Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG
Nr. 2 2017
Der Darm und seine Bakterien Problem: Gallensteine Wunderwerk der Natur: Unsere Füße Wenn die Seele krank wird
1. Juli 2
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Stuttga rter Herztag
6. Jahrgang www.kompass-gesundheit-bw.de
In Zusammenarbeit mit der
AOK – Die Gesundheitskasse Neckar-Fils
/16 · Foto: peterheck.de
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Damit sich Ärzte noch besser um m Sie kümmern.
editorial Liebe Leserin, lieber Leser, wahrscheinlich war Ihnen noch nicht bewusst, dass wir über ein zweites Gehirn im Körper verfügen, das Darm-Gehirn. Es ist ähnlich strukturiert wie das Gehirn im Kopf, doch es waltet weitgehend unbemerkt als Schaltzentrale mit einem komplexen Nervengeflecht. Es agiert unabhängig vom Gehirn, und es kann krank machen. Die Darmbakterien haben drastische Auswirkungen auf unsere physische und psychische Gesundheit. Sie beeinflussen unseren Appetit und unsere Essensvorlieben, sogar unsere Psyche und unser Gehirn. Ist das Gleichgewicht einer gesunden Darmflora gestört, können verschiedenste körperliche und psychische Probleme entstehen – von Übergewicht und Diabetes über chronischentzündliche Darmerkrankungen bis hin zum Autismus. Auf chronische-entzündliche Darmerkrankungen – Morbus Crohn und Colitis ulcerosa – gehen wir in einem Beitrag gesondert ein. Dass Gallensteine keinesfalls harmlos sein können, berichtet der Viszeralchirurg Prof. Michael Schäffer vom Stuttgarter Marienhospital. Unsere Füße sind ein Wunderwerk der Natur. Ein weiterer Schwerpunkt ist den Füßen gewidmet. Welche Alarmzeichen gibt es, um Problemfüße zu erkennen und wie kann man Probleme vermeiden? Der Fußspezialist Dr. Michael Gabel, Chef des Stuttgarter Fußzentrums in der Klinik Sana-Bethesda erläutert, wie kranken Füßen geholfen werden kann. Doch auch die Seele kann leiden und manchen sogar in den Suizid treiben. Psychische Leiden lassen sich jedoch ebenso erfolgreich behandelt wie körperliche Störungen. Prof. Christian Jacob, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der medius KLINIK KIRCHHEIM, berichtet darüber und macht Mut. Nachdem der 1. Stuttgarter Herztag vergangenes Jahr ein großer Erfolg war, bereiten wir nun den 2. Stuttgarter Herztag vor. Er findet am 1. Juli statt, zentral in Stuttgart im Treffpunkt Rotebühlplatz unter der Schirmherrschaft der Deutschen Herzstiftung. Wir freuen uns auf Sie! Um Ihnen allen einen guten Platz reservieren zu können, melden Sie sich bitte an. Die Teilnahme ist wieder kostenlos. Übrigens wundert mich als Kardiologen das große Interesse am Thema Herz nicht: Was ein gesundes Herz für unsere Lebensqualität bedeutet, ist heute den meisten Zeitgenossen sonnenklar.
Prof. Dr. med. Matthias Leschke, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Klinikum Esslingen
Eine interessante Lektüre wünsche ich Ihnen und ich freue mich, Sie auf unserem Herztag zu begrüßen,
Ihr Matthias Leschke
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ZAR Stuttgart & Bad Cannstatt Zentren für ambulante Rehabilitation
Impressum Kompass Gesundheit – Das Magazin für Baden-Württemberg Herausgeber: Dr. Magda Antonic Redaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.) Botschafter: Dr. med. Suso Lederle Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Tilo Andus, Prof. Dr. med. Walter-Erich Aulitzky, Dr. med. Carl-Ludwig v. Ballestrem, Prof. Dr. med. Hansjörg Bäzner, Prof. Dr. med. Gerd Becker, Dr. med. Wolfgang Bosch, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Dr. med. Ernst Bühler, Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger, Dipl.-Psych. Sabine Eller, Prof. Dr. med. Ulrich Franke, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Rainer Graneis, Dr. med. Christian Hayd, Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Bodo Klump, Prof. Dr. med. Monika Kellerer, Prof. Dr. med. Alfred Königsrainer, Dr. med. Klaus Kraft, Prof. Dr. med. Matthias Leschke, Prof. Dr. med. Ulrich Liener, Prof. Dr. med. Alfred Lindner, Prof. Dr. med. Ralf Lobmann, Dr. Tobias Meile, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Prof. Dr. med. Thomas Nordt, Dr. med. Jürgen Nothwang, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Dr. med. Martin Runge, Dr. med. Nobert Smetak, Dr. med. Wolfgang Sperber, Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Prof. Dr. med. Thomas Strowitzki, Dr. med. Bernd Voggenreiter, Holger Woehrle, Dr. med. Sieglind Zehnle
Ambulante Reha-Tageskliniken für
Orthopädie Kardiologie Onkologie
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Gesundheitspolitik: Markus Grübel (MdB), Michael Hennrich (MdB) Redaktion: Dr. J. Roxanne Dossak, Andrew Leslie, Ursula Pieper, Marion Zerbst Art Direction: Dr. Magda Antonic Herstellung: Barbara Schüler Druck: Wahl-Druck GmbH
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ISSN 2194-5438
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Nanz medico
inhalt Darmbakterien: Wie unser zweites Gehirn uns gesund oder krank machen kann
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Antibiotika: Gehen wir zu sorglos damit um?
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Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Neues für CED-Patienten
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Gallensteine: Wenn Steine das Leben kosten können
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Panikattacken, Angststörungen, Depressionen: Auch die Seele kann krank werden
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Eine simple Fitness-Therapie: Gesund mit Wanderschuh und Rucksack
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Ihr Hausarzt meint
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Gesunde Füße: Darauf stehen wir!
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Das Gesundheitsgespräch mit Johannes Bauernfeind: REHA – Trotz Krankheit wieder fit für den Alltag
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Leben braucht Luft
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Diabetes stoppen! Mit Präzisionsstoffwechselmedikamenten gegen Diabetes
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Frauen herzgefährdeter als Männer! Frauenherzen schlagen anders!
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Rubriken Impressum 4 | Aboformular 41 | Kolumne Dr. Lederle 42 | Veranstaltungen 42 |
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Darmbakterien:
Wie unser zweites Gehirn uns gesund oder krank machen kann 6
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Wir sind in unserem Körper nicht allein, sondern von unzähligen Kleinstlebewesen besiedelt, die drastische Auswirkungen auf unsere physische und psychische Gesundheit haben: den Darmbakterien. Diese kleinen Gäste beeinflussen unseren Appetit und unsere Essensvorlieben, ja sogar unsere Psyche und unser Gehirn. Nicht umsonst bezeichnet man die Darmflora auch als „zweites Gehirn“ oder „Bauchhirn“. Wenn das harmonische Gleichgewicht einer normalen, gesunden Darmflora gestört wird, können verschiedenste körperliche und psychische Probleme entstehen – von Übergewicht und Diabetes über chronischentzündliche Darmerkrankungen bis hin zum Autismus. Marion Zerbst ie Darmbakterien leben mit uns in einer Art Symbiose zusammen und ernähren sich von dem, was sie in unserem Darm so alles finden. Nicht alle Darmbakterien sind uns wohlgesonnen: Es gibt „gute“ und „schlechte“ Bakterien. Die guten Darmbakterien sorgen für eine reibungslose Verdauung und helfen uns, schlank und gesund zu bleiben. Die schlechten dagegen ernähren sich von Stoffen, die – im Übermaß konsumiert – eher ungesund für uns sind, wie beispielsweise Zucker oder Fette. Als Nebenprodukte ihrer Verdauung erzeugen sie Substanzen, die uns auf biochemischem Weg dazu verleiten, immer mehr Zucker und Fett in uns hineinzustopfen.
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Von Mäusen und Menschen Dass gesundheitliche Probleme wie Übergewicht und Typ-2-Diabetes unter anderem auch von der Zusammensetzung der Darmflora abhängig sind, vermuten Wissenschaftler schon seit längerem; und in letzter Zeit häufen sich die Beweise für diese Hypothese. Tierversuche und Fallberichte zeigen zum Beispiel, dass es offenbar eine für Fettleibigkeit typische Darmflora gibt. In einer Studie transplantierten Wissenschaftler Mäusen, die in einer vollkommen sterilen Umgebung aufgezogen und gehalten wurden und daher keine Darmflora besaßen, die Darmbakterien einer von zwei Zwillingsmäusen, die sich nur in einem einzigen Merkmal voneinander unterschieden: Die eine Maus war übergewichtig, während das andere Zwillingsmäuschen Normalgewicht hatte. Diejenigen Mäuse, denen die Darmflora des übergewichtigen Nagetiers transplantiert wurde, nahmen daraufhin zu. Auch ihre Gesamtfettmasse erhöhte sich. Die Mäuse, welche die Darmbakterien der schlanken Zwillingsmaus erhalten hatten, blieben hingegen normalgewichtig. Und das gilt leider nicht nur für Mäuse, sondern auch für Menschen. Eine Frau litt an einer hartnä-
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ckigen, schweren Clostridium difficile-Darminfektion. Diese Bakterien können, wenn die Darmflora nach längerer Antibiotika-Einnahme gestört ist, eine Darmentzündung mit schweren Durchfällen, Übelkeit, Bauchschmerzen und Fieber verursachen. Zunächst versuchten die Ärzte die Clostridien-Infektion der Patientin medikamentös zu behandeln. Als das nicht gelang, probierten sie es mit einer neuartigen Behandlungsmethode: der Stuhltransplantation. Dabei überträgt man dem Patienten entweder Stuhl oder aus dem Stuhl gewonnene Bakterien eines gesunden Spenders. Zu diesem Zweck wird der Spenderstuhl verflüssigt, gefiltert und dem Patienten über ein Koloskop oder eine Zwölffingerdarmsonde zugeführt. Ziel dieser Therapiemaßnahme ist es, die Darmflora des Patienten wieder zu normalisieren, sodass er die Infektion leichter überwinden kann. Als Stuhlspenderin wurde die Tochter der Patientin ausgewählt. Tatsächlich ließ sich die Infektion dadurch ausheilen, die Durchfälle verschwanden. Doch knapp anderthalb Jahre später kam die Patientin wieder in die Arztpraxis und klagte darüber, dass sie innerhalb dieser relativ kurzen Zeit 16 Kilo zugenommen hatte: Sie wog jetzt 85 Kilo und war somit (mit einem Body-Mass-Index von 33) als krankhaft übergewichtig einzustufen. Obwohl die Frau sich einer ärztlich überwachten Gewichtsreduktionsdiät unterzog, gelang es ihr nicht, wieder abzunehmen. Sie legte sogar noch weiter zu: Drei Jahre nach der Stuhltransplantation wog sie fast 90 Kilo; außerdem waren bei ihr inzwischen Verstopfung und andere Verdauungsstörungen aufgetreten, die sie zuvor nie gehabt hatte. Vor der Stuhltransplantation hatte die Patientin stets konstant 68 Kilo gewogen. An ihrem Ess- und Bewegungsverhalten hatte sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Des Rätsels Lösung: Die Tochter, die der Patientin den Stuhl gespendet hatte, war übergewichtig!
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Offenbar kann man dem Empfänger bei einer Stuhltransplantation also zusammen mit der Darmflora des Spenders auch dessen Ăœbergewicht und mĂśglicherweise sogar bestimmte Verdauungsprobleme Ăźbertragen.
Der Feind in unserem Darm Um uns zum Verzehr der Nährstoffe zu veranlassen, von denen sie leben, bedienen unsere cleveren kleinen Gäste sich gleich mehrerer raffinierter Strategien: í˘ą Sie wecken in uns einen groĂ&#x;en Appetit oder gar HeiĂ&#x;hunger auf diese Nahrungsmittel. Dadurch nehmen wir zu. Immer wieder wird Ăźbergewichtigen Menschen vorgeworfen, sie seien „zu willensschwach“ und kĂśnnten sich nicht „am Riemen reiĂ&#x;en“ – wahrscheinlich eine bittere Ungerechtigkeit. Denn viele Darmbakterien kĂśnnen Peptide (chemische Verbindungen aus Aminosäuren) bilden, die täuschende Ă„hnlichkeit mit unseren Hunger- und Sättigungshormonen Ghrelin und Leptin haben. In Wirklichkeit sind wir also vielleicht gar nicht „Herr im eigenen Haus“, sondern nur willenlose Sklaven unserer Darmbakterien? Immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass an dieser Hypothese tatsächlich etwas dran sein kĂśnnte. í˘˛ Darmbakterien kĂśnnen sogar unsere Stimmung und unser Verhalten beeinflussen, da sie dieselben Neurotransmitter (Nervenbotenstoffe) herstellen wie unser eigener KĂśrper: Ăœber 50 % des Botenstoffs Dopamin in unserem KĂśrper stammen nicht aus dem Gehirn, sondern werden von bestimmten Darmbakterien gebildet. Dopamin weckt GlĂźcksgefĂźhle und wird beispielsweise nach einem guten Essen oder nach dem Sex, aber auch nach Drogenkonsum ausgeschĂźttet. Deshalb bezeichnet man es auch als GlĂźcks- und Suchthormon. Wieder andere Darmbakterien erzeugen den entspannend und antidepressiv wirkenden Neurotransmitter Serotonin. So kĂśnnen die kleinen Tyrannen in unserem Darm uns mĂźhelos manipulieren, indem sie uns immer dann, wenn wir etwas gegessen haben, was ihnen guttut, mit einer vermehrten AusschĂźttung glĂźckserzeugender Botenstoffe belohnen. Sogar bestimmte Rezeptoren in unserem KĂśrper kĂśnnen sich unter der Einwirkung von Darmbakterien verändern: Eine Studie hat zum Beispiel ge-
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zeigt, dass keimfreie Mäuse andere Geschmacksrezeptoren fßr Fett an der Zunge haben als Mäuse mit intakter Darmflora.
Ausscheidungen von Darmbakterien schĂźtzen unser Gehirn Da unsere Darmbakterien dieselben Botenstoffe bilden kĂśnnen, die vom Gehirn ausgeschĂźttet werden, spricht man in diesem Zusammenhang oft auch von unserem „Darmhirn“. DarĂźber hinaus kommuniziert der Darm Ăźber Nervenzellen aber auch direkt mit unserem Gehirn: Ăœber einen groĂ&#x;en Hirnnerv (den Nervus vagus) stehen die Nerven in unserem Darm eng mit dem Nervensystem im Gehirn in Verbindung. Wie wichtig diese Kommunikation ist, zeigt ein weiterer Versuch mit Mäusen: Blockiert man bei diesen Nagetieren den Vagusnerv, so nehmen sie stark ab und haben plĂśtzlich keinen Appetit mehr. Wieder andere Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Darmbakterien Botenstoffe herstellen, die den Vagusnerv aktivieren und auf diese Weise eine vermehrte Esslust auslĂśsen. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass unsere Darmflora nicht nur auf unseren KĂśrper, sondern auch auf unser Gehirn und unsere Psyche nachhaltige Auswirkungen haben kann. Ohne gesunden Darm kein gesundes Gehirn! Was auf den ersten Blick plakativ und kaum glaubhaft klingt, scheint, wie neueste Untersuchungen zeigen, tatsächlich der Wahrheit zu entsprechen. So kann eine gesunde Darmflora unser Gehirn beispielsweise vor EntzĂźndungen schĂźtzen und fĂźr die Entsorgung schädlicher Zellabfälle sorgen. Das hat eine Gruppe von Neurowissenschaftlern vom Universitätsklinikum Freiburg vor zwei Jahren festgestellt. Die Forscher untersuchten keimfreie Mäuse und stellten fest, dass die fehlende Darmflora sich bei diesen Tieren auch auf das Gehirn ausgewirkt hatte: Ihre Mikroglia (Fresszellen, die Krankheitskeime und abgestorbene Nervenzellen aus dem Gehirn beseitigen) waren unreif und verkĂźmmert. Auch bei Mäusen, deren Darmbakterien die Wissenschaftler durch eine vierwĂśchige Antibiotika-Therapie abgetĂśtet hatten, funktionierte das Immunsystem des Gehirns nicht mehr so gut. Baute man bei diesen Nagetieren die Darmflora wieder auf, so gesundeten auch ihre Mikroglia-Zellen. Wie kann das sein? Die Forscher stellten fest, dass die Funktion der Mikroglia durch Abbaupro-
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Nervenverbindung zum Gehirn
Blutgefäße
Darmwand
Längsmuskulatur
Ringmuskulatur Speisebrocken im Darm werden durch mechanische und chemische Sensoren registriert. Das Nervengeflecht leitet diese Impulse weiter.
