverfahren Es gibt wohl kaum jemanden, der vor einer Operation kein mulmiges Gefühl hat. Bei manchen Menschen ist diese Angst so groß, dass sie sogar dringend notwendige Eingriffe vor sich herschieben. Dabei haben sich die Narkose- und Operationsverfahren dank der Fortschritte unserer modernen Medizin so sehr verbessert, dass die meisten dieser Ängste unberechtigt sind. Wie sicher kann man sich heute als Patient auf dem OP-Tisch fühlen? Darüber sprachen wir mit dem Chirurgen Dr. med. Klaus Kraft, der die Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Klinikums Kirchheim-Nürtingen und des Paracelsus-Krankenhauses Ruit leitet. Haben eigentlich viele Patienten Angst vor einem operativen Eingriff? Mehr als früher, als man noch mehr Vertrauen zu den „Halbgöttern in Weiß“ hatte? Dr. Kraft: Meiner Erfahrung nach gibt es tatsächlich immer weniger Patienten, die der Kompetenz des Arztes vertrauen. Die meisten informieren sich vor einem solchen Eingriff umfassend – z. B. im Internet. Grundsätzlich ist das ja auch nicht falsch; aber durch diese Vorinformationen entstehen oft Missverständnisse, die der Arzt nur mit großem Auf-

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wand ausräumen kann. Alles in allem sind die Patienten sehr viel misstrauischer geworden. Das ist für mich ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft: dass die Menschen kein Vertrauen mehr haben – alles muss nachgewiesen werden. Nicht nur in der Medizin, auch in anderen Lebensbereichen spielen Zertifizierungen und Qualitätskontrollen eine immer wichtigere Rolle. Egal, ob man seinen Körper einem Mediziner anvertraut, Wurst oder Brot kauft oder sich einen Boden legen lässt – immer muss von vornherein nachgewiesen und ga-

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rantiert sein, dass alles gut laufen wird. Obwohl es eine hundertprozentige Garantie letztendlich niemals geben kann. Das Urvertrauen, das der Patient zu seinem Chirurgen haben sollte, gehört also der Vergangenheit an? Dr. Kraft: Leider ja. Vielleicht ist das eine Begleiterscheinung unserer heutigen medizinischen Aufklärung: Je mehr der Patient weiß, desto mehr Misstrauen kann er auch entwickeln. Heutzutage müssen wir einen großen Teil unserer Arbeitszeit darauf verwenden, zu dokumentieren und nachzuweisen, dass das, was wir machen, auch wirklich gut ist. Es genügt nicht mehr, einfach nur gute Arbeit zu leisten; die Qualität muss sich stets auch irgendwie schriftlich oder in Zertifikaten niederschlagen – obwohl unsere Arbeit durch diesen Dokumentationsaufwand eigentlich kaum besser wird. Die Menschen werden immer älter und mit zunehmendem Alter zwangsläufig auch immer kränker. Viele Patienten, die sich einer Operation unterziehen müssen, leiden zusätzlich zu der Grunderkrankung, wegen der sie operiert werden, auch noch unter Übergewicht, Stoffwechselstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das erhöht die Risiken einer chirurgischen Behandlung natürlich. Welche Methoden stehen dem Operateur heute zur Verfügung, um diese Risiken zu mindern? Dr. Kraft: Glücklicherweise hat die Medizin enorme Fortschritte gemacht. Zum einen gibt es Verbesserungen in der Anästhesie, die heute sehr viel sicherer ist als früher. Und auch die Eingriffe selbst lassen sich inzwischen dank der minimalinvasiven Chirurgie viel schonender durchführen. Wir wissen, dass bei chirurgischen Eingriffen, bei denen man in einen Hohlraum hineingeht (z. B. bei Bauchoperationen), der Patient vor allem durch die Eröffnung dieses Hohlraums – also in unserem Beispiel durch die Durchtrennung der Bauchdecke – strapaziert und traumatisiert wird. Vereinfacht gesagt: Ein großer Schnitt in der Bauchdecke verursacht ein großes Trauma, ein kleiner Schnitt geht mit einem kleineren Trauma einher. Das, was im Rahmen der eigentlichen Operation in der Bauchhöhle gemacht wird, ist in den meisten Fällen gar nicht so traumatisierend. Aus diesem Wissen heraus hat man die

