Holzbulletin 140/2021

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Holzbulletin 140/2021 Sport Sporthalle Oberfeld, Langnau im Emmental Wassersportzentrum, Nant Diamond Domes Tennis- und Eventhalle, Obbürgen Langlaufzentrum, Campra Trainingshalle HCD, Davos Höhentrainings- und Wettkampfzentrum, St. Moritz

Das neue Wassersportzentrum in Nant wirkt leicht und durchlässig: Die Tragstruktur aus Holz trägt das Dach, unter dem drei freistehende Körper mit unterschiedlichen Nutzungen versammelt sind. Architektur: Atelier Pulver Architectes SA, Sugiez. Foto: Thomas Telley, St. Antoni


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1  Stadion für Tokyo 2020: Die filigrane Holzstruktur des Dachs ist eine zeitge­ nössische Interpretation des traditionellen Holzbaus in Japan. Architektur Kengo Kuma & Associates, Tokyo Foto unterwegs/ Shutterstock.com 2  Zunächst Schauplatz für Sport, dann Ausstellungshalle: Das Ariake Gymnastics Centre in Tokyo erinnert formal an ein schwimmendes Schiff aus Holz. Architektur Nikken Sekkei, Tokyo Foto Ken’ichi Suzuki

3  Sporthalle auf Zeit: Das Provisorium im Hochschulquartier in Zürich überzeugt städtebaulich und wird ausschliesslich aus vorgefertigten Elementen realisiert. Projekt und Realisierung Hector Egger Gesamt­ dienstleistung AG, Langenthal (Architektur Itten + Brechbühl, Basel) Visualisierung Hector Egger Gesamtdienstleistung AG 4  Ein Holzbau mitten in Paris: Das Grand Palais Ephémère bietet Raum für die Olympischen Spiele 2024 während der Erneuerung des traditionsreichen Grand Palais. Architektur Wilmotte & Associés Architectes, Paris Foto Wilmotte & Associés (links), Patrick Tourneboeuf für Rmn (rechts)

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Sportbauten – facettenreiches Spiel mit Holz Bauen mit Holz hat in Japan eine Jahrhunderte alte Tradition. 2020 hat die Unesco die da­bei entwickelten Fertigkeiten und Techniken sowie das Wissen darüber in das immaterielle Kulturerbe aufgenommen, mit dem Ziel, diese für die Zukunft zu erhalten. Ausgehend von dieser traditionellen Verbundenheit mit dem Material, überrascht es deshalb nicht, dass mehrere Bauten für Tokyo 2020 mit Holz reali­ siert wurden. So beispielsweise das Olympia­ stadion, das der Architekt Kengo Kuma ent­ worfen hat. Dies allerdings erst, nachdem der im Rahmen eines ersten, 2012 durchgeführten Wettbewerbs auserkorene Entwurf von Zaha Hadid als zu gross, zu teuer und zu wenig flexibel für eine Nutzung nach den olympischen Spielen kritisiert und der Wett­bewerb in der Folge annulliert worden war. Der jetzt umge­ setzte Entwurf ist quasi die Antithese zum vorgeschlagenen Projekt von Hadid: Ein HybridTragwerk aus Stahl und Holz-Fachwerk trägt das ovalförmige Dach und ist für die Zuschau­ erinnen und Zuschauer von unten sichtbar. Die Fassade besteht aus breiten, rundumlaufen­ den, leicht geneigten Bändern, die sich aus kleinteiligen Lamellen aus lokalem Zedernholz zusammensetzen. Nach Olympia 2020 und den Paralympischen Spielen soll der Bau als Fussballstadion genutzt werden. Auch das Ariake Gymnastics Centre von Nikken Sekkei Architekten besteht weitgehend aus Holz und wurde für zwei Phasen konzipiert: Zunächst als temporäre Einrichtung für die internationalen Sportwettkämpfe realisiert, soll es danach durch den Rückbau der Zuschauer­ tribüne zu einer permanenten Ausstellungs­ halle umgestaltet werden. Das gewählte Mate­ rial Holz erinnert zum einen an den Ort, der einst ein Teich war, um Holz zu lagern, zum anderen setzte man damit auf eine wiederver­ wertbare Ressource, wofür das Bauwerk vom japanischen Umweltministerium auch ausge­ zeichnet wurde. Und nicht zuletzt liess sich so die Tradition der japanischen Holzarchitektur einem internationalen Publikum vermitteln. Mit dem Grand Palais Ephémère mitten in Paris mit Blick auf den Eiffelturm setzt Frank­ reich auf ein ähnliches Konzept: Das tempo­ räre Gebäude, welches Wilmotte & Associés Architectes entworfen haben und das soeben eröffnet worden ist, dient während der Reno­ vierung des berühmten Grand Palais als Raum für die grossen Kunst-, Mode- und Sportver­ anstaltungen. Es soll bis zum Ende der Olym­ pischen und Paralympischen Spiele Paris 2024 auf dem Champ de Mars stehen bleiben und wird während der Spiele als Standort für Sport­ wettbewerbe genutzt. Gleichzeitig ist es damit ein Botschafter mit internationaler Ausstrah­ lung für das Bauen mit Holz: Die Tragstruktur in Form von vorgefertigten Bogenelementen aus Brettschichtholz, deren Querschnitt mini­ miert ist, bildet zwei sich kreuzende Hallen, die zum einen auf die Achse zum Eiffelturm re­ agieren und zum anderen zum Gegenüber des