Die Schleimhaut (Mukosa) beinhaltet feinste Blutgefäße, die Nährstoffe aus dem Speisebrei aufnehmen. Darmlumen Lymphgefäß
dukte gesteuert wird, die entstehen, wenn die Darmbakterien ihre Nahrung (z. B. Ballaststoffe oder Milchprodukte) verdauen: Diese kurzkettigen Fettsäuren, die über das Blut ins Gehirn gelangen, sind für eine gesunde Hirnfunktion sehr wichtig. „Je größer die Vielfalt der Darmbakterien war, desto besser entwickelten sich auch die Mikroglia“, erklärt Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, und kommt zu dem Fazit, dass eine gesunde Ernährung für eine gute Gehirnfunktion sehr wichtig ist: Immerhin spielen fehlgesteuerte Mikroglia-Zellen gleich bei mehreren Hirnerkrankungen eine Rolle.
Ihr Chef ist ein A........? Vielleicht hat er einfach nur die falschen Darmbakterien! Nicht nur unser Essverhalten, sondern auch unsere Stimmung – ja möglicherweise sogar das,
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was wir als unseren „Charakter“ bezeichnen – könnte dem Einfluss von Darmbakterien unterliegen. Auch hierzu gibt es Untersuchungen und Erfahrungsberichte, so weiß man zum Beispiel, dass das Verhalten von Mäusen sich verändert, wenn man ihnen per Stuhltransplantation eine neue Darmflora „einpflanzt“. Dadurch veränderte sich in dieser Studie nicht nur die Darmflora, sondern auch der Charakter der Tiere: Erhielten neugierige Mäuse die Darmbakterien von ängstlicheren Nagern, so wurden sie ebenfalls vorsichtiger und ängstlicher. Die zaghaften Mäuse, denen man die Darmflora von unternehmungslustigeren Tieren transplantierte, wurden hingegen mutiger und verkrochen sich nicht mehr ängstlich in irgendeiner dunklen Ecke ihres Geheges, sondern erkundeten ihre Umgebung voller Neugier. Die amerikanische Neurologin Dr. Kulreet Chaudhary berichtet von einem Unternehmens-
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chef, der sich wegen seiner Konzentrationsstörungen als Patient in ihrer Praxis vorstellte: Dieser Mann war sehr aggressiv und konkurrenzorientiert, was ihm offenbar auch bewusst war, denn er bezeichnete sich selbst als A........ . „Vielleicht liegt es ja auch einfach nur an Ihrer Verdauung“, tröstete die Ärztin und verordnete ihm ein Behandlungsprogramm zur Umstellung seiner Darmflora. Und tatsächlich hatten die Konzentrationsstörungen und das Verhalten dieses Vorgesetzten sich sehr gebessert, als er etliche Wochen später wieder in ihre Praxis kam: Er war geduldiger und ließ sich nicht mehr so leicht „auf die Palme“ bringen.
Autismus: Ist der Darm schuld? Inzwischen weiß man, dass ziemlich viele Erkrankungen mit einer veränderten Darmflora einhergehen – und das sind interessanterweise nicht nur Verdauungsprobleme, sondern auch ernsthafte neurologische Störungen wie beispielsweise Autismus. Die älteren Semester unter uns erinnern sich vielleicht noch an den herzergreifenden Film „Rain Man“ mit Dustin Hoffman, in dem ein ziemlich oberflächlicher, karrieregeiler kalifornischer Autohändler seinen autistischen Bruder kennen und lieben lernt und dank ihm sogar beginnt, das Leben aus einer ganz neuen Perspektive zu sehen. Aber nicht immer enden die Lebensgeschichten autistischer Menschen so positiv. Und leider werden autistische Störungen zu einem wachsenden Problem: Allein in den USA hat sich die Häufigkeit von Autismus in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt! Auch die Rate von Frühgeburten (d. h. vor der 37. Schwangerschaftswoche geborener Kinder) ist seit dem Jahr 1990 um 20 % gestiegen; und die Häufigkeit chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen hat ebenfalls zugenommen. Diese drei Faktoren, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, sind, wie man inzwischen weiß, eng miteinander verknüpft: Frühchen haben ein erhöhtes Risiko, in ihrem späteren Leben eine Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu entwickeln. Auch ihr Risiko für Lerndefizite und Hyperaktivität, ja sogar für Autismus ist erhöht. Wie kann das sein? Ganz einfach: Bei zu früh geborenen Kindern ist der Darm noch nicht richtig ausgereift, wenn sie auf die Welt kommen: Ihre Darmschleimhaut ist
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noch zu durchlässig und bietet keine optimalen Voraussetzungen für eine Besiedelung mit den „richtigen“ Darmbakterien. Hinzu kommt, dass Frühgeborene häufig nicht gestillt, sondern mit Säuglingsnahrung gefüttert werden. Dieser Fertignahrung fehlen wichtige Substanzen, die in der menschlichen Vormilch und Muttermilch enthalten sind: beispielsweise das Lactoferrin – ein Eiweiß, welches das Kind vor Infektionen schützt und auch für die Darm- und Hirnreifung eine wichtige Rolle spielt. Und selbst wenn dieses Lactoferrin der Babynahrung zugesetzt wird, ist es darin meist nur in geringer Menge enthalten und stammt normalerweise von Kuhmilch. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass es sich beim Lactoferrin um eine artspezifische Substanz handelt: Das heißt, nur das Lactoferrin aus der Muttermilch kann seine positiven Wirkungen im Körper und Gehirn des neugeborenen Babys ungehindert entfalten. Außerdem sind „Frühchen“ auch noch verschiedenen anderen Einflussfaktoren ausgesetzt, die sich negativ auf die Entwicklung einer gesunden Darmflora auswirken: Viele Frühgeborene (vor allem mit sehr niedrigem Geburtsgewicht) werden per Kaiserschnitt geboren; oft werden sie auch mit Antibiotika behandelt. Beides kann die Ausbildung einer gesunden Darmflora beeinträchtigen. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass frühgeborene Kinder ein erhöhtes Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen haben. Bereits im Babyalter droht ihnen eine gefährliche Darmkrankheit: die nekrotisierende Enterokolitis, bei der die Darmschleimhaut zerstört wird – ein echter Notfall, bei dem nur eine rasche Antibiotika-Therapie das Baby retten kann. (In schwereren Fällen ist sogar eine Operation mit Entfernung des betroffenen Darmabschnitts erforderlich.) 90 % dieser Erkrankungen treten bei Frühgeborenen auf, wobei Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm besonders häufig betroffen sind. Aber auch in ihrem späteren Leben haben Frühgeborene ein erhöhtes Risiko, an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu erkranken. Was hat das alles mit Autismus zu tun? Auch autistische Kinder leiden überzufällig häufig unter Verdauungsproblemen. Und Babys, die zu früh auf die Welt kommen, haben ein erhöhtes Risiko, eine autistische Störung zu entwi-
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ckeln – vor allem, wenn sie bei der Geburt weniger als 1500 Gramm wiegen. Inzwischen verdichtet sich der Verdacht, dass all das eine gemeinsame Ursache hat und dass diese Ursache in einer veränderten Darmflora liegt. So weiß man beispielsweise, dass bei Autisten die Darmflora in ihrer Zusammensetzung verändert ist (viele Autisten haben krankmachende Bakterienarten im Darm) und dass sie eine zu durchlässige Darmschleimhaut haben, sodass Substanzen – z. B. Nahrungsbestandteile, Giftstoffe, Stoffwechselprodukte und Bakterien – in den Blutstrom gelangen können, die dort eigentlich nicht hingehören. Auch chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa liegt dieses Phänomen einer zu großen Undichtigkeit der Darmschleimhaut zugrunde, das häufig als „Leaky Gut-Syndrom“ bezeichnet wird. Und Störungen in der Darmreifung und eine gestörte Darmflora (Dysbiose) können sich, wie wir ja bereits erfahren haben, auch negativ auf die Entwicklung des Gehirns auswirken. Für eine nicht intakte Darmflora als Ursache des Problems spricht, dass es bei autistischen Kindern, die Antibiotika erhalten oder probiotische Nahrungsmittel verzehren, Einzelfallberichten zufolge immer wieder zu einer Besserung der Symptome kommt. Beide Faktoren verändern die Darmflora.
Wie eine gestörte Darmflora uns krank machen kann Auch sonst sind in den letzten Jahren auffallend viele Parallelen zwischen körperlichen oder psychischen Erkrankungen und einer veränderten Darmflora festgestellt worden: • Bei Zwillingen beobachtete man, dass die Darmflora des fettleibigen Zwillings weniger vielfältig war als diejenige seines schlanken Pendants. • Menschen mit Heißhunger auf Schokolade haben andere Darmbakterien-Stoffwechselprodukte in ihrem Urin als Leute, die sich nichts aus Schokolade machen, auch wenn sie sich sonst ähnlich ernähren. • Anhand von Schleimhautbiopsien hat man festgestellt, dass Patienten mit Morbus Crohn eine veränderte (weniger vielfältige) Darmflora aufwiesen.
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• Auch bei Reizdarmpatienten ist die Zusammensetzung der Darmbakterien verändert, wobei auch hier wieder eine negative Korrelation zwischen der Vielfalt der Darmflora und dem Schweregrad der Reizdarmbeschwerden besteht. • Bei Patienten, die unter einer Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) leiden, unterscheiden sich die Du ̈ nndarmbakterien von denen gesunder Menschen. • Sogar an schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder multipler Sklerose könnten falsche Darmbakterien neueren Untersuchungen zufolge eine Mitschuld tragen. Leider stecken die Untersuchungen zum Einfluss einer veränderten Darmflora auf bestimmte Erkrankungen noch in den Anfangsschuhen – hier sind in Zukunft sicherlich noch viele spannende neue Erkenntnisse zu erwarten!
Wenn Babygeschrei die Nacht zur Qual macht: Auch bei Koliken hat die Darmflora ein Wörtchen mitzureden Bis zu 25 % aller Babys leiden unter Koliken, die normalerweise im Alter von sechs Wochen ihren Höhepunkt erreichen und aufhören, sobald die Kinder etwa vier Monate alt sind. Die Dauer dieser „Dreimonatskoliken“ ist also zum Glück begrenzt, doch während dieser Zeit leiden Eltern Höllenqualen, denn zu dem Mitgefühl mit dem von Bauchkrämpfen geplagten Baby kommen noch das nervtötende Schreien und die vielen Nächte hinzu, in denen man kein Auge zutut. Woher diese Koliken kommen, weiß man immer noch nicht genau; schon seit längerem wird jedoch vermutet, dass eine veränderte Darmflora, die zu verstärkter Gasproduktion und quälenden Bauchschmerzen führt, daran schuld ist. Eine neuere Untersuchung beweist nun, dass an dieser Hypothese tatsächlich etwas dran ist: Wissenschaftler verglichen die Darmbakterien im Stuhl bei Kolikbabys mit der Darmflora bauchschmerzfreier Säuglinge in den ersten 100 Lebenstagen. Eltern gesunder, reifgeborener Kinder wurden angewiesen, im ersten Monat nach der Geburt und dann wieder im Alter von drei bis vier Monaten Stuhlproben ihrer Babys zu sammeln, die die Wissenschaftler dann
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untersuchten. Außerdem sollten sie ein Tagebuch über das Schreien der Kinder führen. Das Ergebnis dieser Untersuchung: In der Gruppe der Säuglinge, die von Koliken verschont blieben, nahm die Vielfalt der Darmbakterien nach der Geburt zu. Bei den Kolikbabys war die Darmflora weniger vielfältig. Außerdem herrschten andere Bakterien vor: Die Kolikkinder hatten mehr als doppelt so viele Proteobakterien, dafür aber sehr viel weniger Bifido- und Milchsäurebakterien und Laktobazillen im Darm als die bauchschmerzfreien Kinder. Schon vor Beginn der Koliken war die Darmflora der späteren „Schreibabys“ also verändert! Vielleicht, so meinen die Autoren dieser Studie, kann man anhand dieser Informationen eines Tages Tests zum Voraussagen von Koliken und neue Therapieoptionen für deren Behandlung entwickeln. Auch die Zusammensetzung der Darmflora bei den Kolikbabys spielt eine wichtige Rolle. So weiß man, dass einige Proteobakterienstämme Entzündungen hervorrufen können. Bifidobakterien und Laktobazillen dagegen waren bei den Schreibabys im Gegensatz zu den Proteobakterien in geringerer Anzahl vorhanden, als normal ist: Also fehlte es diesen Kindern an den „guten“ Milchsäurebakterien, die eine gesunde Verdauung fördern und das Immunsystem stärken! Bestimmte Arten von Laktobazillen (Lactobacillus gasseri und Lactobacillus plantarum) haben eine entzündungshemmende Wirkung; und gerade diese beiden Bakterienstämme waren bei den Babys, die später Koliken entwickelten, kaum vorhanden. Offenbar werden die schmerzhaften Bauchkrämpfe also durch Entzündungsprozesse im Darm verursacht, die wiederum durch eine gestörte Darmflora bedingt sind. Tatsächlich kann man Koliken durch Gabe bestimmter Milchsäurebakterien lindern. In einer Studie erhielten 46 voll gestillte Babys mit Koliken 21 Tage lang entweder eine bestimmte LactobacillusArt oder ein Placebo. In der Gruppe der Babys, die das Milchsäurebakterium erhalten hatten, ließ das Schreien deutlich stärker nach als bei den anderen Kindern. Auch ihr Stuhl veränderte sich: Die Anzahl der Laktobazillen nahm zu, während die Anzahl von Vertretern des potenziell krankmachenden Darmbakteriums Escherichia coli sank. Was bringt es schädlichen Darmbakterien, Babys mit Bauchschmerzen zu quälen? Hierüber
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kann man nur spekulieren. Wissenschaftler, die sich mit den heimtückischen Überlebensstrategien unserer Darmbakterien beschäftigen, weisen darauf hin, dass Säuglinge, die aufgrund von Koliken öfter schreien, mehr Aufmerksamkeit von ihren Eltern bekommen und auch öfter gefüttert werden. Auf diese Weise bekommen natürlich auch die Darmbakterien mehr zu futtern.
Die richtige Darmflora – für ein bärenstarkes Immunsystem! Bestimmte Darmbakterien stärken sogar unsere körpereigene Abwehr. Bei einer (z. B. durch eine vorausgegangene Antibiotika-Therapie) gestörten Darmflora schlagen Grippeschutzimpfungen schlechter an. Es werden dann weniger Antikörper gegen das Influenza-Virus gebildet, sodass wir nicht so gut gegen Grippe geschützt sind. Wenn möglich sollte man eine Antibiotika-Behandlung vor einer wichtigen Impfung also lieber vermeiden bzw. nach so einer Therapie erst einmal etwas für den Wiederaufbau einer gesunden, ausgewogenen Darmflora tun, bevor man sich impfen lässt. Auch wenn es uns bereits „erwischt“ hat – wir also an einer Grippe, einem grippalen Infekt oder einer anderen Infektionskrankheit leiden –, wird der Besitzer einer intakten Darmflora leichter damit fertig. Gesunde Darmbakterien regen bestimmte Zellen der Immunabwehr zu vermehrter Aktivität an und stimulieren die Bildung von Antikörpern und verschiedenen Botenstoffe des Immunsystems.