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Operationsmethoden schrittweise so weit verändert, dass die meisten Eingriffe heutzutage ohne echte Eröffnung der Bauchdecke per Endoskop durchgeführt werden können. Damit sind das Trauma und die Schmerzen des Patienten von vornherein minimiert. Deshalb heißt dieses Operationsverfahren auch „minimalinvasiv“. Diese Methode kommt nicht nur älteren, sondern auch übergewichtigen Patienten zugute, bei denen das Trauma eines offenen Bauchschnitts viel gravierender wäre als bei einem schlanken Menschen, weil eine dickere Bauchdecke schlechter heilt. Lässt sich die Operationsmethode – offen oder minimalinvasiv – frei wählen, oder hängt das von der Art des Eingriffs ab? Dr. Kraft: Das hängt kaum vom Eingriff selbst, sondern vor allem von der Erfahrung der Abteilung oder des Operateurs ab. Die minimalinvasive Operationsmethode steht und fällt damit, wie oft man sie durchführt – und zwar nicht nur der einzelne Chirurg, sondern alle Mitglieder des OP-Teams. Je häufiger man so etwas macht, umso leichter und besser gelingt es einem. Natürlich gibt es auch einige wenige Fälle, in denen eine minimalinvasive Operation von der Art des Eingriffs her nicht möglich ist: Wenn man z. B. einen riesigen Tumor aus dem Bauch herausholen muss, braucht man dazu auch einen Schnitt von einer gewissen Größe. Aber wahrscheinlich gibt es nicht in jeder Klinik einen Chirurgen, der die minimalinvasive Methode perfekt beherrscht? Dr. Kraft: Zurzeit noch nicht; aber auf die Dauer wird daran kein Weg vorbeiführen. In der Medizin – vor allem in der Chirurgie – geht die Einführung neuer Methoden viel langsamer vonstatten als z. B. in der Autoindustrie, wo man halt mal etwas ausprobiert und im Zweifelsfall eine Rückrufaktion startet. Wenn es um Menschenleben geht, funktioniert das natürlich nicht. Es dauert schon eine Weile, bis man alle chirurgischen Abteilungen eines Krankenhauses dementsprechend fortgebildet hat; das sind lange Lernprozesse. Deshalb dauert es auch so lange, bis die minimalinvasive Chirurgie flächendeckend in guter Qualität angeboten werden kann. Aber irgendwann wird das sicherlich der Fall sein, weil dieses Verfahren für den Patienten eindeutig die besseren Ergebnisse bringt. Denn

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das minimalinvasive Operationsverfahren ist nicht nur wegen der Vermeidung des Traumas günstig; auch der Eingriff selbst gelingt durch die bessere Sichtweise bei diesem Operieren mit einer Kamera viel besser. Und selbst wenn Sie offen operieren müssen, haben Sie heutzutage sicherlich neue, schonendere Methoden dafür? Dr. Kraft: Man weiß inzwischen viel mehr darüber, an welchen Stellen man ansetzen muss, um weniger Muskulatur zu durchtrennen, damit die Wunde besser heilt und auch ein besseres kosmetisches Ergebnis entsteht. Aber normalerweise versuchen wir offene Operationen nach Möglichkeit zu vermeiden. Heute wird ja immer öfter ambulant operiert: Das heißt, der Patient wird gleich nach dem Eingriff wieder nach Hause entlassen – wohl vor allem, um Kosten zu sparen. Aber jede Operation ist doch ein massiver Eingriff ins Körpergeschehen. Und zu Hause gibt es nun einmal weniger Sicherheit – keine professionelle Nachsorge, keine Kontrollmechanismen wie im Krankenhaus. Sind ambulante chirurgische Eingriffe wirklich so risikolos? Dr. Kraft: Nein, sicher nicht. Dass die Häufigkeit dieser Eingriffe zunimmt, liegt tatsächlich in erster Linie an dem Zwang zu sparen, weil ein Patient, der nicht im Krankenhaus übernachtet, die Krankenkasse natürlich weniger kostet. Andererseits können die Eingriffe heute schonender durchgeführt werden, wodurch ein ambulantes oder kurzstationäres Vorgehen überhaupt erst möglich wird. Aber es liegt klar auf der Hand, dass ein Patient, der ambulant operiert wird, eine höhere Eigenverantwortung hat und mehr selbst managen muss – auch im Hinblick auf die bei einem solchen Eingriff entstehenden Schmerzen –, weil er zu Hause eben keine fremde Hilfe hat. Man spricht in diesem Zusammenhang ja oft von der „blutigen Entlassung“. Ist da etwas Wahres dran? Dr. Kraft: In manchen überfüllten Krankenhäusern mag das tatsächlich der Fall sein. Andererseits werden Kliniken für ein schlechtes Management ja von den Zuweisern und Patienten abgestraft. Einer

