JÄNNER 2018
Dorotheum: „Es ist ein Blick zurück mit Freude!" Das satirische Werk - Art Cologne 2018 Hope House - "Lichtblick" für Westlicht Caritas Charity-Auktion
KUNST.INVESTOR Editorial
Liebe Leserinnen und Leser!
So spannend war der Kunstmarkt noch nie: Die Kalender der Sammler und Kunstinvestoren sind voll. Auktionen, Ausstellungen und Previews, ein Termin jagt den nächsten. Und dem Geschäft mit den schönen Dingen mangelt es keineswegs an Härte, ganz im Gegenteil, auf der Suche nach neuen Kunden und Märkten bedarf es Flexibilität und Wandlungsfähigkeit. Der österreichische Kunstmarkt mit seiner prosperierenden Galerieszene boomt und Österreichs Auktionshäuser legen an Internationalität kräftig zu. Die allgemeine Wirtschaftssituation verunsichert den Geldmarkt, doch die Kunst behält ihren Wert, ist nicht vom Ölpreis und taumelnden Finanzmärkten abhängig. Ist nachhaltiges Kunstsammeln Luxus? Etwas Kostspieliges, Verschwenderisches, das man sich, wenn überhaupt, nur zum Vergnügen leisten kann? In der Kunstbranche sind die Fachleute der Überzeugung, dass dem nicht so ist. Vielleicht gerade in der Luxusbranche, die vom Image lebt, ist das Einhalten von diesen Kriterien kein Luxus, sondern beinharte Notwendigkeit. Der Inbegriff des Luxus ist offensichtlich
nicht mehr das, was er einmal war. Das sind meine Gedanken, als ich mich mit dem Thema auseinander setzte. Was aber ist dann Luxus? Luxus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „verrenkt“ bzw. im übertragenen Sinn, abweichend vom Normalen. Heute steht es laut Duden für einen kostspieligen, verschwenderischen, den normalen Rahmen der Lebenshaltung übersteigenden, nicht notwendigen und nur zum Vergnügen betriebenen Aufwand. Wer heute Kunst sammelt, wird nicht mehr wie Orchideenzüchter belächelt. Kunstsammler sind kluge Menschen- halt „Verrenkte“ Weltbürger. Weil es bei allen Dingen des Lebens immer auf den richtigen Mix ankommt, wollen wir Sie nicht nur mit fundierten Hintergrundberichten, präzise recherchierten Topstorys, wichtigen Nachrichten und aktuellen Interviews begeistern. Zusätzlich wollen wir dieses Magazin auch mit dem Sonderteil Börse-Express als moderne Plattform zum Austausch wichtiger Investitionsinformationen anbieten. Viel Spaß wünscht Ihnen Michael Ruben Minassian
IMPRESSUM: Medieneigentümer, Chefredakteur & Herausgeber: Michael Ruben Minassian, Mail: michael.minassian@kunstinvestor.at , Telefon: +43 1/ 236 53.1312 Verlagsadresse: MN Online & Content GmbH, 1110 Wien, Brehmstrasse 10/4.OG, Geschäftsführung: Markus Bauer, ATU 65091955, FN 330453k, Tel: +43 1/ 91920- 9045 DW, Fax: +43 1/2981298, Website:www.kunstinvestor.at, Cover-Foto: © Dorotheum, Auktion "Aus aristokratischem Besitz" 30.01.2018, Anonymer Künstler um 1830, Franz Pichler, Edler von Deeben in der Uniform der Arcierenleibgarde umgeben von seiner Familie, Schätzwert Euro 3.000,- bis 4.000,-
KUNST.INVESTOR News
Lichtblick für WestLicht Polaroid Originals und Öffentliche Hand als neue Partner im Gespräch
August Sander, Jungbauern, 1914 © SK Stiftung Kultur, VG-Bildkunst, Bonn, Courtesy Fotosammlung OstLicht
Gute Aussichten für WestLicht: Nachdem der Schauplatz für Fotografie vor dem Jahreswechsel um seinen Fortbestand bangen musste, besteht inzwischen konkrete Hoffnung auf eine Zukunft des Hauses. Angespornt von rund 20.000 UnterstützerInnen, die eine Petition zum Erhalt von WestLicht unterzeichnet hatten, hat sich ein Triumvirat zusammengefunden, dessen Förderung den Ausstellungsbetrieb auch in den kommenden Jahren garantieren würde: Verhandlungen laufen mit der Leica Camera AG, die sich als bisheriger Hauptsponsor für eine künftige Teilfinanzierung gewinnen ließ. Darüber hinaus ist Polaroid Originals als neuer Partner im Gespräch. Positive Signale kamen auch vom Bund, der sich voraussichtlich erstmals an
der Finanzierung von WestLicht beteiligen wird und damit ein starkes Zeichen für Fotografie in Österreich setzen würde. Begleitet von einem vielfältigen Vermittlungs- und Vortragsangebot zeigt WestLicht mit The Polaroid Project noch bis Ende Februar die Sofortbildfotografie an der Schnittstelle von Kunst und Technologie mit Arbeiten von Ansel Adams bis Andy Warhol. Nach den Foto- und Kamera-Auktionen im März plant WestLicht mit einem herausragenden Klassiker der Fotografiegeschichte in das neue Lebensjahr zu starten: August Sander und sein epochaler Porträtzyklus Menschen des 20. Jahrhunderts. (Foto: © Fotomuseum Westlicht)
KUNST.INVESTOR News
JOSEF MIKL Das satirische Werk
Josef Mikl, Das Wunderpferd oder auch Zauberpferd, 1948 © Wien Museum
Im Zentrum der Ausstellung über den österreichischen Maler Josef Mikl steht ein einzigartiger Bestand von Skizzenbüchern, Textblättern, Episkopbildern und Heften, der durch eine Schenkung von Brigitte Bruckner-Mikl an das Wien Museum MUSA kam. In pointierten Darstellungen und bissigen Satiren reagierte Mikl auf seine Zeitgenossen und die Kunstszene dieser Zeit. Es entstanden abenteuerliche Geschichten wie etwa in den Skizzenheften „Wunderpferd“ und „Kulturtagung in Worpswede“. Mit seiner wohl bekanntesten Figur, der Journalistenfresserin Hawranek, schaffte er sich ein Ventil gegenüber Kritik: „Vor vielen Jahren, als die Erde noch flach was, zerbiss die Hawranek schon Zeitungen und Redakteure.“ Wie wichtig ihm sein satirisches Werk schließlich war, beweisen seine sieben Publikationen, die er ab den 60er Jahren – großteils im Selbstverlag – veröffent-
lichte. Mit der Schenkung werden nun auch Skizzenbücher und -hefte präsentiert, die bisher der Öffentlichkeit weitgehend verborgen blieben. Einige der Arbeiten sind in sich geschlossene Bild-TextKombinationen, andere wiederum beinhalten oft nur wenige Seiten umfassende Gedanken. Dank der nun erfolgten Aufarbeitung erweist sich sein satirisches Werk als noch viel umfangreicher als ursprünglich angenommen. Der Künstler trennte diese Gesellschaftssatire von seinem malerischen Werk, das mit den Decken- und Wandbildern im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg nach dem Brand von 1992 einen Höhepunkt erreichte. Durch den in dieser Ausstellung gelegten Fokus auf das satirische Werk werden Mikls Persönlichkeit, seine Sicht auf Zeitgenossen und die Kulturszene näher beleuchtet. [Foto: MUSA - 1. Februar bis 1. April 2018]
KUNST.INVESTOR News
Keith Haring, ohne Titel, September1982 (Copyright © Keith Haring Foundation)
Keith Haring Die Albertina widmet Keith Haring (1958–1990), der 2018 60 Jahre alt geworden wäre, eine umfassende Retrospektive. Die Schau beleuchtet das Schaffen des amerikanischen Ausnahmekünstlers sowohl aus kunsthistorischer als auch aus formaler Sicht. Der Schwerpunkt liegt auf Harings einzigartiger Zeichensprache, die sich als künstlerisches Alphabet wie ein roter Faden durch sein Schaffen zieht. In seinen
U-Bahn-Bildern, Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen verschreibt sich Haring sozialer Gerechtigkeit und stetiger Veränderung. Die Strahlkraft seines Werks ist bis heute ungebrochen, sein Einfluss auf Zeitgenoss_innen sowie nachfolgende Künstlergenerationen gewaltig. Die Ausstellung ist von 16. März bis 24. Juni 2018 zu sehen. (Foto: © Albertina)
KUNST.INVESTOR News
ART COLOGNE 2018
Top-internationale Galerien und zahlreiche Newcomer zeigen höchste Qualität in allen Angebotssegmenten
200 etablierte internationale Galerien und hochkarätige Newcomer aus 31 Ländern: Die 52. ART COLOGNE (19. bis 22. April 2018) versammelt ein Teilnehmerfeld, das in dieser Qualität in Deutschland einzigartig ist. Im Sektor „GALERIEN“ präsentieren renommierte Galerien ein außergewöhnliches und hochqualitatives Angebot der Klassischen Moderne, Nachkriegskunst und Zeitgenössischen Kunst. Mit dem Sektor NEUMARKT präsentiert ART COLOGNE erneut einen kritischen Einblick in die Praktiken und Interessen der neuesten Generation von Galerien. Besonders erwähnenswert im zeitgenössischen Bereich sind internationale Schwergewichte wie Gagosian, Hauser + Wirth, Lisson, Thaddaeus Ropac, White Cube, Kamel Mennour, Pearl Lam, nächst St. Stephan und Gio Marconi sowie führende Galerien Deutschlands wie Sprüth Magers, Michael Werner, Gisela Capitain, Karsten Greve, Daniel Buchholz, Max Hetzler, Konrad Fischer, Eigen + Art, Nagel Draxler, NEU sowie die König Galerie. Zu den neuen Galerien, die zum ersten Mal teilnehmen oder zurückkehren, gehören Lisson Gallery aus London / New York / Hongkong, Kamel Mennour aus Paris / London, Gio Marconi aus Mailand, Buchmann aus Berlin / Lugano, CLEARING aus Brüssel / New York,
Erika Deak aus Budapest , Nanzuka aus Tokio und Zilberman aus Istanbul / Berlin. Internationale Teilnehmer des Modernen und Nachkriegssektors runden das Programm ab und schaffen eine Brücke zu einer internationalen Perspektive, von wichtigen Galerien wie Lahumière und Le Minotaure aus Paris bis Whitestone und Taguchi aus Tokio sowie Lorenzelli und Kanalidarte aus Italien. Zu den Galerien, die zum ersten Mal teilnehmen oder nach Abwesenheit zurückkehren, gehören: Lelong aus Zürich / Paris / New York, Julian Sander aus Köln, Kanalidarte aus Bescia, Ernst Hilger aus Wien und Setareh aus Düsseldorf.Die COLLABORATIONS beinhalten 22 ausgewählte kuratierte Projekte, die von 36 Galerien präsentiert werden und jeden Aspekt der kollaborativen Praxis zeigen. Highlights sind Werke von Olga Balema und Juliette Blightman, präsentiert von Isabella Bortolozzi und Fons Welters, eine Einzelpräsentation von Isa Melsheimer, gezeigt von nächst St. Stephan sowie Esther Schipper und Jocelyn Wolff, oder eine Präsentation von der Wolfgang-Hahn-Preisträgerin Haegue Yang (Galerie Barbara Wien & Wien Verlag), deren Retrospektive im Rahmen der ART COLOGNE im Museum Ludwig zu sehen ist. (Foto: Art Cologne)
KUNST.INVESTOR News
Jubiläumsauktion der Galerie Artmark
Hans Staudacher, Mischtechnik auf Papier, Rufpreis € 2.000
Die Galerie Artmark in der Singerstraße 17 feiert ihr 30jähriges Bestehen mit einer Auktion, die RESSLER KUNST AUKTIONEN am Montag, 22. Januar 2018 in der Galerie durchführen wird. 170 Werke zeigen nicht nur einen Querschnitt der Ausstellungen der letzten Jahre, es wurden auch Bilder aus der seinerzeitigen Übernahme der Galerie Contact integriert. Thomas und Maria Mark, die Galeristen, haben ihre Galerie ursprünglich in einer aufgelassenen Fabrik in Spital am Pyhrn gegründet. Schon bald begann sich, begleitet von den Ratschlägen von Peter Baum (damals Direktor des Lentos in Linz) und Peter Assmann (damals Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums) die Ausrichtung der Galerie abzuzeichnen: die „Poesie
des Wenigen“, wie Thomas Mark es einmal ausgedrückt hat. Das Sensorium für eine extrem zurückhaltende, strenge Ästhetik zu wecken, wurde die zentrale Intention und das Markenzeichen der Galerie Artmark. Es gibt zahlreiche Bilder von Peter Krawagna, Karl Mostböck und Maria Moser, aber auch die überaus stringenten Formen von Künstlern wie Hannes Schwarz, Hermann Painitz, Edit Lajos, Helmut Senf, Gottfried Fabian und Claudia Hirtl sind prominent vertreten. Die Auktion startet mit einem Trommelwirbel von 17 Werken von Hans Staudacher; darunter so extrem Rares wie das „Familienbild II“ aus 1959/1962 mit integrierten Schuhen, Rufpreis € 5.000. (Foto: Ressler Kunst Auktionen)
KUNST.INVESTOR News
Edit Lajos, Little D, Acryl auf Leinwand, 95 x 106 cm, 2013, Rufpreis € 2.500
Peter Krawagna, Drachenflieger, Öl auf Leinwand, 60 x 72 cm, 2000, Rufpreis € 3.000
KUNST.INVESTOR News
Robert Zeppel-Sperl, Palast der Sinne, Acryl auf Papier, 88 x 62 cm, 1981, Rufpreis € 900
KUNST.INVESTOR News
Robert Gschwandtner, Landschaft mit Merkur und Io, Mischtechnik und PVC Schläuche, 52 x 42 cm, 2015, Rufpreis € 2.500
KUNST.INVESTOR News
Anna Witt, Unter dem Pflaster, 2017, Courtesy die Künstlerin und Galerie Tanja Wagner, Berlin
Anna Witt Anna Witts künstlerische Praxis ist performativ, partizipativ und politisch: Sie schafft Situationen, die zwischenmenschliche Beziehungen und Machtverhältnisse ebenso reflektieren wie Konventionen des Sprechens und Handelns. Immer wieder geht Witt Fragen der Subjektbildung nach, wie wir werden, wer wir sind, was wir tun, woran wir glauben, wofür wir kämpfen und wie dieses soziale Selbst mit gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen zusammenhängt. Dafür entwirft sie Versuchsanordnungen, die den zufällig oder spezifisch ausgewählten ProtagonistInnen stets Möglichkeiten individueller Artikulation und Autorschaft einräumen. Für die Einzelausstellung im Belvedere 21 entwickelt Anna Witt eine neue Arbeit, die die lokale Situation eines großen städtischen Entwicklungsgebiets
in Hinblick auf Imaginationen einer optimierten Arbeitsund Lebenswelt beleuchtet. Welchen Wert schreiben wir welcher Tätigkeit zu? Was bedeutet es, diese Tätigkeit zu unterbrechen oder gar niederzulegen? Welche Rolle spielt politische Organisation in diesem Zusammenhang und welches visuelle Vokabular setzt sie ein? Als Ausgangspunkt dienen Anna Witt zum einen virtuelle Renderings der angrenzenden Viertel rund um den Hauptbahnhof, zum anderen reale Erfahrungen von Menschen, die hier in unterschiedlichen Bereichen vom Bauwesen über Bahn und Service bis hin zu Banking und Investment arbeiten- Kuratorin: Luisa Ziaja. Dauer 28. Februar bis 27. Mai 2018 (Foto: 21 er Haus)
KUNST.INVESTOR News
Günter Brus, Portfolio Ana IV, 1964/2004, mit Anna Brus, Foto: Khasaq (Siegfried Klein), © Belvedere, Wien
Günter Brus- „Unruhe nach dem Sturm“ Anlässlich seines achtzigsten Geburtstags würdigt das Belvedere 21 das Gesamtwerk von Günter Brus mit einer umfassenden Retrospektive.Passend zum Jahresmotto „Spirit of ’68“, das 2018 als Klammer für die gesamten Aktivitäten des Belvedere 21 fungiert, wird mit dieser Ausstellung Günter Brus als großer Kunstrebell der 1960er- Jahre gewürdigt. Fünfzig Jahre nach der radikalen Aktion Kunst und Revolution zeigen wir, dass Brus nie aufgehört hat sich weiterzuentwickeln und seine künstlerischen Mittel immer wieder neu zu erfinden, so Stella Rollig, Generaldirektorin Belvedere und Belvedere21. Günther Brus gehört heute zu den wesentlichen internationalen künstlerischen Positionen in Österreich. Als Vertreter des Wiener Aktionismus thematisiert der Künstler in den 1960er Jahren mit eindringlicher Präsenz die physische und psychische Verfasstheit des Menschen und die Ausgesetztheit des Individuums gegenüber gesellschaftlichen Regelwerken. Mit
