Kompass Gesundheit 1/2012

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Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

Nr. 1 2012

TOP-THEMA

Laufen Sie sich glücklich!

Ausgabe Landkreis

ESSLINGEN

Die Fünf Esslinger Krankheiten früh erkennen Rheuma & Co.

www.kompass-gesundheit-bw.de


Markus Grübel MdB Unsere Gesellschaft steht vor einem großen Problem: Wir werden immer älter, das ist zunächst einmal sehr erfreulich. Es nehmen aber auch chronische Erkrankungen dramatisch zu, die Medizin bietet immer faszinierendere Leistungen an, doch die Ressourcen des Gesundheitswesens halten damit nicht Schritt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die sogenannten Volkskrankheiten einzudämmen. Dafür kann jeder etwas tun. Der „Kompass Gesundheit“ will seinen Lesern einen Weg dazu weisen. Da ich mich für die Senioren- und Gesundheitspolitik besonders verantwortlich fühle, möchte ich dieses Magazin engagiert begleiten und kontinuierlich über die Entwicklung des neuen, vor Kurzem verabschiedeten Patientenrechtegesetzes berichten. Auch dies ist ein Meilenstein, denn erstmals werden damit nicht nur die Rechte der Patienten gestärkt, sondern auch deren Selbstbewusstsein. Selbstbewusste Patienten sind verantwortungsvollere Patienten, die zusammen mit ihrem Arzt gegen Krankheiten kämpfen. Und vor allem auch: Krankheiten zu vermeiden versuchen.

Hubert Seiter Dieter Kress Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils

Auch wenn manche mit unserem Gesundheitswesen nicht immer zufrieden sind – das deutsche Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt. Kritik muss natürlich sein, denn wir wollen ja noch besser und leistungsfähiger werden. Unsere Lebenserwartung verlängert sich Jahr für Jahr. Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 das Durchschnittsalter 94 Jahre betragen wird. Älter werden muss aber nicht gleichzeitig bedeuten, über viele Jahre unter chronischen Erkrankungen zu leiden. Jeder von uns will gesund alt werden. Da hilft insbesondere Prävention: eine bewusste Korrektur unseres Lebensstils, um der Entstehung von Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Dadurch erhöht sich unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität. So etwas ist machbar – auch im hohen Alter. Das Rezept dazu ist einfach: Mehr Bewegung, und zwar regelmäßig. Bewusstes und richtiges Essen und Trinken. Und ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeit und Erholung. Dafür will „Kompass Gesundheit“ werben. Orientierungshilfe bieten. Seine Leser dazu ermuntern, sich um eine etwas gesündere Lebensweise zu bemühen. Die AOK und auch andere Krankenkassen engagieren sich auf diesem Gebiet schon seit Langem mit vielen Angeboten für ihre Mitglieder. Wenn wir über dieses neue Magazin für unsere Region noch mehr Anhänger für eine Lebensstiländerung begeistern können, lohnt sich das Engagement. Gleichzeitig leisten wir einen wichtigen Beitrag, die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen in Grenzen zu halten, wovon wir alle profitieren. Als Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils bin ich mit ganzem Herzen bei dieser Aufgabe dabei.

Erster Direktor der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und ehrenamtliches geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Krebsverbandes Baden-Württemberg

In Zeiten, in denen uns Medien täglich eine alternde Bevölkerung und längere Lebensarbeitszeiten vor Augen führen, müssen wir uns der Herausforderung stellen, alle Ressourcen zu nutzen, die zur Gesunderhaltung, aber auch zur Genesung beitragen können. Als Gesellschaft, in der altersbedingt zunehmend chronische Erkrankungen auftreten werden, sind wir aufgefordert Wege zu finden, nicht nur die Gesundheit zu erhalten, sondern auch mit chronischen Krankheitsbildern umzugehen. Ausschließlich klassische Rehabilitationsmaßnahmen werden hier nicht mehr ausreichend Unterstützung bieten können. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sollten nach Möglichkeit einsetzen, bevor krankheitsbedingte Einschränkungen den Alltag erschweren. Sie werden zunehmend in Form von Präventionsmaßnahmen erbracht, um bereits eine Ersterkrankung zu verhindern. Eine kontinuierliche Nachsorge, z. B. in Form von Bewegung oder Selbsthilfe, ist unumgänglich. Eine enge, auf gegenseitigem Verständnis basierende Kommunikation zwischen Betroffenen und Profis des Gesundheitssystems ist essenziell, um eine hohe Lebensqualität bis ins Alter zu erhalten. Diese Mittlerrolle nehmen u. a. die Aktiven der Selbsthilfe als „Experten in eigener Sache“ ein. In Selbsthilfegruppen wird ein Forum geboten, das den Austausch von Erfahrungen aus eigener Betroffenheit, Informationen und Unterstützung ermöglicht. Die Selbsthilfe ist ein Angebot, das das Know-how des professionellen Hilfesystems unentbehrlich ergänzt. Der „Kompass Gesundheit“ ist ein weiterer Baustein des aktiven Austausches aller beteiligten Gruppen im Gesundheitsnetzwerk Baden-Württemberg.


Liebe Leserinnen und Leser, unter dem Begriff „Inspektion“ findet sich im Internet bei Wikipedia die folgende Definition: Bei der Kfz-Inspektion handelt es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Überprüfung wichtiger Teile eines Kraftfahrzeuges, die vor allem der Sicherheit, der Prävention von Schäden und somit der Werterhaltung dienen soll. Das ist für sehr viele Autobesitzer eine Selbstverständlichkeit, es droht ja schließlich auch noch alle zwei Jahre der Termin beim TÜV. Wenn es aber um die regelmäßig wiederkehrende Überprüfung der Funktionen des eigenen Körpers geht, ist es mit dieser Selbstverständlichkeit vorbei, wie die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen über die Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen zeigen. Zwei Drittel der Bevölkerung gehen erst oder nur dann zum Arzt, wenn sie schon erkrankt sind und an entsprechenden Symptomen leiden, und da sind die Heilungsaussichten meistens erheblich schlechter. Am Beispiel der Darmkrebsvorsorge ließ sich zeigen, dass seit der Einführung der Vorsorge-Koloskopie im Jahr 2003 in Deutschland 16 000 Menschen jährlich vor einer nicht heilbaren Darmkrebserkrankung bewahrt werden konnten. Aber Vorsorge beschränkt sich nicht nur auf die Darmerkrankungen. Jede Impfung hilft, Krankheiten zu vermeiden, die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen tragen zur Erkennung von Entwicklungsstörungen der Kleinen und Größeren bei, und die Vorsorge beim Frauenarzt und beim Urologen wird seit Jahren angeboten. Mit der Hautkrebsvorsorge lässt sich eine weitere Krebsart früh erkennen und erfolgreicher behandeln, und auch die Vorsorge beim Zahnarzt hilft, unangenehme und kostspielige Folgeerkrankungen zu verhindern. Alle diese Präventionsmaßnahmen lassen sich ohne großen Aufwand ambulant bei Ihrem Hausarzt oder Facharzt durchführen, sie werden von den Krankenkassen bezahlt und zum Teil sogar mit Prämien belohnt. Wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sehen es als eine unserer wichtigsten Aufgaben an, auf die Möglichkeiten zur Prävention hinzuweisen und auf deren Durchführung hinzuwirken. Mit dem Kompass Gesundheit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, diesem Ziel näher zu kommen. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihr Dr. Rainer Graneis

Unser Titelbild

Der Apfel ist ein richtiges Wunderwerk der Natur! Bei uns in Europa und in vielen anderen Kulturen ist das eine sehr symbolträchtige Frucht. Sie steht für die Liebe, für die Fruchtbarkeit, das Leben, den Wohlstand. Von seinem Gesundheitswert wussten bereits die Menschen im Mittelalter. Äpfel sind gut für unsere Verdauung, bringen die Darmflora ins Gleichgewicht, senken den Cholesterinspiegel, stärken die Abwehrkräfte und kräftigen das Zahnfleisch. Die Apfelsäure beseitigt Ansammlungen von Harnsäure, die bei Rheuma oder Gicht auftreten. Die Fruktose im Apfel ist gut für die Konzentration und führt zu einen ausgewogenen Blutzuckerspiegel, dieser wiederum ist notwendig für einen guten Schlaf. Insgesamt also eine kleine Apotheke und zugleich wohlschmeckend. Den Spruch „An apple a day keeps the doctor away“ dürfen Sie also ruhig ernst nehmen.

Zum besseren Verständnis Wir verwenden in diesem Magazin den QR-Code (englisch Quick Response, „schnelle Antwort“). Smartphones sind in der Lage, diesen Code zu scannen, sodass Sie ohne mühsames Abtippen automatisch eine bestimmte Website finden können. Wenn Sie diesen QR-Code einscannen, der bei einzelnen Beiträgen steht, gelangen Sie zu ergänzenden Texten, Adressen, Terminen, Tondateien und Videofilmen auf unserer Website www.kompass-gesundheit-bw.de


editorial Liebe Leserin, lieber Leser, ein Kompass zeigt Richtungen an. Weist den Weg. Wir wollen Wegbeschreibungen liefern. Erklären, was in unserem Körper vor sich geht. Wie wir Körpersignale beobachten und beurteilen können. Und was wir tun können, um unseren Körper gesund und leistungsfähig zu halten. Der Verzicht auf die Zigarette, den Alkohol im Übermaß, das fettreiche Essen – weshalb sollte man solche Ratschläge ernst nehmen? Diese alltäglichen Genüsse sind angenehm – was aber, wenn der Körper gegen diese vermeintlichen Wohltaten unserer Zivilisation rebelliert? Das Auto würde kaum jemand nachlässig behandeln, denn Reparaturen gehen ins Geld und schließlich mag man seinen Wagen. Doch bei sich selbst? Dass die moderne Medizin jeden Schaden behebt und die Krankenkasse alles bezahlt, ist eine Milchmädchenrechnung. Die Medizin kann viel, doch mit einem chronischen Leiden zu leben, ist alles andere als spaßig. Die Krankenkasse bezahlen wir, damit sie im Krankheitsfall die Behandlungskosten übernimmt. Je weniger wir sie in Anspruch nehmen, umso mehr sparen wir. Gesund bleiben lohnt sich – für den Geldbeutel und für das Wohlbefinden. Wir wollen Ihnen in unserem „Kompass Gesundheit“ nicht berichten, was die Medizin ständig an neuen Wundern vollbringen kann. Wir werden Sie mitnehmen auf eine Reise durch Ihren Körper. Damit Sie öfter auf ihn hören und ihn pfleglicher behandeln. Wir wollen Ihnen auch helfen, dem Arzt ein Partner zu sein, aber auch ein kritischer Patient, der Fragen stellt und mitentscheidet, wie er behandelt werden möchte. Die Ärzte, Therapeuten und Gesundheitspolitiker, die mit uns zusammenarbeiten, werden Sie in diesem Magazin und auch auf der Homepage www.kompass-gesundheit-bw.de informieren.

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Unsere Gesundheit und – im Krankheitsfall – unsere Genesung sollten wir aber nicht nur Ärzten und Kliniken überlassen. Wir müssen selber mitarbeiten. Dafür gibt es auch Selbsthilfegruppen. Menschen mit gleichen oder ähnlichen Gesundheitsproblemen tun sich zusammen, treffen sich regelmäßig, tauschen sich aus. Was dem einen geholfen hat, kann auch dem anderen helfen. So motiviert man sich gegenseitig, so macht man sich Mut. Deshalb wollen wir auch über die Arbeit der Selbsthilfe berichten. Wir wollen eine Kontaktbörse für Patienten sein. Doch dazu brauchen wir Sie. Wenn Sie Fragen, Probleme, Anregungen haben, schreiben, faxen oder mailen Sie uns diese, und wir werden sie an die Mitglieder unseres medizinischen Beirats weiterleiten. Dies ersetzt keine Sprechstunde, doch gibt es Ihnen erste Informationen, weist Ihnen einen Weg, vermittelt Sicherheit und nimmt Ängste. Gesundheitsmagazine gibt es wie Sand am Meer. Gesundheit ist heute das große Thema. Der „Kompass Gesundheit“ ist jedoch das Magazin Ihrer Region. Die Autoren sind Ihre Ärzte aus Stadt und Landkreis Esslingen. Der „Kompass Gesundheit“ ist Ihr persönlicher Gesundheitscoach. Wir wünschen uns gemeinsam mit Ihnen ein gedeihliches, gesundes Zusammenwirken.

Ihre Dr. Magda Antonic

Betreutes Wohnen Menschen, Nähe, Lebensfreude Quartier am Hainbach - Wohnen mit Service § 0711 39 05-118/100 Kompass Gesundheit 1/2012

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Impressum Kompass Gesundheit – Das Magazin für Baden-Württemberg, Ausgabe Landkreis Esslingen Herausgeber: Dr. Magda Antonic Redaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.) Redaktions-Beirat: Prof. Dr. med. Aulitzky, Dipl. oec. troph. Andrea Barth, Dr. med. Wolfgang Bosch, Dr. med. Ernst Bühler, Dr. med. Rainer Graneis, Prof. Dr. phil. Dipl.Psych. Thomas Heidenreich, Dieter Kress, Dr. med. Torsten Lukaschewski, Christof Mühlschlegel, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Isolde Stadtelberger, Dr. med. Sieglind Zehnle Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat: Dr. med. Alexander Baisch, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger, Prof. Dr. med. Rainer Dierkesmann, Dipl.-Psych. Sabine Eller, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Christian Hayd, Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Ulrich Liener, Prof. Dr. med. Alfred Lindner, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Dr. med. Martin Runge, PD Dr. med. Klaus Schröder, Dr. med. Udo Schuss, Dr. med. Nobert Smetak, Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Holger Woehrle

Verlag: MEDITEXT Dr. Antonic Verlagleitung: Dr. Magda Antonic Hagäckerstraße 4; D-73760 Ostfildern Tel.: 0711 7656494; Fax: 0711 7656590 dr.antonic@meditext-online.de www.meditext-online.de Wichtiger Hinweis: Medizin als Wissenschaft ist ständig im Fluss. Soweit in dieser Zeitschrift eine Applikation oder Dosierung angegeben ist, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Redaktion und Verlag größte Mühe darauf verwandt haben, dass diese Angaben genau dem Wissensstand bei Drucklegung der Zeitschrift entsprachen. Dennoch sollte jeder Benutzer die Beipackzettel der verwendeten Medikamente selbst prüfen, um in eigener Verantwortung festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Leser außerhalb der Bundesrepublik Deutschland müssen sich nach den Vorschriften der für sie zuständigen Behörden richten. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) müssen nicht besonders kenntlich gemacht sein. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Juristische Beratung: RA Mirja K. Trautmann Patientenrechte: Markus Grübel (MdB), Wolfgang Zöller Patientenbeauftragter der Bundesregierung, Berlin)

Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung von MEDITEXT Dr. Antonic strafbar. Die Redaktion behält sich die Bearbeitung von Beiträgen vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Abbildungen wird keine Haftung übernommen. Mit Namen gezeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Esslingen.