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Faustregel zufolge braucht ein Krankenhaus für jede schlechte Tat mindestens hundert gute, um den Imageverlust wieder auszugleichen. Insofern liegt die Gefahr der „blutigen Entlassung“ natürlich in unserem System begründet, weil man eben mehr Geld spart oder verdient, wenn man die Patienten schneller entlässt; aber keine Klinik wird so etwas auf Kosten der Patientensicherheit praktizieren, schon allein deshalb, weil sie sich damit letzten Endes ins eigene Fleisch schneidet. Und in vielen Fällen lässt sich die Natur auch nicht unter Zeitdruck setzen. Beispielsweise bei einer Darmoperation: Da gibt es eben gewisse Vorgänge, die man nicht beschleunigen oder abkürzen kann. Wenn ich einem Patienten ein Stück Darm entferne und die zwei gesunden Enden wieder verheilen müssen, dann dauert das heute genauso lange wie früher, nämlich vier oder fünf Tage; und in dieser Zeit besteht das Risiko, dass der Darm nicht richtig zusammenheilt. Deshalb ist es sinnvoller, den Patienten während dieser Zeit im Krankenhaus zu überwachen. Im Gegensatz zu „Kassenpatienten“ haben privat Versicherte ja die Möglichkeit, sich vom Chefarzt operieren zu lassen. Das wird oft als eine Art Privileg empfunden, weil man stillschweigend davon ausgeht, dass der „Chef“ es besser kann. Ist das tatsächlich so? Ein Chefarzt kann ja schließlich nicht alle Operationen selbst ausführen; er hat auch Oberärzte und Assistenzärzte, die das Operieren erst mal lernen müssen. Dr. Kraft: Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben jedes Chefs, richtig zu delegieren, also zu wissen, wem er was zutrauen kann. In der Chirurgie gibt es (zumindest im Krankenhaus) ohnehin keine Eingriffe, bei denen einer alleine operiert; es ist immer ein Team von zwei, manchmal sogar drei Chirurgen am Werk. Also muss man als Chefarzt hier eben die richtigen Kombinationen und Konstellationen schaffen: Wenn ein junger Arzt noch lernen und üben muss, sollte er immer jemanden bei sich haben, der ihn anleitet und kontrolliert. Die Sicherheit des Patienten hat dabei oberste Priorität – man kann einen Assistenzarzt nicht an schwierige Fälle heranlassen. Das heißt, der Chef muss die schwierigen Fälle entweder selbst übernehmen oder andere Ärzte unter seiner Anleitung und Kontrolle operieren lassen. Diese Entscheidung ist sicherlich

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auch eine gewisse Kunst, die man im Lauf seiner beruflichen Karriere erlernt. Stichwort Sicherheit im OP: Theoretisch besteht ja auch die Gefahr, dass einem Patienten eine falsche Extremität oder ein falscher Lungenflügel entfernt wird. Aber heute gibt es sicherlich Checklisten – ähnlich wie in der Luftfahrt –, um solche Irrtümer zu vermeiden? Dr. Kraft: Das ist in der Tat so. Man überprüft heute alles doppelt und dreifach, vielleicht sogar vieroder fünffach, weil man noch viel mehr Angst vor solchen Fehlern und Verwechslungen hat als früher, als das ganze System noch weniger transparent und die Patienten weniger aufgeklärt waren. Medien und Krankenkassen kritisieren immer wieder, dass in Deutschland zu viel operiert wird. Wie kann man als Patient beurteilen, ob ein Eingriff verzichtbar ist? Dr. Kraft: Auch hier ist das Vertrauen zum Operateur das wichtigste Kriterium. Am besten ist es, wenn man den Chirurgen kennt oder zumindest so viel Vertrauen zu ihm hat, dass man sicher sein kann: Dieser Arzt würde mir nie einen Eingriff empfehlen, den er bei sich selbst oder seiner Frau oder Mutter nicht ebenfalls durchführen würde. Wenn es sich um einen Wahleingriff handelt, bei dem es keinen Zeitdruck gibt (also z. B. eine Hüft- oder Kniegelenkersatzoperation), ist es auch nicht schlecht, den Hausarzt als nächste Vertrauensperson zu fragen oder eine Zweitmeinung von einem anderen Chirurgen einzuholen. Sicherlich werden heutzutage unterm Strich immer wieder Operationen durchgeführt, auf die der Chirurg bei sich selbst eher verzichten würde. Das ist leider eine Begleiterscheinung unserer heutigen Zeit, dass man nicht mehr so viel behandelt, wie man muss, sondern so viel, wie man kann, weil es eben auch ökonomische Zwänge gibt. Wie findet man einen Operateur, zu dem man Vertrauen haben kann? Dr. Kraft: Zunächst einmal spielt hier die Mundpropaganda eine wichtige Rolle. Dieser gute Leumund, den man sich aufbaut – dass man von anderen Patienten, Freunden oder Verwandten hört: „Dort bin ich gut behandelt worden“ –, ist mir als Arzt sehr viel wert, denn nur so kann ich eine Ver-