Grand Palais werden. Die Struktur ist gegen innen mit einer Schale ausge­kleidet, die par­ tiell das Licht einfallen lässt. Gegen aussen umhüllt eine transparente Schicht mit akusti­ schen, thermischen und lüftungstechnischen Eigenschaften die Bogenelemente. Sensatio­ nell ist dabei der durch die gross­flächige Glas­ fassade gerahmte Blick auf den Eiffelturm. Die Bauten in Tokyo und Paris zeigen, weshalb Holz für Nutzungen im Bereich Sport gera­dezu prädestiniert ist: Es lassen sich damit grosse Spannweiten realisieren. Holz ist eine erneuer­ bare Ressource, die oft lokal vorhanden ist und sich aufgrund des hohen Vorfertigungs­ grads und modularer Bauweise auch für tem­ poräre Gebäude respektive Nutzungen eignet. Das beweist auch das Projekt für ein Sport­ hallenprovisorium im Zürcher Hochschul­ quartier, mit dem Itten + Brechbühl und Hector Egger den Gesamtleistungswettbewerb des Kantons für sich entschieden haben. Aus Sicht der Jury überzeugt der vorgeschlagene Holz­ bau sowohl städtebaulich im Umgang mit der vorgefundenen Topografie und der Gestaltung des Zugangsbereichs als auch konstruktiv mit der Anordnung der Sporträume. Auf eine betonierte Bodenplatte wird verzichtet, und es sollen ausschliesslich vorgefertigte Bauteile verwendet werden. Im Sommer 2022 ist der Bezug vorgesehen. Dies so lange, bis die Sport­ flächen im neuen Bildungs- und Forschungs­ zentrum im Betrieb sein werden. Die grosse Vielfalt der Anwendungen von Holz für Sportbauten zeigen wir auch in dieser Ausgabe des Holzbulletins: Sie reicht von der Sporthalle Oberfeld in Langnau im Emmental, die subtil ein bestehendes Ensemble ergänzt und weiterschreibt, über das leicht und durch­ lässig wirkende Wassersportzentrum in Nant bis zum Höhentrainings- und Wettkampf­ zentrum in St. Moritz, das sich auf den zweiten Blick als Zwillingsbau entpuppt. Wir stellen das filigrane und rautenförmig aufgebaute Holz­ tragwerk der beiden Tennishallen auf dem Bürgenstock vor, ebenso das einfach und gleich­ zeitig präzise konstruierte Langlaufzentrum in Campra und die auf das Wesentliche redu­ zierte Trainingshalle des HC Davos, die gerade durch ihre Schlichtheit überzeugt. Wir wün­ schen eine gute Lektüre. Jutta Glanzmann Technische Kommunikation Lignum

Quellen www.db-bauzeitung.de/ architektur/sportbauten/neues-nationalstadion kkaa.co.jp/works/architecture/national-stadium www.nikken.jp/en/projects/ariake_gymnastics_centre.html www.wilmotte.fr/fr/projet/533/grand-palais-ephemere

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Sporthalle Oberfeld, Langnau im Emmental Die Wahl von Holz erklärt sich beim vorliegenden Projekt zum einen aufgrund seiner konstruktiven, gestalterischen und ökologischen Eigenschaften. Zum anderen gelingt es, mit dem lokal verwurzelten Material in einer klassisch zurückhaltenden, aber eigenständigen Form das bestehende Ensemble von Schulhaus, alter Turnhalle und Pausenplatz überzeugend zu erweitern. Die Schulanlage Oberfeld liegt nur wenige Gehminuten vom Dorfzentrum Langnau ent­ fernt. Das städtebaulich und architektonisch wertvolle Ensemble im Heimatstil aus den frühen 1930er Jahren ist Teil des inneren Orts­ bildes. Aufgrund seiner Funktion als Dorf­ schule ist es tief im kollektiven Gedächtnis des Ortes verankert. Die Aufgabe im offenen Wettbewerb bestand darin, die bestehende Anlage mit dem Neubau einer Dreifachturn­ halle zu ergänzen und ein neues Zentrum für

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den Sport zu schaffen. Dabei durfte man über den Fortbestand der alten Halle verfügen. Der gewählte architektonische Ansatz berück­ sichtigt die Bedeutung, die das Ensemble aus Schulhaus, alter Turnhalle und dazwischen aufgespanntem Pausenplatz für den Ort hat, indem er dieses bestehen lässt. Der Entwurf integriert das alte, dem Schul- und Vereins­ sport nicht mehr entsprechende Hallengebäude in das funktionale Konzept der neuen Drei­ fachhalle. Dabei bietet die vom lichten Sportraum geprägte Raumstruktur einen idealen Rahmen zur Aufnahme von neuen Funktionen: In der alten Halle sind neu die Lobby mit Cateringbereich, in den Kopfbauten die Schu­ lungs- und Seminarräume sowie im Unterge­ schoss ein Grossteil der bedienenden Räume wie Garderoben untergebracht. Und dies, ohne die Grundstruktur des Gebäudes zu verwäs­ sern. Der Bestand bleibt damit dem Sport ver­ bunden, wenn auch in neuer Funktion: Besu­

cher und Besucherinnen betreten das neue Sportzentrum über den Boden der altbekann­ ten Halle und nehmen in der Raumabfolge die Chronologie der neuen Anlage wahr. Die neue Halle ist als konsequenter Holzbau konzipiert. Dank dem Einsatz von Holz als primärem Material sowohl auf Konstruktionsals auch auf Gestaltungsebene tritt sie in einen starken Dialog mit dem trutzigen Bestand. Dem mineralischen Baukörper wird ein fein ziseliertes Volumen gegenübergestellt, das diesen mit einer klaren Setzung und Zeichnung ergänzt und gleichzeitig Eigenständigkeit ausstrahlt. Die zwei Eingänge der alten Halle erschliessen weiterhin die neue Anlage. Für den Fall von Grossanlässen besteht neu ein zusätzlicher, wiederhergestellter Zugang vom Pausenplatz her. Über den Verbindungsbau, der als formale Zäsur zwischen Alt und Neu ausgebildet ist, gelangt man vom Foyer zur Zuschauertribüne. Im unteren Bereich mit mo­


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bilen Elementen ergänzt, bietet sie Platz für 900 Personen. Die Garderoben im Unter­ geschoss mit den zur Halle orientierten Toilet­ tenanlagen bilden einen kompakten Körper bedienender Funktionen. Die neue Halle wird über drei Zugänge erschlossen; diesen gegen­ über liegt der geräumige Geräteraum. Als primärer Stimmungsträger dient sowohl innen als auch aussen die Weisstanne. Das Holz stammt ausschliesslich aus Schweizer Wald. Die Fassade zeichnet sich durch ein konsequent umgesetztes Stützenraster aus, das sowohl die transparenten als auch die geschlossenen Be­ reiche fasst. Zwei horizontal verlaufende Bänder in Brettschalung, die in ihrer Auf­teilung eben­ falls dem Rhythmus der Pfosten folgen, bilden den oberen Abschluss des Gebäudes. Das Holz­ volumen liegt auf einem Sockel aus fein ge­ waschenem Beton, der die ruhige und von Klar­ heit dominierte Volumetrie im Aussenraum unterstützt.

Derselbe Raster wie an der Fassade bestimmt Lage und Abstand der quer zur Halle ver­ laufenden Hauptträger. Die festinstallierten Turngeräte und die mobilen Trennwände der Dreifachturnhalle sind in den hohen Zwischen­ räumen der Hauptträger untergebracht. Die jeweils den Trägern zugeordneten, sichtbar geführten Stützen leiten das Gewicht entlang der Längsfassade auf die Umfassungsmauer in Beton ab. Der im Erdbereich liegende Hallen­ bereich und der Geräteraum sind in Stahl­ betonbauweise mit massiven Bodenplatten und Wänden realisiert. Die Haupttragstruktur besteht aus vorgespannten, doppelt verleim­ ten Brettschichtholzträgern. Diese überspan­ nen mit einem Achsabstand von ca. 2,2 m und einer Spannweite von 32,8 m die Halle und den Tribünenbereich und liegen beidseitig auf Brettschichtholzstützen auf. Die orthogonal zu den Hauptträgern verlaufenden Felder sind durch vorfabrizierte Holzelemente besetzt.