Redaktion: Dr. J. Roxanne Dossak, Andrew Leslie, Ursula Pieper, Marion Zerbst Art Direction: Dr. Magda Antonic Hertstellung: Barbara Schüler Druck: Bechtle Druck & Service, Esslingen

Copyright © 2012 by MEDITEXT Dr. Antonic 73760 Ostfildern

Fotos: Cover und S. 3: © klenova/bigstock; S. 8/9: © mediaphotos/iStock; S. 10: © Piccolo/Fotolia; S. 13: © Dr. Runge; S. 20: @ Foto Lungenliga Schweiz; S. 30: © Martin Muller/pixelio; Alle anderen Fotos: MEDITEXT Dr. Antonic

ISSN 2194-5438

Unser Redaktions-Beirat

Prof. Dr. Walter Aulitzky (Vorsitzender Krebsverband Baden-Württemberg)

Andrea Barth (Diplom-Oecotrophologin)

Dr. Wolfgang Bosch (Stellvertretender Vorsitzender Kreisärzteschaft Esslingen)

Dr. Ernst Bühler (Esslinger Initiative)

Dr. Rainer Graneis (Vorsitzender Kreisärzteschaft Esslingen)

Prof. Dr. Dipl.-Psych. Thomas Heidenreich (Prodekan Hochschule Esslingen)


inhalt Laufen Sie sich glücklich

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Auf den passenden Schuh kommt es an

Wieder laufen lernen

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Muskelkraft bis ins hohe Alter

Kraft- und Ausdauertraining

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Ein Trainingsprogramm für die zweite Lebenshälfte

Die Fünf Esslinger

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Markus Grübel MdB:

„Mehr Rechte für Patienten“

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Ein Gespräch mit dem Hausarzt

Krankheiten früh erkennen – was ist sinnvoll?

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Die unterschätzte Volkskrankheit

COPD

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Wenn die Gelenke schmerzen

Rheuma & Co.

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Narbenpflege und -behandlung

Die Zeit heilt alle Wunden

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Das „Positionspapier zu Burn-out“

Plädoyer für den gesunden Menschenverstand

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Selbsthilfe

Die Arbeit des Arztes ergänzen

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Rubriken | Impressum 6 | Ernährungs-Kolumne 14 | Apotheker-Kolumne 19 |

Dieter Kress (Geschäftsführer AOK Neckar-Fils)

Dr. Thorsten Lukaschewski (Vorsitzender Ärzteschaft Nürtingen)

Christoph Mühlschlegel (Beirat Landesapothekerverband BadenWürttemberg)

Isolde Stadtelberger Dr. Stefan Reinecke MBA (Ärztlicher Direktor (Leiterin Frauenselbsthilfe nach Krebs) Innere Medizin II, Marienhospital Stuttgart)

Dr. Sieglind Zehnle (Fachärztin für Allgemeinmedizin)


Laufen Sie sich glücklich! Laufen ist gesund. Laufen vermeidet Fettstoffwechselerkrankungen, regt das Immunsystem an, hält Gefäße und Herz auf Trab. Und Laufen ist auch gut für die Psyche! Der Organismus belohnt den Läufer mit Wohlgefühl. Bewegung sorgt nämlich dafür, dass eine Vielzahl von Botenstoffen in den Kreislauf ausgeschüttet werden, etwa die Endocannabinoide, ein körpereigener Drogencocktail, der beruhigt und glücklich macht. Laufen „pustet“ schwere Gedanken aus dem Kopf. So kann man seinen Problemen einfach davonlaufen. Das ist gut gegen depressive Verstimmung, das baut Stresshormone im Blut ab.

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aufen ist in Mode gekommen. In allen Medien wird uns gesagt, dass Laufen der Gesundheit dient. Das trifft zu. Mancher glaubt aber, wenn er nun plötzlich losrennt oder Hals über Kopf bei einem Stadtlauf oder Marathon mitmacht, beginne eine neue Ära der Gesundheit für ihn. Enttäuschung ist vorpogrammiert. Laufen ist mehr als nur Losrennen. Laufen ist eine Kunst, und dazu braucht es eine ganze Menge an Wissen, Übung und Erfahrung. Laufen soll angeblich gut für die Figur sein. Laufen als die neue Superdiät? Laufen macht nicht schlank, jedenfalls nicht, wenn man sich einen Soforteffekt wünscht. Wer 30 Minuten läuft, verbraucht nur zwei- bis dreimal soviel Energie, wie wenn er auf dem Sofa herumhängt. Das ist nicht sehr viel und wird denjenigen entmutigen, der da meint, nur ein wenig Laufen brächte seine Gewichtsprobleme bereits ins Lot. Wie fängt man also damit an? Für Laufanfänger ganz wichtig: Lassen Sie sich zunächst von Ihrem Arzt durchchecken. Wenn er nichts gegen das Laufen bei Ihnen einzuwenden hat, können Sie beginnen. Allerdings behutsam. Große Stadtläufe taugen nicht für den Anfang, denn sie bauen einen gewissen Leistungsdruck auf, und gerade das schreckt viele ab, die gerne mal mit dem Laufen anfangen wollen. Motivieren zum regelmäßigen Laufen kann einen die Tatsache, dass Laufen den ganzen Körper trainiert. Wer regelmäßig läuft, spürt den Vorteil deutlich: Blutdruck und Ruhepuls sinken, das Herzvolumen erhöht sich – und überhaupt: Laufen wischt den Alltagsstress weg, pustet den Kopf frei. Mindestens genauso wichtig ist der Spaßfaktor. Laufen bereitet Spaß, vor allem auch, wenn man in Gesellschaft läuft. Nur so lässt man sich regelmäßig darauf ein und freut sich darauf. Am Anfang reichen drei Mal in der Woche, jeweils eine halbe Stunde. Später kann man zulegen. Auf die Dauer hilft das dann auch, die Pfunde wegzuschmelzen. Man muss das Training locker angehen, nicht verbissen – und man sollte sich sinnvoll darauf vorbereiten, also langsam die Aktivitäten hochfahren, nicht übertreiben.

Werner Waldmann Kompass Gesundheit 1/2012

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Auf den passenden Schuh kommt es an

Wieder laufen lernen Man denkt nicht groß darüber nach und nimmt ganz selbstverständlich an, dass man laufen kann. Wir haben das Laufen jedoch weitgehend verlernt. Die Folgen sind Fehlstellungen des Fußes und der Beinachsen. Das wiederum führt zu Schmerzen, nicht nur im Fuß, sondern in den Knien, in der Hüfte, im Rücken. Diese Probleme kann man verhindern. Sigrid Fiala

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Sigrid Fiala ist Geschäftsführerin des LaufschuhWerks und des GesundheitsCenter FIALA GmbH & Co. in Esslingen und Ostfildern.

m Grunde sollten wir alle wieder das gesunde, korrekte Gehen erlernen. Wer sich dazu entschließt, bewusst und regelmäßig der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuliebe zu Laufen, der muss sein Augenmerk zuerst auf das passende Schuhwerk richten. Für die Entscheidung, welchen Schuh man wählen soll, ist wichtig zu wissen, was man vorhat, welche Strecken man bewältigen will. Der Fachhändler schaut sich den Läufer und seine Statur an. Er stellt ihn barfuß aufs Laufband und macht von hinten eine Videoaufzeichnung des Fußes und der Beinachse. So lässt sich erkennen, wie der Kunde mit dem Fuß auftritt, was zwischen Auftritt, mittlerer Stützphase und Abdruckphase passiert. So kann man dem Kunden eine Auswahl für ihn idealer Laufschuhe anbieten. Mit den ausgewählten Schuhen werden erneut Videoaufnahmen gemacht, um festzustellen, in welchem Schuh der Läufer die beste Stützphase hat. Entscheidend ist, in welchem Schuhwerk der Kunde sich am wohlsten fühlt.

Der Laufstil entscheidet Welcher Schuh der passende ist, hängt vom persönlichen Laufstil ab. Dabei kommt es vor allem auf die sogenannte Pronation, die Einwärts-

Korrektes Laufen sollte man systematisch erlernen. Dies ist der richtige Startschuss für eine Läuferkarriere der Gesundheit zuliebe. Informationen erhalten Sie bei LaufschuhWerk Ltd., Hindenburgstr. 6, 73760 Ostfildern Tel.: 0711 3482 399 und Rossmarkt 29, 73728 Esslingen, Tel.: 0711 75876516 www.laufschuhwerk.de

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drehung des Fußes an. Darunter versteht man jene Bewegung des Fußes, bei welcher der innere Fußrand gesenkt wird, sobald Fuß und Boden aufeinandertreffen. Diese natürliche Bewegung nach innen erfüllt eine Art Stoßdämpferfunktion. Dabei gibt es verschiedene Fußstellungen. Die normale Pronation finden wir beim „Neutralläufer“. Normal ist eine Pronation um einen Winkel von bis zu 10 Grad. Die Schuhe eines solchen Läufers benötigen keine starke Pronationsstütze, sollten aber stabil und gut gedämpft sein. Bei einer Überpronation knickt der Fuß im Fußgelenk übermäßig stark nach innen ab, was Fußgelenke, Knie, Hüften und sogar den unteren Rückenbereich überlastet. Dadurch kann es zu Hüft-, Knie-, Achillessehnen- und Fußverletzungen kommen. Sogenannte „Überpronierer“ brauchen feste, stabilisierende Schuhe, welche die übermäßige Pronationsbewegung abschwächen bzw. neutralisieren. Bei einer Supination (auch Unterpronation genannt) rollt der Fuß über die Außenkante ab. Schuhe für „Supinierer“ sind im Außenbereich der Mittelsohle gestützt; leider werden sie auf dem Markt nur selten angeboten. Findet sich kein spezielles Supiniermodell, sind Neutralschuhe die beste Wahl. Es gibt nun auch noch sogenannte Stabiltätsschuhe, die sich für übergewichtige Läufer, eignen. Man kann sie jedoch auch Anfängern empfehlen, die zuerst einmal nur gehen wollen, und erst dann, wenn sie Pfunde verloren haben, ins richtige Laufen einsteigen wollen.

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Muskelkraft bis ins hohe Alter

Kraft- und Ausdauertraining Wenn Sie eine Reise in ein fremdes Land machen, kennen Sie das Ziel und bereiten sich darauf vor. Sie gehen nicht mit Turnschuhen und Sommerhemd bekleidet los, wenn Sie an den Nordpol reisen, sondern denken vorher genau darüber nach, was Sie an Ihrem Reiseziel alles brauchen werden. Aber wie bereiten Sie sich auf Ihre Lebensreise vor? Damit meine ich nicht das erste Lebensdrittel und auch nicht das zweite. Aber irgendwann wird unsere Lebenstreppe unweigerlich bergab führen. Und darauf müssen wir vorbereitet sein. Dazu zwingt uns schon die demografische Entwicklung. Dr. med. Martin Runge

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ir werden immer älter. In den nächsten 10 Jahren werden 52 % aller Frauen mindestens 85 Jahre alt werden; von den Männern werden 33 % dieses Alter erreichen. Das ist kein Vergnügen, wenn man sich nicht mehr bewegen kann. Und genau hier liegt das Problem: Rund 42 % aller Frauen und 28 % aller Männer, die ein so hohes Alter erreichen, brauchen täglich Personenhilfe, sind also pflegebedürftig. Wo sollen all die Altenpfleger herkommen, um diese vielen Menschen zu versorgen? Vielleicht können wir nicht verhindern, dass wir am Ende unseres Lebens zum Pflegefall werden – aber wir wollen diesen Zeitpunkt zumindest so weit wie möglich hinausschieben. Und das können wir nur, indem wir uns körperlich fit halten. Mit zunehmendem Alter baut sich unsere Muskulatur immer mehr ab; und ohne Muskeln wird das Leben mühselig. Hier müssen wir also gegensteuern. Damit beugen wir gleichzeitig einer Osteoporose vor; denn der Knochen bleibt nur dann stabil, wenn er regelmäßig von den Muskeln zusammengedrückt wird.

Dem Muskelabbau entgegenwirken Wie können wir unseren Muskeln etwas Gutes tun? Es gibt zwei verschiedene Arten von Muskelfasern: weiße und rote. Aus den roten Fasern bestehen unsere Ausdauermuskeln, mit denen wir den ganzen Tag arbeiten. Die aus weißen Fasern bestehende Muskulatur ist fünfmal so stark und fünfmal so schnell wie die rote. Auch diese Muskeln verlieren im Alter an Kraft, und dann kommen

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wir nicht mehr vom Sessel oder von der Toilette hoch. Wir müssen also beide Muskelfasersorten bedienen: die weißen durch Krafttraining und die roten durch Ausdauersport – Radfahren, Walken oder Spazierengehen in strammem Tempo. Das sollte man dreimal pro Woche mindestens 20 Minuten lang tun, und zwar so intensiv, dass man gerade ein bisschen außer Atem kommt. Damit trainiert man nicht nur seine rote Muskulatur, sondern auch Herz und Kreislauf. Wer dieses Ausdauertraining regelmäßig praktiziert, hat nicht nur ein geringeres Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, sondern auch bessere Überlebenschancen, falls ihn der Infarkt im Herzen oder Hirn doch einmal treffen sollte. Aber lassen Sie beim Walken ruhig die Stöcke weg! Auf diese Weise tun Sie nicht nur etwas für Ihre Ausdauer, sondern trainieren auch Ihre Balance.