Gestörte Darmflora: Wie bringt man seinen Darm wieder in Schuss? Bei all den Problemen, die eine unausgewogene Darmflora verursachen kann, gibt es auch eine tröstliche Botschaft: Die Zusammensetzung Ihrer Darmbakterien kann sich innerhalb von 24 Stunden drastisch verändern – im positiven wie im negativen Sinn. Durch fast alle wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema Darmbakterien zieht sich eine Erkenntnis wie ein roter Faden hindurch: Je weniger vielfältig unsere Darmflora ist, umso anfälliger sind wir für Verdauungsstörungen und andere Erkrankungen. Denn bei einer weniger vielfältigen Darmflora besteht eher das Risiko, dass krank machende Bakterien wie Clostridien und beKompass Gesundheit 2/2017
stimmte Arten von Escherichia coli sich im Darm ansiedeln oder zu stark vermehren und die „guten“ Darmbakterien verdrängen. Eine weitere ermutigende Nachricht ist, dass wir viele Faktoren, die sich auf die Zusammensetzung unserer Darmflora auswirken, ziemlich gut beeinflussen können. So können wir beispielsweise ungesunde Essgewohnheiten ablegen und Antibiotika nur dann einnehmen, wenn es wirklich notwendig ist. Für Ihre Ernährung können Sie sich eine ganz einfache Faustregel merken: Alles, was für uns gesund ist, wirkt sich auch auf unsere Darmflora positiv aus – weil die „guten“ Darmbakterien es gerne fressen. Lebensmittel, die eher ungesund sind (beispielsweise Produkte mit einem hohen Gehalt an Fett oder Haushaltszucker) dienen hingegen vor allem den „schlechten“ Darmbakterien als Nahrung und sorgen dafür, dass diese sich im Übermaß vermehren und ausbreiten. Die Milchsäurebakterien, von denen wir bereits gehört haben (Laktobazillen und Bifidobakterien), bilden die Basis jeder gesunden Darmflora. Sie haben vielfältige positive Auswirkungen auf unser Verdauungssystem und unseren Gesundheitszustand. Manche Bifidobakterien scheiden sogar Giftstoffe aus, um ungesunde Darmbakterien abzutöten; denn im Darm herrscht (wie fast überall in der Natur) ein erbarmungsloser Konkurrenzkampf, in dem alle Mittel erlaubt sind. Studien zeigen außerdem, dass Milchsäurebakterien einen positiven Beitrag zur Gewichtsreduktion und Abnahme der Fettmasse des Körpers leisten und Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Bauchschmerzen lindern können. Sogar die Stimmung lässt sich durch die Einnahme von Rezepturen oder den Konsum von Getränken mit Milchsäurebakterien offenbar verbessern. Was kann einem mehr die Laune verderben als die Teilnahme an einem Sezierkurs, wie er für Medizinstudenten Pflicht ist? Niemand hantiert gerne mit Leichen herum; außerdem wird man dadurch auf unangenehme Weise an die eigene Sterblichkeit erinnert. In einer Studie erhielten japanische Medizinstudenten, die an so einem Kurs teilnahmen, täglich ein Getränk mit Lactobacillus gasseri CP2305; eine Kontrollgruppe von Studenten bekam stattdessen lediglich ein Placebo, also ein Getränk ohne Wirkstoff. Fazit: Der Drink mit den Milchsäurebakterien linderte Angstgefühle und deKompass Gesundheit 2/2017
pressive Verstimmungen und verbesserte das körperliche Befinden und die Leistungsfähigkeit der Studenten. Sie schliefen daraufhin sogar besser. Und das war keineswegs nur ihr subjektives Empfinden: In ihrem Speichel fanden sich geringere Konzentrationen unseres körpereigenen Stresshormons Cortisol. In einer anderen klinischen Studie linderte eine Rezeptur mit Lactobacillus helveticus R0052 und Bifidobacterium longum R0175 stressbedingte Magen-Darm-Beschwerden. Wie kommt man zu diesen Milchsäurebakterien? Das ist gar nicht so schwierig, denn sie sind in allen milchsauer vergorenen Lebensmitteln (beispielsweise Joghurt, Kefir, Buttermilch, Dickmilch, Sauerkraut, roten Beten, sauren Gurken oder „Mixed Pickles“) enthalten. Sich ab und zu einmal einen Joghurt oder ein saures Gürkchen zu Gemüte zu führen, reicht aber nicht aus: Damit genügend Milchsäurebakterien lebend in Ihrem Darm ankommen und sich auch dauerhaft dort ansiedeln, müssen Sie solche Produkte regelmäßig – am besten täglich – in möglichst reichlicher Menge zu sich nehmen. Nur so können Sie Ihre Darmflora positiv beeinflussen. Außerdem gibt es Probiotika (oft rezeptfrei) in Kapsel- und Tropfenform in der Apotheke. Fragen Sie Ihren Arzt danach, wenn Sie eine Antibiotika-Therapie hinter sich oder aus irgendeinem anderen Grund das Gefühl haben, dass mit Ihrer Darmflora etwas nicht in Ordnung ist! Ferner können Sie die Besiedelung Ihres Darms mit möglichst vielen gesunden Bakterien auch fördern, indem Sie ihnen die richtige Nahrung anbieten. Milchsäurebakterien stehen auf Präbiotika – unverdauliche Ballaststoffe wie Inulin oder Oligofructose –, während ungesunde Darmbakterien diese Kost verschmähen. Präbiotika sind in vielen pflanzlichen Lebensmitteln (z. B. Chicorée, Topinambur, Schwarzwurzeln, Artischocken, Spargel, Lauch und Zwiebeln) enthalten. Allerdings kommt es auch hier auf regelmäßigen Verzehr und auf die richtige Menge an: Um eine positive Wirkung zu erzielen, sollte man schon mindestens vier bis fünf Gramm pro Tag zu sich nehmen. Allerdings sollte man die Menge langsam steigern, denn gerade bei Menschen, die einen empfindlichen Darm haben oder eine ballaststoffreiche Ernährung nicht gewöhnt sind, können Präbiotika in größeren Mengen Blähungen und Durchfall verursachen.
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Antibiotika: Gehen wir zu sorglos damit um? Antibiotika hemmen den Stoffwechsel krankmachender Bakterien und werden zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten eingesetzt. Die ersten Antibiotika wurden aus Pilzen der Gattung Penicillium gewonnen, denen sie auch ihren Namen (Penicilline) verdanken. Man setzte sie zur Behandlung schwerer Infektionserkrankungen wie Blutvergiftung oder Lungenentzündung ein, gegen die die Menschheit bisher machtlos gewesen war. Antibiotika können Leben retten, aber auch erhebliche unerwünschte Nebenwirkungen haben. Außerdem entwickeln immer mehr Bakterien Resistenzen gegen diese Medikamente, was nicht zuletzt einem falschen oder zu sorglosen Antibiotika-Gebrauch geschuldet ist: Immer noch werden diese Arzneimittel von manchen Ärzten zu häufig verschrieben oder falsch eingesetzt.
Anne Greveling
rüher glaubte man, dass Antibiotika mindestens eine Woche oder gar 14 Tage lang eingenommen werden müssten, um richtig zu wirken. Wenn man sie kürzer einnehme, steige das Risiko, dass sich Resistenzen bilden. Inzwischen hat sich genau die gegenteilige Einschätzung durchgesetzt: Die Wahrscheinlichkeit von Resistenzen erhöht sich durch eine längere Einnahme eher. Denn je länger man solche Medikamente nimmt, umso mehr Chancen haben die Bakterien, bei ihrer Vermehrung Mutationen zu entwickeln, durch die sie gegen das betreffende Antibiotikum resistent werden. Und aufgrund ihrer Resistenz haben diese Bakterien im Körper des Patienten dann auch freie Bahn, sich immer weiter zu vermehren und auszubreiten – während die nicht-resistenten Bakterien absterben. Außerdem können Bakterien ihre Gene untereinander austauschen und ihre Resistenzen auf diesem Weg an ihre empfindlicheren „Kollegen“ weitergeben.
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Weniger ist oft mehr Länger ist also nicht unbedingt immer besser. Ganz im Gegenteil: Je rascher man eine Therapie beendet, umso weniger Resistenzen können entstehen. Inzwischen weiß man, dass zur Behand-
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lung einer Lungenentzündung oft schon eine dreitägige Antibiotika-Therapie ausreicht – es müssen nicht unbedingt immer acht Tage sein. Und bei einer Streptokokken-Angina kommt man unter Umständen sogar ganz ohne Antibiotika aus. Leider hat sich diese neue Erkenntnis immer noch nicht bei allen Ärzten herumgesprochen. Eine im letzten Jahr durchgeführte wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass jede dritte AntibiotikaVerschreibung niedergelassener Ärzte falsch war: Sie wäre entweder gar nicht nötig gewesen, oder die Ärzte hatten ihrem Patienten das falsche Antibiotikum verordnet. Selbst im Krankenhaus kann man sich nicht unbedingt immer darauf verlassen, das richtige Medikament zu bekommen; auch da werden häufig Antibiotika verabreicht, die nicht mehr dem heutigen Therapiestandard entsprechen oder schlichtweg unwirksam sind. Ebenso oft kommt es vor, dass eine falsche Dosis verordnet wird. Der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika beim Menschen, aber auch in der Tiermast fördert die Entstehung von Resistenzen. Immer häufiger kommt es vor, dass Ärzte einer schweren Infektionserkrankung hilflos gegenüberstehen, weil keines der zu Verfügung stehenden
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Antibiotika mehr gegen diese Krankheit wirkt. So geschah es beispielsweise vor ein paar Monaten in den USA, als eine Patientin an einer Blutvergiftung starb, bei deren Behandlung alle 26 in den USA zugelassenen Antibiotika versagt hatten. Vor allem in Krankenhäusern werden multiresistente Erreger immer mehr zum Problem: Da dort naturgemäß viele kranke und immungeschwächte Patienten auf engem Raum zusammenkommen, haben die Erreger bei ihrer Vermehrung und Ausbreitung leichtes Spiel. Ältere, geschwächte Patienten bringen solche Keime manchmal sogar be-
mentan scheint die einzig sinnvolle Lösung tatsächlich in einem noch vorsichtigeren und sachgemäßeren Einsatz von Antibiotika zu liegen – zumal diese auch erhebliche Nebenwirkungen verursachen können. Beispielsweise bringen sie die Darmflora so durcheinander, dass die Entstehung diverser Krankheiten des Verdauungstrakts (etwa entzündlicher Darmerkrankungen, Zöliakie und Adipositas) dadurch begünstigt wird. Experten halten sogar eine erhöhte Darmkrebsgefahr durch Antibiotika-Gebrauch für möglich. Im Rahmen der Nurses Health Study werden seit 1976 Tausende amerika-
reits mit ins Krankenhaus. Laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums erkranken in Deutschland alljährlich 400 000 bis 600 000 Menschen an Krankenhausinfektionen; 10 000 bis 15 000 pro Jahr sterben daran. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) geht sogar von noch höheren Zahlen aus: Nach ihrer Einschätzung könnten es fast eine Million Infektionen und mindestens 30 000 Todesfälle sein.
Mehr Darmkrebs durch Antibiotika? Die Entwicklung neuartiger Antibiotika ist keine nachhaltige Lösung dieses Problems, weil die Bakterien gegen diese neuen Medikamente natürlich auch wieder Resistenzen entwickeln können. Mo-
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Tagesdosen Antibiotika je 1000 GKV-Versicherte
Verordnungsmenge von Antibiotika in Deutschland nach Bundesland 2014
nischer Krankenschwestern im Hinblick auf verschiedene medizinische Fragen untersucht. Unter anderem zeigt die Studie, dass sich bei Frauen, die im jungen und mittleren Erwachsenenalter längere Zeit Antibiotika erhalten hatten, im Alter bei der Darmkrebsvorsorgeuntersuchung öfter Polypen im Darm fanden, die eine Vorstufe des Darmkrebses darstellen. Möglicherweise ist die schädigende Auswirkung von Antibiotika auf die Darmflora (die dazu führt, dass die Anzahl bestimmter Darmbakterien zurückgeht, während andere, häufig ungesunde Keime sich vermehrt ausbreiten) dafür verantwortlich. Somit ist es nicht auszuschließen, dass häufige oder länger andauernde Antibiotika-Therapien langfristig das Darmkrebsrisiko erhöhen.
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Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Neues für CED-Patienten Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind entzündliche Darmerkrankungen (abgekürzt CED), die unbehandelt mit heftigen Bauchschmerzen und oft mit Blut vermischten Durchfällen einhergehen. Betroffene leiden unter einer zum Teil stark eingeschränkten Lebensqualität. Werner Waldmann sprach über diese Erkrankungen mit Prof. Dr. med. Tilo Andus vom Klinikum Stuttgart über die aktuelle Therapiesituation.
Werner Waldmann: Herr Prof. Andus, nehmen entzündliche Darmerkrankungen eigentlich zu? Prof. Andus: Die epidemiologischen Daten der letzten Jahre zeigen, dass die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen tatsächlich zunehmen. Häufiger treten sie in den industriell orientierten Ländern auf, deutlich weniger in Entwicklungsländern. Und leider ist es so, dass diese Krankheitsbilder dort häufiger in Erscheinung treten, wo sich ein Land dem Lebensstil der modernen Industriegesellschaft annähert. Auch in Deutschland ist eine, wenn auch geringere, Zunahme festzustellen. Werner Waldmann: Wie rasch werden heute entzündliche Darmerkrankungen festgestellt, zuerst ja wohl vom Hausarzt? Prof. Andus: In den meisten Fällen schicken die hausärztlich tätigen Kollegen solche Patienten rasch zum Gastroenterologen. Man muss aber bedenken, dass die Diagnose manchmal sehr schwierig ist, weil die Symptome nicht eindeutig auf eine CED verweisen. Das liegt daran, dass diese Krankheit noch nicht gänzlich verstanden ist. Es gibt leider nicht den einen Test, der eine sichere Diagnose ermöglicht. Die Diagnosestellung ähnelt einem Mosaik: Das Ergebnis wird umso deutlicher, je mehr Einzelbefunde vorliegen. Die klinischen Beschwerden, die körperliche Inspektion, Endoskopie, Histologie, Ultraschall, all diese Verfahren führen zu einer endgültigen Diagnose. Werner Waldmann: Die CED wurde bisher mit einer Reihe erprobter, jedoch oft nicht allzu wirksamer Medikamente behandelt, doch was gibt es Neues von der Pharmaindustrie? Prof. Andus: Erfreulicherweise hat sich in der letzten Zeit etwas getan. Allerdings bringt auch keines der neuesten Medikamente die ersehnte Heilung. Ganz anders als bei Hepatitis C,
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wo die neuen Medikamente zu 98 % eine Heilung ermöglichen. Davon sind wir bei den CED weit entfernt. Die neuesten Medikamente sind jedoch sehr wirksam und auch ihre Nebenwirkungen fallen geringer aus. Dies allerdings mit der Einschränkung, dass wir diese Medikamente noch nicht sehr gut kennen, da sie noch nicht lange auf dem Markt sind und Nebenwirkungen sich oft erst viel später zeigen. Uns steht zur Therapie beispielsweise das Vedolizumab zur Verfügung, immerhin schon seit einigen Jahren auf dem Markt. Vedolizumab (Handelsname Entyvio®) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper aus der Gruppe der Integrin-Antagonisten. Er dient der Behandlung von Erwachsenen mit Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Vedolizumab wird zur Behandlung von mittelschweren bis schweren Erkrankungen verwendet, bei denen sich eine konventionelle Therapie oder TNF-Antagonisten als unwirksam oder nicht länger wirksam erwiesen haben bzw. von dem Pa-
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tienten nicht vertragen werden. Vedolizumab gehört zu einer Gruppe von biologischen Arzneimitteln, die wir als monoklonale Antikörper (MAK) bezeichnen. Vedolizumab blockiert ein Protein auf der Oberfläche von weißen Blutkörperchen, die bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn die Entzündung verursachen, und verringert so das Ausmaß der Entzündung. Werner Waldmann: Wie wirkt Vedolizumab? Prof. Andus: Vedolizumab greift nicht mehr die Entzündungsmoleküle an, sondern verhindert, dass Entzündungszellen überhaupt erst in den Darm einwandern können. Allerdings wirkt das Mittel nicht sofort, denn die bereits im Darm befindlichen Entzündungsmoleküle verschwinden erst nach Wochen. Diese Immunsuppression wirkt allerdings nicht auf andere Organe, sondern nur im Darm. Vedolizumab wird auch mit anderen Mitteln kombiniert, etwa mit Prednisolon, einem Kortison, um akute Entzündungen wirkungsvoll und rasch zu bekämpfen. Kortisonpräparate haben einen schlechten Ruf in der Bevölkerung, dies jedoch zu Unrecht. Eine Kortisonbehandlung beseitigt die Beschwerden rasch. Man darf Kortison allerdings nur kurze Zeit einsetzen, es ist kein Präparat für eine Dauertherapie. Und man muss es behutsam ausschleichen. Für einfache Fälle haben wir auch noch das Mesalazin, das nicht so intensiv wirkt, dafür aber auch weniger Nebenwirkungen hat. Ganz neu auf dem Markt ist der Wirkstoff Ustekinumab (Handelsname Stelara®), das zu den Biologika gehört. Es handelt sich um ein Antizytokin. Ustekinumab neutralisiert die Interleukine IL-12 und IL-23 und wirkt so immunsuppressiv und entzündungshemmend. Da es allerdings Teile des Immunsystems unterdrückt, kann es die Entstehung von Infektionen fördern und kann auch das Risiko für bösartige Tumoren erhöhen. Studien haben gezeigt, dass der Wirkmechanismus von Ustekinumab ziemlich gut funktioniert und dass die Wirkung auch lange anhält. Auch das Nebenwirkungspotential ist gering. Zugelassen war das Medikament ursprünglich für Psoriasis-Betroffene, wenn eine topische Behandlung versagte, ebenso die Gabe von systemischen Immunsuppressiva. Ganz neu ist die Zulassung für Morbus Crohn, allerdings in höherer Dosis als bei Psoriasis. In der Pipeline stecken noch einige Wirksubstanzen. Ich möchte darüber nicht spekulieren, denn man wird immer wieder überrascht, dass ein Wirkstoff enttäuscht. Im Augenblick gibt es kein Medikament, von dem ich glaube, dass es bald zugelassen wird. Werner Waldmann: Kann aus CED auch Krebs entstehen? Prof. Andus: Bei beiden Erkrankungen besteht ein erhöhtes Risiko eines Dickdarmkarzinoms. Die chronische Entzündung führt, so die Erklärung, zur vermehrten Zellteilung. Das bedeu-
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tet, dass sich dabei auch Fehler einschleichen, die zum Darmkrebs führen. Deshalb gibt es Vorsorgeprogramme speziell für Patienten, bei denen der Dickdarm befallen ist. Werner Waldmann: Und wann kommt der Chirurg ins Spiel? Prof. Andus: Immer dann, wenn es zu Komplikationen kommt, etwa einer narbigen Engstelle im Darm, einer Fistel, bei einem Darmverschluss, einer Perforation oder einer Blutung, die nur chirurgisch zu beherrschen ist. Oder bei einem Patienten, bei dem Krebsvorstufen entdeckt wurden und der ein hohes Risiko hat, an Dickdarmkrebs zu erkranken. Da man ohne Dickdarm leben kann, kann man diesen sozusagen auch prophylaktisch entfernen. Mancher Patient entscheidet sich für diese Lösung. In Kopenhagen wird einem Viertel der Patienten der Dickdarm entfernt. So sterben dort auch die wenigsten an Dickdarmkrebs! Werner Waldmann: Und wie sehen Sie die Zukunft der CEDTherapie? Prof. Andus: Sicher wünschen sich alle Patienten, dass man diese Krankheiten heilen könnte. Das ist wenig realistisch. Je mehr die Forschung das Krankheitsbild verstanden hat, desto komplexer wird das Ganze. Ursprünglich dachte man, dass es sich um ein Gen handelt, das für CED zuständig ist. Leider wissen wir heute, dass es eine Vielzahl von Genen gibt, über hundert, die alle damit zu tun haben. Viele Patienten tragen nur wenige dieser Gene oder auch gar keines. Möglicherweise werden wir die Krankheit künftig mehr aufsplitten müssen, also dass es nicht einen Morbus Crohn gibt, sondern Crohn 1, 2, 3. Realistischer ist es, dass wir neue Medikamente finden, die einen Rückfall weiter hinausschieben oder überhaupt verhindern, auch Medikamente mit wenig Nebenwirkungen. Patientenumfragen haben ergeben, dass sich der größte Teil der Patienten eine Therapie ohne oder nur mit sehr geringen Nebenwirkungen erhofft.