Sämtliche Wandgeräte, Tribünenelemente und Öffnungen ordnen sich dem vertikalen Haupt­ raster unter. So nimmt man das Innere als grosszügigen und klar geordneten Raum wahr. Während den Altbau in Anlehnung an seinen Ursprung fast ausschliesslich gestrichene, far­ benfrohe Flächen prägen, kommen im Neubau kontrastierend dazu nur Rohmaterialien und deren Eigenfarben zum Einsatz. Holzoberflä­ chen, ergänzt mit rohem Beton und Elementen aus Stahl, charakterisieren die Tribüne.

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Ort Oberfeldstrasse 13, 3550 Langnau im Emmental Bauherrschaft Gemeinde Langnau im Emmental Architektur Gäumann Lüdi von der Ropp Architekten SIA, Zürich Bauleitung Lehmann Baumanagement AG, Langnau im Emmental Holzbauingenieur/Bauingenieur Caprez Ingenieure AG, Zürich Holzbau Zaugg AG Rohrbach, Rohrbach Fenster Wenger Fenster AG, Wimmis (Neubau); GLB, Emmenmatt (Altbau) Schreinerarbeiten Mosimann Schreinerei AG, Langnau im Emmental; Ramseier Holzbau AG, Langnau im Emmental; Mobil Werke AG, Berneck Bauphysik Zeugin Bauberatung AG, Münsingen Elektroingenieur Bering AG, Burgdorf HLS-Ingenieur IEM AG, Bern Materialien Wandelemente inkl. Dämmung und Fassadenschalung (Tanne, feingesägt, vorvergraut, Herkunft CH) 434 m2, Brettschichtholz (Stützen) 15 m3, Brettschichtholz (Träger) 301 m3, Brettschichtholz (Dachelemente) 1775 m2 Baukosten BKP 2 CHF 11,05 Mio. inkl. MWST Baukosten BKP 214 CHF 1,5 Mio. inkl. MWST Kubikmeterpreis (BKP 2) CHF 362.– (Alt- und Neubau zusammen) Grundstücksfläche nach SIA 416 19 891 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 1935 m2 Geschossfläche nach SIA 416 4786 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 30 538 m3 Bauzeit Mai 2018 bis August 2019 Fotograf Alexander Gempeler, Bern

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Aufbau Dach: Substrat für extensive Begrünung 80 mm Filtervlies 1 mm Drainagematte 20 mm Abdichtung TPO 1,8 mm Gefällsdämmung vollflächig verlegt (λ = 0,030 W/mK) 60–260 mm Bauzeitabdichtung Dreischichtplatte 42 mm Brettschichtträger/Hohlraumdämmung Zellulose (λ = 0,038 W/mK) 220 mm OSB-Platte 15 mm Dampfbremse Steinwolledämmplatte, 60 kg/m2, 40 mm Holzwolle-Akustikplatte 25 mm Aufbau Fassade Nord und Süd (oberer Abschluss): Holzverkleidung innen 20 mm Lattenrost, Steinwolle (λ = 0,033 W/mK) 60 mm OSB-Platte 18 mm Dampfbremse Rahmenkonstruktion 60/280 mm, Steinwolle (λ = 0,035 W/mK) 280 mm Weichfaserplatte (λ = 0,043 W/mK) 60 mm Rahmenkonstruktion Krone aus Lattung 40/60 mm und 27 mm Drei­schichtplatte 300  mm Lattenrost (unterer Teil) 40/60 mm 40 mm Schalung (unterer Teil) 20 mm Lattenrost (oberer Teil) 72/60 65 mm Schalung (oberer Teil) 2 x 20 mm

Detailschnitt Fassade

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Wassersportzentrum, Nant Das neue Wassersportzentrum wirkt leicht und durchlässig. Verankert auf einem Betonsockel, besteht die Holzkonstruktion aus zwei eigenständigen Elementen: zum einen aus der Struktur, die das transparente Dach trägt, zum anderen aus drei freistehenden Körpern, die darunter angeordnet sind. Diese beherbergen ein Wassersportzentrum, die Wasserrettungsgesellschaft von Vully sowie die öffentlichen sanitären Einrichtungen des Strandbads von Nant. Das Projekt für das Zentrum, das zwischen Mont-Vully und dem Murtenseeufer liegt, geht auf ein gemeinsames Anliegen der Wasser­ rettungsgesellschaft von Vully und des Vereins Oxygène zurück, der in der regionalen Jugend­ arbeit tätig ist. Da die bestehenden Gebäude der beiden Organisationen in die Jahre ge­ kommen waren, entstand unter der Führung der Gemeinde Mont-Vully als Bauherrin die Idee eines gemeinsamen neuen Orts, der für die jeweiligen Aktivitäten geeignet ist. Das neue, ebenerdig erstellte Gebäude ersetzt die beiden bisherigen Bauten. Es beherbergt in seinem Innern Aufbewahrungsräume für ver­

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schiedene Surfbretter und anderes Wassersport­ zubehör, einen Mehrzweckraum mit Küche für den Verein Oxygène, einen weiteren Raum für die Wasserrettungsgesellschaft sowie öffentliche Umkleidekabinen und Toiletten für die Besucherinnen und Besucher des Strand­ bads. Die Konzeption des Projekts beruht auf dem Grundgedanken, hauptsächlich die heutigen Nutzungsbedürfnisse zu berücksichtigen. Gleichzeitig musste aber auch die notwendige Flexibilität für den Fortbestand des Gebäudes gewährleistet sein, um es bei einer allfälligen Umnutzung weiterentwickeln zu können. Aufgrund dieser Überlegung ist eine Struktur entstanden, die alle Aktivitäten unter einem Dach zusammenfasst, wobei drei voneinander unabhängige Volumen die einzelnen Funk­ tionen aufnehmen. Das Dach ruht auf elf Rahmen, die bewusst einen Abstand zu den freistehenden Körpern schaffen. Dach und Rahmentragwerk tragen dazu bei, den Bau in seiner Ganzheit zu verbinden, und schützen ihn gleichzeitig vor Witterungseinflüssen. Die grosszügige Fläche des Betonsockels schafft rund um die Körper räumlich spannende