Dr. Martin Runge ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Klinische Geriatrie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Osteologe DVO und seit 1991 Ärztlicher Direktir der Aerpah-Klinik. Dr. Runge war maßgeblich an der Entwicklung von Trainingsprogrammen zur Behandlung von Osteoporose und von Fitnessprogrammen für die zweite Lebenshälfte beteiligt. Die Ergebnisse dieser Arbeit schlugen sich in vielen Aufsätzen und Fachpublikationen nieder. Aerpah-Klinik, Esslingen-Kennenburg Tel.: 0711 39 05-326 E-Mail: aerpah@udfm.de

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Ein Trainingsprogramm für die zweite Lebenshälfte

Die Fünf Esslinger Simone Harland Bewegung ist gesund – in jedem Lebensalter. Während viele Menschen in ihrer Jugend Sport treiben, lassen die sportlichen Aktivitäten in der zweiten Lebenshälfte oft nach. Gründe dafür gibt es viele: z. B. körperliche Probleme, die es nicht mehr erlauben, den gewohnten Sport auszuüben, oder aber ganz schlicht Zeitmangel. Das Trainingsprogramm „Fünf Esslinger“, das darauf abzielt, auch in der zweiten Lebenshälfte die körperliche Fitness zu erhalten, lässt sich problemlos in den Alltag integrieren und bis ins hohe Alter ausüben – auch von Menschen mit Bewegungseinschränkungen.

Sinnvoll ist es, die „Fünf Esslinger“ zunächst unter Anleitung zu erlernen, um sie „richtig“, das heißt ohne Verletzungsgefahr durchzuführen. Das gilt vor allem für Menschen, die bereits unter Bewegungseinschränkungen leiden. Denn obwohl Übungen wie langsames Aufstehen und Hinsetzen einfach klingen, steckt der Teufel doch im Detail. Eine gezielte Anleitung hilft, die Übungen effektiv und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten einzusetzen.

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ei den „Fünf Esslingern“ geht es nicht darum, sportliche Höchstleistungen zu erzielen. Im Gegenteil: Dieses Programm fordert den Körper, ohne ihn zu überfordern, und zielt darauf ab, den Bewegungsapparat gesund zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern.

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denen jeweils hauptsächlich eine der genannten Fertigkeiten trainiert wird. Auf Ausdauertraining verzichten die „Fünf Esslinger“ ganz bewusst, da hierbei vor allem die Gesundheit des HerzKreislauf-Systems und nicht die des Bewegungsapparats im Vordergrund steht.

Was sind die „Fünf Esslinger“?

Balance – im Alter immer wichtiger

Die „Fünf Esslinger“ sind fünf Gruppen von Übungen, die ein Medizinerteam um Dr. Martin Runge von der Aerpah-Klinik Esslingen-Kennenburg nach wissenschaftlichen Erkenntnissen speziell für Menschen in der zweiten Lebenshälfte zusammengestellt hat. Die Wirksamkeit der Übungen wurde in wissenschaftlichen Studien erforscht, an denen Menschen zwischen 50 und 88 Jahren teilnahmen, und in zahlreichen Kursen erprobt. In das Programm flossen Erkenntnisse aus drei Jahrtausenden und fünf Erdteilen ein: angefangen bei den Verjüngungsübungen der frühen chinesischen Kaiser bis hin zu den neuesten Entwicklungen der Sport- und Rehabilitationsmedizin. Konkret umfassen die „Fünf Esslinger“ z. B. gezielte Übungen zur Stärkung der Knochenfestigkeit, die der Osteoporose vorbeugen, genauso wie Trainingseinheiten zur Sturzprophylaxe. Für die lebenslange Fitness sind Kraft, Schnelligkeit, Balance und Beweglichkeit die vier entscheidenden Größen. Die Übungen zum Faktor „Kraft“ unterteilen sich bei den „Fünf Esslingern“ zudem in solche für die obere und für die untere Körperhälfte, sodass das Programm insgesamt fünf Übungsgruppen beinhaltet, mit

Die Balance als eine der Fitnesskomponenten der „Fünf Esslinger“ spielt im Alter eine wichtige Rolle. Jeder Mensch muss ständig das Gleichgewicht halten, z. B. beim Gehen. Denn dabei wird der der Körperschwerpunkt ständig auf ein Bein verlagert. Wir stehen beim Gehen also die meiste Zeit nur auf einem Bein. Selbst wenn das Gehen mit zunehmendem Alter keine Probleme bereitet, werden Gewichtsverlagerungen zur Seite immer schwieriger. Vor allem Stürze zur Seite führen zu Brüchen des Oberschenkels und der Hüftknochen, die wiederum im Alter häufig Pflegebedürftigkeit zur Folge haben. Balanceübungen, die u. a. der Sturzprophylaxe dienen, werden bei den „Fünf Esslingern“ daher immer mal wieder in den normalen Tagesablauf integriert. Denn Studien haben gezeigt, dass diese Übungen für die Balance mehr bringen, wenn sie nicht am Stück, sondern regelmäßig zwischendurch durchgeführt werden. Allerdings gilt für Balanceübungen: Je öfter man trainiert, desto besser. Nur mit regelmäßiger Übung prägen sich die Bewegungsabläufe ein und automatisieren sich. Zu den Balanceübungen gehört z. B. der seitliche Wiegeschritt in den Einbeinstand – eine Übung, die sich morgens während

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1. Esslinger – Balance auf einem Bein: Das Körpergewicht wird auf ein Bein verlagert, das andere Bein hebt sich vom Boden ab.

2. Esslinger – Dehnung: Die Füße stehen hüftbreit. Sie beugen sich langsam vorwörts, sodass die Hand versucht, den Boden zu berühren.

des Zähneputzens oder abends beim Kochen ganz einfach in den Alltag integrieren lässt.

3. Esslinger – Wippen & hüpfen: Sie stehen aufrecht, die Füße schulterbreit auseinander, und lassen sich locker in die Knie fallen.

4. Esslinger – Kraft von Beinen & Rumpf: Langsames Hinsetzen und Aufstehen (je 4 Sekunden) aus einem Stuhl.

5. Esslinger – Kraft von Armen & Rumpf: Die Fußspitzen stehen rutschfest auf dem Boden. Sie stützen sich auf eine rutschsichere Kiste und beugen und strecken die Arme. .

zen möglich, die Kraft der Bein- und Rumpfmuskulatur lässt sich durch langsames Aufstehen und Hinsetzen erhöhen.

Beweglichkeit und Schnelligkeit Dehnungsübungen sind eine wichtige Komponente der „Fünf Esslinger“, denn wenn Muskeln und Sehnen nicht gedehnt werden, verkürzen sie sich und die Beweglichkeit lässt nach. Das Training der Schnelligkeit ist im Alter nicht zuletzt deshalb so wichtig, um rasche Bewegungen machen zu können, mit denen sich z. B. ein Sturz abfangen oder vermeiden lässt. Die „Fünf Esslinger“ beinhalten Übungen, welche die Leistung der Muskeln (nicht zu verwechseln mit der Muskelkraft!) durch rasche Trippel-, Wippoder Hüpfbewegungen verbessern.

Ohne Kraft geht gar nichts! Jeder Mensch braucht ein gewisses Maß an Muskelkraft, um sich bewegen zu können. Die wichtigsten Muskeln zur Fortbewegung und zur Durchführung von Alltagstätigkeiten sind diejenigen im Bereich der Hüfte, des Gesäßes und der Oberschenkel. Die Übungen der „Fünf Esslinger“ zielen besonders auf die Stärkung dieser Muskelgruppen. Doch auch die Muskeln des Oberkörpers und der Arme wollen trainiert sein. Die Armmuskeln sind z. B. für das Abfangen von Stürzen von Bedeutung. Für das Krafttraining der „Fünf Esslinger“, mit dem die nötige Kraft für den Alltag erhalten wird und das die Knochen stärkt, ist kein Fitnessstudio nötig – auch diese Übungen kann jeder zu Hause durchführen. Armtraining mit Gewichten z. B. ist sogar im Sit-

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Überanstrengung tut nicht gut Die Übungen zum Training der Muskelkraft sollen nur mit zwei Dritteln der Maximalkraft ausgeführt werden, um sich nicht zu überanstrengen. Alle Übungen sollten langsam durchgeführt (vier Sekunden hochkommen, vier Sekunden halten, dann entspannen) und jede Übung sollte am Stück acht bis zwölf Mal wiederholt werden. An jede achte bis zwölfte Wiederholung schließt sich eine Pause von ca. drei Minuten an, dann wird die Übung erneut acht bis zwölf Mal wiederholt. Die Kraftübungen dürfen maximal an zwei bis drei Tagen die Woche mit einem zeitlichen Abstand von 48 Stunden zwischen den einzelnen Trainingseinheiten durchgeführt werden, damit sich der Körper erholen kann. Wer die Übungen nicht am Stück durchführt, sondern immer mal wieder zwischendurch in den Alltag einbaut, muss keine 48 Stunden warten, um weiterzumachen. Die „Fünf Esslinger“ belas- Mehr Infos auf: ten oder ermüden www.kompass-gesundheit-bw.de den Körper nicht In der Mediathek vom übermäßig. Verlet- „Kompass Gesundheit“ zungen durch zu können Sie sich einen Vortrag starke Beanspru- von Dr. Runge zum Thema Bewegung in der zweiten chung des Kör- Lebenshälfte ansehen. Scannen pers sind deshalb Sie dazu diesen QR-Code. selten.

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Die Ernährungs-Kolumne

Markus Grübel MdB:

Damit Sport wirklich gut tut …

„Mehr Rechte für Patienten“

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b Joggen, Bergwandern, Aerobic oder Tennis – auch der Freizeitsportler sollte Wert auf die richtige Ernährung legen. Wer fit sein will, sollte nicht nur allgemein gut mit Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen versorgt sein, sondern auch rund ums Training ein paar Regeln beachten. Insgesamt gilt: je abwechslungsreicher, frischer und regelmäßiger Sie essen, desto besser sind Ihre Grundvoraussetzungen. Besonders wichtig für den Sportler ist es, die Trinkmenge zu erhöhen. Als Faustregel gilt: Trinken Sie pro Stunde Sport 0,5–1 Liter mehr. Bereits ohne Bewegung benötigt der gesunde Körper mindestens 1,5–2 Liter Flüssigkeit täglich – coffein- und alkoholhaltige Getränke nicht mitgezählt! Schrauben Sie daher schon vor dem Sport Ihre Trinkmenge hoch, sonst wird das Training – erst recht bei warmen Temperaturen – ein Kraftakt für Ihren Körper und kann schnell im Kollaps enden. Wenn Sie länger als eine Stunde trainieren, vergessen Sie auch während des Trainings nicht zu trinken: alle 15–20 Minuten etwa 200 ml. Neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr sind Abstand und Zusammensetzung der Mahlzeiten leistungsbestimmend. Beginnen Sie ein Training auf keinen Fall nüchtern, da dann die Leberglykogenreserven, also die in der Leber gespeicherte Glukose, fast leer sind. Der Körper kann so auf keine kurzfristige Reserve zurückgreifen. Kohlenhydrate in Form der Glukose dienen der arbeitenden Muskulatur aber als wichtigste Energiequelle. Die letzte größere Mahlzeit sollte allerdings 2–3 Stunden zurückliegen und reich an komplexen Kohlenhydraten, moderat an Fett und Eiweiß sein. Eine Stunde vor dem Training kann ein kleiner Snack mit schnell verfügbaren Kohlenhydraten wie ein Marmeladebrot oder eine Banane hilfreich sein. Dauert das Training länger als 90 Minuten, sollten Sie Ihren Körper auch zwischendurch mit schnell verfügbarer Energie am besten durch Getränke wie Fruchtsaftschorlen oder isotonischen Getränken versorgen. Wenn Sie lieber auf die gerne genutzten Sport-Energieriegel setzen, sollten Sie darauf achten, dass diese weniger als 5 % Fett enthalten Andrea Barth und der ZuckeranDiplom-Oecotrophologin, Integriertes Gesundteil maximal die heitszentrum Esslingen (IGZE), Praxis für Hälfte der enthalErnährungsberatung und -therapie tenen KohlenhyHirschlandstr. 93; 73730 Esslingen Tel.: 0711 305110-36, Fax: 0711 305110-39 drate ausmacht. E-Mail: andrea.barth@igze.de Homepage: www.igze.de

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ie Gesundheitspolitik ist für mich eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Um in Deutschland weiterhin eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung gewährleisten zu können, müssen wir uns den Aufgaben stellen, die der demografische Wandel mit sich bringt. Wichtig ist dabei, dass Änderungen nicht zu Lasten der Patienten erfolgen. Im immer komplexer werdenden Gesundheitswesen müssen die Rechte der Patienten gestärkt sowie ein guter Zugang zu umfassender Beratung und Unterstützung geboten werden. Diese Kerngedanken bilden die Grundlage der folgenden vier Maßnahmen, die bereits auf den Weg gebracht wurden:

1. Die unabhängige Patientenberatung Ein wichtiges Patientenrecht hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit der unabhängigen Patienten- und Verbraucherberatung umgesetzt. Nachdem 2010 die Modellphase für eine unabhängige Patientenberatung auslief, wurde 2011 die unabhängige Patientenberatung eingeführt. Unter der Internetadresse www.updonline.de und der kostenlosen Telefonnummer 0800 0117722 finden Interessierte seitdem Rat. Dadurch können sie besser als Partner im Gesundheitswesen agieren.