31.05.2017 20.00 Uhr Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen – Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Im Rahmen der Vortragsreihe „Gesundheit beginnt im Kopf“ spricht Dr. med. Suso Lederle mit Prof. Dr. med. Bodo Klump und Dr. med. Klaus Kraft (beide medius KLINIKEN) über CED. Treffpunkt Rotebühlplatz; Rotebühlplatz 28; Stuttgart
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Gallensteine
Wenn Steine das Leben kosten können Bis zu 20 % der Deutschen haben Gallensteine. Aber davon merken sie selten etwas. Doch die Gallenblase kann sich entzünden, ein Stein kann zum Verschluss der Gallenwege und dadurch zu einer Gallenkolik führen. Gelbsucht, eine Bauchspeicheldrüsenentzündung oder ein Leberschaden können die Folge sein. Perforiert die Gallenblase, droht eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung. Verhindern kann man Gallensteine nicht, aber die Gallenblase kann chirurgisch entfernt werden. Werner Waldmann unterhielt sich mit dem Viszeralchirurgen Prof. Michael Schäffer vom Stuttgarter Marienhospital, das mit über 400 Gallenblasenentfernungen pro Jahr in der Region führend ist. Herr Prof. Schäffer, welche Funktion hat die Gallenblase? Prof. Schäffer: Die Galle dient der Verdauung. Die Gallensäfte kommen aus der Leber und werden in der Gallenblase zwischengespeichert. Bei Bedarf werden sie in den Zwölffingerdarm abgegeben und unterstützen dort verschiedenste Verdauungsprozesse, vor allen Dingen die Fettverdauung. Gallensteine sind eine Zivilisationskrankheit. Wie entstehen diese Steine? Prof. Schäffer: Es gibt viele verschiedene Ursachen für Gallensteine. Man nimmt an, dass die Gallenblase in grauer Vorzeit eine große Bedeutung hatte. Vereinfacht muss man sich das so vorstellen, dass wir damals eben nicht immer etwas zu Essen hatten, sondern nur alle paar Tage oder Wochen. Wir brauchten dann solch ein Speicherorgan wie die Gallenblase, um die Verdauungssäfte zu sam-
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Magen
Gallenblase Gallensteine
Zwölffingerdarm
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Bauchspeicheldrüse
meln und dann geballt abgeben zu können. Heute essen wir dreimal täglich oder häufiger und brauchen deshalb zwar kontinuierlich, aber wenig Gallenflüssigkeit. Eigentlich benötigen wir heute diesen Zwischenspeicher gar nicht mehr. Es ist wie bei einem alten Weiher, der nicht mehr so richtig mit Wasser durchflossen wird, der versandet, der verschlickt, der kippt um. Genauso verhält es sich mit der Gallenblase. Es gibt völlig unterschiedliche Formen von Gallensteinen. Es fängt an beim einfachen Grieß, das ist so ähnlich wie Sand. Dann gibt es kleine Steine und große Steine bis hin zum sogenannten Tonnenstein. Und es gibt ganz unterschiedliche Zusammensetzungen. Man kennt auch hormonelle Einflüsse – Frauen bekommen z. B. öfter Gallensteine als Männer – oder ethnische Unterschiede: Hellhäutige Menschen bekommen sie sehr viel häufiger als solche mit dunkler Haut. In der Medizin spricht man von den sogenannten fünf F’s, die man als Student lernen muss: Fett steht für Übergewicht; female für weiblich; fertile für fruchtbar; forty für über 40 und fair für hellhäutig und blond. Die über 40-jährige, blonde, leicht übergewichtige Mutter, mit weißer Haut, das ist die klassische Patientin, die Gallensteine bekommt. Man weiß auch, dass jemand, der sehr stark an Gewicht verliert, zu Gallensteinen neigt, z. B. Patienten nach einer Adipositas-Operation. Auch nach einer Dünndarm-Operation neigt die Galle dazu, Steine zu bilden. Also es gibt ein paar Umstände, die eine Rolle spielen können, doch häufig findet man eben keine zutreffende Ursache. Gallensteine bekommen auch junge oder ältere Männer, die gar nicht in dieses Schema passen.
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Symptomatisch werden Gallensteine eigentlich erst später? Prof. Schäffer: Die Steine an sich sind meistens nicht symptomatisch, jedenfalls zunächst einmal. Die klassische Lehrmeinung ist, dass nur etwa 10 bis 20 % derer, die Gallensteine haben, solche großen Probleme bekommen, dass sie sich tatsächlich auch einer Operation unterziehen sollten. Bei dieser Operation entfernt man dann eben nicht nur die Gallensteine. Das hat man früher mit der Zertrümmerung gemacht, aber dann kommen die Steine wieder. Heute ist es so, dass man minimalinvasiv die Gallenblase mit den darin befindlichen Gallensteinen entfernt. Macht man das grundsätzlich laparoskopisch, also ohne Bauchschnitt, oder gibt es auch Fälle, die man offen operieren muss? Prof. Schäffer: In 95 % der Fälle können wir das laparoskopisch machen. Aber in einem von zwanzig Fällen gelingt das nicht, entweder, weil der Patient schon häufiger im Bauchraum operiert wurde und sehr starke Verwachsungen hat, oder bei einer durchgebrochenen Gallenblase mit schwerster Bauchfellentzündung. Kann bei einer Gallenblasenentzündung oder Kolik der Internist noch etwas machen oder wäre es dann sinnvoll, sofort zu operieren? Prof. Schäffer: Es ist tatsächlich so, dass man in den meisten Fällen einer Gallenblasenentzündung oder Kolik zunächst einmal konservativ behandeln kann. Durch Schmerzmittel und krampflösende Medikamente bekommt man eine Kolik ganz gut in den Griff und die Entzündung spricht in der Regel auf Antibiotika ganz gut an. Das Dilemma ist nur, dass damit eigentlich bei den meisten Patienten ein gewisser Leidensweg losgetreten wird; das heißt, wenn die Gallenblase mit ihren Steinen einmal anfängt Probleme zu machen, dann kommen diese immer wieder. Es gibt große Untersuchungen die sagen, dass man, wenn eine Kolik oder eine Entzündung auftritt, so rasch wie möglich die Gallenblase tatsächlich entfernen sollte, um schlimmere Komplikationen zu vermeiden. Was wären schlimmere Komplikationen, etwa eine Perforation? Prof. Schäffer: Ja, Perforation ist eine davon, aber
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Gesunde Gallenblase
Gallenblase mit Gallensteinen
Blockierter Gallengang
vor allen Dingen die Pankreatitis, die Bauchspeicheldrüsenentzündung. Das liegt daran, dass sich der Gallengang durch den Kopf der Bauchspeicheldrüse hindurchzieht und wenn sich dort, in diesem Bereich, so ein kleines Steinchen verklemmt, dann kommt es auch zu einer Abflussstörung des Bauchspeicheldrüsensekrets und dadurch dann zu einer Selbstverdauung der Bauchspeicheldrüse – das kann lebensbedrohlich werden. Und man kann ohne Gallenblase leben, man braucht sie nicht? Prof. Schäffer: 95 bis 98 % aller Patienten sind nach einer Gallenblasenoperation völlig beschwerdefrei. Und das unterstreicht eben die Tatsache, dass wir sie heute eigentlich nicht mehr brauchen. Warum entfernt man sie dann nicht prophylaktisch? Prof. Schäffer: Weil jede Operation, auch eine kleine, Risiken birgt z. B. das geringe, aber vorhandene Narkoserisiko. Auch bei der kleinsten Operation kann natürlich immer mal was vorkommen. Das kann mit der Operation selbst zusammenhängen, oder der Patient hat ein schwaches Herz oder es gibt ein anderes Risiko. Wenn man bei jemandem viele Gallensteine entdeckt und diese Person hat noch keine Symptome, wäre es da nicht angebracht, vorsorglich zu operieren? Prof. Schäffer: Das ist heute eine sehr individuelle Entscheidung; die klassische Lehrmeinung sagt nein. Heute ist man durch die minimalinvasive Technik und die geringen Komplikationsraten eben doch geneigt, vielen Patienten in einer solchen Situation zur Operation zu raten, weil bei vielen klei-
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Prof. Dr. med. Michael Schäffer Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeralund Thoraxchirurgie Marienhospital Stuttgart Böheimstraße 37 70199 Stuttgart Sekretariat Tel.: 0711 6489-2201 Fax: 0711 6489-2213 E-Mail: viszeral-allgemeinchirurgie@ vinzenz.de
nen Steinen sowie bei einzelnen großen Steinen Komplikationen zu befürchten sind. Man weiß auch, dass große Steine mit über 1 cm Durchmesser, das Risiko für Gallenblasenkrebs erhöhen. Das allein ist schon Grund genug für eine Operation. Speziell die ganz kleinen Steine sind besonders gefährlich; sie können in den Gallengang abrutschen und dann z. B. eine Kolik oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung hervorrufen. Wir raten unseren Patienten dann tatsächlich auch, bei Gelegenheit diese Gallenblase entfernen zu lassen, das ist ja gut planbar. Ist es nicht immer besser, solch einen Eingriff dann zu machen, wenn keine Entzündung vorliegt, denn das erschwert doch das Ganze? Prof. Schäffer: Auf jeden Fall. Eine sogenannte Elektivoperation ist schonender für den Patienten, weil sie besser vorbereitet und durchgeführt werden kann. Jeder Notfalleingriff trägt ein höheres Risiko als eine geplante Operation. Es heißt ja immer wieder in der Fachpresse, es würden in Deutschland zu viele Gallenblasen operiert, kann man das so eindeutig sagen? Prof. Schäffer: Ich glaube nicht. Die Frage ist ja immer, was ist der Maßstab? Maßstab kann natürlich nicht ein Gesundheitssystem wie in England oder anderen Ländern sein, die gar nicht die Ressourcen haben, alle Patienten zu versorgen. Letztlich ist es natürlich eine individuelle Entscheidung, ob lieber fünf Personen mit nicht akuten Erkrankungsbildern operiert werden, die dann allerdings auch nie wieder Beschwerden bekommen, oder ob man es darauf ankommen lässt und einen Patienten erst bei einer schweren Komplikation operiert. Also ich könnte die Botschaft publik machen: Wenn man Gallensteine hat und die wurden entdeckt und es könnte einmal symptomatische Beschwerden geben, dann ist ein elektiver Eingriff zu überlegen. Prof. Schäffer: Genau. „Zu überlegen“ ist sicherlich der richtige Ausdruck: Es gilt, im Einzelfall beide Positionen gegeneinander abzuwägen. Wenn jemand sehr große Steine hat oder viele kleine Steine, dann spricht vieles für eine Operation. Handelt es sich um einen mittelgroßen Stein, dann kann man sich natürlich überlegen, ob eine Opera-
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tion sinnvoll ist. Bei solchen Überlegungen spielt natürlich auch eine Rolle, ob man viel ins Ausland fährt, oder ob man viele Termine hat. Man ist heute für eine Gallenblasenoperation zwei, drei Tage im Krankenhaus, das kann man sich immer mal einrichten und es bewahrt davor, plötzlich zwei Tage vor Weihnachten oder auf einer Fernreise Probleme mit den Gallensteinen zu bekommen und als Notfall in eine Klinik eingewiesen zu werden. Eine solche Situation kann durchaus lebensbedrohlich sein. Auch hier in Deutschland sterben immer noch Patienten an einer Gallenblasenentzündung. Bei einem Notfall? Prof. Schäffer: Man kann davon ausgehen, dass in jedem Krankenhaus ein bis zwei Patienten im Jahr an einer Gallenblasenentzündung sterben. Das Operationsrisiko ist heutzutage durch die laparoskopische Operationstechnik und die modernen Narkosemethoden minimal? Prof. Schäffer: Ein geplanter Eingriff bei einem Patienten, der ansonsten gesund ist, ist heute ein extrem risikoarmer Eingriff. Und wie sieht es bei multimorbiden Patienten aus, im fortgeschrittenen Alter? Prof. Schäffer: Auch da gilt es natürlich, das Für und Wider sorgfältig gegeneinander abzuwägen, wobei der Patientenwunsch ganz besonders berücksichtigt werden muss. Und man darf eines nicht vergessen: Das OP-Risiko, auch bei einer geplanten Operation, liegt beim älteren Patienten, der vielleicht kardial oder pneumonal vorerkrankt ist, naturgemäß etwas höher, aber das Komplikationsrisiko bei einer Notfall-OP ist bedeutend größer. Es sind genau diese Patienten, die dann tatsächlich auch bei einer Operation sterben. Wie viele Gallenblasen operieren Sie im Jahr etwa? Prof. Schäffer: Zwischen 400 und 500. Dann ist eine hohe Expertise vorhanden. Prof. Schäffer: Ja – wir sind traditionell das Krankenhaus in Baden-Württemberg mit den meisten Gallenblasenoperationen.
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Innovation in der Krebs- und Tumortherapie
Das CyberKnife®-Zentrum in Baden-Württemberg
Mit dem CyberKnife® können vor allem Tumore im Gehirn, in Lunge, Leber, Niere, Nebenniere, Bauchspeicheldrüse, Wirbelsäule, Prostata sowie in Knochen behandelt werden. Die Radiochirurgie mit dem Roboter ersetzt oftmals eine Operation, einen stationären Aufenthalt, eine Chemotherapie und/oder eine 6–8 Wochen dauernde Strahlentherapie. Die Flexibilität des Roboterarms ermöglicht es, Tumore in jeder Körperregion zu behandeln – auch als ergänzende Nachbehandlung eines Resttumors nach einer Operation. Die Behandlung mit dem CyberKnife® erfolgt ambulant in einer bis maximal fünf Sitzungen mit der Dauer von jeweils knapp einer Stunde. Die Behandlung ist schmerzfrei, nicht invasiv, ambulant – die Genesung erfolgt in kürzester Zeit.
RadioChirurgicum CyberKnife®-Südwest Eichertstr. 3 73035 Göppingen Ambulanz: 07161 64-2178 Sekretariat: 07161 64-2205 Fax: 07161 64-52205 info@radiochirurgicum.de www.radiochirurgicum.de
Prof. Dr. med. Gerd Becker
Prof. Dr. med. Martin Bleif
Panikattacken, Angststörungen, Depressionen:
Auch die Seele kann krank werden Nach wie vor ist in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt, dass psychische Erkrankungen ebenso behandlungsbedürftig sind wie körperliche – und dass man sich deshalb nicht zu schämen braucht. Viele Menschen suchen mit ihrem psychischen Problem viel zu spät den Arzt auf. Das ist schade, denn meistens kann solchen Patienten wirksam geholfen werden. Werden langfristige Leiden dagegen ignoriert, so verschlimmern sie sich häufig, und das kann schwerwiegende Folgen haben – von Demenz bis hin zum Suizid. Über dieses wichtige Thema sprachen wir mit dem Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der medius KLINIK KIRCHHEIM, Professor Dr. Christian Jacob. Leider werden psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft immer noch nicht ernst genug genommen. Prof. Jacob: Richtig. Daran etwas zu ändern, ist mir ein großes Anliegen. Immerhin gibt es deutschlandweit alljährlich 12 000 Tote durch Suizide – viel mehr als durch Verkehrsunfälle oder Gewaltverbrechen. Die Ergebnisse der Global Burden of Disease-Studie, die die Entwicklung der Krankheitslast untersucht, deuten darauf hin, dass die Depression in 10 bis 15 Jahren die Krankheit sein wird, die die Menschheit weltweit am meisten belastet und zur größten Einbuße an gesunden Lebensjahren führt. Dieses Problem wird leider immer noch nicht richtig wahrgenommen. Aber zumindest nimmt die Behandlungshäufigkeit psychischer Erkrankungen deutlich zu. Das zeigt einen wachsenden Wunsch der Menschen nach vollständiger – auch psychischer – Gesundheit. Früher wurde Gesundsein einfach nur als Abwesenheit von Krankheit definiert; heute geht es dabei auch um Lebensqualität. Der erste professionelle Ansprechpartner für Menschen mit psychischen Problemen ist der Hausarzt. Wissen die Hausärzte denn heute mehr als früher darüber, wie man solche Patienten adäquat behandelt? Prof. Jacob: Wir sind sehr dankbar dafür, dass es inzwischen viele Hausärzte gibt, die über genügend Fachkompetenz verfügen, um einen ersten Behandlungsversuch zu unternehmen. Psychiater und Psychotherapeuten werden erst dann mit ins Boot geholt, wenn die ersten grundlegenden Behandlungsstrategien mit Psychotherapie und Psychopharmaka ins Leere führen – also nur bei komplexeren Krankheitsverläufen.