seinem radikalen, körperbezogenen und performativen Werk gelingt es ihm, sich von der „Marke“ Wiener Aktionismus zu lösen und sich als wesentlicher Wegbereiter der internationalen Aktionsund Performancekunst in die Geschichte einzuschreiben. 1970 wendet sich Günter Brus von der Aktionskunst ab und beschäftigt sich zunehmend mit dem Medium Zeichnung, mit „Bild- Dichtungen“ und Theaterarbeiten. Ein Anliegen dieser Schau ist die umfassende Präsentation der ausgewählten Serien. Neben den bekannten Aktionsfotos, ergänzt um bisher kaum gezeigtes Material, werden Brus’ serielle Zeichnungen und „Bild-Dichtungen“, darunter der 160teilige Zyklus Leuchtstoffpoesie und Zeichenchirurgie, in ihrer Gesamtheit gezeigt. Insgesamt sind rund 120 Werkzyklen und Werke mit mehr als 700 Einzelobjekten in der Ausstellung zu sehen, darunter Filme und bisher unbekannte Werkserien. (Foto: © Belvedere)
KUNST.INVESTOR News
Simon Fujiwara Hope House
Hope House, 2017, Ausstellungsansicht, Dvir Gallery, Tel Aviv, 2017. Foto: Elad Sarig
Das Hope House ist eine Rekonstruktion des Anne Frank Hauses, die im Kunsthaus Bregenz in Originalgröße nachgebaut wird. Die ambitionierte Installation — ein Gebäude in einem Gebäude, ein Museum in einem Museum — ist von dem BastelBausatz zum Zusammensetzen des Modells des Anne Frank Hauses inspiriert, den Fujiwara im Shop des Museums in Amsterdam erworben hatte. Zum ersten Mal ist es nun möglich, das Anne Frank Haus als gigantische Skulptur über drei Stockwerke hinweg im Kunsthaus Bregenz zu erleben. Genau wie im originalen Wohnhaus sind es enge, schwach beleuchtete Korridore, durch die sich die Besucher schlängeln müssen, bevor sie zu einer Reproduktion des Bücherschranks gelangen, der die Familie Frank ab 1942 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Deutschland verbarg. Ein Unterschied ist allerdings zu verzeichnen: Im Hope House hängen Kunstwerke an den Wänden, die Räume sind mit alltäglichen Gegenständen und Artefakten ausgestattet — ein Schreibtisch ist vorhanden, ein Tagebuch und ein Stift, eine mit Postern bestückte Schlafzimmerwand. Auf dem Dachboden ist Katzenfutter über den Holzfußboden verstreut, aber es ist keine Katze in Sicht, und tatsächlich scheint niemand mehr dort zu wohnen. Welche Erfahrung können Besucher aus dieser Re-konstruktion mitnehmen? Finden wir uns mit tragischen Ereignissen aus der Geschichte konfrontiert oder blicken wir in einen Spiegel, der uns unsere
heutige Lebenswelt zeigt — in der nichts mehr so ist, wie es scheint? Im krassen Gegensatz zur soliden und minimalistischen Architektur des Kunsthaus Bregenz unternimmt das Hope House nicht den Versuch, ein echtes architektonisches Erlebnis zu vermitteln — und schon gar nicht eine authentische Erfahrung des Anne Frank Hauses. Es ist die Kopie einer Kopie und basiert auf einem Produkt, das auf dem freien Markt käuflich zu erwerben ist: eine Tatsache, aus der kein Hehl gemacht wird. Bei einem Besuch des Anne Frank Hauses hatte Fujiwara in Erfahrung gebracht, dass ein Großteil des heutigen Hauses eine Rekonstruktion ist — entstanden, um einen historischen Eindruck zu erzeugen. Für die Millionen von Besuchern, die das Haus Jahr für Jahr aufsuchen, scheint dies jedoch keinen Einfluss auf die Intensität des emotionalen Erlebens vor Ort zu haben. Warum nur? Es sind diese Widersprüche, die Fujiwara sensibel und genau aufgreift. Sein Universum ist voller komplexer und irrationaler Narrative und bringt eine unverwechselbare Praxis hervor, in der sich Video, Installation, Skulptur und Performance miteinander verbinden. Für Fujiwara ist es unsere Sehnsucht nach Fantasiewelten — jenseits aller Authentizität und sogar jenseits der Wahrheit —, die einige der von uns am meisten geschätzten Aspekte der Menschlichkeit fördert: Mitgefühl, Kreativität und Idealismus. Foto: [KUB Kunsthaus Bregenz. Dauer von 27. Jänner bis 8. April 2018]
KUNST.INVESTOR News
Anne Frank Haus Modell (Detail), 2017
KUNST.INVESTOR Dorotheum
2,34 Millionen Euro für "Liegende Fau" von Egon Schiele, das beste Kunstauktions-Ergebnis in Österreich
KUNST.INVESTOR Dorotheum
Dorotheum „Es ist ein Blick zurück mit Freude!“
Weltrekordpreis 792.500 Euro für Emilio Vedovas Großformat „Tensione“
Das Dorotheum konnte im erfolgreichen Geschäftsjahr 2017 zahlreiche Spitzenergebnisse erzielen. An erster Stelle dabei das beste Kunstauktions-Ergebnis in Österreich, nämlich 2,34 Millionen Euro für eine seit fast 90 Jahren in österreichischem Privatbesitz befindliche Zeichnung von Egon Schiele. Weltrekordpreis waren 792.500 Euro für Emilio Vedovas 1959 datiertes Großformat „Tensione“ bei der Auktion „Zeitgenössische Kunst“. Mit den Schwerpunkten Informel und CoBrA setzte das Dorotheum neue Akzente und konnte seine Position am internationalen Markt ausbauen. Bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts gab es im April mit 1,54 Millionen Euro das beste Ergebnis, das je in dieser Sparte im Dorotheum erreicht wurde, und zwar für das Gemälde zur Verlobung der späteren Kaiserin Elisabeth von Österreich, dem von Carl Theodor von Piloty und Franz
Adam gemalten historisch bedeutsamen Porträtbild „Kaiserin Elisabeth von Österreich als Braut zu Pferd in Possenhofen“. Bei einer der besten AltmeisterAuktionen in der Geschichte des Dorotheum im April führte ein ursprünglich auf einer Hochzeitstruhe angebrachte Meisterwerk der Frührenaissance die Verkaufscharts an: „Die Schlacht von Pharsalos“ von Apollonio di Giovanni erreichte hervorragende 674.000 Euro. Klassische Fahrzeuge spielen beim Dorotheum immer in der höchsten Liga mit und glänzen mit Verkaufsraten von fast 100 Prozent. Bei der herbstlichen Classic Expo Salzburg wechselte ein 1952 Mercedes Benz 300 S Cabriolet für 563.000 Euro den Besitzer. Bei der Frühjahrsauktion setzte sich ein Horch 853 Sportcabriolet aus dem Jahre 1938 mit knapp 500.000 Euro an die Spitze. (Foto: © Dorotheum)
Beste Altmeister-Auktionen in der Geschichte des Dorotheum: „Die Schlacht von Pharsalus“ von Apollonio di Giovanni für hervorragende 674.000 Euro
KUNST.INVESTOR Dorotheum
Das beste Ergebnis für 19. Jahrhundert im Dorotheum: 1,54 Millionen Euro für das Gemälde „Kaiserin Elisabeth von Österreich als Braut zu Pferd in Possenhofen“ von Carl Theodor von Piloty und Franz Adam
KUNST.INVESTOR Dorotheum
Ein 1952 Mercedes Benz 300 S Cabriolet fĂźr 563.000 Euro
UNST.INVESTOR Dorotheum
Charity-Auktion Auktion zum Wiener Opernball 2018 im Rahmen der „Quadrille fürden guten Zweck“ im Palais Dorotheum
Rahimi & Rahimi, Peace & Love-Teppich, Rufpreis € 3.000,-
Für den guten Zweck wird am 24. Jänner 2018 u. a. der Entwurf von dem italienischen Modeduo Dolce & Gabbana zu der Swarovski Tiara für die Debütantinnen des heurigen Wiener Opernballs versteigert. Für das detailreiche Schmuckstück ließen sich Dolce & Gabbana von der Mozart-Oper „Le nozze di Figaro“ inspirieren: „Giovani liete – fiori spargete!“ (Muntere Jugend, streue Blumen!) heißt es in der achten Szene des ersten Aktes – ein gesungenes Bild, das sich in dem floralen Design der Tiara auf poetische Weise widerspiegelt. Hier treffen zarte Blumen auf organisch geschwungene Blätter, kreiert aus 702 Swarovski Kristallen und „Xirius Chatons“ in den Farben „Crystal“ und „Golden Shadow“ sowie sechs roséfarbenen Blüten aus Emaille, die jedes einzelne Diadem zieren. Versteigert wird auch ein Einzelstück vom Aushängeschild des aktuellen österreichischen Modedesigns Lena Hoschek: Eine Collector Couture
Dress mit von Hand genähten Blüten. Weiters zu ersteigern: eine Augarten Porzellan-Figur, Wolfgang Amadeus Mozart, mit Beschriftung „Le nozze di Figaro“, ein Unikat-Teppich sowie drei Originalzeichnungen zu den Wiener Opernball-Benefizpostkarten von Tenor und Staatsopern-Ensemblemitglied Benedikt Kobel. Der Erlös der Versteigerung geht an die Caritas Projekte „Die Gruft“ sowie Superar. Seit 30 Jahren ist die „Gruft“ Wiens wohl bekannteste Caritas-Einrichtung für obdachlose Menschen. Superar ist eine europäische Initiative die sich zum Ziel gesetzt hat, Gesang, Instrumentalunterricht und Tanz im Leben von Kindern und jungen Menschen zu verankern, und engagiert sich für ein respektvolles Zusammenleben und gesellschaftliche Integration. Die Versteigerung erfolgt durch das Dorotheum im Namen der Caritas. Besichtigung: 17. bis 24. Jänner 2018 (12:00 Uhr) im Palais Dorotheum. (Foto: © Dorotheum)
KUNST.INVESTOR Dorotheum
Lena Hoschek Atelier, Collector Couture Dress; Einzelstück, Größe 36, Rufpreis € 1.400,-
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging
Arthur Hagen Reck, 1974, Schrift: Herrn Dr. Navratil..., Farbstift Johann Scheiböck, Henst, 1970, Bleistift, Farbstift, Rudolf Limberger, Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 15.820 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging
Navratils Künstlergästebuch
Johann Hauser, Hase, 1971, Bleistift Johann Hauser, Hase, 1976, Bleistift Johann Hauser, Hase, 1970, Bleistift, Farbstift Johann Hauser, Hase, 1977, Bleistift, Farbstift Preis: 13% USt 13.560 €
DDr. Leo Navratil, Gründer des Gugginger Zentrums für Kunst-Psychotherapie, war ein unermüdlicher Förderer der heute als Vertreter der Art Brut weltberühmten Künstler. Mit vielen verband ihn auch eine sehr persönliche Beziehung. Davon zeugt sein „Gästebuch“ aus den 60er und 70er Jahren, dessen Ursprung ein altes Kunstbuch war. In diesem einzigartigen und authentischen Dokument verewigten sich zahlreiche Gugginger Künstler wie Johann Hauser, August Walla, Oswald Tschirtner oder Rudolf Limberger, aber auch Zeitgenössische Künstler auf Besuch, wie Alfred Hrdlicka, Franz Ringel oder Arnulf Rainer, die zu Besuch kamen, hinterließen darin Zeichnungen, Texte oder Widmungen. Einige zeichneten wiederholt und immer wieder auf derselben Seite oft im Abstand von
mehreren Jahren hinein, wie etwa Johann Hauser bei seinen „Hasen“. 1970 fand in der „Galerie nächst St. Stephan“ die erste Ausstellung der Gugginger Künstler statt, die ein großer Erfolg wurde. Viele Interessierte kamen, Bilder wurden verkauft und Navratil begann seine „Patienten-Künstler“ unermüdlich zu fördern. Unter anderem begann er ein Kunstbuch mit eingeklebten, farbigen Abbildungen als Zeichenvorlage für die Künstler aus Gugging, wie etwa Johann Hauser oder Oswald Tschirtner, zu verwenden. In Anlehnung an die Ausstellung und den Katalog "Navratils KünstlerGästebuch.!", die im Jahre 2015 im Museum Gugging stattfand, ist es bis 14. Februar 2018 auch in der Galerie Gugging zu sehen. (Foto: Galerie Gugging)
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Franz Kamlander, Frau, undatiert, Farbstift Erich Zittra, Hasen, undatiert, Bleistift, Farbstifte Rudolf Limberger, Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 8.700 â‚Ź
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging
August Walla, Guggingerbach, undatiert, Bleistift Preis: 13% USt 13.560 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging
Ferdinand Kauer, Frau, undatiert, Wachskreide Rudolf Limberger, Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 2.830 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging
Johann Hauser, Frau, 1971, Bleistift Preis: 13% USt 28.250 €
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KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler
Kunst bedeutet Veränderung ‚… und das ist, was die Kunst für uns tut‘
Foto: © Ressler Kunst Auktionen
Die Aufgabe der Kunst ist Veränderung. Kunst ist dazu da, alternative Vorstellungen von Realität zu entwickeln und damit neue Wirklichkeiten zu erschaffen; sie dient dazu, Wahrnehmungsmuster – und damit Denkmuster – und damit Handlungsmuster – zu verändern. Ihre Aufgabe ist es, Fragen zu stellen, ja infrage zu stellen. Kunstwerke werden, hat Leonardo da Vinci einmal gesagt, nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Kopf gemalt. Und deshalb ist die Kunstgeschichte eine Abfolge von Weiterentwicklungen, Traditionsbrüchen, Stiländerungen – und damit Revolutionen unserer Sehgewohnheiten. Jedes Mal, wenn es zu einer solchen Veränderung kommt, brechen heiße Debatten aus, regieren Missverständnisse. Aber am Ende setzt sich das Neue meist durch. Denn in Wahrheit produziert die Kunst keine Bilder, sie produziert Ideen, Haltungen, Perspektiven – und mithilfe der Bilder werden diese Ideen und Haltungen und Perspektiven in die Herzen und Hirne von Menschen verpflanzt. „Der Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild.“ Leonardo da Vinci hat das gesagt: Sehen ist Glauben. Das hat nichts mit bornierter Ungläubigkeit oder müder Skepsis zu tun. Oft würden wir nur zu gerne glauben, uns von der Freude und dem Optimismus derer, die – vermeintlich – etwas gesehen haben, anstecken lassen. Aber wir müssen es selbst sehen! Wir sind darauf konditioniert, nur zu glauben, was wir mit eigenen Augen wahrgenommen haben. Die Augen sind unsere wichtigsten Sinnesorgane. Wir vertrauen auf
das, was sie uns zeigen. Wir glauben, was wir sehen. Wer sieht, sieht ein, sagte einst Kokoschka. Nur was wir sehen, erleben wir nicht mehr als Fiktion, sondern als Wahrheit: Jetzt erst wissen wir es wirklich. Ohne Bilder gibt es keine Möglichkeit, diese Einsicht zu gewinnen. Denn Bilder sind Botschaften. Sie verfügen zwar über keine Worte; aber sie bedürfen der Worte auch nicht. Bilder sind Botschaften, die verbal gar nicht mitteilbar wären. Auch der intellektuellen Auseinandersetzung über Bilder sind damit Grenzen gesetzt. Wenn Josef Albers, einer der ganz Großen des letzten Jahrhunderts, erklärt hat, man sehe die Kunst gar nicht an, sondern die Kunst sehe einen an, dann meinte er damit, dass es an uns liege, an unserer Aufnahmebereitschaft, an unserer intuitiven Empfänglichkeit, ob und was wir bei der Betrachtung eines Kunstwerks entdecken und empfinden. Erleben, Empfinden, Erfahren, das kann uns niemand abnehmen. Kein anderer Mensch kann Maßstab dafür sein, was ein Bild für uns bedeutet; welche Gedanken es in uns hervorruft; welche Gefühle es in uns weckt; woran es uns erinnert. Die von der Kunstwissenschaft entwickelte Bildbeschreibung ist nur ein (unzureich-ender) Versuch, uns bei dieser Begegnung zu begleiten. Und selbst, wenn man sämtliche Theorien über einen Künstler, über einen Stil, über ein Werk gelesen hätte, genügte das nicht. Denn sie alle teilen die Erinnerungen nicht, die nur wir selbst haben; sie wissen nichts von den Gefühlen, die nur wir selbst empfinden.
KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler
All das Wissen über Kunst und Künstler hat gegenüber der eigenen Fähigkeit, zu sehen und damit etwas zu entdecken, etwas zu erfahren, den uneinholbaren Nachteil, nur über Worte zu verfügen. Und Worte genügen nicht. Worte reichen nicht aus, wenn es um Bilder geht. Denn was ist Kunst? Es gibt unendlich viele Antworten auf diese Frage. Aber die eine, richtige, gültige Antwort gibt es nicht. Es kann sie gar nicht geben. Die Frage ist falsch gestellt. Und zwar nicht nur, weil die Kunst selbst die Antwort in die Irre führt, sondern weil uns die Antwort möglicherweise gar nicht weiter brächte. Wir irren, wenn wir glauben, dass es darauf ankomme zu wissen, was Kunst ist; wir verbinden damit die völlig falsche Erwartung, wir könnten Kunst verstehen, wenn wir wüssten, was sie ist. Denn es sind eine Fülle von Dingen, die die Kunst ausmachen: Es sind die Motive, die dargestellt werden, der Stoff, der Inhalt, die Botschaft, die zum Ausdruck gebracht werden soll. Es sind die Farben und Formen, alles, was im Kunstwerk Gestalt erhält. Es ist der Künstler mit seiner Biografie, und wir selbst mit unserer Biografie, wenn wir ein Kunstobjekt betrachten. Es ist die Zeit, in der und aus der heraus wir es tun. Es sind die wirtschaftlichen, sozialen, politischen, religiösen, kulturellen Bedingungen, unter denen Kunst entsteht – und gesehen wird. Es ist das Wissen, das wir über Kunst entwickelt haben, es sind die Kunstgeschichte und die Kunsttheorien. Aber so bedeutsam all dies ist: Ist es auch bedeutsam für die Kunst selbst? Hängt die Wirkung eines Kunstwerks wirklich davon ab, was wir darüber wissen? Muss man, um anders zu fragen, wissen, wie man atmet, um Luft zu bekommen? Denn man kann die Motive, die dargestellt werden, die Botschaft, die zum Ausdruck gebracht wird, man kann die Farben und Formen, den Künstler und seine Geschichte, ja sogar uns selbst und unsere eigene Geschichte, die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, religiösen und politischen Bedingungen einer Zeit, man kann die Kunstgeschichte und die Kunsttheorien verstehen – und dennoch keine Ahnung haben, was
Kunst bedeutet. Denn die Motive, der Stoff, der Inhalt, die Botschaft, die Farben, die Formen, der Künstler, seine Biographie, unsere Biographie, die Zeit und die Zeiten davor, die Kunstgeschichte und die Kunsttheorien, all das ist nicht das Wesen der Kunst. All das erklärt nicht, weshalb die Kunst die Kraft besitzt, die Sichtweise auf eine Gesellschaft – und damit die Sichtweise dieser Gesellschaft, und damit die Gesellschaft selbst – zu verändern. All das erklärt nicht ihr subversives Potential, Wissenschaft, Pädagogik, Medizin, Ökologie, Wirtschaft, kurz alle Optionen des Denkens und Handelns der Menschheit, zu verändern. Es erklärt nicht die unbezwingbare, befreiende Kraft der Kunst. Um Kunst erfahren und erleben zu können, müssen wir sie gar nicht verstehen. Denn Kunst zu erfahren, Kunst zu erleben, das steckt in uns. Jeder Mensch ist ein Künstler, hat Joseph Beuys einmal gesagt. Wir alle tragen das Künstlerische in uns – in der Art, wie wir die Welt wahrnehmen. Wir sind nicht nur befähigt, Kunst zu produzieren; mehr noch sind wir zur Wahrnehmung befähigt; zu einer Art der Wahrnehmung, die künstlerisch ist. Niemand könnte sonst das Künstlerische einer Gestaltung erleben. Nicht die Antwort auf die Frage „Was ist Kunst?“ ist wichtig. Wichtig ist eine ganz andere Frage. Und die Antwort darauf gibt die Kunst selbst – und zwar dadurch, wie sie ist! Die Kunst ist die Antwort auf Frage nach der Kunst. Es geht darum, und nur darum, wie etwas gestaltet wurde, wie es uns anspricht, wie es uns erscheint, wie es für uns zugänglich wird. Es geht darum, wie etwas durch ein Kunstwerk zu einem Wert für uns wird. Wir sind zu dieser Wahrnehmung befähigt. Es ist eine künstlerische Fähigkeit, wie wir Gegenstände, unsere Umwelt, andere Menschen reflektieren. Wir tun das ununterbrochen, wir ziehen ununterbrochen unsere Schlüsse. Gäbe es diese Befähigung zur Wahrnehmung nicht, gäbe es auch keinen Grund, über die Gegenstände und unsere Umwelt und andere Menschen nachzudenken.
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KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler
Natürlich wäre die Welt auch ohne Kunst vorstellbar. Wir können das Was der Kunst auch außerhalb der Kunst finden. Es braucht sie nicht, um die Motive, die Stoffe, die Inhalte, die Botschaften zu vermitteln. Ginge es bei der Kunst nur um das, was sie mitteilt, um das, was sie uns an Erkenntnissen bringt, wäre der Aufwand mit dem Kunstwerk einigermaßen übertrieben. Da wäre es einfacher und besser, die Künstler würden sich hinsetzen und sagen, was sie zu sagen haben.Aber es geht um das Wie! Es geht um die Art und Weise, wie etwas gestaltet wurde, denn nur dadurch können wir wahrnehmen, worum es geht. Wir können den Sinn nur erfassen durch unsere Sinne – das ermöglicht Kunst! Dass wir einen Sinn nur erfassen können durch unsere Sinne, hat Folgen nicht nur für das Verstehen der Welt, sondern ebenso für unsere Fähigkeit zur Wahrnehmung. Indem Kunst zu den Sinnen spricht, entwickelt sie unsere Fähigkeit, das Wie im Sinnlichen bewusst zu erleben. Kunst macht uns das Wie unseres Wahrnehmens bewusst. „Kunst macht sichtbar“, hat Paul Klee dieses Phänomen einmal erklärt. Das Wie der Kunst, die Art und Weise der Kunst, das Künstlerische der Kunst, macht sichtbar, wie wir sehen. Wir werden uns bewusst, dass unsere Sinne nicht allein Empfangsgeräte für Informationen, für unser Denken sind. Kunst hilft uns, unsere Sinne zu entfalten. In der Kunst liegt die Möglichkeit, Wahrnehmen bewusst als produktive Tätigkeit zu erleben und zu entwickeln. Im Gegensatz zum logischen Denken behandeln wir das Wahrnehmen allzu oft wie ein Stiefkind. Wenn wir wahrnehmen, nehmen wir in der Regel nicht wahr, wie das geschieht. Wenn wir etwas sehen, verschwenden wir keinen Gedanken an das Auge, das sieht. Kunst macht uns bewusst, dass Wahrnehmen etwas Wichtiges ist, etwas Sinnliches, etwas, das alles verändern kann; denn durch die Kunst wird der Akt der Wahrnehmung reflektiert, und das heißt letztlich: dass wir schärfer, genauer, weiter, tiefer, konkreter, komplexer, lebendiger empfinden. Kunst wirkt durch die Sinne für die Sinne. Kunst gestaltet Wahrnehmung.
Warum das so wichtig ist, wurde in einer Szene aus dem Film „Der Klub der toten Dichter“ auf den Punkt gebracht. Der Film handelt von einer Abschlussklasse an einem amerikanischen Internat; sein Held ist ein Lehrer für englische Literatur, der seinen Schülern zu vermitteln versucht, dass es die Aufgabe jedes Menschen sei, etwas zum Leben beizutragen, das nur er beitragen kann. Mr. Keating fordert seine Schüler zu selbständigem Handeln auf, zu freiem Denken, dazu, die Welt immer wieder aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. Sie sollen sich mehr zutrauen, ausloten, wo ihre Möglichkeiten liegen – und ihre Chancen nützen. Er will seinen Schülern nicht nur die Welt der Poesie und der schönen Dinge des Lebens nahe bringen; er macht ihnen klar, dass Kunst und Poesie die Schlüssel sind, um herauszufinden, was in jedem von ihnen steckt, wozu jeder von ihnen fähig ist, worin der Sinn ihres Lebens besteht. Poesie und Kunst seien nichts, das man lernen und wiederholen müsse; denn ein Gedicht sei nicht ein gelungenes Versmaß, nicht eine an bestimmte Regeln gebundene Vermittlung eines Inhalts, einer Geschichte: Man müsse sie mit dem Herzen nachvollziehen, man müsse sie in sich entdecken, man müsse sie leben, erleben. Man müsse sie zu einem Instrument für sich selbst machen; zu einem Instrument, mit dem man Gefühle ausdrücken und vermitteln könne. „Wir lesen und schreiben Gedichte nicht zum Spaß. Wir lesen und schreiben Gedichte, weil wir zur Spezies Mensch zählen. Und die Spezies Mensch ist von Leidenschaft erfüllt. Medizin, Jura, Technik sind notwendig. Aber Poesie, Schönheit, Romantik, Liebe sind die Freuden unseres Lebens.“ Er zitiert den amerikanischen Dichter Walt Whitman: „Die immer wiederkehrenden Fragen: Wozu bin ich da? Wozu nützt dieses Leben?“ Und seine Antwort: „Damit du hier bist. Damit das Leben nicht zu Ende geht. Damit das Spiel des Lebens weiter besteht und du deinen Vers dazu beitragen kannst.“ Das ist, was die Kunst für uns tut.
KUNST.INVESTOR WestLicht
The Polaroid Project
© Ellen Carey, Pulls (CMY) 1997, Courtesy Jayne H. Baum Gallery, NYC, NY and M+B Gallery, LA, CA / The Polaroid Collection
Polaroid! Die Marke ist längst zum universellen Mythos geworden. Sie hat Gebrauchsweisen initiiert, die – ein Blick auf Instagram genügt – die Alltagsfotografie noch heute beeinflussen. An der Schnittstelle von Kunst und Technologie zeigt die Ausstellung das Phänomen Polaroid zum ersten Mal in seiner gesamten Breite. Herausragende Künstlerinnen und Künstler – von Ansel Adams bis Andy Warhol – haben im Medium der Sofortbildfotografie neue Wege beschritten und die Ästhetik einer Ära geprägt. Ihren einzigartigen Werken stellt The Polaroid Project mit Kameramodellen, Konzepten und Prototypen jene innovative Technik an die Seite, die diese visuelle Revolution überhaupt erst ermöglichte. Wien – dank der Initiative von Peter Coeln seit 2010 die neue Heimat der International Polaroid Collection – ist die erste Station der Ausstellung in Europa. Präsentiert werden rund 200 Polaroids von knapp 100 Fotografinnen und Fotografen, von den Anfangstagen der Corporation bis heute, mit einem Schwerpunkt auf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Neben diesen Unikaten in den charakteristischen Formaten – vom bekannten SX-70 Schnappschuss mit seinem weißen Rahmen (8,8x10,7
cm) bis zum faszinierend detailreichen 20x24 Inch Großformat (50x60 cm) – demonstriert der Fokus auf die Technik der Sofortbildfotografie, dass die Kreativität von Unternehmensgründer Edwin Land und seinem Team derjenigen der Kunstschaffenden in nichts nachstand. Bevor die Firma in den 1990er-Jahren den Anschluss an die digitale Entwicklung verpasste, war Polaroid ein Synonym für visionäre Technologie, vergleichbar nur mit dem Status von Apple zum Beginn des neuen Jahrtausends. Nicht von ungefähr zählte Steve Jobs zu den größten Bewunderern von Land und seinen Erfindungen. Das Phänomen Polaroid ist, auch als analoger und einzigartiger Gegenentwurf zur Masse digitaler Bilder, gerade in der jüngeren Generation populärer denn je. Eine Traditionsmarke wie Leica hat erst kürzlich ihre erste Sofortbildkamera auf den Markt gebracht. Und The Impossible Project, das nach der Pleite von Polaroid das Sofortbildverfahren wiederbelebte, firmiert – mit neuen Filmen und einer neuen Kamera im Gepäck – inzwischen unter dem legendären Namen in frischem Gewand: Polaroid Originals.
KUNST.INVESTOR WestLicht
Auke Bergsma Woman Walking 1981 Polaroid SX-70 Time Zero © Auke Bergsma, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht
Polaroid selbst arbeitete von seiner Gründung an eng mit Fotografinnen und Fotografen zusammen. Zu den frühesten Beratern von Edwin Land gehörte kein Geringerer als Ansel Adams, Übervater der amerikanischen Landschaftsfotografie. Im sogenannten Artist Support Program stellte die Corporation sowohl arrivierten Größen als auch unbekannten Talenten der Kunst- und Fotoszene Filmmaterial und Kameras zur Verfügung und erhielt im Gegenzug nicht nur Feedback zu ihren Produkten, sondern auch ausgewählte Werke für die Sammlung. Für Künstlerinnen und Künstler boten die Erfindungen aus dem Hause Land eine Spielwiese, die sie auf ihre je eigene Art und Weise nutzten und damit der Fotografie neue Impulse verliehen. In den Arbeiten spiegeln sich die unterschiedlichen künstlerischen Temperamente, aber auch die Charakteristika von Material und Technik: Das Studiosetting der massiven 20x24 Kamera lud zur Inszenierung aufwendiger Stillleben und zu akribischen Porträtsitzungen ein, der Objektcharakter der SX-70 Polaroids stiftete zu Collagen und Übermalungen an, und das handliche 4x5 Format und der Polacolor Film eigneten sich hervorragend für Ausschnitte aus dem Alltag. Die sofortige Verfügbarkeit der Aufnahme – obwohl nach heutigen, digitalen Maßstäben „sofort“ in Zeiten von Polaroid ein durchaus dehnbarer Begriff war – übte eine gewaltige Faszination auf Kunstschaffende aus. Sie erlaubte etwa den spontanen Austausch mit den Modellen und ein Höchstmaß an Kontrolle über den Arbeitsprozess, der buchstäblich und direkt in den eigenen Händen lag. Dieser Austausch zwischen der Kunst und dem Unternehmen bildete die Grundlage der
spektakulären Polaroid Collection, mit Standorten in Cambridge, USA, und Amsterdam. The Polaroid Project vereint erstmals in einer Ausstellung den amerikanischen mit dem europäischen Teil der Sammlung, der sogenannten International Polaroid Collection, die 2010, nach dem Bankrott der Corporation durch den Einsatz von Peter Coeln und WestLicht vor dem Ausverkauf gerettet werden konnte und seitdem in Wien beheimatet ist. Mit zusätzlichen Leihgaben von den Künstlern und Künstlerinnen selbst und deren Nachlässen zeigt die Ausstellung auf den internationalen Stationen ihrer Tournee das Phänomen Polaroid an der Schnittstelle von Kunst und Technologie erstmals in seiner gesamten Breite. Mit Polaroids von Nobuyoshi Araki, Sibylle Bergemann, Anna & Bernhard Blume, Guy Bourdin, Ellen Carey, Helen Chadwick, Chuck Close, Marie Cosindas, Barbara Crane, Philip- Lorca diCorcia, Joan Fontcuberta, Toto Frima, Luigi Ghirri, Richard Hamilton, Robert Heinecken, Gottfried Helnwein, Jan Hnizdo, David Hockney, Barbara Kasten, David Levinthal, Ulrich Mack, Robert Mapplethorpe, James Nitsch, Robert Rauschenberg, Lucas Samaras, Fazal Sheikh, William Wegman, Erwin Wurm u. v. a. The Polaroid Project ist eine Koproduktion von WestLicht. Schauplatz für Fotografie, Wien, mit OstLicht. Galerie für Fotografie, Wien, dem MIT Museum, Cambridge, Massachusetts und der Foundation for the Exhibition of Photography, Minneapolis / New York / Paris / Lausanne; kuratiert von Deborah G. Douglas, William A. Ewing, Barbara P. Hitchcock, Rebekka Reuter und Gary Van Zante. [Foto: WestLicht. Dauer bis 25 Februar 2018]
KUNST.INVESTOR WestLicht
Andy Warhol Andy Sneezing 1978 Polaroid SX-70 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts Inc. VBK Wien 2017, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht
Gottfried Helnwein Untitled 1987 Polaroid 20x24 Polacolor © DACS 2017, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht
Dennis Hopper Los Angeles, Back Alley 1987 Polaroid SX-70 © Dennis Hopper, Courtesy The Hopper Art Trust
KUNST.INVESTOR Belvedere
Aleah Chapin, The Last Droplets Of The Day, 2015. Foto: Martin Url © Aleah Chapin, Courtesy of Flowers Gallery London and New York, Sammlung Klöcker, Bad Homburg v. d. Höhe.