2. Das Patientenrechtegesetz Eine zweite „Säule“ zur Stärkung der Rechte von Patienten bildet das im Mai 2012 vom Bundeskabinett beschlossene Patientenrechtegesetz. Mit diesem Gesetz sollen die Rechte der Patienten gegenüber den Ärzten sowie den Krankenhäusern verbessert werden. Dazu zählt etwa die Pflicht für Ärzte, einen Patienten vor einer Therapie umfassend in einem persönlichen Gespräch über die Risiken zu informieren. Krankenkassen werden verpflichtet, ihren Mitgliedern bei der Durchsetzung von Schadenser-

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satzansprüchen in Fällen von Behandlungsfehlern zu helfen.

3. Die Patientenverfügung Dem freien Willen des Patienten verleiht seit 2009 die Patientenverfügung besonderen Stellenwert. Diese Verfügung ist für den Fall bestimmt, dass ein Erkrankter sich nicht mehr zu seiner Behandlung äußern kann. Mit der Patientenverfügung legt der Verfasser fest, welche Behandlungen er wünscht oder ablehnt. Gerade weil ein Austausch mit dem Arzt in bestimmten Fällen nicht mehr möglich ist, ist es wichtig, sich vor dem Verfassen der Verfügung umfassend zu informieren und zu beraten.

4. Das Transplantationsgesetz Eine wichtige Verbesserung für die Lage der Patienten in Deutschland ist schließlich das Transplantationsgesetz. In Deutschland sterben täg-

lich drei schwer kranke Menschen, denen mit einer Organtransplantation hätte geholfen werden können. Etwa 12 000 Patienten warten hierzulande auf ein geeignetes Spenderorgan. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen dürfen wir nicht untätig bleiben. Im Deutschen Bundestag hat im Mai eine breite Mehrheit der Abgeordneten einer Reform des Transplantationsgesetzes und damit der Einführung einer sogenannten freiwilligen Entscheidungslösung zugestimmt. Demnach werden zukünftig alle Bürger ab dem 16. Lebensjahr von ihren Krankenkassen schriftlich über das Thema Organspende informiert und nach ihrer Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod befragt. Die Entscheidung ist freiwillig. Wer den Spenderausweis nicht ausfüllt, muss nicht mit Konsequenzen rechnen. Die Neuregelung ist insofern geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Bürger zu achten, aber auch die Zahl der Spendewilligen zu erhöhen.

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Ein Gespräch mit dem Hausarzt

Krankheiten früh erkennen – was ist sinnvoll? Die Rolle der Patientinnen und Patienten in der Gesundheitsversorgung hat sich gewandelt. Sie sind nicht mehr nur vertrauende Kranke, sondern auch selbstbewusste Beitragszahler und kritische Verbraucher. Sie wollen an ihrer Behandlung mitwirken und dem Arzt Gesprächspartner auf Augenhöhe sein. Viele sind interessiert daran, Krankheiten möglichst früh zu erkennen. So kommen sie mit Wünschen in die Praxis, zu denen sie oft die Medien angeregt haben. Darüber sprachen wir mit Dr. Wolfgang Bosch.

Ohne medizinische Vorkenntnisse kann man kein mündiger Patient sein. Ein Patient muss gesundheitliche Risiken kennen, damit er darauf reagieren kann. Er muss Bescheid wissen. Wenn er es nicht weiß und wartet, bis die Katastrophe da ist oder bis der Körper sich mit irgendwelchen Beschwerden bemerkbar macht, ist es unter Umständen schon ziemlich spät. Dazu braucht der Patient Wissen, Informationen. Wie kommt er daran? Dr. Bosch: Das ist eine der wichtigsten Aufgaben von uns Hausärzten: Krankheiten vorzubeugen, statt unsere Patienten erst dann zu behandeln, wenn sie bereits ausgebrochen sind. Denn dann ist es oft zu spät, und man kann nur noch größeren Schaden verhindern oder Beschwerden lindern. Ich frage jeden meiner Patienten: Wann haben Sie den letzten Check-up gemacht? Und ich führe auch Buch darüber. Ich bitte meinen Patienten um seinen Impfausweis, um nach standardisiertem Schema eine normale Check-up-Vorsorge zu organisieren. Worin besteht der Unterschied zwischen guten und schlechten IGeL-Leistungen? Dr. Bosch: IGeL heißt „Individuelle Gesundheitsleistungen“. Das Angebot sollte zumindest einen standardisierten wissenschaftlichen Hintergrund haben. Und das Ganze sollte einen Nutzen für den Patienten bringen, d. h., dass er dadurch Informationen erhält, mit denen er etwas anfangen kann. Auf keinen Fall darf eine solche Untersuchung etwas sein, womit man die Angst des Patienten manipuliert und nur Umsatz in der Praxis macht. Man darf also z. B. einem

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Patienten nicht sagen: So wie Sie aussehen, könnten Sie Asthma haben. Das sehe ich Ihnen an, und wir sollten deshalb jetzt folgende Untersuchungen durchführen. Das wäre eine völlig falsche Vorgehensweise. Eine IGeL-Leistung sollte schon begründet werden. Was ist, wenn Sie einem Patienten von seinem Erscheinungsbild her ansehen, dass er etwas Bestimmtes haben könnte? Es ist ja die Kunst des Arztes, nicht gleich die ganze diagnostische Maschinerie anzuwerfen, sondern den Patienten erst anzuschauen und zu befragen; und wenn sich daraus ein Verdacht auf eine Krankheit ergibt ...? Dr. Bosch: In so einem Fall habe ich schon eine Verdachtsdiagnose, und dann handelt es sich um eine kurative Maßnahme, also eine Kassenleistung. Das ist dann keine IGeL-Leistung mehr. Das muss der Patient nicht mehr extra bezahlen. Wenn ich z. B. sehe, dass mein Patient gelbe Augen hat (also an einer Gelbsucht leiden könnte), darf ich das nicht als Igel-Leistung verkaufen. Wenn ich aber sehe: Der Patient ist übergewichtig, hat zu hohe Cholesterinwerte, Bluthochdruck – und ihm dann empfehle, einmal seine Halsschlagadern per Ultraschall untersuchen zu lassen, dann ist das keine Kassenleistung, sondern eine klassische präventive IGeLVorsorgeleistung. Die ab einem gewissen Alter ja sicherlich auch sinnvoll ist ... Dr. Bosch: Ja, aber das ist von den Kassen bislang nicht als Vorsorgeleistung vorgesehen. Nur

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bei einer Indikation, z. B. wenn jemand unter Schwindelgefühlen leidet oder andere Symptome hat – dann ja. Und wie steht es mit der Darmspiegelung? Dr. Bosch: Die Darmspiegelung (Koloskopie) ist ab dem 55. Lebensjahr (und von da ab bei negativem Befund alle zehn Jahre) eine Kassenleistung. Diese Untersuchung empfehle ich meinen Patienten ebenfalls. Es gibt jedoch immer noch große Ängste davor, dass eine Darmspiegelung eine schlimme Untersuchung sei. Ich muss meinen Patienten jedes Mal lange erklären, wie so etwas abläuft, um diese Ängste auszuräumen. Die Koloskopie vor dem 55. Lebensjahr ist eine IGeL-Leistung? Dr. Bosch: Normalerweise ja. Es gibt aber auch noch Risikofamilien, wo Vater und Mutter Krebs hatten; dann kann man diese Untersuchung auch früher durchführen lassen. Bei einer unauffälligen Anamnese übernehmen die Kassen erst ab dem 55. Lebensjahr die Kosten dafür. Wäre es nicht sinnvoll, diese Untersuchung schon früher durchführen zu lassen – auch wenn kein erhöhtes Krebsrisiko besteht? Dr. Bosch: Ich denke, ab dem 50. Lebensjahr wäre es sinnvoll. Ab dem 55. Lebensjahr kann es in einigen Fällen fast schon zu spät sein. Es gibt ja auch Menschen, die (entweder sie sind privat versichert, oder sie zahlen es selber) am liebsten ein Ganzkörper-MRT machen lassen würden, um für alle Eventualitäten vorzusorgen. In Amerika (und mittlerweile auch in Deutschland) werden solche Maßnahmen angeboten, obwohl sie offenbar unsinnig sind, denn wenn man den ganzen Körper untersucht und keine spezifischen Fragestellungen hat, entdeckt man bei dieser Untersuchung auch nicht alles. Dr. Bosch: Oder man entdeckt irgendetwas, das völlig unbedeutend ist, muss aber dann eine weitere Diagnostik betreiben, um den Verdacht, dass da etwas sein könnte, zu entkräften. Ein technisches Untersuchungsmittel sollte eigent-

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lich nur die Diagnose erhärten, jedoch nicht liefern. Das heißt, wenn ich aufgrund der Beschwerden, des Verlaufs und der klinischen Untersuchung den Verdacht habe, dass da irgendetwas nicht stimmt, dann überprüfe ich diesen Verdacht anhand bildgebender Untersuchungen (z. B. Röntgen oder Kernspin) und kann dem Patienten dann sagen: Du hast diese Erkrankung oder du hast sie nicht. Aber bei einem Ganzkörper-Screening glaube ich, dass viele Patienten hinterher völlig unnötige Untersuchungen auf sich nehmen müssen, um bestimmte Erkrankungen auszuschließen. In Kliniken wird ja nicht lange mit dem Patienten gesprochen und eine Anamnese (also eine Erhebung der Krankheitsgeschichte) durchgeführt, sondern es werden gleich eine ganze Reihe von Laborwerten untersucht, Ultraschalluntersuchungen und andere bildgebende Untersuchungen gemacht, und dann erst schaut man, was der Patient haben könnte. Dr. Bosch: Der Unterschied zu uns niedergelassenen Ärzten ist, dass den Krankenhäusern die Sekundärdiagnostik zufällt. Wir machen die Primärdiagnostik; deshalb ist die Anamnese und das ganze Drumherum ärztlicher Untersuchungen bei uns möglicherweise auch wichtiger – eben eine Basisdiagnostik. Während das Krankenhaus ja erst auf Zuweisung tätig wird, d. h., ich habe eine Fragestellung und verweise meinen Patienten mit dieser Fragestellung an das Krankenhaus. Viele funktionelle und psychosomatische Erkrankungen habe ich dann schon ausgeschlossen und das Krankenhaus kann gezielt einen Verdacht abarbeiten. Der PSA-Wert (prostataspezifisches Antigen) wird bei Männern im Rahmen der Prostatakrebsvorsorge häufig bestimmt, und wenn er positiv ist, hat das auch

Dr. med. Wolfgang Bosch, Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Kronenstr. 30 73760 Ostfildern Tel.: 0711 4411828 Fax: 0711 413699 wolfgang.bosch@ dgn.de

Mehr Infos auf:

www.kompass-gesundheit-bw.de In der Mediathek vom „Kompass Gesundheit“ können Sie sich einen Vortrag von Dr. Bosch ansehen. Scannen Sie dazu diesen QR-Code.

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nicht unbedingt etwas zu sagen. Aber dadurch wird eine ganze Kaskade von Untersuchungen in Gang gesetzt – Biopsien etc. Dr. Bosch: Nicht gleich. Ich schaue bei einem erhöhten PSA-Wert zunächst einmal nach einer Entzündung, frage nach, ob vor der Messung Sexualverkehr stattgefunden hat. Dann lasse ich den Wert auf jeden Fall zwei- bis dreimal kontrollieren; und dann kommt auch das Alter des Mannes als Entscheidungskriterium dazu. Ab 70 Jahre plädiere ich dafür, das Ganze einfach nur zu beobachten, einen klinischen Befund zu machen. Diese Patienten schicke ich, wenn es notwendig ist, höchstens zum Bestrahlen. Das Problem ist, die Karzinome herauszufinden, die bei jüngeren Männern um die 50 sehr aggressiv sind. Darüber sagt der PSA-Wert nichts aus, sondern nur die Stanzbiopsie und die Histologie. Ich habe ein paar solcher Patienten, die operiert wurden; die haben jetzt keinen Krebs mehr und somit einen Vorteil von der OP gehabt. Man muss sich aber davor hüten, Prostatakarzinome überzutherapieren, was vor allem bei älteren Männern häufig zu beobachten ist. Trotzdem finde ich den PSA-Wert als Marker nach wie vor wichtig, um das Ganze ein bisschen zu steuern. Gentests werden heute in zunehmendem Maße angeboten, um das Risiko für bestimmte Erkrankungen vorauszusagen. Dr. Bosch: Gentests halte ich für sehr problematisch, denn was fängt man mit dem Ergebnis an? Wenn Sie heute wüssten, dass Sie ein hohes Risiko haben, eine bestimmte Krankheit zu bekommen, stehen Ihnen schlechte Jahre bevor – und Sie können nichts gegen die Gene tun. Wenn Sie es nicht wissen, kommt es einfach, wie es kommt. Wir sind im Leben gegen nichts gefeit; ich weiß nicht, ob ich nächste Woche von einem Auto überfahren werde, und wenn ich wüsste, dass ich ab morgen ein 55-prozentiges Risiko habe, überfahren zu werden, würde ich nicht mehr auf die Straße gehen – ein solches Wissen schränkt mich also ein. Anderes Thema: Wann ist man gesund? Dafür gibt es verschiedene Definitionen.