Zwischenbereiche, während das transparente Dach das natürliche Licht bündelt und optimal im Inneren der Räume verteilt. Zwei Hauptdurchgänge ermöglichen zusätzlich die seit­liche Erschliessung der abgeschlossenen Bereiche für die verschiedenen Nutzungen. Gleichzeitig entsteht durch die beiden Zwischenräume, die vielfältig nutzbar sind, eine visuelle Durchlässigkeit des Gebäudes zum See: Sie geben punktuell den Blick auf das Wasser frei. Für die Wahl des Materials legte man den Fokus auf Faktoren wie einfache und schnelle Umsetzung, Nachhaltigkeit, Kosten und visuel­ le Aussagekraft in der umgebenden Land­ schaft. Holz bot sich dafür aufgrund seiner Eigenschaften an. Für die gesamte Konstruk­ tion verwendete man Fichte mit dem Label Schweizer Holz. Um eine homogene Wahr­ nehmung zu erzeugen, gleichzeitig aber die unterschiedlichen Funktionen ablesbar zu machen, unterscheiden sich die Schiebetüren von den Holzwänden einzig durch den Wech­ sel zwischen horizontaler und vertikaler Ver­ kleidung. Die Unterkonstruktion des Dachs und die Verkleidung bestehen aus roher Fichte, die inneren Trennwände aus Dreischichtplat­


ten und die Rahmen aus Brettschichtholz. Alle Elemente sind unbehandelt, damit das Holz im Laufe der Zeit nachdunkeln und sich so diskret in die Umgebung einfügen kann. Für eine einfache Umsetzung und rasche Ausfüh­ rung wurden alle Elemente in der Werkstatt vorfabriziert und anschliessend vor Ort zusam­ mengesetzt.

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Aufbau Dach: Polykarbonatplatten, gewellt, transluzent Pfetten, Fichte 100 x 100 mm, Achsabstand 675 mm 3-Gelenk-Rahmen, Brettschichtholz Aufbau Wand: Verkleidung, Fichte 24 mm Lattung, horizontal 27/60 mm Lattung vertikal 27/60 mm Dreischichtplatte (Qualität B/C) 27 mm Rahmen, Fichte 100/140 mm Dreischichtplatte (Qualität B/C) 19 mm (für geschlossene Räume)

Detailschnitt

Ort 1786 Nant/Sugiez (FR) Bauherrschaft Gemeinde Mont-Vully Architektur Atelier Pulver Architectes SA, Sugiez (Christophe Pulver, Antoine Vauthey (Projekt); Christophe Pulver, Thomas De Clercq, Jérôme Nager, Charlotte Viarouge (Realisierung und Bauleitung) Bauingenieur Benninger Ingenieure AG, Murten Holzbauingenieur Ratio Bois Sàrl, Cuarny Holzbau Charpentes Vial SA, Le Mouret; Singer Menuiserie SA, Sugiez; Atelier Pulver Architectes SA, Sugiez (Möbel) Materialien Fichte, unbehandelt; Innentrennwände (Dreischichtplatten 19 und 27 mm) 600 m2; Fassadenverkleidung (roh) 350 m2; Rahmentragwerk (Brettschichtholz) 55 m3 Gesamtvolumen (Platten, Tragstruktur und Verkleidung) 78 m3 Herkunft Holz Label Schweizer Holz für Tragwerk und Fassade Baukosten BKP 1–9 CHF 1,08 Mio. inkl. MWST Baukosten BKP 2 CHF 0,97 Mio. inkl. MWST Baukosten BKP 214 CHF 0,33 Mio. inkl. MWST Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 495.– inkl. MWST Grundstücksfläche nach SIA 416 1100 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 440 m2 Nutzfläche 410 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 1970 m3 Bauzeit Januar bis Mai 2021 Fotograf Thomas Telley, St. Antoni

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Ort Bürgenstock Hotels AG, 6363 Obbürgen Bauherrschaft Katara Hospitality Switzerland AG, Zug Bauherrenvertretung/Projektmanagement Bürgenstock Hotels AG, Obbürgen Architektur Rüssli Architekten AG, Luzern Landschaftsarchitektur HKK Landschaftsarchitektur GmbH, Frankfurt (D) Teilgeneralunternehmung Medava + Partner GmbH, Buochs Bauingenieur Basler & Hofmann AG Holzbauingenieure Besmer & Brunner GmbH, Sattel; Neue Holzbau AG, Lungern Innenarchitektur MKV Design, London (GB) HLK-Planung Wirthensohn AG, Luzern Elektroplanung Rebsamen Elektroplan AG, Horw Sanitärplanung Grünig & Partner AG, Liebefeld Bern Holzbau Neue Holzbau AG, Lungern (Montage); Brawand Zimmerei Holzbau AG, Grindelwald Schreinerarbeiten Vogel Design AG, Ruswil (Türen) Materialien Freitragende, rautenförmige Dachkonstruktion aus rund 700 Brettschichtelementen und 300 je 60 mm dicken Brettsperrholzplatten, Fichte/Tanne (Herkunft Schweiz/Europa) Investitionskosten CHF 14 Mio. Gebäudegrundfläche nach SIA 416 3535 m2 Geschossfläche nach SIA 416 9500 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 28 000 m3 Ausführung 2011 bis 2017 Fotograf Leonardo Finotti, São Paulo (Brasilien)

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Diamond Domes Tennis- und Eventhalle, Obbürgen Das Ensemble mit zwei identischen Tennishallen und dem dazwischen liegenden Aussenplatz ist Teil des Bürgenstock-Resorts auf 874 Meter über Meer. Im Inneren der Hallen zeigt sich das filigrane, rautenförmig aufgebaute Holztragwerk, das gegen aussen mit den unterschiedlich geneigten Dach­ flächen der Form eines Bergkristalls nachempfunden ist. Die beiden Tennis- und Eventhallen sind Teil des Hotel- und Tourismus-Komplexes auf dem Bergrücken des Bürgenstocks im Kanton Nid­ walden. Die bauliche Geschichte dieses Stand­ orts lässt sich bis 1872 zurückverfolgen. Mit der neuen Besitzerin, der Katara Hospitality Switzerland AG setzte 2011 eine Modernisie­ rungswelle ein. Für die Neugestaltung der Tennisanlage inklusive Clubhaus orientierten sich die Architekten an der Gestaltung der vor über 100 Jahren entwickelten Anlage: Zwei identische, symmetrisch angeordnete Tennis­ hallen umfassen einen in der Mitte liegenden Aussenplatz, der sich im Winter zu einer Curling-Fläche mit vier Rinks umgestalten lässt. Ein Clubhaus mit Bar, Garderobe und Re­ zeption bildet an der Längsseite, die dem Berg zugewandt ist, den Abschluss. Anders als das ursprüngliche Clubhaus, das an der Strasse lag, wurde das neue Gebäude unter die Strasse verlegt. Ein Eingangspavillon, der sich auf Strassenniveau befindet, erschliesst neu die Anlage. Eine Servicestrasse für An­lieferungen und ein Parkhaus liegen unter dem Platz und den Hallen, so dass Spieler und Spielerinnen ungestört sind. In Anlehnung an die historische Bauweise des Resorts sind die Fassaden in Naturstein ausgeführt. Ur­ sprünglich wurde die Dachfläche transparent aus Glas konzipiert. Auf Wunsch der Bau­ herrschaft verkleidete man die Kassetten der polygonalen Balkenkonstruktion des Daches dann aber mit rautenförmigen AluminiumVerbundplatten, die farblich auf den Stein ab­ gestimmt sind.