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Man hört immer wieder, dass es für solche Patienten schwierig ist, zeitnah einen Termin bei einem Psychotherapeuten oder Psychiater zu bekommen. Prof. Jacob: Das ist sicherlich ein großer Missstand, dass man heutzutage, wenn man einen qualifizierten Psychotherapeuten braucht, teilweise bis zu einem halben Jahr lang auf einen Termin warten muss. Dagegen muss dringend etwas getan werden. Ich denke, jeder Mensch, der unter einer psychischen Erkrankung leidet, braucht binnen kurzer Zeit – also eher innerhalb von 14 Tagen als sechs bis acht Wochen – einen Termin beim Facharzt; und ich glaube nicht, dass das heute gewährleistet ist. Welches Therapiespektrum bieten Sie an? Prof. Jacob: Mir ist es ganz wichtig, alle Menschen, die hier im Umkreis leben, mit modernen psychiatrischen und psychotherapeutischen Verfahren zu behandeln, ihnen also ein multimodales Therapiekonzept anzubieten. Wir behandeln unsere Patienten sowohl ambulant als auch stationär. Im Rahmen unserer psychiatrischen Institutsambulanz betreuen wir besonders schwerkranke Patienten, die ein multiprofessionelles Setting brauchen, das der niedergelassene Kollege vor Ort nicht hat. Darüber hinaus haben wir auch eine Spezialambulanz für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen bei Erwachsenen und dann natürlich meine Privatambulanz. Zu Ihren Schwerpunktgebieten gehören auch Angststörungen – eine der häufigsten psychischen Erkrankungen. Wie entsteht eine Angststörung?
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Prof. Jacob: Zunächst einmal muss man sagen, dass Angst für unser Überleben eine sehr wichtige Funktion erfüllt. Angst als funktionaler Wegweiser – zum Beispiel, dass man bei einem nächtlichen Waldspaziergang innehält und sich nach einer möglichen Gefahr umschaut, wenn man ein Geräusch hört – ist absolut richtig und sinnvoll. Dysfunktional werden Angstgefühle erst dann, wenn sie in Situationen auftreten, in denen keine objektivierbare Gefahr vorliegt. Und woher kommen solche Angststörungen? Prof. Jacob: Jeder von uns bringt bestimmte genetische Anlagen mit ins Leben; dann kommen Einflussfaktoren wie die Erziehung und bestimmte Lebensereignisse hinzu. Aus all dem kann letztendlich die Disposition zu einer Angsterkrankung entstehen. Bei Kindern sieht man das schon sehr früh: Es gibt Kinder, die sehr ängstlich sind, während andere sich mutiger verhalten. Daran erkennt man, dass angeborene Faktoren ganz eindeutig eine Rolle spielen. Die Angsterkrankung per se entsteht dann letztendlich durch belastende Lebensereignisse auf der Basis einer möglicherweise ängstigenden oder überbeschützenden Biografie. Vielleicht konnten die Eltern selbst nicht gut mit dem Thema Angst umgehen und haben ihr Kind deshalb zu stark behütet. Kinder müssen den Umgang mit Ängsten erlernen; das können sie aber nur dann, wenn man nicht alles von ihnen fernhält. Wenn die Eltern selber ängstlich sind, färbt das auch auf den Nachwuchs ab. Erwachsene Menschen erleben ja auch oft Angstgefühle. Wenn man zum Beispiel beim Autofahren im Tunnel aus heiterem Himmel Angst bekommt – warum passiert so etwas? Prof. Jacob: In so einem Fall liegen gleich zwei Krankheitsbilder vor: eine Panikstörung und eine Agoraphobie. Agoraphobie ist die Angst, sich an bestimmten Orten zu befinden, wo Hilfe nicht möglich ist, also in diesem Fall in einem Tunnel. Das ist zunächst einmal eine Angsterkrankung; auf diese setzt sich dann noch eine Panikstörung drauf – also eine plötzlich und unerwartet auftretende Angst, die aber gehäuft in dieser Situation auftritt. Patienten, die unter Panikstörungen mit Agoraphobie leiden, befinden sich häufig in konflikthaften Paarbeziehungen mit der Dynamik: „Eigentlich
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möchte ich weg, aber ich traue mich nicht so recht.“ Und wie behandelt man solche Störungen? Prof. Jacob: Der Patient muss den Umgang mit seiner Angst erlernen; das heißt, er muss sich der angstauslösenden Situation stellen. Das kann man zum Beispiel erreichen, indem man den Patienten in diese Situation bringt: Das heißt, er muss immer wieder durch Tunnel fahren. Dabei steigern sich die Angstgefühle zunächst immer mehr, bis der Patient befürchtet, verrückt zu werden. Das wird er aber nicht: Mehr als Angst haben oder sterben kann man schließlich nicht. Deshalb erreicht die Angst nach einer gewissen Zeit ein Plateau und lässt dann nach. Diese Erfahrung muss man dem Patienten in der Psychoedukation zunächst einmal vermitteln, damit er Vertrauen hat, sich darauf einzulassen; und dann muss der Patient an dem Ort, wo er Angst empfindet, letztendlich so lange verbleiben, bis ein Gewöhnungsprozess eintritt. Wenn jemand also zum Beispiel unter einer Arachnophobie leidet, muss er sich zwingen, Spinnen schrittweise immer näher zu kommen, bis er sie schließlich sogar anfassen kann. Das muss man so lange wiederholen, bis der Patient lernt, anders mit seiner Angst umzugehen als durch Vermeidung. Und der Therapeut muss bei dieser „Angstentwöhnung“ dabei sein? Prof. Jacob: Das muss man mit dem Patienten besprechen. Es gibt begleitete und unbegleitete Expositionen. Oft ist es so, dass der Therapeut den Patienten bei der Exposition zunächst begleitet, seine Gefühle dann nachbespricht und ihn diese Erfahrungen später allein machen lässt. Beim Autofahren im Tunnel geht das natürlich nicht, weil man dann als Therapeut ja letztendlich auch die Verantwortung dafür tragen würde, wenn in dem Tunnel etwas passiert.
Professor Dr. Christian Jacob Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie medius KLINIK KIRCHHEIM Eugenstraße 3 73230 Kirchheim u. Teck
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Was für Arten von Ängsten gibt es sonst noch? Prof. Jacob: Außer den Phobien (das sind, wie gesagt, spezifische Ängste vor etwas Bestimmtem, wie beispielsweise Spinnenangst oder Agoraphobie) gibt es noch Panikattacken, generalisierte Angststörungen und Ängste bei anderen psychischen Erkrankungen. Panikattacken unterscheiden sich von Phobien dadurch, dass plötzlich und unerwartet (möglicherweise gehäuft in bestimmten Situationen) Todesängste auftreten. Außerdem gibt es noch eine zweite Angstform: die generalisierte Angst. Das sind Ängste, die wir alle kennen: Man könnte krank werden oder verarmen, die Kinder könnten verunfallen … Diese Ängste kommen häufiger vor. Und dann gibt es natürlich auch Ängste bei bestimmten Erkrankungen: beispielsweise bei einer Psychose, bei der man sich verfolgt fühlt, bei einer Depression oder auch bei manchen körperlichen Krankheiten. Man muss als Psychotherapeut oder Psychiater also zunächst einmal genau diagnostizieren, wo die Angst herrührt; diese Diagnose ist wichtig für die Therapie. Kann man Angstzustände auch medikamentös beeinflussen? Prof. Jacob: Natürlich. Aber zuerst muss man die Frage nach der Grunderkrankung abklären. Diese Grunderkrankung sollte man behandeln; damit lassen sich dann auch die Angstzustände ganz gut beeinflussen. Natürlich gibt es Benzodiazepine, die angstlösend wirken, allerdings ist dieser Weg meist nicht so sinnvoll, weil die Suchtgefahr bei diesen Medikamenten sehr hoch ist. Wenn man Benzodiazepine verwendet, sollte man dies nur im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts auf der Basis einer genauen Diagnose tun. Ist es sinnvoll, die Bevölkerung immer wieder darüber zu informieren, dass man psychische Probleme ernst nehmen und in so einem Fall kompetente, professionelle Hilfe suchen sollte? Prof. Jacob: Ja, Prävention und Entstigmatisierung sind sehr wichtig. Ich glaube, dass wir viele Suizide vermeiden könnten, wenn die Menschen sich trauen würden, rechtzeitig Hilfe zu suchen; und wenn der Hausarzt es nicht mehr schafft, dann muss der Psychotherapeut oder Psychiater ran. Psychische Leiden sind ganz normale Krankheiten, an denen man auch sterben kann. Dieser Tatsache sind sich
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viele Menschen leider immer noch nicht genügend bewusst. Haben manche Patienten nicht vielleicht auch Angst davor, dass ihr Arbeitgeber etwas von ihrer psychischen Erkrankung mitbekommen könnte, wenn sie sich psychotherapeutisch oder psychiatrisch behandeln lassen? Prof. Jacob: Ja. Ich glaube, dieses Stigma, das psychischen Störungen anhaftet, steckt noch sehr tief in uns allen drin. Und sicherlich haben viele Arbeitgeber auch tatsächlich nicht so gern Mitarbeiter, die psychisch krank sind. Man muss aber berücksichtigen, dass etwa 40 % aller Menschen irgendwann im Laufe ihres Lebens eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung entwickeln werden; und wenn 40 % aller Werktätigen aus dem Erwerbsprozess ausscheiden, wäre das eine Katastrophe. Ich denke, psychische Erkrankungen gehören zur Realität des Menschseins dazu; das muss man akzeptieren. Jemand, der sich darum sorgt, dass er wieder gesund wird, ist aus meiner Sicht ein besserer Mitarbeiter als jemand, der über die Angststörung in eine Depression und womöglich auch noch in einen Alkoholismus oder eine Demenz hineingerät. Heute weiß man, dass Angsterkrankungen oft in eine Depression münden; und wenn man Menschen mit Depressionen nachverfolgt, sieht man, dass diese Patienten überzufällig oft dement werden. Man geht inzwischen davon aus, dass die Depression eine multifaktorielle Erkrankung – also eine psychische Störung mit mehreren verschiedenen Ursachen – ist; und bei manchen Depressionen scheint es auch eine neurodegenerative Komponente zu geben. Wenn man da nicht rechtzeitig eingreift, kann es bei solchen Patienten auch zu einem geistigen Abbau kommen. Also muss man solche Krankheitsprozesse frühzeitig unterbrechen. Eigentlich sollten Menschen schon in der Schule über die Grundzüge unserer körperlichen und psychischen Gesundheit aufgeklärt werden: Wie ernähre ich mich gesund? Wie viel Bewegung brauche ich? Was muss ich für eine gute Work-LifeBalance tun?
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Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie Das Diagnostik- und Therapiezentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gefäß-, Lungen- und Nierenerkrankungen Klinikum Esslingen Chefarzt Prof. Dr. Matthias Leschke Arzt für Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie und Intensivmedizin Telefon 0711 3103-2401 Telefax 0711 3103-2405 E-Mail: m.leschke@klinikum-esslingen.de
2. STUTTGARTER
HERZTAG Schirmherrschaft
Deutsche Herzstiftung
TREFFPUNKT
Rotebühlplatz 1. Juli 2017 9 bis 17 Uhr EINTRITT FREI
Kompass Gesundheit In Zusammenarbeit mit
ZAR Stuttgart
Zentrum für ambulante Rehabilitation
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Programm
Anmeldung
Moderation: Dr. med. Suso Lederle (Stuttgart) 9.00 Einlass und Industrieausstellung
앮 Ich komme alleine
10.00 Eröffnung und Grußworte
앮 Wir nehmen mit insg. _________ Personen
10.15 Prof. Dr. med. Nicolas Doll (Sana Herzchirurgie Stuttgart) Prof. Dr. med. Matthias Leschke (Klinikum Esslingen): Interventionelle versus operative Kardiologie
an der Veranstaltung teil.
10.50 Dr. med. Tobias Meile (Klinikum Stuttgart): Neue Wege der Adipositas-Therapie
Name: _________________________________________
11.25 Prof. Dr. med. Thomas Nordt (Klinikum Stuttgart): Volkskrankheit Herzschwäche
Vorname: _________________________________________
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Straße: _________________________________________
13.00 Prof. Dr. med. Hansjörg Bäzner (Klinikum Stuttgart): Der Schlaganfall
PLZ: _________________________________________
13.35 Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans Henkes (Klinikum Stuttgart): Behandlung des akuten Schlaganfalls: Trombektomie
Ort: _________________________________________
12.00–13.00 Mittagspause
14.10 PD Dr. med. Klaus Schröder (ZAR Stuttgart): Wie viel Bewegung braucht und verträgt das Herz?
Tel.: _________________________________________
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14.45–15.15 Pause
Der Eintritt ist frei!
___________________________________________________ 15.15 Prof. Dr. med. Christian Herdeg (medius KLINIKEN): Das Leben nach dem Herzinfarkt
Die Anzahl der Plätze im Vortragssaal ist
15.50 Dr. med. Stefan Reinecke (Marienhospital): Herz und Schlaf
begrenzt. Bei zu vielen Anmeldungen entscheidet das Anmeldedatum.