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trauensbasis schaffen. Ein wichtiges Bindeglied in dieser Kette ist der Hausarzt, der normalerweise eine langjährige vertrauensvolle Beziehung zu seinem Patienten hat und als eine Art unbeteiligter Dritter am Rande steht: Der Hausarzt versteht einerseits genügend von der Materie, um ein sachkundiges Urteil zu fällen, hat aber andererseits kein finanzielles Interesse daran, dass eine unnötige Operation durchgeführt wird. Haben die Patienten eigentlich eher Angst vor der Narkose oder vor dem operativen Eingriff? Dr. Kraft: Ältere Menschen haben mehr Angst vor der Narkose. Diese Ängste rühren sicherlich noch aus früheren Zeiten her. Als ich vor 30 Jahren mit der Chirurgie anfing, hieß es: „Jede Narkose macht dich dümmer“ und „Man sollte sich nur höchstens alle drei Monate einer Narkose unterziehen.“ Heutzutage gilt beides nicht mehr, denn die Narkosen sind von ihren Nebenwirkungen her sehr viel weniger schädlich als früher. Das ist vor allem für die Bauchchirurgie ein großer Vorteil: Minimalinvasive Operationen verlangen stets eine Vollnarkose, weil wir dabei ja Gase in den Bauch einbringen; und dazu muss der ganze Bauchraum betäubt sein, sonst wäre es für den Patienten zu schmerzhaft. Wie reagieren Sie, wenn Sie im Gespräch mit einem Patienten merken, dass er schreckliche Angst vor dem Eingriff hat? Dr. Kraft: Es gibt Operationen, bei denen ich dem Patienten diese Angst nicht ohne weiteres nehmen kann, weil sie tatsächlich schwerwiegend sind. Das sind aber nur ganz wenige. Bei den anderen Eingriffen ist ganz einfach Mitgefühl vonseiten des Arztes gefragt: Man kann dem Patienten z. B. von Angehörigen erzählen, die eine ähnliche Operation hatten, oder darauf hinweisen, wie oft man diesen Eingriff schon durchgeführt hat und dass Erfahrungswerte zeigen: So schlimm ist das alles gar nicht. Diese Zeit für ein einfühlsames Vorgespräch mit dem Patienten sollte der Operateur sich schon nehmen. Bei schweren Eingriffen ist es sehr wichtig, dem Patienten klarzumachen, dass diese Operation sein muss – dass die Alternative (also gar nichts zu tun) sehr viel schlimmer wäre als ein operativer Eingriff.

Dr. med. Klaus Kraft, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum KirchheimNürtingen und am ParacelsusKrankenhaus Ruit Tel. Sekretariat: 07022 78-21100 E-Mail: k.kraft@kk-es.de Kreiskliniken Esslingen Klinik Nürtingen Auf dem Säer 1 72622 Nürtingen

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Sinnlose Sparmaßnahmen, Zielvereinbarungen, zu viele Operationen

