Kompass Juli 2022

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Kommentar

Wird unser Trinkwasser knapp? Wie und wo wir unser wertvollstes Gut einsparen können Wir sind bereits krisenerprobt: Coronakrise, Krieg in der Ukraine, Teuerungswelle, Affenpocken … Krisen wird es immer geben, auch wenn die meisten temporär sind. Eine Krise wird allerdings unser ganzes Leben begleiten: die Klimakrise. ­

Diese Krise wird unser Leben verän­ dern: starke und plötzliche Wetterex­ treme, Unwetter, Hochwasser, Über­ schwemmungen, Murenabgänge, Stürme und extreme Trockenperio­ den. Der heurige März zum Beispiel war der wärmste und trockenste in Österreich seit 1762 (erste Wettermes­ sungen). Was wir weniger spüren, sind die durch die Erderwärmung geringer werdenden Schneemengen im Win­ ter, die abschmelzenden Gletscher, große Schmelzwassermengen und in Trockenperioden geringe Wasserab­ flüsse oder ausgetrocknete Fließge­ wässer. Durch weniger Schnee sind unsere Trinkwasserreserven bedroht. Wenn es im Winter in den Bergen regnet statt schneit, sickert das Wasser in durchlässige Böden ein und speist die Trinkwasserquellen zu einer Zeit, wo wir weniger Wasser verbrauchen. Wenn die Böden gefroren sind, rinnt das Niederschlagswasser darüber ab und ist als Quellwasser nicht mehr verfügbar. Im Sommer und im Herbst wird unser Trinkwasser knapp. Das spüren wir jetzt schon, und es wird schlimmer werden.

Wasser sparen, sparen und nochmals sparen! Das ist mein dringender Ratschlag. In Österreich liegt der tägliche Wasser­ verbrauch pro Person und Tag bei 130 Litern. Das dürfte in Südtirol nicht viel anders sein. Bei rund 500.000 Personen bedeutet dies einen jährli­ chen Wasserverbrauch in Südtirol pro Tag von 65 Millionen Litern, das sind 65.000 Kubikmeter. Im Jahr sind dies rund 24 Millionen Kubikmeter Trink­

F O T O : H E I M AT P F E L G E V E R B A N D S Ü D T I R O L

T E X T: F L O R I N F L O R I N E T H

Damit Wasser auch weiterhin so großzügig im Dorfbrunnen sprudeln kann, bedarf es einer Umkehr im Ver­ brauch mit diesem kostba­ ren Gut.

wasser. Die Handels-, Gewerbe- und Industriebetriebe sind da noch nicht eingerechnet.

Wer verbraucht das Wasser?

Wo können wir Wasser sparen? Im Tourismus wird viel Wasser ver­ braucht, beispielsweise Schwimmbä­ der in Hotels und Wellnessanlagen. Ein einziges Schwimmbad von zehn Metern Länge, fünf Metern Breite und eineinhalb Metern Tiefe braucht bei der Einfüllung 75 Kubikmeter Trinkwasser. Die Beschneiungs­ anlagen brauchen nach meiner Kollegin von der Universität für Bodenkultur, Ulrike Pröbstl (2006), je nach Temperatur und Höhenlage 70 bis 120 Liter pro Quadratmeter bei einer Be­ schneiung im November und Dezember; im Jänner und Feb­ ruar kann bei Nachbeschneiun­ Florin Florineth, gen mit 35 bis 60 Litern pro Qua­ emeritierter Professor dratmeter gerechnet werden. an der Universität für Bodenkultur Wien Eine Skipiste, zwei Kilometer

lang und 60 Meter breit, verbraucht bei 120.000 Quadratmetern Fläche und zwei Beschneiungen rund 18 Millionen Liter Wasser, das sind 18.000 Kubikmeter. Am Karerpass ha­ ben Hotels vor ein paar Jahren wegen der Beschneiungsanlagen bereits Trinkwasserknappheit gespürt.

Möglichkeiten zur Einsparung Auch Handels-, Industrie- und Ge­ werbebetriebe müssen Wasser spa­ ren: Grundwasserreserven können nicht ewig verwendet werden, der Grundwasserspiegel sinkt jedes Jahr um einige Zentimeter. Sparen müssen auch die privaten Haushalte: duschen statt baden, für WCs und Gärten Beregnungswasser verwenden, zeitig in der Früh Gärten bewässern und anderes mehr. Das sind nur einige Beispiele für Wassereinsparung. Sie werden aller­ dings nicht ausreichen, wenn die Trinkwasserreserven noch knapper werden – und das ist vorhersehbar. K O M PA S S J U L I 2 0 2 2

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