Im Inneren offenbart sich das filigrane Holz­ tragwerk. Die freitragende Dachkonstruktion spannt sich über einen rechteckigen Grund­riss von 22 m Breite und 37 m Länge. Ihren Namen verdanken die Hallen der Dachkonstruktion, die durch ihr Rautensystem und die unterschiedlich geneigten Dachflächen an einen Bergkristall erinnern. Südseitig liegt die Dachkonstruktion auf 4,2 m hohen Brett­ schichtholzstützen; an der Nord-, West- und Ostseite begrenzen Betonwände den Raum. Die Glassfassade gegen Süden, die beidseits leicht über Eck gezogen ist, belichtet die Hallen grosszügig mit natürlichem Licht und fasst den wunderbaren Blick in die umgeben­ de Landschaft. Im Sommer werden die Hallen, die auch für Events genutzt werden können, durch Lüftungsöffnungen in der Fassade und im Dach be- und entlüftet. Beim Bau der Hallen musste der Dachverfor­ mung der Gebäude, die dreiseitig von starren Betonwänden und gegen Süden von einer vergleichsweise nachgiebigen Glasfassade be­ grenzt sind, Rechnung getragen werden: So erfolgte die Montage auf vier vorgängig auf­ gestellten Montagetürmen. Auf diesen wurde das Tragwerk leicht erhöht aufgerichtet, das sich zu diesem Zeitpunkt quasi in einem vorgespannten Zustand befand. Nach der Montage der Dreischichtplatten und dem kom­ pletten statischen Verbund mit dem Rauten­ system senkte man die Türme ab. Nach der ersten geplanten Verformung des Dachtrags­ werks fixierte man dieses dreiseitig an die Beton­wände. Dadurch können die durch die veränderlichen Dachlasteinwirkungen auf­ tretenden Verformungen nur noch über die fensterseitige Fassadenfläche erfolgen.

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Aufbau Dach: Eindeckung mit Aluminium-Verbundplatten Metall-Unterkonstruktion, hinterlüftet 120 mm Dachabdichtung Holzwerkstoffplatte 24 mm Wärmedämmung 120 mm Dampfsperre Holzwerkstoffplatte 30 mm Wärmedämmung, mineralisch 40 mm Holzwerkstoffplatte, sichtbar 30 mm Tragkonstruktion, rautenförmig aus Brettschichtholz 350 mm

Detailschnitt Fassade

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Langlaufzentrum, Campra Der Ersatzneubau des Langlaufzentrums setzt in seiner Schlichtheit und konstruktiven Präzision ein starkes Zeichen in der Landschaft der Campra-Ebene am Südhang des Lukmanier. Zusammen mit dem Betonsockel ist Holz das den Bau prägende Material, das sowohl konstruktiv als auch in den Innenräumen und an der Fassade ein viel­fältiges Wahrnehmungsspektrum entwickelt. In einer wunderbaren Landschaft gelegen, umgeben von Wäldern und Bergen, ist das Zentrum in Campra eine der besten Anlagen in den Schweizer Alpen für den Skilanglauf. Die Campra-Ebene liegt auf 1500 Meter über Meer am Südhang des Lukmanier und ist ein Fluss- und Sumpfgebiet von nationaler Be­ deutung, das unter Naturschutz steht. Rund um die erste Schutzhütte des Ski-Clubs Simano wuchs die Anlage ab den 1970er Jahren, in­ dem ihr im Laufe der Zeit zahlreiche kleinere Bauten hinzugefügt wurden. Mit einem Archi­ tekturwettbewerb, den Durisch + Nolli 2013 für sich entschieden, sollte die Situation ge­ klärt und das Zentrum neu gestaltet werden. Im Fokus ihres Entwurfs stand die Aufwertung des Ortes und seiner Umgebung durch ein neues Gebäude, das die charakteristischen Qualitäten des Standorts würdigt und in eine natürliche Interaktion mit der umgebenden Landschaft tritt. Mit einem kompakten und schlichten Volumen integriert sich die neue Herberge, die den Vorgängerbau ersetzt, überzeugend in die Land­ schaft und setzt gerade damit in ihrer Ein­ fachheit ein starkes Zeichen. Formal orientiert sich der Neubau an den Bestandsbauten, in­ terpretiert diese aber mit einer zeitgenössi­ schen Architektursprache. Vorfertigung, Modu­ larität und Einfachheit zeichnen die mit grosser Sorgfalt umgesetzte Konstruktion aus – eben­ so wie die Verwendung des ortstypischen Materials Holz. Den natürlichen Höhenunter­ schied des Geländes, auf dem das Gebäude steht, fängt ein Betonsockel auf, in dem alle Technikräume, die Sanitäranlagen und die Infrastruktur für verschiedene Sportarten un­ tergebracht sind. Gleichzeitig bildet der So­ ckel, der aus dem Gelände ragt, die grosse Terrasse des Restaurants. Zusammen mit der Treppe, die zum Parkplatz führt, bildet sie so den Hauptzugang des Gebäudes.