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Dr. Bosch: Für mich ist wichtig, dass jemand auch seelisch gesund ist. Dass er glücklich ist. Dass er keine körperlichen Beschwerden hat und sich in irgendeinem Sinn glücklich fühlt. Es gibt also viele Faktoren, die man bei einer Prävention beachten müsste. Dazu zählt auch seelische Ausgeglichenheit. Dr. Bosch: Richtig. Und so etwas sehe ich auch, wenn ich einen Patienten eine halbe Stunde vor mir sitzen habe und alles Mögliche abfrage – dann merke ich, wenn bei ihm in psychischer Hinsicht irgendetwas nicht stimmt. Welche Vorsorgeuntersuchungen halten Sie für sinnvoll? Egal, ob IGeL oder nicht. Beispielsweise die Knochendichtemessung, um eine Osteoporose frühzeitig zu erkennen? Dr. Bosch: Das ist auf jeden Fall sinnvoll. Sogar für Männer, obwohl man da eher nicht daran denkt. Die Darmspiegelung ist eine der besten Vorsorgemaßnahmen überhaupt. Und dann die normale klinische Untersuchung, wenn man beim Arzt Beschwerden bespricht. Oft kommt man im Gespräch darauf: Hier ist eine Problematik, die der Patient gar nicht so sieht. Immer mal wieder ein paar Standardblutabnahmen; auch Ultraschalluntersuchungen sind wichtig. Es passiert manchmal, dass jemand ein Aneurysma (eine krankhafte Aussackung einer Schlagader) hat und es nicht weiß. Plötzlich kommt es dann zu einem Riss, und das überlebt er nur, wenn er Glück hat und rechtzeitig in eine Klinik kommt. Wäre es da nicht sinnvoll, die Bauchschlagader zu schallen? Dr. Bosch: Die Ultraschalluntersuchung der Bauchschlagader biete ich als IGeL-Leistung in meiner Praxis an, und sie wird von vielen Patienten nachgefragt. Wir finden dabei auch ein paar Patienten, die ein kleines Aneurysma haben; die kontrollieren wir auf Kassenleistung regelmäßig nach. Wenn das Aneurysma eine bestimmte Größe erreicht hat, werden die Patienten operiert. Mit dieser Vorsorgemaßnahme kann man einem Riss des Aneurysmas vorbeugen, bei dem eine Operation oft zu spät kommt.

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Die Apotheker-Kolumne

Inhalieren: Das A und O bei Asthma und COPD

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ie ersten Erfahrungen mit dem Inhalieren sind wohl noch den meisten im Gedächtnis. Wie hat man es als Kind gehasst, wenn die Mutter den Wasserkessel aufsetzte, Kamillenblüten in eine Schale gab und kochendes Wasser darüber schüttete! War der Kamillensud ein klein wenig abgekühlt, musste man mit einem Handtuch über dem Kopf die heißen Dämpfe einatmen. Auch wenn das Ganze nur ein besseres Gesichtsdampfbad war, so hatte man doch das Gefühl, dass die Beschwerden gelindert wurden. Das Kamillendampfbad ist schließlich der Klassiker bei Erkältungskrankheiten. Um in den oberen Atemwegen den Schleim jedoch zu lösen, sollte man mindestens einen Plastikinhalator mit Maske verwenden, damit die dampfförmigen Wirkstoffe der ätherischen Öle auch ihre Wirkung voll entfalten und zur Linderung bei Erkältungskrankheiten beitragen können. Erst recht ist es bei chronischen Atemwegserkrankungen sinnvoll, den medizinischen Wirkstoff.direkt an den Ort des Krankheitsgeschehens, also in die Lunge zu bringen. In der Regel sind geringere Dosen des Medikaments nötig, wenn dieses direkt wirken kann und nicht erst durch das Blut zur Lunge gebracht und dort verteilt werden muss. Hinzu kommt, dass inhalierte Substanzen viel schneller wirken als eine Tablette, ein Saft oder ein anderes Arzneimittel, das erst geschluckt und dann über den Darm ans Blut abgegeben wird. Insbesondere in Krisensituationen wie beim akuten Asthmaanfall ist dies ein unglaublicher Vorteil, denn im Normalfall hilft der inhalierte Wirkstoff sofort und dem Patienten geht es rasch besser. In erster Linie stehen heute Dosieraerosole und Pulverinhalatoren zur Behandlung der genannten Krankheiten zur Verfügung. Bei den Dosieraerosolen werden die Wirkstoffe in der Regel durch Treibgas freigesetzt. Man unterscheidet dabei zwei Formen: das atemzuggesteuerte Dosieraerosol und das, bei dem der Dosierstoß durch Fingerdruck ausgelöst wird. Ersteres ist wesentlich leichter zu handhaben, denn hier braucht man nur das Mundstück mit dem Lippen fest umschließen und dann einzuatmen. Schon gelangt der Wirkstoff durch die atemzuggesteuerte Freisetzung in die Bronchien. Anschließend sollte man die Luft noch fünf bis zehn Sekunden lang anhalten, um sicherzustellen, dass die Substanz auch wirklich in der Lunge verteilt wird. Dann atmet man bei geschlossenem Mund über die Nase wieder

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aus, nicht über das Gerät! Danach ist es sinnvoll, den Mund mit etwas Wasser auszuspülen. Das Mundstück des Geräts sollte man mit einem trockenen Tuch abputzen. Ist das Dosieraerosol nicht atemzuggesteuert, wird die Sache komplizierter, denn hier muss man den Sprühstoß genau zu dem Zeitpunkt auslösen, zu dem man auch einatmet. Wird der Sprühstoß vor dem Einatmen ausgelöst, gelangt das Medikament nur in den Mund, nicht in die Lunge. Das Gleiche geschieht, wird er zu spät, also nach dem Einatmen ausgelöst. Wem es nicht gelingt, das Einatmen und das Auslösen des Sprühstoßes zu synchronisieren, sollte sich einen Inhaliervorsatz, auch Spacer genannt, anschaffen. Dies ist eine Plastikröhre mit Öffnungen an beiden Enden. In die eine Öffnung steckt man das Dosieraerosol, die andere Öffnung nimmt man in den Mund. Dann löst man den Sprühstoß aus und kann danach in Ruhe einatmen. Der Inhaliervorsatz hat das Aerosol „aufgefangen“, das nun beim Einatmen vollständig in die Lunge gelangen kann. Ein solcher Inhaliervorsatz ist vor allem für Kinder und ältere Menschen (aber nicht nur!) sinnvoll.

Wie man mit Pulverinhalatoren umgeht Pulverinhalatoren sind im Allgemeinen atemzuggesteuert und damit vergleichsweise einfach zu bedienen. Für das Inhalieren des Wirkstoffs gilt das Gleiche wie bei den Dosieraerosolen: Nach dem Einatmen die Luft kurz anhalten, anschließend langsam durch die Nase ausatmen. Dann das Mundstück abwischen und den Mund mit Wasser etwas ausspülen. Sollte das Inhalieren jedoch Schwierigkeiten bereiten, ist man in der Apotheke gerne bereit, die richtige Anwendung der verschiedenen Inhaliersysteme zu zeigen.

Christof Mühlschlegel Rosenau Apotheke Plochinger Str. 81; 73730 Esslingen Tel.: 0711 315477-0 Fax: 0711 315477-19 muehlschlegel@rosenau-apotheke.de www.rosenau-apotheke.de

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Die unterschätzte Volkskrankheit

COPD Dr. med. Sieglind Zehnle

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rau Doktor, ich huste nun schon seit Wochen. Vor drei Wochen hatte ich Fieber, seitdem geht der Husten nicht mehr weg. Ich habe noch Reizhusten, vor allem bei Anstrengung und beim längeren Reden. Ich habe Angst. Habe ich nun eine chronische Bronchitis?“ Wenn ein Patient solche Beschwerden hat, sollte abgeklärt werden, ob es sich lediglich um gereizte (hyperreaktive) Bronchien z. B. nach einem Infekt oder um eine schwerwiegendere Ursache handelt. Das muss dann jeweils anders behandelt werden.

Hyperreaktive Bronchien Hyperreaktive Bronchien mit Reizhusten treten gern bei Heuschnupfen-Betroffenen auf. Sie entstehen durch eine anfängliche Reizung der Atemwege, zum Beispiel durch ein Virus bei einer Erkältung. Die Schleimhaut der Atemwege kann entzündlich verändert und gereizt bleiben,

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vor allem bei Allergikern. Die Oberflächenzellen produzieren verstärkt Schleim. Daher kommt es zu einem länger dauernden Reizhusten als gewöhnlich. Dies ist für den Betroffenen oft sehr störend. Es handelt sich dabei noch nicht um Asthma und schon gar nicht um eine chronische Bronchitis oder eine sogenannte COPD.

Was kann dagegen helfen? Ein Antibiotikum hilft dagegen nicht, denn die akute Phase der Erkältung ist schon überwunden. Das Allgemeinbefinden ist in der Regel wieder gut, das Abhören der Lunge beim Arzt ist typischerweise unauffällig. Es geht nun darum, die innerlich noch entzündete Luftröhre und die Bronchien vollends zu beruhigen. Dazu können je nach Befund folgende Maßnahmen hilfreich sein: Ein kortikoidhaltiges Dosierspray oder -pulver zum Inhalieren für 2–3 Wochen in absteigender

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Dosierung, morgens und abends vor dem Essen anzuwenden. Dieses Mittel muss vom Arzt rezeptiert werden. Es wirkt nicht sofort, sondern erst nach ein paar Tagen richtig. Homöopathische oder pflanzliche Mittel können unterstützend eingesetzt werden. Oft helfen gegen den Reizhusten, bis das Kortikoid wirkt, auch einfache Hustenbonbons. Trinken steigert die Sekretverflüssigung und nimmt den Hustenreiz. Allerdings wird ein übermäßiges Trinken (mehr als 2 Liter pro Tag) nur empfohlen bei wirklich „ausgetrockneten“ (exsikkotischen) Patienten, die keine Herzschwäche haben. Sonst können eine Ödembildung und Wasser in der Lunge begünstigt werden. Hustentechnik: Nicht heftig abhusten, das reizt die Luftröhre/Bronchien noch mehr. Stoßförmigvorsichtig abhusten, am besten dabei mit der Hand auf dem oberen Brustkorb gegenhalten.

„Raucherlunge“ (COPD) Die COPD ist weltweit die vierthäufigste Todesursache. Eine chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) tritt meistens bei Rauchern oder Passivrauchern auf. Chronisch obstruktiv heißt, dass die Lungenwege verengt sind. Dieser Prozess verläuft sehr schleichend und häufig über Jahrzehnte. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist gekennzeichnet durch Husten, Auswurf und Atemnot bei Belastung. Umgangssprachliche Bezeichnungen sind „Raucherlunge“ für die COPD und „Raucherhusten“ für das Hauptsymptom. Nicht alle Raucher bekommen eine COPD. Man vermutet, dass die Anlage dazu vererbt wird: „Mein Vater hat schon Probleme mit der Lunge gehabt, und ich jetzt auch.“

Wie entsteht eine „Raucherlunge“? Durch den jahrelangen regelmäßigen Genuss von Zigaretten kommt es zu einer chronischen

Chronische Bronchitis Die chronische Bronchitis ist eine Form der Bronchitis, die als „Husten und Auswurf an den meisten Tagen während mindestens drei Monaten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren“ definiert ist. Meistens kommt es zu Husten und Auswurf im Herbst und Winter. Fieber oder Atemnot treten nicht unbedingt auf, außer bei akuter Verschlechterung (sogenannter Exazerbation).

Welche Ursachen gibt es dafür? An erster Stelle steht das inhalative Tabakrauchen (90 % der Erkrankten sind Raucher oder Ex-Raucher), aber auch Umweltfaktoren (Luftverschmutzung, feuchtes, neblig-kaltes Klima), Industrieabgase und berufliche Exposition (Stäube, Reizgase, extreme Hitze) werden mit der chronischen Bronchitis in Verbindung gebracht. Häufige Infektionen der Atemwege können ebenfalls die mukoziliäre Selbstreinigung der Atemwege schädigen. Auch eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) z. B. bei Allergikern kann eine chronische Bronchitis begünstigen. Die chronische Bronchitis kann in eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) übergehen.

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Schädigung des Lungengewebes. Das Selbstreinigungssystem der Bronchien wird gestört. Vor allem nachts sammelt sich Schleim an, der das typische morgendliche Abhusten des Rauchers bedingt. Das morgendliche Abhusten wird oft zwar als störend, aber nicht allzu gefährlich empfunden. Aber auch das Rauchen von Zigarren, Zigarillos oder Pfeife kann zu einer chronischen Bronchitis führen, da die im jeweiligen Tabak enthaltenen Schadstoffe entgegen dem allgemeinen Glauben nicht weniger schädlich sind als diejenigen im Zigarettenrauch. Das trifft auch für Shisha-Rauchen (Wasserpfeife) zu. Dabei ist zusätzlich die Gefahr erhöht, sich einen Herpes labialis (Lippenherpes) oder Schlimmeres (z. B. eine Lungenentzündung) durch die gemeinsame Inhalation an einem Mundstück zu holen. Bei anhaltendem Rauchen werden die Lungenbläschen im Laufe der Zeit zerstört. Diese Bläschen sind u. a. dafür zuständig, dass der Sauerstoff aus der Atemluft ins Blut aufgenommen wird, um lebenswichtige Prozesse im Körper zu steuern und aufrechtzuerhalten. Leider sind Frauen sehr gefährdet, da ihre Lunge empfindlicher auf Zigarettenrauch reagiert als die der Männer. Wenn ein Mädchen schon in jungen Jahren zu rauchen anfängt, kann sich die Lunge bis zum Erwachsenenalter nie voll ausbilden. Die körperliche Belastbarkeit bleibt zeitlebens eingeschränkt! Das ist ein irreversibler (nicht umkehrbarer) Prozess. Eine COPD kann sich auch bei Passivrauchern entwickeln. Ich habe Patienten, die nie geraucht haben, deren Partner(in) jedoch regelmäßig in der Wohnung rauchte, und die im Laufe der nächsten Jahrzehnte eine schwere COPD entwickelt haben.

Wie äußert sich eine COPD bzw. „Raucherlunge“? Wenn der Sauerstoff fehlt, ist der Betroffene körperlich immer weniger belastbar. Es kommt z. B. beim Bergaufgehen leichter zu Atemnot. Schon eine einfache Treppe kann einem langjährigen Raucher ungeahnte Schwierigkeiten und „Luftnot“ bereiten.

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Bei einer langjähriger Raucherlunge/COPD kann es auch zu einem deutlichen Gewichtsverlust kommen; vor allem die Muskeln an Armen und Beinen werden sichtbar dünner. Es kommt dann häufig auch zu erheblichen Bronchitiden im Jahresverlauf, vor allem im Winterhalbjahr. Leider liegen bei Rauchern häufig auch noch andere Erkrankungen vor, wie z. B. Herz- oder Nierenkrankheiten oder schwere Arthrosen.