16.25 Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher (Robert-Bosch-Krankenhaus): Bluthochdruck, Nieren & Herz
Schicken Sie eine E-Mail an:
dr.antonic@meditext-online.de Treffpunkt Rotebühlplatz Rotebühlplatz 28 70173 Stuttgart
Oder schicken Sie ein Fax an:
0711 7656590 27
Eine simple Fitness-Therapie
Gesund mit Wanderschuh und Rucksack Um Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit geht es, wenn wir auch frohgemut in der dritte Phase unseres Lebens anlangen wollen. „Frohgemut“ bedeutet fit, leistungs- und belastungsfähig, rundum gesund und munter. Der moderne Mensch denkt heute dann sofort ans Fitnessstudio. Doch manchem liegt diese Art der körperlichen Ertüchtigung nicht. Werner Waldmann
er sich nicht fürs Fitness-Studio begeistern kann, kann dennoch problemlos viel für seine Körperfitness tun: Joggen im Wohnbezirk oder Radfahren in der Natur. Auch das ist ein Patentrezept gegen Wohlstandsleiden wie Diabetes und Bluthochdruck. Oder noch einfacher: Gehen Sie doch wandern! Raus in die Natur! Fränkische Schweiz. Schwäbische Alb. Bayerischer Wald. Deutschland bietet eine berauschende Fülle an beeindruckenden Naturkulissen. Übrigens ist das kostenlos. Keine Jahresgebühr ist fällig. Sie brauchen nur gute Wanderschuhe, etwas Praktisches zum Überziehen und einen Rucksack. Und los geht’s. Immerhin haben das nach Angaben des Deutschen Wanderverbands (DWV) bereits 30 % aller Deutschen entdeckt. Mindestens einmal im Monat werden die Wanderschuhe aus dem Schrank geholt. Gesundheitswandern heißt das heute. Die AOK und die Barmer GEK sind darauf auch schon abgefahren und spendieren ihren wanderwilligen Mitgliedern Zuschüsse. Prof. Kuno Hottenrott ist Sportwissenschaftler an der Uni Halle. Er wollte genau wissen, was das Wandern für die Fitness bringt. Eine Probandengruppe mit 24 Teilnehmern (durchschnittlicher Fitnessstatus, teilweise mit Bluthochdruck und Übergewicht) legte in sieben Wochen zehnmal Strecken zwischen vier und sechs Kilometern zurück. Zwischendurch wurden Dehn- und Koordinations-
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übungen absolviert. Eine gleich große Vergleichsgruppe durfte sich in sportlicher Enthaltsamkeit üben. Das Resultat, nach sieben Wochen ausgewertet, erstaunte: „Die Auswirkungen des Wanderns waren deutlich messbar”, so der wanderbegeisterte Professor. „Das hätte ich so nicht erwartet, denn die Belastung war doch sehr moderat.“ Auch wer erst mit dem Wandern anfängt, braucht nicht zu befürchten, dass ihm das physisch schwerfallen wird. Bei den Testpersonen der Wandergruppe sank die Herzfrequenz nach einer nur zwei Kilometer langen Wanderung durchschnittlich von 131 auf 122 Schläge. Der Blutdruck reduzierte sich ebenfalls deutlich und das Körpergewicht sank. Außerdem weiß man, dass bei längeren Wanderungen – vor allem, wenn man sie regelmäßig unternimmt – vermehrt Fett abgebaut wird. Doch vor Übertreibung sei gewarnt. Man muss die Belastung ganz allmählich steigern. Es soll Spaß machen. Man kann sich durchaus auch fordern, jedoch in Grenzen. Spürt man, dass es anstrengender wird, ist eine Rast angesagt. Beim nächsten Mal wird der Körper mehr zu geben bereit sein. Das Fazit des Haller Professors: „Wöchentlich mehrmals vier bis sechs Kilometer Wandern ist ein gutes Mittel, um etwas für seine Fitness und Gesundheit zu tun, und wegen der geringen Belastung des Bewegungsapparates vor allem für ältere Menschen empfehlenswert.“
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Ihr Hausarzt meint Liebe Patienten, „Herr Doktor, jetzt brauche ich aber was Starkes, das mir hilft!“ Oft höre ich diesen Wunsch von meinen Patienten in der Erkältungszeit. Der Wunsch entspringt einmal dem Bedürfnis, möglichst rasch wieder gesund zu werden, da man nicht krank sein kann, aus beruflichen Gründen oder weil eine Reise geplant ist, oder auch weil man jetzt schon eine Woche kränkelt und keine Lust mehr darauf hat. Dies ist alles verständlich, aber leider ist das nicht so einfach. Ich würde meinen Patienten auch lieber eine Pille geben, am besten noch aus dem Bereich der Phytotherapie, und dann wäre die Erkältung vorbei. Im Winter breiten sich aber vorwiegend Viren in den oberen Atemwegen aus und sind für die Beschwerden wie Halsweh, Schnupfen, Husten usw. verantwortlich. „Verschreiben Sie mir jetzt ein Antibiotikum“, ist dann der Wunsch von Patienten. Antibiotika sind aber gegen Viren nicht wirksam. Eine unnötige Antibiotikatherapie kann sogar dazu führen, dass, wenn Bakterien zu häufig in Kontakt mit diesem Mitteln kommen, sie Resistenzen entwickeln. Das heißt, bei der nächsten Anwendung der Antibiotika lachen sich die Keime einen Ast und sagen zum Antibiotikum: „Du kannst uns nix mehr ausmachen. Wir haben uns einen Schutzmantel zugelegt.“ Untersuchungen zufolge werden in Deutschland immer noch bei viralen Infekten zu viele Antibiotika unnötig verschrieben. Zusätzlich werden in der Massentierhaltung sehr oft Antibiotika eingesetzt, um Krankheiten in den Ställen vorzubeugen. Reste der Antibiotika nehmen wir mit der Nahrung auf und auch dadurch können Bakterien resistent werden. Durch die Untersuchung des Rachens, der Ohren und durch Abhören der Lunge kann der Arzt deutliche Hinweise auf eine bakterielle Infektion bekommen und dann gezielt Antibiotika verschreiben. Im Rahmen eines grippalen Infek-
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tes sind Zusatzinfektionen mit Bakterien möglich und müssen dann, aber erst dann, mit Antibiotika behandelt werden. Ein Virusinfekt erklimmt am dritten Tag seinen Höhepunkt, durchaus auch mit höherem Fieber und klingt in der Regel innerhalb einer Woche wieder ab. Längere Verläufe bis zu 14 Tagen sind aber auch möglich. Unser Immunsystem wird mit einem Virusinfekt fertig. Unterstützende Maßnahmen wie Bettruhe, viel trinken, pflanzliche Hustensäfte und bekannte Hausmittel helfen, die Symptome zu lindern. Wussten Sie. dass Fieber eine heilende Wirkung hat und damit Viren abgetötet werden? Fieber ist ein starkes, das Immunsystem stimulierendes Prinzip der Selbstheilung. Aber es ist auch ein Feuer das man hüten muss, damit es nicht gefährlich wird. Ab 40° C sind fiebersenkende Maßnahmen mit Wadenwickel und auch Paracetamol durchaus angezeigt. Ich bin immer wieder erstaunt zu hören, dass viele Patienten gar kein Fieberthermometer zu Hause haben, wenn ich nach der Höhe des Fiebers frage. Ein Fieberthermometer gehört in jeden Haushalt. Ernähren Sie sich gesund und rauchen sie nicht – dann haben Sie auch mit weniger Infekten zu kämpfen. Ihr Ihr Wolfgang Bosch
Dr. med. Wolfgang Bosch Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Kronenstraße 30 73760 Ostfildern www.praxis-bosch-hauser.de
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Gesunde Füße: Darauf stehen wir!
Mit ihren 26 Knochen, 33 Gelenken und über 100 Sehnen, Muskeln und Bändern sind unsere Füße ein Wunderwerk der Natur. Klaglos tragen sie uns durch den Alltag, wobei sie, weil wir immer dicker werden, oft ein erhebliches Gewicht zu schleppen haben. Während ihres Lebens laufen die meisten Menschen einmal um die Erde herum – das sind über 40 000 Kilometer! Grund genug, sie pfleglich zu behandeln. Solange unsere Füße gut funktionieren, schenken wir ihnen kaum Beachtung; oft werden sie sogar sträflich vernachlässigt und in unbequeme oder schlecht passende Schuhe gequetscht. Doch sobald wir älter werden, beginnen die Fußgelenke unter den Belastungen des Alltags zu leiden: Die Beweglichkeit nimmt ab und die Schmerzen nehmen zu, bis jeder Schritt zur Qual wird. Im Rahmen der Vortragsreihe „Gesundheit beginnt im Kopf“ erklärte der Fußexperte Dr. Michael Gabel im Gespräch mit dem Veranstalter Dr. Suso Lederle, wie man Fußprobleme diagnostiziert und behandelt – und was man tun kann, damit sie gar nicht erst entstehen. nser zunehmendes Übergewicht ist sicherlich ein Problem, weil die Last auf den Füßen dadurch einfach zu groß wird. Sport ist wichtig, um uns fit und schlank zu halten. Aber kann man sich beim Sport denn nicht auch überlasten und seinen Füßen dadurch schaden? Sicherlich. Nicht jeder Mensch ist der geborene Läufer oder Jogger. Bei manchen ist das Gewebe einfach weniger belastbar, sodass Bänder und Sehnen dem Joggen nicht ohne weiteres standhalten. Es wird ja ständig neues Sehnengewebe gebildet; wenn dieser Reparaturmechanismus ab einem bestimmten Lebensalter nicht mehr richtig funktioniert, kann so eine Sehne sich entzünden und auch
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mal relativ spontan reißen. Für jemanden, bei dem die Sehnen und Bänder nicht mehr hundertprozentig intakt sind, wäre es vielleicht besser, statt des Joggens lieber wandern zu gehen. Ein Wanderstiefel bietet dem Fuß auch viel besseren Halt als ein Laufschuh. Dr. Lederle: Muten manche Menschen sich beim Sport vielleicht einfach zu viel zu, oder wie ist die relative Häufigkeit von Sportunfällen zu erklären? Dr. Gabel: Ein Unfall kann natürlich durch eine völlig unerwartete Kraft von außen entstehen – zum Beispiel wenn man in ein Loch im Boden tritt, das man in der Dunkelheit nicht sieht. Dagegen ist kein
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Sportler gefeit. Oder es kann durch Umknicken zu Bänderrissen im Sprunggelenk kommen. Ein anderes Problem ist sicherlich die chronische Überlastung: Wenn ein Fuß z. B. in seiner Wölbung keine ganz stabile Struktur hat und sein Besitzer trotzdem meint, er müsste immer wieder an einem Halbmarathon teilnehmen, dann kann es natürlich auch mal zu Sehnenproblemen kommen. Vielleicht ist in diesem Freizeitsport heute auch ein bisschen zu viel Ehrgeiz drin: Nur weil der Kollege so schnell rennen kann, muss man selbst es auch schaffen; und dann nimmt man vielleicht lieber schnell noch mal eine Schmerztablette und macht weiter, statt sich eine Pause zu gönnen, obwohl der Schmerz einem ja eigentlich die Grenzen seines Körpers aufzeigen sollte. Eine Prognose in dem Sinn: „Sie kriegen ein Problem mit den Füßen und Sie nicht“ kann man als Arzt nicht stellen. Aber wer mit Anfangsproblemen sensibel umgeht und rasch erkennt, ob vielleicht der Laufschuh oder der Laufstil verbesserungsbedürftig ist oder ob er nicht vielleicht auch ein persönliches Limit hat, das nicht überschritten werden sollte, kann einer Verschlimmerung von Fußproblemen sicherlich vorbeugen. Es ist sicherlich nicht jeder für einen Halbmarathon geeignet. Dr. Lederle: Zu Ihnen kommen Patienten mit allen möglichen Beschwerden: Schwellungen am Fuß, Schmerzen beim Gehen … Was führt man als Fußorthopäde für Untersuchungen durch, um auf die richtige Diagnose zu kommen? Dr. Gabel: Zunächst führe ich mit dem Patienten ein Gespräch und frage ihn, welche Krankheiten bekannt sind: Leidet er beispielsweise an einem Diabetes mellitus, hat er Gefühls- oder Durchblutungsstörungen? Als Nächstes kommt die Familienanamnese: Hat irgendjemand in der Familie des Patienten schon mal ein ähnliches Problem gehabt? Und natürlich frage ich auch: „Wo tut es Ihnen denn weh und bei welcher Gelegenheit?“, denn auch am Schmerzcharakter kann man schon einiges ablesen. Schmerz, der in Ruhe auftritt – etwa nächtliche brennende Schmerzen –, ist z. B. eher einem Nervenproblem zuzuordnen, während eine Arthrose eher bei Belastung wehtut. Dann folgt die körperliche Untersuchung, die ebenfalls viele Hinweise auf die Ursache des Fußproblems gibt. Bei einer Hautrötung (gerade am großen Zeh) muss man beispielsweise an eine
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Gicht denken. Außerdem begutachte ich die Beinachse des Patienten – ist sie gerade oder hat er womöglich X- oder O-Beine? Manchmal lasse ich ihn auch bestimmte Bewegungen ausführen und frage ihn, ob ihm dabei irgendetwas wehtut. Als nächster Schritt kommen apparative Untersuchungen hinzu: beispielsweise Röntgenaufnahmen zur Darstellung der knöchernen Struktur oder Ultraschalluntersuchungen, die Probleme im Weichteilbereich anzeigen können. Wenn man herausfinden möchte, ob eine Sehne entzündet ist, bietet sich eine Ultraschalluntersuchung oder Kernspintomografie an. So kommt man zu einer ersten Verdachtsdiagnose, die sich dann im Lauf der Therapie weiter erhärtet. Dr. Lederle: In der hausärztlichen Praxis sieht man am häufigsten Patienten, die sich den Fuß vertreten haben oder umgeknickt sind: Der Fuß tut weh, ist geschwollen, manchmal ist ein Bluterguss zu sehen. Was tut man in so einem Fall? Dr. Gabel: Auch hier ist natürlich erst mal eine Anamnese wichtig: Wie war der Unfallmechanismus? Beim Umknicken kommt es meistens zu einer Distorsion, also einer Zerrung des oberen Sprunggelenks. Es gibt drei Bänder am Außenknöchel, die in so einem Fall manchmal auch reißen können. Ob ein solcher Bänderriss vorliegt, kann ich mithilfe einer speziellen Untersuchungstechnik testen. Bei Verdacht auf einen Knochenbruch kann eine Röntgendiagnostik Aufschluss geben. Nach den Leitlinien bedarf eine Distorsion dann weiterer Diagnostik, wenn die typischen Fußbeschwerden nach sechs bis acht Wochen immer noch nicht zurückgegangen sind. Dann sollte man eine Kernspintomografie durchführen. Das Kernspin zeigt ja insbesondere Wasseransammlungen an, die auf entzündliche Prozesse wie beispielsweise einen Bänderriss hindeuten. Auch bestimmte Knorpelabscherungen sieht man nur im Kernspin. Dr. Lederle: Früher hat man bei Bänderrissen öfter operiert. Heute ist man da zurückhaltend. Dr. Gabel: Ja, diese Bänder am Außenknöchel werden heute konservativ mit einer Schiene behandelt, die der Patient Tag und Nacht tragen muss. Nach sechs Wochen ist der Bänderriss in der Regel stabil ausgeheilt. Dann kommt das Training: Gleichgewichtsübungen, Muskelaufbau. Solche Bänderris-
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Das Röntgenbild links zeigt einen Hallux rigidus im mittleren Stadium, die beiden Bilder daneben zeigen ein fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung.