Die Kraft des Alters Kein Lebensabschnitt ist in unserer Gesellschaft mit derart kontroversiellen Zuschreibungen besetzt wie das Alter. Während einerseits die Werbeindustrie neue verheißungsvolle Begriffe wie Woopies, Best Agers oder Medioren für die anwachsende Käuferschicht jenseits der 65 findet, sind Personen schon ab 50 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Die Filmindustrie zeigt uns rüstige Junggebliebene, die Kosmetikindustrie unterstützt den vorherrschenden Jugendkult mit unzähligen AntiAging-Produkten. Künstlerinnen und Künstler haben in diesem Diskurs rund um das Alter oft Gegenentwürfe zum gängigen Modell. In Die Kraft des Alters werden zahlreiche historische und aktuelle künstlerische Zugänge rund um das Thema Alter gezeigt. Bis 4. März 2018 ist im Unteren Belvedere die erste medienübergreifende Ausstellung zu dieser hochaktuellen Thematik zu sehen. Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere: „Es ist eine der großen Fragen unserer Zeit, wie wir mit dem Älterwerden umgehen, zumal die Lebenserwartung deutlich zunimmt. Statt Wertschätzung für das Alter
besteht reale Diskriminierung und Ausgrenzung. Die Ausstellung im Belvedere zeigt Bilder des Alters, die Stärke, Schönheit und Freude vermitteln: die Kraft der späten Jahre.“ Man müsse schon sehr lange leben, „um jung zu werden”, meinte Pablo Picasso, der in seinen letzten beiden Lebensjahren an die 200 Werke schuf und mit 91 Jahren starb. Picasso ist nur einer von 105 Künstlerinnen und Künstlern, deren insgesamt 174 Werke in der aktuellen Ausstellung des Belvedere zu sehen sind. Sie alle stellen sich den drängenden Fragen, die das Alter(n) in unserer Gesellschaft aufwirft. Denn Alter ist nicht nur ein biologischer Prozess, sondern auch eine kulturelle Konstruktion. Es wird gegenwärtig nicht als natürlicher Lebensabschnitt wie Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter erfasst. Begriffe wie „Anti-Aging“ beschreiben das Altern als etwas Pathologisches, das therapiert werden muss. In unserem aktuell vorherrschenden, defizitären Altersmodell werden alte Menschen weitgehend marginalisiert. Dabei trifft das „Doing-aging“ Frauen ungleich härter als Männer.
KUNST.INVESTOR Belvedere
Joyce Tenneson, Christine Lee, 2002 - © Joyce Tenneson
KUNST.INVESTOR Belvedere
Maria Lassnig, Schmetterling, 1975, Eigentum der Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien, Š Maria Lassnig Stiftung
KUNST.INVESTOR Belvedere
Alex Katz, Red Sweater, 1999, Sammlung Klöcker, Bad Homburg v.d.Höhe, Foto: Martin Url/© Bildrecht, Wien, 2017
Gemäß einem seit Jahrhunderten gültigen Schönheitsideal werden sie immer noch vorrangig nach ihrer Jugendlichkeit beurteilt, schneller als alt wahrgenommen und früher aus der öffentlichen Wahrnehmung gefiltert. Kuratorin Sabine Fellner stellt die Frage: „Braucht unsere Gesellschaft Nachhilfe darin, wie man den letzten Lebensabschnitt bewältigt, und wenn ja, warum? Fehlen etwa die richtigen Leitund Vorbilder? Hat die Kunst neue, „Alter-native“ Entwürfe anzubieten?“ Die Zukunftsforschung entwickelt längst eine neue Sicht auf das Alter. Statt die „Vergreisung“ der Gesellschaft zu beklagen, fordert sie eine Neudefinition der Lebensphasen und eine „Altersbejahung“, die die Vorteile der zunehmenden Lebenserwartung aufzeigt. Ebenso haben Kunstschaffende eine alternative Sicht auf den letzten Lebensabschnitt und illustrieren, dass Alter tatsächlich auch für Erfahrung, Lebensweisheit, Macht, Kontemplation, Würde, Lebenslust, Triumph über gesellschaftliche Konventionen und Produktivität steht. So entwickelte Maria Lassnig ihre Malerei bis zu ihrem Tod im Alter von 95 Jahren beständig weiter und Künstler_innen wie Arnulf Rainer, Daniel Spoerri, Joan Semmel oder Margot Pilz sind jenseits der Achtzig ungebrochen produktiv. In der vorliegenden
Ausstellung werden überlieferte Traditionen der Darstellung auf Geschlechterrollen und Rollenzuweisungen überprüft. Gegenwärtige Diskurse werden spezifischen Bildern des Alter(n)s der letzten rund hundert Jahre gegenübergestellt. Anhand von sechs Themenkomplexen – Ewige Jugend/stolzes Alter, Vergänglichkeit, Einsamkeit/Verbundenheit, neue Freiheit, Muße und Erinnerung – werden neue Perspektiven auf das Alter gezeigt. Jenseits von Altersverklärung und Alterspessimismus gelingt es Künstler_innen, Chancen wie auch Grenzen des Alterns realistisch differenziert wahrzunehmen, und jene Qualitäten herauszufiltern, die speziell das Alter besitzt. Mittels unterschiedlicher künstlerischer Medien veranschaulichen sie kritisch, einfühlsam, aber auch mit Ironie, Witz und Humor, wie das Alter in all seinen Facetten auf wertschätzende Weise in unser Leben integriert und wie Solidarität und Verbundenheit zwischen den Generationen gelebt werden kann. Die mit internationalen Positionen zusammengestellte Schau präsentiert neben zahlreichen Werken aus der eigenen Belvedere Sammlung hochkarätige Leihgaben aus in- und ausländischen Museen und Sammlungen. (Foto: Belvedere)
KUNST.INVESTOR Belvedere
Eric Fischl, Frailty is a Moment of Self Reflection, 1996- © Eric Fischl, Foto: © Dorothy Zeidman
KUNST.INVESTOR Belvedere
Heidi Harsieber, x-ray, 2001 - © Bildrecht, Wien, 2017
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien
FAQ, Le Dictateur, 2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017
Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017
Offprint London in der Tate Modern, La Art Book Fair im MOCA in Los Angeles, Editionale in Köln, MIA Miami international Art Fair, NY Art Book Fair – in den letzten Jahren haben internationale Kunstbuchmessen genauso zugenommen wie die KunstbuchSammlungen in den Museen zeitgenössischer Kunst. Inspiriert davon und als Gegenposition zur allgegenwärtigen Digitalisierung, zu eBooks und eReadern, widmet die Kunsthalle Wien dem Kunstbuch bzw. von Künstler/innen herausgegebenen und gestalteten Zeitschriften eine umfangreiche Ausstellung. Welche Rolle spielen Kunstbücher heute? Wie haben sich Künstler/innen das Publizieren für ihre spezifische Praxis zu eigen gemacht? Und wie hat sich die Wahrnehmung von Kunstbüchern verändert? Das Ausstellungsprojekt Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017 zielt darauf ab, die Potenziale des Publizierens – in Form von Büchern, Zeitschriften, Journalen, künstlerischen Interventionen oder Websites
– als Medium und Kontext zu erforschen, in dem Information distribuiert und Kunst produziert wird. Seit den 1960er Jahren ist das Veröffentlichen von Büchern zu einem beliebten künstlerischen Experimentierfeld geworden. Es hat sich zudem als alternativer Raum eines uneingeschränkten individuellen oder kollektiven Diskurses etabliert. Statt das Augenmerk auf die bereits historisierte und erforschte Periode der 1960er und 1970er Jahre zu richten, vermittelt die Ausstellung, wie eine junge Generation von Künstler/innen das Verlegen als produktives Werkzeug in ihre eigene Praxis integriert. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit von 1989 bis 2017, wobei 1989 als symbolisches Datum verstanden wird, das die Umstellung vom Analogen zum Digitalen markiert, gilt 1989 doch als das Geburtsjahr des World Wide Web. Auf politischer Ebene wird die Zäsur durch den Fall der Berliner Mauer markiert.
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien
Le Dictateur, 2006/2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017
West Studio, Foto: Nathan Murell - Foto: Kunsthalle Wien 2017
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien
Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017 entfaltet sich in einem Zusammenspiel von elf verschiedenen Sektionen, die sich sowohl im Ausstellen materieller Exponate als auch in einem Off-Site-Projekt und einer Vielzahl von Veranstaltungen manifestieren: So wurden für einen Bereich der Ausstellung Künstler/innen, in deren Werk das Publizieren eine bedeutende Rolle spielt, eingeladen, Titel zu nennen, die ihre Wahrnehmung von Büchern sowie ihre künstlerische Praxis beeinflusst haben. In den Erklärungen zur jeweiligen Auswahl finden sich so intime Passagen wie die von Michael Dean, der über das Collins Mini Gem English Dictionary von 1989, das als Promo-Giveaway Waschpulverboxen beigelegt war, meinte: „Ganze Nachmittage verbrachte ich damit, an den Seifenduftgeschwängerten Seiten zu schnüffeln … dieses Lexikon war das einzige Stück Literatur, das ich in die Finger kriegen konnte. Eine ganze Scheiß-Ewigkeit lang.“ Martin Beck wiederum führt Die Passion nach G.H. (aus Clarice Lispector, The Complete Stories, New Directions, New York 2015) an und erklärt „… verwirrend und auf seltsame Weise faszinierend – tatsächlich berauschend. Ich markierte Phrasen, Sätze und Passagen und verwendete einen Auszug in einem zeitschriftenartigen Kunstwerk, an dem ich damals arbeitete.“ Und Nathalie Du Pasquier hebt in allen genannten Publikationen die Parallelen bzw. spannenden Abweichungen zwischen dem Präsentieren von Kunst im Ausstellungsraum und zwischen zwei Buchdeckeln hervor. Die Bibliothek als Medium sowie als Porträt einer Persönlichkeit wird in einer kleinen, temporär
zugänglichen Satelliten-Ausstellung thematisiert: Franz West hatte seine Bibliothek im Wiener Studio in selbst gebauten Regalen untergebracht. Die dort gesammelten Bücher dienten in vielen Fällen auch als Notizbücher. Für die Ausstellung wurde eine Gruppe von Künstler/innen eingeladen, eines dieser Bücher zu wählen und – ganz im West‘schen Sinne – diesem eine künstlerische Intervention hinzuzufügen. Ein vom Sammler/Verleger Gregorio Magnani kuratierter Buchladen ist ebenso Teil der Ausstellung wie eine vom Kunstbuch-Sammler Christoph Schifferli ko-kuratierte Sektion, die sich der Geschichte künstlerischer Interventionen in Zeitschriften und Zeitungen widmet. Denn neben dem Kunstbuch sind auch die von Künstler/innen herausgegebenen Zeitschriften für das Thema relevant. Hat doch die Zeitschrift als wichtiges Instrumentarium künstlerischer Produktion bereits eine lange Tradition. Die Autorin und Journalistin Filipa Ramos lädt vor Ort zur Diskussion mit Verleger/ innen von Zeitschriften, die ihren Arbeitsbereich auf das Verlegen von Büchern erweitert haben. In einem separaten Bereich der Ausstellung stellt Filipa Ramos Projekte vor, die zwischen Druck und Digitalität oszillieren und Mischformen zwischen Kunstbuch und kuratorischem Experiment darstellen. Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017 verwandelt den Ausstellungsraum nicht in eine Bibliothek, einen Lesesaal oder eine begehbare Enzyklopädie, sondern versteht sich als räumlicher Index, der die Besucher/innen einlädt, die ausgestellten Materialien in der Ausstellung zu erleben. [Kunsthalle Wien. Dauer: 8.11 - 28/1 2018]
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien
THE THING Quarterly Issue 24, 2014, Foto: Kunsthalle Wien 2017
THE THING Quarterly Issue 28, 2015, Foto: Kunsthalle Wien 2017
KUNST.INVESTOR Genusskunst
Aux Gazelles – Savoir Vivre in Wien Le Restaurant, Le Club, Le Design Mit "mehr Funktion und weniger Folklore" ist das gemeinsam entwickelte Design-Konzept von Christine Ruckendorfer und Architekt Alberto Bach perfekt definiert. Bach zeichnet mit seinem Büro Albertoni für viele internationale Prestigebauten verantwortlich und hält Nichts von unnötigem Chi Chi, lauten Farben und orientalischen Klischees. Beide wollten dem Aux Gazelles mehr Spielraum und Bewegung geben. Das Licht wird durch die Neugestaltung tief in den Raum geholt. Auch die Séparées wurden neu interpretiert. "Ich wollte zwei unterschiedliche, elegante Welten kreieren, das Restaurant mit dem großzügigen Gastgarten ist eine helle frische Sommerwelt von großer Klarheit", erklärt Bach. "Verbindend dazu finden sich Designelemente, die klar und schwungvoll sind, mit klassisch marokkanischen Elementen." Eine Formsprache, die in Abwandlungen immer wieder zum Einsatz kommt. Ruckendorfer Für Ruckendorfer ist das Ergebnis "ein zeitgemäßes Lokal auf internationalem Niveau, ohne folkloristisch zu sein." Auf 2000 Quadratmeter wird "Savoir Vivre in Wien" geboten: Essen, Trinken, Tanzen, Verwöhnen, Entspannen & Genießen. Neue Features, wie "Lunch Bazaar", "Signature Drinks", "After Work-Shower" und anderes mehr erwarten den Gast. "Orient Light" nennt sich das frische Food-Konzept, vielfältig, spannend und ideal für die heißen Sommermonate in der City. Im "Lunch Bazaar" werden mittags feine Variationen in Form von libanesischen MezzeGerichten und marokkanischen Vorspeisen das Aux in Form eines All You Can Eat-Buffets angeboten. Abends können diese auch à la Carte bestellt werden. Als Mittagsmenü gibt es Rindsbrochettes mit gratinierten Zucchini, Lammköfte im Tomaten-Zimtfonds mit Dijon Senf und gegrillte Calamari & Garnelen mit Spargel-Fenchel-Salat. Abends kommt regional-österreichisches zum Einsatz, wie bei der Tajine mit Mariazeller Saibling, knusprigem Rinderprosciutto und Granatapfel, einem zarten Kalbsgulasch, Couscous und Kichererbsen. Vegetarier werden mit Gemüse-Tajine oder gebackenen Kartoffeln mit Arganöl, Koriander mit Limetten-Sauerrahmdip verwöhnt.
KUNST.INVESTOR Genusskunst
Wüstentee on the Rocks meets Bloody Mary Eine schöne Bar braucht exzellente Drinks! Daher hat sich das Aux Gazelles-Team gleich mehrere feine SignatureDrinks überlegt. So wird der berühmte marokkanische Minztee, an dem bereits Winston Churchill im La Mamounia schlürfte, im Sommer "on the rocks" serviert. Zum Feierabend gibt es eine alkoholische Version des Traditionsgetränks aus der Sahara, gemixt mit Gin. Oder ein Gimlet, das berühmt, berüchtigte Getränk der Britischen Navy, favorisiert von Ernest Hemingway und bekannt aus den Philip Marlowe-Krimis. Apropos Hemingway: Zu Beginn einer heißen BarNacht darf ein perfekter Bloody Mary nicht fehlen. Dieser Klassiker wird im Aux Gazelles nach einer klandestinen Rezeptur eines jamaikanischen Barmans gemixt. After Work-Shower Raus aus dem Job und rein in den Feierabend! Doch wo bitte, machen Mann und Frau sich nach einem anstrengenden Arbeitstag frisch und fein? Nicht jeder wohnt im City-Loft um die Ecke. Hammam und Salon de Beauté schaffen Abhilfe. Für 15,- Euro können sich Aux Gazelles-Gäste von 17 bis 20 Uhr duschen, entspannen und für den Abend zu Recht machen. Im Preis inkludiert sind: Handtuch, Erfrischungsgetränk (hausgemachte Limonaden und Eistees). Verwöhnprogramm für Body & Soul Eine alte Hammam-Tradition besagt: Politik, Geld und Sorgen bleiben draußen! Insofern sind Hammam & Salon de Beauté nicht gerade der geeignete Ort für das nächste Business Meeting, wohl aber um sich von Kopf bis Fuß verwöhnen zu lassen und zu entspannen. Auf 500 Quadratmetern befinden sich ein klassisches Dampfbad, Behandlungs- und Entspannungsräumlich-keiten in bester Orient-Manier. Hammamcis verwöhnen mit Waschungen, Peelings, wohlriechenden Salben und einer Haarwäsche – falls gewünscht. Mehr Info unter www.auxgazelles.at
BÖRSE EXPRESS
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LUXUS
Die Autoshow in Tokio brachte einen Marcedes SL600, bestückt mit Swarovski-Kristallen
Swarovski verhilft Daimler zu neuem Glanz
03
I
Foto: Kiyoshi Ota/Bloomberg
600.000 zu Diamanten geformte SwarovskiKristalle zieren die neueste Kreation des japanischer Tuners D.A.D., die dieses Wochenende auf der Autoshow in Tokio vorgestellt wurde. Getunt wurde ein Mercedes SL600, der nun um rund eine Million US-Dollar zu erwerben ist. - einer silbern, der andere golden. Die erste Wagen wurde bereits verkauft und wird auf den Straßen von Dubai glitzern.
