Kompass Juli 2022

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KVW Aktuell

Das Comeback des ländlichen Raumes Jahrestagung der Plattform Land zum Thema „Zukunft Land“ Nach schwierigen Jahren mit Abwanderung und strukturellen Nachteilen feiert der ländliche Raum ein Comeback. Gründe dafür sind Initiativen, die die Attraktivität der Peripherie gesteigert haben, und die CoronaPandemie. Trotzdem steht der ländliche Raum vor großen Herausforderungen.

„Smarte“ Bergdörfer

Infrastruktur und Freizeit Trotz des positiven Blicks in die Zu­ kunft seien die Herausforderungen groß, sagte Plattform-Land-Geschäfts­ führer Ulrich Höllrigl. Besonders die Berggebiete stünden unter zuneh­ mendem Druck durch eine starke Nutzung des Raumes. Daher sei es nötig, eine Balance zwischen Nut­ zung und Erhalt zu finden. Die wohl größte Aufgabe sei aber der Klima­ wandel, unterstrich Manfred Miosga von der Universität Bayreuth: „Was wir dringend brauchen, ist eine tief­ gehende Transformation hin zu einer nachhaltigen Entwicklung.“ 8

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Das Leben und die Vorzüge vom Land werden wieder entdeckt, wie hier in Truden im Naturpark.

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Viele Jahre lang kannte die Bevölke­ rungsmigration nur eine Richtung: vom Land in die Stadt. Nun ist ein neuer Trend erkennbar – „und das nicht erst seit der Corona-Pandemie, wo die Menschen die Qualität des Landlebens wiederentdeckt haben“, eröffnete Plattform-Land-Präsident Andreas Schatzer die Jahrestagung. Es brauche weiterhin attraktive Ar­ beitsplätze, bezahlbaren Wohnraum, funktionierende Dienste und eine gute Erreichbarkeit in Form von schnellem Internet und einem aus­ gebauten öffentlichen Nahverkehr. Dank neuer Formen des Arbeitens, wie Homeoffice oder Coworking, und Breitbandinternet könnten eini­ ge Standortnachteile ausgeglichen werden. Einige Beispiele dafür prä­ sentierte Thomas Egger, der Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemein­ schaft für die Berggebiete. Apps für Fahrgemeinschaften oder der 24-Stunden-Einkauf im Dorfladen steigern die Lebensqualität und überwinden Distanzen.

Beispiel Hinterstoder Eine beeindruckende Entwicklung hat Hinterstoder in Oberösterreich ge­ nommen. Vor 30 Jahren ist ein Ent­ wicklungsprozess gestartet worden, um die Gemeinde attraktiver zu ma­ chen. So wurden etwa neue Struktu­ ren gebaut, Plätze neu gestaltet und Grünraum geschaffen. Schwerpunkte waren die sanfte Mobilität und die touristische Entwicklung. 2018 sind die Bemühungen mit dem Europäi­ schen Dorferneuerungspreis prämiert worden. Für eine gelungene Dorfent­ wicklung ist es wichtig, offen für Neues zu sein, Expertinnen und Ex­ perten von außerhalb zu holen, sich zu vernetzen und auf Qualität statt auf Mittelmaß zu setzen.

Interessen im ländlichen Raum Verkehr und Klima, das Wohnen so­ wie die regionalen Produkte und Kreisläufe interessieren die Menschen im ländlichen Raum in Südtirol, ha­ ben EURAC und Plattform Land in ei­ ner Online-Befragung herausgefun­ den. Mit dem Flächenverbrauch in Südti­ rol hat sich Hermann Atz vom Mei­ nungsforschungsinstitut Apollis aus­

einandergesetzt. „Dabei stehen der Flächenverbrauch und die Bevölke­ rungsentwicklung nicht in direktem Zusammenhang. Daraus lässt sich schließen, dass auch Verkehrsinfra­ strukturen, der Tourismus und das Gewerbe mitverantwortlich sind.“ Für Theresa Haid von Vitalpin stehe auch der Tourismus vor großen Her­ ausforderungen. Beispiele sind die Nachhaltigkeit, der Verkehr oder der Fachkräftemangel.

Im Austausch Spannend war die abschließende Dis­ kussionsrunde. Landesrätin Maria Hochgruber merkte an, dass die Bürger:innen nicht nur mitgenom­ men werden, sondern auch mitden­ ken und mitgestalten wollen. Für Christa Ladurner von der Allianz für Familie ist die Kinderbetreuung eine zentrale Herausforderung der nächsten Jahre. UVS-Präsident Heiner Oberrauch sagte, es brauche eine Ent­ wicklung vom Mehr zum Besser. Und was hält die Jugendlichen auf dem Land? Die Landschaft, die Dorf­ gemeinschaft, die Familie und Wohnsowie Arbeitsmöglichkeiten seien wichtig, erinnerte Tobias Stecher vom Jugenddienst Obervinschgau.


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