Wie kann die Politik unser Gesundheitssystem in die richtige Richtung steuern? Unsere Medizin macht enorme Fortschritte – was einerseits begrüßenswert ist, auf der anderen Seite aber auch irgendwie finanziert werden muss. Und das bei einer immer älter werdenden Bevölkerung. Überall geht es ums liebe Geld: bei den kontraproduktiven Sparmaßnahmen mancher Krankenkassen ebenso wie in vielen Kliniken, in denen mehr operiert wird, als eigentlich notwendig ist. Wie kann die Politik hier steuernd und kontrollierend eingreifen? Werner Waldmann sprach mit Michael Hennrich (CDU), der als Mitglied des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag als Berichterstatter für den Bereich Arzneimittelversorgung zuständig ist. Sparen muss sein; aber oft scheinen die Sparmaßnahmen der Kostenträger geradezu absurde Formen anzunehmen. Bei der Ausschreibung von Inkontinenzartikeln zum Beispiel erhalten fast immer Billigfirmen den Zuschlag; und wenn die Patienten dann mit schlechten Inkontinenzunterlagen versorgt werden, entwickeln sie Druckstellen und müssen ins Krankenhaus, was am Ende noch mehr Geld kostet. Eine ähnliche Katastrophe sind die Ausschreibungspraktiken im Bereich der Versorgung von Schlafapnoe-Patienten mit Atemtherapiegeräten: Auch da kommen meist ganz billige Versorgerfirmen zum Zug, und die Patienten erhalten statt ihrer bisherigen Atemtherapiegeräte, an die sie gewöhnt sind, dann andere Geräte, mit denen sie nicht zurechtkommen, sodass ihre Therapie gefährdet ist … Ausschreibungen sind politisch gewollt und eigentlich auch eine ganz gute Idee – aber doch nur, wenn man mit diesem Einsparinstrument auch vernünftig umgeht! Michael Hennrich: Richtig. Grundsätzlich sind Ausschreibungen und auch Rabattverträge ein sinnvolles Instrument, um vorhandenes Einsparpotenzial so zu nutzen, dass es den Krankenkassen zugutekommt, und um eine nachhaltige Finanzierung unseres Gesundheitssystems sicherzustellen. Aber leider stoßen wir hier auch immer wieder auf Grenzbereiche. Bei den Ausschreibungen und Rabattverträgen hat es in letzter Zeit tatsächlich einige ungute Entwicklungen gegeben, und wir haben diesbezüglich auch schon Gespräche mit den Krankenkassen geführt. Es darf nicht sein, dass die Kassen Geld für Apple Watches, Fitnessbändchen und andere schicke GesundheitsApps ausgeben und auf der anderen Seite an Patienten sparen, die wirklich dringend auf eine gute Versorgung angewiesen

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sind. In dieser Hinsicht sind wir zurzeit in der Politik sehr aufmerksam und stehen auch in einem intensiven Dialog mit den Kassen. Wir hoffen, dass sich das von selbst reguliert – falls nicht, müssen wir hier gesetzgeberisch eingreifen. Was für konkrete Möglichkeiten hat die Politik denn eigentlich, den Krankenkassen auf die Finger zu schauen? Michael Hennrich: Wir als Bundespolitiker sind keine unmittelbare Kontrollinstanz; dafür sind eher die Länder, die Landesministerien, das Bundesversicherungsamt und der Bundesrechnungshof zuständig. In jüngster Zeit hat es ja auch immer wieder kritische Worte vom Bundesversicherungsamt an die Adresse der Krankenkassen wegen verschiedener Fehlentwicklungen gegeben. Und natürlich gestalten wir auch unsere Gesetze in Berlin so, dass die Kassen in ihrem Handeln nicht vollkommen frei sind. Es gibt also schon verschiedene politische Kontrollinstrumente. Und wir führen auch viele Einzelgespräche mit Kostenträgern, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Die Kosten im Gesundheitswesen steigen ständig: nicht nur bei den Medikamenten, sondern auch bei den ärztlichen Dienstleistungen. Das liegt sicher nicht nur daran, dass sich die Medizin in rasantem Tempo weiterentwickelt, sondern auch daran, dass die Menschen immer älter werden und ihre chronischen Erkrankungen, an denen sie früher gestorben sind, jetzt mit ins Alter nehmen. Wird das alles irgendwann womöglich nicht mehr finanzierbar sein? Wird man vielleicht auch in Deutschland früher oder später