Die Stockwerke über dem Betonsockel beste­ hen aus einer Holzkonstruktion. Im Erdge­ schoss liegen die Rezeption, die Bar, die Küche und Räume des Restaurants und des Speise­ saals, die dank mobilen Trennwänden variabel einteilbar sind, so dass bei Bedarf auch ein grosser Saal für besondere Veranstaltungen zur Verfügung steht. Im ersten Stock befinden sich alle Zimmer. Sie sind in einem regelmäs­ sigen modularen Raster angeordnet, was er­ möglicht, optimal auf die Ansprüche der ver­ schiedenen Benutzergruppen zu reagieren – mit einer klaren, aber flexiblen Trennung der zwei unterschiedlich grossen Raumeinheiten. In einem zusätzlichen Geschoss, das die Gebäude­ seite Richtung Lukmanier-Passstrasse betont, ist der Wellnessbereich untergebracht. Insgesamt zeichnet sich das Gebäude durch seine Modularität und strukturelle Rationalität aus, wobei die Gästezimmer im ersten Stock mit einer Länge von 4,60 m das Basis­modul bilden. Dieses System hat eine äusserst rationelle Bauweise ermöglicht – reduziert auf wenige Grundelemente für die Tragkonstruktion, die sich in der Werkstatt vorfertigen und dann in kurzer Zeit vor Ort montieren liess. Die Ver­ wendung von Holz als Baumaterial garantiert hervorragende Umwelt- und Energieeigen­ schaften, was dem umfassenden Nachhaltig­ keitskonzept des neuen Gebäudes entspricht. Denn der in Trockenbauweise erstellte Bau kann leicht demontiert und das Holz ohne ökologische Nachteile entsorgt oder wieder­ verwendet werden.

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Ort Langlaufzentrum, 6718 Campra Bauherrschaft CSNC, Centro Sci Nordico, Campra Architektur Durisch + Nolli Architetti Sagl BSA SIA ETH, Massagno (Pia Durisch, Aldo Nolli, Francesco Nozzi, Alfredo Mazzieri, Silvia Mauri, Niccolò Nessi und Greta Strano) Bauleitung AM-T Architettura SA, Biasca Bauingenieur/Holzbauingenieur Reali e Guscetti Studio d’Ingegneria SA, Ambri (Tragwerksplanung), Borlini & Zanini SA, Lugano (Fachberatung Holztragwerk) Bauphysik Evolve SA, Giubiasco HLK-Planung Visani Rusconi Talleri SA, Taverne; Technoswiss SA, Aquarossa Sanitärplanung Rigozzi Engineering SA, Giubiasco Elektroplanung Tecnoprogetti SA, Camorino Brandschutz Studio d’Ingegneria Marco Küng e Giovanni Villa, Biasca Holzbau Veragouth SA, Bedano Fenster Binda SA, Taverne Parkett Pedrazzi Pavimenti SA, Locarno Baukosten BKP 2 CHF 7,295 Mio. Baukosten BKP 214 CHF 1,35 Mio. Kubikmeterpreis (BKP 2) CHF 935.Grundstücksfläche nach SIA 416 12 488 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 790 m2 Geschossfläche nach SIA 416 2100 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 7800 m3 Bauzeit August 2017 bis November 2019 Fotograf Tonatiuh Ambrosetti, Penthalaz

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Aufbau Dach: Metalleindeckung Edelstahl 0,5 mm Antidröhn-Dachbahn, diffusionsoffen Schalung Fichte, roh gehobelt 30/120 mm Konterlattung Fichte KVH 60/100 mm Unterdeckbahn diffusionsoffen Holzfaserdämmplatte 40 mm Dämmplatte Steinwolle 180 mm Dampfbremse Tragstruktur Brettsperrholz 180 mm Aufbau Wand: Verkleidung in Lärche 60 x 20 mm, Abstand 10 mm Holzlattung 30 mm Konterlattung vertikal für Hinterlüftung 30 mm Winddichtung Dämmung Steinwolle (λ = 0,033 W/mK) 200 mm Dampfsperre Tragstruktur Brettsperrholz 180 mm Fenster: Holzfenster mit Dreifachverglasung Aufbau Decke: Parkett 19 mm Estrich 76 mm Trennfolie PE Fussbodenheizung Wärmedämmung EPS 30 mit Alu-Beschichtung 20 mm Dämmplatte Steinwolle 40 mm Trennfolie PE Splitt verdichtet 75 mm Trennfolie PE Tragstruktur Brettsperrholz 220 mm Aufbau Balkon: Holzdielen 30 mm Konterlattung 100 mm Holzträger 240 mm

Detailschnitt Fassade

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Trainingshalle HCD, Davos Schlicht und auf das Wesentliche reduziert, überzeugt die neue Trainingshalle des Hockeyclubs Davos mit einer Holzkonstruktion aus naturbelassener Fichte, umhüllt von einer transluzenten Haut aus Polykarbonatplatten. Der ursprüngliche Energiebedarf des ungeschützten Eisfeldes liess sich durch die Halle markant reduzieren. Abgestimmt auf die Gesamterneuerung der Vaillant-Arena integriert die neue Trainingshalle auf der Südseite des Eisstadions das bestehen­ de Kunsteisfeld. In der Halle finden Trainings der ersten Mannschaft statt, zusätzlich dient sie für das Training und Spiele des Nachwuch­ ses. Das Gebäude wurde als geschlossene Halle ohne zusätzliche Infrastruktur realisiert. Garderoben und Toiletten stehen bereits in der Vaillant-Arena zur Verfügung, ebenso be­ findet sich dort die Eisaufbereitung. Die Ban­ denanlage in der Arena wurde abgebaut und in der Trainingshalle wiederverwendet. Für die städtebauliche Setzung des Baukörpers untersuchten die Architekten drei Grundtypo­

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logien: Eine allseitig orientierte Halle, eine Halle mit einer Ausrichtung auf die kurze Seite und eine Halle, die sich längsseitig zum öffent­ lichen Platz orientiert. Die Wahl fiel auf diese Variante: Zusammen mit dem angrenzenden Sportzentrum liess sich so ein räumlicher Ab­ schluss schaffen – mit der Vaillant-Arena als verbindendem Gelenk. Gleichzeitig bieten die dem Sportzentrum vorgelagerte Tribüne und die gedeckte Wandelhalle der neuen Trainings­ halle Orte zum Verweilen und Platz für ver­ schiedene Events. Auf einer Grundfläche von 65 m x 45 m bietet die Halle Raum für eine Trainingsfläche, eine Tribüne und zwei Galerien mit einem Training­ scenter. Die Wandelhalle erweitert das Volu­ men auf der Längsseite zum öffentlichen Platz. Mit der Wahl von Holz für die Konstruktion und Polykarbonat-Hohlkammerplatten für die Fassade nehmen die Architekten die Materiali­ sierung der Vaillant-Arena auf. Die gewählte Bauweise ist einfach und wirtschaftlich zu­ gleich: Das Tragwerk besteht aus einer sich selbst aussteifenden Rahmenkonstruktion mit