Was passiert, wenn nach langen Jahren das Rauchen beendet wird? Falls bereits eine chronisch obstruktive Bronchitis (Raucherlunge) besteht, ist diese Lunge leider nicht mehr komplett zu retten. Die jahrelang inhalierten Giftstoffe können nicht vollständig entsorgt, das langjährige Rauchen kann nicht rückgängig gemacht werden. Auch Jahre nach dem Rauchstopp kann sich noch eine Raucherlunge entwickeln, die vorher nicht bestand! Der Prozess ist leider fortschreitend, trotz Beendigung des Rauchens – beim einen mehr, beim anderen weniger. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann dies bedeuten, dass der Patient die meiste Zeit des Tages mit einem Sauerstoffgerät beatmet werden muss, damit er überhaupt noch einfache Bewegungen innerhalb der Wohnung machen kann. Ist das „der Duft der großen weiten Welt“? Was folgt daraus? Es ist unbedingt wichtig, frühzeitig mit dem Rauchen aufzuhören, nachdem man es einmal „probiert“ hat. Es ist längst nicht so schlimm, nach dem Rauchstopp vorübergehend Übergewicht zu entwickeln, wie weiterzurauchen.

Was ist bei COPD bzw. chronischer Bronchitis im Herbst zu beachten? Für solche Patienten wird auf jeden Fall eine jährliche Grippeimpfung empfohlen, da eine erhöhte Gefährdung für schwere Atemwegsinfekte und Lungenentzündungen besteht. Weiterhin wird einmalig eine Impfung gegen Pneumokokken (Lungenentzündung) empfohlen.

Wie kann eine COPD behandelt werden? Nach einer eingehenden Diagnostik, zu der eine Lungenfunktionsprüfung gehört, kann – auch in

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Zusammenarbeit mit dem Lungenarzt – dem Betroffenen mit verschiedenen inhalierbaren Medikamenten/Dosiersprays das Leben erleichtert werden. Eine Heilung ist nicht mehr möglich, jedoch kann die körperliche Belastbarkeit auf diese Weise häufig verbessert werden. All dies ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, solange der Betroffene das Rauchen nicht lässt.

Welche Hilfen gibt es, um mit dem Rauchen aufzuhören? Viele Krankenkassen und andere Organisationen bieten Raucherentwöhnungskurse an. Zusätzlich gibt es vom Deutschen Hausärzteverband jetzt ein Online-Raucherentwöhnungsprogramm. Dieses kann bei www.hausmed.de angefordert werden. Das Raucherentwöhnungsprogramm erstreckt sich über eine der Motivation dienende Anfangsphase von 12 Wochen. Die erlernten Lebensumstellungen sollten auch weiterhin beibehalten werden. Das Raucherentwöhnungsprogramm kann mit oder ohne Hausarztpraxis (dann selbstständig online) durchgeführt werden. Eine tägliche Kontrolle vonseiten der Programmleitung erfolgt dann über SMS oder Mails. Die Hausarztpraxis hilft, sofern eingeschaltet, mit mehreren Recalls per Telefon dem Betroffenen bei der kontinuierlichen Moti-

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vation. Wöchentlich bekommt der RauchstoppWillige eine andere Aufgabe und lernt so allmählich, seine Lebensgewohnheiten umzustellen. Dies gewährleistet ein nachhaltiges Umgewöhnen und – hoffentlich – auch Abgewöhnen des Glimmstängels. Die durch die Nikotinfreiheit gesparten Kosten können sinnvoll z. B. in eine Belohnung (Urlaub, Kleidung oder Sonstiges) investiert werden. Zum erfolgreichen Abschluss des Raucherentwöhnungsprogramms ist aber unbedingt ein eigener Wille erforderlich. Wer gern raucht und bei wem das Rauchen „zum Genuss“ dazugehört, der wird es schwierig haben zu reüssieren. Das 12-wöchige Programm kostet derzeit 79 Euro.

Dr. med. Sieglind Zehnle ist Fachärztin für Allgemeinmedizin Hausarzt-Praxis Scharnhausen Allgemeinmedizin – Homöopathie – Palliativmedizin Ruiter Str. 7; 73760 Ostfildern Tel.: 07158 8073 Fax: 07158 68411 E-Mail: praxiszehnle@web.de Homepage: http://drzehnle.wordpress.com

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Wenn die Gelenke schmerzen

Rheuma & Co. Bewegung tut gut und fördert die Gesundheit. Doch was tun, wenn die Gelenke so sehr schmerzen, dass jede Bewegung zur Qual wird? Rheuma ist ein Sammelbegriff für Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit reißenden oder ziehenden Schmerzen. Die medizinisch korrekte Bezeichnung dafür lautet „Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises“. Doch welcher Arzt ist dafür zuständig? Eine wichtige Frage, denn viele Betroffene haben eine wahre Odyssee hinter sich, bis sie endlich einen Arzt finden, der solche Erkrankungen behandelt. Wir sprachen mit dem Rheumatologen Prof. Dr. Bernhard Hellmich vom Kreiskrankenhaus Plochingen.

Eine der häufigsten rheumatischen Erkrankungen mit starker Beeinträchtigung der Beweglichkeit ist die rheumatoide Arthritis oder chronische Polyarthritis. Wie entsteht diese Krankheit, und was passiert dabei im Körper? Prof. Hellmich: Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Gelenkentzündung, die mehrere Gelenke gleichzeitig betrifft. Unbehandelt zerstört sie im Lauf der Zeit die Gelenke und macht sie funktionsuntüchtig. Es handelt sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, also eine Krankheit, bei der das Immunsystem „versehentlich“ körpereigenes Gewebe angreift. Zunächst kommt es zu einer Schleimhautschwellung im entzündeten Gelenk; dann beginnt die Gelenkschleimhaut zu wuchern und knorpel- und knochenzerstörende Substanzen zu bilden. Kommt die rheumatoide Arthritis häufig vor? Prof. Hellmich: Ja; sie ist die häufigste chronisch entzündlich-rheumatische Erkrankung überhaupt. Man schätzt, dass in Deutschland etwa 1 % der Bevölkerung (rund 800 000 Menschen) an rheumatoider Arthritis erkrankt ist. Frauen leiden häufiger darunter als Männer. Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es? Prof. Hellmich: Die eigentlichen Ursachen dieser Autoimmunstörung sind bisher nicht bekannt. Man weiß aber, dass es eine genetische Veranlagung dafür gibt: In manchen Familien tritt die rheumatoide Arthritis gehäuft auf. Rauchen scheint die Entstehung der Erkrankung zu be-

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günstigen; außerdem verschlimmert es den Krankheitsverlauf. Was für rheumatische Erkrankungen gibt es noch? Prof. Hellmich: Relativ häufig ist auch die Bechterew-Krankheit, die ebenfalls teilweise genetisch bedingt ist und durch Autoimmunreaktionen mitverursacht wird; und auch hier wirkt Rauchen sich negativ aus. Typische erste Beschwerden sind Morgensteifigkeit, Rückenschmerzen und Schmerzen in den großen Gelenken. Ohne Behandlung versteift und verknöchert die Wirbelsäule mit der Zeit in stark vornübergebeugter Haltung. Eine Arthritis kann übrigens auch als Begleiterkrankung einer Psoriasis (Schuppenflechte) auftreten, wobei hier hauptsächlich die Finger- und Zehengelenke betroffen sind. Bei einer solchen Psoriasis-Arthritis kann es zu schweren deformierenden Gelenkentzündungen kommen. Welche rheumatischen Erkrankungen werden an Ihrem Krankenhaus behandelt? Prof. Hellmich: Wir behandeln die entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, insbesondere die rheumatoide Arthritis, aber auch die PsoriasisArthritis und die Bechterew-Krankheit. Und dann haben wir noch einen Schwerpunkt im Bereich der Systemerkrankungen, bei denen die Patienten nicht nur an Rheuma an den Gelenken leiden, sondern auch Nieren und Lunge beeinträchtigt sind. Da wir ein Akutkrankenhaus sind, können wir solche Patienten komplett versorgen.

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Wie lassen sich rheumatische Erkrankungen diagnostizieren? Prof. Hellmich: Am Anfang steht die Anamnese, das Gespräch mit dem Patienten. Bei Rheuma muss man den Patienten einfach vieles fragen, anders als zum Beispiel bei einer einfachen Magen-Darm-Erkrankung. Man fragt nach allen möglichen Faktoren, welche Rheuma auslösen können, also z. B. nach bestimmten Infekten, Durchfallerkrankungen usw. Wir haben dafür standardisierte Fragebögen, die wir mit den Patienten durchgehen. Bildgebende Verfahren sind heute in der Diagnostik unverzichtbar, vor allem der Ultraschall. Auch Röntgen spielt immer noch eine wichtige Rolle. Die Kernspintomografie setzen wir gezielt bei bestimmten Fragestellungen ein. Natürlich sind auch Laboruntersuchungen (z. B. auf Rheumafaktoren, Antikörper und Entzündungswerte) sehr wichtig. Wir haben hier in meiner Klinik ein spezielles Rheumalabor aufgebaut, in dem wir diese Untersuchungen selbst durchführen. Wenn man früher unter rheumatoider Arthritis oder Morbus Bechterew litt, war man dazu verdammt, irgendwann zum Krüppel zu werden. Sehen die Heilungschancen heute besser aus? Prof. Hellmich: Wir können die Erkrankung durch bessere diagnostische Verfahren heutzutage häufig früher erkennen. Und wenn man die Krankheit frühzeitiger feststellt, kann man sie natürlich auch eher und intensiver behandeln. Wenn beim Rheumatiker die Ent-

zündung bestehen bleibt, führt das unweigerlich zur Zerstörung des Gelenks. Wenn man aber die Entzündung rechtzeitig eindämmt, bleibt das Gelenk häufig strukturell erhalten. Wir haben allein in den letzten zehn Jahren nur für die rheumatoide Arthritis zehn neue Medikamente bekommen, die deutlich besser sind als die früheren Arzneimittel. Das bedeutet, dass man bei den meisten Betroffenen die Entzündung komplett heilen kann.

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Aber dazu muss man auch rechtzeitig zum Rheumatologen gehen! Prof. Hellmich: Das stimmt. Wenn ein Patient z. B. über drei Jahre hinweg nur Schmerzmittel bekommt und die Diagnose nicht gestellt wird, kann in dieser Zeit viel kaputtgehen. Sie bieten an Ihrer Klinik eine Patientenschulung für Rheumapatienten an. Was für Kenntnisse werden den Patienten da vermittelt? Prof. Hellmich: Wir bringen den Patienten zuerst einmal bei, ihre Krankheit zu erkennen, d. h. es zu merken, wenn ein Krankheitsschub kommt. Der Schwerpunkt der Schulung liegt auf den Medikamenten, die teilweise auch Nebenwirkungen haben können. Und diese Nebenwirkungen muss man frühzeitig bemerken, damit sie nicht zu einem Problem werden. Das erklären wir den Patienten. Wir sagen ihnen, welche Nebenwirkungen sich einstellen können, damit sie diese umgehend ihrem Arzt melden. Und wir beruhigen sie natürlich auch: Wenn ein Laie die Beipackzettel liest, kriegt er normalerweise erst mal einen Schrecken und sagt sich, dass er dieses „Gift“ nie und nimmer schluckt. Ein informierter Patient kennt solche Ängste nicht und ist sehr viel therapietreuer.

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Welche Medikamente und sonstigen Maßnahmen setzen Sie zur Schmerzbekämpfung ein? Prof. Hellmich: Um Schmerzen in der Rheumatologie zu bekämpfen, setzen wir gerne Medikamente wie Diclofenac oder Ibuprofen, aber auch die neueren Coxibe ein. Die Schmerzbekämpfung steht jedoch nicht im Vordergrund. Schmerz ist für uns ein Indikator dafür, dass die Erkrankung noch nicht ausreichend behandelt ist. Mit Schmerzmedikamenten laufen wir Gefahr, die Symptome zu verschleiern. Wir müssen die Entzündung angehen. Sonst kann es sein, dass die Entzündung weitergeht und das Gelenk zerstört wird, obwohl der Patient relativ wenig Schmerzen hat. Welche Rolle spielen Krankengymnastik, manuelle und physikalische Therapie bei rheumatischen Erkrankungen? Prof. Hellmich: Wenn der erste Schub behandelt wird, wollen wir das Gelenk wieder in den normalen Zustand bringen. Ein entzündetes Gelenk ist häufig geschwollen, die Gelenkkapsel ausgeleiert, der Patient nimmt unwillkürlich eine Schonhaltung ein, was zum Abbau der Muskulatur führt – das heißt, man muss das Gelenk wieder gezielt auftrainieren und seine Beweglichkeit wiederherstellen. Dies wird durch eine zielgerichtete Krankengymnastik unterstützt. Physikalische Therapie tut dem entzündeten Gelenk ebenfalls gut, vor allem Kühlung durch Kaltgas oder Moorpackungen. Wenn der erste Krankheitsschub überstanden ist, leiten wir die Patienten unmittelbar an, auch selbstständig zu üben oder sich einer Bewegungsgruppe der Rheuma-

Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin, Klinik Plochingen Kreiskliniken Esslingen gGmbH Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen Allgemeine Innere Medizin, Rheumatologie und Klinische Immunologie, Intensivmedizin Am Aussichtsturm 5; 73207 Plochingen Tel.: 07153 604-61401; Fax: 07153 604-66409 E-Mail: b.hellmich@kk-es.de Internet: www.kk-es.de