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medizinische Leistungen rationieren müssen, so wie es in manchen anderen Ländern der Fall ist? Michael Hennrich: Unser Gesundheitssystem ist schon noch sehr gut finanziert. Die Krankenkassen haben hohe Rücklagen; wir stehen auf einem guten, gesunden Fundament. Trotzdem ist es angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts wichtig, den Faktor Kosten und Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems stets im Blick zu behalten. Da gibt es im Grunde nur vier Steuerungsinstrumente: Wir können die Beitragssätze erhöhen, wir können Einsparungen bei den Leistungserbringern (also Ärzten und Krankenhäusern) vornehmen, wir können rationieren oder Effizienzreserven heben. Die Nutzung von Effizienzreserven ist uns im Arzneimittelsektor in der letzten Legislaturperiode meines Erachtens mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) und den Rabattverträgen sehr gut gelungen. Letzten Endes wird immer ein Mix verschiedener Einsparmaßnahmen zum Einsatz kommen. Warnen möchte ich jedoch vor einer Rationierung in dem Sinn, dass bestimmte Altersgruppen in bestimmten Bereichen keine medizinische Versorgung mehr erhalten. Das sollte in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem nicht der Fall sein. Wie sehen Sie die Zukunft unseres Gesundheitswesens? Michael Hennrich: Zurzeit herrscht in unserem Gesundheitssystem eine sehr positive Dynamik. Wir haben eine gute und solide Finanzierung und einen unglaublichen medizinischen Fortschritt in vielen Bereichen: zum Beispiel in der Onkologie und auch in der Behandlung der Hepatitis C, wo nun erstmals eine Krankheit geheilt werden kann, von der sehr viele Menschen betroffen sind. Natürlich gibt es auch immer wieder Fehlentwicklungen, bei denen die Politik korrigierend eingreifen muss. Das Gesundheitssystem ist ein lernendes System, bei dem man permanent nachjustieren muss. Aber ich bin trotzdem optimistisch, was die Zukunft angeht – einfach deshalb, weil wir uns in den letzten Jahren aufgrund der guten finanziellen Lage der Krankenkassen intensiv mit der Frage auseinandersetzen konnten, wie sich die medizinische Versorgung optimieren lässt. Was halten Sie von der Telemedizin? Michael Hennrich: Das ist eine sehr sinnvolle Entwicklung, die sowohl die Versorgung optimiert als auch Effizienzreserven hebt. Bei allen Chancen, die die Telemedizin bietet, müssen wir uns aber auch bewusst machen, dass das Thema Datensicherheit und Datenmanagement in diesem Zusammenhang noch einer Klärung bedarf. Wem gehören die Daten, wer darf sie nutzen? Das ist eine der großen Herausforderungen, vor denen wir bei der Telemedizin stehen. Aber meines Erachtens handelt es

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sich dabei um eine Entwicklung, die sich nicht mehr aufhalten lässt und die wir auch nicht aufhalten wollen; sondern wir müssen schauen, dass wir das damit verbundene Potenzial möglichst effektiv nutzen. Wird in Deutschland zu viel operiert? Diese Kritik hört man von den Krankenkassen und in den Medien immer wieder. Andererseits werden Krankengymnastik und manuelle Therapie – Behandlungsmaßnahmen, die z. B. bei Rückenschmerzen oft viel sinnvoller sind als eine Bandscheibenoperation – von den Kassen nur in eingeschränktem Maß bezahlt. Michael Hennrich: Operationen sind tatsächlich einer der Bereiche in unserem Gesundheitswesen, wo es Fehlentwicklungen gab. Ich kenne Fälle aus meinem persönlichen Umfeld, in denen man Patienten zu einer OP riet und sich dann herausgestellt hat, dass der Griff zum Skalpell – entgegen dem ärztlichen Rat – nicht notwendig war. Aber der Patient selbst ist leider oft nicht in der Lage, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob eine Operation erforderlich ist oder nicht. Dieses Problem versuchen wir über das Zweitmeinungsverfahren zu lösen. Das halten wir für einen konstruktiven Lösungsweg: dass ein Patient sich nochmals bei einem zweiten Arzt absichern kann, ob eine Operation auch wirklich notwendig ist – und dass die Kosten für die Einholung dieser Zweitmeinung von den Krankenkassen übernommen werden. Eine weitere Fehlentwicklung sind sicherlich auch die Zielvereinbarungen zwischen der Geschäftsleitung einer Klinik und den Chefärzten. Dadurch werden die Ärzte unter Druck gesetzt, oder es werden zumindest falsche Anreize geschaffen, um bestimmte Eingriffe – beispielsweise Operationen oder Herzkatheteruntersuchungen – auch dann durchzuführen, wenn sie nicht unbedingt notwendig sind. Michael Hennrich: Das ist richtig. Solche Zielvereinbarungen haben wir im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes und des Krankenhausstrukturreformgesetzes auch bereits ausdrücklich untersagt, und wir haben in dieser Richtung auch noch die eine oder andere Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen vor.