zehn Fachwerkträgern in Fichte. Diese sind 4,2 m hoch und überspannen das Eisfeld, das bereits vorher bestand, sowie die Tribüne über 41 m stützenfrei. Jeweils zwischen den letzten zwei Fachwerkträgern sind 6 m über Boden zwei Galerien eingehängt, die für das Off-Iceund Goalie-Training genutzt werden. Die Trainingshalle ist nicht beheizt. Mit der transluzenten Aussenhülle lässt sich möglichst viel und gleichmässig verteiltes Tageslicht für den Trainingsbetrieb nutzen. Das Dach ist eine gedämmte Sandwichpanel-Konstruktion. Mit Türen und Toren auf drei Seiten der Halle ist die Zugänglichkeit gut gewährleistet. Auch diese sind wie die Fassade als beplankte Poly­ karbonatbauteile ausgebildet. Die Unter­ konstruktion besteht aus Fichtenholz. Um die Eis­fläche wurde ein Holzrost auf einer Unter­ konstruktion eingebaut, so dass das Betreten mit Schlittschuhen problemlos möglich ist. Trotz der schlichten, auf das Wesentliche redu­ zierte Konstruktion und Materialwahl besticht die Halle räumlich und gestalterisch: Durch die Hülle fällt das Licht tagsüber diffus ins In­


Ort Eisbahnstrasse 2, 7270 Davos Platz Bauherrschaft Hockey Club Davos AG, Davos Architektur Fanzun AG, Chur Baumanagement Ralbau AG, Chur Bauingenieur Fanzun AG, Chur Ingenieur Holzbau Walt Galmarini AG, Zürich Fassade Fassadentechnik AG, Davos Bauphysik, Brandschutz Fanzun AG, Chur Holzbau Künzli Holz AG, Davos Schreinerarbeiten, Innenausbau, Fenster, Türen Künzli Holz AG, Davos Materialien Holz: Fichte, naturbelassen; Mengen: Fachwerke, Innenstreben, Fassadenstreben 422 m3; Sparrenpfetten, Balkenlage, Technikraum, Giebelwand, äussere Fassadenstreben 424 m3; Dreischichtplatten (42 mm) 4300 m2; Dreischichtplatten (19 mm) 1350 m2 Baukosten BKP 2 CHF 6,24 Mio. Baukosten BKP 1–9 CHF 7,07 Mio. Kubikmeterpreis CHF 239.– Grundstücksfläche nach SIA 416 24 550 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 6432 m2 Geschossfläche nach SIA 416 5670 m2 Nutzfläche 3160 m2 (Eishalle), 1066 m2 (Galerie) Gebäudevolumen nach SIA 416 29 600 m3 Bauzeit April bis September 2018 Fotograf Ralph Feiner, Malans

nere und macht die schlichte Holzkonstruktion erlebbar. Etwas ähnliches passiert in der Nacht: Die Halle leuchtet als kubischer, heller Körper in der Dunkelheit – gefasst von der Konstruktion, die sich schwarz gegen das Licht abzeichnet. Der enorm hohe Energiebedarf zur Kühlung des früheren Eisfelds, der sich besonders in den Übergangs- und Sommermonaten bemerk­ bar machte, liess sich durch die Trainingshalle markant senken. Die Fotovoltaikanlage auf dem Dach der neuen Halle ist darauf ausge­ legt, genau dann einen hohen Ertrag zu liefern, wenn der Kühlbedarf aufgrund der hohen Aussentemperatur am grössten ist. Das Beispiel zeigt, wie sich Energie direkt erzeugen und nutzen lässt, wenn sie gebraucht wird. Dafür wurde die Halle mit dem Solarpreis 2019 aus­ gezeichnet.

Situation

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Querschnitt

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20 m

Erdgeschoss


Aufbau Dach: Rundkies (8–16 mm) 50 mm Gummischrotmatte Unterdachbach, fugenlos Wärmedämmung 160–260 mm Dampfbremse Dreischichtplatte, Fichte 42 mm Dachpfetten, Fichte 120 x 320 mm Fachwerkträger, Fichte 4200 mm Aufbau Wand Obergeschoss: V-Träger nichttragend als Verkleidung, Fichte 150 x 260 mm Polykarbonatelemente Leichtbauelemente 80 mm Fassadenbalken, Fichte, 80 x 200 mm V-Träger tragend, Fichte, 200 x 360 mm Aufbau Wand Erdgeschoss: V-Träger nichttragend als Verkleidung, Fichte 150 x 260 mm Polykarbonatelemente Leichtbauelemente 80 mm Fassadenbalken, Fichte 80 x 200 mm V-Träger tragend, Fichte 200 x 360 mm Fachwerkabstützungen, Fichte 320 x 480 mm

Detailschnitt

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Höhentrainings- und Wettkampfzentrum, St. Moritz Dank der Höhenlage von 1856 Meter über Meer und dem vorteilhaften Klima schätzen Spitzenathletinnen und Spitzenathleten aus dem In- und Ausland das Trainingszentrum in St. Moritz seit langem. Es ist auch der offizielle Standort für das Höhentraining von Swiss Olympic. Zwei sich ergänzende Holzbauten – wovon sich der eine im Winter abbauen lässt – er­füllen heute die Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler. Die am südwestlichen Ende des St. Moritzersees gelegene Fläche mit der Leichtathletikbahn wird auch im Winter geschätzt, insbesondere für den in St. Moritz beliebten Pferdesport Polo. Dies hatte die Gemeinde dazu bewogen, einen Projektwettbewerb auszuschreiben, der für den Sommer ein temporäres Gebäude am Rande der Laufbahn vorsieht. Das ausge­ wählte Projekt besteht aus zwei unterschied­ lichen, jedoch eng miteinander verbundenen Bauten. Der eine Bau ist mobil und temporär. Es wird am Anfang der Trainingssaison am Rande der Leichtathletikanlage auf- und im Herbst wieder abgebaut. Der zweite Bau dient sowohl als Lager für die Leichtathletik-Sport­ geräte als auch als Aufbewahrungsort für den Pavillon während der Wintermonate. Die Ent­ wurfskonzepte für die beiden Gebäude sind je auf ihren Standort und Verwendungszweck abgestimmt, so dass deren Wechsel­beziehung nicht auf den ersten Blick ersichtlich wird.