se hat man früher genäht, aber dann im Rahmen von Studien festgestellt: Es bleibt ungefähr die gleiche Anzahl an Bändern instabil – egal, ob man nun operiert oder nicht. Zu mir in die Klinik kommen nach ungefähr einem halben Jahr Bänderriss-Patienten, die sagen: „Ich knicke jetzt immer um.“ Bei diesen Patienten ist der Riss dann eben nicht stabil verheilt; die werden auch heute noch operiert, denn wenn man das nicht tut und der Patient immer wieder umknickt, geht irgendwann der Knorpel kaputt, und es entsteht eine Arthrose. Diese Verschleißerkrankung des Gelenks kommt am Sprunggelenk ohne Ursache selten vor, es geht meistens irgendetwas voraus. Das kann zum Beispiel ein scheinbar banaler Bänderriss sein, der nicht richtig ausgeheilt ist. Dr. Lederle: Kann auch an anderen Gelenken am Fuß Arthrose auftreten? Dr. Gabel: Sehr bekannt ist die Hallux rigidus-Erkrankung; auch das ist eine Arthrose, und zwar am Grundgelenk des großen Zehs. Hallux heißt ja „großer Zeh“, und rigidus bedeutet „steif“. Im Anfangsstadium können wir den Verschleiß durch eine Operation aufhalten. Doch wenn er zu weit fortgeschritten ist, kann man nichts mehr machen, dann versteift das Gelenk. Dr. Lederle: Besonders häufig ist der Ballenzeh oder Hallux valgus, den sehe ich bei jedem zweiten oder dritten Patienten. Meine Patienten stellen mir dazu immer zwei Fragen: „Warum habe ich das?“ und „Was kann ich dagegen tun?“ Wo liegt denn die Ursache für diese Fußfehlstellung? Dr. Gabel: Frauen sind etwas häufiger davon betroffen als Männer. Das liegt auch an einer gewissen hormonell bedingten Schwäche des Bindegewebes: Während einer Schwangerschaft werden die Füße der Frau teilweise eine Nummer größer und geben in ihrer Bindegewebsstabilität etwas
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nach. Aber wir sehen auch schon 12-, 13-jährige Kinder und Jugendliche mit 16 oder 17 Jahren, die so starke Beschwerden haben, dass sie beim Sport nicht mitmachen können und teilweise sogar operiert werden müssen. Sicherlich spielt auch das Schuhwerk eine Rolle: Man kann zwar nicht sagen, dass Schuhe mit hohen Absätzen zwingend den Fuß kaputtmachen. Doch solche Schuhe jeden Tag zu tragen, ist nicht gut; und wer ein Fußproblem (beispielsweise Druckstellen bei einem Diabetes) hat, der darf sie nicht mehr anziehen. Studien zeigen, dass Naturvölker, die sich der westlichen Lebensweise anpassen, plötzlich auch Spreizfuß- und Hallux valgus-Probleme bekommen, die es früher bei ihnen nicht gab. Da fragt man sich natürlich: Liegt das an den Schuhen oder am harten Boden? Wir wissen es nicht. Sicherlich spielt auch die erbliche Veranlagung eine gewisse Rolle, denn in manchen Familien kommen Spreizfuß und Hallux valgus gehäuft vor. Dr. Lederle: Und wann würden Sie beim Hallux valgus zu einer Operation raten? Dr. Gabel: Das kommt auf die Beschwerden an. Gegen einen Hallux valgus können auch Fußübungen helfen: zum Beispiel, die Zehen zu spreizen, damit der Zeh mehr Kraft bekommt und sich gerade richtet oder zumindest über die Jahre nicht so schnell krumm wird. Doch ab einem bestimmten Erkrankungsgrad kommt man mit Fuß- und Zehengymnastik nicht mehr weiter; außerdem passen die Schuhe irgendwann nicht mehr, weil der Vorfuß ja immer breiter wird. Wenn der Schmerz so schlimm wird, dass er den Alltag beeinträchtigt, kann man den Zeh operativ begradigen. Dr. Lederle: Wie lange ist der Patient nach so einem Eingriff in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt? Dr. Gabel: Er muss nach der Operation keinen Gips, sondern lediglich einen Vorfußentlastungsschuh tragen. Dazu empfehle ich anfangs oft auch noch Unterarmgehstützen. Nach sechs Wochen ist die Wunde in der Regel verheilt. Aber auch in diesen ersten sechs Wochen kann man schon viel tun, z. B. Bewegungsübungen machen, damit man keine Thrombose bekommt. Danach kann der Fuß aber immer noch geschwollen sein. Als Nächstes braucht der Patient Krankengymnastik und gege-
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benenfalls Lymphdrainage. Bis die Beschwerden völlig verschwunden sind, kann es schon ein halbes bis Dreivierteljahr dauern. Dr. Lederle: Kann man auch im Kindesalter schon gegensteuern, wenn man Tendenzen zu einer Fuß- oder Beinfehlstellung bemerkt? Dr. Gabel: Bei Fehlstellungen aufgrund von Muskelschwäche ist Krankengymnastik sinnvoll, um den Fuß in seinem richtigen Wachstum zu fördern. Früher hat man Kindern oft Einlagen verschrieben. Davon sind wir inzwischen ein wenig abgekommen; aber es gibt durchaus Füße, die einer Führung bedürfen und bei denen Einlagen sinnvoll sind. Für Kinder gibt es Einlagen und Schienen (auch Nachtschienen), die verhindern, dass der Fuß in eine falsche Position kommt und die die Kinder so lange tragen müssen, bis der Fuß ausgewachsen ist. Dr. Lederle: Und wie steht es mit Einlagen für Erwachsene? Dr. Gabel: Es gibt verschiedene Arten von Einlagen: Kindern verschreibt man korrigierende Einlagen. Den erwachsenen Fuß kann man nicht mehr korrigieren, sondern nur noch vor Überlastung schützen oder (beim diabetischen Fuß) betten. Es gibt durchaus Studien, die dafür sprechen, dass Einlagen – auch für Erwachsene mit Fußproblemen – sinnvoll sind. Eine dieser Studien zeigt zum Beispiel, dass eine gute Fußbettung das Wiederauftreten von Fußgeschwüren (offenen Stellen an der Fußsohle) bei Diabetikern vermeidet. In einer anderen Studie wurden Briefträger untersucht und bei Fehlstellungen wie Spreiz- oder Plattfuß mit Einlagen versorgt. Der Orthopädieschuhmacher hat jedoch nach dem Zufallsprinzip nur der einen Hälfte dieser Briefträger eine schöne Einlage nach Maß für ihr spezielles Fußproblem angefertigt. Bei der anderen Hälfte verwendete er lediglich ein vorgefertigtes Fußbett, klebte eine Lederdecke darüber und setzte seinen Stempel darauf. Die Patienten wussten also nicht, ob sie eine speziell für ihren Fuß und ihr Problem geeignete Einlage oder lediglich ein „Placebo“ hatten. Die Patienten in der Placebogruppe nahmen ihre Einlagen schon nach ein paar Tagen wieder heraus und sagten: „Das ist mir zu umständlich, die immer in meine Schuhe einzulegen.“ Die Patienten in der ande-
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ren Gruppe dagegen trugen ihre Einlagen regelmäßig. Man hat in der Studie dann untersucht, wie oft es bei den Briefträgern zu Arbeitsausfällen aufgrund von Fußproblemen kam, und festgestellt, dass die Patienten mit den echten Einlagen viel mehr Briefe austrugen. Auch in Fragebögen, in denen die Briefträger über ihr Wohlbefinden und ihre Lebenszufriedenheit Auskunft geben mussten, schnitten die Patienten mit den echten Einlagen besser ab. Solche Einlagen werden vom Arzt verordnet und vom Orthopädieschuhmacher gefertigt. Der Patient trägt sie zwei bis drei Wochen, dann überprüft der Arzt, ob die Einlage richtig ist oder noch einmal überarbeitet werden muss. Dr. Lederle: Die Orthopädietechnik ist für Ihre Arbeit ein wichtiger Partner, vor allem beim diabetischen Fuß. Was für Probleme haben Diabetiker mit ihren Füßen? Dr. Gabel: Unter der Volkskrankheit Diabetes leiden viele Menschen. Diese Stoffwechselerkrankung kann Blutadern befallen, sodass eine arterielle Verschlusskrankheit auftritt, oder auch Nerven betreffen und eine Polyneuropathie auslösen. So entstehen Probleme an den Augen, am Herzen und an der Niere oder eben auch der sogenannte diabetische Fuß. Bei Durchblutungsproblemen kann es sein, dass ein Zeh sich entzündet und im schlimmsten Fall vielleicht sogar amputiert werden muss. Solche Patienten sehe ich nicht so häufig, ich bin ja kein Gefäßchirurg. Zu mir als Orthopäde kommen die Patienten eher mit anderen Fußproblemen, z. B. mit einem Hallux valgus. Den haben sie oft schon seit vielen Jahren, und er tut ihnen auch nicht weh, weil sie ja kein richtiges Gefühl in den Füßen haben, aber auf einmal entzündet sich der Zeh, und es entstehen offene Stellen, über die Bakterien in die Wunde gelangen können. Beim Diabetiker heilen Wunden schlechter ab als bei gesunden Menschen, sodass schon ein kleiner Riss oder eine Blase zu Geschwüren führen kann. Für so eine Entzündung gibt es natürlich Warnzeichen: Der Fuß wird rot oder schmerzt und schwillt an. Doch da
Man kann zwar nicht sagen, dass Schuhe mit hohen Absätzen zwingend den Fuß kaputtmachen. Doch solche Schuhe jeden Tag zu tragen, ist nicht gut.
beim Diabetiker das Schmerzempfinden fehlt, bekommt er davon oft gar nichts mit. Dr. Lederle: Wie kann man als Diabetiker verhindern, dass Fußverletzungen sich unbemerkt verschlimmern? Dr. Gabel: Man sollte seine Füße genau beobachten und für Stellen, die man nicht sehen kann, einen Spiegel verwenden. Und man kann auch einmal pro Woche einen Angehörigen bitten, nachzuschauen, ob es irgendwo rote Stellen oder Hornhautschwielen gibt. Dr. Lederle: Und wie kann der Orthopäde einem Patienten mit diabetischem Fußsyndrom helfen? Dr. Gabel: Das Problem beim Diabetiker ist ja, dass sein Gewebe nicht mehr hundertprozentig gesund ist, sodass schon der normale Druck des Gehens oder auch ein eigentlich guter Schuh zu Druckstellen führen kann. Deshalb muss man beim diabetischen Fuß vor allem eine Druckentlastung anstreben. Zweitens wirkt sich die Nervenschädigung bei einem Diabetes auch negativ auf die Muskelnerven aus. Die kleinen Muskeln im Fuß werden über Nerven angesteuert. Diese Nerven spielen eine sehr wichtige Rolle, denn sie sorgen dafür, dass die Zehen gerade sind. Sie können in Schuhen und durch unsere harten Böden, aber auch bei Erkrankungen mit Gefühlsstörungen wie beispielsweise Diabetes verkümmern; dann entstehen Hammerzehen, die zusätzliche Druckstellen verursachen. In so einem Fall ist es doppelt wichtig, durch eine Fußbettung den Druck von unten zu entlasten. Eine Abrollhilfe an der Sohle des Schuhs bringt weitere Druckentlastung. Außerdem müssen diese Hammerzehen natürlich oben Platz im Schuh haben. Deshalb brauchen solche Patienten einen diabetischen Schutzschuh, der mehr Volumen bietet, aber auch eine gute Schnürung hat, um dem Fuß Halt zu geben. Außerdem darf der Schuh vorne keine harte Kappe und auch keine Ziernähte aufweisen, die ebenfalls Druckstellen am Fuß verursachen können. Solche Schuhe gibt es bei bestimmten Firmen noch als Konfektionsware. Bei noch schlimmeren Fehlstellungen braucht man dann einen orthopädischen Schuh, der nach Maß für den einzelnen Patienten angefertigt wird. Wenn man all diese Dinge beachtet, kann man eine Amputation häufig vermeiden. Dr. Lederle: Wie sollte ein Diabetiker seine Füße pflegen? Dr. Gabel: Diabetiker bekommen oft Risse an den Füßen, weil die Haut bei ihnen trockener ist. Manche glauben, sich etwas Gutes zu tun, indem sie ihre Füße mit einer Fettsalbe eincremen. Fett ist in diesem Fall aber gar nicht so wirksam, die Creme sollte Harnsäure enthalten. Wenn man die Füße mit so einer Creme zweimal am Tag einreibt, verschwinden die harten
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Hornhäute und Risse. Man sollte als Diabetiker auf keinen Fall selbst an der Hornhaut herumschneiden, sondern lieber regelmäßig zu einem medizinischen Fußpfleger (Podologen) gehen. Viele Podologen sind auf die Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom spezialisiert. So ist es zum Beispiel gerade bei Diabetikern wichtig, dicke Hornhäute zu entfernen und die Nägel so zu behandeln, dass sie sich nicht ins Fleisch bohren. Normalerweise muss man so eine Fußpflege selbst bezahlen; doch Diabetiker können sich ein Rezept ausstellen lassen, dann werden die Kosten von der Krankenkasse erstattet. Dr. Lederle: Sie sind Leiter eines von der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie zertifizierten diabetischen Fußzentrums. Die Diabetologen sind sehr froh darüber, dass es solche Spezialisten gibt, denn der Fuß war viele Jahre lang eine Art Grauzone im Bereich der Diabetologie. Dr. Gabel: Das stimmt. Bei Patienten, die in solchen Spezialambulanzen für das diabetische Fußsyndrom behandelt werden, müssen nachweislich viel seltener Amputationen vorgenommen werden als bei denjenigen, die mit ihren Fußproblemen irgendwo anders hinkommen; da wird schnell mal ein Zeh amputiert, den man eigentlich noch retten könnte, oder es wird ein Vorfuß abgenommen, obwohl man doch wenigstens den großen Zeh und zwei Nachbarzehen noch hätte erhalten können. Je schonender man bei der Amputation vorgeht, umso besser: Auch ein Rückfußstumpf, bei dem noch die Ferse dran ist, ist für den Patienten viel weniger belastend als ein Unterschenkelstumpf. Denn wenn man nachts mal rausmuss, kann man auf so einem Fersenbein problemlos die paar Schritte bis zur Toilette laufen; aber bei einer Unterschenkelamputation muss man jedes Mal die Prothese dranmachen oder Krücken nehmen oder einen Nachtstuhl verwenden. Außerdem kommen Diabetiker, die ja meistens auch schon etwas älter sind, nach einer großen Amputation schlechter wieder auf die Beine. Deshalb sind Spezialambulanzen zur Behandlung des diabetischen Fußsyndroms so wichtig.
Dr. med. Dr. h.c. Michael Gabel ist Chefarzt am Fußzentrum Stuttgart mit technischer Orthopädie und Rheumaorthopädie, Sektion Kinder- und Neuroorthopädie in der Sana Klinik Bethesda Stuttgart.
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PRIV VATĂ„RZTLIC Ă„ HE TAGESKLINIK UND AMBUL ANZ IM HERZEN S TUTTGARTS Behandlungsschwerpunkte
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‡ Stresserkrankungen und Leistungseinbruch in n Folge von Belastung (z. B. „Burnout“) ‡ akute berufliche und private Krisensituationen n ‡ Depressionen und Ă„ngste ‡ stressbedingte KĂśrperbeschwerden ‡ EssstĂśrungen ‡ Folgen psychischer Traumatisierung ‡ akute Krisensituationen
MaĂ&#x;geschneider te und ef fektive Therap pie
Alles unter einem Dach Orthopädie
‡ flexibles Setting: Auszeit aus dem Beruf oder Therapie, die in den Alltag integrierbar ist ‡ maĂ&#x;geschneider te Behandlung in Intensität u und Frequenz ‡ groĂ&#x;es Spektrum der Therapiemethoden
Prophylaxe, Coaching, Check-up
Schmerztherapie
‡
Naturheilverfahren Ambulante Rehabilitation
‡ ‡
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Das Gesundheitsgespräch mit Johannes Bauernfeind
REHA – Trotz Krankheit wieder fit für den Alltag Sind eine Krankheit oder die Folgen eines Unfalls in der Klinik erst einmal behandelt, ist der Betroffene in der Regel noch lange nicht fit genug, wieder an seinen Arbeitsplatz oder in seine ursprüngliche Umgebung zurückzukehren. Der Körper muss erst wieder behutsam an die Anforderungen des Alltags gewöhnt werden. Dazu gibt es zahlreiche Angebote, eine spezielle Rehabilitation ambulant oder auch stationär durchzuführen. Werner Waldmann sprach mit dem Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils, Johannes Bauernfeind, welche Rehamöglichkeiten es gibt.
Werner Waldmann: Herr Bauernfeind, was sind die häufigsten Gründe für eine Reha? Johannes Bauernfeind: Die Gründe für eine Reha sind vielfältig. Oft liegen orthopädische Diagnosen zu Grunde, hauptsächlich Knie- und Hüftoperationen. Bei älteren Patienten sind meist Stürze die Ursache, etwa Schenkelhalsbrüche. Auch Herzinfarkte und neurologische Ursachen (Schlaganfall, Hirnblutung) kommen im Alter hinzu. Altersunabhängig nehmen psychiatrische Ursachen wie etwa Depressionen und Krebserkrankungen stetig zu. Werner Waldmann: Worin liegt die Bedeutung der Reha für den Betroffenen und die Gesellschaft? Johannes Bauernfeind: Wir möchten mit einer Reha-Maßnahme die Lebensqualität des Betroffenen verbessern. In bestimmten Fällen kann auch die Erwerbsfähigkeit erhalten werden und Pflegebedürftigkeit oder Behinderung vermindert werden. Erfolgreiche Reha-Maßnahmen können somit auch das Gesundheitswesen und die Rentenversicherung von Folgekosten entlasten. Werner Waldmann: Werden Patienten nach erfolgter Behandlung ihrer Krankheit vom Arzt auf die Notwendigkeit einer Reha hingewiesen? Johannes Bauernfeind: Dem behandelnden Arzt kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Wir gehen davon aus, dass der Arzt die Notwendigkeit einer Reha erkennt. Im Krankenhaus werden die Patienten auch vom Sozialdienst des Krankenhauses beraten, der auch direkt die Anträge an eine Anschluss-Reha stellt. Im ambulanten Bereich stellt der behandelnde Arzt den Antrag. Dann können wir uns um alles Weitere kümmern.
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Werner Waldmann: Wann hat man eigentlich einen Anspruch auf eine Reha? Johannes Bauernfeind: Wenn eine Reha die geeignete Maßnahme ist, dann ist der Anspruch selbstverständlich gegeben. Reha-Maßnahmen sollen einerseits Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abwenden und bei Beschäftigten die Erwerbsfähigkeit erhalten. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Krankengymnastik, Reha-Sport und eine fachärztliche Behandlung müssen aber vorher ausgeschöpft werden. Eine stationäre Anschluss-Reha nach einem Krankenhausaufenthalt kann auch immer direkt erfolgen. Werner Waldmann: Wer zahlt die Reha: die Krankenkasse oder die Rentenversicherung? Johannes Bauernfeind: Grundsätzlich ist für Beschäftigte die Rentenversicherung zuständig, wenn die Vorversicherungszeit erfüllt ist. Hierzu muss der Betroffene in den vergangenen zwei Jahren mindestens ein halbes Jahr gearbeitet haben oder insgesamt 15 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Für Rentner und Betroffene, welche die Vorversicherungszeit nicht erfüllen, ist grundsätzlich die Krankenversicherung zuständig, ebenso für bestimmte selbständige Berufsgruppen. Werner Waldmann: Muss man selbst etwas zuzahlen? Johannes Bauernfeind: Bei einer Reha über die Krankenversicherung ist grundsätzlich ein Eigenanteil von zehn Euro pro Tag zu bezahlen. Ausgenommen sind unter Umständen Anschluss-Rehabilitationen nach einem Krankenhausaufenthalt und Langzeitrehabilitation. Werner Waldmann: Kann man sich den Reha-Ort selbst aussuchen? Johannes Bauernfeind: Auf Wünsche können wir in bestimmten Fällen eingehen. Im Vordergrund steht für uns immer die Qualität der Reha. Die Maßnahme muss zur Erkrankung passen. Wenn die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfüllt sind, berücksichtigen wir das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten. Wir haben in der Region ausgezeichnete Reha-Einrichtungen, die wir unseren Versicherten empfehlen.