Michael Hennrich, MdB Platz der Republik 1 11011 Berlin Tel.: 030 227-75330 Fax: 030 227-76091 E-Mail: michael.hennrich@ bundestag.de

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Cannabis als Schmerzmittel Cannabis ist die wissenschaftliche Bezeichnung für die Pflanzengatverstehen darunter vor allem ein Rauschmittel, das aus den Blüten nen und auch Marihuana oder Haschisch genannt wird. Cannabis bungsmittelgesetz, das Anbau, Besitz, Kauf und Verkauf von Can-produkten verbietet. Ärzte jedoch können – etwa bei chronischen schreiben, die aus Inhaltsstoffen der Cannabispflanze setzung: Alle anderen möglichen Behandlungsbereits ohne ausreichenden Therapieerfolg ausNebenwirkungen waren für den Patienten unzu-

tung Hanf, doch die meisten Menschen weiblicher Cannabispflanzen gewonfällt in Deutschland unter das Betäunabispflanzen, Pflanzenteilen und Schmerzen – Arzneimittel verhergestellt wurden. Vorausformen wurden entweder probiert oder ihre mutbar. Simone Harland

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aneben ist es möglich, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis für den legalen Erwerb von Cannabis zu medizinischen Zwecken zu stellen. Diese Erlaubnis, etwa Cannabisblüten in der Apotheke zu erstehen, wird jedoch nur unter strengen Bedingungen erteilt. Anfang 2015 konnten rd. 400 Patienten in Deutschland (davon 62 in Baden-Württemberg) Cannabis legal als Schmerzmittel verwenden, mussten es aber in der Regel selbst bezahlen, da es nicht als Arzneimittel zugelassen ist und die Krankenkassen aus diesem Grund nicht zur Kostenübernahme verpflichtet sind. Nur für die Behandlung von Spastiken bei multipler Sklerose, die auf andere Behandlungen nicht ansprechen, gab es ein Cannabis-Medikament, dessen Kosten die Krankenkassen bei entsprechender Indikation tragen. Die Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD plante aber eine Gesetzesänderung, die es schwerkranken Patienten voraussichtlich 2016 ermöglichen soll, Cannabis auf Rezept zu erhalten. Damit müssten auch die Krankenkassen die Produkte bezahlen. Bislang können sich nicht alle Patienten, für die Cannabis als Medikament unter Umständen sinnvoll wäre, die Kosten von rd. 300 bis 400 Euro monatlich leisten.

Mögliche Einsatzbereiche Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien ergab, dass Cannabis (bzw. die als Cannabinoide bezeichneten Inhaltsstoffe) eine schmerzlindernde Wirkung hat. Allerdings wirkt Cannabis in erster Linie bei länger bestehenden, chronischen Schmerzen – hingegen nicht oder kaum bei akuten Schmerzen. So kam z. B. eine 2010 in der Fachzeitschrift Journal of Pain and Symptom Management erschienene Studie zu dem Schluss, dass ein Extrakt aus Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol bei Patienten mit Krebs im fortgeschrittenen Stadium Schmerzen linderte, die durch starke Opioide wie Mor-

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phium nicht völlig unter Kontrolle gebracht werden konnten. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass die Gabe von Cannabis bei neuro p a t h i schen Schmerzen (Schmerzen, die aufgrund von Nervenschädigungen bzw. Nervenproblemen entstehen) und Schmerzen bei multipler Sklerose sinnvoll sein kann. Auch bei neuropathischen Schmerzen infolge einer Infektion mit dem HI-Virus war Cannabis wirksam. Zudem legen Studien nahe, dass Cannabis bei rheumatischen Schmerzen, bei Schmerzen infolge chronischer Darmentzündungen oder Fibromyalgie helfen kann.

Vorteile, Nachteile Obwohl viele Mediziner Cannabis als vorteilhaft für die Schmerztherapie beurteilen, weil andere Mittel oft schlechter vertragen und weniger wirksam sind, warnen sie in der Regel zugleich davor, den Gebrauch von Cannabis zu verharmlosen. Denn zu den möglichen Nebenwirkungen zählen u. a. Psychosen, Depressionen und Ängste, zudem besitze Cannabis Suchtpotenzial und könne bei unkontrolliertem Gebrauch Herz-Kreislauf-Probleme verursachen. Sowohl Befürworter als auch Gegner der medizinischen Nutzung von Cannabis geben zu bedenken, dass Cannabis nur dann sicher als Medikament verwendet werden kann, wenn der Wirkstoffgehalt bekannt ist. Denn insbesondere der THC-Gehalt, also die Menge des Cannabinoids, das in erster Linie für den Rausch beim Cannabiskonsum zuständig ist, kann sich von Pflanze zu Pflanze unterscheiden. Daher forderte der Deutsche Apothekertag im Oktober 2015, dass bei einer Zulassung von Cannabis als Medikament für schwerkranke Patienten stets dessen pharmazeutische Qualität sichergestellt sein müsse.