IMPRESSUM
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INTERVIEW GEORG FOLIAN
Warimpex liegt mir am Herzen – und aber auch auf der Geldbörse Robert Gillinger
robert.gillinger@boerse-express.com
Wenige Tage vor seinem freiwilligen Ausscheiden zu Jahreswechsel aus dem Warimpex-Vorstand traf sich der langjährige CFO Georg Florian mit dem Börse Express. Warf einen Blick zurück, aber auch noch vorne. BÖRSE EXPRESS: Mit welchem Gefühl blicken Sie nach 30 Jahren als Warimpex-Vorstand Ihrem letzten Arbeitstag entgegen? GEORG FOLIAN: Mit einem sehr guten: die Firma ist gut aufgestellt, es geht ihr gut – die Mannschaft ist motiviert – ich übergebe an die Jugend – perfekt. 70 ist ein Alter, wo man noch bei halbwegs vollem Bewusstsein abtreten kann – und es ist besser man tritt selbst ab, als man wird abgetreten. Neben Warimpex begleitete Sie auch die bildende Kunst Zeit Ihres Lebens. Wird dieses Engagement „...Daher ist es nun forciert? (Anm. Als Sponsor unterstützt Georg Folian seit 2016 den wichtig, dass Kunstraum Nestroyhof und jährlich Dividenden findet im Semper Depot eine große gezahlt werden.” Ausstellung statt, die die aktuellen Arbeiten eines ausgewählten österreichischen Künstlers im Kontext seiner gesamten künstlerischen Entwicklung zeigt. Diese Ausstellungen werden jeweils mit einem umfangreichen Katalog dokumentiert) An meinem jetzigen Engagement wird sich nichts ändern. Ich möchte Künstler fördern, aber nicht mit Ankäufen, sondern einer Ausstellungs-Organisation. Davon haben wesentlich mehr Leute etwas, als wenn etwa ich mir das Gemälde zu Hause aufhängen würde. Gegründet wurde Warimpex ursprünglich als Waren Im- und Export-Gesellschaft, was noch im Namen steckt. Wie kam es, den Geschäftsfokus von stark mobilen Geschäften in das Gegenteil, immobile Geschäfte zu drehen? Ursprünglich lieferte Warimpex viele Produkte etwa für Hotelbauten und hatte sich bei der staatlichen ungarischen Einkaufsgesellschaft einen guten Namen gemacht. Als es Anfang der 1980er-Jahre zum ersten österreichischen Kredit für den Ausbau touristischer Infrastruktur – damals über 300 Millionen US-Dollar – in Ungarn gab, war genau diese Einkaufsgesellschaft mit der Abwicklung betraut. Wir wurden
Der nun Ex-CFO der Warimpex, Georg Folian nahm sich Zeit für ein Gespräch auch abseits von Zahlen. Foto: VE/Draper
gefragt, ob wir nicht gleich für ein ganzes Hotel-Projekt anbieten möchten, gewannen die Ausschreibung, erfüllten den Auftrag zur Zufriedenheit des Kunden, dieser empfahl uns der tschechischen staatlichen Einkaufsgesellschaft weiter und so begann der Umstieg ins Immobile, wie Sie sagen. Sie verkauften heuer Ihre Anteile an Vienna House (Anm. früher Vienna International Hotelmanagement), gab bzw. gibt es auch Überlegungen, Ihre Warimpex-Anteile zu verkaufen? Nein – dazu vielleicht zur Vorgeschichte: Mit Vienna House wollten wir eine große österreichische Hotelmanagementgesellschaft schaffen. Was auch gelang und viel Interesse großer internationaler Namen weckte. Warimpex selbst nutzte Vienna House für das Management des Großteils unserer Hotels – womit wir sehr zufrieden waren, uns aber damit in eine gewisse Zwickmühle brachte: Denn ein neuer Betreiber könnte uns hierbei theoretisch rasch Probleme bereiten. Also „Es ist besser entschlossen wir uns zu einer man tritt selbst Art Paket-Verkauf. Und Vienna ab, als man wird House bekommt nun zusätzlich die Möglichkeit, nach abgetreten.” Asien zu expandieren – und bekommt in Europa mehr Häuser als bisher verantwortet. Warimpex soll sich weiter entwickeln. Unser Geschäft ist die Entwicklung neuer Projekte, diese langfristig auszufinanzieren, langfristig zu bewirtschaften und wenn der Preis einmal stimmt, wird verkauft. Zum Börsegang 2007 sagten wir, dass auf einen Verkauf zwei bis drei Neuprojekte kommen … … gilt das heute auch noch – die Preise haben sich seit damals auf allen Ebenen verändert? Zehn Jahre war es nicht so, jetzt wieder schon.
BÖRSE EXPRESS
INTERVIEW Abschließend zur Frage des Anteilsverkaufs: Warimpex liegt mir am Herzen – und aber auch auf der Geldbörse: daher ist es wichtig, dass Dividenden gezahlt werden. Hätten Sie die 70 auch ohne den heurigen Hotel-Portfolioverkauf zum Rückzug aus dem operativen Geschäft genutzt? Höchstwahrscheinlich nein. Es ist einfacher ein gut funktionierendes Unternehmen zu übergeben, als eines, bei dem „Von einer Ausan mehreren Schrauben zu stellungs-Organi- drehen ist.
sation haben wesentlich mehr Leute etwas, als wenn etwa ich mir das Gemälde zu Hause aufhängen würde.“
Ihnen folgt Ihr Sohn Daniel Folian als CFO. Alexander Jurkowitsch, Sohn von CFO Franz Jurkowitsch sitzt ebenfalls im Vorstand. Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Familien- und börsenotiertem Unternehmen. Und sehen Sie in dieser – Ihrer – Konstellation Vorteile, da vielleicht eher an einem Strang gezogen wird, als wenn externe Manager die Unternehmensgeschicke leiten? Es ist etwa 50/50 – Hälfte Familie, Hälfte Streubesitz, mit ein paar großen polnischen Pensionsfonds. Ich hätte auch nichts dagegen, auf 25 bis 30 Prozent zu gehen – neue Aktionäre bringen meistens neue Ideen. Familienunternehmen sind eher auf Langfristigkeit und Stabilität ausgerichtet, im Gegensatz zum klassischen börsenotierten Unternehmen, das auf Schnelllebigkeit ausgerichtet ist, nur der Augenblick ist wesentlich. Ich glaube, dass der Mix aus Börse und Familie ein gesunder ist – vielleicht ist mit ein Zeichen dafür, dass die Mitarbeiter-Fluktuation bei uns sehr gering ist. Das Geld aus dem Vienna House-Verkauf könnten Sie nutzen, um die unter Buchwert notierende Warimpex-Aktie von der Börse rückzukaufen. Gibt es Überlegungen in diese Richtung? Nein. Was macht man sonst im aktuellen Niedrigzinsumfeld mit so viel Geld? Ich habe meine Investitionen mit sehr viel Fremdkapital getätigt, dieses wird jetzt abgebaut. Wirtschaftlich wäre ein Leverage zwar weiter besser, aber ich muss auch an die Zukunft meiner Erben denken. Und die Zinsen können sich sehr rapide und rasch ändern – dann sähe die Welt ganz anders aus: unbelastet schläft man ruhiger. Im Gegensatz zur Immofinanz bleibt Warimpex in Russland und baut das Engagement sogar aus. Was sehen Sie dort für eine Story? Es ist ein Unterschied, ob man z.B. im Bürobereich eine gut gehende Rechtsanwaltskanzlei als Mieter hat, die ihre fi-
xierten Mieten immer und pünktlich bezahlt, oder etwa im Einzelhandelsbereich mit einer auch durch die Sanktionen gedrückten Kaufkraft konfrontiert ist, was durch den umsatzabhängigen Mietanteil zu einem Einnahmen-Entfall führt. Wenn deine Mieter dann auch noch internationale Multis sind, die mit einer Halbierung des Rubels gegen den Euro konfrontiert sind… Für die russische Wirtschaft selbst gibt es durch die Sanktionen aber auch positive Effekte – die heimische Produktion etwa im Lebensmittelbereich stößt in die sanktionierten Bereiche hinein. Ich halte Russland für ein wirtschaftlich sehr entwicklungsfähiges Land – ein Rückzug steht bei uns somit nicht auf der Agenda. Es ist auffallend, dass die Warimpex-Assets im Norden Osteuropas angesiedelt sind. Ziehen Sie für diese Region damit so eine Art wirtschaftlichen Konvergenzgürtel ein. Jein. Wir arbeiten an sich nur in Ländern, in denen wir Büros und Mitarbeiter vor Ort haben. Denn wer sich mit einem Land nicht richtig beschäftigt, wird keinen Erfolg haben. Rumänien ist aber ein Markt, den wir schön langsam aufbauen. Tschechien hingegen haben wir zuletzt eher abgebaut – auch, da unser Prager Mitarbeiter bereits 70 Jahre ist und die tschechische Wirtschaft mittlerweile derart entwickelt ist, dass sie uns nicht mehr brauchen.
„Unser Geschäft ist die Entwicklung neuer Projekte, diese langfristig auszufinanzieren, langfristig zu bewirtschaften und wenn der Preis einmal stimmt, wird verkauft.“
Sie erwähnten die tschechische Konvergenz zu Westeuropa - wer wird das als Nächster schaffen? Ungarn und in ein paar Jahren Polen. Welche Entscheidung bereitete Ihnen – geschäftlich betrachtet – die größten Kopfschmerzen? Langfristig eigentlich keine – kurzfristig, als Banken bei uns unbedingt eine Zinsabsicherung wollten, wir zustimmten, was eine falsche Entscheidung war. Damals haben die Banken gut verdient.
Welchen Ratschlag von Ihnen hätten Sie gern bereits in jungen Jahren gehabt? Pomale, pomale sagen die Tschechen dazu - es wird nie so heiß gegessen, wie’s im ersten Augenblick aussieht. Ein Ratschlag an die neue Regierung, der nicht nur Sie, sondern auch die nachfolgende Generation betrifft… Stabilität und Kontinuität in der Steuer- und Wirtschaftspolitik. Eine gute Idee wäre die One-Stop-Verwaltung. Und keine Neidgefühle in der Bevölkerung wecken. <
BÖRSE EXPRESS
BRANCHE IMMOBILIEN MARKT ÖSTERREICH
Die Rekordflut endet er österreichische Investmentmarkt gibt Grund zum Jubeln: mit rund 4,8 Milliarden Euro an Investmentvolumen wurde 2017 ein All Time High erreicht. Ein Trend, der sich im gesamten Jahr 2017 gezeigt hat, ist jener von großvolumigen Investments: bei 11 Transaktionen war das Investmentvolumen größer als 100 Millionen Euro. „Erwähnen muss man allerdings auch, dass wir Forward Deals nun bereits mit dem Signing berücksichtigen – bis 2016 war das Closing ausschlaggebend“, so Georg Fichtinger, Head of Investment Properties CBRE. Die bedeutendste Assetklasse im Jahr 2017 war die der Büroimmobilien, auf die rund 65% aller Investments entfielen, Retailimmobilien mit ca. 12% und Wohnimmobilien mit ca. 11% folgen auf den Rängen 2 und 3. Für mehr als die Hälfte – rund 51% - aller Investments sind deutsche Investoren verantwortlich, ca. 30% der Transaktionen wurden von Österreichern getätigt. Internationale Investoren – hier vor allem französische und luxemburgische – wickelten rund 19% der Investments ab. Die Spitzenrenditen haben in allen Assetklassen im Jahr 2017 noch einmal leicht nachgegeben: Büroimmobilien 3,90% (2016: 4,00%), High Street Retail 3,30% (2016: 3,40%) Einkaufszentren 4,00% (2016: 4,10%), Fachmarktzentren 5,60% (2016: 5,70%). „Nach so einem Rekordjahr ist es nicht einfach, eine Prognose abzugeben. Wir gehen davon aus, dass 2018 ein gutes Jahr wird, der Rekordwert von 2017 wird allerdings nicht mehr erreicht“, so Fichtinger, der mit seinem Team zehn Deals im Jahr 2017 abwickelte.
D
Büromarkt Wien. Der Büromarkt in Wien kommt langsamer in die Gänge als erwartet. Wurden 2016 noch ca. 329.000 m² vermietet, so ist das Vermietungsvolumen im Jahr 2017 auf ca. 192.000 m² zurückgegangen und lag damit sogar unter dem Niveau von 2015. „Die geringe Vermietungsleistung korreliert mit dem Fertigstellungsvolumen. Im Jahr 2017 wurden rund 154.000 m² neuer Büroflächen fertiggestellt, von denen allerdings bereits Anfang 2017 ca. 70% vorvermietet oder eigengenutzt waren“, so Olivia Prinz, Associate Director Office Agency CBRE. Fertiggestellt wurden 2017 u.a. der Orbi Tower, Euro Plaza 6, Denk Drei, Post am Rochus, QBC 3 & 4. Für 2018 wird ein höheres Fertigstellungsvolumen erwartet, rund 282.000 m² neuer Büroflächen sollen bis zum Ende des Jahres fertiggestellt werden, wie z.B. THE ICON VIENNA und Austria Campus sowie Inno Plaza. Etwa 40% der Neuvermietungen entfielen auf die Innere Stadt, Erdberg mit 16% und der Hauptbahnhof mit 14% der Vermietungen waren ebenfalls beliebte Bürostandorte in Wien. Am wenigsten vermietet wurde im Norden von Wien mit nur rund 1% aller Vermietungen.
Gewerbeimmobilien gerankt nach Dividendenrendite Dividendenrendite*
Name
ATRIUM EUROPEAN REAL ESTATE
8,35
KLEPIERRE
5,34
UNIBAIL-RODAMCO SE
5,07
BRITISH LAND CO PLC
4,39
UBM DEVELOPMENT AG
4,16
ALSTRIA OFFICE REIT-AG
4,01
TLG IMMOBILIEN AG
3,66
Median
3,59
PSP SWISS PROPERTY AG-REG
3,59
IMMOFINANZ AG
3,54
CA IMMOBILIEN ANLAGEN AG
2,92
S IMMO AG
2,58
PATRIZIA IMMOBILIEN AG
0,85
TAG COLONIA-IMMOBILIEN AG
0,00
REGUS PLC
0,00
WARIMPEX
0,00
DO DEUTSCHE OFFICE AG
0,00
Gewerbeimmobilien nach Empfehlungskonsens Name
Konsens**
REGUS PLC
5,00
WARIMPEX
5,00
UBM DEVELOPMENT AG
4,60
KLEPIERRE
4,47
CA IMMOBILIEN ANLAGEN AG
4,38
PATRIZIA IMMOBILIEN AG
4,38
S IMMO AG
4,25
Median
4,16
TLG IMMOBILIEN AG
4,08
UNIBAIL-RODAMCO SE
4,00
ATRIUM EUROPEAN REAL ESTATE
4,00
BRITISH LAND CO PLC
3,63
ALSTRIA OFFICE REIT-AG
3,53
PSP SWISS PROPERTY AG-REG
2,83
IMMOFINANZ AG
2,38
TAG COLONIA-IMMOBILIEN AG
-
DO DEUTSCHE OFFICE AG
Quelle: Bloomberg; Stand 10. Jänner 2018 * in Prozent ** von 1 bis 5, je höher desto besser
Dienstleister (rund 35%) und der öffentliche Sektor (ca. 23%) waren die aktivsten Neumieter 2017, Unternehmen aus der Computer & High Tech Branche sind für ca. 15% der Neuanmietungen verantwortlich gewesen, Handel, Infrastruktur und Gewerbe für ca. 14%.