Der Pavillon mit seinen transparenten Aussen­ wänden aus Polykarbonatplatten steht für Leichtigkeit, und seine Machart widerspiegelt die temporäre Nutzung. Wegen der leicht vom Boden abgehobenen Lage gelangt man über zwei Rampen ins Innere des Pavillons. Drei zueinander versetzte Körper nehmen ver­ schiedenen Nutzungen auf: zwei Umkleide­ kabinen, einen Massage- und Theorieraum so­ wie einen multifunktionalen Raum mit Schiebetüren, die auf eine grosszügige Terrasse führen. Alle Räume befinden sich unter ein und dem­ selben schützenden Dach. Da die Tragstruktur nicht winterfest sein muss, konnten schlanke Fichtenholzelemente verwendet werden, während die Stützen aus Esche sind, was eine reduzierte Dimensionierung erlaubt. Alle Be­ standteile samt Verbindungen wurden bis ins kleinste Detail entwickelt. Grösse, Gewicht und Handhabung beim Auf- und Abbau und deren Lagerung in den Wintermonaten waren dabei massgebende Faktoren. Das auf einem massiven Betonsockel veran­ kerte Lagergebäude steht seinerseits für Robust­ heit. Die Grösse und Form wurden durch die einzulagernden Einzelteile des Pavillons bestimmt. Sein Gewand aus handgespaltenen Lärchenschindeln aus St. Moritz und die grossen, als Teil der Aussenfassade gestalteten Holzschiebetüren lassen den reinen Zweckbau nicht als solchen in Erscheinung treten. Er fügt sich damit respektvoll und harmonisch in

die Umgebung rund um die historische Kirche St. Karl Borromäus ein. Da beide Bauten nur im Sommer genutzt werden, verzichtete man bewusst auf ein Heiz­ system. Um die Innenräume des Pavillons in den Sommermonaten vor Überhitzung zu schützen, ist die Konstruktion offen gestaltet. Der erhöhte Boden funktioniert wie ein Rost und erlaubt eine optimale Luftzirkulation: Frische Luft kann durch die auseinanderliegen­ den Fussbodenbretter eindringen und unter dem Blechdach entweichen. Das Lagergebäu­ de wird ebenfalls durch Luftschlitze im oberen Bereich der Tore entlang der Hauptfassaden belüftet. Um heimische Baumaterialien zu verwenden und das regionale Handwerk zu unterstützen, wurden alle Arbeiten an lokale oder aus der Region stammende Unternehmen vergeben. So waren die Transportwege kurz, und die Wertschöpfung blieb in der Region. Mit dem Höhentrainings- und Wettkampfzentrum ist dank dem Sport ein offener Ort des sozialen Austauschs entstanden. Es ist auch ein Symbol für den modernen Holzbau, der sich subtil in die gebaute Umwelt einfügt. Die enge Zu­ sammenarbeit von Architektur und Ingenieur­ wesen hat zu zwei facettenreichen Holzbauten mit grosser Ausstrahlung geführt.

Via zd Me i Zaun

Situation

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Erdgeschoss Pavillon

Ort Leichtathletikanlage, 7500 St. Moritz Bauherrschaft Gemeinde St. Moritz Architektur und Bauleitung Krähenbühl Architekten Studio, Davos (Georg Krähenbühl) Bauingenieur Walter Bieler AG, Bonaduz (Walter Bieler, Reto Cavegn) Holzbau Foffa Conrad Holzbau AG, Valchava; Patrick und Heidi Stäger, Untervaz (Schindeln) Materialien Fichte (Tragwerk der beiden Gebäude), Esche (Stützen Pavillon), Lärche (Schindeln), alles unbehandelt Herkunft Holz St. Moritz (Lärche) Baukosten BKP 1–9 CHF 1,58 Mio. inkl. MWST Baukosten BKP 2 CHF 1,43 Mio. inkl. MWST Grundstücksfläche nach SIA 416 39 300 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 359 m2 Nutzfläche 275 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 1554 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 921.– inkl. MWST Bauzeit März bis September 2018 Fotografin Laura Egger, Zürich

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Erdgeschoss Lagergebäude

10 m


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Aufbau Dach: Trapezblech 0,8 mm Sparrenpfetten Fichte 120 x 200–280 mm Balkendecke Fichte 120 x 120 mm Aufbau Wand: Polykarbonat-Platte mit Metallprofil 60 mm Stütze Esche 120 x 120 mm Dreischichtplatte Fichte 27 mm Aufbau Boden: Bodenrost Fichte 30 mm Balkenboden Fichte 120 x 120 mm Unterzüge Fichte, mit Metallteil 200 x 180 mm Einzelfundament

Detailschnitt Fassade Pavillon

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Fachliteratur HOLZ Holzmustersammlung Lignum Art.-Nr. 55002, 20 Holzmuster 12 x 7 cm in Holzbehälter mit Informationsbroschüre Ahorn (Acer pseudoplatanus), Europa; Arve (Pinus cembra) Europa; Birke (Betula pendula), Europa; Birnbaum (Pyrus communis) gedämpft, Europa; Buche (Fagus sylvatica) gedämpft, Europa; Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Europa; Edelkastanie (Castanea sativa), Europa; Eiche (Quercus robur), Europa; Esche (Fraxinus excelsior), Europa; Fichte (Picea abies), Europa; Föhre (Pinus sylvestris), Europa; Hagebuche (Carpinus betulus), Europa; Hemlock (Tsuga heterophylla), Nordamerika; Kirschbaum (Prunus avium), Europa; Lärche (Larix decidua), Europa; Linde (Tilia platyphyllos), Europa; Nussbaum (Juglans regia), Europa; Pappel (Populus canescens), Europa; Tanne (Abies alba), Europa; Ulme (Ulmus glabra) gedämpft, Europa

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Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau – Handelsgebräuche für die Schweiz, Ausgabe 2021 Art.-Nr. 15022, Format A4+, 140 Seiten, farbig mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen, Vierfachlochung (auch als E-Book erhältlich)

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Lignum-Dokumentation Brandschutz 8.1. Abschlüsse – Fenster-, Tür- und Trennwandsysteme Art.-Nr. 17028, 2021, A4+, Vierfachlochung, farbig, 92 Seiten

Holzbautabellen HBT 1 | 2021 Handbuch für die Bemessung Art.-Nr. 14070, Ausgabe 2021, 1. Auflage, nach revidierter Norm SIA 265 (2021) Holzbau, A4, s/w, 136 Seiten, Hardcover

Lignum Holzwirtschaft Schweiz Economie suisse du bois Economia svizzera del legno Mühlebachstrasse 8 CH-8008 Zürich Tel. 044 267 47 77 Fax 044 267 47 87 info@lignum.ch www.lignum.ch

Redaktion Jutta Glanzmann, Lignum, sowie Ariane Joyet, Lignum-Cedotec Gestaltung BN Graphics, Zürich

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ISSN 1420-0260

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Druck Kalt Medien AG, Zug

Holzbulletin, September 2021 Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich

Holzbau mit System Art.-Nr. 14067, Josef Kolb; Birkhäuser Verlag in Zusammenarbeit mit Lignum 3., aktualisierte Auflage 2010/2020, 320 Seiten, Softcover


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