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Termine 11. November 2015

10.00 Uhr

Osteoporose im Alter PD Dr. med. Kilian Rapp (Robert-Bosch-Krankenhaus) Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch bei Männern nimmt die Knochendichte im Laufe ihres Lebens ab. Von einer Osteoporose spricht man dann, wenn die Knochendichte so gering ist, dass sich die Gefahr von Knochenbrüchen deutlich erhöht. Schon banale Stürze können dann zu Knochenbrüchen führen. Der Vortrag gibt einen Einblick, wer besonders gefährdet ist, eine Osteoporose zu entwickeln. Zudem wird auf Möglichkeiten der Vorbeugung, Diagnostik und Therapie eingegangen. TREFFPUNKT Rotebühlplatz Rotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart

11. November 2015

20.00 Uhr

Herz in Gefahr – Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Dr. med. Thomas Nordt (Klinik für Herz- und Gefäßkrankheiten, Klinikum Stuttgart) Ein Herzinfarkt kommt nicht aus heiterem Himmel. Rauchen, wenig Bewegung, falsche Ernährung – der Körper verzeiht viel, aber nicht alles. Der Druck auf der Brust, das Stolpern des Herzens, die Atemnot, das könnte auf Engpässe an den Herzkranzgefäßen hinweisen. Das Herz ist dann in Gefahr, wenn nicht rasch eingegriffen wird. Eine Veranstaltung im Rahmen der Deutschen Herzwochen. TREFFPUNKT Rotebühlplatz Rotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart

wollen die Veranstalter die Patienten an diesen Erkenntnissen teilhaben lassen. Es soll dabei aber nicht nur um die Therapie, sondern auch um die Risiken und Spätfolgen der Behandlung gehen. Universitätsklinikum Tübingen Großer Hörsaal der Medizinischen Klinik Otfried-Müller-Straße 10; 72076 Tübingen

23. November 2015

9. Dezember 2015

16.00 – 20.00 Uhr

9. Stuttgarter Arthrosetag Klinikum Stuttgart – Krankenhaus Bad Cannstatt Casino Prießnitzweg 24; 70374 Stuttgart

20. November 2015

16.00 – 18.30 Uhr

1. Patiententag Maligne Lymphome Auf dem Gebiet der malignen Lymphome gibt es erhebliche Fortschritte. So wurden mehrere neue Medikamente für die CLL, das Mantelzelllymphom, das follikuläre Lymphom, den Morbus Waldenström, T-Zell-Lymphome und das HodgkinLymphom zugelassen. Mit dem ersten Tübinger Lymphomtag

10.00 – 12.00 Uhr

Operieren oder Trainieren? Arthrose in den Gelenken Dr. med. Joachim Herre (Diakonie-Klinikum Paulinenhilfe) und Dr. med. Clemens Becker (Robert-Bosch-Krankenhaus) Der Vortrag befasst sich mit aktuellen Trends und Entwicklungen der Endoprothetik des Hüft- und Kniegelenks. Immerhin werden in Deutschland pro Jahr 400 000 künstliche Hüft- und Kniegelenke implantiert. Es werden verschiedene Möglichkeiten der operativen Versorgung und vor allem die Entscheidungsfindung zur einen oder anderen Operation am Hüftund Kniegelenk beleuchtet. TREFFPUNKT Rotebühlplatz Rotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart

20. Januar 2016 12. November 2015

19.00 Uhr

Krebs: Schicksal oder selbstverschuldete Erkrankung? Prof. Dr. Lothar Kanz Altes Rathaus Esslingen, Schickhardthalle Rathausplatz 73728 Esslingen am Neckar

20.00 Uhr

Alltagsstress – Bewegt entspannen Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Dr. phil. Norbert Fessler (PH Karlsruhe) Stress gehört für die meisten von uns zum Alltag. Dann sind die Schultern verspannt, der Rücken schmerzt und innerlich kommt man kaum mehr zur Ruhe. Auf dem Sofa liegend wird man keine Entspannung finden. Besser wirkt ein von Prof. Fessler entwickeltes Übungsprogramm „entspannt bewegen – bewegt entspannen“, bekannt auch als das Karlsruher Entspannungstraining (KET). TREFFPUNKT Rotebühlplatz Rotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart


Foto: © pixabay.com

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