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Werner Waldmann: Wann erfolgt die Reha stationär und wann ambulant? Johannes Bauernfeind: Wir schauen uns jeden Einzelfall genau an. Dabei berücksichtigen wir neben der zu Grunde liegenden Erkrankung auch die individuellen Verhältnisse wie den allgemeinen Gesundheitszustand oder die häusliche Situation. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ ist allerdings durch den Gesetzgeber vorgesehen. Werner Waldmann: Was passiert, wenn ein Familienmitglied zur Reha muss und niemand da ist, der sich um die Familie kümmern kann? Johannes Bauernfeind: In solchen Fällen gibt es einen Anspruch auf Haushaltshilfe. Wenn in einer Familie mit zwei kleinen Kindern die Mutter in eine stationäre Reha kommt und der Vater in dieser Zeit nur eingeschränkt arbeiten kann, weil er sich alleine um die Familie kümmern muss, dann kann zum Beispiel der Verdienstausfall übernommen werden. Werner Waldmann: Wenn Kinder zur Reha sollen, können sie von einem Elternteil begleitet werden? Wenn ja, wer trägt die Kosten für den Elternteil? Johannes Bauernfeind: Ja, Kinder bis 14 Jahren können von einem Elternteil in die stationäre Reha begleitet werden. Diese Kosten übernehmen die Rentenversicherung bzw. die Krankenkassen. Bei älteren Kindern wird von uns immer der Einzelfall geprüft. Werner Waldmann: Zahlt der Arbeitgeber das Gehalt während der Reha weiter? Johannes Bauernfeind: Während der Reha wird entweder das Gehalt vom Arbeitgeber weiterbezahlt, oder der Betroffene erhält Übergangsgeld von der Rentenversicherung.
Johannes Bauernfeind, Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils
Werner Waldmann: Gibt es eigentlich ausreichend Plätze für Menschen, die eine Reha in Anspruch nehmen sollten? Johannes Bauernfeind: Es gibt in Baden-Württemberg sehr viele Anbieter für Reha-Maßnahmen und ausreichend Reha-Plätze. Für bestimmte Maßnahmen, etwa bei psychischen oder schweren neurologischen Erkrankungen kann es aber unter Umständen zu Wartezeiten in Spezialkliniken kommen.
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Leben braucht Luft Frei zu atmen ist für uns selbstverständlich. Rund 25 000 Mal holen wir am Tag Luft, ganz automatisch. Atmen geht von selbst. Doch erst, wenn unsere Lunge nicht mehr so regelgerecht funktioniert und wir mit der Atmung Probleme bekommen, wissen wir zu schätzen, welche Bedeutung freiem Atmen für unsere Lebensqualität zukommt. Wir sollten uns auch bewusst machen, was unsere Lunge so leisten muss. 13 000 Liter Luft atmen wir tagtäglich ein und aus. Über die Lunge wird der Organismus mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgt. Gehirn, Herz und Muskeln brauchen Sauerstoff, um zu funktionieren. Die Lunge agiert aber auch als Filter, hält Schadstoffe und Krankheitserreger fern.
„Wir vom Vital-Zentrum Glotz sind nicht nur dafür da, bestimmte Hilfsmittel zu liefern. Wir beraten und begleiten unsere Kunden, solange sie unsere Unterstützung brauchen.“ Joachim Glotz
Wer raucht – die Folgen des Rauchens lesen wir auf jeder Zigarettenpackung –, wer also raucht, sorgt dafür, dass ihm das Atmen immer schwerer fällt. Und wer nur noch schlecht Luft bekommt, dem fällt jede Bewegung immer schwerer. Treppensteigen, Einkaufen, Spaziergänge, die kleinste Bewegung strengt an und dieser Zustand verschlimmert sich stetig. COPD heißt die Krankheit, die mittlerweile eine Volkskrankheit ist. COPD steht für „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“, also obstruktive Lungenerkrankung. Dabei sind die Bronchien verengt oder die Lungenbläschen krankhaft überbläht. COPD ist häufiger als Diabetes. Man geht davon aus, dass jeder Achte über 40 davon betroffen ist. Wenn die Luft knapp wird, werden diese Patienten im Krankenhaus behandelt, doch irgendwann müssen sie wieder nach Hause. Ohne Sauerstoff geht es aber nicht. Diesen bekommen sie über eine Nasenbrille. Das sind zwei dünne Plastikschläuche, die unter den Nasenlöchern mit Sauerstoff versorgen. Den Sauerstoff liefert ein Gerät, ein Sauerstoffkonzentrator, der mit elektrischer Energie der Umgebungsluft den Sauerstoff entzieht und dem Patienten zuführt. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Patient ein Gerät mit flüssigem Sauerstoff verwendet. Diese Geräte stellen wir als Home-
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Luftröhre und Bronchien werden von feinen Flimmerhärchen ausgekleidet. Diese befördern Schleim, Staubpartikel und Schadstoffe aus der Lunge heraus. Müssen jedoch zu viele Schadstoffe abtransportiert werden, erzeugen winzige Drüsen in der Schleimhaut besonders viel Schleim, der die Bronchien dauerhaft verstopft. Die zurückbleibenden Schadstoffe schädigen die Schleimhaut und entzünden diese. Die ringförmigen Muskeln der Bronchienwände verkrampfen sich und verengen die Atemwege. Diese Entwicklung schreitet leider fort: Das Atmen fällt so immer schwerer.
care-Versorger den Patienten auf ärztliche Verordnung zur Verfügung. Das ist aber nicht alles. Diese Patienten brauchen eine 100-prozentig zuverlässige Versorgung mit Sauerstoff und eine kontinuierliche Beratung, damit sie mit ihrem Gerät umgehen können. Manche Patienten sind nicht mehr mobil, sodass unsere Fachberater zu ihnen nach Hause kommen. Ein Sauerstoffkonzentrator eignet sich für Patienten in der häuslichen Versorgung. Der Sauerstoff wird aus der Raum-
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luft gewonnen und dem Patienten konzentriert zugeführt. Für Patienten, die noch mobil sind, eignet sich eher Flüssigsauerstoff: Zu Hause steht ein Sauerstofftank, an dem sich der Patient sein kleineres mobiles Gerät abfüllt. So lässt sich damit auch außer Haus Sauerstoff inhalieren. Wie lange hält nun dieser Sauerstoffvorrat? Das hängt ab vom Flow, also wie viel Liter Sauerstoff der Patient pro Minute einatmet und wie viele Stunden am Tag. Eine Faustregel besagt: Bei einem Flow von 2 Litern über 24 Stunden hält der Tank mit Flüssigsauerstoff rund 11 Tage, das mobile Versorgungsgerät weitaus weniger. Längere Reisen sind damit nicht möglich, da die Krankenkassen die Versorgung nur für einen zwei- bis dreiwöchigen Urlaubsaufenthalt bezahlen und diesen meist nur am Stück. Und dies gilt nur für Deutschland. Entweder versorgen wir diese Patienten selbst mit Flüssigsauerstoff oder unsere Partnerunternehmen übernehmen dies. Möglich ist auch, dass wir diesen Patienten einen mobilen Sauerstoffkonzentrator mitgeben. Dies allerdings auch nur innerhalb Deutschlands. Wen es ins Ausland zieht, der muss seinen mobilen Sauerstoffkonzentrator selbst bezahlen. Wer nicht zu viel Sauerstoff benötigt, fährt mit einem mobilen Sauerstoffkonzentrator besser. Er braucht nur eine Steckdose und kann sich so wieder mit Sauerstoff versorgen. Wir als Homecare-Versorger können den Krankenkassen gegenüber nicht die real anfallenden Kosten abrechnen, sondern müssen mit einer Versorgungspauschale auskommen, egal wie aufwendig die jeweilige konkrete Versorgung ausfällt. Unübersehbar ist ein Trend, dass die von den Kassen erstatteten Pauschalen von Jahr zu Jahr sinken. Der Versorgungsaufwand dagegen bleibt gleich. Und wir können und wollen diese sinkenden Erlöse nicht an unsere Patienten weitergeben, die ohnehin schwer an ihrer Krankheit zu tragen haben. Wir wollen unseren Patienten echte Lebensqualität bieten. Das ist ein Spagat, der mir oft Kopfzerbrechen bereitet. Es sind nicht so sehr die Materialkosten, also der Sauerstoff, es ist die Logistik. Wir sind verpflichtet, unseren Sauerstoffpatienten sieben Tage die Woche rund um die Uhr Service anzubieten. Wenn der Sauerstoff ausgeht oder der
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Konzentrator defekt ist, müssen wir umgehend einen unserer Techniker zum Patienten schicken. Noch intensiver gestaltet sich die Betreuung der Patienten, die invasiv beatmet werden. Die Krankenkassen sehen es gerne, wenn diese Patienten rasch aus der Klinik ins heimische Umfeld oder in eine Betreuungseinrichtung entlassen werden. Klinische Intensivpflege ist enorm teuer. Diese Patienten leiden unter schweren Erkrankungen wie Mus-
„Unsere Mitarbeiter stehen immer zur Verfügung. Unser Notdienst ist 24 Stunden erreichbar.“
kelatrophien, Lungenemphysem oder amyotropher Lateralsklerose, die ihnen das selbstständige Atmen unmöglich macht. Sie müssen also kontinuierlich invasiv beatmet werden. Der Zugang zur Luftröhre und damit zur Lunge wird mit einer Trachealkanüle durch eine Öffnung am Hals sichergestellt. Diese Öffnung wird durch einen Luftröhrenschnitt in der Klinik hergestellt. Unsere Mitarbeiter – es versteht sich von selbst, dass diese eine umfassende Schulung durchlaufen haben müssen – klären die Betroffenen und ihre Angehörigen in aller Ruhe zu allen Aspekten auf, die bei einer invasiven Beatmung zum Tragen kommen. Allerdings ist die Betreuung und Beratung sehr aufwendig. Auch bei technischen Problemen müssen unsere Mitarbeiter den Patienten rund um die Uhr beistehen. Zwar haben beatmungspflichtige Patienten immer ein Ersatzgerät zur Hand, dennoch muss der Berater so rasch es geht die Patienten persönlich aufsuchen. Egal ob an Sonntagen oder Feiertagen: Unsere Mitarbeiter stehen immer zum Einsatz bereit. Unser Notdienst ist 24 Stunden erreichbar.
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Diabetes stoppen!
Mit Präzisionsstoffwechselmedikamenten gegen Diabetes
ie Adipositas-Chirurgie hat einen bislang unerklärlichen Nebeneffekt. Bevor der Operierte abnimmt, ist sein Diabetes verschwunden. Die Forschung arbeitet daran, den metabolischen Effekt der Adipositas-Chirurgie mit Medikamenten nachzuahmen. Die Forscher sind zuversichtlich. „In 50 oder vielleicht sogar 20 Jahren wird es die Diabetesepidemie hoffentlich nicht mehr geben!“ So Prof. Matthias Tschöp vom Helmholtz Zentrum in München. Dieses Wunder namens Präzisionsstoffwechselmedizin soll die Anwendung von Kombinationstherapien und Multi-Target-Molekülen bewirken, die den Fett- und Zuckerstoffwechsel an
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unterschiedlichen Stellen simultan und molekular gezielt beeinflussen. Diese multimodale Wirkung erklärt auch den Erfolg der Adipositas-Chirurgie. Offenbar hat der Umbau des Magen-Darmtraktes durch die Operation diesen metabolisch günstigen Effekt. Ein Magenbypass lässt etwa das Hormon Glukagon-like Peptid 1 (GLP-1) ansteigen. In Versuchen mit Mäusen klappt das schon einigermaßen. Doch der Weg ist noch weit. Prof. Tschöp: „Das Ziel ist letztlich ein Portfolio von Medikamenten, die unterschiedliche Stoffwechselorgane ansteuern und gleichzeitig Nebenwirkungen vermeiden.“
Frauen herzgefährdeter als Männer!
Frauenherzen schlagen anders!
eit dem aktuell vorliegenden Deutschen Herzbericht wissen wir es genau: Es sterben deutlich mehr Frauen an Herzkrankheiten als Männer! Diese Tatsache sollten wir sehr ernst nehmen. Auffällig ist die höhere Sterblichkeit bei Frauen mit Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Klappenerkrankungen. Der Präsident der Deutschen Herzstiftung, Prof. Thomas Meinertz: „Frauen mit diesen Herzerkrankungen haben offenbar eine ungünstigere Prognose als Männer.“ Diese auffälligen Sterblichkeitsunterschiede bestehen seit Jahren, sie stehen im Kontrast zur stationären Erkrankungshäufigkeit, die bei Männern deutlich
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höher ist. Die Sterbeziffer bei Herzinsuffizienz lag bei Männern pro 1000 Einwohner bei 40 Toten, bei Frauen immerhin bei 69! Offensichtlich werden Frauen auch seltener behandelt und weniger gut versorgt als Männer! Männern werden auch mehr Herzmedikamente verordnet als Frauen. Freilich muss man frauenspezifische Besonderheiten beachten wie z. B. hormonelle Unterschiede, Wirkunterschiede von Medikamenten auf Grund von Stoffwechselprozessen, unterschiedlicher Anatomie der kleinen Herzkranzgefäße und vor allem die verminderte Wahrnehmung von Herzinfarktsymptomen bei Frauen, besonders in hohem Alter.
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Gesundheit beginnt im Kopf Die Kolumne von Dr. Suso Lederle Alles Feinstaub oder was? mmer dieser Feinstaub. Er ist nicht zu sehen, kaum zu riechen, und doch dringt er mit jedem Atemzug in die Lungen ein. Es sind fein in der Luft verteilte Partikel, eine Art Sondermüll aus vielfältigen Verbrennungsvorgängen und Abrieben auf den Straßen. Gesundheitlich relevant sind die Stäube je nach Teilchengröße: Unter 10 millionstel Meter gelangen sie in die Atemwege, unter 2,5 in die Lungenbläschen und unter 0,1 auch in den Blutkreislauf.
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Man kann sagen, je kleiner umso gefährlicher. Denn das menschliche Abwehrsystem erkennt diese Stäube nicht und so wandern sie ungehindert in die Zellen von Herz, Lunge und Blutgefäßen. Entzündungen und Gewebsveränderungen sind die Folge; und wer bereits krank ist, wird stärker betroffen sein. Atemwegserkrankungen nehmen zu. Aber es wird nicht nur mehr gehustet und schwerer geatmet: An Tagen mit schlechter Luftqualität schnellt auch das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte deutlich in die Höhe. Die Dunstglocke aus Feinstaub hemmt zudem die Lungenentwicklung von Kindern und fördert das Auftreten von Asthma und Allergien. Die Europäische Charta „Umwelt und Gesundheit“ fordert: ‚Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Umwelt, die ein höchstmögliches Maß an Gesundheit und Wohlbefinden ermöglicht.’ Deshalb: Achten Sie alle darauf, dass die Atemluft gesünder wird und wirken Sie darauf hin, dass sich keine verantwortlichen Politiker aus dem Staub machen können. Nur den Alarm auszurufen genügt nicht!
Dr. med. Suso Lederle Charlottenstraße 4 70182 Stuttgart Tel.: 0711 241774 E-Mail: suso-lederle@t-online.de
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VERANSTALTUNGEN 21.05.2017 11.00 –16.00 Uhr Als wärs ein Stück von mir – Patiententag des Transplantationszentrum Tübingen Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie Transplantationszentrum; Kliniken Berg Schnarrenberg; 72076 Tübingen Info: Yvonne Hary; Tel. 07071 29-86600 yvonne.hary@med.uni-tuebingen.de 12.06.2017 19.00 Uhr Innovation in der Kardiologie: Herzklappentherapie In den letzten zehn Jahren hat eine rasante Entwicklung bei der Behandlung von Herzklappenerkrankungen eingesetzt. Das bedeutet, dass immer seltener der Herzchirurg eingreifen muss. Dr. André Schneider (Klinikum Esslingen, Kardiologie) Altes Rathaus, Rathausplatz 1, 73728 Esslingen 28.06.2017 20.00 Uhr Mager- und Esssucht Das Gefü ̈hl zu dick zu sein oder Trost im Essen suchen zu mü ̈ssen, ist ein Problem fü ̈r viele. Doch was steckt hinter der Anorexia nervosa und der Bulimie? Welche Gefü ̈hle hat ein Mensch, der sich zwanghaft mit Nahrung ‚zustopfen’ muss oder umgekehrt, ständig Nahrung verweigert? Essstörungen sind Ausdruck seelischer Konflikte und eines gestörten Verhältnisses zu sich selbst und zu anderen Menschen. Welche Therapien können den Betroffenen aus ihrem schwer beeinträchtigten Leben helfen? Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Dr. Gü ̈nter Reich (Uni Göttingen) Treffpunkt Rotebühlplatz; Rotebühlplatz 28; Stuttgart 10.07.2017 18.00 Uhr Neues zur Behandlung des Schlaganfalls Der Schlaganfall ist eine häufige und oft sehr schwere Erkrankung, die bis vor wenigen Jahren nur unzureichend behandelt werden konnte. Für welche Patienten welche Behandlung infrage kommt und wie man einem Schlaganfall vorbeugen kann, wird in diesem Vortrag zur Sprache kommen. Prof. Dr. Hansjörg Bäzner, Neurologische Klinik, Katharinenhospital; Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Henkes, Neuroradiologische Klinik, Katharinenhospital Rathaus der Stadt Stuttgart Marktplatz 1; 70173 Stuttgart
Kompass Gesundheit 2/2017
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07.10.2017 Stuttgart
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Thementag Schlaf 2017 07.10.2017 • 9.00–16.00 Uhr Treffpunkt Rotebühlplatz • Rotebühlplatz 28 • 70173 Stuttgart Mehr Infos unter: www.dasschlafmagazin.de