BÖRSE EXPRESS
BRANCHE IMMOBILIEN Die Mieten haben sich 2017 nur marginal verändert, in Spitzenlagen blieben sie konstant bei 26,00 Euro/m²/Monat, in guten Lagen stieg sie auf 17,00 Euro/m²/Monat (2016: 16,50/m²/Monat), in durchschnittlichen Lagen muss man mit 14,55 Euro/m²/Monat (2016: 14,25/m²/Monat) rechnen. Die Leerstandsrate hat sich weiter nach unten bewegt und beträgt zu Jahresende 2017 4,9% in Wien (2016: 5,3%). „Wir sehen allgemein wieder ein höheres Interesse an größeren Flächen als noch vor wenigen Jahren“, so Prinz, die mit dem CBRE Office Team 28% aller Vermietungen in Wien im Jahr 2017 begleitete. 2018 sollte sich die Vermietungsleistung in Wien wieder erhöhen, allerdings wird sich auch die Leerstandsrate aufgrund der hohen Neubautätigkeit wieder auf mehr als 5% bewegen. „Rund die Hälfte der neu errichteten Flächen des Jahres 2018 ist bereits vorvermietet oder eigengenutzt. Einige Flächen werden allerdings auch wieder frei, da z.B. die Bank Austria Standorte zusammenlegt und in den Austria Campus übersiedelt“, so Prinz. Retailmarkt Österreich. Mit 32 Neueintritten im Jahr 2017 ist der österreichische Retailmarkt stabil (2016: 37 Neueintritte, 2015: 32 Neueintritte). Zu den neuen Marken und Unternehmen am österreichischen Markt zählen u.a. XXL Sports, Under Armour, Urban Outfitters, Tod’s, OVS und asics. „Nach wie vor sind die Neueintritte sehr stark von der Fashion- und Sportbranche getrieben. Hier gibt es offensichtlich noch Potenzial in Österreich. Wobei die Neueintritte für ihre ersten Stores entweder auf die Wiener Innenstadt oder eines der großen Shopping Center setzen“, so Walter Wölfler, Head of Retail Österreich & CEE bei CBRE. 2017 wurden rund 79.500 m² neue Retailflächen fertiggestellt, der Großteil entfiel auf Erweiterungen (Designer Outlet Parndorf, Phase II des Huma XI) bzw. auf Umbauten ehemaliger Baumax Standorte (FMZ Inzersdorf, FMZ Stadlau, etc.). Etwa 46.000m² der neuen Flächen sind in Einkaufszentren entstanden, der Rest in Fachmarktzentren. „Für 2018 erwarten wir weniger neue Flächen in Einkaufsund Fachmarktzentren als in den vergangenen Jahren. Der Retailmarkt in Österreich ist allerdings – im Vergleich zu anderen Märkten wie insbesondere den USA – stabil, vor allem in den sehr guten und guten Lagen“, so Wölfler. „Eigentümer und Händler bleiben aber gefordert, auf die Herausforderungen durch das geänderte Konsumentenverhalten zu reagieren. Stichworte hier sind etwa Omnichanneling, Schaffung von Einkaufserlebnissen, etc.“ Zum Jahresende lagen die Spitzenmieten für High Street Retail (in Wien) bei 310,00 Euro/m²/Monat, in Einkaufszentren bei 120,00 Euro/m²/Monat und in Fachmarktzentren bei 14,00 Euro/m²/Monat. Immobilientrends in der CEE Region. In den CEE Core Ländern – Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn –
wurde mit rund 11 Milliarden Euro 2017 annähernd das Investmentvolumen von 2016 (11,3 Milliarden) erreicht. Der stärkste Markt war Polen mit einem Gesamtvolumen von ca. 4,5 Milliarden, gefolgt von Tschechien mit 3,4 Milliarden und Ungarn mit 1,67 Milliarden Euro. Sowohl Polen als auch Tschechien sind leicht rückläufig, während in Ungarn und in Rumänien mehr investiert wurde als in den Vorjahren. „Vor allem in Ungarn können wir einen kontinuierlichen und linearen Anstieg des Investmentvolumens feststellen in den letzten fünf Jahren. Dies ist vor allem auf die relativ hohen Renditen und die Tatsache zurückzuführen, dass die aktuelle ungarische Regierung im Vergleich zu Polen oder USA nicht mehr als so ungewöhnlich betrachtet wird“, so Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich und Chairman CEE. Die Renditen in einigen CEE Ländern sind noch attraktiv und hoch, da sie – im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern und Städten wie Wien, Berlin, Paris oder London – ihr zyklisches Rendite-Tief bzw. einen neuen Höchstwert noch nicht erreicht haben. So sind Budapest, Bukarest und Bratislava noch nicht am zyklischen Tief angekommen, die Renditen in diesen Städten liegen zwischen 6 und 7,5%. „Warschau und Prag sind auf dem Niveau von Westeuropa, was bedeutet, dass auch dort bereits das zyklische Tief erreicht wurde im Jahr 2017“, so Ridder. Büros sind nach wie vor sehr gefragt in den CEE Ländern. 2017 wurden 1,59 Millionen m² Büroflächen in den Städten Warschau, Prag, Bratislava, Bukarest und Budapest vermietet. Die hohe Nachfrage ergibt sich aus dem Trend der Business Service Center, die nach wie vor laufend in den CEE Ländern eröffnet werden. „Große Konzerne lagern ihre Back Office Agenden in den zentral- und osteuropäischen Raum aus, dafür werden mehr und mehr Büroflächen benötigt“, so Ridder. Die attraktivsten Standorte für Business Service Centers sind die CEE Core Märkte bzw. Städte. Von den rund 1.400 Business Centers in der Region befinden sich 900 in Polen – daher ist auch in Warschau die Nachfrage für neue Büroflächen am größten. Die Spitzenmieten für Büros sind weitgehend stabil, in Bratislava (17,00 Euro/m²/Monat) und Prag (21,00/m²/Monat) ist sie leicht angestiegen, in Budapest (21,00/m²/Monat) etwas gefallen. „Warschau bleibt auch 2017 die teuerste CEE Bürohauptstadt mit einer Spitzenmiete von rund 23,00 Euro/m²/Monat. Warschau hat den höchsten Bestand an Büroflächen, allerdings auch mit rund 12,5% die höchste Leerstandsrate in der Region. In allen anderen Städten der CEE Region liegt die Leerstandsrate unter 10%. „2018 erwarten wir in den CEE Ländern weiter eine enorm hohe Büronachfrage parallel zum höchsten Wirtschaftswachstum in Europa und dem nicht enden wollenden Prozess der Verlagerung von Back Office Aktivitäten von West- nach Osteuropa“, so Ridder >red<
BÖRSE EXPRESS
AKTIEN WIEN TRADING-UPDATE OMV
Trotz Gegenwind weiter auf Kurs Zielerreichung ie Erstreaktion der Aktie auf die Veröffentlichung des Trading Updates der OMV zum 4. Quartal war negativ. Negativ war zu diesem Zeitpunkt aber auch die Entwicklung des Ölpreises - aber auch der Wiener Gesamtmarkt war erst auf Richtungssuche. Ein schnelles Fazit: Wenn, findet sich im Geschäftsbereich Raffinerie das Haar in der Suppe. Denn in der Förderung sollte das abgelaufene 4. Quartal einen weiteren Ergebnissprung gebracht haben, was mit eine Folge des gegen Jahresende vollzogenen Einstiegs beim russischen Erdgasfeld Juschno Russkoje ist. Derart stieg die OMV-Förderung in 4. Quartal auf im Schnitt 377.000 Barrel Öl-Äquivalent pro Tag. 315.000 waren es im Vorjahresquartal und 341.000 im Vorquartal (Q3) - Anm.: Juschno Russkoje ist seit Anfang Dezember inkludiert. Der durchschnittlich realisierte Ölpreis stieg dabei von 45,4 auf 55,6 US-Dollar pro Barrel (47,3 waren es im Q3). Nicht ganz so rund läuft es im Bereich Raffinierie. Die Bereichsmarge stieg zwar im Jahresvergleich von 5,59 auf 5,68 US-Dollar je Barrel - im Q3 waren es aber 7,04. Auch die Retailund Commercial-Margen fielen im 4. Quartal gegenüber dem Q3, heißt es. Gleichzeitig wurden mit 4,95 Mio. Tonnen weniger Raffinerieprodukte verkauft - letztes Jahr waren es 7,87 Mio. Tonnen, letztes Quartal 5,39 Millionen. Mit ein Grund: Im Schwechater Steamcracker kam es nach einem mechanischen Fehler zu einem zweiwöchigen Stillstand. <gill>
D
CEO Rainer Seele
Das sagen die Analysten Empfehlungen
MA-50*
Quelle: (Bloomberg 5x/BE)
Kaufen
Halten
Verkaufen
7
6
6
Kurspotenzial
-6%
Konsensrating*: 3,16 Kursziel
52,2 Euro
Quelle: Bloomberg: * von 1 bis 5, je höher desto besser
OMV, die Konkurrenz und ihre Fundamentaldaten Perf. YTD (%) Kurs
Foto: OMV
Stand per 12. Jänner≠, Quelle: Bloomberg
MA-200* Potenzial (%)-Konsens**
KGV
Div.Rendite K/BW
Rosneft
10,26
323,80
303,42
311,98
16,12
4,27
12,36
3,07
0,88
Gazprom PJSC
10,17
144,55
132,98
125,03
9,13
4,17
4,58
5,68
0,28
LUKOIL PJSC
9,52
3688,00
3369,49
3012,53
5,70
4,83
7,18
5,58
0,80
Repsol SA
7,43
15,86
15,38
14,79
5,33
3,62
10,83
5,07
0,77
Tatneft PJSC
6,70
510,40
486,72
408,61
-3,41
3,29
9,06
6,63
1,49
Galp Energia SGPS 5,87
16,34
15,84
14,56
1,01
3,44
23,73
3,13
2,66
Statoil ASA
5,51
185,70
170,67
154,36
-8,45
3,03
17,77
3,86
1,94
Eni SpA
5,51
14,59
14,05
13,91
9,66
3,44
25,65
5,51
1,06
OMV AG
4,90
55,74
52,76
48,23
-1,33
3,16
11,33
2,36
1,61
TOTAL SA
4,85
48,23
47,30
45,81
9,89
4,27
16,55
4,14
1,58
Gazprom Neft
3,61
254,05
252,63
217,30
7,46
4,00
4,96
4,86
0,79
Royal Dutch Shell 3,33
2596,00
2450,44
2247,04
4,01
3,82
18,37
5,36
1,49
Sasol Ltd
2,06
43973,00
42602,47
39929,38
2,34
3,43
12,60
2,83
1,21
BP PLC
1,84
531,90
507,86
472,87
2,46
3,69
23,79
5,58
1,47
Surgutneftegas
1,56
28,41
28,69
27,89
7,00
2,62
5,03
2,24
0,32
Novatek PJSC
1,11
682,00
674,70
651,62
11,44
4,00
9,09
2,14
2,78
Quelle: Bloomberg, * 50- bzw. 200-Tage-Durschnittslinie, **Konsens (von 1 bis 5, je höher desto besser)
BÖRSE EXPRESS
INTERVIEW ALOIS WÖGERBAUER
„Ich erwarte keine Bewertungsausdehnung“ Robert Gillinger
robert.gillinger@boerse-express.com
Alois Wögerbauer schaffte mit dem 3 Banken Österreich-Fonds 2017 die beste Performance unter den Österreich-Aktienfonds. Was ihm warum trotzdem missfiel - und was ihm mit Blickrichtung auf das neue Anlagejahr gefällt, darüber mehr im Interview. BÖRSE EXPRESS: Was war Ihre größte Enttäuschung im heurigen Jahr an der Wiener Börse? ALOIS WÖGERBAUER: Grundsätzlich, dass man eine BAWAG-Aktie überteuert an die Börse bringt und die heimischen Privatanleger völlig außen vor lässt und nicht einmal ordentliche Werbung in Österreich macht. Auf Einzeltitelebene etwa die Immofinanz, die vom Boom des Marktes einmal mehr kaum profitiert hat – Portfolio, Strategie und auch Management überzeugen nicht. Ich wundere mich, dass viele meiner Branchenkollegen da immer wieder höhere Kurse herbeireden wollen. Ich sehe sie nicht.
„Es ist erfreulich, dass Wien 2017 zu den besten Börsenplätzen international gehört – das hören die zahlreichen heimischen Jammerer ungern.”
Und wer oder was wird positiv hervorgestrichen? Bei über 40 Prozent Performance des 3 Banken Österreich-Fonds ist die Liste natürlich lang. Es ist erfreulich, dass Wien 2017 zu den besten Börsenplätzen international gehört – das hören die zahlreichen heimischen Jammerer ungern. Auf Einzeltitelebene eine AT&S, wo man als treuer langjähriger Aktionär endlich belohnt wurde. Immotitel wie CA Immo, BUWOG und s Immo, weil dort ein aktionärsfreundliches gutes Management aktiv ist. Erfreulich ist auch, dass traditionelle Österreich-Qualität á la voestalpine gut funktioniert hat.
Alois Wögerbauer, GF und Fondsmanager 3 Banken Generali Investment Foto: beigestellt
Am deutlichsten unterschätzt habe ich leider, wie rasch Rainer Seele die OMV positiv verändert hat. Ihre drei größten relativen Übergewichtungen zum ATXPrime zu Jahresstart im Fonds - und warum? Vienna Insurance Group, weil die führende Marktstellung in Osteuropa sich zu wenig im Kurs zeigt – etwas „Am deutlichsmehr Aktionärsfreundlichkeit ten unterschätzt wäre aber wünschenswert. habe ich leider, Agrana als defensives dividenwie rasch Rainer denstarkes Investment. Strabag, weil die Aktie nach den Seele die OMV jüngsten Rückschlägen günspositiv veräntig ist.
dert hat.“
Und die Entwicklung des Gesamtmarkts sehen Sie wie? Die Konjunkturlage in Osteuropa ist gut. Das wird dazu führen, dass das Interesse ausländischer Investoren am Wiener Markt noch zunimmt. Ich erwarte aber keine Bewertungsausdehnung. Wenn die Kursentwicklung in etwa dem entspricht, was die Unternehmen an Gewinnsteigerungen ausweisen können, dann sollte 2018 ein Plus von sechs bis sieben Prozent möglich sein. Entschieden wird das aber nicht in Wien – sondern an den internationalen Märkten und von EZB & Co. <
Fonds Express http://www.boerse-express.com/nl
web 2.0 newsletter jeden Montag
BÖRSE EXPRESS
GRAFIK Aktien 2017: Wertentwicklung und die Treiber
2017 war ein hochprofitables Jahr für Aktieninvestoren. Alle großen Indizes legten zu und so gut wie alle Prognosen wurden übertroffen (unsere eigenen eingeschlossen). Betrachtet man aber die Treiber, so kann man einige interessante Beobachtungen machen: Die Unternehmensgewinne stiegen rund um den Globus an. Einstellige Wachstumsprognosen stellten sich als zu konservativ heraus. Viele Unternehmen konnten über die vergangenen zwölf Monate ihre Gewinne um zweistellige Prozentraten erhöhen. Bei den Bewertungen zeigt sich jedoch ein differenziertes Bild: Die US-Märkte antizipierten eine Entlastung durch die Steuerreform, was sich in steigenden Bewertungen widerspiegelt. Die bereits relativ hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) stiegen noch weiter an. Bei
BElogs www.be24.at
(Quelle: Deutsche AM)
europäischen sowie japanischen Indizes hingegen sanken die Bewertungen, wodurch die gesamte Wertenwicklung unterhalb des Gewinnwachstums lag. In einigen Märkten schafften es jedoch die Dividenden, die in Europa traditionellerweise etwas höher ausfallen, dem Gesamtindex noch zu einer zweistelligen Wertenwicklung zu verhelfen. Die Schwellenländer wurden von Mittelzuflüssen unterstützt, auch dort stiegen die KGVs an. Die Bewertung der US-Aktien scheint die Steuerentlastungen bereits zu reflektieren. Auch der andere wichtige Treiber, die vergleichsweise hohe Gewichtung und das gleichzeitig überdurchschnittliche Abschneiden von Technologiewerten, dürfte den Zenit erreicht haben. Insofern sehen wir Aufholpotenzial bei anderen Märkten.<red>
Meinung, Analysen, Anlage, Life...