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liga anzuschließen. Training ist deshalb so wichtig, weil man ein Gelenk durch eine gut trainierte Muskulatur auf natürliche Weise entlastet. Ist es sinnvoll, Patienten die Möglichkeit einer Teilnahme an klinischen Studien anzubieten? Prof. Hellmich: Wir haben hier ein Studienzentrum aufgebaut und bieten vorwiegend Studien zu Medikamenten an, die noch nicht zugelassen sind, damit ein Patient, der mit den herkömmlichen Mitteln nicht zurechtkommt, eine zusätzliche Alternative hat. Wir haben Studien für mehrere rheumatische Erkrankungen im Angebot. Eine unserer häufigsten Volkskrankheiten ist die Arthrose. Wie lange kann man sie mit konservativen Maßnahmen behandeln und wann muss ein künstliches Gelenk her? Prof. Hellmich: Natürlich versucht man zunächst einmal jeden Patienten konservativ, also ohne operativen Eingriff zu behandeln. Die Entscheidung für eine Operation kommt dann unter zwei Gesichtspunkten zustande. Der eine: Wenn der Patient unter konservativer Therapie erheblich in seiner Beweglichkeit eingeschränkt bleibt, also bei der Hüftgelenks- oder Kniegelenksarthrose nur noch wenige Meter gehen kann und danach stehen bleiben muss, dann ist eine OP sinnvoll. Der andere Gesichtspunkt ist das Ausmaß der Arthrose, das man im Röntgenbild erkennen kann. Wenn das Gelenk schon komplett aufgebraucht ist und der Patient dementsprechend starke Beschwerden beim Bewegen hat, dann bleibt meistens nicht mehr viel Zeit für eine konservative Therapie. Diese beiden Aspekte – Röntgenbild und Befinden des Patienten – sind ausschlaggebend für die Entscheidung, ob man operieren soll oder nicht. Welche Gelenke kann man heute ersetzen? Prof. Hellmich: Die größten Erfahrungen hat man im Bereich des Hüft- und Kniegelenks. Diese Eingriffe sind heute sehr gut standardisiert und auch empfehlenswert. Auch für die Schultern gibt es Prothesen; in der Hand eines geübten Chirurgen führt ein solcher Eingriff auch häufig zu einer deutlichen Verbesserung. Dies hängt

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jedoch stark davon ab, wie die Muskulatur um die Schulter herum aussieht. Bei allen anderen Gelenken, zum Beispiel Ellbogen oder Sprunggelenken, ist es schwieriger. Vor allem bei den Fingergelenken gibt es kaum vernünftige Prothesen. Welchen Stellenwert hat die Strahlentherapie bei Arthrose? Prof. Hellmich: Man kann eine Röntgenreizbestrahlung durchführen. Dahinter steckt die Idee, Wärme in das Gelenk einzubringen – eine indirekte Art der physikalischen Therapie. Die Krankenkassen erstatten ja die Kosten für Akupunktur bei Arthroseschmerzen. Was für Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Prof. Hellmich: Als zusätzliche Maßnahme kann Akupunktur sinnvoll sein. Es gibt sogar Studien (z. B. bei der Kniegelenksarthrose), die gezeigt haben, dass die Akupunktur einen gewissen schmerzlindernden Effekt hat. Deswegen werden die Kosten für diese Therapie zum Teil auch von den Kassen übernommen. Viele Leute, die unter Arthrose oder Arthritis leiden, holen sich aus der Apotheke rezeptfreie Präparate wie Fischölkapseln, Tabletten mit knorpelaufbauenden Substanzen, Grünlippmuschelextrakt oder Teufelskrallen-Präparate. Was bringen solche Naturheilmittel?

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Prof. Hellmich: Eigentlich kann man sich das Geld dafür sparen. Früher wusste man es nicht genau, doch inzwischen wurden zu einigen dieser Stoffe Studien durchgeführt. Bei keiner Substanz konnte ein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden. Es gibt freilich auch Präparate, die nicht untersucht wurden. Ich wäre da eher zurückhaltend. Die Teufelskralle ist letztendlich nichts anderes als ein phytopharmazeutisches (also pflanzliches) Schmerzmittel, das aber auch die gleichen Nebenwirkungen hat wie ein pharmakologisches Mittel. Rheumatologen findet man auffallend selten, sowohl an Kliniken als auch in Praxen. Woran liegt das? Prof. Hellmich: Das ist ein für Deutschland spezifisches Problem. Hier haben sich immer schon die Orthopäden um die Gelenke gekümmert. In anderen Ländern ist das anders; in den angloamerikanischen Ländern beispielsweise gibt es sehr viel mehr Rheumatologen. In Deutschland ist der Rheumatologe in der Regel Internist und kümmert sich nur um entzündlich-rheumatische Erkrankungen, also nicht um Arthrosen oder Fibromyalgie. Dadurch, dass er sich fachlich so sehr beschränken muss, gibt es auch nur wenige Ausbildungsstellen.

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Narbenpflege und -behandlung

Die Zeit heilt alle Wunden Dr. med. Karina Klein Ein Unfall, eine Verbrennung, ein Hundebiss, eine Operation – und schon ist es passiert: Eine hässliche Narbe ist da. An sichtbaren Stellen, etwa im Gesicht, an den Armen oder in der Bikinizone, werden Narben oft als sehr störend empfunden: Man hat das Gefühl, „entstellt“ zu sein, empfindet sich als weniger attraktiv. Manchmal kann das sogar zu Minderwertigkeitskomplexen oder anderen psychischen Problemen führen. Größere Narben können außerdem die Beweglichkeit einschränken oder ein unangenehmes Spannungsgefühl in der Haut erzeugen.

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as ist eigentlich eine Narbe? Jede Verletzung der Haut, die tiefer als die obere Hautschicht, die Epidermis, reicht, heilt über einen komplizierten Reparaturvorgang ab, den wir als Vernarbung bezeichnen, denn nur die Epidermis kann sich komplett regenerieren. Dies bedeutet, dass jeder chirurgische Eingriff zu Narben führt. Narbengewebe hat nicht die Qualität gesunder Haut: Es ist weniger elastisch, kann weniger Wasser speichern, wird schlechter durchblutet, weder Haare wachsen noch bilden sich Drüsen neu. Das Gewebe kann schrumpfen, verhärten, spannen und so die Beweglichkeit einschränken. Es kann auch zu einer Überproduktion von Bindegewebsfasern mit einer Wulstbildung kommen. Auf die Heilung und das Ergebnis der Narbenbildung haben verschiedene Faktoren Einfluss, beispielsweise die Art der Verletzung, das Alter des Patienten, auch sein Gesundheitszustand (bei Durchblutungsstörungen oder Diabetes heilen Wunden sehr viel schlechter). Entscheidend ist aber auch, an welcher Stelle die Haut verletzt wurde, die Art der Wundränder und ob die Wunde verunreingt worden ist, ob es zu einer Infek-

Die ältesten Überlieferungen zur Wundversorgung mit chirurgischen Nähten stammen aus Ägypten 3000 v. Chr. Und aus dieser Zeit sind uns auch die ersten Anleitungen überliefert, wie man Narben pflegen sollte.

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tion kommt und letztendlich auch die Qualität der Wundversorgung: Wurde sie steril durchgeführt, spannungsfrei? Welche Nahttechnik kam zum Einsatz?

Die ideale Narbe Eine ideale Narbe ist eben, kaum zu sehen und zu spüren. Doch wie schafft man das? Es scheint sehr wenig bekannt zu sein über die Bildung von Narben und wie man sie beeinflussen kann. Das Problem der Narben wird in der Nachbehandlung oft vernachlässigt. Viele Patienten klagen darüber, dass ihnen niemand erklärt hat, wie sie ihre Narben nach der Operation pflegen sollen. Häufig kommt es nämlich zu einer vermehrten, unregelmäßigen Kollagenbildung, was zu einer wulstigen Narbe führt. Eine Wulstnarbe – der Arzt spricht von einem Keloid – ist eine gutartige Bindegewebswucherung, die über die eigentliche Narbengrenze hinauswächst. Diese derben, rötlichen oder dunklen Bindegewebsstränge sehen sehr unschön aus. Außerdem jucken sie manchmal.

Narbenpflege nicht zu vernachlässigen! Wulstigen Narben kann man vorbeugen! Und zwar durch eine regelmäßige Massage und Druckbehandlung. Dadurch wird eine ebenmäßige parallele Ausrichtung der Fasern und eine bessere Durchblutung erreicht. Es gibt heute eine ganze Menge an Möglichkeiten, den komplexen Regenerationsmechanismus im Verlauf der Wundheilung zu unterstützen. Man kennt inzwischen auch spezielle Sal-

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Sonnenlicht oder künstliche UV-Strahlung, etwa im Sonnenstudio, bekommen einer Narbe nicht. Unter Umständen werden die Narben dunkel pigmentiert. Also kleben Sie ein Pflaster auf die Narbe, solange sie noch gerötet ist, oder benutzen Sie eine Sonnenschutzcreme Faktor 40 oder höher.

ben, z. B. Silikongel mit Vitamin C, die man einsetzen kann. Eine gute Narbenheilung braucht Zeit. Die Entwicklung der Narbe erstreckt sich über Wochen, ja Monate. Und in dieser Zeit kann man viel tun, um die Narbenbildung positiv zu beeinflussen. Eine konsequente Behandlung unterstützt den Heilungsprozess! Man denke dabei an die alte Weisheit, nach der die Zeit Wunden heile: Dies trifft zu. Chirurgische Narbenkorrekturen sind eher selten notwendig. Sie werden durchgeführt, wenn eine Funktionsstörung vorliegt, wenn die Narbe die Bewegungsfähigkeit einschränkt. Bei sehr aktiven, juckenden Narben (Keloid) kann eine Injektion mit Cortison, kombiniert mit einer Druckbehandlung, Besserung bringen.

Narben im Gesicht Das Gesicht ist gewissermaßen unsere „Visitenkarte“. Deshalb haben Menschen, bei denen eine Operation im Gesicht notwendig oder ge-

plant ist, besondere Angst vor auffälligen Narben. Diese Sorge ist jedoch oft unbegründet, denn mit einer guten Planung, speziellen Operationstechniken und entsprechender Nachbehandlung bleiben (fast) keine Spuren. Dies zeigen die häufigen ästhetisch-plastischen Eingriffe wie z. B. Lidplastiken, bei denen die Patienten oft auf den freien, offenen Blick, aber nicht auf Narben angesprochen werden. Diese optimalen Voraussetzungen sind natürlich nicht bei Unfällen oder Verletzungen gegeben, aber die fachärztliche Versorgung und Nachbehandlung gewährleistet auch hier gute Ergebnisse. Aufgrund der sehr guten Durchblutung hat die Gesichtshaut eine gute Heilungstendenz. Operative Nachkorrekturen sind dann sinnvoll und notwendig, wenn Narben quer zu den Hautspannungslinien verlaufen oder Stufenbildungen aufweisen.

Dr. med. Karina Klein ist Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Chirurgin mit der Zusatzbezeichnung Handchirurgie. Sie war leitende Oberärztin der Abteilung für Plastische Chirurgie in Lebach und ist heute in ihrer Praxis-Klinik in Esslingen a. N. tätig.


Das „Positionspapier zu Burn-out“

Plädoyer für den gesunden Menschenverstand

Lucie Neumann

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eine Nichte Clara steckt kopfüber im Wandschrank und flucht die Sportsocken an. Ich weiß, was sie sucht: die DeutschlandFähnchen fürs Auto. Sie wird sie nicht finden, denn sie umkränzen seit drei Monaten meinen Schreibtisch: Am 07. März 2012 erschien das „Positionspapier zu Burn-out“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) – und ich setzte die Wimpel als Merkfähnchen, um zügig einen Artikel zu „Sport, Burn-out und das Ende der Ansteckung“ zu schreiben. Aber irgendwie ging die gute Tat der DGPPN im Alltag unter. Da das Papier bis heute von Medien und Öffentlichkeit nahezu unentdeckt geblieben ist, reiche ich es rund um die Fußball-EM und zum Start des neu-

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en Magazins „Kompass Gesundheit“ nach. Die zwei Wimpel an meinem Schreibtisch sollten mich an mein „Plädoyer für den gesunden Menschenverstand“ erinnern. Denn jetzt, nach der EM, können die Deutschen zeigen, dass sie verstanden haben. Zum Beispiel, dass auch (öffentlicher) Druck, Häme, Herabsetzung und ein Klima der Respektlosigkeit die Stärksten schwach machen kann. Neudeutsch: Burn-out. Schließlich wurde der Begriff Burn-out erst durch den Sport populär. Er zwang Größen in die Knie – seit 2004 den Skispringer Sven Hannawald, 2007 Sebastian Deisler, inzwischen den Bundesliga-Spieler Jan Simak, den Hannover96-Torhüter Markus Miller und zuletzt SchalkeTrainer Ralf Rangnick. Laut der Zeitung „Welt“

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waren 2011 weitere Leistungssportler in Behandlung. Weswegen in Behandlung? Wegen Burn-out oder Depression oder einer anderen Art einer psychischen Störung?