BÖRSE EXPRESS
BELOG VON BE24.AT VON WOLFGANG MATEJKA MATEJKA & PARTNER AM SOWIE BELOGGER AUF BE24.AT
Der Lockruf, der im Halse steckt ie halbe Welt wünscht es sich. Das Allheilmittel gegen depressive Wirtschaften, cash flow-arme Staatsfinanzen, fantasielose Notenbanken oder historisch festgefahrene Volkswirte: die Inflation sollte endlich einmal steigen. Seit Jahren lesen wir vom Inflationskorridor der Notenbanken und über die mit einer Überschreitung dessen unterer Grenze von (zumeist) 2% erwarteten Segnungen des Wirtschaftsaufschwunges samt optimierter Steuerbarkeit dessen. Selbst auf die Gefahr hin, die eigene, persönliche Inflation als Maßstab für die Bewegung der Staatlichen zu nehmen und das Ausbleiben von deren Sprung über die 2% „Ganze HeerschaMarke frustriert zur Kenntnis zu nehmen, die ren von Volkswiröffentlichen Inflationserten sind seit wartungen bleiben noch Monaten dem Übel immer gedämpft. Die Verfechter der beauf der Spur, das rühmten „Phillips-Kurve“, da im Verborgealso dem direkten Zusamnen seine Kräfte menhang zwischen Arbeitslosigkeit und ausspielt und die Inflation sind, nachdem arme Inflation sich dieser historisch so nicht und nicht gefestigte Konnex zwians Tageslicht der schen sinkender ArbeitsWahrheit entlässt. losigkeit und steigender Inflation nicht und nicht einstellt, ohnehin bereits tief im Lager der Depressiven angekommen. Ganze Heerscharen von Volkswirten sind daher seit Monaten dem Übel auf der Spur das da im Verborgenen seine Kräfte ausspielt und die arme Inflation nicht und nicht ans Tageslicht der Wahrheit entlässt. Sie finden aber nichts, zumindest keiner traut sich zu sagen, er hätte nichts gefunden. Und daher übt sich jeder Berufene darin zu erklären, warum denn die Anstiege bei Energiekosten, Rohstoffen, Mieten und, ja genau, auch Löhnen ganz klar und logisch die Inflation heuer nicht wirklich zum Steigen bringen werden. Ziemlich fantasievolle Diskurse blühen da plötzlich auf. Aber für uns „Empfänger“ dieser Weisheiten gilt es aufzupassen. Volkswirte haben keine Benchmark oder Performancevorgabe. Könnte wichtig in der Beobachtung sein und uns alle zu parallelem Verwenden des Hausverstan-
D
Foto: Pixabay/Wildfaces
des zwingend anregen. Vielleicht um schmerzhafte Erkenntnisse im Nachhinein zu vermeiden. Nun, wenn die aktuellen Parameter an der Preisfront (Energie, Löhne, etc. …) alle stimmen, dann ist es nur eine Frage der Zeit bis sich in einer Konjunktursituation wie der heutigen diese Preisanstiege durch die Wirtschaft arbeiten. Manche schneller, manche langsamer, aber am Ende wird das Inflation sein. Die passiert dann und greift umgehend in unsere Wirtschafts- und daher auch Börsenszenarien ein. Dann werden zuerst die Renditekurven heftiger diskutiert werden, dann sollten sich auch die Notenbanken wieder zu Wort melden (wetten, die verlängern ihre Beobachtungszeiträume um nur ja nicht den Griff aufs Rad der Zeit abgeben zu müssen), dann wird die Sektorallokation an die Aktienmärkte drängen, die Volatilität zieht nach langen Jahren wieder zuerst in die Renten- dann wieder Aktienmärkte ein und je nach Grad der Inflationsdynamik müssten sich auch Währungen anpassen. Es wird rund gehen, und das in den letzten Jahren so salbungsvoll erhoffte Manna aus dem Inflationshimmel wird für viele ein wenig mehr Stress und Arbeit bedeuten, als zuvor erwartet. Natürlich wird eine Normalisierung der Kapitalmarktrelationen allein deswegen nicht so schnell passieren, weil dies bedeuten würde, dass die Anleiherenditen sich auf ein Maß deutlich über der Inflation begeben müssten. Gerade das Gegenteil ist ja derzeit, dank der bisherigen Notenbankkäufe der Fall. Der Begriff „negative Realrendite“ wurde ja erst in den letzten Jahren für uns „normal“. Auch klar, dass zuerst die jeweiligen Staatsschulden durch die Inflationskur durch müssen und so einem gnädigen Schrumpfungsprozess folgen dürfen bevor sie wieder in die Freiheit kritischer Kapitalmärkte entlassen werden. Verjüngungskur dank (versteckter?) Inflation. Ob das nicht das wahre Ziel von Draghi und seinen Finanzministern war? Egal, unangenehm war es bis jetzt sicher keinem von ihnen. Was uns aber aufwecken sollte, ist die Phalanx an Inflationskandidaten aus der Preisecke die allesamt bereits nach oben tendieren. <
BÖRSE EXPRESS
GRAFIK DER WOCHE Inflationserwartungen anhand inflationsindexierter Staatsanleihen
(Quelle: Deutsche AM)
n den vergangenen Tagen wurde an den Märkten viel da- auf einen Wendepunkt zusteuern könnten. Wegen der USrüber spekuliert, dass sich der lange Bullenmarkt in Steuersenkungen schauen momentan viele auf das steigende Emissionsvolumen und Anzeichen, Staatsanleihen vielleicht doch noch langsam dem Ende neigt. Seit mehr als 35 Jahren dass China weniger US-Treasuries kaufen „Was steckt könnte. Dazu kommen die schwellenden Sorhaben Staatsanleihen wie US-Treasuries und hinter der gen über das Schwinden der Unterstützung deutsche Bundesanleihen stattliche Gesamterträge geliefert. Wegen fallender Inflations- Unruhe an den durch unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen. Ein dritter Faktor wird allerdings raten schrumpften die Zinsen immer weiter. Anleihenmärkvergleichsweise wenig diskutiert. Seit fast Und wenn die Zinsen fallen, steigen die Anten in den zwei Jahren steigen die Inflationserwartunleihekurse, besonders am langen Ende. Seit vergangenen gen, wie man sie aus den Zinsen inflationsmindestens einem Jahrzehnt befürchten PesTagen?“ indexierte Staatsanleihen ableiten kann. Der simisten, dass das nicht immer so gut weiter gehen kann. Irgendwann würden die Zinsen wieder stei- Anstieg war zwar bisher recht moderat, aber ziemlich stegen. Nun gibt es gute Gründe zu glauben, dass wir langsam tig, wie unser Chart der Woche zeigt.<red>
I
BElogs www.be24.at
Meinung, Analysen, Anlage, Life...
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INTERVIEW HEIKO GEIGER
Beträchtliches Aufwärtspotenzial bei Banken der Eurozone Robert Gillinger
robert.gillinger@boerse-express.com
Das Fixkupon Express Zertifikat auf den EuroStoxx Banks Index von Vontobel wurde zum Zertifikat des Monats Dezember gewählt. Heiko Geiger im Interview über hohe Indexstände an den Börsen und die Reaktion der Anleger darauf, was für europäische Bankaktien spricht - und über den neuen Crypto-Schwerpunkt bei Vontobel. BÖRSE EXPRESS: Was spricht für europäische Bankaktien? HEIKO GEIGER: Angesichts der potenziellen Ertragskraft der Banken der Eurozone und ihrer Bewertungen erkennen die Analysten von Vontobel ein beträchtliches Aufwärtspotenzial. Außerdem scheinen die meisten Banken der Eurozone ausreichend kapitalisiert zu sein und ihre Bewertungen sehen attraktiv aus. Die positiven Gewinnkorrekturen (Verhältnis der „Aufgrund der Aufwärts- zu Abwärtskorrekturen der Gewinnprognosen hohen Indexder Analysten) für die Banstände wollen ken der Eurozone deuten daAnleger zunehrauf hin, dass der Sektor von einem besseren Konjunkturmend flexibel umfeld profitiert. Es ist sein und keine daher nicht überraschend, allzu langen dass das Hauptrisiko für unser Anlagethema ein KonHaltezeiten mehr eingehen.” junkturabschwung oder eine Rezession ist. Und warum haben Sie sich für die Produktvariante Express entschieden? Es hätte ja auch ein Index-Zertifikat oder anderes sein können? Bei einem Indexzertifikat haben Anleger ein lineares Risiko zu tragen. Bei der Expressvariante hingegen haben Anleger die Chance auf eine vorzeitige Rückzahlung von 5 Prozent p.a. plus eine anfängliche Barriere bei 70 Prozent des Anfangsreferenzkurses. 1,5 Jahre Laufzeit ist eher unüblich – ist das ein Zufall, oder fordern Anleger verstärkt zwischenjährige Produkte? Aufgrund der hohen Indexstände wollen Anleger zunehmend flexibel sein und keine allzu langen Haltezeiten
Heiko Geiger, Vontobel
Foto: beigestellt
mehr eingehen. Daher haben wir mit eher kurzfristigen Anlageprodukten reagiert, die einen Lebenszyklus von 11,5 Jahren haben. Bei halbjähriger Beobachtung der Tilgungslevel können Anleger somit opportunistisch mit Expressfunktion am Markt agieren, ohne ihr Kapital für 3 bis 5 Jahre zu allokieren. Was ist für Sie die erwähnenswerte Eigenschaft dieses Produkts? Dies lässt sich schnell zusammenfassen: Das Produkt kann während der Laufzeit vorzeitig zurückgezahlt werden. Dies ist der Fall, wenn an einem Bewertungstag der jeweilige Referenzpreis des Basiswerts auf oder über 100 Prozent des Anfangsreferenzkurses liegt. Ist das der Fall, wird das Produkt vorzeitig zum Nennbetrag (1000 Euro) zurückgezahlt. Der Anleger „Es steht immer erhält zusätzlich, unabhännoch der Kupon gig von der Wertentwicklung des Basiswerts, an jedem Boim Vordernuszahlungstag (halbjährgrund.“ lich) eine Express-Zahlung in Höhe von 25,03 Euro (entspricht 5,00% p.a. des Nennbetrags von 1000 Euro). Die großen Aktienmärkte feiern seit vielen Monaten immer neue Rekordstände. Hat sich die Produktnachfrage bei Ihnen zuletzt mehr in Richtung Absicherung verschoben, oder wird mehr gehebelt um möglichst viel von der Bewegung mitzunehmen? Ich würde sagen, dass die Anleger sich des Risikos bewusst sind und auch gelernt haben, dass Emittenten im aktuellen Zins- und Volatilitätsumfeld bei gleichbleibendem Kupon nicht mehr die Barrieren darstellen können wie noch vor 1 bis 2 Jahren. Daher steht immer noch der
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INTERVIEW Kupon im Vordergrund. Ebenso sehen wir eine weiter anhaltende große Nachfrage nach Hebelprodukten. Mit Blick auf 2018. Gibt es von Ihrem Haus eine Erwartung an die Entwicklung etwa in Europa, vielleicht speziell Deutschland? Und was wäre denn die daraus folgende zu präferierende Produktkategorie? Wir erwarten auch für 2018 weder eine Rezession „Renditeoptimienoch eine Überhitzung der rungsprodukte Märkte. Auch für 2018 könnwie Bonus-Capten die Voraussetzungen für und Express-Zer- eine weitgehend ungestörte Konjunktur in den meisten tifikate oder Ländern gegeben sein. Daher Aktienanleihen könnten erneut Renditeoptimierungsprodukte wie könnten heuer Bonus-Cap- und Express-Zerfür Anleger intetifikate oder Aktienanleihen ressant sein.“ für Anleger interessant sein. Zur Beimischung könnten auch diverse Technologiethemen wie Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0 oder Digitale Märkte und Handelsplätze interessant sein. Vontobel ist immer sehr schnell, wenn es um Produkte auf Trends geht – und meine damit nicht nur Bitcoin-Zertifikate. A.) sind das Produkte, die auch gefragt sind, oder mehr medialer Hype? Und ist für Sie bereits z.B. ein neuer Branchentrend zu erkennen, für den Sie sich die Auflage einen Themenzertifikats vorstellen können. Für die Platzierung von Themenzertifikaten gibt es push- und pull-Effekte. Auf der einen Seite suchen Anleger nach handelbaren Marktzugängen zu gewissen Trendthemen (pull-Effekt) und zum anderen sind auch wir ständig auf der Suche nach interessanten Anlagetrends, die sich für Themenzertifikate eignen (pull-Effekt) Ist 2018 etwas Spezielles von Vontobel zu erwarten? Eine 2018er-Neuheit bei Vontobel ist die erste Ausgabe des „Crypto Research Reports“ von Incrementum, welchen interessierte Leser bei Vontobel kostenlos anfordern können. Darüber hinaus wird es einen neuen KryptoNewsletter geben, in dem wir unsere Anleger regelmäßig zum Thema Blockchain und Kryptowährungen informieren.< Mehr zum Zertifikat des Monats als Wiederholung siehe nächste Seite
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BESICHERT UND LIQUIDE
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ZERTIFIKATE EMISSION
Mit der Erste Group zu 8,5 Prozent in einem Jahr Redaktion
redaktion@boerse-express.com
Die Erste Group startet mit drei Aktienanleiohen auf ihre eigene Aktie ins neue Jahr. Je nach Risikoneigung des Anlegers gibt es Zinskupons von 4,5 bis 8,5 Prozent. Und einen Schutz gegen Kursverluste von bis zu 20 Prozent. ie Erste Group hat im dritten Quartal gut verdient. Wie das österreichische Geldhaus mitteilte, stieg der Gewinn zwischen Juli und September um 7,6 Prozent auf 363 Mio. Euro. Der Hauptgrund für die gute Entwicklung liegt in der besseren wirtschaftlichen Entwicklung in vielen Ländern in Zentral- und Osteuropa, in denen die Erste Group aktiv ist.
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Einlagen steigen trotz Zinstief. Gleichzeitig konnte die Risikovorsorge weiter zurückgefahren werden. Die Quote notleidender Kredite sank zum Vorquartal um 0,4 Prozentpunkte auf 4,3 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit 2008. Weiter erfreulich: Die Bank gewährte mehr Kredite und auch die Einlagen erhöhten sich – trotz der niedrigen Zinsen. Der Zinsüberschuss konnte dadurch nahezu stabilisiert werden. Die Erste Group sieht sich daher auf einem guten Weg, die für das Jahr 2017 gesetzten Ziele – eine Eigenkapitalverzinsung (ROTE) von über zehn Prozent und eine höhere Dividende – zu erreichen und die Markterwartungen zu erfüllen. Für 2016 hatte die Bank einen Euro je Anteilsschein an seine Aktionäre ausgeschüttet. Bei Bilanzvorlage gab die Bank zudem einen kleinen Vorgeschmack auf das Jahr 2018. Erste Group rechnet dank eines weiteren Nettokreditwachstums sowie Zinserhöhungen in Rumänien und Tschechien mit einer leicht verbesserten Ertragslage. Die Risikokosten sollen auf einem niedrigen Niveau verharren und die Eigenkapitalverzinsung auch im kommenden Jahr bei über zehn Prozent liegen. Zudem kündigte Bankchef Andreas Treichl auch für die nächsten Jahre langsam steigende Dividendenausschüttungen an.
die sich verbessernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spiegeln sich auch im Chart wider. In der Ein-Jahres-Jahres-Perspektive legte der Kurs der Erste Group-Aktie um fast 30 Prozent zu. Vom im Juni 2016 markierten Zwischentief bei 18,87 Euro sind es sogar 90 Prozent Plus. Damit gehört der Anteilschein zu den Top-Performern im österreichischen ATX-Index. Investment mit Teilschutz. Wer sich angesichts der starken Kursgewinne lieber etwas vorsichtiger positionieren möchte, könnte eine neue Protect Aktienanleihe von Erste Group interessant finden. Das Papier ist mit einem Kupon von 6,5 Prozent ausgestattet, der am Laufzeitende in einem Jahr in jedem Fall zur Auszahlung kommt. Zudem wird die Anleihe zum Nennwert getilgt, wenn der Kurs der Erste Group-Aktie niemals die Barriere von 80 Prozent des Ausübungspreises berührt oder unterschreitet. Wenn die Barriere allerdings verletzt wird und die Erste Group-Aktie am Laufzeitende nicht wieder über ihrem Anfangsreferenzpreis notiert, erhalten Anleger statt des Nennbetrags Erste GroupAktien entsprechend des vorab definierten Bezugsverhältnisses geliefert. Die Erste Group hat zwei weitere Varianten auf sich aufgelegt: Mehr Risiko nimmt der Anleger mit der „8,50 % Aktienanleihe auf Erste Group Bank AG 2018-2019” auf sich dafür gibt’s den höheren Zinskupon. Hierbei handelt es sich um eine klassische Aktienanleihe ohne Teilschutz. Heißt, der Aktienkurs sollte am Schluss über seinem Startwert liegen - sonst kommt es, wie bei der 6,5-Prozent-Variante zur Aktienlieferung ins Depot. Weniger Risiko gibt es bei der „4,50 % Protect Pro Aktienanleihe auf Erste Group Bank AG 2018-2019”. Hier ist wieder ein Teilschutz von 80 Prozent des Startwerts inkludiert. Diese Barriere wird aber nur am letzten Handelstag beobachtet - eventuelle zwischenzeitliche Kursrücksetzer werden nicht beachtet. <
INFO 6,50 % PROTECT AKTIENANLEIHE AUF ERSTE GROUP BANK AG ISIN: AT0000A1Z7R3
Barriere: 80 Prozent
Produktkategorie: Aktienanleihe
Barriere-Beobachtung: laufend
Basiswert: Erste Group-Aktie Begebungstag: 31.01.2018 Ausübungspreis: Schlusskurs vom 30.01.2018 Bewertungstag: 29.01.2019
Aktie im Rallye-Modus. Die guten Geschäftszahlen sowie
Nennbetrag: 1000 Euro Zinskupon: 6,5% mehr zum Produkt
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ZERTIFIKATE OPTIONSSCHEIN
Die Folgen der Steuern werden noch unterschätzt Robert Gillinger
robert.gillinger@boerse-express.com
Die Deutsche Bank erwartet zu Jahresende den S&P-500-Index bei 3000 Punkten. Per Optionsschein lässt sich die erzielbare Rendite deutlich steigern. Hier als Beispiel ein Schein der HVB (UniCredit). ie Rekordflut vor allem der US-Börsen scheint mehr und mehr Anlegern leicht suspekt. Doch zumindest die zu Wochenschluss offiziell mit JPMorgan, Wells Fargo und BlackRock gestartete US-Berichtssaison untermauerte für die Marktteilnehmer die zuvor gesehenen Kurssteigerungen - es gab etwa im S&P 500-Index den nächsten Rekord ine iner mittlerweile langen Serie an Rekorden - Schlusskurs 2786,24 Punkte. Was weitere IndexInvestment mit Blick auf die Kursziele der Analysten zu Jahresende verhalten attraktiv aussehen lässt: der Bloomberg-Konsens liegt bei 2855 Punkten - das wäre ein Plus zum Jetzt von 2,4 Prozent. Außer das Investment wird etwa durch den Einsatz eines Call-Optionsscheins gehebelt - im folgenden Fall mit einem Faktor von knapp 20.
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So funktioniert’s. Mit diesem Optionsschein der HVB (UniCredit) erwirbt der Anleger das Recht, aber nicht die Pflicht, den S&P-500-Index am 17. Dezember 2019 zu 3000 Punkten zu kaufen - egal wie hoch dieser zu diesem Zeitpunkt notiert. Der aktuelle Hebel des Investments liegt bei knapp 20. Warum 3000 Punkte? Blickt man auf die Gewinnschätzungen der Analysten, die zu ihren Indexzielen führen, ist zu vermuten, dass bei vielen die Folgen der USSteuerreform noch nicht eingerechnet sind. Deutsche Bank-Analyst Binky Chadha hat das jedenfalls gemacht. Sein Fazit zur Steuerreform: die US-Unternehmensgewinne steigen heuer um 11 Prozent stärker als ohne Reform. Lässt man den nun höherem Gewinn auf die faire Bewertung einfließen, erhöht sich für Chadha das Indexziel von bisher durchschnittlichen 2850 Punkten auf 3000 Punkte. Sollte sich diese Erwartungen als zu optimistisch herausstellen, haben Anleger mit diesem Schein noch die Chance auf Zielerreichung für ein weiteres Jahr. Wissen. Der Kennzahlenkasten zum Optionsschein ist
Foto: Bloomberg
diesmal umfangreicher als üblich. Und keine Sorge, Sie müssen jetzt nicht unter Umständen irgendwo nachschlagen, wofür etwa das Rho steht. Eine Seite später gibt es eine Erklärung zu den ‘Griechen’ des Kapitalmarkts. < S&P 500-Index seit 2017
Quelle: (Bloomberg)
INFO HVB CALL OPTIONSSCHEIN BEZOGEN AUF DEN S&P 500 (PRICE RETURN) INDEX ISIN DE000HW94W22
Theta: 0,00
Emittent UniCredit Bank AG
Hebel: 19,29
Produkttyp: Optionsschein
Omega: 6,37
Basiswert: S&P-500-Index
Gamma: 0,0
Basispreis: 3000 Punkte
Rho: 0,15
Bezugsverhältnis: 0,01
Ausübungsart: europäisch
Abstand Basispreis: -7,8%
Emissionstag: 20.12.2017
Delta: 0,33
Letzter Bewertungstag: 17.12.2019
Vega: 0,11
Mehr dazu hier
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ZERTIFIKATE WISSEN
Der Lebenszyklus eines Optionsscheins Redaktionr
redaktion@boerse-express.com
Die Erste Group beschäftigt sich im Rahmen ihres aktuellen Investment Kompass mit wichtigen Kennzahlen für die Bewertung von Optionsscheinen. Hier die Zusammenfassung. ptionsscheine gehören bei Anlegern zu den beliebtesten strukturierten Produkten, was nicht zuletzt an deren relativ einfacher Funktionsweise liegt. Grundsätzlich handelt es sich um Wertpapiere, welche dem Inhaber das Recht geben, einen Basiswert (beispielsweise eine Aktie) kaufen oder verkaufen zu können. Bei einem Kaufoptionsschein, welcher auch „Call“ genannt wird, erwerben Anleger das Recht, den Basiswert („Underlying“) zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vorher vereinbarten Preis („Strike“), kaufen zu können. Umgekehrt gewährt ein Verkaufsoptionsschein, auch „Put“ genannt, dem Inhaber das Recht, den Basiswert zu einem vorher festgesetzten Preis verkaufen zu können. Ein Kauf-Optionsschein weist am Laufzeitende einen positiven Wert auf, wenn der Kurs des Underlyings über dem Strikepreis („im Geld“) liegt. Notiert das Underlying hingegen auf („am Geld“) oder unter („aus dem Geld“) dem Strikepreis, verlieren Sie Ihr eingesetztes Investment. Mit einem Verkaufsoptionsschein verhält es sich genau umgekehrt. Während der Laufzeit, also während des Lebenszyklus eines Optionsscheins, gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren, welche den Preis bestimmen – die wichtigsten sind der Preis des Basiswerts, die Volatilität, die Restlaufzeit und der Marktzins. Um deren Preiseinfluss zu beschreiben, wurde eine Reihe von Kennzahlen entwickelt, die auch als „Griechen“ bezeichnet werden. Dabei muss bei all diesen Kennzahlen beachtet werden, dass sie jeweils ceteris paribus, also unter der Bedingung, dass alle anderen Einflussfaktoren unverändert bleiben, zu betrachten sind. Zudem handelt es sich um dynamische Kennzahlen. Das heißt, ihr Wert kann sich im Zeitablauf ändern.
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Delta, Gamma und Omega. Optionsscheine, die „weit aus
Foto: Pixabay/geralt
dem Geld“ sind, werden von Preisänderungen des Basiswertes verhältnismäßig wenig berührt und haben daher ein „Delta“ nahe null. Je mehr sich der Basiswert dagegen in die „richtige“ Richtung bewegt, der Optionsschein also „im Geld“ notiert, desto mehr nähert sich das Delta einem Wert von eins (Calls) bzw. minus eins (Puts). In enger Verbindung zum Delta steht das Gamma. Es ist letztlich die Steigung des Delta und gibt an, wie stark das Delta anwächst, wenn der Kurs des Basiswerts um einen Euro steigt. Ebenfalls eng mit dem Delta verbunden ist der theoretische Hebel, der auch als Omega bezeichnet wird. Das Omega gibt an, um wieviel Prozent der Preis eines Optionsscheins steigen oder fallen sollte, wenn sich der Kurs des Basiswerts um ein Prozent verändert. Theta und Vega. Das Theta ist ein Maß für den Zeitwertverlust, den ein Optionsschein hinnehmen muss, wenn bis auf den Zeitablauf alle übrigen Größen konstant bleiben. Das Theta kann die Änderung des Optionsscheinpreises prozentual oder absolut angeben und sich darüber hinaus auf tägliche, wöchentliche oder monatliche Änderungen des Zeitwerts beziehen. Den wichtigen Einfluss der erwarteten Volatilität auf den Optionsscheinpreis bildet das Vega ab. Wie das Theta kann es, je nach Definition, zu erwartende absolute oder prozentuale Veränderungen des Optionsscheinpreises beschreiben, allerdings in Abhängigkeit von einer Veränderung der impliziten Volatilität um einen Prozentpunkt. Ein kleiner Wert für das Vega drückt somit eine relative Unempfindlichkeit des Optionsscheinpreises gegenüber Volatilitätsänderungen aus <
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BELOG VON BE24.AT VON CHRISTOPHE BERNARD CHEFANALYST VONTOBEL & BELOGGER AUF BE24.AT
Wird der Euro 2018 wieder glänzen? rei nach einem (fälschlicherweise) Mark Twain zugeschriebenen Spruch könnte man sagen: Die Berichte über den Tod des Euro sind stark übertrieben. Vor nicht allzu langer Zeit zweifelten Experten am langfristigen Überleben der Währung. Außerdem war das gesetzliche Zahlungsmittel der Eurozone zu einem beliebten Sündenbock wirtschaftlich kriselnder europäischer Länder geworden. Doch fünf Jahre nach dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise ist der Euro wieder stabil und glaubwürdig. Nach seinem überraschenden Höhenflug im letzten Jahr erscheint sein kurzfristiges „Der Euro dürfte 2018 nicht wieder Potenzial allerdings begrenzt. Wir bevorzugen der Gewinner 2018 unter anderem sein, denn er Schwellenländerwährungen. muss seine Im Rückblick auf die jüngsten Währungsentwicklungen Wertzuwächse im Jahr 2017 fällt vor allem die Stärke der europäischen verarbeiten.“ Währung auf. Sie gewann gegenüber allen anderen Hauptwährungen an Wert, insbesondere gegenüber dem US-Dollar (+14 Prozent). Das lag hauptsächlich an den folgenden drei Faktoren:
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1. Anfang 2017 war der Euro gegenüber dem US-Dollar gemessen an der Kaufkraftparität deutlich unterbewertet. Allein schon dies deutete auf Aufwärtspotenzial hin (siehe Grafik 1). 2. Die wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Währungsunion übertraf die Konsenserwartungen deutlich. So wuchs das reale Bruttoinlandprodukt (wahrscheinlich) um 2.4 Prozent, während Ende 2016 1.6 Prozent prognostiziert worden waren. Verglichen mit der US-Wirtschaft, die 2017 (wahrscheinlich) um 2.3 Prozent zulegte, ist das ein gutes Ergebnis. 3. Die Wahl des proeuropäischen Zentrumspolitikers Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten verlieh dem Euro kräftigen Auftrieb, da sie das wahrgenommene politische Risiko sinken ließ. Gleichzeitig schaffte es die Trump-Regierung nicht, Reformen für mehr Wachstum zügig zustande zu bringen. Das enttäuschte die hohen Er-
Foto: dpa
wartungen, die nach der Wahl im November 2016 entstanden sind. Mittelfristig erwarten wir, dass der Euro aufgrund des Leistungsbilanzüberschusses der Eurozone weiter in Richtung 1,25–1,30 US-Dollar steigt. Die kurzfristigen Aussichten sind jedoch weniger rosig. Wir bleiben bei unserer neutralen Haltung und raten den Kunden daher nicht, jetzt dem Euro hinterherzulaufen. Diese Meinung beruht auf Folgendem: 1. Unsere internen kurzfristigen Modelle zeigen eine Überbewertung gegenüber dem US-Dollar an. Wir sehen den fairen Wert derzeit im Bereich 1,10–1,15 US-Dollar. 2. Die US-Währung ist überverkauft und die Erwartungen bezüglich des US-Wirtschaftswachstums sind konservativ, sodass positive Überra„Seine mittelfris- schungen möglich sind. tigen Aussichten Außerdem müssen die Marktteilnehmer die drei bleiben aber Zinserhöhungen, welche intakt.“ die US-Notenbank für dieses Jahr in Aussicht gestellt hat, erst noch einpreisen. 3. Vor den demnächst stattfindenden Parlamentswahlen in Italien dürften wieder politische Risiken aufkommen. Für weiteren Gegenwind könnten die noch immer ergebnislosen Koalitionsgespräche in Deutschland und die politische Hängepartie in Katalonien sorgen. Alternativen zum Euro im Norden und Süden. Eine Alternative könnte nahe liegen. Die schwedische Krone ist ‘billig’ gegenüber dem Euro. Zudem dürfte sie davon profitieren, dass die Konjunktur kräftig anzieht und die Inflation in der Nähe des 2-Prozent-Ziels der schwedischen Notenbank liegt. Ferner glauben wir, dass die Riksbank vor der Europäischen Zentralbank zu einer restriktiveren Geldpolitik übergehen wird. Die Krone ist 2018 unsere bevorzugte Währung.
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BELOG VON BE24.AT Grafik 1: Die Aussichten des Euro gegenüber dem USDollar erschienen Ende 2016 mäßig
Grafik 2: Schwellenländerwährungen mit deutlich höheren Realrenditen als ihre Industrieländerpendants
Quelle: Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel
Die Überbewertung des Schweizerfranken gegenüber dem Euro baut sich langsam, aber sicher ab. Unser Kursziel von 1,20 ist jetzt fast erreicht, und wir beabsichtigen, auf diesen Niveaus das Euro-Engagement unserer Schweizerfranken-Portfolios abzusichern. Auch wenn die Schwäche der Schweizer Währung zu EUR/CHF-Wechselkursen über 1.20 führen könnte, unterschätzen wir die fundamentale Attraktivität des Franken nicht: Die „Unserer langfristige Stärke der WähEinschätzung rung ist auf den hohen nach dürfte die strukturellen Leistungsbilanzüberschuss sowie den schwedische beneidenswert ausgeglicheKrone 2018 nen Haushalt der Schweiz gegenüber dem zurückzuführen. Darüber hinaus wäre der SchweizerEuro zulegen.“ franken bei enttäuschendem Weltwirtschaftswachstum eine nützliche Diversifikationsquelle. Yen könnte schwächeln, Pfund als große Unbekannte. Obwohl der japanische Yen attraktiv bewertet ist, dürfte er aufgrund der Entschlossenheit der Bank of Japan, den Märkten reichlich Liquidität bereitzustellen, in nächster Zeit schwach tendieren. Das britische Pfund bleibt indes die große Unbekannte. Es ist die am günstigsten bewertete Hauptwährung, doch die Unsicherheit im Zusammenhang mit den Brexit-Verhandlungen dürfte anhalten und sein Potenzial begrenzen. Wenn sich unser zentrales Szenario bewahrheitet (Weiterhin 'Goldilocks), dürften sich die Schwellenländerwährungen 2018 gut entwickeln. Ihre Realrenditen sind nämlich wesentlich höher als die der Industrieländerwährungen (siehe Grafik 2). Gleichzeitig sind die Schwellenländerwährungen nicht überbewertet und robuster
als früher, insbesondere im Vergleich mit der Phase des sogenannten ‘Taper Tantrum’ im Mai und Juni 2013. Damals brachen sie ein, da die Investoren eine abrupte Straffung der US-Geldpolitik befürchteten.
„ Insgesamt bevorzugen wir aber Schwellenländerwährungen. Für sie sprechen das günstige globale Umfeld, die angemessenen Bewertungen und die sowohl nominalen als auch realen Renditevorteile.“
Fazit: Der Euro dürfte 2018 nicht wieder der Gewinner sein, denn er muss seine jüngsten Wertzuwächse verarbeiten. Seine mittelfristigen Aussichten bleiben aber intakt. Unserer Einschätzung nach dürfte die schwedische Krone 2018 gegenüber dem Euro zulegen. Insgesamt bevorzugen wir aber Schwellenländerwährungen. Für sie sprechen das günstige globale Umfeld, die angemessenen Bewertungen und die sowohl nominalen als auch realen Renditevorteile.<
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ZERTIFIKATE FX
Die künftige Stärke des Euro wird unterschätzt Robert Gillinger
robert.gillinger@boerse-express.com
Die Deutsche Bank erwartet zu Jahresende einen Euro/US-Dollar-Wechselkurs von 1,30. Per Optionsschein lässt sich die erzielbare Rendite deutlich steigern. Hier als Beispiel ein Scjein der Societe Generale. ie Deutsche Bank ist dem Kreis der größten EuroBullen beigetreten und rät Anlegern zu Euro-DollarKäufen mit Ziel 1,30 US-Dollar in diesem Jahr. Aktuell werden an den Märkten 1,205 Greenback je Gemeinschaftswährung gezahlt. Doch warum sollte der Euro gegen den US-Dollar an Wert gewinnen, wenn doch die USA im Zinserhöhungszyklus viel weiter sind - und die EZB sogar erst beim Thema Reduzierung der Anleihenkäufe angelangt ist - das Wort Zinserhöhung dort noch nicht einmal in den Mund genommen wurde? „Im Verlauf des Jahres 2018 wird sich der Markt zwischen den sich duellierenden Reflationskräften in den USA und Europa bewegen. Wir gehen davon aus, dass die europäischen Kräfte gewinnen werden und würden EUR/USD kaufen mit Ziel 1,30 für das Jahr”, sagt dazu George Saravelos, Co-Leiter Devisen-Research bei der Deutsche Bank in einem Bloomberg-Gespräch. Und: „Der Euro hat seit Beginn der Tapering-Phase der EZB nur um 10% zugelegt, was darauf hindeutet, dass die Euro-Sensibilität gegenüber der EZB-Straffung wahrscheinlich weiterhin weit größer sein wird als bei der Fed. Der Markt reagiert nicht sehr empfindlich auf die Straffung der Fed, weil er nicht glaubt, dass diese sehr weit kommen wird”, sagt Saravelos. Im Gegensatz dazu haben die Märkte die Straffung der EZB laut dem DB-Spezialisten nicht vollständig eingepreist, und es gebe Spielraum für Fonds, ihre europäischen Investments zu erhöhen; das mache es schwer, positive europäische Ströme im Jahr 2018 zu bekämpfen. Geht die Rechnung der Deutschen Bank auf, gewinnt der Euro im Laufe des Jahres gegen die US-Devise somit rund acht Prozent an Wert - vor Spesen. Mehr könnten Anleger daraus mit Hilfe eines Optionsscheins machen.
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So funktioniert’s. Mit einem Optionsschein erwirbt der Anleger das Recht, aber nicht die Pflicht, einen bestimm-
Foto: Bloomberg
ten Basiswert zu einem bestimmten Basispreis (Strike) während einer bestimmten Zeitspanne (American Style) oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (European Style) zu kaufen (Call-Optionsschein) oder zu verkaufen (Put-Optionsschein). Optionsscheine haben gegenüber einem Direktinvestment den Vorteil, dass bereits mit vergleichbar kleinen Beträgen Gewinne erzielt werden können, und zwar aufgrund des Hebeleffektes. In unserem Beispiel zahlt man für die Option, 100 Euro zu Jahresende um 130 US-Dollar kaufen zu können, 1,205 Euro - der theoretische Hebel des eingesetzten Kapitals liegt damit bei 100, nach Spesen, der Differenz aus An- und Verkaufskursen etc. kommt man noch auf knapp 85. < Euro/US-Dollar seit 2000
Quelle: (Bloomberg)
INFO OPTIONSSCHEIN CALL EUR/USD ISIN DE000SE33HY5
Ausübungsart: europäisch
Emittent Societe Generale
Bewertungstag: 14.12.2018
Produkttyp: Optionsschein
Letzter Bewertungstag: 05.12.2022
Basiswert: Euro/US-Dollar Basispreis: 1,30 Bezugsverhältnis: 100
1. Handelstag: 11.03.2016 Mehr dazu hier
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Doktor Schiwago hätte investiert.
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