Die Beliebigkeit des Begriffs Burn-out Insgesamt wurde der Eindruck geweckt, in einer zutiefst kranken Gesellschaft zu leben. Und dieser Eindruck wurde lange Zeit geschürt. Manche Scharfmacher, der lässliche Umgang mit fragwürdigen Inhalten aus dem Internet und nicht zuletzt das lange Hinwarten der Fachgesellschaften hielten den Burn-out-Virus mit großer Ansteckungsgefahr auf hohem Niveau. Und nun endlich – die gute Tat der DGPPN: Sie setzt mit dem Positionspapier dem beliebigen Begriff Burn-out ein Ende, erteilt der Gleichsetzung von Burn-out und Depression eine klare Absage und nimmt Politik, Wirtschaft, Medien und die Forschung in die Pflicht, Lösungen zu entwickeln. Es sei nicht die Aufgabe des Gesundheitssystems, Burn-out-Beschwerden und den gesamtgesellschaftlichen Folgen vorzubeugen und zu beheben. Mehr noch: Es werde kei-

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nen deutschen Sonderweg zur Aufnahme von Burn-out in die international gültige ICD-Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation geben. Im Klartext: „Die DGPPN warnt vor einem unwissenschaftlichen und unkritischen Gebrauch des Begriffs Burn-out für quasi sämtliche psychischen Störungen, die im Zusammenhang mit einer Arbeitsbelastung stehen.“ In der Praxis führte das Unspezifische, Subjektive zu einer Art Psychopathologisierung vieler Menschen und erzeugte noch mehr Ratlosigkeit und Angst. Nicht zuletzt durch die Gleichstellung entstand zum einen Konfusion in Unternehmen und die schnelle Verlagerung der Verantwortung in den medizinischen Bereich. Zum anderen führte die Schwere eines solchen „Befundes“ bei Betroffenen und ihrem sozialen Umfeld zu wenig hilfreichem Erschrecken. Der Betriebsrat eines Großkonzerns mit hoher männlicher Mitarbeiterzahl sagte in einem Hintergrundgespräch: „Zeitweilig zeigte sogar unsere Personalabteilung Nerven: Apokalyptische Expertenaussagen, aus Burn-out wurde bald der ,Doppel-Burn-out‘ von Mitarbeitern und Führungskräften, dann erschien ein Artikel in einer Patientenzeitschrift, wonach 14 Tage Schlaflosigkeit ausreiche, um sich eine Depression einzuhandeln. Wir hatten das Thema gründlich satt.“ Bislang entfaltete das Positionspapier noch keine Wirkung auf die beiden jüngsten Verbände, die Burn-out im Namen führen. Während der im September 2011 gegründete Europäische Fachverband für Stressbewältigung und Burnoutprävention – kurz: „Burn-out-Zentrum e. V.“ – auf seiner Website bis heute unter „häufige Anzeichen für ein Burn-out-Syndrom (...) Depressionen, Perspektivlosigkeit, Zukunftsängste bis hin zu Suizidgedanken“ nennt, stellt sich der im April 2011 gegründete Deutsche Bundesverband für Burn-out-Prophylaxe und Prävention e. V. der Aufgabe: „Das Burn-out-Syndrom als Krankheit anerkennen zu lassen“ und setzt sich für die Aufnahme des Burn-out-Syndroms mit eigener Ziffer in die ICD-10-Klassifikation ein. Beide streben laut eigenen Angaben Zertifizierungen an. Zu hoffen bleibt, dass sich diese

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bei näherer Betrachtung nicht als reine Marketing-Projekte entpuppen, sondern befruchtende Neuerungen und haltbare Belege in die stressgeplagte Welt bringen. Ob Verbands-Neugründungen Betroffenen und Umfeld tatsächlich helfen können, wird die Zukunft zeigen. Burn-out vagabundiert seit Erfindung des Begriffs in den 70ern kreuz und quer durch die Medien, das „Spiegel“-Archiv bringt 400 Beiträge aufs Tapet, der erste von 1988. Insofern ist es kaum vorstellbar, dass die etablierten Verbände, Stiftungen, Institute weder Angebote noch Expertisen einbringen könnten. Vorausgesetzt, sie werden nachgefragt.

Neue Forschungen gefordert Das DGPPN-Positionspapier fordert neue Forschungen, epidemiologische Forschungen. Sollten nicht mehr Praktiker einbezogen werden, das fragen Betriebsräte, die der Lebenswelt der Mitarbeiter näher sind. Letztlich: Es sind auch in diesem Papier noch Fragen offen. Die ungeprüfte Fülle der Hilfs-Angebote wächst sich zum zentralen Problem aus. Dass dies eine wichtige Zukunftsaufgabe ist, dazu nimmt das Papier Stellung und fordert eine klare Ressourcenorientierung, konkret: „Die Stärkung der Ressourcen des Einzelnen, mit dem Ziel von erhöhter Belastbarkeit und effizienterer Bewältigungsmöglichkeiten.“ Und weiter: „Es gibt bisher wenige als wirksam evaluierte Präventionsstrategien. Eine Ausnahme ist z. B. das Achtsamkeits-basierte Stressmanagement-Programm mit den Zielen der Entlastung von Arbeitsplatz-Stressoren und Erholung durch Ent-

Lucie Neumann M. A. ist Gesellschaftswissenschaftlerin, Strategie-Beraterin (DAPR) und systemischer Coach. Seit 1999 arbeitet sie mit neurobiologisch fundierten Kurzzeit-Methoden im Spannungsfeld „Arbeit & Gesundheit". 2001 entwickelte sie daraus die Planungsmatrix „Mensch. Marke. Markt.“ und das Barcelona-Ressourcen-Modell. 2009 initiierte sie das zweijährige Pilotprojekt „Die Zukunft meiner Arbeit. Ressourcen-Coaching fu ¨r beruflich Belastete“ an einer internistisch-orthopädischen Rehaklinik und das ReGeRe-Programm fu ¨r eine genussorientierte Gesundheitskommunikation. Infos: post@corporate-profiler.de

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spannung und Sport.“ Das mag für Kliniken gelten. Im Unternehmensalltag ist die Praxisorientierung, die Anwendbarkeit, von entscheidender Bedeutung. Ohnehin braucht es neue Formen der Patientenkommunikation, weder esoterisch noch autoritär – beides verhindert die Akzeptanz. Und: „Angstmachen – das ist unärztlich“ empört sich der Internist Dr. HansMartin Wisseler.

Angstmachen ist unärztlich Sichtung, Auswahl, Forschung – das braucht Zeit. „Und was hilft es also, wenn die bisherigen Ergebnisse wenig überzeugen?“ fragte Markus N., Personalverantwortlicher in einem IT-Unternehmen. Er gibt die Antwort selbst: „Jeder, der sein Produkt über Angst verkauft und das Damoklesschwert Burn-out inszeniert, kann für uns kein Ansprechpartner sein. Wir brauchen keine Verrücktmacher!“ Und Heinrich S., der als Geschäftsführer eines Instituts selbst an seine Leistungsgrenzen stieß, formuliert es deutlich: „Die Angstmacher hatten selbst die größte Angst.“ Vielleicht dient vorübergehend dieses Kriterium wenigstens im Ausschlussverfahren dazu, geeignete Hilfsangebote zu finden. Es gibt diese neuen Ansätze bereits. Das Internationale Symposium „Wie kommt Neues in die Welt?“ des Heidelberger Instituts für systemische Forschung e. V. vom Mai 2012 brachte sie vier Tage lang aufs Podium. Klug, aber nicht altklug. Und interdisziplinär wertvoll. Wir Deutschen sind laut einer aktuellen Studie der Personalberatung Rundstedt HR Partners die beruflich gestresstesten im europäischen Vergleich mit 14 anderen Nationen; die BadenWürttemberger wurden 2009 von der Techniker Krankenkasse als die Stressbelastetsten im ganzen Bundesgebiet erkannt. Man möchte mit Tom Robbins rufen: „Völker dieser Welt, relaxt!“ Und hoffentlich werden zukünftig nicht nur unsere Fußballer vor großem Stress verschont.

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Selbsthilfe

Die Arbeit des Arztes ergänzen Die Selbsthilfe entstand erst gegen Ende des letzten Jahrhunderts. Es brauchte Zeit, bis chronische kranke Menschen bereit waren, sich in der Öffentlichkeit zu ihrer Krankheit zu bekennen. Man schätzt, dass es heute in Deutschland um die 100 000 Selbsthilfegruppen gibt. Der mündige Patient will heutzutage eine aktive, eigenverantwortliche Rolle spielen. So tun sich chronisch Kranke und Behinderte in Gruppen zusammen, um dort ihre Erfahrungen mit der Krankheit und Therapie auszutauschen und sich gegenseitig zu beraten. Die Leistung der Selbsthilfegruppen ist inzwischen als eine wichtige Ergänzung zum professionellen Gesundheitssystem anerkannt. Wir sprachen mit der Leiterin der Selbsthilfegruppe „Frauen nach Krebs“ in Esslingen, Isolde Stadtelberger.

Frau Stadtelberger, wie würden Sie die Aufgabe der Selbsthilfe beschreiben? Isolde Stadtelberger: Selbsthilfe ist, wenn Menschen, die an der gleichen Krankheit leiden – bei uns ist es Krebs –, sich gegenseitig stützen und Erfahrungen austauschen. Für mich ist vor allen Dingen wichtig, dass wir die Ängste, die durch die Diagnose Krebs entstehen, gemeinsam abbauen. Wie sind Selbsthilfeorganisationen aufgebaut? Isolde Stadtelberger: Wenn ich von der Frauenselbsthilfe ausgehe, gibt es einen Bundesverband, also den Dachverband; darunter sind die Landesverbände organisiert, dann kommen die einzelnen Gruppen. Wir, unsere Gruppe hier, sind sozusagen ein verlängerter Arm des Landesverbands. Eine einzelne Gruppe kann nicht einfach tun, was sie will; sie muss sich an gewisse Spielregeln halten. Wir müssen auch immer daran denken, dass es sich bei den Geldern, die uns zur Verfügung gestellt werden, um Spendengelder handelt, die verantwortungsvoll eingesetzt werden müssen.

Mehr Infos auf:

www.kompass-gesundheit-bw.de Die Langfassung dieses Interviews finden Sie auf der Homepage von „Kompass Gesundheit“. Ebenso haben wir dort Adressen von Selbsthilfegruppen für Sie aufgelistet. Scannen Sie dazu dieses QR-Code.

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Lässt sich eine Selbsthilfegruppe mit einem beliebigen Verein vergleichen, beispielsweise einem Kegelverein?

Isolde Stadtelberger: Eindeutig nein. Bei uns geht es nicht um das Vergnügen, das zwar auch dazugehört; aber an allererster Stelle steht die Erkrankung von Menschen und dass wir ihnen helfen. Der Hauptgrund, weshalb wir uns treffen, ist der Austausch über unsere Krankheit. Wenn ein Patient einen Arzttermin hatte und nach Eröffnung der Diagnose Krebs die Praxis wie am Boden zerstört verlässt, was immer wieder vorkommt, braucht er Aufklärung und Unterstützung. Wir sagen ihm dann, dass er seine Krankheit akzeptieren muss. Das ist sehr wichtig, denn die meisten Betroffenen grübeln darüber nach, warum gerade sie an Krebs erkrankt sind. Aber das bringt nichts. Ich muss die Krankheit annehmen – muss lernen, damit zu leben. In der Gruppe wird aber nicht nur über die Krankheit gesprochen; wir sitzen auch gesellig beisammen oder wandern gemeinsam. Wie helfen sich Ihre Gruppenmitglieder gegenseitig? Isolde Stadtelberger: Das Leben nach Krebs ist anders als davor! Man sollte akzeptieren, dass man nach einer Krebserkrankung einfach ein bisschen anders tickt, bedingt durch die Angst und das Wissen, dass einen die Krankheit irgendwann wieder einholen kann. Innerhalb der Gruppe haben alle eine Krebserkrankung hinter sich, und schon allein der Gedanke, dass sich hier Menschen treffen, die alle im gleichen Boot sitzen, stützt und tröstet einen: Wenn man ein Problem hat oder in ein Loch fällt, wird man von

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den Gruppenmitgliedern besser verstanden als von jemandem, der nicht selbst betroffen ist. Wie findet man eine Selbsthilfegruppe? Isolde Stadtelberger: Zum Teil erfahren die Betroffenen es von Bekannten oder Nachbarn oder im Krankenhaus. Wir haben unsere Flyer in allen Krankenhäusern in Esslingen und im Kreis Esslingen ausgelegt. Man kann uns auch im Internet finden; die „Frauenselbsthilfe nach Krebs“ hat eine Homepage, auf der alle Gruppen in Deutschland verzeichnet sind. Sollte nicht der Arzt ausführlich mit Neupatienten reden? Isolde Stadtelberger: Das kann der Arzt nicht leisten. Das wäre viel zu belastend für ihn. Dafür gibt es die Selbsthilfe. Außerdem kooperieren die Kliniken mit den Selbsthilfegruppen, damit die Patienten einen Anlaufpunkt haben, wo sie mit Menschen zusammentreffen können, die sie verstehen. Wie sind Sie zur Selbsthilfe gekommen? Isolde Stadtelberger: Indem ich selbst dreimal an Krebs erkrankt bin. Beim dritten Mal hatte ich fürchterliche Angst, ich sah schon mein letztes Stündlein vor mir. Und natürlich hatte ich das Bedürfnis, mich zu informieren, welche Therapiemöglichkeiten sich bieten, falls „es“ weitermacht. Ich habe mir viele Vorträge angehört und viel gelesen. Irgendwann empfand ich es ein wenig unbefriedigend, mir so viele Kenntnisse angeeignet zu haben – und das alles nur in der Hoffnung, sie nicht zu brauchen. Es macht mehr Sinn, dachte ich, diese Kenntnisse an andere weiterzugeben. Die Selbsthilfegruppe in Esslingen bestand bereits, und so kam ich auf die Idee, mich hier einzubringen. Irgendwann wurde der Wunsch an mich herangetragen, die Leitung der Gruppe zu übernehmen.

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Laufen Sie sich glücklich!

Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich für die Selbsthilfe? Isolde Stadtelberger: Man kann so etwas nur ehrenamtlich machen. Würde man es professionell machen, wäre der Sinn weg. Das Ganze ist mit viel Arbeit verbunden, doch man bekommt sehr viel an Dankbarkeit zurück. Als ich die Sprechstunde am Esslinger Klinikum begann, habe ich mir vorgenommen: Wenn du ein Gespräch führst und dein Gegenüber am Anfang sehr traurig und den Tränen nahe ist und du es erreichst, dass die Patientin am Ende des Gesprächs „durchatmen“ und lächeln kann, dann war deine Arbeit gut. Und gerade dieses Lächeln ist mein Lohn.

Kompass Gesundheit 1/2012

Die Fünf Esslinger

Ausgabe Landkreis

ESSLINGEN

Der mündige Pa ent Rheuma & Co.

„Ein einsichtiger Mann, der erwägt, dass für die Menschen die Gesundheit von höchstem Wert ist, muss sich darauf verstehen, aus eigener Überlegung in den Krankheiten sich zu helfen; er muss verstehen, was von den Ärzten gesagt und seinem Körper verordnet wird, und er muss es beurteilen können.“

www.kompass-gesundheit-bw.de

Hippokrates (460–375 v. Chr.)

Der nächste Kompass Gesundheit erscheint im Oktober

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